Language of document : ECLI:EU:C:2016:938

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 8. Dezember 2016(1)

Rechtssache C‑527/15

Stichting Brein

gegen

Jack Frederik Wullems, handelnd unter dem Namen Filmspeler

(Vorabentscheidungsersuchen der Rechtbank Midden-Nederland [Bezirksgericht Midden-Nederland, Niederlande])


„Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Informationsgesellschaft – Begriff ‚öffentliche Wiedergabe‘ – Vervielfältigungsrecht – Ausnahmen und Grenzen“





1.        Das in Art. 3 der Richtlinie 2001/29/EG(2) verankerte Recht des Urhebers, die öffentliche Wiedergabe seiner Werke zu erlauben, kann durch sogenannte Links, die von einer Website zu einer anderen weiterführen, beeinträchtigt werden, wenn es nicht gelingt, den erforderlichen Rechts- und Interessenausgleich zwischen dem Schutz des geistigen Eigentums und der ungehinderten Entwicklung der Informationsgesellschaft herzustellen. In diesem Zusammenhang stellen Hyperlinks(3) eines der wesentlichen Elemente des Internets dar, die für das Surfen auf Webseiten oder Websites unerlässlich sind. Allerdings können sie auch die Verletzung von Urheberrechten ermöglichen.

2.        Der Gerichtshof, der sich schon mehrfach zum Begriff der öffentlichen Wiedergabe geäußert hatte(4), hat erst vor Kurzem ein richtungweisendes(5) Urteil zur Klärung der Frage erlassen, ob eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der Richtlinie 2001/29 vorliegt, wenn ein Hyperlink in eine Website eingefügt wird, der auf andere Seiten weiterleitet, auf denen digitale Inhalte(6) ohne die Erlaubnis ihrer Inhaber angezeigt werden und so für den Nutzer allein durch einen Klick auf den Hyperlink zugänglich sind.

3.        Die erste sowie die zweite von der Rechtbank Midden-Nederland (Bezirksgericht Midden-Nederland, Niederlande) mit diesem Vorabentscheidungsersuchen gestellte Vorlagefrage decken sich teilweise mit denen, die zum Urteil vom 8. September 2016, GS Media, geführt haben. Das niederländische Gericht, dem die Anhängigkeit dieser Rechtssache beim Gerichtshof bekannt war, hatte erwogen, das bei ihm anhängige Verfahren bis zur Entscheidung des ersten Rechtsstreits auszusetzen. Es beschloss jedoch, sich noch vor dem Ergehen des Urteils GS Media selbst an den Gerichtshof zu wenden, da nach seinen Ausführungen(7) einige Unterschiede zwischen den beiden Rechtssachen bestehen: Der größte bestehe darin, „dass in der vorliegenden Rechtssache keine Hyperlinks auf einer eigenen Website gesetzt, sondern Add-ons mit Hyperlinks im Medienabspieler von Herrn Wullems installiert werden …“.

4.        Wenn das Urteil GS Media auf die vorliegende Rechtssache erstreckt werden kann, was meines Erachtens der Fall ist, so genügt es, auf die dort vertretene Auffassung zurückzugreifen und im nächsten Schritt zu prüfen, ob eine öffentliche Wiedergabe auch beim Verkauf eines multimedialen Medienabspielers vorliegt, in dem eine Software (mit Add-ons) installiert ist, durch die der Endnutzer auf Websites geleitet wird, die digitale Inhalte ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers verbreiten.

5.        Das vorlegende Gericht hat zudem (dritte und vierte Frage) weitere Zweifel geäußert, die nicht so sehr das technische Medium oder das zur Vervielfältigung verwendete Gerät als vielmehr den Schutz des Urheberrechts – und die entsprechende Rechtswidrigkeit einer dieses verletzenden Handlung – betreffen, wenn der Endnutzer durch Streaming(8) und ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers geschützte digitale Inhalte empfängt, die ihm über den Hyperlink zugänglich gemacht werden.

I –    Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 2001/29

6.        Die Annäherung der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des geistigen Eigentums wurde hauptsächlich mit der Richtlinie 93/98/EWG(9) erreicht, die später geändert und durch die Richtlinie 2006/116/EG(10) aufgehoben wurde, mit der die vorherigen Fassungen kodifiziert wurden. Eine dieser Änderungen hatte zum Ziel, durch die Richtlinie 2001/29 den Schutz der Urheber- und verwandten Schutzrechte in der sogenannten Informationsgesellschaft zu regeln.

7.        Der 23. Erwägungsgrund lautet:

„Mit dieser Richtlinie sollte das für die öffentliche Wiedergabe geltende Urheberrecht weiter harmonisiert werden. Dieses Recht sollte im weiten Sinne verstanden werden, nämlich dahin gehend, dass es jegliche Wiedergabe an die Öffentlichkeit umfasst, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend ist. Dieses Recht sollte jegliche entsprechende drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Übertragung oder Weiterverbreitung eines Werks, einschließlich der Rundfunkübertragung, umfassen. Dieses Recht sollte für keine weiteren Handlungen gelten.“

8.        Der 27. Erwägungsgrund lautet:

„Die bloße Bereitstellung der Einrichtungen, die eine Wiedergabe ermöglichen oder bewirken, stellt selbst keine Wiedergabe im Sinne dieser Richtlinie dar.“

9.        Im 31. Erwägungsgrund heißt es:

„Es muss ein angemessener Rechts- und Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern sowie zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden. Die von den Mitgliedstaaten festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf Schutzrechte müssen vor dem Hintergrund der neuen elektronischen Medien neu bewertet werden. …“

10.      Der 33. Erwägungsgrund lautet:

„Eine Ausnahme vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht sollte für bestimmte vorübergehende Vervielfältigungshandlungen gewährt werden, die flüchtige oder begleitende Vervielfältigungen sind, als integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens erfolgen und ausschließlich dem Ziel dienen, entweder die effiziente Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder die rechtmäßige Nutzung eines Werks oder sonstiger Schutzgegenstände zu ermöglichen. Die betreffenden Vervielfältigungshandlungen sollten keinen eigenen wirtschaftlichen Wert besitzen. Soweit diese Voraussetzungen erfüllt sind, erfasst diese Ausnahme auch Handlungen, die das ‚Browsingʻ sowie Handlungen des ‚Cachingʻ ermöglichen; dies schließt Handlungen ein, die das effiziente Funktionieren der Übertragungssysteme ermöglichen, sofern der Vermittler die Information nicht verändert und nicht die erlaubte Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten über die Nutzung der Information, die von der gewerblichen Wirtschaft weithin anerkannt und verwendet werden, beeinträchtigt. Eine Nutzung sollte als rechtmäßig gelten, soweit sie vom Inhaber des Urheberrechts zugelassen bzw. nicht durch Gesetze beschränkt ist.“

11.      Art. 2 („Vervielfältigungsrecht“) schreibt vor:

„Die Mitgliedstaaten sehen für folgende Personen das ausschließliche Recht vor, die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten:

a)      für die Urheber in Bezug auf ihre Werke

…“

12.      Art. 3 („Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sonstiger Schutzgegenstände“) Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„(1)      Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.“

13.      Art. 5 bestimmt im Rahmen der „Ausnahmen und Beschränkungen“ (so die Überschrift dieser Vorschrift) des Vervielfältigungsrechts, des Recht der öffentlichen Wiedergabe und des Verbreitungsrechts in seinen Abs. 1 und 5 Folgendes:

„(1)      Die in Artikel 2 bezeichneten vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,

a)      eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder

b)      eine rechtmäßige Nutzung

eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, werden von dem in Artikel 2 vorgesehenen Vervielfältigungsrecht ausgenommen.

(5)      Die in den Absätzen 1, 2, 3 und 4 genannten Ausnahmen und Beschränkungen dürfen nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.“

II – Sachverhalt und Vorlagefragen

14.      Stichting Brein ist eine Stiftung, die sich dem Schutz der Urheberrechte und anderer, verwandter Schutzrechte widmet. Ihrem Vorstand gehören Verbände von Herstellern und Einführern von Bild- und Tonträgern, Filmproduzenten, Filmverleihern, Multimedia-Herstellern und Herausgebern an.

15.      Herr Jack Frederik Wullems bot der Öffentlichkeit über verschiedene Websites (u. a. die von ihm selbst betriebene, www.filmspeler.nl) verschiedene Modelle(11) eines multimedialen Medienabspielers mit der Handelsbezeichnung „filmspeler“ an. Das Gerät fungiert als Verbindung zwischen einem Bild‑ oder Tonsignal und einem Fernsehbildschirm. Die Unterschiede zwischen den Modellen sind technischer Natur, aber ihre Funktionsweise ist im Wesentlichen identisch: Wird der Medienabspieler einerseits mit dem Internet und andererseits mit einen Bildschirm (beispielsweise einem Fernsehgerät) des Nutzers verbunden, können durch Streaming aus dem Internet stammende Bilder und Töne auf dem Bildschirm abgespielt werden.

