Language of document : ECLI:EU:C:2017:755

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

12. Oktober 2017(*)(i)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Verordnung (EU) Nr. 650/2012 – Erbsachen und Europäisches Nachlasszeugnis – Anwendungsbereich – Immobilie, die in einem Mitgliedstaat belegen ist, der kein ‚Vindikationslegat‘ kennt – Ablehnung der Anerkennung der dinglichen Wirkungen eines solchen Vermächtnisses“

In der Rechtssache C‑218/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Okręgowy w Gorzowie Wielkopolskim (Bezirksgericht Gorzów Wielkopolski, Polen) mit Entscheidung vom 8. März 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 19. April 2016, in dem Verfahren auf Antrag von

Aleksandra Kubicka

Beteiligte:

Przemysława Bac, in ihrer Eigenschaft als Notarin

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader (Berichterstatterin) und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Frau Przemysława Bac, in ihrer Eigenschaft als Notarin, vertreten durch M. Margoński, zastępca notarialny,

–        der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, M. Nowak und S. Żyrek als Bevollmächtigte,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze, J. Möller, M. Hellmann und J. Mentgen als Bevollmächtigte,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch E. Tsaousi und A. Magrippi als Bevollmächtigte,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch V. Ester Casas und S. Jiménez García als Bevollmächtigte,

–        der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér, G. Koós und M. Tátrai als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin und A. Stobiecka-Kuik als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Mai 2017

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. k und l sowie Art. 31 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (ABl. 2012, L 201, S. 107).

2        Es ergeht im Rahmen eines von Frau Aleksandra Kubicka bei einem Notariat mit Sitz in Słubice (Polen) in Gang gesetzten Verfahrens zur Errichtung eines öffentlichen Testaments, das ein Vindikationslegat vorsieht.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Die Erwägungsgründe 7, 8, 15, 18, 19 und 37 der Verordnung Nr. 650/2012 lauten:

„(7)      Die Hindernisse für den freien Verkehr von Personen, denen die Durchsetzung ihrer Rechte im Zusammenhang mit einem Erbfall mit grenzüberschreitendem Bezug derzeit noch Schwierigkeiten bereitet, sollten ausgeräumt werden, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu erleichtern. In einem europäischen Rechtsraum muss es den Bürgern möglich sein, ihren Nachlass im Voraus zu regeln. Die Rechte der Erben und Vermächtnisnehmer sowie der anderen Personen, die dem Erblasser nahestehen, und der Nachlassgläubiger müssen effektiv gewahrt werden.

(8)      Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es einer Verordnung, in der die Bestimmungen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung – oder gegebenenfalls die Annahme –, Vollstreckbarkeit und Vollstreckung von Entscheidungen, öffentlichen Urkunden und gerichtlichen Vergleichen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses zusammengefasst sind.

(15)      Diese Verordnung sollte die Begründung oder den Übergang eines Rechts an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen im Wege der Rechtsnachfolge von Todes wegen nach Maßgabe des auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Rechts ermöglichen. Sie sollte jedoch nicht die abschließende Anzahl (Numerus clausus) der dinglichen Rechte berühren, die das nationale Recht einiger Mitgliedstaaten kennt. Ein Mitgliedstaat sollte nicht verpflichtet sein, ein dingliches Recht an einer in diesem Mitgliedstaat belegenen Sache anzuerkennen, wenn sein Recht dieses dingliche Recht nicht kennt.

(18)      Die Voraussetzungen für die Eintragung von Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen in ein Register sollten vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden. Somit sollte das Recht des Mitgliedstaats, in dem das Register (für unbewegliches Vermögen das Recht der belegenen Sache (lex rei sitae)) geführt wird, bestimmen, unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen und wie die Eintragung vorzunehmen ist und welche Behörden wie etwa Grundbuchämter oder Notare dafür zuständig sind, zu prüfen, dass alle Eintragungsvoraussetzungen erfüllt sind und die vorgelegten oder erstellten Unterlagen vollständig sind bzw. die erforderlichen Angaben enthalten. Insbesondere können die Behörden prüfen, ob es sich bei dem Recht des Erblassers an dem Nachlassvermögen, das in dem für die Eintragung vorgelegten Schriftstück erwähnt ist, um ein Recht handelt, das als solches in dem Register eingetragen ist oder nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem das Register geführt wird, anderweitig nachgewiesen wird. Um eine doppelte Erstellung von Schriftstücken zu vermeiden, sollten die Eintragungsbehörden diejenigen von den zuständigen Behörden in einem anderen Mitgliedstaat erstellten Schriftstücke annehmen, deren Verkehr nach dieser Verordnung vorgesehen ist. Insbesondere sollte das nach dieser Verordnung ausgestellte Europäische Nachlasszeugnis im Hinblick auf die Eintragung des Nachlassvermögens in ein Register eines Mitgliedstaats ein gültiges Schriftstück darstellen. Dies sollte die an der Eintragung beteiligten Behörden nicht daran hindern, von der Person, die die Eintragung beantragt, diejenigen zusätzlichen Angaben oder die Vorlage derjenigen zusätzlichen Schriftstücke zu verlangen, die nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem das Register geführt wird, erforderlich sind, wie beispielsweise Angaben oder Schriftstücke betreffend die Zahlung von Steuern. Die zuständige Behörde kann die Person, die die Eintragung beantragt, darauf hinweisen, wie die fehlenden Angaben oder Schriftstücke beigebracht werden können.

