Language of document : ECLI:EU:C:2017:987

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

20. Dezember 2017(*)

„ Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Richtlinie 2000/60/EG – Maßnahmen der Europäischen Union im Bereich der Wasserpolitik – Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 – Verpflichtung, eine Verschlechterung des Zustands der Wasserkörper zu verhindern, und Verpflichtung, die aktive Beteiligung aller interessierten Stellen an der Umsetzung der Richtlinie zu fördern – Übereinkommen von Aarhus – Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten – Art. 6 und Art. 9 Abs. 3 und 4 – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 47 – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Vorhaben, das Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer haben kann – Bewilligungsverfahren – Umweltorganisation – Antrag auf Zuerkennung der Stellung als Partei im Verwaltungsverfahren – Möglichkeit, sich auf Rechte aus der Richtlinie 2000/60/EG zu berufen – Verlust der Parteistellung und der Befugnis zur Beschwerdeerhebung bei fehlender rechtzeitiger Geltendmachung der Rechte aus der Richtlinie 2000/60/EG im Verwaltungsverfahren“

In der Rechtssache C‑664/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 26. November 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Dezember 2015, in dem Verfahren

Protect Natur-,Arten- und Landschaftsschutz Umweltorganisation

gegen


Bezirkshauptmannschaft Gmünd

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader und A. Prechal (Berichterstatterin) sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Protect Natur-, Arten- und Landschaftsschutz Umweltorganisation, vertreten durch L. E. Riegler, Rechtsanwalt,

–        der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer und C. Vogl als Bevollmächtigte,

–        der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und M. de Ree als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Pignataro-Nolin, C. Hermes und E. Manhaeve als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 12. Oktober 2017

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. 2000, L 327, S. 1) bzw. dieser Richtlinie als solcher und von Art. 9 Abs. 3 des am 25. Juni 1998 in Aarhus unterzeichneten, mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. 2005, L 124, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (im Folgenden: Übereinkommen von Aarhus).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Protect Natur-, Arten- und Landschaftsschutz Umweltorganisation (Österreich, im Folgenden: Protect) und der Bezirkshauptmannschaft Gmünd (Österreich) wegen des Antrags dieser Organisation, ihr in einem Verfahren über einen Antrag der Aichelberglift Karlstein GmbH auf Wiedererteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für eine Beschneiungsanlage die Stellung als Partei zuzuerkennen.

 Rechtlicher Rahmen

 Internationales Recht

3        Nach dem 18. Erwägungsgrund des Übereinkommens von Aarhus

„[soll] die Öffentlichkeit, einschließlich Organisationen, Zugang zu wirkungsvollen gerichtlichen Mechanismen haben …, damit ihre berechtigten Interessen geschützt werden und das Recht durchgesetzt wird“.

4        Nach Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) Abs. 4 und 5 des Übereinkommens von Aarhus

„4.      bedeutet ‚Öffentlichkeit‘ eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen;

5.      bedeutet ‚betroffene Öffentlichkeit‘ die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben nichtstaatliche Organisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse“.

5        Art. 6 („Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungen über bestimmte Tätigkeiten“) des Übereinkommens bestimmt:

„(1)      Jede Vertragspartei

a)      wendet diesen Artikel bei Entscheidungen darüber an, ob die in Anhang I aufgeführten geplanten Tätigkeiten zugelassen werden;

b)      wendet diesen Artikel in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht auch bei Entscheidungen über nicht in Anhang I aufgeführte geplante Tätigkeiten an, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können. Zu diesem Zweck bestimmen die Vertragsparteien, ob dieser Artikel Anwendung auf eine derartige geplante Tätigkeit findet;

(2)      Die betroffene Öffentlichkeit wird im Rahmen umweltbezogener Entscheidungsverfahren je nach Zweckmäßigkeit durch öffentliche Bekanntmachung oder Einzelnen gegenüber in sachgerechter, rechtzeitiger und effektiver Weise frühzeitig … informiert …

(3)      Die Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung sehen jeweils einen angemessenen zeitlichen Rahmen für die verschiedenen Phasen vor, damit ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um die Öffentlichkeit nach Absatz 2 zu informieren, und damit der Öffentlichkeit ausreichend Zeit zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung während des umweltbezogenen Entscheidungsverfahrens gegeben wird.

(4)      Jede Vertragspartei sorgt für eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann.

(5)      Jede Vertragspartei sollte, soweit angemessen, künftige Antragsteller dazu ermutigen, die betroffene Öffentlichkeit zu ermitteln, Gespräche aufzunehmen und über den Zweck ihres Antrags zu informieren, bevor der Antrag auf Genehmigung gestellt wird.

(6)      Jede Vertragspartei verpflichtet die zuständigen Behörden, der betroffenen Öffentlichkeit – auf Antrag, sofern innerstaatliches Recht dies vorschreibt – gebührenfrei und sobald verfügbar Zugang zu allen Informationen zu deren Einsichtnahme zu gewähren, die für die in diesem Artikel genannten Entscheidungsverfahren relevant sind und zum Zeitpunkt des Verfahrens zur Öffentlichkeitsbeteiligung zur Verfügung stehen; das Recht der Vertragsparteien, die Bekanntgabe bestimmter Informationen nach Artikel 4 Absätze 3 und 4 abzulehnen, bleibt hiervon unberührt. …

(7)      In Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung hat die Öffentlichkeit die Möglichkeit, alle von ihr für die geplante Tätigkeit als relevant erachteten Stellungnahmen, Informationen, Analysen oder Meinungen in Schriftform vorzulegen oder gegebenenfalls während einer öffentlichen Anhörung oder Untersuchung mit dem Antragsteller vorzutragen.

…“

6        Art. 9 („Zugang zu Gerichten“) des Übereinkommens bestimmt in den Abs. 2 bis 4:

„(2)      Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit,

(a)      die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

(b)      eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Artikel 6 und – sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 – sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten.

Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmt sich nach den Erfordernissen innerstaatlichen Rechts und im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen dieses Übereinkommens einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder nichtstaatlichen Organisation, welche die in Artikel 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne des Buchstaben a. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne des Buchstaben b verletzt werden können.

(3)      Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

(4)      Zusätzlich und unbeschadet des Absatzes 1 stellen die in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Verfahren angemessenen und effektiven Rechtsschutz und, soweit angemessen, auch vorläufigen Rechtsschutz sicher; diese Verfahren sind fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer. Entscheidungen nach diesem Artikel werden in Schriftform getroffen oder festgehalten. Gerichtsentscheidungen und möglichst auch Entscheidungen anderer Stellen sind öffentlich zugänglich.“

 Unionsrecht

 Richtlinie 92/43

7        Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7) in der durch die Richtlinie 2006/105/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. 2006, L 363, S. 368) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 92/43) lautet:

„Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.“

 Richtlinie 2000/60

8        In der Richtlinie 2000/60 heißt es in den Erwägungsgründen 11, 19, 27 und 46:

„(11)      Gemäß Artikel 174 des Vertrags soll die gemeinschaftliche Umweltpolitik zur Verfolgung der Ziele der Erhaltung und des Schutzes der Umwelt sowie der Verbesserung ihrer Qualität und der umsichtigen und rationellen Verwendung der natürlichen Ressourcen beitragen; diese Politik hat auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip zu beruhen.