16.      Die Hardware des Medienabspielers kann bei verschiedenen Lieferanten bezogen werden. Herr Wullems hatte in seinen Geräten die Open-Source-Software XBMC installiert, mit der in einer einfach zu bedienenden grafischen Oberfläche („user interface“) über Menüstrukturen Dateien erstellt werden können und die von jedermann verwendet werden kann. Darüber hinaus installierte er Add-ons, d. h. einzelne Softwaredateien, die von Dritten erstellt wurden und im Internet frei zugänglich sind, indem er sie in die Nutzeroberfläche der Software XBMC einbettete.

17.      In diesen Add-ons befinden sich Hyperlinks, die, werden sie angeklickt, auf Streamingseiten weiterleiten, die von Dritten betrieben werden und auf denen völlig unentgeltlich Filme, Fernsehserien und (Live‑)Sportwettkämpfe mit oder ohne Zustimmung der Rechtsinhaber zugänglich gemacht werden. Die digitalen Inhalte beginnen automatisch zu laufen, sobald der entsprechende Hyperlink angeklickt wird(12).

18.      Bei 14 dieser Add-ons(13) leiteten die Links zu Filmen, Serien und (Live‑)Sportwettkämpfen weiter, für die keine Erlaubnis der Inhaber des Vervielfältigungsrechts vorlag. Andere hingegen führten zu Streamingseiten, für deren digitale Inhalte eine entsprechende Erlaubnis der Rechtsinhaber bestand(14).

19.      Die von Herrn Wullems installierten Add-ons wurden von ihm nicht beeinflusst oder verändert. Der Nutzer kann diese in seinem Medienabspieler auch selbst installieren. Sowohl auf seinem eigenen Portal (www.filmspeler.nl) als auch auf von Dritten betriebenen Websites warb Herr Wullems für seine Produkte mit folgenden Werbebotschaften:

„–      Nie mehr für Filme, Serien und Sport bezahlen, ohne Werbung und Wartezeit direkt empfangbar (keine Abonnementskosten, Plug & Play!). Netflix ist damit Vergangenheit!

–      Gratis Filme, Serien und Sport anschauen, ohne bezahlen zu müssen? Wer will das nicht?!

–      Nie mehr ins Kino dank unserer optimierten XBMC‑Software. Gratis Filme und Serien in HD – einschließlich Filmen, die vor Kurzem im Kino gelaufen sind – dank XBMC.“

20.      Am 22. Mai 2014 forderte Stichting Brein Herrn Wullems auf, die Medienabspieler vom Markt zu nehmen. Am 1. Juli 2014 erhob Stichting Brein beim vorlegenden Gericht Klage gegen Herrn Wullems mit dem Antrag, die Einstellung des Verkaufs der Geräte sowie des Anbietens von Hyperlinks anzuordnen, die den Nutzern urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig zugänglich machten.

21.      Zur Begründung ihres Antrags trug die klagende Stiftung vor, Herr Wullems nehme mit dem Verkauf des Abspielgeräts „filmspeler“ eine „öffentliche Wiedergabe“ vor und verstoße deshalb gegen die Art. 1 und 12 der Auteurswet (niederländisches Urheberrechtsgesetz) sowie die Art. 2, 6, 7a und 8 der Wet op de Naburige Rechten (Gesetz über verwandte Schutzrechte).

22.      Für die Rechtbank Midden-Nederland (Bezirksgericht Midden-Nederland) sind die im Rechtsstreit angeführten Vorschriften des nationalen Rechts im Licht von Art. 3 der Richtlinie 2001/29 auszulegen, da sie diesen in niederländisches Recht umsetzen. Da die Parteien des Ausgangsrechtsstreits darüber streiten, ob der Verkauf des multimedialen Medienabspielers von Herrn Wullems versucht, im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein „neues Publikum“ zu erreichen, ist das vorlegende Gericht der Auffassung, dass weder das Urteil Svensson u. a.(15) noch der Beschluss BestWater International(16) genügend Elemente enthalten, um diese Streitfrage zu entscheiden. Somit bleiben seiner Ansicht nach vernünftigerweise Zweifel bestehen, ob eine öffentliche Wiedergabe vorliegt, wenn das Werk bereits vorher veröffentlicht worden ist, jedoch ohne die Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers.

23.      Zweitens sieht sich das vorlegende Gericht dem Argument von Herrn Wullems gegenüber, die visuelle und akustische Darstellung urheberrechtlich geschützter Werke selbst aus einer unrechtmäßigen Quelle durch Streaming falle unter die Ausnahme in Art. 13 Buchst. a des niederländischen Urheberrechtsgesetzes. Da diese Vorschrift im Einklang mit Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 auszulegen ist, weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Gerichtshof sich zur Bedeutung des Begriffs „rechtmäßige Nutzung“ in Art. 5 der Richtlinie noch nicht geäußert habe.

24.      Vor diesem Hintergrund hat die Rechtbank Midden-Nederland (Bezirksgericht Midden-Nederland) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 3 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie dahin auszulegen, dass eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, wenn eine Person ein Produkt (Medienabspieler) verkauft, in dem die genannte Person Add-ons installiert hat, die Hyperlinks auf Websites enthalten, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke wie Filme, Serien und Live-Sendungen ohne Zustimmung der Rechtsinhaber unmittelbar zugänglich gemacht worden sind?

2.      Macht es in diesem Zusammenhang einen Unterschied,

–        ob die urheberrechtlich geschützten Werke zuvor überhaupt noch nicht oder ausschließlich über ein Abonnement mit Zustimmung der Rechtsinhaber im Internet veröffentlicht worden sind?

–        ob die Add-ons, die Hyperlinks auf Websites enthalten, auf denen ohne Zustimmung der Rechtsinhaber urheberrechtlich geschützte Werke unmittelbar zugänglich gemacht wurden, frei zugänglich sind und auch von den Nutzern selbst im Medienabspieler installiert werden können?

–        ob die Websites und damit die darauf – ohne Zustimmung der Rechtsinhaber – zugänglich gemachten urheberrechtlich geschützten Werke von der Öffentlichkeit auch ohne den Medienabspieler abgerufen werden können?

3.      Ist Art. 5 der Urheberrechtsrichtlinie dahin auszulegen, dass eine „rechtmäßige Nutzung“ im Sinne von Abs. 1 Buchst. b dieser Vorschrift nicht vorliegt, wenn ein Endnutzer beim Streaming eines urheberrechtlich geschützten Werks von einer Website eines Dritten, auf der dieses urheberrechtlich geschützte Werk ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bzw. der Rechtsinhaber angeboten wird, eine vorübergehende Kopie anfertigt?

4.      Sofern Frage 3 verneint wird: Hält die Anfertigung einer vorübergehenden Kopie, die ein Endnutzer beim Streaming eines urheberrechtlich geschützten Werks von einer Website anfertigt, auf der das genannte urheberrechtlich geschützte Werk ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bzw. der Rechtsinhaber angeboten wird, in diesem Fall dem „Dreistufentest“ im Sinne von Art. 5 Abs. 5 der Urheberrechtsrichtlinie stand?

III – Verfahren vor dem Gerichtshof und Vorbringen der Beteiligten

A –    Verfahren

25.      Der Vorlagebeschluss ist am 5. Oktober 2015 in der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

26.      Die Parteien des Ausgangsverfahrens, die spanische, die französische, die italienische und die portugiesische Regierung sowie die Europäische Kommission haben innerhalb der in Art. 23 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs festgelegten Frist schriftliche Erklärungen abgegeben.

27.      An der mündlichen Verhandlung vom 29. September 2016 haben die Vertreter von Stichting Brein, Herrn Wullems, der spanischen Regierung und der Europäischen Kommission teilgenommen.

B –    Vorbringen

1.      Zur ersten und zur zweiten Vorlagefrage

28.      Stichting Brein sowie die spanische, die französische, die italienische und die portugiesische Regierung schlagen vor, die erste Frage zu bejahen, und vertreten die Auffassung, dass die nach den drei Gedankenstrichen der zweiten Frage angeführten Beurteilungselemente unerheblich seien. Ihrer Auffassung nach liegen in diesem Fall beide von der Rechtsprechung des Gerichtshofs kumulativ aufgestellten Voraussetzungen, d. h. eine „Wiedergabehandlung“ und ein „Publikum“, vor.(17)

29.      Da in dieser Rechtsprechung wiederholt festgestellt wurde, dass der Begriff „Wiedergabehandlung“ weit auszulegen sei(18), gehen Stichting Brein und die genannten Regierungen davon aus, dass das Gerät „filmspeler“ ein „Zugänglichmachen“ für die Öffentlichkeit bewirkt und damit eine „Handlung der öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellt. Wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, bietet die Tatsache, dass auf einer Internetseite anklickbare Links zu geschützten Werken bereitgestellt werden, die auf einer anderen Seite ohne Zugangsbeschränkung veröffentlicht sind, den Nutzern der ersten Seite direkten Zugang zu diesen Werken(19), ohne dass es darauf ankommt, ob sie diese Möglichkeit nutzen oder nicht(20).

