Language of document : ECLI:EU:T:2018:977

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

14. Dezember 2018(*)

„Pflanzenschutzmittel – Verfahren zur Überprüfung der Genehmigung des Wirkstoffs Diflubenzuron – Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 – Schlussfolgerungen der Prüfung der EFSA – Teilweise Veröffentlichung dieser Schlussfolgerungen – Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 – Antrag auf vertrauliche Behandlung bestimmter Teile – Schutz der geschäftlichen Interessen – Ablehnung der Gewährung vertraulicher Behandlung – Rechtsschutzinteresse“

In der Rechtssache T‑725/15,

Arysta LifeScience Netherlands BV, vormals Chemtura Netherlands BV, mit Sitz in Amsterdam (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Mereu und K. Van Maldegem,

Klägerin,

gegen

Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), vertreten durch D. Detken und S. Gabbi als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte R. Van der Hout und C. Wagner,

Beklagte,

unterstützt durch

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch F. Moro und P. Ondrůšek, dann durch P. Ondrůšek und G. Koleva als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses der EFSA vom 10. Dezember 2015 betreffend die Veröffentlichung bestimmter Teile des Peer-Review der EFSA zur Überprüfung der Genehmigung des Wirkstoffs Diflubenzuron hinsichtlich des Metaboliten PCA

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie des Richters L. Calvo-Sotelo Ibáñez-Martín und der Richterin I. Reine (Berichterstatterin),

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2017

folgendes

Urteil

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Regelung der Europäischen Union für das Verfahren zur Bewertung und Genehmigung von Pflanzenschutzmitteln und ihrer Wirkstoffe in der Union

1.      Richtlinie 91/414/EWG

1        Die Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. 1991, L 230, S. 1) legt die auf die Genehmigung für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln anwendbare Regelung der Europäischen Union fest und enthält Vorschriften, die für Pflanzenschutzmittel und die in diesen Mitteln enthaltenen Wirkstoffe gelten.

2        Gemäß Art. 4 der Richtlinie 91/414, der sich auf die Gewährung, Überprüfung und Entziehung der Zulassung für Pflanzenschutzmittel bezieht, muss ein Pflanzenschutzmittel bestimmte Kriterien erfüllen, um zugelassen werden zu können. Ein Pflanzenschutzmittel wird insbesondere dann zugelassen, wenn seine Wirkstoffe in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführt sind und die in diesem Anhang festgelegten Bedingungen erfüllt sind. Die Art. 5 und 6 der genannten Richtlinie legen die Modalitäten für die Aufnahme eines Wirkstoffs in den fraglichen Anhang fest.

3        Die Richtlinie 91/414 ist mit Wirkung vom 14. Juni 2011 durch die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414 (ABl. 2009, L 309, S. 1) aufgehoben worden.

4        Nach den in Art. 80 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1107/2009 vorgesehenen Übergangsmaßnahmen galt die Richtlinie 91/414 weiterhin in Bezug auf das Verfahren und die Bedingungen für die Genehmigung von Wirkstoffen, für die eine Entscheidung gemäß Art. 6 Abs. 3 dieser Richtlinie vor dem 14. Juni 2011 getroffen worden war.

2.      Verordnung (EG) Nr. 1490/2002

5        Die Verordnung (EG) Nr. 1490/2002 der Kommission vom 14. August 2002 mit weiteren Durchführungsbestimmungen für die dritte Stufe des Arbeitsprogramms gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/414 und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 451/2000 (ABl. 2002, L 224, S. 23) betrifft die fortgesetzte Bewertung von Wirkstoffen.

6        Die Art. 10 bis 13 der Verordnung Nr. 1490/2002 legen das Verfahren zur Bewertung von Wirkstoffen fest. In diesem Zusammenhang nimmt ein für jeden Wirkstoff benannter Bericht erstattender Mitgliedstaat eine Bewertung vor und erstattet einen Bericht, in dem er der Europäischen Kommission empfiehlt, den Wirkstoff entweder in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufzunehmen oder ihn nicht aufzunehmen. Dieser Mitgliedstaat schickt den Entwurf eines Bewertungsberichts an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Nach Erhalt des Entwurfs eines Bewertungsberichts, den ihr der Bericht erstattende Mitgliedstaat übermittelt hat, lässt die EFSA ihn unter den Mitgliedstaaten zirkulieren. Die EFSA bewertet diesen Entwurf und übermittelt der Kommission ihre Stellungnahme zur Frage, ob von dem Wirkstoff zu erwarten ist, dass er die Sicherheitsanforderungen der besagten Richtlinie erfüllen wird. Nach Erhalt dieser Stellungnahme unterbreitet die Kommission dem durch Art. 58 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. 2002, L 31, S. 1) eingesetzten Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit die Schlussfassung des Entwurfs eines Prüfberichts.

7        Art. 11b der Verordnung Nr. 1490/2002 gilt für Wirkstoffe mit eindeutigen Hinweisen darauf, dass sie keine schädlichen Auswirkungen haben.

3.      Verordnung Nr. 1107/2009

8        Nach ihrem dritten Erwägungsgrund hat die Verordnung Nr. 1107/2009 die Richtlinie 91/414 angesichts der Erfahrungen aus der Anwendung dieser Richtlinie und der neuesten wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen mit Wirkung vom 14. Juni 2011 aufgehoben und ersetzt.

9        Art. 4 der Verordnung Nr. 1107/2009 sieht Genehmigungskriterien für Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln vor.

10      In den Art. 7 bis 13 der Verordnung Nr. 1107/2009 wird das Genehmigungsverfahren für Wirkstoffe festgelegt. In Art. 7 dieser Verordnung ist zunächst vorgesehen, dass der Hersteller eines Wirkstoffs einem Mitgliedstaat („berichterstattender Mitgliedstaat“ genannt) einen Antrag auf Genehmigung dieses Wirkstoffs oder auf Änderung der Bedingungen für eine Genehmigung vorlegt. Dabei ist nachzuweisen, dass der Wirkstoff die Genehmigungskriterien gemäß Art. 4 erfüllt. Sodann erstellt der berichterstattende Mitgliedstaat gemäß Art. 11 der erwähnten Verordnung einen Bericht („Entwurf des Bewertungsberichts“ genannt), in dem er bewertet, ob der Wirkstoff die Genehmigungskriterien des Art. 4 voraussichtlich erfüllt, und übermittelt diesen Bericht an die Kommission, mit Kopie an die EFSA. Nach Erhalt leitet die EFSA den vom berichterstattenden Mitgliedstaat übermittelten Entwurf des Bewertungsberichts nach Art. 12 derselben Verordnung außerdem an den Antragsteller und die anderen Mitgliedstaaten weiter. Nach Ablauf der für die Übermittlung schriftlicher Stellungnahmen vorgesehenen Frist nimmt die EFSA unter Berücksichtigung des neuesten Stands von Wissenschaft und Technik und unter Heranziehung der zum Zeitpunkt des Antrags verfügbaren Leitlinien eine Schlussfolgerung dazu an, ob der Wirkstoff voraussichtlich die Genehmigungskriterien des Art. 4 erfüllt. Sie übermittelt ihre Schlussfolgerung dem Antragsteller, den Mitgliedstaaten und der Kommission und macht sie öffentlich zugänglich. Nach Erhalt der Schlussfolgerung der EFSA legt die Kommission dem Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit gemäß Art. 13 der Verordnung Nr. 1107/2009 schließlich einen Bericht („Überprüfungsbericht“ genannt) und einen Verordnungsentwurf vor, wobei sie den Entwurf des Bewertungsberichts des berichterstattenden Mitgliedstaats und die Schlussfolgerung der EFSA berücksichtigt. Der Antragsteller erhält Gelegenheit, zum Überprüfungsbericht Stellung zu nehmen.

11      Art. 21 der Verordnung Nr. 1107/2009 betrifft die Überprüfung der Genehmigung für einen Wirkstoff. Gemäß diesem Artikel kann die Kommission die Genehmigung eines Wirkstoffs jederzeit überprüfen. Sie berücksichtigt den Antrag eines Mitgliedstaats auf Überprüfung der Genehmigung eines Wirkstoffs im Lichte neuer wissenschaftlicher und technischer Kenntnisse und Überwachungsdaten. Gibt es nach Ansicht der Kommission aufgrund neuer wissenschaftlicher und technischer Kenntnisse Anzeichen dafür, dass der Stoff die Genehmigungskriterien des Art. 4 nicht mehr erfüllt, oder wurden weitere angeforderte Informationen nicht vorgelegt, so informiert die Kommission die Mitgliedstaaten, die EFSA und den Hersteller des Wirkstoffs, wobei sie dem Hersteller eine Frist für eine Stellungnahme einräumt. In diesem Überprüfungsverfahren kann sie die Mitgliedstaaten und die EFSA um eine Stellungnahme ersuchen, wobei Letztere verpflichtet ist, ihr eine Stellungnahme oder das Ergebnis der durchgeführten Arbeit zu übermitteln. Kommt die Kommission zu dem Schluss, dass ein Wirkstoff die Genehmigungskriterien des Art. 4 nicht mehr erfüllt, so wird nach dem in Art. 79 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1107/2009 genannten Regelungsverfahren eine Verordnung über die Aufhebung oder Änderung der Genehmigung erlassen.

B.      Unionsregelung für den Wirkstoff Diflubenzuron

12      Mit der Richtlinie 2008/69/EG vom 1. Juli 2008 zur Änderung der Richtlinie 91/414 des Rates zwecks Aufnahme der Wirkstoffe Clofentezin, Dicamba, Difenoconazol, Diflubenzuron, Imazaquin, Lenacil, Oxadiazon, Picloram und Pyriproxyfen (ABl. 2008, L 172, S. 9) hat die Kommission den Wirkstoff Diflubenzuron in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen.

13      Der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/69 lautet:

„Die verschiedenen Bewertungen haben ergeben, dass davon ausgegangen werden kann, dass Pflanzenschutzmittel, die die im Anhang zur vorliegenden Richtlinie aufgeführten Wirkstoffe enthalten, im Allgemeinen die Anforderungen gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a und b der Richtlinie [91/414] erfüllen, insbesondere hinsichtlich der geprüften und im Beurteilungsbericht der Kommission genannten Anwendungen. Um sicherzustellen, dass Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln mit diesen Wirkstoffen in allen Mitgliedstaaten gemäß den Bestimmungen [dieser Richtlinie] erteilt werden können, sollten diese Wirkstoffe daher in Anhang I der genannten Richtlinie aufgenommen werden.“

14      Da sie der Ansicht war, dass zu bestimmten Punkten betreffend u. a. Diflubenzuron weitere Informationen eingeholt werden sollten, hat die Kommission am 22. Juni 2010 die Richtlinie 2010/39/EU zur Änderung von Anhang I der Richtlinie 91/414 hinsichtlich Sonderbestimmungen zu den Wirkstoffen Clofentezin, Diflubenzuron, Lenacil, Oxadiazon, Picloram und Pyriproxyfen (ABl. 2010, L 157, S. 7) erlassen. Im sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2010/39 heißt es:

„Für Diflubenzuron sollte vorgeschrieben werden, dass der Antragsteller Daten zur Bestätigung der möglichen toxikologischen Bedeutung der Verunreinigung und des Metaboliten 4‑Chloroanilin (PCA) vorlegt.“

C.      Unionsregelung für die Veröffentlichung der Schlussfolgerungen der EFSA und deren vertrauliche Behandlung

1.      Verordnung Nr. 178/2002

15      Die Verordnung Nr. 178/2002 regelt u. a. die Transparenz der Tätigkeiten der EFSA, die Vertraulichkeit der Informationen, die ihr übermittelt wurden, sowie die Information der Öffentlichkeit und der Beteiligten über die Ergebnisse ihrer Arbeit.