(19)      Ziele der vorliegenden Richtlinie sind die Erhaltung und die Verbesserung der aquatischen Umwelt in der Gemeinschaft, wobei der Schwerpunkt auf der Güte der betreffenden Gewässer liegt. …

(27)      Das Endziel dieser Richtlinie besteht darin, die Eliminierung prioritärer gefährlicher Stoffe zu erreichen und dazu beizutragen, dass in der Meeresumwelt für natürlich vorkommende Stoffe Konzentrationen in der Nähe der Hintergrundwerte erreicht werden.

(46)      Um eine Beteiligung der breiten Öffentlichkeit, einschließlich der Wassernutzer, an der Erstellung und Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete sicherzustellen, ist es nötig, über geplante Maßnahmen in geeigneter Weise zu informieren und über deren Fortschreiten zu berichten, damit die Öffentlichkeit einbezogen werden kann, ehe endgültige Entscheidungen über die nötigen Maßnahmen getroffen werden.“

9        Art. 1 („Ziel“) der Richtlinie 2000/60 bestimmt:

„Ziel dieser Richtlinie ist die Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Schutz der Binnenoberflächengewässer, der Übergangsgewässer, der Küstengewässer und des Grundwassers zwecks

a)      Vermeidung einer weiteren Verschlechterung sowie Schutz und Verbesserung des Zustands der aquatischen Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf deren Wasserhaushalt,

b)      Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung auf der Grundlage eines langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen,

c)      Anstrebens eines stärkeren Schutzes und einer Verbesserung der aquatischen Umwelt, unter anderem durch spezifische Maßnahmen zur schrittweisen Reduzierung von Einleitungen, Emissionen und Verlusten von prioritären Stoffen und durch die Beendigung oder schrittweise Einstellung von Einleitungen, Emissionen und Verlusten von prioritären gefährlichen Stoffen;

…“

10      Art. 4 („Umweltziele“) der Richtlinie 2000/60 bestimmt in Abs. 1:

„In Bezug auf die Umsetzung der in den Bewirtschaftungsplänen für die Einzugsgebiete festgelegten Maßnahmenprogramme gilt Folgendes:

a)      bei Oberflächengewässern:

i)      [D]ie Mitgliedstaaten führen, vorbehaltlich der Anwendung der Absätze 6 und 7 und unbeschadet des Absatzes 8, die notwendigen Maßnahmen durch, um eine Verschlechterung des Zustands aller Oberflächenwasserkörper zu verhindern;


ii)      die Mitgliedstaaten schützen, verbessern und sanieren alle Oberflächenwasserkörper, vorbehaltlich der Anwendung der Ziffer iii betreffend künstliche und erheblich veränderte Wasserkörper, mit dem Ziel, spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie gemäß den Bestimmungen des Anhangs V, vorbehaltlich etwaiger Verlängerungen gemäß Absatz 4 sowie der Anwendung der Absätze 5, 6 und 7 und unbeschadet des Absatzes 8 einen guten Zustand der Oberflächengewässer zu erreichen;

iii)      die Mitgliedstaaten schützen und verbessern alle künstlichen und erheblich veränderten Wasserkörper mit dem Ziel, spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie gemäß den Bestimmungen des Anhang[s] V, vorbehaltlich etwaiger Verlängerungen gemäß Absatz 4 sowie der Anwendung der Absätze 5, 6 und 7 und unbeschadet des Absatzes 8 ein gutes ökologisches Potential und einen guten chemischen Zustand der Oberflächengewässer zu erreichen;

…“

11      Art. 14 („Information und Anhörung der Öffentlichkeit“) dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten fördern die aktive Beteiligung aller interessierten Stellen an der Umsetzung dieser Richtlinie, insbesondere an der Aufstellung, Überprüfung und Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass sie für jede Flussgebietseinheit Folgendes veröffentlichen und der Öffentlichkeit, einschließlich den Nutzern, zugänglich machen, damit diese Stellung nehmen kann:

(2)      Um eine aktive Einbeziehung und Anhörung zu ermöglichen, räumen die Mitgliedstaaten für schriftliche Bemerkungen zu diesen Unterlagen eine Frist von mindestens sechs Monaten ein.

…“

 Österreichisches Recht

12      § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: AVG) lautet:

„Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, sind Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.“

13      § 41 AVG bestimmt:

„(1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies an der Amtstafel der Gemeinde, durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung oder durch Verlautbarung im elektronischen Amtsblatt der Behörde kundzumachen.

(2) … Die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung hat die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 eintretenden Folgen zu enthalten. …“

14      § 42 Abs. 1 AVG lautet:

„Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.“

15      § 102 des Wasserrechtsgesetzes in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: WRG) bestimmt:

„(1)      Parteien sind:

a)      der Antragsteller;

b)      diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte … sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten … und die Nutzungsberechtigten … sowie diejenigen, die einen Widerstreit … geltend machen;

(2)      Beteiligte im Sinne des § 8 AVG sind – nach Maßgabe des jeweiligen Verhandlungsgegenstandes und soweit ihnen nicht schon nach Abs. 1 Parteistellung zukommt – insbesondere die Interessenten am Gemeingebrauch, alle an berührten Liegenschaften dinglich Berechtigten, alle, die aus der Erhaltung oder Auflassung einer Anlage oder der Löschung eines Wasserrechtes Nutzen ziehen würden, und im Verfahren über den Widerstreit von Entwürfen … alle, die bei Ausführung eines dieser Entwürfe als Partei (Abs. 1) anzusehen wären.

(3)      Die Beteiligten sind berechtigt, im Verfahren ihre Interessen darzulegen, die Erhebung von Einwendungen steht ihnen jedoch nicht zu.

…“

16      Nach § 145b Abs. 6 WRG wird durch dieses Bundesgesetz u. a. die Richtlinie 2000/60 umgesetzt.

17      Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (BGBl. 697/1993) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: UVP-G 2000) dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012, L 26, S. 1).

18      Eine Umweltorganisation, die die Kriterien des § 19 Abs. 6 UVP-G 2000 erfüllt, kann nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 beantragen, dass festgestellt wird, dass sie in Verfahren betreffend Vorhaben, die in bestimmten Bundesländern verwirklicht werden sollen, zur Ausübung der Parteienrechte befugt ist.

19      In solchen Verfahren ist eine so anerkannte Umweltorganisation nach § 19 Abs. 10 UVP-G 2000 berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften geltend zu machen, und zwar auch vor Gericht, soweit sie im Verwaltungsverfahren schriftlich Einwendungen erhoben hat, insbesondere während der Auflage zur öffentlichen Einsicht gemäß § 9 Abs. 1 UVP-G 2000, die mindestens sechs Monate lang dauern muss.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

20      Aichelberglift Karlstein beantragte gemäß dem WRG die Wiedererteilung einer Bewilligung für eine Beschneiungsanlage einer Skistation, deren Speicherteich mit Wasser aus dem durch Österreich fließenden Einsiedlbach gespeist wird.

21      In diesem Verwaltungsverfahren beantragte Protect, eine gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation, ihr die Stellung als Partei zuzuerkennen, und erhob unter Berufung auf Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus und Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 Einwendungen gegen die Erteilung der Bewilligung.