30.      Für Stichting Brein ist nicht von Relevanz, dass es nicht Herr Wullems selbst, sondern der Wirtschaftsbeteiligte, der die einzelnen Softwaredateien anbietet, war, der die Hyperlinks der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt hat. Die französische Regierung hebt zwei Aspekte hervor: a) dass die Öffentlichkeit, an die die geschützten Werke ursprünglich gerichtet waren, ausschließlich aus den Abonnenten der Fernsehsender bestand, die die Erlaubnis besaßen, die entsprechenden Sendungen auszustrahlen, und b) dass die Website, auf der sich die streitgegenständlichen Werke befanden, nach den Angaben im Vorlagebeschluss durch verschiedene Zugangsbeschränkungen geschützt war. Im selben Kontext unterstreicht die spanische Regierung, auch die jetzigen und zukünftigen potenziellen Nutzer seien zu berücksichtigen(21).

31.      Hinsichtlich des „neuen“ Publikums (d. h. des Publikums, das die Rechtsinhaber nicht hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten)(22) unterstreicht Stichting Brein die Bedeutung der von den Rechtsinhabern erteilten Erlaubnis zur ersten Wiedergabe über einen Hyperlink. Die portugiesische Regierung fügt hinzu, soweit die Handlung ein Zugänglichmachen geschützter Werke durch ein spezielles, vom ursprünglichen Verfahren verschiedenes technisches Verfahren darstelle, sei es nach der Rechtsprechung nicht nötig, das Erfordernis des „neuen Publikums“ zu prüfen, da jede neue Übertragung einer eigenen und gesonderten Erlaubnis der betroffenen Urheber bedürfe(23).

32.      Herr Wullems und die Kommission sind demgegenüber der Ansicht, in diesem Fall liege keine „Wiedergabehandlung“ vor. Herr Wullems richtet seine Argumentation daran aus, dass die Add-ons mit Hyperlinks sich zum Zeitpunkt des Verkaufs an den Endnutzer nicht auf dem Gerät befänden. Außerdem könne ein Hyperlink für sich allein genommen noch keine Handlung der öffentlichen Wiedergabe darstellen.

33.      Nach Ansicht der Kommission fällt der von Herrn Wullems auf dem Markt angebotene „filmspeler“ unter den Begriff „Einrichtung“ (im 27. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29), da er eine Wiedergabe zwar erlaube, aber nicht selbst darstelle. Wenn das die Ausstattung einer Einrichtung mit einem Programm zur Folge hätte, dass diese ihren Charakter als Einrichtung verlöre, so entfaltete der 27. Erwägungsgrund keinerlei praktische Wirksamkeit, da er nur auf eine äußerst geringe Zahl von Fällen anwendbar wäre. Andernfalls hätten die Vorschriften von Kapitel III der Richtlinie 2001/29 keinerlei Sinn.

34.      Zusammengefasst fürchtet die Kommission, eine zu großzügige Auslegung des Begriffs „öffentliche Wiedergabe“ gefährde den angemessenen Ausgleich zwischen den Rechten und Interessen aller Beteiligten, was ihrer Auffassung nach ein in der Richtlinie 2001/29 enthaltenes allgemeines Ziel darstellt.

2.      Zur dritten und zur vierten Vorlagefrage

35.      Stichting Brein sowie die spanische und die französische Regierung verneinen, dass die in Art. 5 der Richtlinie 2001/29 normierte Ausnahme auf die Wiedergabe eines urheberrechtlich geschützten, auf der Website eines Dritten angebotenen Werks durch Streaming anwendbar ist. Abs. 1 dieser Vorschrift betreffe lediglich vorübergehende Vervielfältigungen, die flüchtig oder begleitend seien, während der „filmspeler“ diese Eigenschaften nicht vermittle, so dass er auch keinen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstelle, dessen alleiniger Zweck es sei, eine rechtmäßige Nutzung eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, wie der genannte Art. 5 Abs. 1, insbesondere Buchst. b, verlange.

36.      Darüber hinaus weisen Stichting Brein und die spanische Regierung(24) zur Beantwortung der vierten Vorlagefrage darauf hin, dass die Überlegung des Gerichtshofs bei der Auslegung der sogenannten „Ausnahme für Privatkopien“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29(25) womöglich auf die Erlaubnis von Streaming aus einer unrechtmäßigen Quelle ausgedehnt werden könne. Diese Form der Vervielfältigung aus unrechtmäßigen Quellen halte, da die Erlaubnis der Rechtsinhaber fehle, den in Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 und der Berner Konvention(26) kumulativ vorgesehenen drei Prüfungsstufen definitiv nicht stand.

37.      Ähnlich argumentierend heben sie hervor, dass das möglicherweise massenhafte Streaming aus unrechtmäßigen Quellen es ausschließe, dass eine Anwendung lediglich auf „bestimmte Sonderfälle“ erfolge. Zudem bedrohe es die „normale Verwertung“ der geschützten Werke, zum Nachteil der legitimen Interessen der Inhaber der Urheber- und verwandten Schutzrechte.

38.      Herr Wullems weist lediglich darauf hin, dass das Streaming eine vorübergehende, flüchtige und begleitende Handlung sei, die einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstelle. Die portugiesische Regierung und die Kommission, die dies lediglich hilfsweise vorbringt(27), gehen von derselben Prämisse aus und fügen hinzu, dass der bloße Empfang von Übertragungen (geschützter Werke) über das in Rede stehende Verfahren keine unrechtmäßige Nutzung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie darstelle. Dies werde durch die Rechtsprechung(28), nach der Cache- und Bildschirmkopien die kumulativen Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 sowie von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 erfüllten, gestützt.

39.      Die portugiesische Regierung hebt hervor, dass die vorübergehende Wiedergabe durch Streaming gegenüber dem Empfang der Werke als solchem keinen zusätzlichen wirtschaftlichen Vorteil generiere. Schließlich lägen, wenn die Wiedergabehandlungen die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie erfüllten, auch diejenigen von Abs. 5 vor; dies ergebe sich aus einer entsprechenden Rechtsprechung des Gerichtshofs(29).

IV – Prüfung der Vorlagefragen

A –    Zur ersten und zur zweiten Vorlagefrage

40.      Meines Erachtens müssen die ersten beiden Vorlagefragen aufgrund ihres engen Zusammenhangs zusammen geprüft werden. Ihre Beantwortung wird zum guten Teil durch Umstände beeinflusst, durch die sich der Gegenstand des Streits wie folgt umreißen lässt: a) Herr Wullems verkauft (mit Gewinnerzielungsabsicht) ein multimediales Abspielgerät, in dem er Hyperlinks installiert hat, die auf Websites weiterleiten, die urheberrechtlich geschützte digitale Inhalte frei und unentgeltlich zugänglich machen(30); b) die Rechtsinhaber haben deren öffentliche Wiedergabe entweder gar nicht oder lediglich für bestimmte Websites erlaubt, zu denen man als Abonnent als Mitglied Zugang hat; c) die Nutzer können die Add-ons, in denen die Hyperlinks zu Websites enthalten sind, auf denen ohne Erlaubnis der Rechtsinhaber freier Zugang zu den geschützten Werken vermittelt wird, auch selbst erwerben, und d) diese Websites sind im Internet verfügbar, ohne dass ein Medienabspieler wie der von Herrn Wullems angebotene erforderlich wäre.

41.      Obgleich ich versucht bin, die Entwicklung der Rechtsprechung zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darzustellen, die aus einer beträchtlichen Reihe von Urteilen besteht, scheint es mir nicht notwendig, den Begriff „öffentliche Wiedergabe“ oder seine beiden Einzelelemente, d. h. das die „Handlung der Wiedergabe“ eines Werks und die „Öffentlichkeit“, an die diese gerichtet ist, nochmals zu analysieren. Ich nehme lieber Bezug auf die klärenden Ausführungen des Gerichtshofs im Urteil GS Media, in dem die ihm vorangehenden Präzedenzfälle angeführt werden(31). Die Sicherheit der Rechtsanwendung zwingt die Gerichte, wenn nicht zur starren Anwendung des Stare-decisis-Grundsatzes, so doch zu der Umsicht, sich an das zu halten, was sie nach reiflicher Überlegung zu einem juristischen Problem selbst entschieden haben. Und so muss dies meiner Auffassung nach mit der im Urteil GS Media begründeten (bzw. bestätigten) Lehre zum Verhältnis zwischen Hyperlinks und öffentlicher Wiedergabe im Zusammenhang mit der Richtlinie 2001/29 geschehen.

