Language of document : ECLI:EU:C:2019:106

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

7. Februar 2019(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Haushaltssparmaßnahmen – Kürzung der Bezüge im nationalen öffentlichen Dienst – Modalitäten – Unterschiedliche Auswirkungen – Sozialpolitik – Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf – Richtlinie 2000/78/EG – Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 21 – Richterliche Unabhängigkeit – Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV“

In der Rechtssache C‑49/18

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de Catalunya (Oberstes Gericht von Katalonien, Spanien) mit Entscheidung vom 28. Dezember 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Januar 2018, in dem Verfahren

Carlos Escribano Vindel

gegen

Ministerio de Justicia

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter), des Richters E. Levits, der Richterin M. Berger sowie der Richter C. Vajda und P. G. Xuereb,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Escribano Vindel, vertreten durch sich selbst,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch M. J. García-Valdecasas Dorrego und A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Flynn, H. Krämer und J. Baquero Cruz als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV, Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16).

2        Das Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Carlos Escribano Vindel und dem Ministerio de Justicia (Justizministerium, Spanien) über die Kürzung seiner Bezüge im Zusammenhang mit der Haushaltspolitik des spanischen Staates.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Art. 1 der Richtlinie 2000/78 bestimmt:

„Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.“

4        Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie bestimmt:

„(1)      Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz‘, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2)      Für die Zwecke des Absatzes 1

b)      liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, einer bestimmten Behinderung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn:

i)      [D]iese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich …

…“

5        Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie sieht vor:

„Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

b)      die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile“.

 Spanisches Recht

6        Nach Art. 299 der Ley Orgánica 6/1985 del Poder Judicial (Organgesetz 6/1985 über die Gerichtsverfassung) vom 1. Juli 1985 (BOE Nr. 157 vom 2. Juli 1985, S. 20632) gibt es innerhalb der Richterlaufbahn drei Kategorien, nämlich „Magistrado des Tribunal Supremo“ (Oberster Gerichtshof, Spanien), „Magistrado“ und „Juez“.

7        Art. 32.Uno.II.1 der Ley 26/2009 de Presupuestos Generales del Estado para el año 2010 (Gesetz 26/2009 über den Haushalt für das Jahr 2010), vom 23. Dezember 2009 (BOE Nr. 309 vom 23. Dezember 2009, S. 108804) (im Folgenden: LPGE 2010) sah vor, dass die Grundbezüge in den verschiedenen Kategorien der Richterlaufbahn ab dem 1. Juni 2010 gegenüber den bisherigen Bezügen um 9,73 % gekürzt würden.

8        Art. 32.Uno.II.4 Unterabs. 2 LPGE 2010 lautet:

„Die Zulagen für Angehörige der Richter- und Staatsanwaltschaft werden auf Jahresbasis um 6 % für Magistrados und Fiscales und um 5 % für Jueces und Abogados fiscales gegenüber den am 31. Mai 2010 geltenden Beträgen gekürzt.“

9        Mit Art. 1 des Real Decreto-Ley 8/2010 (Königliches Gesetzesdekret 8/2010) vom 20. Mai 2010 (BOE Nr. 126 vom 24. Mai 2010, S. 45070) wurde Art. 32 LPGE 2010 hinsichtlich der Richterbezüge für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2010 geändert.

10      Art. 31.Uno der Ley 39/2010 de Presupuestos Generales del Estado para el año 2011 (Gesetz 39/2010 über den Haushalt für das Jahr 2011) vom 22. Dezember 2010 (BOE Nr. 311 vom 23. Dezember 2010, S. 105744) (im Folgenden: LPGE 2011) sah vor, dass erstens die Bezüge für die verschiedenen Richterkategorien den in Art. 32.Uno.II.1 LPGE 2010 in der Fassung des Königlichen Gesetzesdekrets 8/2010 vom 20. Mai 2010 festgelegten Bezügen entsprechen und zweitens die Zulagen im Verhältnis zu den am 31. Dezember 2010 geltenden nicht erhöht werden.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

11      Herr Escribano Vindel, Richter (Magistrado) am Juzgado de lo Social n° 26 de Barcelona (Arbeits- und Sozialgericht Nr. 26 Barcelona, Spanien) (als Einzelrichter), ficht vor dem Tribunal Superior de Justicia de Catalunya (Oberstes Gericht von Katalonien, Spanien) seine Gehaltsabrechnungen für das Jahr 2011 an. Er macht geltend, dass es sich dabei um auf der Grundlage von Art. 31.Uno LPGE 2011 erlassene Verwaltungsakte handele, die eine gegen die spanische Verfassung verstoßende „erhebliche Kürzung gegenüber den entsprechenden Zeiträumen des Vorjahres“ implizierten.