16      Der 40. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 178/2002 sieht insoweit vor:

„Das Vertrauen der Gemeinschaftsorgane, der Öffentlichkeit und der Beteiligten in die [EFSA] ist von entscheidender Bedeutung. Deshalb muss ihre Unabhängigkeit, ihre hohe wissenschaftliche Qualität, Transparenz und Effizienz unbedingt gewährleistet sein. Auch die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten ist unverzichtbar.“

17      Im 54. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 178/2002 heißt es:

„Die Unabhängigkeit der [EFSA] und ihre Rolle bei der Aufklärung der Öffentlichkeit setzen voraus, dass sie in den in ihre Zuständigkeit fallenden Bereichen autonom informieren kann, wobei ihre Aufgabe darin besteht, objektive, verlässliche und leicht verständliche Informationen zu vermitteln.“

18      Art. 23 („Aufgaben der [EFSA]“) der Verordnung Nr. 178/2002 sieht vor:

„Die [EFSA] hat folgende Aufgaben:

j)      sie stellt in den Bereichen ihres Auftrags sicher, dass die Öffentlichkeit und die Beteiligten rasch zuverlässige, objektive und verständliche Informationen erhalten;

…“

19      Art. 38 („Transparenz“) der Verordnung Nr. 178/2002 bestimmt:

„(1)      Die [EFSA] gewährleistet, dass sie ihre Tätigkeiten mit einem hohen Maß an Transparenz ausübt. Sie veröffentlicht insbesondere unverzüglich

b)      die Gutachten des Wissenschaftlichen Ausschusses und der Wissenschaftlichen Gremien sofort nach ihrer Annahme, unter Beifügung der Positionen von Minderheiten;

c)      unbeschadet der Artikel 39 und 41 die Informationen, auf die sich ihre Gutachten stützen;

e)      die Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Studien;

f)      ihren jährlichen Tätigkeitsbericht;

g)      abgelehnte oder geänderte Ersuchen des Europäischen Parlaments, der Kommission oder eines Mitgliedstaats um wissenschaftliche Gutachten sowie die Gründe für die Ablehnung bzw. Änderung.

…“

20      Art. 39 („Vertraulichkeit“) der Verordnung Nr. 178/2002 sieht vor:

„(1)      Abweichend von Artikel 38 gibt die [EFSA] vertrauliche Informationen, die ihr mit der begründeten Bitte um vertrauliche Behandlung übermittelt wurden, nicht an Dritte weiter, es sei denn, es handelt sich um Informationen, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes öffentlich bekannt gegeben werden müssen, wenn die Umstände dies erfordern.

(3)      Die Schlussfolgerungen der wissenschaftlichen Gutachten der [EFSA], welche vorhersehbare gesundheitliche Wirkungen betreffen, sind in keinem Fall vertraulich.

…“

21      Art. 40 („Information seitens der [EFSA]“) der Verordnung Nr. 178/2002 bestimmt:

„(1)      Unbeschadet der Zuständigkeit der Kommission für die Bekanntgabe ihrer Risikomanagemententscheidungen sorgt die [EFSA] in den Bereichen ihres Auftrags von sich aus für Information.

(2)      Die [EFSA] stellt sicher, dass die Öffentlichkeit und die Beteiligten rasch objektive, zuverlässige und leicht zugängliche Informationen erhalten, insbesondere über die Ergebnisse ihrer Arbeit. Um dieses Ziel zu erreichen, erstellt und verbreitet die [EFSA] Informationsmaterial für die Allgemeinheit.

(3)      Die [EFSA] arbeitet eng mit der Kommission und den Mitgliedstaaten zusammen, um die erforderliche Kohärenz bei der Risikokommunikation herbeizuführen.

Die [EFSA] veröffentlicht gemäß Artikel 38 alle von ihr abgegebenen Stellungnahmen.

…“

2.      Verordnung Nr. 1107/2009

22      Im zwölften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1107/2009 heißt es:

„… Es sollten Bestimmungen aufgenommen werden, die die Transparenz des Bewertungsprozesses gewährleisten.“

23      Art. 12 der Verordnung Nr. 1107/2009, der das Verfahren vor der EFSA bei der Bewertung eines Wirkstoffs regelt, sieht vor, dass die EFSA den vom berichterstattenden Mitgliedstaat übermittelten Entwurf des Bewertungsberichts der Öffentlichkeit zugänglich macht, dem Antragsteller jedoch zuvor eine Frist von zwei Wochen einräumt, innerhalb der er gemäß Art. 63 dieser Verordnung beantragen kann, dass bestimmte Teile des Entwurfs des Bewertungsberichts vertraulich behandelt werden. Nach Ablauf der für die Übermittlung schriftlicher Stellungnahmen vorgesehenen Frist nimmt die EFSA eine Schlussfolgerung dazu an, ob der Wirkstoff voraussichtlich die Genehmigungskriterien des Art. 4 der genannten Verordnung erfüllt; sie macht sie öffentlich zugänglich.

24      Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009, der sich in Kapitel VI („Öffentlicher Zugang zu Informationen“) dieser Verordnung befindet, sieht vor:

„(1)      Eine Person, die beantragt, dass gemäß dieser Verordnung vorgelegte Informationen vertraulich behandelt werden sollen, legt einen nachprüfbaren Beweis vor, aus dem hervorgeht, dass die Offenlegung dieser Informationen ihre kommerziellen Interessen oder den Schutz ihrer Privatsphäre und ihre Integrität beeinträchtigen könnte.

(2)      Bei folgenden Informationen ist in der Regel davon auszugehen, dass ihre Offenlegung den Schutz der wirtschaftlichen Interessen oder der Privatsphäre und die Integrität der betroffenen Personen beeinträchtigt:

a)      dem Herstellungsverfahren;

b)      den Angaben zu Verunreinigungen des Wirkstoffs, mit Ausnahme von Verunreinigungen, die als toxikologisch, ökotoxikologisch oder ökologisch relevant angesehen werden;

c)      Ergebnissen zu hergestellten Wirkstoffchargen, einschließlich Verunreinigungen;

d)      Analysenmethoden für Verunreinigungen in dem Wirkstoff[,] so wie er hergestellt wird, mit Ausnahme von Analysenmethoden für Verunreinigungen, die als toxikologisch, ökotoxikologisch oder ökologisch relevant angesehen werden;

e)      Beziehungen zwischen einem Hersteller oder Importeur und dem Antragsteller oder dem Zulassungsinhaber;

f)      Angaben zur vollständigen Zusammensetzung eines Pflanzenschutzmittels;

g)      Namen und Anschriften der Personen, die an den Versuchen mit Wirbeltieren beteiligt sind.

…“

II.    Vorgeschichte des Rechtsstreits

25      Die Klägerin, die Arysta LifeScience Netherlands BV, vormals Chemtura Netherlands BV, ist eine Gesellschaft, die Chemikalien im Bereich der Agrochemie und der Feinchemie entwickelt, herstellt und verkauft. Unter der Geltung der Richtlinie 91/414 meldete sie den Wirkstoff Diflubenzuron an, ein Insektizid, das auf verschiedenen Kulturen – hauptsächlich Äpfeln, Birnen und Pilzen – verwendet wird.

26      Diflubenzuron wurde mit der Richtlinie 2008/69 der Kommission gemäß dem in Art. 11b der Verordnung Nr. 1490/2002 vorgesehenen Verfahren in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen.

27      Am 16. Juli 2009 legte die EFSA der Kommission gemäß Art. 12a der Verordnung Nr. 1490/2002 die Schlussfolgerungen zum Peer-Review für Diflubenzuron vor. Diese Schlussfolgerungen wurden von den Mitgliedstaaten und der Kommission im Rahmen des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit geprüft und am 11. Mai 2010 in Form der Beurteilungsberichte der Kommission u. a. für Diflubenzuron abgeschlossen. Nach den genannten Schlussfolgerungen erfüllten Diflubenzuron enthaltende Erzeugnisse im Allgemeinen die Anforderungen gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 91/414.

28      Da sie der Ansicht war, dass zu bestimmten Punkten betreffend u. a. Diflubenzuron weitere Informationen eingeholt werden sollten, erließ die Kommission die Richtlinie 2010/39. Nach dem sechsten Erwägungsgrund dieser Richtlinie sollte vorgeschrieben werden, dass der Antragsteller, also die Klägerin, Daten „zur Bestätigung“ der möglichen toxikologischen Bedeutung der Verunreinigung und des Metaboliten 4‑Chloroanilin (PCA) als Rückstand bei der Verwendung von Diflubenzuron vorlegt.

29      Die Klägerin legte im Juni 2011 Daten zur möglichen toxikologischen Bedeutung der Verunreinigung und des Metaboliten 4‑Chloroanilin (PCA) als Rückstand bei der Verwendung von Diflubenzuron vor. Diese Daten wurden vom berichterstattenden Mitgliedstaat, im vorliegenden Fall dem Königreich Schweden, in Form eines Entwurfs des Bewertungsberichts bewertet. Der berichterstattende Mitgliedstaat übermittelte der Klägerin, den anderen Mitgliedstaaten und der EFSA diesen Entwurf zur Stellungnahme.

30      Nach Prüfung der eingegangenen Stellungnahmen ersuchte die Kommission die EFSA um ein Peer-Review und um ihre Schlussfolgerung zu den Risiken, die bei einer Aufnahme von Diflubenzuron oder einer Exposition gegenüber diesem Stoff für Verbraucher, Anrainer oder Umstehende und Arbeitnehmer von einer Exposition gegenüber dem Metaboliten ausgehen. Am 22. August 2012 kam die EFSA auf der Grundlage einer Bewertung der repräsentativen Verwendungen von Diflubenzuron als Insektizid auf Äpfeln, Birnen und Pilzen sowie in der Forstwirtschaft zu dem Schluss, dass eine potenzielle Exposition von Verbrauchern, Anrainern oder Umstehenden und Arbeitnehmern gegenüber dem Metaboliten als Rückstand auf den ersten Blick als besorgniserregend anzusehen sei, da nicht von der Existenz eines Schwellenwerts für ein gentoxisches Kanzerogen ausgegangen werden könne. Diese Schlussfolgerung wurde am 7. September 2012 veröffentlicht.

31      Am 16. Juli 2013 legte der Ständige Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit einen überarbeiteten Überprüfungsbericht für Diflubenzuron vor. Der Ausschuss teilte im Wesentlichen die Schlussfolgerung der EFSA vom 22. August 2012.