22      Unter Berufung auf wissenschaftliche Studien machte sie geltend, dass das Vorhaben insbesondere wegen des Lärms der Beschneiungsanlagen erhebliche Auswirkungen auf Schutzgebiete im Sinne der Richtlinie 92/43 habe und bestimmte dort heimische Arten erheblich beeinträchtige, u. a. mehrere geschützte Vogelarten. Deren Lebensräume seien bereits durch die vorhandenen Anlagen bedroht, weshalb mehrere dieser Arten in den Schutzgebieten nicht mehr vorkämen.

23      Nach der mündlichen Verhandlung, die am 4. Juli 2013 nach den Vorgaben der §§ 41 und 42 AVG durchgeführt wurde, verlieh die Bezirkshauptmannschaft Gmünd Aichelberglift Karlstein mit Bescheid vom 4. November 2013 die beantragte Bewilligung.

24      Sie wies den Antrag und die Einwände von Protect mit der Begründung zurück, dass die Organisation keine Berührung wasserrechtlich geschützter Rechte behauptet habe, weshalb ihr keine Parteistellung im Verfahren zukomme.

25      In dem Bescheid vom 4. November 2013 wird auf einen früheren Bescheid Bezug genommen, in dem die zuständige Naturschutzbehörde auf der Grundlage eines Berichts mit einer Bewertung der möglichen Auswirkungen des betreffenden Vorhabens auf Schutzgebiete im Sinne der Richtlinie 92/43 zu dem Schluss gelangte, dass die Bewilligung des Vorhabens naturschutzrechtlich unbedenklich sei.

26      Protect erhob daraufhin Beschwerde gegen den Bescheid vom 4. November 2013. Sie machte geltend, der Bescheid verstoße gegen Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus und gegen die Richtlinie 2000/60. Diese schreibe einen guten ökologischen Zustand der Gewässer vor, wobei die Verschlechterung des ökologischen Zustands des Einsiedlbachs durch die bestehenden Beschneiungsanlagen bereits offensichtlich sei.

27      Mit Erkenntnis vom 30. Januar 2015 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Österreich) die Beschwerde von Protect ab. Die Organisation habe ihre Parteistellung gemäß § 42 AVG verloren, weil sie im Verwaltungsverfahren nicht bis zur mündlichen Verhandlung vor der Behörde wasserrechtlich geschützte Rechte vorgebracht habe. Abgesehen davon sei das Aarhus-Übereinkommen der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Bereich nicht zugänglich.

28      Protect erhob beim vorlegenden Gericht Revision. Sie macht geltend, ihr komme im wasserrechtlichen Verfahren aufgrund von Art. 2 Abs. 4 und 5 sowie von Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus Parteistellung zu. Sie habe ein rechtliches Interesse an der Einhaltung der umweltrechtlichen Bestimmungen der Union, insbesondere der Richtlinie 2000/60, die durch das verfahrensgegenständliche Projekt in erheblichem Maße verletzt würden.

29      Der Verwaltungsgerichtshof (Österreich) hat das Verfahren daher ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Räumt Art. 4 der Richtlinie 2000/60 oder diese Richtlinie als solche einer Umweltorganisation in einem Verfahren, das keiner Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Richtlinie 2011/92 unterliegt, Rechte ein, zu deren Schutz sie nach Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren hat?

Bei Bejahung der Frage 1:

2.      Ist es nach den Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus geboten, diese Rechte bereits im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde geltend machen zu können, oder genügt die Möglichkeit einer Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde?

3.      Ist es zulässig, dass das nationale Verfahrensrecht (§ 42 AVG) die Umweltorganisation – so wie andere Verfahrensparteien auch – dazu verhält, ihre Einwendungen nicht erst in einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht, sondern bereits im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden rechtzeitig geltend zu machen, widrigenfalls sie ihre Parteistellung verliert und auch keine Beschwerde mehr an das Verwaltungsgericht erheben kann?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

30      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 der Richtlinie 2000/60 bzw. diese Richtlinie als solche dahin auszulegen sind, dass ein Bescheid über die rein wasserrechtliche Bewilligung eines Vorhabens, für das keine Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß der Richtlinie 2011/92 durchgeführt werden muss, nach Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus von einer Umweltorganisation vor einem Gericht angefochten werden können muss.

31      Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i bis iii der Richtlinie 2000/60 dahin auszulegen ist, dass die Mitgliedstaaten vorbehaltlich der Gewährung einer Ausnahme verpflichtet sind, die Genehmigung für ein konkretes Vorhaben zu versagen, wenn es eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers verursachen kann oder wenn es die Erreichung eines guten Zustands eines Oberflächengewässers bzw. eines guten ökologischen Potenzials und eines guten chemischen Zustands eines Oberflächengewässers zu dem nach der Richtlinie maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet (Urteil vom 1. Juli 2015, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, C‑461/13, EU:C:2015:433, Rn. 51).

32      Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/60 beschränkt sich nicht auf die programmatische Formulierung bloßer Ziele der Bewirtschaftungsplanung, sondern stellt die Pflicht zur Verhinderung der Verschlechterung des Zustands der Wasserkörper auf, die – sobald der ökologische Zustand des betreffenden Wasserkörpers festgestellt ist – in jedem Abschnitt des nach der Richtlinie vorgeschriebenen Verfahrens für die Mitgliedstaaten verbindliche Wirkungen entfaltet, insbesondere bei der Genehmigung konkreter Vorhaben nach dem System der Ausnahmen des Art. 4 der Richtlinie 2000/60 (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2015, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, C‑461/13, EU:C:2015:433, Rn. 43 und 48).

33      Art. 4 der Richtlinie 2000/60 trägt auf diese Weise zur Verwirklichung des Hauptziels bei, das mit den nach der Richtlinie ergriffenen Maßnahmen verfolgt wird, nämlich, die Umwelt zu schützen, insbesondere die aquatische Umwelt der Union zu erhalten und zu verbessern (vgl. Art. 1 in Verbindung mit den Erwägungsgründen 11, 19 und 27 der Richtlinie).

34      Es wäre aber mit der einer Richtlinie durch Art. 288 AEUV zuerkannten verbindlichen Wirkung unvereinbar, grundsätzlich auszuschließen, dass sich betroffene Personen auf die durch eine Richtlinie auferlegte Verpflichtung berufen können. Die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 2000/60 und deren Ziel des Umweltschutzes (siehe oben, Rn. 33) verlangen, dass Einzelne oder gegebenenfalls eine ordnungsgemäß gegründete Umweltorganisation sich vor Gericht auf sie berufen und die nationalen Gerichte sie als Bestandteil des Unionsrechts berücksichtigen können, um insbesondere zu prüfen, ob die nationale Behörde, die ein Vorhaben genehmigt hat, das Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer haben kann, ihre Verpflichtungen aus Art. 4 der Richtlinie, insbesondere die Verpflichtung, eine Verschlechterung des Zustands der Wasserkörper zu verhindern, beachtet hat und somit innerhalb des den zuständigen nationalen Behörden in dieser Bestimmung eingeräumten Gestaltungsspielraums geblieben ist (vgl. entsprechend Urteile vom 25. Juli 2008, Janecek, C‑237/07, EU:C:2008:447, Rn. 37, und vom 8. November 2016, Lesoochranárske zoskupenie VLK, C‑243/15, EU:C:2016:838, Rn. 44).