12      Mit Beschluss vom 30. März 2015 legte das vorlegende Gericht dem Tribunal Constitucional (Verfassungsgericht, Spanien) eine Frage nach der Vereinbarkeit von Art. 31.Uno LPGE 2011 mit der spanischen Verfassung vor. Es führte aus, dass aus einem Bericht des Justizministeriums hervorgehe, dass die Gehaltskürzung 7,16 % für die „Jueces“ der Besoldungsgruppe 5 betrage, deren Bezüge die niedrigsten seien, 6,64 % für die „Magistrados“ (als Einzelrichter) der Besoldungsgruppe 4 – der Herr Escribano Vindel angehöre – und 5,90 % für die „Magistrados“ der Besoldungsgruppe 1, deren Bezüge die höchsten seien.

13      Mit Beschluss vom 15. Dezember 2015 erklärte das Plenum des Tribunal Constitucional (Verfassungsgericht) diese Frage für unzulässig und entschied, dass die fragliche Bestimmung insbesondere nicht gegen den in Art. 14 der spanischen Verfassung verankerten Gleichheitsgrundsatz verstoße. Das Verfassungsgericht vertrat die Auffassung, dass sich die betroffenen Angehörigen der Richterschaft nicht in einer objektiv vergleichbaren Lage befänden, da sie verschiedenen Kategorien angehörten und unterschiedliche Dienstposten besetzten.

14      Mit Beschluss vom 24. Februar 2016 forderte das vorlegende Gericht die Parteien auf, zur Frage, ob die erlassenen Gehaltskürzungsmaßnahmen diskriminierend seien, Stellung zu nehmen. Herr Escribano Vindel hat insoweit geltend gemacht, dass diese Maßnahmen eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters oder des Dienstalters implizierten, weil die Bezüge für die „Jueces“ der Besoldungsgruppe 5, also für das Eingangsamt der Richter, das die jüngsten Richter mit dem geringsten Dienstalter erfasse, am stärksten gekürzt würden. Eine dem Anschein nach neutrale Bestimmung entfalte damit eine im Verhältnis umso nachteiligere Wirkung, je geringer das Alter oder Dienstalter sei.

15      Dem vorlegenden Gericht stellt sich erstens die Frage, ob die in Rede stehende nationale Regelung, mit der das von der Europäischen Union vorgegebene Ziel einer Reduzierung des Haushaltsdefizits erreicht werden soll, nicht eine durch die Charta und die Richtlinie 2000/78 verbotene Diskriminierung begründet. Der Prozentsatz der in dieser Regelung festgelegten Gehaltskürzung sei höher für die „Jueces“ der Besoldungsgruppe 5 und die „Magistrados“ (als Einzelrichter) der Besoldungsgruppe 4 als für die anderen Richterkategorien. Die jüngsten Richter mit dem geringsten Dienstalter trügen daher mehr zur Reduzierung des Haushaltsdefizits bei, ohne dass diese ihnen auferlegte besondere Belastung durch einen relevanten sachlichen Grund gerechtfertigt sei.

16      Zweitens sei fraglich, ob die in Rede stehende nationale Regelung nicht gegen den allgemeinen Grundsatz der Unabhängigkeit der Justiz verstoße, weil sie eine Gehaltskürzung anhand von Kriterien festlege, die weder den ausgeübten Funktionen noch dem Dienstalter Rechnung trügen, und eine überproportional stärkere Gehaltskürzung für die am wenigsten verdienenden Richter vorsehe.

17      In diesem Zusammenhang verweist das vorlegende Gericht zunächst auf Art. 6 der vom 8. bis zum 10. Juli 1998 vom Europarat angenommenen Europäischen Charta über das Richterstatut, sodann auf die am 17. November 2010 angenommene Empfehlung CM/Rec(2010)12 des Ministerkomitees des Europarats an die Mitgliedstaaten über Richter: Unabhängigkeit, Effizienz und Verantwortung und schließlich auf die Nrn. 74 bis 79 der Schlussanträge des Generalanwalts Saugmandsgaard Øe in der Rechtssache Associação Sindical dos Juízes Portugueses (C‑64/16, EU:C:2018:395).

18      Unter diesen Umständen hat das Tribunal Superior de Justicia de Catalunya (Oberstes Gericht von Katalonien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist der allgemeine Grundsatz des Unionsrechts, der jede Diskriminierung verbietet, dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, nämlich Art. 31.Uno LPGE 2011, entgegensteht, die unterschiedliche Kürzungsprozentsätze vorsieht, durch die der Teil der Richterschaft, der die niedrigsten Bezüge erhält, stärker belastet und ihm ein größeres Opfer für die Stützung des Staatshaushalts auferlegt wird (Grundsatz der Nichtdiskriminierung)?