(19)      Die Wirkungen der Eintragung eines Rechts in ein Register sollten ebenfalls vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden. Daher sollte das Recht des Mitgliedstaats, in dem das Register geführt wird, dafür maßgebend sein, ob beispielsweise die Eintragung deklaratorische oder konstitutive Wirkung hat. Wenn also zum Beispiel der Erwerb eines Rechts an einer unbeweglichen Sache nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem das Register geführt wird, die Eintragung in einem Register erfordert, damit die Wirkung erga omnes von Registern sichergestellt wird oder Rechtsgeschäfte geschützt werden, sollte der Zeitpunkt des Erwerbs dem Recht dieses Mitgliedstaats unterliegen.

(37)      Damit die Bürger die Vorteile des Binnenmarkts ohne Einbußen bei der Rechtssicherheit nutzen können, sollte die Verordnung ihnen im Voraus Klarheit über das in ihrem Fall anwendbare Erbstatut verschaffen. Es sollten harmonisierte Kollisionsnormen eingeführt werden, um einander widersprechende Ergebnisse zu vermeiden. Die allgemeine Kollisionsnorm sollte sicherstellen, dass der Erbfall einem im Voraus bestimmbaren Erbrecht unterliegt, zu dem eine enge Verbindung besteht. Aus Gründen der Rechtssicherheit und um eine Nachlassspaltung zu vermeiden, sollte der gesamte Nachlass, d. h. das gesamte zum Nachlass gehörende Vermögen diesem Recht unterliegen, unabhängig von der Art der Vermögenswerte und unabhängig davon, ob diese in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat belegen sind.“

4        In Art. 1 dieser Verordnung heißt es:

„(1)      Diese Verordnung ist auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden. Sie gilt nicht für Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten.

(2)      Vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen sind:

k)      die Art der dinglichen Rechte und

l)      jede Eintragung von Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register, einschließlich der gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Eintragung, sowie die Wirkungen der Eintragung oder der fehlenden Eintragung solcher Rechte in ein Register.“

5        Art. 3 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung definiert die „Rechtsnachfolge von Todes wegen“ als „jede Form des Übergangs von Vermögenswerten, Rechten und Pflichten von Todes wegen, sei es im Wege der gewillkürten Erbfolge durch eine Verfügung von Todes wegen oder im Wege der gesetzlichen Erbfolge“.

6        Art. 22 („Rechtswahl“) der Verordnung Nr. 650/2012 sieht in Abs. 1 Unterabs. 1 vor:

„Eine Person kann für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört.“

7        Art. 23 („Reichweite des anzuwendenden Rechts“) sieht in Abs. 1 sowie in Abs. 2 Buchst. b und e vor:

„(1)      Dem nach Artikel 21 oder Artikel 22 bezeichneten Recht unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen.

(2)      Diesem Recht unterliegen insbesondere:

b)      die Berufung der Berechtigten, die Bestimmung ihrer jeweiligen Anteile und etwaiger ihnen vom Erblasser auferlegter Pflichten sowie die Bestimmung sonstiger Rechte an dem Nachlass, einschließlich der Nachlassansprüche des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners;

e)      der Übergang der zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte, Rechte und Pflichten auf die Erben und gegebenenfalls die Vermächtnisnehmer, einschließlich der Bedingungen für die Annahme oder die Ausschlagung der Erbschaft oder eines Vermächtnisses und deren Wirkungen.“

8        Art. 31 („Anpassung dinglicher Rechte“) dieser Verordnung lautet:

„Macht eine Person ein dingliches Recht geltend, das ihr nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht zusteht, und kennt das Recht des Mitgliedstaats, in dem das Recht geltend gemacht wird, das betreffende dingliche Recht nicht, so ist dieses Recht soweit erforderlich und möglich an das in der Rechtsordnung dieses Mitgliedstaats am ehesten vergleichbare Recht anzupassen, wobei die mit dem besagten dinglichen Recht verfolgten Ziele und Interessen und die mit ihm verbundenen Wirkungen zu berücksichtigen sind.“

9        Das Kapitel VI („Europäisches Nachlasszeugnis“) der Verordnung Nr. 650/2012 setzt sich aus den Art. 62 bis 73 dieser Verordnung zusammen. Art. 62 dieser Verordnung lautet:

„(1)      Mit dieser Verordnung wird ein Europäisches Nachlasszeugnis (im Folgenden ‚Zeugnis‘) eingeführt, das zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird und die in Artikel 69 aufgeführten Wirkungen entfaltet.