32      Anschließend teilte die Kommission der Klägerin am 18. Juli 2013 förmlich mit, dass die Genehmigung von Diflubenzuron Gegenstand einer Überprüfung gemäß Art. 21 der Verordnung Nr. 1107/2009 sei. Sie erteilte der EFSA den Auftrag, eine Schlussfolgerung zu dieser Überprüfung zu erstellen. Der Auftrag ging dabei mit einem auf den 28. August 2015 festgelegten Stichtag einher.

33      Im Januar 2014 legte die Klägerin dem Königreich Schweden als berichterstattendem Mitgliedstaat für Diflubenzuron Daten vor, mit denen auf die etwaigen Bedenken hinsichtlich des Metaboliten entgegnet werden sollte. Im Juli 2014 legte der berichterstattende Mitgliedstaat den Entwurf des Bewertungsberichts für die aktualisierten Daten vor, in dem er zu dem Schluss kam, dass von einer potenziellen Exposition der Verbraucher, Arbeitnehmer und Anrainer oder Umstehenden gegenüber PCA im Rahmen der repräsentativen Verwendung von Diflubenzuron auf Kernobst keine Gefahr ausgehe (im Folgenden: Bericht von Juli 2014). Der Klägerin, den anderen Mitgliedstaaten und der EFSA wurde Gelegenheit gegeben, zu diesem Bericht Stellung zu nehmen.

34      Die Klägerin legte ihren Standpunkt zum Bericht von Juli 2014 noch im selben Monat vor. Der berichterstattende Mitgliedstaat ließ diesen Standpunkt im September 2014 allen Mitgliedstaaten und der EFSA zukommen.

35      Nach Ablauf der für die Übermittlung von Stellungnahmen gewährten Frist ergänzte der berichterstattende Mitgliedstaat den Bericht von Juli 2014 um zwei Nachträge. Im ersten Nachtrag, der von November 2014 datiert, vertrat der berichterstattende Mitgliedstaat im Wesentlichen die Auffassung, von einer potenziellen Exposition der Arbeitnehmer und Anrainer oder Umstehenden gegenüber PCA im Rahmen der repräsentativen Verwendung von Diflubenzuron auf Kernobst gehe keine Gefahr aus. In Bezug auf die Verbraucher kam der berichterstattende Mitgliedstaat hingegen zu dem Ergebnis, dass er „nicht der Lage [sei], die Gefahr ausreichend zu bewerten“.

36      Am 12. März 2015 ersuchte die Kommission die EFSA um die Abgabe einer Stellungnahme zur potenziellen Exposition gegenüber PCA (4‑Chloroanilin, Verunreinigungen und Metabolit Diflubenzuron) als Rückstand und zu seiner möglichen toxikologischen Bedeutung sowie um Prüfung, ob der berichterstattende Mitgliedstaat die Methode der Expositionsmarge ordnungsgemäß angewandt habe, als er die potenzielle Exposition gegenüber PCA als Rückstand im Rahmen der repräsentativen Verwendung von Diflubenzuron bewertet habe.

37      Im zweiten Nachtrag, der von Juli 2015 datiert, kam der berichterstattende Mitgliedstaat nach zwei Sitzungen im Rahmen des Peer-Review im Mai und Juni 2015 zu dem Ergebnis, dass „nicht der Schluss gezogen werden [könne], dass die geschätzte Exposition gegenüber PCA für die Verbraucher wenig besorgniserregend [sei]“ (im Folgenden: Nachtrag von Juli 2015).

38      In Reaktion auf den Inhalt des Nachtrags von Juli 2015 legte die Klägerin der EFSA am 19. August 2015 eine wissenschaftliche Dokumentation vor. Mit Schreiben vom 24. August 2015 teilte die EFSA der Klägerin mit, es sei nicht vorgesehen, dass der Antragsteller im Laufe des Peer-Review-Verfahrens eine zusätzliche Stellungnahme abgebe, so dass sie dem Ersuchen um Abhaltung einer Sitzung nicht stattgeben könne. In diesem Schreiben wies sie die Klägerin ferner darauf hin, dass die Kommission sie in einem späteren Verfahrensstadium auffordern werde, zu ihrem Gutachten Stellung zu nehmen. In ihrer Schlussfolgerung vom 27. August 2015 (im Folgenden: streitige Schlussfolgerung) vertrat die EFSA die Auffassung, dass „die potenzielle Exposition gegenüber PCA in Form von Rückständen (d. h. entweder für Verbraucher oder Arbeitnehmer und [Anwohner oder Umstehende]) angesichts der Unmöglichkeit, einen hypothetischen Schwellenwert für einen gentoxischen krebserzeugenden Stoff festzulegen, … als besorgniserregend anzusehen [sei]“. In demselben Dokument hieß es weiter: „Eine Angelegenheit wird darüber hinaus als bedenklich besorgniserregend angesehen, wenn die Bewertung auf einer höheren Stufe aufgrund eines Mangels an Informationen nicht abgeschlossen werden konnte und die auf der niedrigsten Stufe vorgenommene Bewertung nicht den Schluss zulässt, dass zumindest eine der repräsentativen Verwendungen eines den Wirkstoff enthaltenden Pflanzenschutzmittels voraussichtlich weder schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf das Grundwasser noch unannehmbare Folgen für die Umwelt hat.“

39      Vor der Veröffentlichung der streitigen Schlussfolgerung auf der Website der EFSA forderte diese die Klägerin von sich aus auf, gemäß Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 etwaige vertrauliche Informationen in diesem Dokument zu identifizieren. In Reaktion darauf ersuchte die Klägerin die EFSA mit Schreiben vom 4. und 11. September 2015 darum, zu bestätigen, ob sie befugt sei, die streitige Schlussfolgerung öffentlich zugänglich zu machen, und jedenfalls gemäß dem genannten Artikel bestimmte Teile aus Gründen der Vertraulichkeit zu streichen. Insbesondere beantragte sie die Vertraulichkeit der Namen der Verfasser der angeführten Studien und Berichte, die Berichtigung bestimmter als Tatsachenfehler gekennzeichneter Angaben und die Streichung bestimmter Abschnitte, die ihrer Meinung nach ihre kommerziellen Interessen – insbesondere in Bezug auf die Eigenschaften und die ständige Verfügbarkeit von Diflubenzuron – beeinträchtigten oder auf Schlussfolgerungen von zweifelhafter wissenschaftlicher Qualität beruhten, die noch Gegenstand eines Rechtsstreits waren und zu denen sie der EFSA am 19. August 2015 eine Stellungnahme vorgelegt hatte, die nicht berücksichtigt worden war.

40      Mit Schreiben vom 8. Oktober 2015 gab die EFSA den Anträgen auf vertrauliche Behandlung hinsichtlich der Streichung der Namen der Verfasser der in Rede stehenden Studien und Berichte im Einklang mit Art. 63 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 1107/2009 einerseits und auf Berichtigung bestimmter materieller Fehler andererseits statt. Die auf Abs. 1 dieses Artikels gestützten Anträge auf Streichung der Teile mit Informationen, die die kommerziellen Interessen der Klägerin beeinträchtigen könnten, lehnte sie hingegen ab.

41      Zunächst gab die EFSA unter Verweis auf Art. 38 Abs. 1, Art. 39 Abs. 3 und Art. 40 der Verordnung Nr. 178/2002 die Rechtsgrundlage an, die ihr die Befugnis verlieh, die streitige Schlussfolgerung öffentlich zugänglich zu machen. Sodann entgegnete sie auf die Rügen der Klägerin, mit denen diese eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte und ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht hatte. Sie wies insoweit darauf hin, dass die Klägerin zum Bericht von Juli 2014 habe Stellung nehmen können und noch Gelegenheit erhalten werde, sich zur endgültigen Entscheidung der Kommission zu äußern. Was schließlich den Antrag der Klägerin auf Streichung der Teile mit Informationen angeht, die ihre kommerziellen Interessen beeinträchtigen könnten, machte die EFSA im Wesentlichen geltend, die bloße Gefahr, dass die Mehrzahl dieser Informationen dem Image der Klägerin schadete, reiche unter Berücksichtigung ihrer Verpflichtung zur Veröffentlichung von Informationen, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken könnten, nicht aus, um ihnen vertraulichen Charakter zu verleihen.

42      Am 12. Oktober 2015 ersuchte die Klägerin die EFSA um Überprüfung der Entscheidung, mit der diese ihre auf Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 gestützten Anträge auf vertrauliche Behandlung der streitigen Schlussfolgerung abgelehnt hatte. Zur Stützung dieses Antrags auf Überprüfung warf sie der EFSA u. a. vor, unter Verstoß gegen die Verordnung Nr. 178/2002 gehandelt zu haben. Aus dieser Verordnung gehe nämlich hervor, dass die Gutachten der EFSA eine „hohe wissenschaftliche Qualität“ aufweisen müssten. Diese habe die genannte Schlussfolgerung jedoch auf der Grundlage des Nachtrags von Juli 2015 ausgearbeitet, der selbst auf zweifelhafte wissenschaftliche Erkenntnisse und unvollständige Informationen gestützt worden sei. Außerdem habe die EFSA, als sie ihre Bemerkungen bewusst außer Acht gelassen habe, ihre Verteidigungsrechte verletzt und sei der ihr nach der besagten Verordnung obliegenden Verpflichtung, ihre Bewertungen auf „alle verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse“ zu stützen, nicht nachgekommen. Darüber hinaus gebe es keine verlässlichen Daten, die den Nachweis erlaubten, dass von Diflubenzuron eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier ausgehe.

43      Am 10. Dezember 2015 lehnte die EFSA die auf Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 gestützten Anträge der Klägerin auf vertrauliche Behandlung der streitigen Schlussfolgerung endgültig ab (im Folgenden: angefochtener Beschluss). Bezüglich der Rügen der Klägerin, mit denen diese eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte und ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht hatte, wies die EFSA darauf hin, dass sie die von der Klägerin am 20. August 2015 vorgelegten Informationen und Bemerkungen berücksichtigt habe und ihr Standpunkt zu diesen Informationen in Anlage I zum angefochtenen Beschluss detailliert beschrieben werde.

44      Am 11. Dezember 2015 wurde die streitige Schlussfolgerung vollständig auf der Website der EFSA veröffentlicht.

45      In der Zwischenzeit – am 9. September 2015 – hatte die Kommission die Klägerin aufgefordert, vor dem 7. Oktober 2015 zur streitigen Schlussfolgerung Stellung zu nehmen. In demselben Schreiben hatte sie darauf hingewiesen, dass, falls sie dem Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel während der Überprüfung der Genehmigung von Diflubenzuron einen überarbeiteten Entwurf eines Überprüfungsberichts vorlege, die Klägerin die Möglichkeit erhalten werde, schriftlich dazu Stellung zu nehmen. Die Klägerin hatte darauf am 7. Oktober 2015 geantwortet, und ihre Stellungnahme wurde an die Mitgliedstaaten im Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit weitergeleitet.