2.      Ist der allgemeine Grundsatz des Unionsrechts, dass die Unabhängigkeit der Justiz mittels einer gerechten, stabilen und den von der Richterschaft ausgeübten Funktionen angemessenen Vergütung zu wahren ist, dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der in Art. 31.Uno LPGE 2011 enthaltenen entgegensteht, wonach die Art der von den Richtern ausgeübten Funktionen, ihr Dienstalter und die Bedeutung ihrer Aufgaben unberücksichtigt bleiben und ausschließlich denjenigen, die innerhalb der Gruppe am wenigsten verdienen, ein größeres Opfer für die Stützung des Staatshaushalts auferlegt wird (Grundsatz der Unabhängigkeit der Justiz)?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

19      Die spanische Regierung hält das Vorabentscheidungsersuchen für unzulässig, da dem Gerichtshof nicht die für die Beantwortung der Vorlagefragen erforderlichen Informationen geliefert würden. Weder der Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits noch die einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften noch das Unionsrecht, um dessen Auslegung ersucht werde, seien hinreichend dargestellt.

20      Insbesondere enthalte das Ersuchen keine Angaben zum Alter, zum Dienstalter und zu den Bezügen von Herrn Escribano Vindel. Außerdem beziehe sich der Bericht des Justizministeriums nicht auf die Besoldungsgruppe 1, zu der Herr Escribano Vindel gehöre, sondern auf die Besoldungsgruppen 4 und 5.

21      Was die Darstellung des nationalen rechtlichen Rahmens betreffe, so reichten Bezugnahmen auf Art. 31.Uno LPGE 2011 und Art. 301 des Organgesetzes 6/1985 über die Gerichtsverfassung nicht aus, um das Besoldungssystem für die spanischen Richter und die Art und Weise, wie die alle Bediensteten des öffentlichen Sektors treffenden Gehaltskürzungen auf sie angewandt worden seien, zu verstehen.

22      Die Europäische Kommission führt, ohne eine Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, aus, dass die Vorlageentscheidung keine Angaben dazu enthalte, wie sich die Gehaltskürzung wirtschaftlich auf Herrn Escribano Vindel und die anderen „Magistrados“ und „Jueces“ auswirke, sondern lediglich Prozentsätze anführe, ohne die Beträge zu nennen, auf die sie angewandt würden.

23      Es fänden sich auch keine Angaben zu den Auswirkungen der Gehaltskürzung auf die „Magistrados“ der Audiencia Provincial (Provinzgericht, Spanien) oder der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof, Spanien) oder die „Magistrados“ des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof). Im Bericht des Justizministeriums würde lediglich die Situation von drei „als Beispiel“ herangezogenen Dienstposten verglichen, um zu verdeutlichen, wie der globale Kürzungsprozentsatz je nach Anteil der Zulagen an den Gesamtbezügen variiere.

24      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit zwischen ihm und den nationalen Gerichten allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, ist, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über die ihm vorgelegten Fragen zu befinden, wenn sie die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania, C‑74/16, EU:C:2017:496, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Folglich spricht eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Fragen zum Unionsrecht. Der Gerichtshof kann die Beantwortung einer Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania, C‑74/16, EU:C:2017:496, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Notwendigkeit, zu einer dem nationalen Gericht dienlichen Auslegung des Unionsrechts zu gelangen, es erforderlich macht, dass dieses Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in dem sich seine Fragen stellen, darlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen die Fragen beruhen (Urteil vom 27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania, C‑74/16, EU:C:2017:496, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass das vorlegende Gericht entgegen dem Vorbringen der spanischen Regierung klar die unionsrechtlichen Grundsätze angeführt hat, auf die sich die Vorlagefragen beziehen.

28      Sodann trägt die spanische Regierung zutreffend vor, dass die Darstellung des nationalen rechtlichen Rahmens rudimentär sei. In Anbetracht der von ihr und der Kommission eingereichten schriftlichen Erklärungen, die diesen rechtlichen Rahmen bestätigen und präzisieren, ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Angaben jedoch, dass die Vorlageentscheidung gleichwohl die wesentlichen Elemente des rechtlichen Rahmens enthält, in dem sich die Fragen des vorlegenden Gerichts stellen.

29      Schließlich führen die spanische Regierung und die Kommission zur Beschreibung des tatsächlichen Rahmens zutreffend aus, dass die entsprechenden Informationen lückenhaft seien. Die in der Vorlageentscheidung enthaltenen Angaben reichen jedoch aus, um die Vorlagefragen und ihre Tragweite zu verstehen.

30      Es ist daher davon auszugehen, dass die Vorlageentscheidung die tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthält, die es dem Gerichtshof erlauben, dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben.