(2)      Die Verwendung des Zeugnisses ist nicht verpflichtend.

(3)      Das Zeugnis tritt nicht an die Stelle der innerstaatlichen Schriftstücke, die in den Mitgliedstaaten zu ähnlichen Zwecken verwendet werden. Nach seiner Ausstellung zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat entfaltet das Zeugnis die in Artikel 69 aufgeführten Wirkungen jedoch auch in dem Mitgliedstaat, dessen Behörden es nach diesem Kapitel ausgestellt haben.“

10      Art. 63 („Zweck des Zeugnisses“) dieser Verordnung sieht in seinen Abs. 1 und 2 vor:

„(1)      Das Zeugnis ist zur Verwendung durch Erben, durch Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass und … bestimmt, die sich in einem anderen Mitgliedstaat auf ihre Rechtsstellung berufen oder ihre Rechte als Erben oder Vermächtnisnehmer … ausüben müssen.

(2)      Das Zeugnis kann insbesondere als Nachweis für einen oder mehrere der folgenden speziellen Aspekte verwendet werden:

a)      die Rechtsstellung und/oder die Rechte jedes Erben oder gegebenenfalls Vermächtnisnehmers, der im Zeugnis genannt wird, und seinen jeweiligen Anteil am Nachlass;

b)      die Zuweisung eines bestimmten Vermögenswerts oder bestimmter Vermögenswerte des Nachlasses an die in dem Zeugnis als Erbe(n) oder gegebenenfalls als Vermächtnisnehmer genannte(n) Person(en);

…“

11      Art. 68 dieser Verordnung, der den Inhalt des Nachlasszeugnisses regelt, bestimmt:

„Das Zeugnis enthält folgende Angaben, soweit dies für die Zwecke, zu denen es ausgestellt wird, erforderlich ist:

m)      das Verzeichnis der Rechte und/oder Vermögenswerte, die einem bestimmten Vermächtnisnehmer zustehen;

…“

12      In Art. 69 („Wirkungen des Zeugnisses“) dieser Verordnung heißt es:

„(1)      Das Zeugnis entfaltet seine Wirkungen in allen Mitgliedstaaten, ohne dass es eines besonderen Verfahrens bedarf.

(2)      Es wird vermutet, dass das Zeugnis die Sachverhalte, die nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht oder einem anderen auf spezifische Sachverhalte anzuwendenden Recht festgestellt wurden, zutreffend ausweist. Es wird vermutet, dass die Person, die im Zeugnis als Erbe, Vermächtnisnehmer, … genannt ist, die in dem Zeugnis genannte Rechtsstellung und/oder die in dem Zeugnis aufgeführten Rechte oder Befugnisse hat und dass diese Rechte oder Befugnisse keinen anderen als den im Zeugnis aufgeführten Bedingungen und/oder Beschränkungen unterliegen.

(5)      Das Zeugnis stellt ein wirksames Schriftstück für die Eintragung des Nachlassvermögens in das einschlägige Register eines Mitgliedstaats dar, unbeschadet des Artikels 1 Absatz 2 Buchstaben k und l.“

 Polnisches Recht

 Zivilgesetzbuch

13      Art. 9811 § 1 des Kodeks Cywilny (Zivilgesetzbuch) bestimmt:

„Der Erblasser kann in einem in Form einer notariellen Urkunde errichteten Testament bestimmen, dass eine bestimmte Person den Gegenstand des Vermächtnisses im Zeitpunkt des Erbfalls erwirbt (Vindikationslegat).“

14      Nach § 2 Nr. 2 dieses Art. 9811 kann Gegenstand eines solchen Vermächtnisses u. a. der Eigentumsanteil an einer Immobilie sein, bei dem es sich um ein veräußerbares Vermögensrecht handelt.

15      Art. 968 des Zivilgesetzbuchs betrifft das Damnationslegat, das der Erblasser in jeder zulässigen Form testamentarisch anordnen kann, insbesondere auch durch ein eigenhändiges Testament. Für diese Art von Vermächtnis hat der Erblasser die Verpflichtung, das Recht an der Sache auf den Vermächtnisnehmer zu übertragen, und Letzterer kann vom Erben auch die Vollstreckung des Vermächtnisses verlangen.

 Notariatsgesetz

16      Nach Art. 81 des Prawo o notariacie (Gesetz über die Einführung eines Notariatsgesetzbuchs) vom 14. Februar 1991 (Dz. U. Nr. 22, Pos. 91) in der durch das Gesetz vom 13. Dezember 2013 geänderten Fassung (Dz. U. 2014, Pos. 164, im Folgenden: Notariatsgesetz) ist der Notar verpflichtet, die Vornahme einer rechtswidrigen notariellen Handlung abzulehnen.