III. Verfahren und Anträge der Parteien

46      Mit Klageschrift, die am 11. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

47      Mit gesondertem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt, die Vollstreckung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen.

48      Mit Beschluss vom 15. Dezember 2015 hat der Präsident des Gerichts dem Antrag, die Vollstreckung des angefochtenen Beschlusses vorläufig auszusetzen, stattgegeben und der EFSA aufgegeben, die streitige Schlussfolgerung unverzüglich von ihrer Website zu entfernen.

49      Die EFSA ist dieser Aufforderung noch am selben Tag nachgekommen. Die streitige Schlussfolgerung ist jedoch am 7. Januar 2016 für eine Dauer von fünf Minuten und vom 13. bis zum 14. Januar 2016 für eine Dauer von ca. 24 Stunden erneut online verfügbar gewesen.

50      Mit Beschluss vom 29. Februar 2016 hat der Präsident des Gerichts den Antrag der Klägerin auf vorläufige Maßnahmen abgelehnt, seinen Beschluss vom 15. Dezember 2015 aufgehoben und sich die Entscheidung über die Kosten vorbehalten.

51      Mit Schriftsatz, der am 4. März 2016 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat die Klägerin ein Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 29. Februar 2016 eingelegt.

52      Mit einstweiliger Verfügung vom 11. März 2016 hat der Gerichtshof dem Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung des angefochtenen Beschlusses stattgegeben und der EFSA aufgegeben, die streitige Schlussfolgerung nicht zu veröffentlichen und, falls sie dies bereits getan habe, sie spätestens am 11. März 2016 um 17.00 Uhr von ihrer Website zu entfernen.

53      Mit Beschluss vom 14. Juni 2016 hat der Gerichtshof das Rechtsmittel der Klägerin zurückgewiesen und sie zur Tragung der Kosten des Rechtsmittelverfahrens verurteilt.

54      Mit Schriftsatz, der am 31. März 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der EFSA zugelassen zu werden. Dieser Streitbeitritt ist mit Beschluss des Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts vom 2. Mai 2016 zugelassen worden.

55      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist die vorliegende Rechtssache mit Beschluss vom 6. Oktober 2016 der Vierten Kammer neu zugewiesen und ein neuer Berichterstatter benannt worden.

56      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen und der Klägerin im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung des Gerichts Fragen zu stellen. Die Klägerin hat darauf innerhalb der gesetzten Frist geantwortet.

57      Mit Schriftsatz, der am 18. Oktober 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die EFSA von sich aus zu den Fragen an die Klägerin Stellung genommen. Diese Stellungnahme ist zu den Akten genommen und der Klägerin mit Beschluss des Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts vom 14. November 2017 übermittelt worden.

58      Mit Schriftsatz, der am 22. November 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin auf die Stellungnahme der EFSA vom 18. Oktober 2017 geantwortet.

59      Die Parteien haben in der Sitzung vom 29. November 2017 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

60      In der Sitzung hat die Klägerin ein Schreiben vom 8. Juli 2015 eingereicht, mit dem die Kommission dem Antrag der EFSA vom 29. Juni 2015 auf Verlängerung der Frist für die Abgabe einer Stellungnahme zur Risikobewertung für den Wirkstoff Diflubenzuron im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens stattgegeben hatte. Dieses Schreiben ist in der Sitzung zu den Akten genommen worden, und die EFSA und die Kommission sind aufgefordert worden, sich zu seiner Zulässigkeit und Begründetheit zu äußern. Die EFSA hat in der Sitzung die Auffassung vertreten, das Schreiben der Kommission vom 8. Juli 2015 müsse aufgrund seiner verspäteten Einreichung für unzulässig und jedenfalls für irrelevant erklärt werden. Die Kommission hat sich nicht dazu geäußert.

61      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der EFSA die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

62      Die EFSA beantragt,

–        die Anträge der Klägerin zurückzuweisen;

–        der Klägerin neben ihren eigenen Kosten die ihr im Rahmen des vorliegenden Rechtszugs entstandenen Kosten aufzuerlegen.

63      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unzulässig zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

IV.    Rechtliche Würdigung

A.      Rechtsschutzinteresse

64      In ihrer Stellungnahme vom 18. Oktober 2017 zu den der Klägerin im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gestellten Fragen hat die EFSA aufgrund des vorbereitenden Charakters der streitigen Schlussfolgerung die Frage nach dem Rechtsschutzinteresse der Klägerin aufgeworfen. Sie trägt vor, nach Erlass der Durchführungsverordnung (EU) 2017/855 der Kommission vom 18. Mai 2017 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Diflubenzuron (ABl. 2017, L 128, S. 10) und nach Erhebung einer Klage betreffend die Rechtmäßigkeit dieser Durchführungsverordnung vor dem Gericht (Rechtssache T‑476/17) bestehe das Interesse der Klägerin an der Erhebung der vorliegenden Klage – unterstellt, es habe jemals bestanden – nicht mehr.

65      Diesbezüglich vertritt die EFSA zum einen die Auffassung, die streitige Schlussfolgerung sei eine Maßnahme vorbereitender Natur in dem Verfahren, das zum Erlass der Durchführungsverordnung 2017/855 geführt habe, so dass das Vorbringen, das sich auf die Erfüllung der Verfahrenserfordernisse des Überprüfungsverfahrens und auf die Richtigkeit der Beurteilung beziehe, die die Streithelferin, sie selbst oder andere am Prüfverfahren beteiligte Behörden vorgenommen hätten, im Rahmen der in der Rechtssache T‑476/17 erhobenen Klage betreffend die Rechtmäßigkeit dieser Durchführungsverordnung angeführt werden könne. Zum anderen fragt sie sich, welchen Vorteil die Klägerin aus der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses ziehen könnte. Nach Ansicht der EFSA würden durch die Nichtigerklärung des genannten Beschlusses und die Entfernung der streitigen Schlussfolgerung von ihrer Website nicht die behaupteten negativen Auswirkungen der Offenlegung dieser Schlussfolgerung beseitigt, da Diflubenzuron auch in der – in Kraft befindlichen und öffentlich zugänglichen – Durchführungsverordnung als Träger gentoxischer und krebserzeugender Eigenschaften eingestuft worden sei.

66      In ihrer Antwort vom 22. November 2017 auf die Stellungnahme der EFSA tritt die Klägerin deren Vorbringen zur Unzulässigkeit der Klage wegen Gegenstandslosigkeit entgegen. Sie habe nach wie vor ein Interesse an der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, da sie mit der vorliegenden Klage erreichen wolle, dass die EFSA eine bereinigte Fassung der streitigen Schlussfolgerung auf ihrer Website veröffentliche. Auf diese Weise könne sie verhindern, dass die Offenlegung der streitigen Schlussfolgerung der EFSA Folgen habe für den Verkauf des Stoffs als Insektizid auf nicht essbaren Kulturen, und gegebenenfalls eine Haftungsklage erheben. Darüber hinaus hätten die vorliegende Klage und die in der Rechtssache T‑476/17 gegen die Durchführungsverordnung 2017/855 erhobene Klage unterschiedliche Gegenstände.

67      Es sei darauf hingewiesen, dass eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person nur zulässig ist, wenn diese ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung hat. Ein solches Interesse setzt voraus, dass die Nichtigerklärung dieser Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann und der Rechtsbehelf der Partei, die ihn eingelegt hat, damit im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann. Das Rechtsschutzinteresse eines Klägers muss bestehend und gegenwärtig sein. Es darf sich nicht auf eine zukünftige und hypothetische Situation beziehen. Dieses Interesse muss im Hinblick auf den Klagegegenstand bei Klageerhebung gegeben sein – andernfalls ist die Klage unzulässig – und bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung weiter vorliegen, andernfalls ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (Urteil vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 55 bis 57).

68      Die von der EFSA im vorliegenden Fall erhobene Unzulässigkeitseinrede ist daher als einer Grundlage entbehrend zurückzuweisen, ohne dass es einer Entscheidung über die Zulässigkeit der Stellungnahme der EFSA zu den der Klägerin im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gestellten Fragen (vgl. oben, Rn. 57) und der Antworten der Klägerin auf diese Stellungnahme (vgl. oben, Rn. 58) bedarf.

69      Bei Erhebung der vorliegenden Klage hatte die Klägerin nämlich ein Rechtsschutzinteresse, da die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses ihr insoweit einen Vorteil verschaffen konnte, als dieser Beschluss, mit dem die auf Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 gestützten Anträge der Klägerin auf vertrauliche Behandlung der streitigen Schlussfolgerung abgelehnt worden waren, zur Veröffentlichung einer Fassung dieser Schlussfolgerung geführt hat, die Passagen enthält, deren vertrauliche Behandlung die Klägerin beantragt hatte. Unter diesen Umständen könnte die Klägerin im Fall einer Nichtigerklärung des genannten Beschlusses beispielsweise erreichen, dass die erwähnte Schlussfolgerung zunächst von der Website der EFSA entfernt und anschließend in einer Form veröffentlicht wird, die ihren von der EFSA zuvor abgelehnten Vertraulichkeitsanträgen ganz oder teilweise entspricht.

70      Entgegen dem Vorbringen der EFSA entfällt das Rechtsschutzinteresse der Klägerin weder aufgrund des Erlasses der Durchführungsverordnung 2017/855, wonach Diflubenzuron als Insektizid ausschließlich auf nicht essbaren Kulturen verwendet werden darf, noch infolge der vor dem Gericht erhobenen Klage, mit der die Rechtmäßigkeit dieser Durchführungsverordnung angefochten worden ist.

71      Der angefochtene Beschluss ist nämlich ein Rechtsakt, mit dem die EFSA beschlossen hat, die auf Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 gestützten Anträge der Klägerin auf vertrauliche Behandlung der streitigen Schlussfolgerung abzulehnen. Dieser Beschluss entfaltet weiterhin seine Wirkungen. Die genannte Schlussfolgerung ist nämlich immer noch öffentlich zugänglich. Außerdem trägt die Klägerin zu Recht vor, sie habe weiterhin ein Interesse an der Nichtigerklärung des erwähnten Beschlusses, um vom Unionsrichter u. a. feststellen zu lassen, dass ihr gegenüber rechtswidrig gehandelt worden sei, damit sie aufgrund dieser Feststellung eine Klage auf angemessenen Ersatz des durch die Veröffentlichung der streitigen Schlussfolgerung angeblich entstandenen Schadens für ihren Ruf oder ihre kommerziellen Interessen erheben könne (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juli 2014, Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband/Kommission, T‑457/09, EU:T:2014:683, Rn. 137).

72      Weder der Erlass der Durchführungsverordnung 2017/855 noch das Ergebnis der in der Rechtssache T‑476/17 erhobenen Klage, die sich auf die Rechtmäßigkeit dieser Durchführungsverordnung bezieht, können der Klägerin einen solchen Vorteil verschaffen, da sie keinerlei Einfluss auf die Frage haben, ob die EFSA die auf Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 gestützten Anträge der Klägerin auf vertrauliche Behandlung der streitigen Schlussfolgerung im angefochtenen Beschluss ablehnen durfte.