31      Somit ist das Vorabentscheidungsersuchen zulässig.

 Zur Begründetheit

 Vorbemerkungen

32      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof dessen Aufgabe, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat er die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren. Der Umstand, dass ein nationales Gericht eine Vorlagefrage ihrer Form nach unter Bezugnahme auf bestimmte Vorschriften des Unionsrechts formuliert hat, hindert den Gerichtshof nicht daran, diesem Gericht alle Auslegungshinweise zu geben, die ihm bei der Entscheidung über die bei ihm anhängige Rechtssache von Nutzen sein können, und zwar unabhängig davon, ob es bei der Formulierung seiner Fragen darauf Bezug genommen hat oder nicht. Der Gerichtshof hat insoweit aus dem gesamten vom einzelstaatlichen Gericht vorgelegten Material, insbesondere aus der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (vgl. Urteil vom 27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania, C‑74/16, EU:C:2017:496, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Um dem vorlegenden Gericht solche sachdienlichen Hinweise zur Auslegung zu geben, ist es im vorliegenden Fall insbesondere angesichts des gesamten von ihm vorgelegten Materials und der vom Königreich Spanien und der Kommission eingereichten Erklärungen angebracht, die Vorlagefragen umzuformulieren.

34      Erstens ergibt sich nämlich, soweit die erste Frage eine Auslegung des „allgemeinen Grundsatzes des Unionsrechts, der jede Diskriminierung verbietet“, betrifft, aus der Vorlageentscheidung, dass das vorlegende Gericht konkret fragt, ob Art. 21 der Charta sowie Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen.

35      Zweitens ist, soweit sich diese erste Frage speziell auf die Gehaltskürzungen bei dem „Teil der Richterschaft, der die niedrigsten Bezüge erhält“, bezieht, der Vorlageentscheidung zum einen zu entnehmen, dass es sich dabei um „Juezes“ der Besoldungsgruppe 5 handelt, und zum anderen, dass Herr Escribano Vindel dieser Besoldungsgruppe nicht angehört. Denn während die spanische Regierung und die Kommission den tatsächlichen Angaben des vorlegenden Gerichts entnehmen, dass Herr Escribano Vindel der Besoldungsgruppe 1 angehört, scheint das vorlegende Gericht davon auszugehen, dass er der Besoldungsgruppe 4 angehört.

36      Drittens geht, soweit die zweite Frage ihrem Wortlaut nach eine Auslegung des „allgemeinen Grundsatzes des Unionsrechts, dass die Unabhängigkeit der Justiz mittels einer gerechten, stabilen und den von der Richterschaft ausgeübten Funktionen angemessenen Vergütung zu wahren ist“, betrifft, aus der Vorlageentscheidung hervor, dass das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV dahin auszulegen ist, dass der Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht.

37      Viertens ist, da Herr Escribano Vindel nur in seinem eigenen Namen handelt, für die Beantwortung dieser Frage nur auf seine Situation abzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 28).

 Zur ersten Frage: Diskriminierung wegen des Alters oder Dienstalters

38      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 21 der Charta sowie Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, mit der im Rahmen allgemeiner Gehaltskürzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Vorgaben zum Abbau eines übermäßigen Haushaltsdefizits unterschiedliche Kürzungsprozentsätze für die Grundbezüge und die Zulagen der Angehörigen der Richterschaft festgesetzt wurden, was sich dem vorlegenden Gericht zufolge dahin ausgewirkt hat, dass die Bezüge von Richtern, die zwei Besoldungsgruppen der unteren Richterkategorien angehören, prozentual stärker gekürzt wurden als die Bezüge von Richtern, die einer Besoldungsgruppe einer höheren Richterkategorie angehören, obwohl Erstere im Vergleich zu Letzteren niedrigere Bezüge erhalten, im Allgemeinen jünger sind und in der Regel ein geringeres Dienstalter haben.

39      Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass das Verbot jeglicher Diskriminierung u. a. wegen des Alters in Art. 21 der Charta aufgenommen wurde, der seit dem 1. Dezember 2009 der gleiche rechtliche Wert zukommt wie den Verträgen, und dass dieses Verbot durch die Richtlinie 2000/78 im Bereich von Beschäftigung und Beruf konkretisiert worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai, C‑297/10 und C‑298/10, EU:C:2011:560, Rn. 47).

40      Zweitens entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass die Besoldungsbedingungen der Beamten, einschließlich der Richter, in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Juni 2014, Specht u. a., C‑501/12 bis C‑506/12, C‑540/12 und C‑541/12, EU:C:2014:2005, Rn. 37, und vom 9. September 2015, Unland, C‑20/13, EU:C:2015:561, Rn. 29).

41      Drittens sind nach Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 mittelbare Diskriminierungen wegen „der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf“ verboten.

42      Viertens ist zur Frage einer mittelbaren Diskriminierung wegen des Alters festzustellen, dass nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 eine mittelbare Diskriminierung vorliegt, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen eines bestimmten Alters gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich (Urteil vom 14. März 2018, Stollwitzer, C‑482/16, EU:C:2018:180, Rn. 22).