17      Art. 83 § 2 des Notariatsgesetzes ist zu entnehmen, dass die Person, der gegenüber ein Notar die Errichtung einer notariellen Urkunde verweigert hat, eine Beschwerde gegen diese Ablehnung einlegen kann. Diese Beschwerde wird zunächst bei dem sich weigernden Notar eingelegt, der, wenn er sie für begründet erachtet, die geforderte notarielle Urkunde errichten wird. Hilft der Notar der Beschwerde jedoch nicht ab, wird sie bei dem für den Kanzleisitz des Notars örtlich zuständigen Sąd Okręgowy (Bezirksgericht, Polen) eingelegt.

 Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits und Vorlagefrage

18      Frau Kubicka, eine polnische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Frankfurt an der Oder (Deutschland), ist mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet und hat mit ihm zwei noch minderjährige Kinder. Die Ehegatten sind je zur Hälfte Miteigentümer eines in Frankfurt an der Oder belegenen Grundstücks, auf dem ihr Wohnhaus steht. Für die Errichtung ihres Testaments wandte sich Frau Kubicka an einen in Słubice (Polen) tätigen Notar.

19      Frau Kubicka möchte in ihr Testament ein nach polnischem Recht erlaubtes Vindikationslegat zugunsten ihres Ehegatten aufnehmen, das sich auf ihren Eigentumsanteil an der gemeinsamen in Frankfurt an der Oder belegenen Immobilie bezieht. Für den übrigen Teil ihres Erbvermögens möchte sie die gesetzliche Erbfolge beibehalten, wonach ihr Ehemann und die Kinder zu gleichen Teilen erben.

20      Sie schloss ausdrücklich die Aufsetzung des in Art. 968 des Zivilgesetzbuchs vorgesehenen einfachen Vermächtnisses (Damnationslegat) aus, und zwar wegen der mit der Vertretung ihrer zur Erbschaft berufenen minderjährigen Kinder verbundenen Schwierigkeiten sowie der zusätzlichen Kosten.

21      Am 4. November 2015 lehnte der Notarvertreter die Errichtung eines das von Frau Kubicka gewünschte Vindikationslegat umfassenden Testaments mit der Begründung ab, dass die Errichtung eines Testaments, das ein solches Vermächtnis beinhalte, nicht mit dem deutschen Sachen- und Registerrecht und der deutschen Rechtsprechung hierzu, die gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchst. k und l sowie Art. 31 der Verordnung Nr. 650/2012 zu berücksichtigen seien, vereinbar sei und ein solches Testament daher rechtswidrig wäre.

22      Er wies darauf hin, dass in Deutschland die Eintragung des Vermächtnisnehmers in das Grundbuch nur mittels notariellen Vertrags über den Übergang des Eigentums an der Immobilie zwischen den Erben und dem Vermächtnisnehmer erfolgen könne. Ausländische Vindikationslegate würden in Deutschland im Wege einer Anpassung gemäß Art. 31 der Verordnung Nr. 650/2012 in Damnationslegate umgedeutet. Diese Auslegung sei der Begründung des deutschen Gesetzes, mit dem das innerstaatliche Recht gemäß den Bestimmungen der Verordnung Nr. 650/2012 geändert worden sei, (Internationales Erbrechtsverfahrensgesetz vom 29. Juni 2015, BGBl. I, S. 1042) zu entnehmen.

23      Am 16. November 2015 legte Frau Kubicka gemäß Art. 83 des Notariatsgesetzes beim betreffenden Notar Beschwerde gegen die Entscheidung über die Ablehnung der Errichtung eines Testaments mit dem besagten Vindikationslegat ein. Sie machte geltend, dass die Vorschriften der Verordnung Nr. 650/2012 einer autonomen Auslegung bedürften und letztlich keine der Bestimmungen dieser Verordnung rechtfertige, das Erbstatut dahin einzuschränken, dass die dinglichen Wirkungen des Vindikationslegats nicht anerkannt würden.

24      Da der Notar der Beschwerde Frau Kubickas nicht abhalf, legte sie Beschwerde beim Sąd Okręgowy w Gorzowie Wielkopolskim (Bezirksgericht Gorzów Wielkopolski, Polen) ein.

25      Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. b und e sowie Art. 68 Buchst. m der Verordnung Nr. 650/2012 das Vindikationslegat vom Erbstatut erfasst sei, stellt sich aber die Frage, inwieweit das auf den Belegenheitsort des Vermächtnisgegenstands anzuwendende Recht eine Einschränkung der dinglichen Wirkungen eines vom gewählten Erbrecht vorgesehenen Vindikationslegats mit sich bringen kann.