73      Zwar enthält die Durchführungsverordnung 2017/855, worauf die EFSA hinweist, eine spezifische Bezugnahme auf die Einstufung des Wirkstoffs Diflubenzuron als Träger gentoxischer und krebserzeugender Eigenschaften, die mit der in der streitigen Schlussfolgerung erwähnten Einstufung übereinstimmt. Auch trifft es zu, dass diese Feststellung mit der Veröffentlichung der genannten Durchführungsverordnung öffentlich zugänglich gemacht worden ist. Allein aus diesem Umstand lässt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass die Offenlegung der Schlussfolgerung keine der angeblichen negativen Folgen mehr haben kann. Es ist nämlich festzustellen, dass die vorliegende Klage und die Klage betreffend die Rechtmäßigkeit der Durchführungsverordnung unterschiedliche Gegenstände haben und daher autonom – im Anschluss an eine gesonderte Prüfung – gewürdigt werden müssen. Im vorliegenden Fall führt die Klägerin an, die Offenlegung der Informationen, auf deren Grundlage die EFSA zur besagten Schlussfolgerung gelangt ist, beeinträchtige ihre kommerziellen Interessen. In der Klage betreffend die Rechtmäßigkeit der Durchführungsverordnung geht es hingegen um die Frage, ob die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie davon ausgegangen ist, dass der Wirkstoff Träger gentoxischer und krebserzeugender Eigenschaften sei. Unter diesen Umständen ist es auch irrelevant, dass sich das Vorbringen der Klägerin im vorliegenden Klageverfahren und im Verfahren betreffend die Rechtmäßigkeit der fraglichen Durchführungsverordnung überschneidet.

74      In Anbetracht des Vorstehenden ist festzustellen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall weiterhin ein Rechtsschutzinteresse hat.

B.      Begründetheit

75      Zur Stützung ihrer Klage bringt die Klägerin fünf Klagegründe vor. Mit dem ersten Teil des ersten Klagegrundes wird geltend gemacht, dass die EFSA ihre Befugnis überschritten habe, als sie den angefochtenen Beschluss ohne geeignete Rechtsgrundlage erlassen habe, und mit dem zweiten Teil, dass gegen die Verordnung Nr. 1107/2009, das Grundrecht auf Schutz des Berufsgeheimnisses sowie gegen Art. 38 und Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 178/2002 verstoßen worden sei. Mit dem zweiten Klagegrund wird zum einen gerügt, dass die EFSA ihre Befugnis überschritten habe, als sie einen Rechtsakt über die Einstufung chemischer Stoffe erlassen habe, der in die Zuständigkeit der Europäischen Agentur für chemische Stoffe (ECHA) falle, und zum anderen, dass die EFSA einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie die streitige Schlussfolgerung auf unvollständige Informationen gestützt habe, ohne die Stellungnahme der Klägerin zu berücksichtigen. Der dritte Klagegrund betrifft eine Verletzung der Verteidigungsrechte und einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung. Der vierte Klagegrund bezieht sich darauf, dass die EFSA ihren Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 178/2002 nicht nachgekommen sei. Mit dem fünften Klagegrund wird ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes beanstandet, der daraus hergeleitet wird, dass die Kommission bei der Klägerin berechtigte Erwartungen geweckt habe, dass ihre Stellungnahme vor der Veröffentlichung der streitigen Schlussfolgerung berücksichtigt werde.

1.      Erster Teil des ersten Klagegrundes: Befugnisüberschreitung durch die EFSA

76      Die Klägerin vertritt die Auffassung, die EFSA habe mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses und der Veröffentlichung der streitigen Schlussfolgerung ihre Befugnisse überschritten. Zwar gebe es eine Rechtsgrundlage, die die EFSA dazu ermächtige, ihre Schlussfolgerungen im Rahmen einer Erstbewertung zu veröffentlichen; es existiere aber keinerlei Rechtsgrundlage, die sie dazu ermächtige, die im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach Art. 21 der Verordnung Nr. 1107/2009 angenommenen Schlussfolgerungen zu veröffentlichen.

77      Die EFSA tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

78      Vorab ist festzustellen, dass Art. 21 der Verordnung Nr. 1107/2009, der das Verfahren zur Überprüfung eines Wirkstoffs regelt, in dessen Rahmen die EFSA die streitige Schlussfolgerung angenommen hat, nicht klarstellt, ob und wie eine im Rahmen eines solchen Überprüfungsverfahrens angenommene Stellungnahme der EFSA offengelegt werden muss. Art. 12 derselben Verordnung, in dem die Erstbewertung eines Wirkstoffs geregelt ist, sieht hingegen ausdrücklich die Verpflichtung der EFSA vor, ihre Schlussfolgerungen öffentlich zugänglich zu machen.

79      Daher ist zu prüfen, ob der Unionsgesetzgeber, wie die Klägerin vorträgt, hat vermeiden wollen, dass die im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens angenommenen Stellungnahmen der EFSA veröffentlicht werden, indem er ausdrücklich vorgesehen hat, dass die EFSA verpflichtet ist, ihre im Rahmen einer Erstbewertung eines Wirkstoffs angenommenen Schlussfolgerungen öffentlich zugänglich zu machen.

80      Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur deren Wortlaut zu berücksichtigen, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteil vom 17. November 1983, Merck, 292/82, EU:C:1983:335, Rn. 12), sowie sämtliche Bestimmungen des Unionsrechts (Urteile vom 6. Oktober 1982, CILFIT u. a., 283/81, EU:C:1982:335, Rn. 20, und vom 6. Oktober 2005, Sumitomo Chemical und Sumika Fine Chemicals/Kommission, T‑22/02 und T‑23/02, EU:T:2005:349, Rn. 47).

81      Insoweit ist zu beachten, dass die Verordnungen Nrn. 1107/2009 und 178/2002, wie die EFSA im angefochtenen Beschluss ausgeführt hat, keine Bestimmung enthalten, die es der EFSA ausdrücklich untersagen würde, ihre im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens angenommenen Stellungnahmen zu veröffentlichen. Im Übrigen ist festzustellen, dass nichts in diesen Verordnungen darauf hindeutet, dass der Unionsgesetzgeber es der EFSA hätte verbieten wollen, solche Stellungnahmen öffentlich zugänglich zu machen. Ein solches Verbot kann nicht allein daraus abgeleitet werden, dass der Wortlaut von Art. 21 der Verordnung Nr. 1107/2009 keine Verpflichtung enthält, derartige Stellungnahmen zugänglich zu machen.

82      Aus einer Auslegung der Verordnung Nr. 1107/2009 in Verbindung mit der Verordnung Nr. 178/2002 geht vielmehr hervor, dass die EFSA Transparenzanforderungen unterliegt, die grundsätzlich voraussetzen, dass die Öffentlichkeit über die Ergebnisse ihrer Tätigkeiten informiert wird und somit Zugang zu ihren im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens angenommenen Stellungnahmen erhält. Wie die EFSA in ihrem Schreiben vom 8. Oktober 2015 ausgeführt hat, sind es diese Vorschriften, die ihr die Befugnis zur Veröffentlichung solcher Stellungnahmen übertragen. So sieht Art. 38 („Transparenz“) der Verordnung Nr. 178/2002 vor, dass die EFSA gewährleistet, dass sie ihre Tätigkeiten mit einem hohen Maß an Transparenz ausübt. Insbesondere aus Art. 38 Abs. 1 Buchst. b und Art. 40 Abs. 2 und 3 Unterabs. 2 dieser Verordnung geht hervor, dass die Stellungnahmen der EFSA grundsätzlich veröffentlicht werden. Art. 39 Abs. 3 derselben Verordnung sieht vor, dass die Schlussfolgerungen der wissenschaftlichen Gutachten der EFSA, welche vorhersehbare gesundheitliche Wirkungen betreffen, in keinem Fall vertraulich sind. Was konkret das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln angeht, sieht Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 – die einzige Vorschrift in dem mit „Öffentlicher Zugang zu Informationen“ überschriebenen Kapitel der Verordnung – u. a. vor, dass „[e]ine Person, die beantragt, dass gemäß dieser Verordnung vorgelegte Informationen vertraulich behandelt werden sollen, … einen nachprüfbaren Beweis vor[legt], aus dem hervorgeht, dass die Offenlegung dieser Informationen ihre kommerziellen Interessen oder den Schutz ihrer Privatsphäre und ihre Integrität beeinträchtigen könnte“. Aus dieser Vorschrift ergibt sich im Umkehrschluss, dass die vertrauliche Behandlung solcher Informationen die Ausnahme ist, während der öffentliche Zugang zu diesen Informationen die Regel ist.

83      Demnach kann der EFSA nicht vorgeworfen werden, dass sie im angefochtenen Beschluss die Auffassung vertreten hat, ihre Befugnis zur Veröffentlichung der streitigen Schlussfolgerung beruhe u. a. auf einer Auslegung der Art. 38 bis 40 der Verordnung Nr. 178/2002 in Verbindung mit Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009.

84      Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt.

85      So ist das Argument der Klägerin unbegründet, wonach es gegen die Rechtssicherheit verstoße, dass sich die EFSA selbst ein Recht zur Veröffentlichung zuerkennen könne, obwohl die anwendbaren abgeleiteten Rechtsvorschriften dieses Recht nicht ausdrücklich vorsähen, so dass die Wirtschaftsteilnehmer nie mit Sicherheit wissen könnten, ob sie das Recht hätten, eine vertrauliche Behandlung zu beantragen.

86      Insoweit genügt die Feststellung, dass die EFSA die Klägerin vor der Veröffentlichung der streitigen Schlussfolgerung unstreitig dazu aufgefordert hat, Vertraulichkeitsanträge zu stellen und zu begründen (vgl. oben, Rn. 39). Folglich kann die Klägerin der EFSA nicht vorwerfen, dass sie ihr Recht, eine vertrauliche Behandlung zu beantragen, nicht kannte.

87      In Anbetracht des Vorstehenden ist der erste Teil des ersten Klagegrundes, mit dem geltend gemacht wird, es gebe keine Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung der in Art. 21 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1107/2009 vorgesehenen Stellungnahme der EFSA, zurückzuweisen.