43      Mithin ist zu prüfen, ob ein Arbeitnehmer wie Herr Escribano Vindel wegen seines Alters in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person bzw. ob die streitige Bestimmung die Altersgruppe, der Herr Escribano Vindel angehört, im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie in besonderer Weise benachteiligen kann (vgl. entsprechend Urteil vom 28. Februar 2018, John, C‑46/17, EU:C:2018:131, Rn. 22).

44      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass das vorlegende Gericht weder das Alter von Herrn Escribano Vindel angegeben noch eine andere Person benannt hat, die sich in einer Lage befindet, die mit der Situation von Herrn Escribano Vindel vergleichbar ist, sondern lediglich ausgeführt hat, dass sich die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung auf die Richter der Besoldungsgruppen 4 und 5 nachteiliger auswirke als auf die Richter der Besoldungsgruppe 1.

45      Daraus ergibt sich sodann, dass, sollte Herr Escribano Vindel, wie die spanische Regierung und die Kommission meinen, der Besoldungsgruppe 1 angehören, nicht davon auszugehen ist, dass er wegen des Alters diskriminiert wird, da er zu den Richtern gehören würde, die nach den Angaben des vorlegenden Gerichts durch die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung im Verhältnis zu den anderen Richtern begünstigt werden.

46      Schließlich ist, sollte Herr Escribano Vindel, wie das vorlegende Gericht anzunehmen scheint, der Besoldungsgruppe 4 angehören, zu bestimmen, ob diese Besoldungsgruppe Richter einer bestimmten Altersgruppe erfasst, die sich von der Altersgruppe unterscheidet, zu der die Richter der Besoldungsgruppe 1 gehören.

47      Insoweit hat allerdings zum einen das vorlegende Gericht keine spezifische Altersgruppe identifiziert, die benachteiligt worden sein soll, sondern im Wesentlichen lediglich ausgeführt, dass die Richter der Besoldungsgruppe 5 durchschnittlich jünger seien als die der Besoldungsgruppen 4 und 1. Insbesondere geht aus der Vorlageentscheidung nicht hervor, dass das vorlegende Gericht eine konkrete Diskrepanz zwischen der Besoldungsgruppe 4 und der Besoldungsgruppe 1 hinsichtlich des Alters festgestellt hätte.

48      Zum anderen macht die spanische Regierung geltend, dass diese Besoldungsgruppen nicht Richter einer bestimmten Altersgruppe erfassten, da die einzige Altersgrenze für die Berufung in das Richteramt das Erreichen des für diese Laufbahn geltenden Ruhestandsalters vor Amtsantritt sei und die Richter nicht verpflichtet seien, zu höheren Dienstposten, Kategorien oder Gruppen überzugehen, sondern unabhängig von ihrem Alter in der Kategorie „Juez“ verbleiben könnten.

49      Es obliegt jedoch dem vorlegenden Gericht, das als einziges den ihm vorliegenden Rechtsstreit unmittelbar kennt, die erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen, um zu bestimmen, ob diese Besoldungsgruppen Richter einer bestimmten Altersgruppe erfassen.

50      Fünftens ist zum Erfordernis der Vergleichbarkeit der Situationen festzustellen, dass zum einen die Situationen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein müssen und zum anderen die Prüfung dieser Vergleichbarkeit nicht allgemein und abstrakt sein darf, sondern spezifisch und konkret für die betreffende Leistung erfolgen muss (Urteil vom 19. Juli 2017, Abercrombie & Fitch Italia, C‑143/16, EU:C:2017:566, Rn. 25).

51      Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, das allein für die Beurteilung des Sachverhalts zuständig ist, zu bestimmen, ob sich die Richter der Besoldungsgruppe 4 in einer Situation befinden, die vergleichbar ist mit der Situation der Richter der Besoldungsgruppe 1 (vgl. entsprechend Urteil vom 5. Juni 2018, Grupo Norte Facility, C‑574/16, EU:C:2018:390, Rn. 49).

52      Allerdings steht nach den dem Gerichtshof vorliegenden Angaben fest, dass die Grundbezüge in den verschiedenen Richterkategorien einheitlich um 9,73 % gekürzt wurden und dass sich die geltend gemachte Ungleichbehandlung, um die es im Ausgangsverfahren geht, zum einen daraus ergibt, dass die Zulagen für die Richter weniger gekürzt wurden, und zum anderen daraus, dass sich die Anteile der Grundbezüge und der Zulagen an den Gesamtbezügen in den verschiedenen Besoldungsgruppen unterscheiden.