26      Da nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. k der Verordnung Nr. 650/2012 die „Art der dinglichen Rechte“ vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sei, könne das vom Erbstatut vorgesehene Vindikationslegat an einem Vermögensgegenstand keine dinglichen Rechte entstehen lassen, die dem Sachenrecht des Belegenheitsorts des Vermächtnisgegenstands fremd seien. Es sei jedoch zu bestimmen, ob diese Vorschrift vom Anwendungsbereich dieser Verordnung auch die möglichen Rechtsgründe des Erwerbs dinglicher Rechte ausschließt. Insoweit geht das vorlegende Gericht davon aus, dass die Frage des Erwerbs dinglicher Rechte im Wege eines Vindikationslegats ausschließlich dem Erbstatut unterliegt. Die einschlägige polnische Lehre vertrete denselben Standpunkt, während die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften (Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT‑Drs. 17/5451 vom 4. März 2015) vorsehe, dass das deutsche Recht ein Vindikationslegat aufgrund eines nach dem Recht eines anderen Staates errichteten Testaments nach der Verordnung Nr. 650/2012 nicht unbedingt anerkennen müsse.

27      Unter Bezugnahme auf Art. 1 Abs. 2 Buchst. l dieser Verordnung stellt sich das vorlegende Gericht auch die Frage, ob das auf die Register für Rechte an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen anzuwendende Recht Auswirkungen auf die erbrechtlichen Folgen des Vermächtnisses haben kann. Insoweit stellt es klar, dass das Recht des Mitgliedstaats, in dem ein solches Register geführt wird, falls anerkannt wird, dass das Vermächtnis dingliche Wirkungen in Erbsachen entfaltet, nur die Art des Nachweises der Folgen des erbrechtlichen Erwerbs regeln würde und keinen Einfluss auf den Erwerb an sich hätte.

28      Daher geht das vorlegende Gericht davon aus, dass die Auslegung von Art. 31 der Verordnung Nr. 650/2012 auch davon abhängt, ob der Mitgliedstaat des Belegenheitsorts des Vermächtnisgegenstands die Möglichkeit hat, die dingliche Wirkung des Vermächtnisses, die sich aus dem gewählten Erbrecht ableitet, in Frage zu stellen. Es ist somit der Ansicht, dass dieser Art. 31 unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nur bei Bestehen einer solchen Möglichkeit für die Mitgliedstaaten zur Anwendung kommt.

29      Vor diesem Hintergrund hat das Sąd Okręgowy w Gorzowie Wielkopolskim (Bezirksgericht Gorzów Wielkopolski) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Sind Art. 1 Abs. 2 Buchst. k und l oder Art. 31 der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen, dass sie die Ablehnung der Anerkennung der dinglichen Wirkungen des Vindikationslegats (legatum per vindicationem), das durch das Erbstatut vorgesehen ist, zulassen, wenn dieses Vermächtnis das Eigentum an einer Immobilie betrifft, die in einem Mitgliedstaat belegen ist, dessen Recht das Institut des Vermächtnisses mit unmittelbarer dinglicher Wirkung nicht kennt?

 Zur Vorlagefrage

 Zur Zulässigkeit

30      Die deutsche und die ungarische Regierung stellen die Zulässigkeit der Vorlagefrage mit der Begründung in Frage, dass diese hypothetisch sei.

31      Nach ständiger Rechtsprechung ist das in Art. 267 AEUV vorgesehene Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, das Letzteren die Verantwortung überträgt, im Hinblick auf die Besonderheiten der einzelnen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass ihres Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihnen vorgelegten Fragen zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. April 2014, Weber, C‑438/12, EU:C:2014:212, Rn. 34, sowie vom 2. März 2017, Pérez Retamero, C‑97/16, EU:C:2017:158, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Daher darf eine Entscheidung über die Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur abgelehnt werden, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. u. a. Urteile vom 3. April 2014, Weber, C‑438/12, EU:C:2014:212, Rn. 35, sowie vom 2. März 2017, Pérez Retamero, C‑97/16, EU:C:2017:158, Rn. 21 und 22 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Für die deutsche Regierung sind die Gründe, aus denen die Errichtung eines notariellen Testaments nach dem vom Erblasser gewählten polnischen Recht, das ein Vindikationslegat an einer in Deutschland belegenen Immobilie vorsieht, rechtswidrig sein sollte, nicht klar aus der Entscheidung des vorlegenden Gerichts ersichtlich.

34      Hierzu ist festzustellen, dass Art. 81 Notariatsgesetz, wie das vorlegende Gericht ausführt, bestimmt, dass der Notar rechtlich verpflichtet ist, die Vornahme einer rechtswidrigen notariellen Handlung abzulehnen. Zudem hätten, wie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt worden ist, die polnischen Gerichte die Testamentsklauseln, die ein Vindikationslegat vorsähen und aufgrund ihrer rechtlichen Struktur unwirksam seien, als rechtswidrig angesehen.

35      Im Ausgangsverfahren möchte aber die Erblasserin, die nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 650/2012 das polnische Erbstatut gewählt hat, in ihr Testament ein Vindikationslegat an einer in Deutschland belegenen Immobilie aufnehmen, wobei in diesem Mitgliedstaat die dinglichen Wirkungen dieses Vermächtnisses nicht anerkannt werden.