35      Nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs haben die Gerichte der Mitgliedstaaten gemäß dem in Art. 4 Abs. 3 EUV genannten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit den gerichtlichen Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen; durch Art. 19 Abs. 1 EUV wird den Mitgliedstaaten im Übrigen aufgegeben, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen ein wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz gewährleistet ist (vgl. u. a. Urteil vom 27. September 2017, Puškár, C‑73/16, EU:C:2017:725, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Was speziell das Recht einer Umweltorganisation wie Protect angeht, Bescheide anzufechten, mit denen möglicherweise gegen die Verpflichtung aus Art. 4 der Richtlinie 2000/60, eine Verschlechterung des Zustands der Wasserkörper zu verhindern, verstoßende Vorhaben bewilligt werden, steht fest, dass der Bewilligungsbescheid, um den es im Ausgangsverfahren geht, keine der in Anhang I des Übereinkommens von Aarhus genannten Tätigkeiten betrifft, so dass er nicht unter Art. 6 Abs. 1 Buchst. a des Übereinkommens und damit insoweit auch nicht unter Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens fällt.


37      Es stellt sich daher die Frage, ob Protect im Ausgangsverfahren aus Art. 6 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus ein Recht auf Anfechtung ableiten kann, weil im vorliegenden Fall eine nationale Behörde in einem vorangegangen Verfahren auf der Grundlage einer Verträglichkeitsprüfung gemäß der Richtlinie 92/43 geprüft hat, ob das betreffende Schutzgebiet im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie als solches beeinträchtigt wird.

38      Von den zuständigen nationalen Behörden im Rahmen von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 erlassene Entscheidungen, die sich u. a. auf die Richtigkeit der aus einer Prüfung der Umweltverträglichkeit eines Plans oder Projekts in einem Schutzgebiet in Bezug auf die Risiken des Projekts oder Plans für ein solches Gebiet gezogenen Schlussfolgerungen beziehen, fallen nämlich, unabhängig davon, ob sie selbständig oder in eine Genehmigungsentscheidung integriert sind, unter Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens von Aarhus und damit in den Anwendungsbereich von dessen Art. 9 Abs. 2. Denn sie implizieren, dass die zuständigen nationalen Behörden vor der Genehmigung einer Tätigkeit prüfen, ob diese unter den Umständen des Einzelfalls erhebliche Umweltauswirkungen haben können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2016, Lesoochranárske zoskupenie VLK, C‑243/15, EU:C:2016:838, Rn. 56 und 57).

39      Eine Umweltorganisation wie Protect, die unter den Begriff „betroffene Öffentlichkeit“ im Sinne von Art. 2 Abs. 5 des Übereinkommens von Aarhus fällt, muss in einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht gemäß Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens die nationalen Rechtsvorschriften, die die Rechtsvorschriften der Union im Bereich der Umwelt umsetzen, u. a. die aus Art. 6 der Richtlinie 92/43 hervorgegangenen nationalen Rechtsvorschriften, sowie die unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Umweltrechts der Union geltend machen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2016, Lesoochranárske zoskupenie VLK, C‑243/15, EU:C:2016:838 Rn. 59 und 60).

40      Hier sieht es aber so aus, als habe Protect im Bewilligungsverfahren zwar einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 gerügt, den nach Abschluss des Verfahrens ergangenen Bewilligungsbescheid aber nur wegen Verstoßes gegen die der Umsetzung der Richtlinie 2000/60 dienenden nationalen Rechtsvorschriften angefochten, die vorangegangene, auf Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 beruhende Entscheidung hingegen gelten lassen. Das vorlegende Gericht wird zu prüfen haben, ob dies tatsächlich der Fall ist.

41      Die zuständige nationale Behörde hatte mit der vorangegangenen Entscheidung auf der Grundlage einer Verträglichkeitsprüfung, die sie bei dem Vorhaben gemäß der Richtlinie 92/43 in Bezug auf das Schutzgebiet durchgeführt hatte, aber festgestellt, dass das Gebiet im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie als solches nicht beeinträchtigt werde. Dies könnte bedeuten, dass das Vorhaben im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens von Aarhus keine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben kann. Dann fiele die spätere wasserrechtliche Entscheidung nicht unter Art. 6 und damit insoweit auch nicht unter Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens.

42      Das setzt aber voraus, dass das vorlegende Gericht in der Lage ist, zu überprüfen, ob es tatsächlich ausgeschlossen ist, dass das Vorhaben erhebliche negative Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer hat, um die es im Bewilligungsverfahren des Ausgangsverfahrens geht.

43      Nur wenn das vorlegende Gericht nach dieser Überprüfung zu dem Schluss gelangen sollte, dass erhebliche negative Auswirkungen auf den Zustand der betreffenden Gewässer ausgeschlossen sind, wäre für die Frage, ob im vorliegenden Fall eine Umweltorganisation wie Protect das Recht hat, einen Bescheid über die Bewilligung eines möglicherweise gegen die Verpflichtung aus Art. 4 der Richtlinie 2000/60, eine Verschlechterung des Zustands der Gewässer zu verhindern, verstoßenden Vorhabens anzufechten, Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus maßgeblich.

44      Erlässt ein Mitgliedstaat verfahrensrechtliche Vorschriften, die auf Rechtsbehelfe gemäß Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus anwendbar sind, die auf die Geltendmachung von Rechten einer Umweltorganisation aus Art. 4 der Richtlinie 2000/60 gerichtet sind, um Entscheidungen der zuständigen nationalen Behörden im Hinblick auf ihre sich aus diesem Artikel ergebenden Verpflichtungen überprüfen zu lassen, setzt dieser Mitgliedstaat eine Verpflichtung um, die sich aus diesem Artikel ergibt, und führt daher im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) Recht der Union durch, so dass die Charta anwendbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2016, Lesoochranárske zoskupenie VLK, C‑243/15, EU:C:2016:838,Rn. 52).

45      Zwar haben die Rechte aus Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus lediglich „Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen“. Demnach hat diese Bestimmung im Unionsrecht als solche keine unmittelbare Wirkung. In Verbindung mit Art. 47 der Charta verpflichtet sie die Mitgliedstaaten aber dazu, einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Recht der Union garantierten Rechte, insbesondere der Vorschriften des Umweltrechts, zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. März 2011, Lesoochranárske zoskupenie, C‑240/09, EU:C:2011:125, Rn. 45 und 51).

46      Wie die Generalanwältin in den Nrn. 89 und 90 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, hätte das in Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus vorgesehene Recht, einen Rechtsbehelf einzulegen, keine praktische Wirksamkeit, ja würde ausgehöhlt, wenn zugelassen würde, dass durch im innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien bestimmte Kategorien der „Mitglieder der Öffentlichkeit“, erst recht der „betroffenen Öffentlichkeit“ wie Umweltorganisationen, die die Voraussetzungen von Art. 2 Abs. 5 des Übereinkommens von Aarhus erfüllen, der Zugang zu den Gerichten gänzlich verwehrt würde.