42.      Folglich stütze ich meine Ausführungen auf die vom Gerichtshof bereits aufgestellten Prämissen, wonach a) die Bereitstellung von anklickbaren Links zu geschützten Werken als „Zugänglichmachung“ einzustufen ist, da sie eine „Handlung der Wiedergabe“ darstellt(32), b) dieser Begriff jede Übertragung geschützter Werke unabhängig vom eingesetzten technischen Mittel oder Verfahren umfasst(33) und c) die widerlegliche Vermutung besteht, dass das Einbetten eines Hyperlinks, der zu einem unrechtmäßig (d. h. ohne die Erlaubnis seiner Rechtsinhaber) im Internet veröffentlichten Werk führt, eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellt, wenn dies mit Gewinnerzielungsabsicht geschieht.

43.      Im selben Sinne möchte ich darauf hinweisen, dass der Begriff der öffentlichen Wiedergabe des geschützten Werks für den Gerichtshof entweder erfordert, dass sie durch ein spezielles, vom ursprünglichen verschiedenes technisches Verfahren erfolgt, oder dass sie an ein „neues Publikum“ gerichtet ist, d. h. ein Publikum, das die Rechtsinhaber nicht hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche (eingeschränkte) öffentliche Wiedergabe erlaubten(34).

44.      Prüft man den Sachverhalt des Rechtsstreits im Licht der soeben dargestellten Voraussetzungen, so kommt man unschwer zu dem Schluss, dass die im Urteil GS Media zum Verhältnis zwischen den Hyperlinks und dem Begriff der öffentlichen Wiedergabe vertretene Auffassung auf ihn anwendbar ist, was die Beantwortung der ersten beiden Vorlagefragen grundlegend bestimmt.

45.      In der Tat hat Herr Wullems, wie bereits erwähnt, auf der Nutzeroberfläche der Software XBMC die Add-ons mit Hyperlinks zu Websites installiert, die urheberrechtlich geschützte Werke frei zugänglich machen. Herr Wullems war sich – abgesehen davon, dass er die Links verfügbar gemacht hat – bewusst oder musste sich zumindest bewusst sein, dass 14 dieser Add-ons Links zu digitalen Inhalten enthielten, die ohne Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber oder in dem Sinne mit einer bedingten Erlaubnis ins Internet gestellt worden waren, dass nur bestimmte Personen diese über Abonnements oder andere Formeln des Pay-per-View nutzen konnten. Dass Herr Wullems beim Verkauf seines multimedialen Medienabspielers mit Gewinnerzielungsabsicht handelte, liegt auf der Hand.

46.      Die Debatte beschränkt sich somit auf die Relevanz, die einem zusätzlichen Faktor beizumessen ist, der in der Rechtssache GS Media nicht vorlag und auf den Herr Wullems und die Kommission sich in ihren Erklärungen beziehen, wenn sie dort hervorheben, Gegenstand der Rechtssache sei der Verkauf eines multimedialen Medienabspielers, nicht die Bereitstellung von Hyperlinks. Herr Wullems wie die Kommission sind der Ansicht, dieser Verkauf und die Installation von Hyperlinks auf einer Website seien keine vergleichbaren Vorgänge, und auch wenn der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ weit ausgelegt werde, könne dieser nicht so unendlich gedehnt werden, dass er auch den Verkauf eines multimedialen Abspielgeräts umfasse(35).

47.      In der mündlichen Verhandlung haben Herr Wullems und die Kommission den „nicht entscheidenden“ Charakter der Mitwirkung von Herrn Wullems hervorgehoben; dieser beschränke sich darauf, dem Publikum Zugang zu Inhalten zu verschaffen, die von anderen Websites heruntergeladen werden könnten. Der „filmspeler“ sei damit nicht „wesentlich“ für das Verfahren, das von der Website, auf dem der geschützte Inhalt unrechtmäßig zugänglich sei, zum Endnutzer führe. Ebenso verschaffe der Verkauf des Geräts von Herrn Wullems keinen direkten, sondern einen indirekten Zugang zu den erwähnten Inhalten, so dass der Zusammenhang oder das Bindeglied zwischen diesem und dem Zugänglichmachen der geschützten Werke für die Öffentlichkeit als Teil einer längeren Übertragungskette schwach sei.

48.      Die von Herrn Wullems und der Kommission vertretene These erscheint auf den ersten Blick attraktiv. Der Verkauf – ein Vertrag über die Lieferung eines multimedialen Medienabspielers gegen Zahlung des Kaufpreises – erschiene damit „neutral“, d. h., es würde an der direkten Beziehung zur Übertragung geschützter Inhalte fehlen. Außerdem, so meint die Kommission, müsse die Ausdehnung des Begriffs „öffentliche Wiedergabe“ an irgendeinem Punkt auch eine Grenze haben(36).

49.      Allerdings ist diese These meines Erachtens in Wirklichkeit zu einschränkend. Die Kommerzialisierung des „filmspeler“ geht über den bloßen Verkauf eines technischen Zubehörs, das nach Auffassung der Kommission unter den Begriff „Einrichtungen, die eine Wiedergabe ermöglichen oder bewirken“, fallen könnte, deren „Bereitstellung … selbst keine Wiedergabe im Sinne dieser Richtlinie dar[stellt]“(37), hinaus.

50.      Tatsächlich bietet Herr Wullems in diesem Gerät untrennbar die Hardware und Software an, die erforderlich sind und es unmittelbar ermöglichen(38), dass den Käufern ohne Zustimmung der Rechtsinhaber urheberrechtlich geschützte Werke im Internet zugänglich gemacht werden. Dass einem unbestimmten Publikum dieser unmittelbare Zugang ermöglicht wird, ist Teil des Mehrwerts der Leistung von Herrn Wullems, für die er den für den Medienabspieler gezahlten Preis oder zumindest einen wesentlichen Teil davon erhält.

51.      Meines Erachtens bestehen keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Einbetten von Hyperlinks zu geschützten Werken(39) auf einer Website und ihrer Einbettung in einem multimedialen Gerät, das eben zur Nutzung im Internet gedacht ist (konkret, damit seinen Nutzern ohne Schwierigkeiten direkt und unmittelbar digitale Inhalte ohne die Erlaubnis ihrer Urheber zugänglich gemacht werden), wie dies hier der Fall ist. Die Zurverfügungstellung von Links zu diesen geschützten Inhalten, ihr Zugänglichmachen für das Publikum, ist ein gemeinsames Merkmal beider Verhaltensweisen, deren scheinbar akzessorischer oder dienender Charakter nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass es sich um Verhaltensweisen handelt, die darauf abzielen, dass jedermann durch bloßes Aktivieren des Hyperlinks die geschützten Werke nutzen kann(40).

52.      Die Hyperlinks dienen, unabhängig von der Art oder dem technischen Verfahren, mit dem sie installiert werden, dazu, Dritten den Zugang zu digitalen Inhalten zu ermöglichen, die bereits – und zwar in diesem Fall unrechtmäßig – ins Internet „hochgeladen“ wurden. Relevant bei der öffentlichen Wiedergabe, die hierdurch erfolgt, ist, dass sie den Umfang oder Radius des Zugangs potenzieller Nutzer erhöht, denen sie, wie oben ausgeführt, eine Funktionalität vermittelt, in der zuvor die Websites ausgewählt worden sind, die das Ansehen digitaler Inhalte erlauben, ohne dafür zu bezahlen.

53.      Man kann somit von der zentralen Rolle im Sinne der Rechtsprechung(41) sprechen, die Herr Wullems in der öffentlichen Wiedergabe geschützter Werke einnimmt, wobei er vorsätzlich und in voller Kenntnis der damit verbundenen Folgen handelt. Dies ergibt sich insbesondere aus den Werbebeispielen, mit denen er für sein Produkt warb(42).

54.      Zusammengefasst ist der „filmspeler“ somit nicht lediglich eine „technische Einrichtung“ im Sinne des 27. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2001/29, sondern eine Form der öffentlichen Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke, die zuvor unrechtmäßig ins Internet „hochgeladen“ wurden. Das Verhalten von Herrn Wullems, der in seinen Geräten mit offenkundiger Gewinnerzielungsabsicht und im Wissen über die Unrechtmäßigkeit seines Handelns die Hyperlinks zu diesen Werken installiert hat, unterstützt die Käufer des „filmspeler“ darin, die Gegenleistungen für deren rechtmäßige Nutzung, d. h. die Zahlung an ihre Rechtsinhaber, die üblicherweise über Verfahren wie Abonnements, Mitgliedschaften oder andere Formen des Pay-per-View erfolgt, zu umgehen.