36      So geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen klar hervor, dass die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. k und l sowie von Art. 31 der Verordnung Nr. 650/2012 für die Entscheidung im Ausgangsverfahren erforderlich ist. Es ist nämlich Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Weigerung des Notars, die von der Klägerin des Ausgangsverfahrens verlangte notarielle Urkunde zu errichten, weil sie gegen die deutsche Rechtsordnung verstoße, im Hinblick auf diese Verordnung begründet ist.

37      Die ungarische Regierung stützt ihren Einwand der Unzulässigkeit der Vorlagefrage darauf, dass sich diese Frage auf einen Rechtsstreit beziehe, der noch nicht entstanden sei, da die Erblasserin noch nicht verstorben und die mit der Führung des Grundbuchs betraute deutsche Behörde mit dieser Immobilie nicht befasst worden sei.

38      Insoweit genügt die Feststellung, dass die Verordnung Nr. 650/2012, wie sich aus ihrem siebten Erwägungsgrund ergibt, den Bürgern die Regelung ihres Nachlasses im Voraus ermöglichen soll. Der bloße Umstand, dass im Ausgangsverfahren der Erbfall noch nicht eingetreten ist, kann der Vorlagefrage daher keinen hypothetischen Charakter verleihen.

39      Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Vorlagefrage zulässig ist.

 Zur Begründetheit

40      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 1 Abs. 2 Buchst. k und l sowie Art. 31 der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen sind, dass sie der Ablehnung der Anerkennung der dinglichen Wirkungen des Vindikationslegats, das dem vom Erblasser gemäß Art. 22 Abs. 1 dieser Verordnung gewählten auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht bekannt ist, durch eine Behörde eines Mitgliedstaats entgegenstehen, wenn die Ablehnung auf der Begründung beruht, dass dieses Vermächtnis das Eigentum an einer Immobilie betrifft, die in diesem Mitgliedstaat belegen ist, dessen Recht das Institut des Vermächtnisses mit unmittelbarer dinglicher Wirkung im Zeitpunkt des Erbfalls nicht kennt.

41      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 650/2012 nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Satz 1 auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden ist. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung stellt klar, dass diese Rechtsnachfolge von Todes wegen „jede Form des Übergangs von Vermögenswerten, Rechten und Pflichten von Todes wegen, sei es im Wege der gewillkürten Erbfolge durch eine Verfügung von Todes wegen oder im Wege der gesetzlichen Erbfolge“, umfasst.

42      Es steht fest, dass der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens eine gewillkürte Erbfolge betrifft.

43      Dem Wortlaut des Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 650/2012 ist zu entnehmen, dass der Erblasser für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen kann, dem er angehört. Außerdem verankert diese Verordnung in ihrem Art. 23 Abs. 1 den Grundsatz der Einheitlichkeit des auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Rechts.

44      So hat der Unionsgesetzgeber, wie dem 37. Erwägungsgrund dieser Verordnung zu entnehmen ist, klargestellt, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und um eine Nachlassspaltung zu vermeiden, der gesamte Nachlass, d. h. das gesamte zum Nachlass gehörende Vermögen, diesem Recht unterliegen sollte, unabhängig von der Art der Vermögenswerte und unabhängig davon, ob diese in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat belegen sind. Dementsprechend unterliegt diesem Recht nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 650/2012 u. a. der Übergang der zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte auf die Erben oder gegebenenfalls die Vermächtnisnehmer.

45      Insoweit zählt Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 650/2012 verschiedene Bereiche auf, die vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen sind, wie etwa unter Buchst. k dieser Bestimmung „die Art der dinglichen Rechte“ und unter Buchst. l dieser Vorschrift „die Eintragung von Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register, einschließlich der gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Eintragung, sowie die Wirkungen der Eintragung oder der fehlenden Eintragung solcher Rechte in einem Register“.

46      Was erstens die Frage betrifft, ob Art. 1 Abs. 2 Buchst. k der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen ist, dass er der Ablehnung der Anerkennung der dinglichen Wirkungen des im polnischen Recht vorgesehenen Vindikationslegats in Deutschland entgegensteht, ist darauf hinzuweisen, dass diese Vorschrift „die Art der dinglichen Rechte“ vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausnimmt.

47      Diese Vorschrift betrifft, wie der Begründung des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (KOM[2009] 154 endg., S. 5) zu entnehmen ist, die Qualifikation der Sachen und Rechte und die Prärogativen des Inhabers solcher Rechte.

48      Darüber hinaus fallen auch die Existenz und die Anzahl der dinglichen Rechte in der Rechtsordnung der Mitgliedstaaten (numerus clausus) in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift. Der 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 650/2012 stellt insoweit nämlich klar, dass diese Verordnung nicht die abschließende Anzahl (numerus clausus) der dinglichen Rechte berührt, die das innerstaatliche Recht einiger Mitgliedstaaten kennt, und dass ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet sein sollte, ein dingliches Recht an einer in diesem Mitgliedstaat belegenen Sache anzuerkennen, wenn sein Recht dieses dingliche Recht nicht kennt.