2.      Zweiter Teil des ersten Klagegrundes sowie zweiter bis fünfter Klagegrund

88      Der zweite Teil des ersten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1107/2009, das Grundrecht auf Schutz des Berufsgeheimnisses sowie gegen Art. 38 und Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 178/2002 gerügt wird, ist zusammen zu prüfen mit dem zweiten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die EFSA habe ihre Befugnis überschritten, als sie einen Rechtsakt über die Einstufung chemischer Stoffe erlassen habe, und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie ihre Schlussfolgerung auf unvollständige Informationen gestützt habe, ohne die Stellungnahme der Klägerin zu berücksichtigen, dem dritten Klagegrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin und eines Verstoßes gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, dem vierten Klagegrund, mit dem beanstandet wird, die EFSA sei ihren Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 178/2002 nicht nachgekommen, und dem fünften Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Mit diesem Teil und diesen Klagegründen trägt die Klägerin nämlich im Wesentlichen vor, die streitige Schlussfolgerung, die nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses veröffentlicht worden ist, beruhe in verfahrensrechtlicher und wissenschaftlicher Hinsicht auf einer fehlerhaften Beurteilung des Wirkstoffs Diflubenzuron und verletze den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör und ihr berechtigtes Vertrauen. Unter diesen Umständen führe die Veröffentlichung der streitigen Schlussfolgerung, so die Klägerin, dazu, dass die Öffentlichkeit falsch oder irreführend über die Eigenschaften ihrer Erzeugnisse informiert und Dritten eine vollständige und gegenüberstellende Bewertung des Wirkstoffs Diflubenzuron und seines Metaboliten vorenthalten werde, wodurch ihre kommerziellen Interessen und ihr Ruf beeinträchtigt würden.

a)      Vorbemerkungen

89      Mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes und dem zweiten bis fünften Klagegrund ersucht die Klägerin das Gericht im Wesentlichen um Feststellung, dass die Veröffentlichung der streitigen Schlussfolgerung ihre kommerziellen Interessen und ihren Ruf beeinträchtigt, erstens, weil die darin enthaltene Bewertung des Wirkstoffs Diflubenzuron wissenschaftlich gesehen fehlerhaft sei, und zweitens, weil bei Annahme dieser Schlussfolgerung die Verteidigungsrechte, der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt worden seien. Auf diese Weise versucht die Klägerin gerade zu erreichen, dass das Gericht die Rechtmäßigkeit der genannten Schlussfolgerung kontrolliert und prüft, ob bei deren Annahme bestimmte Verfahrensgarantien eingehalten worden sind, womit sie die geltenden Zulässigkeitsregeln zu umgehen sucht.

90      Insoweit sei darauf hingewiesen, dass die streitige Schlussfolgerung als solche Bestandteil des in Art. 21 der Verordnung Nr. 1107/2009 genannten Überprüfungsverfahrens ist. Dieses Verfahren wird mit dem Erlass einer Entscheidung der Kommission abgeschlossen, die Genehmigung für den betreffenden Wirkstoff aufrechtzuerhalten, aufzuheben oder zu ändern. Schlussfolgerungen der EFSA wie die streitgegenständliche geben somit nicht den im Rahmen der Überprüfung eingenommenen endgültigen Standpunkt zu diesem Wirkstoff wieder. Für die Annahme eines entsprechenden endgültigen Standpunkts ist allein die Kommission zuständig. Aus einer Auslegung von Art. 21 der Verordnung Nr. 1107/2009 geht nämlich nicht hervor, dass die Kommission verpflichtet wäre, den Stellungnahmen der EFSA zu folgen. Daher ist die besagte Schlussfolgerung als ein vorbereitender Rechtsakt anzusehen, der vom Gericht nicht überprüft werden kann, da die angebliche Fehlerhaftigkeit der fraglichen Schlussfolgerung oder gar das Vorliegen einer Befugnisüberschreitung oder einer Verletzung von Verfahrensgarantien bei ihrer Annahme gegebenenfalls im Rahmen einer Klage gegen die Entscheidung der Kommission geltend gemacht werden können.

91      Folglich sind der zweite Teil des ersten Klagegrundes und der zweite bis fünfte Klagegrund als unzulässig zurückzuweisen, soweit die Klägerin das Gericht um Überprüfung der Rechtmäßigkeit der streitigen Schlussfolgerung und der Einhaltung bestimmter Verfahrensgarantien bei deren Annahme ersucht.

92      Soweit die Klägerin im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes darüber hinaus geltend macht, der angefochtene Beschluss, mit dem die EFSA ihre auf Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 gestützten Anträge auf vertrauliche Behandlung der streitigen Schlussfolgerung abgelehnt hat, verstoße gegen diesen Artikel, ist gleichwohl zu prüfen, ob der Artikel Anwendung findet und, falls ja, ob im vorliegenden Fall gegen ihn verstoßen worden ist.

b)      Anwendbarkeit von Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009

93      Die EFSA vertritt die Auffassung, Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009, der von der Regel abweiche, dass Informationen im Rahmen der Verordnung öffentlich zugänglich gemacht werden müssten, gelte nur für „gemäß dieser Verordnung vorgelegte Informationen“. Die besagte Vorschrift gestatte somit keine Vertraulichkeitsanträge, die sich auf von der EFSA vorgelegte Informationen wie die streitige Schlussfolgerung bezögen. Zur Stützung des Standpunkts der EFSA fügt die Streithelferin hinzu, dass Abs. 1 des genannten Artikels nicht bezwecke, wissenschaftliche Feststellungen, zu denen die EFSA auf der Grundlage der vorgelegten Daten oder sonstigen Informationen gelangt sei, für die Öffentlichkeit unzugänglich zu machen.

94      Die Klägerin tritt der von der EFSA und der Streithelferin vorgeschlagenen Auslegung von Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 entgegen. Eine ordnungsgemäße grammatikalische Auslegung deute darauf hin, dass diese Vorschrift jede Information erfasse, unabhängig davon, ob sie von der Klägerin vorgelegt worden sei oder nicht. Zudem seien die Informationen, um deren vertrauliche Behandlung im vorliegenden Fall ersucht werde und die in dem Dokument, das sie am 4. September 2015 bei der EFSA eingereicht habe, gelb markiert seien, von ihr vorgelegte Informationen und stützten sich auf diese.

95      Was das Argument der EFSA angeht, wonach eine vertrauliche Behandlung gemäß Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 nur für von der Klägerin vorgelegte Informationen beantragt werden könne, sei in Erinnerung gerufen, dass nach der genannten Vorschrift eine vertrauliche Behandlung für „gemäß dieser Verordnung vorgelegte Informationen“ beantragt werden kann. Aus einer vergleichenden Prüfung der verschiedenen Sprachfassungen der Vorschrift ergibt sich jedoch, dass diese insoweit beträchtliche Unterschiede aufweisen. So deuten u. a. die italienische und die spanische Fassung darauf hin, dass nur derjenige, der eine Information vorgelegt hat, deren vertrauliche Behandlung beantragen kann, während in der englischen, der französischen und der deutschen Fassung nicht davon die Rede ist, dass die „gemäß dieser Verordnung vorgelegten Informationen“ zwangsläufig von der Person stammen müssen, die ihre vertrauliche Behandlung beantragt.

96      Bestehen Unterschiede zwischen den verschiedenen Sprachfassungen einer Vorschrift, kann sich der Unionsrichter nach der Rechtsprechung nicht auf eine ausschließlich grammatikalische Auslegung stützen (Urteil vom 22. Oktober 2015, Hedqvist, C‑264/14, EU:C:2015:718, Rn. 47). Er muss diese Vorschrift vielmehr nach dem Zusammenhang und dem Zweck der Regelung auslegen, zu der sie gehört (Urteil vom 22. März 2012, Génesis, C‑190/10, EU:C:2012:157, Rn. 42).

97      Insoweit geht aus dem 41. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1107/2009 hervor, dass diese Verordnung klarstellt, unter welchen Bedingungen der Zugang zu den in den „Dokumenten, die sich im Besitz [der Mitgliedstaaten, der Kommission und der EFSA] befinden“, enthaltenen Informationen möglich ist und wie die Vertraulichkeit dieser Dokumente geregelt ist. Wie oben in Rn. 82 festgestellt worden ist, ist Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 die einzige Vorschrift in dem mit „Öffentlicher Zugang zu Informationen“ überschriebenen Kapitel dieser Verordnung. Daher ist diese Vorschrift im Licht des 41. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1107/2009 auszulegen, aus dem sich nicht ergibt, dass der Unionsgesetzgeber einen Antrag auf vertrauliche Behandlung allein auf Informationen hätte beschränken wollen, die von der Person stammen, die ihre vertrauliche Behandlung beantragt. Eine solche Auslegung geht auch aus Art. 39 Abs. 1 der Verordnung Nr. 178/2002 hervor, der die allgemeine Vorschrift darstellt, die Beschränkungen des Zugangs der Öffentlichkeit zu der im Besitz der EFSA befindlichen Information vorsieht und wonach die EFSA „vertrauliche Informationen, die ihr mit der begründeten Bitte um vertrauliche Behandlung übermittelt wurden, nicht an Dritte weitergibt“.

98      Darüber hinaus ist festzustellen, dass Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 den Schutz der kommerziellen Interessen, der Privatsphäre und der Integrität der Person bezweckt, die um vertrauliche Behandlung gemäß dieser Verordnung vorgelegter Informationen ersucht. Es lässt sich allerdings nicht ausschließen, dass diese Interessen durch die Offenlegung von Informationen beeinträchtigt werden können, die von einer anderen als der ihre vertrauliche Behandlung beantragenden Person vorgelegt worden sind.

99      Zwar ist die vertrauliche Behandlung gemäß der Verordnung Nr. 1107/2009 vorgelegter Informationen die Ausnahme, während der öffentliche Zugang zu diesen Informationen die Regel ist, wie die EFSA ausführt. Dieses Argument steht jedoch im Zusammenhang mit dem Ausnahmecharakter der vertraulichen Behandlung solcher Informationen und nicht mit der Identität der Personen, die einen Antrag auf vertrauliche Behandlung stellen können. Somit lässt sich daraus nicht ableiten, dass eine Person nur um vertrauliche Behandlung von Informationen ersuchen kann, die von ihr vorgelegt worden sind.

100    Folglich ist das Argument der EFSA, wonach die Klägerin lediglich geltend machen könne, die Offenlegung von Informationen, die sie der EFSA vorgelegt habe, drohe ihren kommerziellen Interessen zu schaden, als unbegründet zurückzuweisen.

101    Ebenso wenig kann dem Argument der EFSA und der Streithelferin gefolgt werden, wonach die streitige Schlussfolgerung keine gemäß der Verordnung Nr. 1107/2009 vorgelegte Information darstellen könne.

102    Zum einen ist die Bewertung eines Wirkstoffs durch die EFSA nämlich grundsätzlich auf Informationen gestützt, die dieser Behörde vorgelegt worden sind. Im vorliegenden Fall geht aus dem Auftrag, den die Kommission der EFSA im Rahmen des Verfahrens zur Überprüfung von Diflubenzuron erteilt hat, hervor, dass die Kommission die EFSA um ein Peer-Review der von der Klägerin zuvor vorgelegten Daten sowie der Bewertung dieser Daten durch den berichterstattenden Mitgliedstaat hinsichtlich der potenziellen Exposition gegenüber dem Metaboliten als Rückstand und der Prüfung der möglichen toxikologischen Bedeutung ersucht hat. Daraus ergibt sich, dass die in Erfüllung dieses Auftrags angenommene streitige Schlussfolgerung auf Informationen beruhte, die von der Klägerin und dem berichterstattenden Mitgliedstaat vorgelegt worden waren. Folglich kann die in der Schlussfolgerung enthaltene Bewertung nicht isoliert von den Informationen betrachtet werden, auf die sie gestützt war. Außerdem bestreiten die EFSA und die Streithelferin nicht, dass die von der EFSA in der streitigen Schlussfolgerung durchgeführte Bewertung im Wesentlichen auf der Bewertung durch den berichterstattenden Mitgliedstaat beruhte, wie die Klägerin ausführt.