47      Umweltorganisationen darf durch im innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien insbesondere nicht die Möglichkeit genommen werden, die Beachtung der aus dem Unionsumweltrecht hervorgegangenen Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen, zumal solche Rechtsvorschriften in den meisten Fällen auf das allgemeine Interesse und nicht auf den alleinigen Schutz der Rechtsgüter Einzelner gerichtet sind und Aufgabe besagter Umweltorganisationen der Schutz des Allgemeininteresses ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Mai 2011, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Nordrhein-Westfalen, C‑115/09, EU:C:2011:289, Rn. 46).

48      Der Ausdruck „etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien“ in Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus bedeutet zwar, dass die Mitgliedstaaten bei der Durchführung dieser Bestimmung einen Gestaltungsspielraum behalten. Kriterien, die derart streng sind, dass es für Umweltorganisationen praktisch unmöglich ist, Handlungen und Unterlassungen im Sinne von Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus anzufechten, sind aber nicht zulässig.

49      Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht zu den „etwaige[n] … Kriterien“, die im österreichischen Recht festgelegt sind, ausgeführt, dass es im Ausgangsverfahren, einem wasserrechtlichen Verfahren, nach den Bestimmungen des WRG, insbesondere § 102 Abs. 1 Buchst. a und b, nicht in Betracht komme, einer Umweltorganisation, der keine subjektiv-öffentlichen Rechte zukämen, die Stellung als Partei zuzuerkennen.

50      Nach österreichischem Recht könnten nur diejenigen natürlichen oder juristischen Personen eine Beeinträchtigung von Rechten mit Beschwerde an ein Gericht geltend machen, denen im Verwaltungsverfahren Parteistellung zugekommen sei.

51      Nach österreichischem Recht kann eine Umweltorganisation, der im wasserrechtlichen Verfahren nicht die Parteistellung zuerkannt worden ist, demnach einen Bescheid, mit dem ein möglicherweise gegen die Verpflichtung aus Art. 4 der Richtlinie 2000/60, eine Verschlechterung des Zustands der Wasserkörper zu verhindern, verstoßendes Vorhaben bewilligt wird, nicht vor einem nationalen Gericht anfechten, und zwar auch dann nicht, wenn sie unter den Begriff „betroffene Öffentlichkeit“ im Sinne des Art. 2 Abs. 5 des Übereinkommens von Aarhus fällt.

52      Soweit sie Umweltorganisationen eine Anfechtung eines solchen Bewilligungsbescheids gänzlich verwehren, genügen die betreffenden nationalen Verfahrensvorschriften nicht den Anforderungen des Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus in Verbindung mit Art. 47 der Charta.


53      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass es nicht von vornherein ausgeschlossen ist, einer Umweltorganisation wie Protect die Parteistellung dennoch im Wege der Auslegung der allgemeinen Vorschrift des § 8 AVG zuzuerkennen.

54      Das vorlegende Gericht hat das Verfahrensrecht in Bezug auf die Voraussetzungen, die für die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens vorliegen müssen, so weit wie möglich im Einklang sowohl mit den Zielen von Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus als auch mit dem Ziel eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für die durch das Unionsrecht verliehenen Rechte auszulegen, um es einer Umweltorganisation wie Protect zu ermöglichen, eine Entscheidung, die am Ende eines Verwaltungsverfahrens ergangen ist, das möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, vor einem Gericht anzufechten (vgl. entsprechend Urteil vom 8. März 2011, Lesoochranárske zoskupenie, C‑240/09, EU:C:2011:125, Rn. 52).

55      Sollte eine solche unionsrechtskonforme Auslegung nicht möglich sein, müsste das vorlegende Gericht die nationale Verfahrensvorschrift, nach der die betreffende Umweltorganisation Parteistellung haben muss, um einen Bescheid anfechten zu können, mit dem ein möglicherweise gegen die Verpflichtung aus Art. 4 der Richtlinie 2000/60, eine Verschlechterung des Zustands der Wasserkörper zu verhindern, verstoßendes Vorhaben bewilligt wird, in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit unangewendet lassen.

56      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden hat, gehalten, für deren volle Wirksamkeit zu sorgen, indem es erforderlichenfalls jede – auch spätere – entgegenstehende nationale Rechtsvorschrift aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Vorschrift auf gesetzgeberischem Weg oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste (vgl. u. a. Urteile vom 9. März 1978, Simmenthal, 106/77, EU:C:1978:49, Rn. 21 und 24, sowie vom 5. April 2016, PFE, C‑689/13, EU:C:2016:199, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Mit den in der Natur des Unionsrechts liegenden Erfordernissen wäre nämlich jede Bestimmung einer nationalen Rechtsordnung oder jede Gesetzgebungs-, Verwaltungs- oder Gerichtspraxis unvereinbar, die dadurch zu einer Schwächung der Wirksamkeit des Unionsrechts führen würde, dass dem für dessen Anwendung zuständigen Gericht die Befugnis abgesprochen wird, bereits zum Zeitpunkt der Anwendung des Unionsrechts alles Erforderliche zu tun, um von innerstaatlichen Rechtsvorschriften abzuweichen, die unter Umständen ein Hindernis für die volle Wirksamkeit der Unionsnormen bilden (vgl. u. a. Urteile vom 9. März 1978, Simmenthal, 106/77, EU:C:1978:49, Rn. 22, und vom 5. April 2016, PFE, C‑689/13, EU:C:2016:199, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Somit ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus in Verbindung mit Art. 47 der Charta dahin auszulegen ist, dass ein Bescheid, mit dem ein möglicherweise gegen die Verpflichtung aus Art. 4 der Richtlinie 2000/60, eine Verschlechterung des Zustands der Wasserkörper zu verhindern, verstoßendes Vorhaben gebilligt wird, von einer nach den Voraussetzungen des nationalen Rechts ordnungsgemäß gegründeten und tätigen Umweltorganisation vor einem Gericht angefochten werden können muss.

 Zur zweiten Frage

59      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens bereits dann gewährleistet ist, dass das Übereinkommen von Aarhus beachtet wird, wenn der Mitgliedstaat das Recht vorsieht, gegen die betreffende Entscheidung der Verwaltung bei einem Gericht einen Rechtsbehelf einzulegen, oder ob die Rechte aus der Richtlinie 2000/60 bereits im Verwaltungsverfahren geltend gemacht werden können müssen.

60      Nach der Antwort auf die erste Frage ist Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus in Verbindung mit Art. 47 der Charta dahin auszulegen, dass ein Bescheid, mit dem ein möglicherweise gegen die Verpflichtung aus Art. 4 der Richtlinie 2000/60, eine Verschlechterung des Zustands der Wasserkörper zu verhindern, verstoßendes Vorhaben gebilligt wird, von einer Umweltorganisation wie Protect vor einem Gericht angefochten können werden muss.

61      Eine ganz andere Frage ist, ob das Übereinkommen von Aarhus für Protect darüber hinaus das Recht begründet, sich am Bewilligungsverfahren zu beteiligen, um dort einen etwaigen Verstoß gegen Art. 4 der Richtlinie 2000/60 geltend zu machen. Für die Beantwortung dieser Frage ist allein Art. 6 des Übereinkommens maßgeblich, der, wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, Bestandteil der Rechtsordnung der Union ist (Urteil vom 8. November 2016, Lesoochranárske zoskupenie VLK, C‑243/15, EU:C:2016:838, Rn. 45).