49      Im vorliegenden Fall stellen sowohl das vom polnischen Recht vorgesehene Vindikationslegat als auch das vom deutschen Recht vorgesehene Damnationslegat Modalitäten für den Übergang des Eigentums an einem Vermögensgegenstand dar, d. h., wie der Generalanwalt in den Nrn. 46 und 47 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, eines dinglichen Rechts, das beide betroffenen Rechtsordnungen kennen. So betrifft der unmittelbare Übergang eines Eigentumsrechts im Wege des Vindikationslegats nur die im Erbfall maßgeblichen Modalitäten des Übergangs dieses dinglichen Rechts, den die Verordnung Nr. 650/2012 nach ihrem 15. Erwägungsgrund eben nach Maßgabe des auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Rechts ermöglichen soll.

50      Solche Übergangsmodalitäten werden aber nicht von Art. 1 Abs. 2 Buchst. k der Verordnung Nr. 650/2012 erfasst.

51      Daher ist festzustellen, dass Art. 1 Abs. 2 Buchst. k der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen ist, dass er der Ablehnung der Anerkennung der dinglichen Wirkungen, die ein Vindikationslegat im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls gemäß dem vom Erblasser gewählten Recht entfaltet, in einem Mitgliedstaat, dessen Rechtsordnung das Institut des Vindikationslegats nicht kennt, entgegensteht.

52      Was zweitens die Frage betrifft, ob Art. 1 Abs. 2 Buchst. l der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen ist, dass er der Ablehnung der Anerkennung der dinglichen Wirkungen des Vindikationslegats entgegensteht, ist darauf hinzuweisen, dass nach dieser Vorschrift jede Eintragung von Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register, einschließlich der gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Eintragung, sowie die Wirkungen der Eintragung oder der fehlenden Eintragung solcher Rechte in einem Register, vom Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 650/2012 ausgenommen sind.

53      Der 18. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 650/2012 stellt insoweit klar, dass „das Recht des Mitgliedstaates, in dem das Register geführt wird (für unbewegliches Vermögen das Recht der belegenen Sache), bestimmen soll, unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen und wie die Eintragung eines dinglichen Rechts vorzunehmen ist“. Außerdem sollte nach dem 19. Erwägungsgrund dieser Verordnung, wenn „der Erwerb eines Rechts an einer unbeweglichen Sache nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem das Register geführt wird, die Eintragung in ein Register erfordert, damit die Wirkung erga omnes von Registern sichergestellt wird oder Rechtsgeschäfte geschützt werden, der Zeitpunkt des Erwerbs dem Recht dieses Mitgliedstaats unterliegen“.

54      Wie der Generalanwalt im Wesentlichen in Nr. 60 seiner Schlussanträge betont hat, zählen, da Art. 1 Abs. 2 Buchst. l der Verordnung Nr. 650/2012 nur auf die Eintragung von Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register, einschließlich der gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Eintragung, sowie die Wirkungen der Eintragung oder der fehlenden Eintragung solcher Rechte in ein Register abstellt, die Voraussetzungen, unter denen solche Rechte erworben werden, folglich nicht zu den nach dieser Bestimmung vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgeschlossenen Bereichen.

55      Für diese Auslegung spricht auch der Grundsatz der Einheitlichkeit des auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Rechts, der in Art. 23 der Verordnung Nr. 650/2012 und insbesondere in dessen Abs. 2 Buchst. e vorgesehen ist, wo es heißt, dass diesem Recht „der Übergang der Vermögenswerte, Rechte und Pflichten auf die Erben und gegebenenfalls die Vermächtnisnehmer“ unterliegen.

56      Eine solche Auslegung entspricht auch dem im siebten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 650/2012 verfolgten Zweck dieser Verordnung, dem zufolge diese zur Erleichterung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts die Hindernisse für den freien Verkehr von Personen, die ihre Rechte im Zusammenhang mit einem grenzüberschreitenden Erbfall durchsetzen möchten, ausräumen soll. Nach diesem Erwägungsgrund muss es den Bürgern in einem europäischen Rechtsraum möglich sein, ihren Nachlass im Voraus zu regeln.

57      In diesem Zusammenhang würde es zu einer mit dem Wortlaut von Art. 23 der Verordnung Nr. 650/2012 und mit den Zielen dieser Verordnung unvereinbaren Nachlassspaltung kommen, wenn man annähme, dass nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. l dieser Verordnung der Erwerb des Eigentums an einem Vermögensgegenstand durch Vindikationslegat vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden kann.

58      Daher ist Art. 1 Abs. 2 Buchst. l der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen, dass er der Ablehnung der Anerkennung der gemäß dem gewählten Erbstatut von einem Vindikationslegat im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls entfalteten dinglichen Wirkungen in einem Mitgliedstaat, dessen Rechtsordnung das Institut des Vindikationslegats nicht kennt, entgegensteht.