103    Zum anderen gilt die Vertraulichkeitsregel, wie aus dem 41. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1107/2009 hervorgeht, für „Dokumente[], die sich im Besitz [der zuständigen Stellen] befinden“. Da sich die Bewertung der EFSA in deren Besitz befindet, vermag das Gericht mangels weiteren Vorbringens nicht zu erkennen, weshalb die Vertraulichkeitsregel nicht auch für eine solche Bewertung gelten sollte.

104    In Anbetracht des Vorstehenden ist der Schluss zu ziehen, dass die Verordnung Nr. 1107/2009 für die Informationen galt, deren vertrauliche Behandlung die Klägerin beantragt hat.

c)      Angeblicher Verstoß gegen die Vertraulichkeitsregel in Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009

105    Die Klägerin macht geltend, die EFSA habe mit der Veröffentlichung der streitigen Schlussfolgerung gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 verstoßen. Die Veröffentlichung der Schlussfolgerung beeinträchtige ihre kommerziellen Interessen und ihren Ruf, erstens, weil die darin enthaltene Bewertung des Wirkstoffs Diflubenzuron wissenschaftlich gesehen fehlerhaft sei, und zweitens, weil bei Annahme dieser Schlussfolgerung ihre Verteidigungsrechte, der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt worden seien.

106    Die EFSA erwidert, die Richtigkeit der streitigen Schlussfolgerung und ihre Auswirkungen auf das Überprüfungsverfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 1107/2009 seien für den angefochtenen Beschluss, mit dem sie lediglich die auf Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 gestützten Anträge der Klägerin auf vertrauliche Behandlung dieser Schlussfolgerung abgelehnt habe, irrelevant. Darüber hinaus beeinträchtige die Offenlegung der in der genannten Schlussfolgerung enthaltenen Informationen nicht die kommerziellen Interessen der Klägerin. Der Ruf des Wirkstoffs Diflubenzuron sei vor dieser Offenlegung bereits durch die Richtlinie 2010/39, die Schlussfolgerung der EFSA von 2012 sowie die Entscheidung der Kommission, mit der das Verfahren zur Überprüfung des Wirkstoffs nach Art. 21 der Verordnung Nr. 1107/2009 in Gang gesetzt worden sei, beeinträchtigt worden.

107    Die EFSA bringt darüber hinaus vor, dass die streitige Schlussfolgerung im Interesse des Schutzes der öffentlichen Gesundheit öffentlich zugänglich zu machen sei. Zur Stützung ihrer Argumentation bezieht sie sich auf ihr Schreiben vom 8. Oktober 2015, in dem sie der Klägerin bereits erläutert habe, dass zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorlägen, weshalb die Öffentlichkeit und die Beteiligten über die Gefahr informiert werden müssten, die von dem in Rede stehenden Wirkstoff für Arbeitnehmer, Umstehende oder Anrainer und Verbraucher ausgehe.

108    Insoweit ist festzustellen, dass Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 weder den Begriff der kommerziellen Interessen definiert noch sich auf die in seinem Abs. 2 erwähnten Arten von Informationen beschränkt, bei denen von vornherein davon ausgegangen wird, dass ihre Offenlegung diese Interessen beeinträchtigt, so dass er auf eine Vielzahl von Informationsarten angewandt werden kann, da einziges Kriterium ist, dass die Person, die die vertrauliche Behandlung beantragt, einen „nachprüfbaren Beweis“ vorlegt, aus dem hervorgeht, dass die Offenlegung der Informationen ihre kommerziellen Interessen beeinträchtigen könnte.

109    Wie die EFSA ausführt, stellt die Unrichtigkeit der Informationen als solche jedoch kein relevantes Kriterium für die Feststellung dar, ob die Offenlegung dieser Informationen geeignet ist, bestimmte kommerzielle Interessen zu beeinträchtigen. Diese Frage unterscheidet sich nämlich von der Frage der Unrichtigkeit der Informationen. Eine Information kann richtig sein und gleichwohl die kommerziellen Interessen des Antragstellers beeinträchtigen, wenn sie offengelegt wird. Umgekehrt beeinträchtigt die Offenlegung einer falschen Information diese Interessen nicht zwangsläufig.

110    Was die angebliche Nichtbeachtung der Verteidigungsrechte der Klägerin, des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und des Grundsatzes des Vertrauensschutzes bei Annahme der streitigen Schlussfolgerung angeht, ist festzustellen, dass die Klägerin in keiner Weise erläutert, wie diese etwaigen Verfahrensfehler als solche dazu führen könnten, dass die Veröffentlichung der streitigen Schlussfolgerung ihre kommerziellen Interessen beeinträchtigt.

111    Die Tatsache, dass die streitige Schlussfolgerung wissenschaftlich gesehen möglicherweise falsch ist, einerseits, und die Nichtbeachtung der Verteidigungsrechte der Klägerin, des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und des Grundsatzes des Vertrauensschutzes bei Annahme dieser Schlussfolgerung andererseits stellen als solche folglich keine für Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 relevanten Kriterien dar.

112    Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen dazu aufgefordert, die Teile der Akte zu bezeichnen, auf denen ihr Vorbringen beruht, wonach die Veröffentlichung der streitigen Schlussfolgerung ihre kommerziellen Interessen beeinträchtigt habe oder beeinträchtigen könne, hat die Klägerin angegeben, dass die „nachprüfbaren Beweise“ in den von ihr oder für ihre Rechnung versandten, der Klageschrift als Anlagen A.7 und A.9 beigefügten Schreiben sowie in dem der Erwiderung als Anlage C.2 beigefügten Bericht der streitigen Schlussfolgerung zu finden seien, in denen die Informationen, deren Offenlegung ihre Interessen „beeinträchtigen könnte“, gelb markiert seien.

113    In diesem Zusammenhang sei bezüglich Anlage A.7 darauf hingewiesen, dass sich die rechtlichen und tatsächlichen Umstände, auf denen eine Klage beruht, nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung zumindest in gedrängter Form aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben müssen. Zwar kann ihr Text zu speziellen Punkten durch Bezugnahmen auf bestimmte Abschnitte beigefügter Schriftstücke untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen, die nach den oben genannten Vorschriften in der Klageschrift enthalten sein müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 94).

114    Es ist nicht Sache des Gerichts, die für die Stützung der Klage relevanten Argumente in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, sofern mit der erwähnten Bezugnahme nicht eindeutig diejenigen unter den in den Anlagen enthaltenen Bestandteilen bezeichnet werden, die die Ausführungen der Klägerin untermauern sollen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 94 und 99).

115    Die Klägerin hat weder in irgendeiner Weise erläutert, inwiefern sich mit Anlage A.7, die ihre von sich aus vorgelegte Stellungnahme vom 19. August 2015 zum Nachtrag von Juli 2015 enthielt, eine Beeinträchtigung ihrer kommerziellen Interessen nachweisen ließe, noch die Abschnitte dieser Anlage bezeichnet, mit denen eine solche Beeinträchtigung dargetan werden könnte, obwohl dieses Dokument, das 29 Seiten umfasst, nicht von vornherein geeignet erscheint, als Nachweis dafür zu dienen. Bei der Prüfung des Vorliegens einer Beeinträchtigung der kommerziellen Interessen der Klägerin wird das Gericht die einfache Bezugnahme auf Anlage A.7 somit nicht berücksichtigen.

116    Was die Anlagen A.9 und C.2 betrifft, die zusammen betrachtet werden sollten, da sich das Anlage A.9 beigefügte Schreiben (die Antwort der Klägerin auf die Aufforderung der EFSA, etwaige vertrauliche Informationen zu bezeichnen) auf das Dokument in Anlage C.2 (den gelb markierten Text der streitigen Schlussfolgerung) bezieht, ist festzustellen, dass sich in den darin enthaltenen Informationen keine konkreten Elemente finden lassen, die geeignet wären, eine etwaige Beeinträchtigung der kommerziellen Interessen der Klägerin im Sinne von Art. 63 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1107/2009 nachzuweisen. Mit dem Vorbringen, wonach die gelb markierten Abschnitte der genannten Schlussfolgerung eine irreparable Schädigung des Rufs ihrer Erzeugnisse und damit ihrer kommerziellen Interessen bedeuteten, bestreitet die Klägerin nämlich lediglich die Richtigkeit dieser Schlussfolgerung und die Einhaltung bestimmter Verfahrensgarantien bei ihrer Annahme. Oben in Rn. 90 ist jedoch der Schluss gezogen worden, dass die fragliche Schlussfolgerung als ein vorbereitender Rechtsakt anzusehen ist, der vom Gericht nicht überprüft werden kann.

117    In der Sitzung ein weiteres Mal dazu aufgefordert, den Teil der Akte zu bezeichnen, mit dem der Zusammenhang zwischen der Qualität der Information und der möglichen Beeinträchtigung ihrer kommerziellen Interessen verdeutlicht und nachgewiesen werden soll, hat die Klägerin ausgeführt, die Einstufung eines Erzeugnisses als gentoxisch könne erstens zur Folge haben, dass Landwirte dieses Erzeugnis nicht mehr verwenden wollten, zweitens, dass sich andere Behörden weltweit auf eine solche Einstufung stützten, um Genehmigungen zu versagen, drittens, dass Nichtregierungsorganisationen die offengelegten Informationen für ihre eigenen Artikel verwendeten und damit vermeintlich falsche Informationen verbreiteten, und viertens, dass die Genehmigung des Erzeugnisses in der endgültigen Entscheidung eingeschränkt werde, was bei Diflubenzuron tatsächlich geschehen sei.

118    Keine der oben in Rn. 117 aufgestellten Behauptungen ist jedoch geeignet, die oben in Rn. 109 angestellte Erwägung in Frage zu stellen, wonach „die Unrichtigkeit der Informationen als solche kein relevantes Kriterium für die Feststellung dar[stellt], ob die Offenlegung dieser Informationen geeignet ist, bestimmte kommerzielle Interessen zu beeinträchtigen“.

119    Die Klägerin trägt ferner vor, die Gentoxizität von Diflubenzuron bringe bestimmte Eigenschaften des Erzeugnisses ans Tageslicht, so dass ihre Offenlegung einer Offenlegung von Daten über die Zusammensetzung des Wirkstoffs oder von Angaben zu Verunreinigungen im Sinne der Liste in Art. 63 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1107/2009 gleichzustellen sei.

120    Zwar werden Angaben zu Verunreinigungen des Wirkstoffs unter den Beispielen in der nicht erschöpfenden Liste von Art. 63 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1107/2009 genannt, bei denen in der Regel davon auszugehen ist, dass sie den Schutz der wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigen. Genauer gesagt ist in Abs. 2 Buchst. b von Angaben zu Verunreinigungen des Wirkstoffs die Rede. Allerdings beinhaltet diese Vorschrift eine Ausnahme, wonach Verunreinigungen, die u. a. als toxikologisch relevant angesehen werden, von diesem Schutz ausgeschlossen sind.