62      Die Beteiligung am umweltbezogenen Entscheidungsverfahren unterscheidet sich nämlich von einer gerichtlichen Anfechtung und hat auch eine andere Zielsetzung als diese, da sich die gerichtliche Anfechtung gegebenenfalls gegen die am Ende dieses Verfahrens ergehende Entscheidung richten kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Oktober 2009, Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening, C‑263/08, EU:C:2009:631, Rn. 38).

63      Das Übereinkommen von Aarhus gewährt der Öffentlichkeit u. a. das Recht, sich „effekti[v] … während des umweltbezogenen Entscheidungsverfahrens“ zu beteiligen (Art. 6 Abs. 3), insbesondere, „alle von ihr für die geplante Tätigkeit als relevant erachteten Stellungnahmen, Informationen, Analysen oder Meinungen in Schriftform vorzulegen oder gegebenenfalls während einer öffentlichen Anhörung oder Untersuchung mit dem Antragsteller vorzutragen“ (Art. 6 Abs. 7). Die Beteiligung der Öffentlichkeit soll „frühzeitig…“ erfolgen, „zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann“ (Art. 6 Abs. 4).

64      Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a und b des Übereinkommens von Aarhus kommen die Beteiligungsrechte, die dieser Artikel gewährt, aber nur bei Entscheidungen über die Zulassung geplanter Tätigkeiten zur Anwendung, die entweder in Anhang I des Übereinkommens aufgeführt sind oder eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können.

65      Wie oben in Rn. 36 ausgeführt, steht aber fest, dass die Tätigkeit, auf die sich der Bewilligungsbescheid bezieht, um den es im Ausgangsverfahren geht, nicht in Anhang I des Übereinkommens von Aarhus aufgeführt ist.

66      Protect hätte also nur dann ein Recht aus Art. 6 des Übereinkommens von Aarhus auf Beteiligung am Bewilligungsverfahren, um dort einen etwaigen Verstoß gegen Art. 4 der Richtlinie 2000/60 geltend zu machen, wenn das vorlegende Gericht nach der Überprüfung, die es nach den Ausführungen oben in den Rn. 41 bis 43 vorzunehmen hat, zu dem Schluss gelangen sollte, dass das Vorhaben, um das es im Ausgangsverfahren geht, im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b dieses Übereinkommens eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben könnte, insbesondere auf den Zustand der betreffenden Gewässer.

67      Sollte das vorlegende Gericht hingegen zu dem Schluss gelangen, dass das Vorhaben, um das es im Ausgangsverfahren geht, keine erhebliche Auswirkung auf den Zustand der betreffenden Gewässer haben kann, stünde Protect nur das Recht auf Anfechtung gemäß Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus zu.

68      Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus als solcher verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, ein Recht auf Beteiligung – als Partei des Verfahrens – an einem Bewilligungsverfahren wie dem, um das es im Ausgangsverfahren geht, zu gewähren. Etwas anderes gilt, wenn nach dem einschlägigen nationalen Recht die Parteistellung eine zwingende Voraussetzung für die Erhebung einer Klage gegen die am Ende des Verwaltungsverfahrens ergehende Entscheidung ist.

69      Stellt das nationale Recht nämlich eine solche Verknüpfung zwischen der Stellung als Partei im Verwaltungsverfahren und dem Recht, bei einem Gericht einen Rechtsbehelf einzulegen, her, kann die Stellung als Partei nicht verwehrt werden. Sonst hätte dieses Recht keine praktische Wirksamkeit, ja wäre ausgehöhlt, was nicht mit Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus in Verbindung mit Art. 47 der Charta vereinbar wäre.

70      Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts stellt das österreichische Recht aber eine solche Verknüpfung her.


71      In diesem Zusammenhang ist auch Art. 14 („Information und Anhörung der Öffentlichkeit“) der Richtlinie 2000/60 zu berücksichtigen, nach dem die Mitgliedstaaten „die aktive Beteiligung aller interessierten Stellen an der Umsetzung dieser Richtlinie, insbesondere an der Aufstellung, Überprüfung und Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete[, fördern]“ (Abs. 1 Satz 1).

72      Die Genehmigung eines konkreten Vorhabens, das zu einer Verschlechterung des Zustands eines Wasserkörpers führen kann, stellt eine „Umsetzung“ im Sinne dieser Bestimmung dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2015, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, C‑461/13, EU:C:2015:433, Rn. 32).

73      Und aus dem Ausdruck „insbesondere“ in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60 ergibt sich, dass die aktive Beteiligung aller interessierten Stellen nicht auf die Aufstellung, Überprüfung und Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete beschränkt ist.

74      Hingegen hat der Ausdruck „fördern“ in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60 eher programmatischen Charakter, so dass die Verbindlichkeit der Bestimmung beschränkt ist. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die übrigen Vorschriften von Art. 14 der Richtlinie 2000/60 zwar echte Verpflichtungen enthalten, diese sich aber speziell auf das Verfahren der Aufstellung, Überprüfung und Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete beziehen.

75      Dennoch ist ein Mitgliedstaat bei der Umsetzung der Richtlinie 2000/60 verpflichtet, den Wesensgehalt von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie zu achten, nämlich die aktive Beteiligung aller interessierten Stellen an der Umsetzung der Richtlinie zu fördern.

76      Wie bereits oben in den Rn. 49 bis 51 ausgeführt, kann eine Umweltorganisation wie Protect nach den einschlägigen nationalen Verfahrensvorschriften aber, selbst wenn sie unter den Begriff „betroffene Öffentlichkeit“ im Sinne von Art. 2 Abs. 5 des Übereinkommens von Aarhus fällt, nach den dem Gerichtshof vorliegenden Akten wohl grundsätzlich nicht die Stellung einer Partei im wasserrechtlichen Verwaltungsverfahren erlangen.

77      Zwar steht fest, dass sich Protect als „Beteiligte“ im Sinne von § 102 Abs. 2 WRG in gewisser Weise an dem Bewilligungsverfahren hat beteiligen können. So hatte die Umweltorganisation als Beteiligte insbesondere die Möglichkeit, darzutun, dass das Vorhaben, um das es im Ausgangsverfahren geht, im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 das Schutzgebiet als solches beeinträchtigen kann. Die Stellung als Beteiligte entspricht aber nicht der Stellung als Partei.


78      Nach den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hätte die Stellung als Partei es Protect ermöglicht, sich aktiv am Entscheidungsprozess zu beteiligen. Die Umweltorganisation hätte ihre Argumente zu den Umweltrisiken des geplanten Vorhabens, insbesondere zu den Auswirkungen des Vorhabens auf den Zustand der Gewässer, detaillierter und erfolgversprechender geltend machen können. Sie hätte ihre Argumente in Gestalt von Einwendungen vorbringen können. Diese hätten von den zuständigen Behörden vor der Bewilligung und Durchführung des Vorhabens berücksichtigt werden müssen.