53      In diesem Zusammenhang erläutern die spanische Regierung und die Kommission, dass die Zulagen aus einer Dienstalterszulage, einer Dienstortzulage, die u. a. das Gebiet, in dem der Dienstort liege, und die mit den ausgeübten Funktionen verbundenen objektiven Repräsentationsbedingungen berücksichtige, und einer Sonderzulage bestünden, die die mit den Funktionen verbundene Verantwortung, besondere Ausbildung, Komplexität oder Schwere vergüte. Diese Zulagen variierten somit nach Maßgabe objektiver Merkmale, anhand deren sich die verschiedenen Richterkategorien voneinander unterschieden, so dass sich diese Kategorien nicht in vergleichbaren Situationen befänden.

54      Darüber hinaus führt das vorlegende Gericht selbst aus, dass das Plenum des Tribunal Constitucional (Verfassungsgericht) mit Beschluss vom 15. Dezember 2015 entschieden hat, dass sich die Betroffenen nicht in einer objektiv vergleichbaren Situation befänden, da die Angehörigen der Richterschaft verschiedenen Kategorien angehörten und unterschiedliche Dienstposten besetzten.

55      Vorbehaltlich der Überprüfungen, die das vorlegende Gericht gleichwohl vorzunehmen hat, scheint die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Ungleichbehandlung daher keine vergleichbaren Sachverhalte zu betreffen und keinen mittelbaren Bezug zum Alter aufzuweisen.

56      Es ist somit davon auszugehen, dass die vom vorlegenden Gericht dargestellten Umstände nicht erkennen lassen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung eine Diskriminierung wegen des Alters begründet.

57      Sechstens ist, was eine etwaige Diskriminierung wegen des Dienstalters angeht, zum einen festzustellen, dass dieses Kriterium nicht zu den Kriterien gehört, die im Zusammenhang mit dem in Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 vorgesehenen Verbot genannt sind. Vielmehr gehört es zu den in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie aufgeführten Kriterien, die eine Ungleichbehandlung wegen des Alters rechtfertigen können.

58      Zum anderen ist, selbst wenn anzunehmen wäre, dass Art. 21 der Charta im vorliegenden Fall außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie Anwendung finden könnte, darauf hinzuweisen, dass das vorlegende Gericht weder das Dienstalter von Herrn Escribano Vindel angegeben noch eine andere Person, die sich in einer Lage befindet, die mit der Situation von Herrn Escribano Vindel vergleichbar ist, oder eine spezifische Dienstaltersgruppe, die benachteiligt worden sein soll, identifiziert hat. Insbesondere kann in Anbetracht der in Rn. 48 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Ausführungen der spanischen Regierung nicht angenommen werden, dass die verschiedenen Besoldungsgruppen spezifischen Dienstaltersgruppen entsprechen.

59      Demzufolge ist davon auszugehen, dass die vom vorlegenden Gericht dargestellten Umstände nicht erkennen lassen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung eine Diskriminierung wegen des Dienstalters begründet, der Art. 21 der Charta oder Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 entgegenstehen könnte.

60      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 21 der Charta und Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen sind, dass sie, vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Überprüfungen, einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, mit der im Rahmen allgemeiner Gehaltskürzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Vorgaben zum Abbau eines übermäßigen Haushaltsdefizits unterschiedliche Kürzungsprozentsätze für die Grundbezüge und die Zulagen der Angehörigen der Richterschaft festgesetzt wurden, was sich dem vorlegenden Gericht zufolge dahin ausgewirkt hat, dass die Bezüge von Richtern, die zwei Besoldungsgruppen der unteren Richterkategorien angehören, prozentual stärker gekürzt wurden als die Bezüge von Richtern, die einer Besoldungsgruppe einer höheren Richterkategorie angehören, obwohl Erstere im Vergleich zu Letzteren niedrigere Bezüge erhalten, im Allgemeinen jünger sind und in der Regel ein geringeres Dienstalter haben.

 Zur zweiten Frage: richterliche Unabhängigkeit

61      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV dahin auszulegen ist, dass der Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit der Anwendung auf den Kläger des Ausgangsverfahrens einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, mit der im Rahmen allgemeiner Gehaltskürzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Vorgaben zum Abbau eines übermäßigen Haushaltsdefizits ohne Rücksicht auf die Art der ausgeübten Funktionen, das Dienstalter oder die Bedeutung der wahrgenommenen Aufgaben unterschiedliche Kürzungsprozentsätze für die Grundbezüge und die Zulagen der Angehörigen der Richterschaft festgesetzt wurden, was sich dem vorlegenden Gericht zufolge dahin ausgewirkt hat, dass die Bezüge von Richtern, die zwei Besoldungsgruppen der unteren Richterkategorien angehören, prozentual stärker gekürzt wurden als die Bezüge von Richtern, die einer Besoldungsgruppe einer höheren Richterkategorie angehören, obwohl Erstere im Vergleich zu Letzteren niedrigere Bezüge erhalten.

62      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen haben, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist. Sie müssen daher ein System von Rechtsbehelfen und Verfahren vorsehen, mit dem in diesen Bereichen eine wirksame gerichtliche Kontrolle gewährleistet ist (vgl. Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 34).