121    Außerdem findet die Ausnahme in Art. 63 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1107/2009 im vorliegenden Fall Anwendung. Aus dem Auftrag, den die Kommission der EFSA im Rahmen des Verfahrens zur Überprüfung von Diflubenzuron erteilt hat, geht nämlich hervor, dass die Kommission die EFSA um ein Peer-Review der von der Klägerin zuvor vorgelegten Daten sowie der Bewertung dieser Daten hinsichtlich der potenziellen Exposition gegenüber dem Metaboliten als Rückstand und der Prüfung seiner möglichen toxikologischen Bedeutung durch den berichterstattenden Mitgliedstaat ersucht hat.

122    In ihrem Schreiben vom 8. Oktober 2015 – das im Zusammenhang mit dem angefochtenen Beschluss gesehen werden muss, der in Reaktion auf das Schreiben der Klägerin vom 12. Oktober 2015, mit dem das Schreiben vom 8. Oktober angefochten worden war, ergangen ist – hat die EFSA darauf hingewiesen, dass eine potenzielle Exposition gegenüber PCA in Form von Rückständen, wie der Ständige Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit festgestellt habe, angesichts der Unmöglichkeit, einen Schwellenwert für ein gentoxisches Karzinogen festzulegen, auf den ersten Blick als besorgniserregend anzusehen sei. Wie die EFSA vorträgt, ohne dass dies von der Klägerin bestritten wird, kann Gentoxizität Krebs hervorrufen, aber auch Schäden am Genom der Keimzellen verursachen und so zu Missbildungen und einer Entwicklungstoxizität führen.

123    Unter diesen Umständen lässt sich nicht leugnen, dass die in Rede stehenden Verunreinigungen toxikologisch relevant sind.

124    Die Klägerin führt weiter aus, mit Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 solle ein Gleichgewicht zwischen der Garantie einer ordnungsgemäßen Risikobewertung, die teilweise durch die Transparenz des Verfahrens zur Prüfung des Wirkstoffs sichergestellt werde, einerseits, und dem Schutz des Berufsgeheimnisses andererseits erreicht werden. Sie beruft sich insoweit auf die Rechtsprechung, wonach eine Veröffentlichung, durch die ein Berufsgeheimnis offengelegt werden kann, nur erfolgen darf, wenn bei Nichtoffenlegung eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt entsteht.

125    In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Informationen ihrem Wesen nach zunächst nur dann unter das Berufsgeheimnis fallen, wenn sie nur einer beschränkten Zahl von Personen bekannt sind. Ferner muss es sich um Informationen handeln, durch deren Offenlegung dem Auskunftgeber oder Dritten ein ernsthafter Nachteil entstehen kann. Schließlich ist erforderlich, dass die Interessen, die durch die Offenlegung der Information verletzt werden können, objektiv schützenswert sind. Bei der Beurteilung der Vertraulichkeit einer Information sind somit die berechtigten Interessen, die ihrer Offenlegung entgegenstehen, und das Allgemeininteresse daran, dass sich das Handeln der Unionsorgane möglichst offen vollzieht, miteinander zum Ausgleich zu bringen (Urteil vom 30. Mai 2006, Bank Austria Creditanstalt/Kommission, T‑198/03, EU:T:2006:136, Rn. 71).

126    Wie die EFSA und die Kommission vortragen, ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Schlussfolgerung zum gentoxischen Potenzial des Metaboliten PCA bereits im August 2012 – im Rahmen der Bewertung der von der Klägerin im Juni 2011 vorgelegten Bestätigungsdaten (vgl. oben, Rn. 28 bis 30) – formuliert und im September 2012 publik gemacht worden ist. In ihrer am 22. August 2012 angenommenen und am 7. September 2012 veröffentlichten Schlussfolgerung ist die EFSA nämlich zu dem Schluss gelangt, dass „aufgrund der von der [Klägerin] übermittelten Gentoxizitätsstudien und deren Beweiskraft anzunehmen [sei], dass es sich bei PCA um einen gentoxischen In-vivo-Agens [handle]“, und „die potenzielle Exposition von Verbrauchern, Anrainern oder Umstehenden und Arbeitnehmern gegenüber dem Metaboliten als Rückstand auf den ersten Blick als besorgniserregend anzusehen [sei], da nicht von der Existenz eines Schwellenwerts für ein gentoxisches Kanzerogen ausgegangen werden [könne]“.

127    Die Behauptung, dass es sich bei PCA um einen gentoxischen In-vivo-Agens handle, ist folglich bereits seit September 2012 Gemeingut. Diese Information war mithin über einen beschränkten Personenkreis hinaus bekannt.

128    Demnach ist die erste der drei oben in Rn. 125 beschriebenen kumulativen Voraussetzungen nicht erfüllt, so dass die Rüge einer Verletzung des Berufsgeheimnisses zurückzuweisen ist.

129    Dieses Ergebnis kann nicht durch das Argument der Klägerin in Frage gestellt werden, wonach sich die Schlussfolgerung der EFSA vom 22. August 2012 und die streitige Schlussfolgerung hinsichtlich der Endgültigkeit der geäußerten Bedenken unterschieden. Selbst wenn unterstellt wird, dass solche Unterschiede bestanden, haben sie nämlich keine Auswirkungen auf die Feststellung, wonach bereits im September 2012 bekannt geworden ist, dass es sich bei PCA um einen gentoxischen In-vivo-Agens handelt.

130    In Anbetracht des Vorstehenden ist der Schluss zu ziehen, dass die Klägerin keinen „nachprüfbaren Beweis“ vorgelegt hat, aus dem hervorgeht, dass die Offenlegung der streitigen Schlussfolgerung ihre kommerziellen Interessen beeinträchtigen könnte.

131    Darüber hinaus hat sich die EFSA zur Stützung der Ablehnung der Vertraulichkeitsanträge der Klägerin auf Art. 39 Abs. 3 der Verordnung Nr. 178/2002 berufen, wonach die Schlussfolgerungen der wissenschaftlichen Gutachten der EFSA, welche vorhersehbare gesundheitliche Wirkungen betreffen, in keinem Fall vertraulich sind. Sie hat insoweit festgestellt, dass in der streitigen Schlussfolgerung auf die negativen Auswirkungen der Verwendung des Metaboliten PCA auf die Gesundheit von Verbrauchern, Arbeitnehmern und Anrainern oder Umstehenden hingewiesen worden sei. Aus diesen Ausführungen folgt logischerweise, dass die EFSA die Abschnitte der genannten Schlussfolgerung, die sich auf die vorhersehbaren Auswirkungen des in Rede stehenden Wirkstoffs auf die Gesundheit bezogen, nicht vertraulich behandeln konnte. Folglich durfte sich die EFSA auf die erwähnte Vorschrift berufen.

132    Die Klägerin weist jedenfalls nicht nach, dass die EFSA, als sie ihre Anträge auf vertrauliche Behandlung der streitigen Schlussfolgerung beantwortet hat, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Abwägung der verschiedenen Interessen begangen hätte.

133    Insoweit sei darauf hingewiesen, dass gemäß Art. 168 Abs. 1 AEUV bei der Festlegung und Durchführung aller Unionspolitiken und ‑maßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt wird. Dieser Schutz der öffentlichen Gesundheit hat Vorrang vor wirtschaftlichen Erwägungen, so dass er negative wirtschaftliche Auswirkungen, auch wenn sie beträchtlich sind, für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen kann (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 12. Juli 1996, Vereinigtes Königreich/Kommission, C‑180/96 R, EU:C:1996:308, Rn. 93, und Urteil vom 11. September 2002, Pfizer Animal Health/Rat, T‑13/99, EU:T:2002:209, Rn. 456 und 457).

134    Aus dem in Beantwortung der von der Klägerin am 4. und 11. September 2015 gestellten Vertraulichkeitsanträge versandten Schreiben der EFSA vom 8. Oktober 2015 geht hervor, dass in der streitigen Schlussfolgerung auf die negativen Auswirkungen der Verwendung des Metaboliten PCA auf die Gesundheit von Verbrauchern, Arbeitnehmern und Anrainern oder Umstehenden hingewiesen worden ist. Dieser Standpunkt ist im angefochtenen Beschluss bekräftigt worden, der in Reaktion auf das Schreiben der Klägerin vom 12. Oktober 2015, mit dem das Schreiben der EFSA vom 8. Oktober angefochten worden war, erlassen worden ist. Die EFSA hat die Entscheidung der Kommission, eine Überprüfung des Wirkstoffs Diflubenzuron auf den Weg zu bringen, nämlich als deutlichen Hinweis auf das Vorliegen einer Gefahr betrachtet, auf die die EFSA in ihrer Schlussfolgerung aus dem Jahr 2012 bereits aufmerksam gemacht hatte und die vom Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit in seinem überarbeiteten Bericht vom 16. Juli 2013 bestätigt worden war. In diesem Zusammenhang hat die EFSA auf der Grundlage einer Auslegung von Art. 4 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1107/2009 darauf hingewiesen, dass das Bestehen von Bedenken bezüglich des Vorliegens einer Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier die grundlegende Voraussetzung für die Veranlassung einer Überprüfung der Genehmigung für einen Wirkstoff sei.

135    Unter diesen Umständen kann der EFSA nicht vorgeworfen werden, dass sie die streitige Schlussfolgerung im Interesse des Schutzes der öffentlichen Gesundheit offenbart und damit den Erfordernissen im Zusammenhang mit dem Schutz dieser Interessen den Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen eingeräumt hat.

136    Das von der Klägerin in der Sitzung eingereichte Schreiben der Kommission vom 8. Juli 2015 kann dieses Ergebnis nicht ändern. Selbst wenn dieses Schreiben für zulässig erklärt werden müsste, wäre nämlich festzustellen, dass es lediglich einen verfahrensrechtlichen Aspekt der Überprüfung des Wirkstoffs Diflubenzuron, nämlich die Verlängerung der der EFSA für die Einreichung ihrer Stellungnahme zu diesem Wirkstoff gesetzten Frist bis zum 28. August 2015, betrifft. Als solches bezieht sich das Schreiben somit auf das Überprüfungsverfahren, dessen Rechtmäßigkeit nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist.

137    Nach alledem ist der Schluss zu ziehen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass die EFSA gegen die Vertraulichkeitsregel in Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 verstoßen hatte. Folglich ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes, der zusammen mit dem zweiten bis fünften Klagegrund geprüft worden ist, zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen.

V.      Kosten

138    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der EFSA ihre eigenen Kosten sowie die der EFSA im Rahmen der vorliegenden Klage und des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz entstandenen Kosten aufzuerlegen.

139    Die Kommission trägt gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Arysta LifeScience Netherlands BV trägt ihre eigenen Kosten sowie die der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Rahmen der vorliegenden Klage und des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten.

3.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Kanninen

Calvo-Sotelo Ibáñez-Martín

Reine

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Dezember 2018.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Englisch.