55.      Nachdem festgestellt ist, dass der „filmspeler“ eine öffentliche Wiedergabe vornimmt, die unter Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie fällt(43), bleibt noch zu klären, ob das entsprechende Publikum ein „neues Publikum“ im Sinne der bisherigen Auslegung darstellt.

56.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt das Erfordernis eines „neuen Publikums“ nur, wenn die Wiedergabe des geschützten Werks nicht unter Verwendung eines speziellen technischen Verfahrens, das sich von den bisher verwendeten unterscheidet, erfolgt(44). Auch wenn dies als Sachverhaltsfeststellung Sache des vorlegenden Gerichts ist, weist die von Herrn Wullems verwendete Technik offensichtlich keine innovative Komponente auf, sondern ist vielmehr eine Kombination anderer, bereits bekannter Techniken. Um die Diskussion zu vereinfachen, könnte daher unterstellt werden, dass in diesem Fall keine „spezielle und verschiedene Technik“ im Sinne der Rechtsprechung vorlag, was dann zu der Prüfung führt, ob die potenziellen Käufer des „filmspeler“ als „neues Publikum“ eingestuft werden können.

57.      Den Akten ist zu entnehmen, und die französische Regierung unterstreicht dies zu Recht, dass entweder für die geschützten Werke keine Erlaubnis der Rechtsinhaber zur Verbreitung im Internet vorlag oder dass diese Erlaubnis lediglich für abonnierte Websites erteilt worden war, d. h. für Seiten mit beschränktem Zugang. Damit weitet das von Herrn Wullems verkaufte multimediale Abspielgerät den Kreis der Empfänger gegenüber denjenigen, die die Urheber im Auge gehabt hatten, insoweit aus, als es sowohl auf Websites verlinkt, die jene digitalen Inhalte ohne jede Erlaubnis verbreiten, als auch auf Seiten, die geschützte Werke enthalten und diese nur bestimmten Nutzern anbieten, die für die Nutzung bezahlen müssen.

58.      Außerdem bietet der „filmspeler“ trotz der Möglichkeit, die Add-ons auf dem Markt und auch die Hyperlinks selbst gratis im Internet zu finden, für ein nicht unerhebliches Segment dieses Publikums, nämlich für diejenigen Internetnutzer, die nicht besonders versiert darin sind, im Internet unrechtmäßige Websites zu entdecken, um neben anderen digitalen Inhalten Filme und Fernsehserien anzusehen, einen nicht zu leugnenden Vorteil. Dieses Publikumssegment wird möglicherweise die leichte Handhabung des Menüs, das der „filmspeler“ auf seinem Bildschirm anzeigt, der zuweilen langwierigen Suche nach Websites vorziehen, die solche Inhalte anbieten.

59.      Wie dem auch sei, erfolgt die Verbreitung der geschützten Werke, die Herr Wullems vermittelt, für ein Publikum, das die Inhaber der Rechte an ihnen nicht im Auge hatten, als sie deren Nutzung entweder gar nicht oder nur in kostenpflichtigen Zirkeln erlaubten. Damit ist die Voraussetzung eines „neuen Publikums“(45) gegeben.

60.      Ich schlage deshalb vor, die ersten beiden Vorlagefragen der Rechtbank Midden-Nederland (Bezirksgericht Midden-Nederland) dahin zu beantworten, dass der Verkauf eines (multimedialen) Medienabspielers, in dem der Verkäufer selbst Hyperlinks installiert hat, die urheberrechtlich geschützte, auf anderen Websites ohne Zustimmung der Urheberrechtsinhaber zugängliche Werke wie Filme, Serien und Live-Sendungen unmittelbar zugänglich machen, eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellt.

B –    Zur dritten und zur vierten Vorlagefrage

61.      Das vorlegende Gericht trägt in diesen beiden Fragen, wie ich bereits vorausgeschickt habe, jeweils Zweifel vor, die nicht das multimediale Gerät, sondern die Vereinbarkeit des Verhaltens des Endnutzers mit der Richtlinie 2001/29 betreffen, der mit diesem Gerät die „vorübergehende Vervielfältigung eines durch Streaming zugänglichen urheberrechtlich geschützten Werks von einer Website anfertigt, auf der das genannte urheberrechtlich geschützte Werk ohne die Zustimmung des oder der Rechtsinhaber angeboten wird“. Konkret möchte das Gericht wissen, ob ein Verhalten dieser Art durch Art. 5 Abs. 1 und 5 der Richtlinie gedeckt sein könnte.

62.      Angesichts dieser Formulierung wurden einige Einwände gegen die Zulässigkeit der beiden Fragen erhoben, da sie über den Gegenstand des Rechtsstreits zwischen Stichting Brein und Herrn Wullems hinauszugehen schienen. Allerdings sind diese Einwände nach den vom vorlegenden Gericht gemachten Erläuterungen zurückzuweisen, da einer der Anträge von Stichting Brein im Ausgangsrechtsstreit dahin ging, Herrn Wullems als Urheber irreführender Werbung und unlauterer Geschäftsmethoden zu verurteilen, weil er in seinen Anzeigen als Werbung zur Steigerung der Verkaufszahlen geäußert habe, die Vervielfältigung durch bloßes Streaming von Werken, die aus unrechtmäßigen Quellen stammten, sei (im Gegensatz zu deren Herunterladen) rechtmäßig. Daher bedarf das vorlegende Gericht, das über diesen konkreten Antrag zu entscheiden hat, einer Antwort des Gerichtshofs zur Auslegung von Art. 5 der Richtlinie 2001/29.

63.      Die nun folgenden Erwägungen beziehen sich auf den Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits im Zusammenhang mit dem oben angeführten klägerischen Antrag und auf die Anwendung von Art. 5 der Richtlinie 2001/29.

1.      Zur Ausnahme des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29

64.      Innerhalb des Katalogs der Ausnahmen vom Vervielfältigungsrecht umfasst Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 „die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist … eine rechtmäßige Nutzung … eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen“. Die Ausnahme betrifft auch den Endnutzer und nicht nur, wie man beim Lesen des 33. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2001/29 denken könnte, Online-Dienstleister oder Vermittler(46).

65.      Ich halte es, was diese Rechtssache angeht, nicht für unerlässlich zu klären, ob es bei der visuellen Darstellung eines Werks durch Streaming, zu der man über die Hyperlinks des „filmspeler“ gelangt, an den Merkmalen der „Flüchtigkeit“ und der bloßen „Begleiterscheinung“, die der oben zitierte Gesetzestext verlangt, fehlt(47). Diese Streitfrage im einen oder anderen Sinne zu entscheiden, würde vorherige Einschätzungen ausgesprochen technischen Charakters (in Bezug auf die Speicherung im Datenpuffer und dem Kopieren im Cachespeicher oder auf dem Bildschirm) erfordern(48). Es erscheint mir jedoch nicht erforderlich, diese Prüfung zu vertiefen(49), da meines Erachtens eine andere Grundvoraussetzung der Ausnahme nicht vorliegt, nämlich dass „eine rechtmäßige Nutzung“ des geschützten Werks ermöglicht wird.

66.      In der Tat kann man nicht von einer „rechtmäßigen Nutzung“ der geschützten Werke sprechen, wenn sie dem Endnutzer unter den im Ausgangsrechtsstreit vorliegenden Umständen zugänglich gemacht werden, d. h., wenn sie digitale Inhalte betrifft, deren Verbreitung von den Urheberrechtsinhabern (die eine freie öffentliche Wiedergabe auf den Websites, auf die die im „filmspeler“ enthaltenen Hyperlinks verlinken, nicht erlaubt haben), entweder abgelehnt oder beschränkt erteilt worden ist.

67.      Es geht somit nicht darum, eine allgemeine Beurteilung zum Streaming vorzunehmen, sondern im Licht der oben angeführten Vorschrift das Verhalten des Nutzers zu beurteilen, der unter den in dieser Rechtssache gegebenen Umständen auf seinem Bildschirm mit jener Technik geschützte Filme und Serien vervielfältigt.

68.      Die Entwicklung der Telekommunikation (neben anderen Faktoren die Erweiterung der Glasfaserkabelnetze, die sehr hohe Verbindungsgeschwindigkeiten ermöglichen) hat begünstigt, dass das Phänomen illegaler Downloads auf informatische Datenträger – dem bis vor wenigen Jahren noch so viel Aufmerksamkeit galt – durch die Vervielfältigung digitaler Inhalte durch Streaming immer mehr verdrängt, wenn nicht ganz ersetzt wird, so dass dieses sich in eine der Formen verwandelt hat, die am meisten nachgefragt werden. Das Betrachten visueller Darstellungen durch Streaming von zahlungspflichtigen Plattformen führt unter dem Blickwinkel des geistigen Eigentums zu keinen größeren Problemen, ebenso wenig wie wenn der Nutzer digitale Inhalte ansieht oder anhört, die auf Websites, die sie unentgeltlich und rechtmäßig anbieten, uneingeschränkt zugänglich sind.