59      Außerdem ist hinzuzufügen, dass die Verordnung Nr. 650/2012 die Einführung eines Zeugnisses vorsieht, das es jedem Erben, Vermächtnisnehmer oder Rechtsnachfolger, der im Zeugnis genannt wird, ermöglichen muss, in einem anderen Mitgliedstaat seine Rechtsstellung und seine Rechte nachzuweisen, insbesondere die Zuweisung eines bestimmten Vermögenswerts an den in diesem Zeugnis genannten Vermächtnisnehmer.

60      Gemäß Art. 69 Abs. 1 dieser Verordnung entfaltet das Zeugnis Wirkungen in allen Mitgliedstaaten, ohne dass es eines besonderen Verfahrens bedarf. Nach Abs. 2 dieses Artikels wird vermutet, dass die Person, die im Zeugnis als Vermächtnisnehmer genannt ist, die in dem Zeugnis genannte Rechtsstellung und die in dem Zeugnis aufgeführten Rechte hat und dass diese Rechte keinen anderen als den im Zeugnis aufgeführten Bedingungen und/oder Beschränkungen unterliegen.

61      Drittens ist in Bezug auf die Auslegung von Art. 31 der Verordnung Nr. 650/2012 darauf hinzuweisen, dass nach dem Wortlaut dieses Artikels, „[w]enn eine Person ein dingliches Recht geltend macht, das ihr nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht zusteht, und das Recht des Mitgliedstaats, in dem das Recht geltend gemacht wird, das betreffende dingliche Recht nicht kennt, dieses Recht soweit erforderlich und möglich an das in der Rechtsordnung dieses Mitgliedstaats am ehesten vergleichbare Recht anzupassen ist, wobei die mit dem besagten dinglichen Recht verfolgten Ziele und Interessen und die mit ihm verbundenen Wirkungen zu berücksichtigen sind“.

62      Hier ist festzustellen, dass das dingliche Recht, das Frau Kubicka mittels Vindikationslegat übertragen möchte, ihr Eigentumsanteil an der in Deutschland belegenen Immobilie ist. Unbestritten kennt aber auch das deutsche Recht das Eigentumsrecht, das dem Vermächtnisnehmer somit nach dem polnischen Recht verliehen würde.

63      Art. 31 der Verordnung Nr. 650/2012 betrifft nicht die Modalitäten des Übergangs der dinglichen Rechte, z. B. aufgrund eines „Vindikationslegats“ oder eines „Damnationslegats“, sondern nur die Wahrung des Inhalts der dinglichen Rechte, der vom auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht (lex causae) festgelegt wird, und deren Rezeption in der Rechtsordnung des Mitgliedstaats, in dem sie geltend gemacht werden (lex rei sitae).

64      Daher bestand, soweit es sich bei dem mittels Vindikationslegat übertragenen dinglichen Recht um das im deutschen Recht anerkannte Eigentumsrecht handelt, keine Veranlassung, die in Art. 31 der Verordnung Nr. 650/2012 vorgesehene Anpassung vorzunehmen.

65      Somit ist Art. 31 der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen, dass er der Ablehnung der Anerkennung der gemäß dem gewählten Erbstatut von einem Vindikationslegat im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls entfalteten dinglichen Wirkungen in einem Mitgliedstaat, dessen Rechtsordnung das Institut des Vindikationslegats nicht kennt, entgegensteht.

66      Nach alledem ist auf die Vorlagefrage Folgendes zu antworten: Art. 1 Abs. 2 Buchst. k und l sowie Art. 31 der Verordnung Nr. 650/2012 sind dahin auszulegen, dass sie der Ablehnung der Anerkennung der dinglichen Wirkungen des Vindikationslegats, das dem von einem Erblasser gemäß Art. 22 Abs. 1 dieser Verordnung gewählten auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht bekannt ist, durch eine Behörde eines Mitgliedstaats entgegenstehen, wenn die Ablehnung allein auf der Begründung beruht, dass dieses Vermächtnis das Eigentum an einer Immobilie betrifft, die in diesem Mitgliedstaat belegen ist, dessen Recht das Institut des Vermächtnisses mit unmittelbarer dinglicher Wirkung im Zeitpunkt des Erbfalls nicht kennt.

 Kosten

67      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

Art. 1 Abs. 2 Buchst. k und l sowie Art. 31 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses sind dahin auszulegen, dass sie der Ablehnung der Anerkennung der dinglichen Wirkungen des Vindikationslegats, das dem von einem Erblasser gemäß Art. 22 Abs. 1 dieser Verordnung gewählten auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht bekannt ist, durch eine Behörde eines Mitgliedstaats entgegenstehen, wenn die Ablehnung allein auf der Begründung beruht, dass dieses Vermächtnis das Eigentum an einer Immobilie betrifft, die in diesem Mitgliedstaat belegen ist, dessen Rechtsordnung das Institut des Vermächtnisses mit unmittelbarer dinglicher Wirkung im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls nicht kennt.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Polnisch.


i      Die Kopfzeile sowie die Randnummer 59 der vorliegenden Sprachfassung sind gegenüber der ursprünglich online gestellten Fassung geändert worden.