79      Eine solche aktive Beteiligung von Protect als nach den Voraussetzungen des nationalen Rechts ordnungsgemäß gegründete und tätige Umweltorganisation wäre umso wichtiger gewesen, als nur solche Organisationen auf das allgemeine Interesse und nicht auf den alleinigen Schutz der Rechtsgüter Einzelner gerichtet sind.

80      Das vorlegende Gericht wird daher die einschlägigen Verfahrensvorschriften, insbesondere die allgemeine Vorschrift des § 8 AVG, soweit möglich, so auszulegen haben, dass sie mit Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60 vereinbar sind, so dass eine Umweltorganisation wie Protect die Möglichkeit hat, sich an einem Bewilligungsverfahren wie dem des Ausgangsverfahrens, das der Umsetzung der Richtlinie dient, als Partei zu beteiligen (vgl. entsprechend Urteil vom 8. März 2011, Lesoochranárske zoskupenie, C‑240/09, EU:C:2011:125, Rn. 52).

81      Somit ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus in Verbindung mit Art. 47 der Charta sowie Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60 dahin auszulegen sind, dass nationales Verfahrensrecht, das in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens Umweltorganisationen nicht das Recht zuerkennt, sich an einem Bewilligungsverfahren zur Umsetzung der Richtlinie 2000/60 als Partei zu beteiligen, und das Recht, Entscheidungen, die im Rahmen des Bewilligungsverfahrens ergehen, anzufechten, nur Personen, die im Verwaltungsverfahren die Stellung als Partei hatten, zuerkennt, nicht mit diesen Bestimmungen vereinbar ist.

 Zur dritten Frage

82      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 9 Abs. 3 und 4 des Übereinkommens von Aarhus dahin auszulegen ist, dass damit nicht vereinbar ist, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens einer Umweltorganisation eine Ausschlussregelung des nationalen Verfahrensrechts entgegengehalten wird, nach der eine Person ihre Stellung als Partei im Verwaltungsverfahren verliert und damit keine Beschwerde gegen die Entscheidung erheben kann, die in dem Verwaltungsverfahren ergeht, wenn sie ihre Einwendungen nicht rechtzeitig bereits im Verwaltungsverfahren, spätestens in dessen mündlichem Abschnitt, geltend gemacht hat.

83      Wie oben in den Rn. 49 bis 51 und 76 bereits ausgeführt, kann eine Umweltorganisation wie Protect der Vorlageentscheidung zufolge nach den einschlägigen nationalen Verfahrensvorschriften wohl grundsätzlich nicht die Stellung als Partei erlangen, um sich an einem Verwaltungsverfahren zu beteiligen, mit dem ein möglicherweise gegen die Verpflichtung aus Art. 4 der Richtlinie 2000/60, eine Verschlechterung des Zustands der Wasserkörper zu verhindern, verstoßendes Vorhaben bewilligt wird.

84      Da mithin von vornherein ausgeschlossen sein dürfte, dass Protect im Bewilligungsverfahren die Parteistellung hätte erlangen können, ist nicht ersichtlich, wie sie diese nach § 42 AVG verloren haben soll, wovon das vorlegende Gericht in seiner dritten Frage ausgeht, zumal in einem solchen Verwaltungsverfahren nach § 102 Abs. 2 WRG nur Personen mit Parteistellung Einwendungen erheben dürfen.

85      Die dritte Frage ist dennoch zu beantworten. Aus der Vorlageentscheidung geht nämlich ausdrücklich hervor, dass im vorliegenden Fall die Klage von Protect vom erstinstanzlichen Gericht gerade wegen des Verlusts der Parteistellung gemäß der Ausschlussregelung des § 42 AVG abgewiesen worden ist. Mithin ist die Frage nicht offensichtlich hypothetisch im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. u. a. Urteile vom 12. Oktober 2017, Kubicka, C‑218/16, EU:C:2017:755 Rn. 30 und 31).

86      In der Sache ist festzustellen, dass Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus ausdrücklich vorsieht, dass für Rechtsbehelfe gemäß dieser Bestimmung „Kriterien“ festgelegt werden können. Die Mitgliedstaaten können im Rahmen des ihnen insoweit überlassenen Gestaltungsspielraums also grundsätzlich verfahrensrechtliche Vorschriften über die Voraussetzungen der Einlegung solcher Rechtsbehelfe erlassen.

87      Bei der Festlegung der Modalitäten gerichtlicher Rechtsbehelfe zum Schutz der durch die Richtlinie 2000/60 eingeräumten Rechte müssen die Mitgliedstaaten aber die Beachtung des in Art. 47 der Charta, der den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes bekräftigt, verankerten Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht gewährleisten (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 27. September 2017, Puškár, C‑73/16, EU:C:2017:725, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

88      An sich steht Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus einer Ausschlussregelung wie der des § 42 AVG, nach der von dem durch die Stellung als Partei begründeten Recht, Einwendungen zur Beachtung der einschlägigen umweltrechtlichen Vorschriften geltend zu machen, bereits im Stadium des Verwaltungsverfahrens Gebrauch gemacht werden muss, nicht entgegen. Mit einer solchen Regelung können unter Umständen die streitigen Punkte schneller identifiziert und gegebenenfalls bereits im Verwaltungsverfahren gelöst werden, so dass sich eine Klage erübrigt.

89      Eine solche Ausschlussregelung kann auf diese Weise zur Verwirklichung des Ziels von Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus, wirkungsvolle gerichtliche Mechanismen zu schaffen (vgl. 18. Erwägungsgrund des Übereinkommens), beitragen. Sie entspricht auch ganz dem Gedanken des Art. 9 Abs. 4 des Übereinkommens, nach dem die u. a. in Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens genannten Verfahren „angemessenen und effektiven“ Rechtsschutz bieten und „fair“ sein müssen.

90      Die Ausschlussregelung stellt demnach als Vorbedingung für die Erhebung einer Klage zwar eine Einschränkung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei einem Gericht im Sinne von Art. 47 der Charta dar. Eine solche Einschränkung kann nach Art. 52 Abs. 1 der Charta aber gerechtfertigt sein, wenn sie gesetzlich vorgesehen ist, den Wesensgehalt dieses Rechts achtet und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. entsprechend Urteil vom 27. September 2017, Puškár, C‑73/16, EU:C:2017:725,Rn. 61 bis 71).

91      Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen die konkreten Modalitäten für die Ausübung der im österreichischen Recht verfügbaren Verwaltungsrechtsbehelfe das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei einem Gericht im Sinne von Art. 47 der Charta nicht unverhältnismäßig einschränken (vgl. entsprechend Urteil vom 27. September 2017, Puškár, C‑73/16, EU:C:2017:725, Rn. 72).

92      Insoweit stellt sich die Frage, ob in einem Fall wie dem, um den es im Ausgangsverfahren geht, durch die Geltung der betreffenden Ausschlussregelung für eine Umweltorganisation wie Protect das Recht, bei einem Gericht einen Rechtsbehelf einzulegen, wie es Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus in Verbindung mit Art. 47 der Charta für den Schutz der durch Art. 4 der Richtlinie 2000/60 gewährten Rechte gewährleistet, übermäßig beschränkt wird.