69.      Dieses Bild ändert sich allerdings dann, wenn Websites ins Spiel kommen, die den Nutzern Piraterieversionen(50) dieser Inhalte zugänglich machen. Die Antwort des Gerichtshofs im Urteil GS Media betrifft eine Person, die einen Hyperlink im Internet installiert, der ohne die Erlaubnis des Rechtsinhabers zu geschützten Inhalten führt. Das Verhalten einer Person, die in dieser Form handelt, ist einerseits nach der Gewinnerzielungsabsicht (sofern diese vorhanden ist, wird widerlegbar vermutet, dass die Person Kenntnis davon hat, dass das Werk unrechtmäßig im Netz steht) und andererseits danach zu beurteilen, ob diese nicht weiß oder vernünftigerweise wissen müsste, dass für dessen Veröffentlichung im Internet keine Erlaubnis besteht(51).

70.      Meines Erachtens wäre es, wenn der entscheidende Faktor bei demjenigen, der ohne Gewinnerzielungsabsicht den Hyperlink installiert, die Kenntnis oder zumindest die nachvollziehbar bestehende Möglichkeit der Kenntnis ist, dass das geschützte Werk sich unrechtmäßig im Netz befindet, kaum möglich, dieses Kriterium nicht auch auf eine Person anzuwenden, die von diesem Hyperlink, ebenfalls ohne Gewinnerzielungsabsicht, lediglich Gebrauch macht(52).

71.      Allerdings glaube ich, dass das subjektive Merkmal eher geeignet ist, die Verantwortlichkeit einer Person auszuschließen, als dafür, die objektive Unrechtmäßigkeit und gegebenenfalls die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens zu beurteilen. Für eine angemessene Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sollte nicht vergessen werden, dass nach deren 33. Erwägungsgrund die objektive Rechtmäßigkeit eher von der Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers oder seines Lizenznehmers abhängt(53). Die entschuldbare oder nachvollziehbare Unkenntnis des Fehlens dieser Erlaubnis auf Seiten des Endnutzers könnte zweifellos seine Verantwortlichkeit ausschließen(54); rein objektiv beseitigt sie dagegen nicht das Merkmal der Rechtswidrigkeit der „Nutzung“, auf die Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 abstellt.

72.      Da aus den Akten hervorgeht, dass für die geschützten Werke, auf die die im „filmspeler“ von Herrn Wullems installierten Hyperlinks verlinken, keine Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber, insbesondere der Inhaber des Vervielfältigungsrechts nach Art. 2 der Richtlinie 2001/29 vorlag, erfüllt das Streaming durch einen Endnutzer mit Hilfe dieses Geräts nicht die Voraussetzung der „rechtmäßigen Nutzung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie.

2.      Zur Anwendbarkeit von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29

73.      Wenn, rein dialektisch betrachtet, die Verwendung des „filmspeler“ von Herrn Wullems unter die Ausnahme des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 fallen sollte, so müsste sie noch den nach Art. 5 Abs. 5 erforderlichen „Test“ bestehen, zu dem das vorlegende Gericht die vierte Vorlagefrage formuliert hat. Folglich wäre zu prüfen, ob in diesem Fall die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 5 dieser Richtlinie vorliegen(55).

74.      Diese Vorschrift sieht vor, dass die (u. a.) in Abs. 1 festgelegte Ausnahme für die vorübergehende Vervielfältigung nur „in bestimmten Sonderfällen …, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden“, anzuwenden ist.

75.      Meines Erachtens ist in dieser Rechtssache indessen keine der drei Voraussetzungen erfüllt. Erstens führt das von Herrn Wullems verkaufte Gerät zu unzähligen Downloads von Filmen, Serien, Sportveranstaltungen und Ausstrahlungen anderer Art ohne die Zustimmung der Inhaber der Vervielfältigungsrechte. Deshalb, so argumentieren Stichting Brein und die spanische Regierung, kann man auch nicht vertreten, dass es sich um „bestimmte Sonderfälle“ handelt, wie es die hier in Rede stehende Vorschrift verlangt.

76.      Zweitens kann man in technischer Hinsicht das Verhalten desjenigen, der im Internet navigiert und Websites betrachtet, nicht mit dem Verhalten einer Person vergleichen, die Filme und Serien durch Streaming abspielt. Im ersten Fall kann das flüchtige Kopieren, zu dem der technische Prozess zwingt, eine normale Verwertung der Werke darstellen, die den Internetnutzern erlaubt, in den Genuss der von den Herausgebern bewirkten öffentlichen Wiedergabe zu gelangen(56). Dagegen wird dann, wenn der Internetnutzer, der die geschützten Werke auf seinem Bildschirm durch Streaming betrachtet, keine „normale“, von der für die Navigation im Internet nicht zu umgehenden Technologie erzwungene Verwertung des Werks vorgenommen, sondern eine „anomale“ Handlung, die, juristisch ausgedrückt, dem Vorsatz des Nutzers geschuldet ist, mit Hilfe des „filmspeler“ in den Genuss der digitalen Inhalte zu kommen, ohne dafür eine wirtschaftliche Gegenleistung zu entrichten.

77.      Unter diesen Umständen würde es gegen die Richtlinie 2001/29 verstoßen, wahllos oder allgemein Vervielfältigungen aus unrechtmäßigen Quellen oder solche Vervielfältigungen zu gestatten, die unter Verstoß gegen Zugangsbeschränkungen vorgenommen werden. Dies für zulässig zu erachten, würde bedeuten, den Verkehr von auf Piraterie beruhenden digitalen Inhalten zu fördern, im selben Maß den Schutz der Urheberrechte zu untergraben und illegale Vermarktungsformen zu begünstigen und damit die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts zu beeinträchtigen(57).

78.      Da drittens das Vervielfältigungsrecht, wie den Akten zu entnehmen ist, nur Zirkeln eingeräumt worden ist, bei denen der Endnutzer erst nach Zahlung des Entgelts in den Genuss der Nutzung kommt (sei dies über einen Mitgliedsbeitrag, ein Abonnement oder ein ähnliches Verfahren), haben diese unzähligen visuellen Darstellungen durch Streaming ohne wirtschaftliche Gegenleistung für den Rechtsinhaber zwangsläufig eine gleichzeitige Verringerung der Zahl der Abonnenten dieser Zirkel und damit die entsprechende „Beeinträchtigung der normalen Verwertung der geschützten Werke“ zur Folge, um das Urteil vom 10. April 2014, ACI Adams u. a. zu zitieren(58).

79.      In der Tat passen hierher die Erwägungen des Gerichtshofs aus dem Urteil ACI Adam u. a., in denen er bei der Auslegung der Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 festgestellt hat: „… zum einen würde es die Verbreitung von nachgeahmten oder gefälschten Werken fördern und damit zwangsläufig den Umfang an Verkäufen oder anderen rechtmäßigen Transaktionen im Zusammenhang mit geschützten Werken verringern, wenn man zuließe, dass solche Vervielfältigungen auf der Grundlage einer unrechtmäßigen Quelle angefertigt werden dürften, so dass die normale Verwertung der Werke beeinträchtigt würde“(59). Der Verkauf des „filmspeler“ verstößt somit gegen die „die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers“, die eine freie Verbreitung ihrer Werke nicht erlaubt haben.

80.      Zusammengefasst erfüllt das Streaming digitaler Inhalte ohne Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber meines Erachtens nicht die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29, da es keinen Sonderfall betrifft, die normale Verwertung des Werks beeinträchtigt und die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber ungebührlich verletzt.

81.      In Anbetracht des vom Gerichtshof festgestellten(60) kumulativen Charakters der soeben dargestellten Voraussetzungen ist der dreistufige Ausschluss der Ausnahme des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 in dieser Rechtssache anwendbar. Somit kann sich der Beklagte nicht auf die Ausnahme vom Vervielfältigungsrecht berufen.

82.      Ich schlage daher vor, die dritte und die vierte Vorlagefrage dahin gehend zu beantworten, dass unter den Umständen des Ausgangrechtsstreits die Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werks durch Streaming nicht unter die Ausnahme des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 fällt, da sie nicht die Voraussetzungen einer „rechtmäßigen Nutzung“ im Sinne von Buchst. b dieser Vorschrift erfüllt und jedenfalls dem Dreistufentest des Art. 5 Abs. 5 dieser Richtlinie nicht standhält.

V –    Ergebnis

83.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen der Rechtbank Midden-Nederland (Bezirksgericht Midden-Nederland, Niederlande) wie folgt zu beantworten:

Der Verkauf eines (multimedialen) Medienabspielers wie desjenigen, der Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits ist, in dem der Verkäufer selbst Add-ons installiert hat, die Hyperlinks auf andere Websites enthalten, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke wie Filme, Serien und Live-Sendungen ohne Zustimmung der Urheberrechtsinhaber unmittelbar zugänglich gemacht werden,

–        stellt eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft dar und

–        fällt nicht unter die Ausnahme des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29, da er nicht den Begriff einer „rechtmäßigen Nutzung“ nach Buchst. b dieser Vorschrift und jedenfalls nicht die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 5 Abs. 5 dieser Richtlinie erfüllt.