63      Deshalb hat jeder Mitgliedstaat dafür zu sorgen, dass Einrichtungen, die als Gerichte im Sinne des Unionsrechts Bestandteil seines Rechtsbehelfssystems sind, in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz gewähren (Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 37).

64      Zu den Merkmalen, auf die bei der Beurteilung der Frage abzustellen ist, ob es sich bei einer Einrichtung um ein „Gericht“ handelt, gehört die gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ihr ständiger Charakter, die obligatorische Gerichtsbarkeit, das streitige Verfahren, die Anwendung von Rechtsnormen durch die Einrichtung sowie ihre Unabhängigkeit (Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 38).

65      Die Unabhängigkeit, die dem Auftrag des Richters inhärent ist, ist nicht nur auf der Ebene der Union für die Richter der Union und die Generalanwälte des Gerichtshofs zu gewährleisten (Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 3 EUV), sondern auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten für die nationalen Gerichte (Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 42).

66      Der Begriff der Unabhängigkeit setzt u. a. voraus, dass die betreffende Einrichtung ihre richterlichen Funktionen in völliger Autonomie ausübt, ohne mit irgendeiner Stelle hierarchisch verbunden oder ihr untergeordnet zu sein und ohne von irgendeiner Stelle Anordnungen oder Anweisungen zu erhalten, und dass sie auf diese Weise vor Interventionen oder Druck von außen geschützt ist, die die Unabhängigkeit des Urteils ihrer Mitglieder gefährden und deren Entscheidungen beeinflussen könnten. Neben der Nichtabsetzbarkeit der Mitglieder der betreffenden Einrichtung stellt auch eine der Bedeutung der ausgeübten Funktionen entsprechende Vergütung eine wesentliche Garantie für die richterliche Unabhängigkeit dar (Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 44 und 45).

67      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Angaben des vorlegenden Gerichts zunächst, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Gehaltskürzungsmaßnahmen – wie in dem Rechtsstreit, in dem das Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses (C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 46 bis 49), ergangen ist -aufgrund von Vorgaben zum Abbau des übermäßigen Haushaltsdefizits des betreffenden Mitgliedstaats erlassen wurden und eine begrenzte Absenkung der Bezüge um einen von ihrer Höhe abhängigen Prozentsatz vorsahen. Sie galten nicht nur für die Mitglieder der spanischen Gerichte, sondern allgemeiner für eine ganze Reihe von Inhabern öffentlicher Ämter und von Personen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, darunter die Repräsentanten der gesetzgebenden, der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt. Es handelt sich somit um allgemeine Maßnahmen, mit denen dem gesamten nationalen öffentlichen Dienst ein Beitrag zu den Einsparungen abverlangt wurde, die zum Abbau des übermäßigen Haushaltsdefizits des spanischen Staates erforderlich waren.

68      Sodann ist, da, wie in Rn. 37 des vorliegenden Urteils ausgeführt, nur die Situation von Herrn Escribano Vindel zu berücksichtigen ist, die Prüfung, die hier anhand von Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV vorzunehmen ist, auf die Frage zu beschränken, ob Herr Escribano Vindel nach der im Ausgangsverfahren fraglichen Gehaltskürzung noch Bezüge in einer Höhe erhält, die der Bedeutung der von ihm ausgeübten Funktionen entspricht.

69      Daher ist, wie die Kommission zutreffend ausführt, für die im vorliegenden Fall vom nationalen Gericht vorzunehmende Beurteilung nicht erheblich, auf welche Art und Weise die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Gehaltskürzung – laut dem vorlegenden Gericht ohne Berücksichtigung der Art der ausgeübten Funktionen, des Dienstalters oder der Bedeutung der wahrgenommenen Aufgaben – erfolgt ist oder dass sich dies – dem vorlegenden Gericht zufolge – dahin ausgewirkt hat, dass die Bezüge von Richtern, die zwei Besoldungsgruppen der unteren Richterkategorien angehören, prozentual stärker gekürzt wurden als die Bezüge von Richtern, die einer Besoldungsgruppe einer höheren Richterkategorie angehören.

70      Schließlich ist zur Frage, ob Herr Escribano Vindel nach der im Ausgangsverfahren fraglichen Gehaltskürzung noch Bezüge in einer Höhe erhält, die der Bedeutung der von ihm ausgeübten Funktionen entspricht, festzustellen, dass die Vorlageentscheidung keine genauen Angaben zur Höhe der Bezüge von Herrn Escribano Vindel enthält. Die Kommission trägt in ihren Erklärungen im Wesentlichen vor, dass die Höhe der Bezüge, die ein in Barcelona als Einzelrichter tätiger Richter der Besoldungsgruppe 4 – wie Herr Escribano Vindel – nach dem Bericht des Justizministeriums erhalte, in Anbetracht des sozioökonomischen Kontexts dieser Stadt und der durchschnittlichen Bezüge der spanischen Beamten, auf die dieser Bericht ebenfalls verweise, ausreichend sei, um ihn davor zu schützen, dass die Neutralität der Entscheidungen, die er zu treffen habe, durch etwaige Interventionen oder Druck von außen gefährdet werden könnte.