93      Diese Frage wird letztlich das vorlegende Gericht unter Berücksichtigung der relevanten tatsächlichen Umstände und des einschlägigen nationalen Rechts zu beantworten haben. Nach den dem Gerichtshof vorliegenden Akten dürfte die Frage – unter dem Vorbehalt einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht – zu bejahen sein.

94      Protect kann schwerlich zur Last gelegt werden, die Anwendung der Ausschlussregelung des § 42 AVG nicht dadurch verhindert zu haben, dass sie bereits im Stadium des Verwaltungsverfahrens das durch die Parteistellung begründete Recht ausgeübt hat, Einwendungen wegen Verletzung wasserrechtlicher Vorschriften, die der Umsetzung der Richtlinie 2000/60 dienen, zu erheben.

95      Protect hatte bei den zuständigen Behörden nämlich beantragt, ihr die Parteistellung zuzuerkennen. Dies wurde aber im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, § 102 Abs. 1 WRG biete hierfür keine Rechtsgrundlage. Deshalb musste sich Protect am Verwaltungsverfahren als „Beteiligte“ im Sinne von § 102 Abs. 2 WRG beteiligen. Als Beteiligte hatte sie nach § 102 Abs. 3 WRG nicht das Recht, Einwendungen zu erheben, die die Behörden vor einer Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung hätten berücksichtigen müssen.

96      Nach den einschlägigen nationalen Verfahrensvorschriften dürfte der Vorwurf, nicht rechtzeitig Einwendungen erhoben zu haben, um die Anwendung der Ausschlussregelung des § 42 AVG zu verhindern, darauf hinauslaufen, zu verlangen, dass die Organisationen eine Verpflichtung erfüllen, die sie von vornherein nicht erfüllen können. Es gilt aber der Grundsatz, dass niemand zu unmöglichen Leistungen verpflichtet ist (impossibilium nulla obligatio est).

97      Auch wenn die Verpflichtung aus § 42 AVG, wie die österreichische Regierung geltend macht, rein formal sein sollte, so dass es, um zu verhindern, dass die Ausschlussregelung Anwendung findet, genügt, Einwendungen zu erheben, mit denen lediglich allgemein geltend gemacht wird, dass die Bewilligung des betreffenden Vorhabens gegen eine Bestimmung des WRG verstößt, wobei die Begründung der Einwendungen später nachgeholt werden kann, konnten die Umweltorganisationen im vorliegenden Fall den einschlägigen Verfahrensvorschriften bei verständiger Würdigung entnehmen, dass sie zunächst die Parteistellung erlangen mussten, um dann das durch diese Stellung begründete Recht, Einwendungen zu erheben, auszuüben.

98      Unter dem Vorbehalt der Prüfung durch das vorlegende Gericht dürfte in Anbetracht einer im Hinblick auf die einschlägigen nationalen Verfahrensvorschriften zumindest mehrdeutigen Rechtslage durch die Anwendung der Ausschlussregelung des § 42 AVG auf Protect mit der Folge, dass diese Organisation sowohl ihre Stellung als Partei in dem betreffenden Bewilligungsverfahren als auch ihr Recht auf Erhebung einer Beschwerde gegen die in dem Bewilligungsverfahren ergangene Entscheidung verloren hat, das mit Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus in Verbindung mit Art. 47 der Charta für den Schutz der Rechte aus Art. 4 der Richtlinie 2000/60 garantierte Recht, bei einem Gericht einen Rechtsbehelf einzulegen, übermäßig beschränkt werden.

99      Insoweit stellt die Geltung der Ausschlussregelung des § 42 AVG in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens eine Beschränkung des in Art. 47 der Charta verankerten Rechts, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen, dar, die nicht gemäß Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt ist.

100    Unter dem Vorbehalt der Prüfung der relevanten tatsächlichen Umstände und des einschlägigen nationalen Rechts durch das vorlegende Gericht ist Letzteres daher nach den oben in den Rn. 55 und 56 dargestellten Grundsätzen verpflichtet, in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit die Ausschlussregelung der einschlägigen nationalen Verfahrensvorschriften unangewendet zu lassen.

101    Somit ist auf die dritte Frage zu antworten, dass unter dem Vorbehalt der Überprüfung der relevanten tatsächlichen Umstände und des einschlägigen nationalen Rechts durch das vorlegende Gericht Art. 9 Abs. 3 und 4 des Übereinkommens von Aarhus in Verbindung mit Art. 47 der Charta dahin auszulegen ist, dass mit diesen Bestimmungen nicht vereinbar ist, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens für eine Umweltorganisation nach den nationalen Verfahrensvorschriften eine Ausschlussregelung gilt, nach der eine Person ihre Stellung als Partei im Verwaltungsverfahren verliert und deshalb keine Beschwerde gegen eine in diesem Verfahren ergangene Entscheidung erheben kann, wenn sie Einwendungen nicht rechtzeitig bereits im Verwaltungsverfahren, spätestens in dessen mündlichem Abschnitt, erhoben hat.

 Kosten

102    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 9 Abs. 3 des am 25. Juni 1998 in Aarhus unterzeichneten, mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass ein Bescheid, mit dem ein möglicherweise gegen die Verpflichtung aus Art. 4 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, eine Verschlechterung des Zustands der Wasserkörper zu verhindern, verstoßendes Vorhaben gebilligt wird, von einer nach den Voraussetzungen des nationalen Rechts ordnungsgemäß gegründeten und tätigen Umweltorganisation vor einem Gericht angefochten werden können muss.

2.      Art. 9 Abs. 3 des mit dem Beschluss 2005/370 genehmigten Übereinkommens in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte sowie Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60 sind dahin auszulegen, dass nationales Verfahrensrecht, das in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens Umweltorganisationen nicht das Recht zuerkennt, sich an einem Bewilligungsverfahren zur Umsetzung der Richtlinie 2000/60 als Partei zu beteiligen, und das Recht, Entscheidungen, die im Rahmen des Bewilligungsverfahrens ergehen, anzufechten, nur Personen, die im Verwaltungsverfahren die Stellung als Partei hatten, zuerkennt, nicht mit diesen Bestimmungen vereinbar ist.

3.      Unter dem Vorbehalt der Überprüfung der relevanten tatsächlichen Umstände und des einschlägigen nationalen Rechts durch das vorlegende Gericht ist Art. 9 Abs. 3 und 4 des mit dem Beschluss 2005/370 genehmigten Übereinkommens in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte dahin auszulegen, dass mit diesen Bestimmungen nicht vereinbar ist, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens für eine Umweltorganisation nach den nationalen Verfahrensvorschriften eine Ausschlussregelung gilt, nach der eine Person ihre Stellung als Partei im Verwaltungsverfahren verliert und deshalb keine Beschwerde gegen eine in diesem Verfahren ergangene Entscheidung erheben kann, wenn sie Einwendungen nicht rechtzeitig bereits im Verwaltungsverfahren, spätestens in dessen mündlichem Abschnitt, erhoben hat.

Ilešič

Rosas

Toader

Prechal

 

Jarašiūnas

Verkündet in Luxemburg in öffentlicher Sitzung am 20. Dezember 2017.

Der Kanzler

 

Der Präsident der Zweiten Kammer

A. Calot Escobar

 

M. Ilešič


* Verfahrenssprache: Deutsch.