1      Originalsprache: Spanisch.


2      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. 2001, L 167, S. 10).


3      Der Begriff „Hyperlink“ wird als Synonym von „Link“ verwendet. Beide beziehen sich in der Fachsprache im Bereich Programmierung und Informatik auf die Verbindung zwischen verschiedenen Informationssegmenten, indem sie, sobald sie aktiviert werden, Knoten oder Textblöcke, Bilder, Audio- oder Videoinhalte miteinander verbinden.


4      Insbesondere zu den Links und dem Begriff der öffentlichen Wiedergabe, wenn es sich um Werke handelt, die auf anderen Websites zu finden sind, vgl. Urteil vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76). Der Beschluss vom 21. Oktober 2014, BestWater International (C‑348/13, EU:C:2014:2315), wendet die Überlegungen dieses Urteils auf die sogenannte Framing-Technik an, mit der die Nutzer, wenn sie den Link anklicken, auf das Portal eines Dritten geleitet werden, auf dem das Werk erscheint, wodurch der Eindruck entsteht, es gehöre zu den Inhalten der ersten Website.


5      Urteil vom 8. September 2016, GS Media (C‑160/15, im Folgenden: Urteil GS Media, EU:C:2016:644).


6      Obwohl in den geltenden Texten zu dieser Materie der Begriff „Werke“ verwendet wird, werde ich auch und mit gleicher Bedeutung den Ausdruck „digitale Inhalte“ benutzen, der sich in diesem Zusammenhang jeweils auf urheberrechtlich geschützte Inhalte bezieht.


7      Rn. 6.14 des Vorlagebeschlusses.


8      Zum Empfang digitaler Inhalte, im Allgemeinen Audio- und Videoinhalte, durch Streaming (d. h. ohne dass diese in den Speichern der jeweiligen Geräte, sondern lediglich im Datenpuffer gespeichert oder in diesen kopiert werden) beschäftigte sich das Urteil vom 7. März 2013, ITV Broadcasting u. a. (C‑607/11, EU:C:2013:147).


9      Richtlinie des Rates vom 29. Oktober 1993 zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (ABl. 1993, L 290, S. 9).


10      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (ABl. 2006, L 372, S. 12).


11      Unter den Bezeichnungen Filmspeler X5 fully loaded, Filmspeler Compleet (Raspberry pi), Minix Neo X7, Filmspeler X90 fully loaded und Turbo Sd/usb configuratie.


12      Im elektronischen Jargon sind dies sogenannte Deeplinks („deep hyperlinks“) und nicht nur einfache Links auf die Startseite der Zielwebsite.


13      Hierbei geht es um die Add-ons 1Channel, Glow movies HD, Go movies, Icefilms, Mashup, Much Movies, Much Movies HD, Istream, Simply Movies, Simply Player, Yify Movies HD, Ororo.tv, Teledunet.com und Go TV.


14      Wie Youtube, Sports illustrated, uitzending gemist, Music video box, Vimeo, ESPN 3, RTLXL, SkyFM und Soundcloud.


15      Urteil vom 13. Februar 2014 (C‑466/12, EU:C:2014:76).


16      Beschluss vom 21. Oktober 2014 (C‑348/13, EU:C:2014:2315).


17      Urteil vom 7. März 2013, ITV Broadcasting u. a. (C‑607/11, EU:C:2013:147, Rn. 21 und 31).


18      Urteile vom 7. Dezember 2006, SGAE (C‑306/05, EU:C:2006:764, Rn. 36), und vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a. (C‑403/08 und C‑429/08, EU:C:2011:631, Rn. 186).


19      Urteil vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76, Rn. 18).


20      Ebd. (Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).


21      Urteil vom 7. Dezember 2006, SGAE (C‑306/05, EU:C:2006:764, Rn. 37 bis 39).


22      Urteile vom 7. März 2013, ITV Broadcasting u. a. (C‑607/11, EU:C:2013:147, Rn. 37), und vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a. (C‑403/08 und C‑429/08, EU:C:2011:631, Rn. 197).


23      Durch Verweis auf das Urteil vom 7. März 2013, ITV Broadcasting u. a. (C‑607/11, EU:C:2013:147, Rn. 22 bis 26 sowie 39).


24      Die französische Regierung hat in Anbetracht der Lösung, die sie für die dritte Vorlagefrage vorschlägt, keine Erklärungen zur vierten – gegenüber der dritten subsidiären – Vorlagefrage abgegeben.


25      Urteil vom 10. April 2014, ACI Adam u. a. (C‑435/12, EU:C:2014:254, Rn. 37 und 39).


26      Am 9. September 1886 in Bern unterzeichnete Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung vom 24. Juli 1971) in der am 28. September 1979 geänderten Fassung.


27      Die Kommission bezweifelt, dass es notwendig ist, die dritte und die vierte Vorlagefrage zu beantworten, da diese a) nicht im Zusammenhang mit dem Verkauf des „filmspeler“, sondern mit der Technologie des Streaming gestellt würden, und b) sich nicht auf das Verhalten dessen, der den multimedialen Medienabspieler verkauft, bezögen, sondern auf das Verhalten des Endnutzers.


28      Urteil vom 5. Juni 2014, Public Relations Consultants Association (C‑360/13, EU:C:2014:1195).


29      Beschluss vom 17. Januar 2012, Infopaq International (C‑302/10, EU:C:2012:16, Rn. 57), und Urteil vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a. (C‑403/08 und C‑429/08, EU:C:2011:631, Rn. 181).


30      Derselbe freie und unentgeltliche Zugang wird für andere Inhalte angeboten, deren öffentliche Verbreitung durch die Personen, die sie erstmals übertragen haben, gleichfalls nicht erlaubt ist, die jedoch nicht über urheberrechtlichen Schutz im eigentlichen Sinne verfügen. Dies ist beispielsweise bei Live-Übertragungen bestimmter Sportereignisse der Fall, denen nicht der Charakter von Originalwerken im Sinne der Richtlinie 2001/29 zukommt (obwohl diese anhand von Lizenzen bestimmten Fernsehsendern zugeteilten Vervielfältigungsrechte möglicherweise Schutz durch andere Vorschriften genießen). Der Gerichtshof hat sich bereits im Urteil vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a. (C‑403/08 und C‑429/08, EU:C:2011:631, Rn. 98), dahin gehend geäußert, dass „Sportereignisse … nicht als geistige Schöpfungen angesehen werden [können], die sich als Werke im Sinne der Urheberrechtsrichtlinie einordnen ließen“.


31      Urteil GS Media (insbesondere Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach der Verkündung des Urteils begannen, wie zu erwarten und üblich, in den spezialisierten Medien kritische wie zustimmende Kommentare zu erscheinen. Vgl. beispielsweise aus der zeitlich nächsten Nähe zum Urteil die Eingabe in European Law Blog vom 20. September 2016, Saving the Internet or linking limbo? CJEU clarifies legality of hyperlinking (C‑160/15, Gs Media v Sanoma), oder die Debatte in der Plenarsitzung vom 20. September 2016 des 47. Weltkongresses der International Association for the Protection of Intellectual Property (AIPPI) über The CJEU case law on hyperlinking sowie den dieser Debatte vorhergehenden Bericht der Arbeitsgruppe zum Thema Linking and making available on the Internet.


32      Urteil vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76, Rn. 20). In jener Rechtssache wurde letztlich verneint, dass eine Wiedergabe an ein „neues“ Publikum erfolgt sei, weil Zielpublikum der ursprünglichen Wiedergabe allgemein die Nutzer des Internets gewesen seien, da die Links zu geschützten Werken führten, die zuvor auf einer anderen Website ohne jede Zugangsbeschränkung veröffentlicht worden waren (Rn. 18, 25 und 26).