71      Hinzu kommt, dass die Argumentation der Kommission unter der Annahme, dass Herr Escribano Vindel, wie die spanische Regierung und die Kommission vortragen, der Besoldungsgruppe 1 angehört, erst recht tragen würde, da, wie in Rn. 12 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die Bezüge bei dieser Besoldungsgruppe höher sind als bei der Besoldungsgruppe 4.

72      Es obliegt jedoch dem vorlegenden Gericht, das als einziges den ihm vorliegenden Rechtsstreit unmittelbar kennt, die erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen, um zu bestimmen, ob Herr Escribano Vindel nach der im Ausgangsverfahren fraglichen Gehaltskürzung noch Bezüge in einer Höhe erhält, die der Bedeutung der von ihm ausgeübten Funktionen entspricht und damit die Unabhängigkeit seines Urteils gewährleistet.

73      Die vom vorlegenden Gericht dargestellten Umstände lassen allerdings nicht erkennen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung einen Verstoß gegen den in Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV verbürgten Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit begründet.

74      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV dahin auszulegen ist, dass der Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit der Anwendung einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, mit der im Rahmen allgemeiner Gehaltskürzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Vorgaben zum Abbau eines übermäßigen Haushaltsdefizits ohne Rücksicht auf die Art der ausgeübten Funktionen, das Dienstalter oder die Bedeutung der wahrgenommenen Aufgaben unterschiedliche Kürzungsprozentsätze für die Grundbezüge und die Zulagen der Angehörigen der Richterschaft festgesetzt wurden, was sich dem vorlegenden Gericht zufolge dahin ausgewirkt hat, dass die Bezüge von Richtern, die zwei Besoldungsgruppen der unteren Richterkategorien angehören, prozentual stärker gekürzt wurden als die Bezüge von Richtern, die einer Besoldungsgruppe einer höheren Richterkategorie angehören, obwohl Erstere im Vergleich zu Letzteren niedrigere Bezüge erhalten, auf den Kläger des Ausgangsverfahrens dann nicht entgegensteht, wenn dieser nach der im Ausgangsverfahren fraglichen Gehaltskürzung noch Bezüge in einer Höhe erhält, die der Bedeutung der von ihm ausgeübten Funktionen entspricht und damit die Unabhängigkeit seines Urteils gewährleistet, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

 Kosten

75      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie, vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Überprüfungen, einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, mit der im Rahmen allgemeiner Gehaltskürzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Vorgaben zum Abbau eines übermäßigen Haushaltsdefizits unterschiedliche Kürzungsprozentsätze für die Grundbezüge und die Zulagen der Angehörigen der Richterschaft festgesetzt wurden, was sich dem vorlegenden Gericht zufolge dahin ausgewirkt hat, dass die Bezüge von Richtern, die zwei Besoldungsgruppen der unteren Richterkategorien angehören, prozentual stärker gekürzt wurden als die Bezüge von Richtern, die einer Besoldungsgruppe einer höheren Richterkategorie angehören, obwohl Erstere im Vergleich zu Letzteren niedrigere Bezüge erhalten, im Allgemeinen jünger sind und in der Regel ein geringeres Dienstalter haben.

2.      Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV ist dahin auszulegen, dass der Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit der Anwendung einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, mit der im Rahmen allgemeiner Gehaltskürzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Vorgaben zum Abbau eines übermäßigen Haushaltsdefizits ohne Rücksicht auf die Art der ausgeübten Funktionen, das Dienstalter oder die Bedeutung der wahrgenommenen Aufgaben unterschiedliche Kürzungsprozentsätze für die Grundbezüge und die Zulagen der Angehörigen der Richterschaft festgesetzt wurden, was sich dem vorlegenden Gericht zufolge dahin ausgewirkt hat, dass die Bezüge von Richtern, die zwei Besoldungsgruppen der unteren Richterkategorien angehören, prozentual stärker gekürzt wurden als die Bezüge von Richtern, die einer Besoldungsgruppe einer höheren Richterkategorie angehören, obwohl Erstere im Vergleich zu Letzteren niedrigere Bezüge erhalten, auf den Kläger des Ausgangsverfahrens dann nicht entgegensteht, wenn dieser nach der im Ausgangsverfahren fraglichen Gehaltskürzung noch Bezüge in einer Höhe erhält, die der Bedeutung der von ihm ausgeübten Funktionen entspricht und damit die Unabhängigkeit seines Urteils gewährleistet, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Spanisch.