33      Urteil vom 31. Mai 2016, Reha Training (C‑117/15, EU:C:2016:379, Rn. 38).


34      Nach Rn. 31 des Urteils vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76), „sind in dem Fall, in dem ein anklickbarer Link es den Nutzern der Seite, auf der sich der Link befindet, ermöglicht, beschränkende Maßnahmen zu umgehen, die auf der Seite, auf der das geschützte Werk zu finden ist, getroffen wurden, um den Zugang der Öffentlichkeit allein auf ihre Abonnenten zu beschränken, und es sich damit um einen Eingriff handelt, ohne den die betreffenden Nutzer auf die verbreiteten Werke nicht zugreifen könnten, alle diese Nutzer als neues Publikum anzusehen, das die Inhaber des Urheberrechts nicht hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche Wiedergabe erlaubten, so dass für eine solche öffentliche Wiedergabe die Erlaubnis der Rechtsinhaber erforderlich ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Werk auf der Seite, auf der die ursprüngliche Wiedergabe erfolgte, nicht mehr öffentlich zugänglich ist oder wenn es nunmehr auf dieser Seite nur einem begrenzten Publikum zugänglich ist, während es auf einer anderen Internetseite ohne Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber zugänglich ist“. Denselben Gedankengang vertieft der Beschluss vom 21. Oktober 2014, BestWater International (C‑348/13, EU:C:2014:2315, Rn. 14). Entscheidend ist, dass die Personen, die das Publikum darstellen, Zugang zum digitalen Inhalt erhalten, nicht, dass diese Personen diese Möglichkeit tatsächlich nutzen, wie sich aus dem Urteil vom 7. Dezember 2006, SGAE (C‑306/05, EU:C:2006:764, Rn. 43), ergibt.


35      Die Kommission lenkt die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass es in dieser Rechtssache gerade um den „Verkauf“ des multimedialen Medienabspielers „filmspeler“ geht, der ihres Erachtens dem Begriff „Einrichtung“ entspricht, auf den der 27. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 Bezug nimmt. Sie meint, der „filmspeler“ ermögliche zwar die Wiedergabe, stehe dieser aber nicht gleich.


36      Die Kommission, die in der Verhandlung einräumte, dass sie mit den Urteilen vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76), und GS Media nicht einverstanden sei, wies auf die Rechtsunsicherheit hin, die diese Tendenz der Rechtsprechung mit sich bringen könne. Aus anderen Perspektiven haben verschiedene Stimmen dem Gerichtshof vorgeworfen, er setze mit diesen Entscheidungen neues Recht, anstatt das bestehende auszulegen. Ich teile diesen letzten Kritikpunkt nicht, da der Gerichtshof sich darauf beschränkt hat, die bis dahin nicht hinreichend wahrgenommene Wirkungskraft eines rechtlichen Begriffs („öffentliche Wiedergabe“) mit unklarem Profil hervorzuheben, und seine Anwendung an die Evolution von sich sehr schnell entwickelnden Technologien anzupassen, mit denen fortlaufend die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke erfolgt.


37      27. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29.


38      Die visuelle und akustische Darstellung ist möglich, weil Herr Wullems Add-ons mit Hyperlinks auf Websites in der Software XBMC installiert hat. Dank der auf der Nutzeroberfläche der Software XBMC installierten Add-ons, die zu solchen Websites führen, wird der mit dem „filmspeler“ ausgestattete Fernsehzuschauer zum Internetnutzer, der diese besuchen kann.


39      Wie dies bei den Sachverhalten der Fall war, die zu den Urteilen vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76), und GS Media sowie zum Beschluss vom 21. Oktober 2014, BestWater International (C‑348/13, EU:C:2014:2315), führten.


40      Aus einer anderen Perspektive betrachtet, ähnelt das Verhalten von Herrn Wullems, auch wenn es damit nicht vollständig übereinstimmt, demjenigen, über das mit Urteil vom 7. Dezember 2006, SGAE (C‑306/05, EU:C:2006:764), entschieden wurde. Das durch den Hotelbetrieb über die Fernsehgeräte in seinen Zimmern verbreitete Signal stellte dem Gerichtshof zufolge eine öffentliche Wiedergabe nach der Richtlinie 2001/29 dar.


41      Urteil GS Media (Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).


42      Siehe Nr. 19 der vorliegenden Schlussanträge.


43      Urteil GS Media (Rn. 51).


44      Beschluss vom 21. Oktober 2014, BestWater International (C‑348/13, EU:C:2014:2315, Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung).


45      Allerdings ist klarzustellen, dass die Merkmale einer „öffentlichen Wiedergabe“ in der Auslegung durch den Gerichtshof nur bei der Verbreitung erfüllt sind, die der „filmspeler“ dem Endnutzer über die Hyperlinks in den 14 Add-ons vermittelt, die speziell zu Websites führen, von denen geschützte Werke ohne die Erlaubnis der Rechtsinhaber durch Streaming verfügbar gemacht werden können. Was Links zu Filmen, Serien und Sportwettkämpfen betrifft, für die die unbeschränkte Erlaubnis der Rechtsinhaber vorliegt, ist der Zugang frei und das Urteil vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76, Rn. 25 und 26), anzuwenden.


46      Dies ergibt sich implizit aus dem Urteil vom 5. Juni 2014, Public Relations Consultants Association (C‑360/13, EU:C:2014:1195).


47      Diesbezüglich ist von Bedeutung, dass in der englischen und der deutschen Fassung die Worte „transient“ und „flüchtig“ erscheinen, die einen flüchtigen und ephemeren Zeitraum andeuten. Die niederländische Fassung verwendet den Begriff „voorbijgaande“ und die spanische „transitorio“, was eher dem vorübergehenden Charakter einer Handlung entspricht.


48      Cache- und Bildschirmkopien erfüllen nach dem Urteil vom 5. Juni 2014, Public Relations Consultants Association (C‑360/13, EU:C:2014:1195, Rn. 26 und 27), die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 und 5 der Richtlinie 2001/29.


49      Bei dieser Art der Vervielfältigung, bei der das Kopieren von Dateien durch die Speicherung des Herunterladeflusses im Puffer des Nutzers ersetzt wird, „konsumiert“ dieser das Produkt parallel zu seiner visuellen Darstellung, wodurch die aufgrund der größeren Langsamkeit des Kopierens von Dateien beim Herunterladen auftretenden Probleme vermieden werden. Man könnte vertreten, dass diese Vervielfältigung, auch wenn sie nicht auf einem bestimmten Datenträger fixiert wird und lediglich auf dem Bildschirm erscheint, beispielsweise im Fall von Filmen oder Fernsehserien, zu viel Zeit in Anspruch nimmt, um sie noch als flüchtig bezeichnen zu können. Ähnlich argumentierend könnte man, würde man den flüchtigen Charakter der Wiedergabe durch Streaming einmal unterstellen, darüber diskutieren, ob sie „einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen“, was eine weitere unabdingbare Voraussetzung der Ausnahme in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellt.


50      Die Ausdrücke „Piraterie“ und „Piraterie-“ sind in diesem Zusammenhang nicht nur suggestiv, sondern bürgern sich langsam in der Urheberrechtsterminologie ein. Der Gerichtshof hat im Urteil vom 10. April 2014, ACI Adam u. a. (C‑435/12, EU:C:2014:254, Rn. 39), von „gefälschten“ Werken gesprochen, die die normale Verwertung von nach der Richtlinie 2001/29 urheberrechtlich geschützten Werken beeinträchtigen.


51      Grund für diesen Standpunkt ist die Schwierigkeit der Überprüfung, ob die Website, auf die die Links führen, Zugang zu geschützten Werken vermittelt und ob die Rechtsinhaber ihre Veröffentlichung im Internet erlaubt haben. Dies ergibt sich aus den Rn. 46, 47 und 48 des Urteils GS Media.


52      Je mehr sich das Bewusstsein der Internetnutzer erhöht, dass die Rechte der Urheber von Inhalten nicht verletzt werden dürfen und das Angebot an Websites größer wird, die sie ihnen rechtmäßig zugänglich machen, wird es schwieriger werden, die Wiedergabe von Pirateriewerken über Hyperlinks mit der Unkenntnis über die fehlende Erlaubnis der Rechtsinhaber zu entschuldigen.


53      In der Begründung des Gemeinsamen Standpunkts Nr. 48/2000, vom Rat festgelegt am 28. September 2000 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2000/…/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom … zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. 2000, C 344, S. 1) heißt es: „… Der Rat hat in Erwägungsgrund 33 zusätzlich eine Definition des Begriffs ‚rechtmäßige Nutzung‘ aufgenommen …“ Hervorhebung nur hier.


54      Es würde sich um „Handlungen …, die in gutem Glauben von Endverbrauchern vorgenommen werden“, im Sinne des 14. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums handeln.


55      Im Urteil vom 5. Juni 2014, Public Relations Consultants Association (C‑360/13, EU:C:2014:1195, Rn. 53), heißt es: „Um … unter die in der angeführten Bestimmung [Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29] vorgesehene Ausnahme zu fallen, wie sie in der vorhergehenden Randnummer des vorliegenden Urteils ausgelegt worden ist, müssen diese Handlungen außerdem die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 erfüllen …“


56      Ebd. (Rn. 61).


57      Urteil vom 10. April 2014, ACI Adam u. a. (C‑435/12, EU:C:2014:254, Rn. 35 und 36).


58      Ebd. (Rn. 39).


59      Ebd.


60      Urteil vom 5. Juni 2014, Public Relations Consultants Association (C‑360/13, EU:C:2014:1195, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).