Language of document : ECLI:EU:C:2019:931

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

HENRIK SAUGMANDSGAARD ØE

vom 7. November 2019(1)

Rechtssache C215/18

Libuše Králová

gegen

Primera Air Scandinavia

(Vorabentscheidungsersuchen des Obvodní soud pro Prahu 8 [Bezirksgericht Prag 8, Tschechische Republik])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen – Verordnung (EG) Nr. 44/2001 – Art. 5 Nr. 1 – Zuständigkeit für Klagen aus Vertrag oder Ansprüchen aus einem Vertrag – Kapitel II Abschnitt 4 – Zuständigkeit für Verbrauchersachen – Anwendungsbereiche – Verordnung (EG) Nr. 261/2004 – Art. 6 und 7 – Luftbeförderung – Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste – Große Verspätung von Flügen – Zwischen dem Fluggast und einem Reiseveranstalter abgeschlossener Beförderungsvertrag kombiniert mit einer Unterbringung – Klage auf Ausgleichsleistung gegen ein Luftfahrtunternehmen, das nicht Partei dieses Vertrags ist – Pauschalreise – Richtlinie 90/314/EWG“






I.      Einleitung

1.        Das Vorabentscheidungsersuchen des Obvodní soud pro Prahu 8 (Bezirksgericht Prag 8, Tschechische Republik) ergeht im Rahmen einer Klage auf Ausgleichsleistung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 261/2004(2), die vom einem Fluggast mit Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich dieses Gerichts gegen eine Fluggesellschaft mit Sitz in Dänemark wegen großer Verspätung eines von ihr durchgeführten Flugs erhoben wurde, der jedoch dem Fluggast in Verbindung mit einer Unterbringung von einem tschechischen Reisebüro verkauft worden war.

2.        Im Wesentlichen wird der Gerichtshof erstens gefragt, ob eine solche Klage unter die in Art. 5 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 festgelegten Zuständigkeitsvorschriften fällt, die auf Verträge oder Ansprüche aus Verträgen anwendbar sind(3), obwohl die Klägerin mit der Beklagten keinen Vertrag abgeschlossen hat und der betreffende Flug Bestandteil eines bei einem Dritten gekauften Bündels von Dienstleistungen ist. Aus den in den vorliegenden Schlussanträgen dargelegten Gründen bin ich der Ansicht, dass diese Frage zu bejahen ist.

3.        Zweitens möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Vorschriften von Kapitel II Abschnitt 4 der Verordnung Nr. 44/2001, worin deren Art. 15 bis 17 enthalten sind, dahin auszulegen sind, dass die in diesem Abschnitt enthaltenen Zuständigkeitsvorschriften für Verbrauchersachen für eine Klage wie die des Ausgangsverfahrens gelten. Meiner Ansicht nach ist diese Frage zu verneinen.

4.        Drittens wird der Gerichtshof zu entscheiden haben, ob sich ein Fluggast, der bei einem Reisebüro einen Flug im Rahmen einer Pauschalreise im Sinne der Richtlinie 90/314/EWG(4) gekauft hat, wenn dieser Flug eine große Verspätung gehabt hat, gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen auf die Ansprüche aus den Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 261/2004 berufen kann. Meines Erachtens ist dies zu bejahen.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Verordnung Nr. 44/2001

5.        Der in Abschnitt 2 („Besondere Zuständigkeiten“) von Kapitel II der Verordnung Nr. 44/2001 enthaltene Art. 5 Nr. 1 bestimmt:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:

1.      a)      wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;

b)      im Sinne dieser Vorschrift – und sofern nichts anderes vereinbart worden ist – ist der Erfüllungsort der Verpflichtung

–        für den Verkauf beweglicher Sachen …;

–        für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen;

c)      ist Buchstabe b) nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a)“.

6.        Der in Abschnitt 4 („Zuständigkeit bei Verbrauchersachen“) des Kapitels II der Verordnung Nr. 44/2001 enthaltene Art. 15 bestimmt:

„(1)      Bilden ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, den Gegenstand des Verfahrens, so bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5 nach diesem Abschnitt,

a)      wenn es sich um den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung handelt,

b)      wenn es sich um ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen oder ein anderes Kreditgeschäft handelt, das zur Finanzierung eines Kaufs derartiger Sachen bestimmt ist, oder

c)      in allen anderen Fällen, wenn der andere Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgend einem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

(3)      Dieser Abschnitt ist nicht auf Beförderungsverträge mit Ausnahme von Reiseverträgen, die für einen Pauschalpreis kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen vorsehen, anzuwenden.“

7.        Der in diesem Abschnitt 4 enthaltene Art. 16 Abs. 1 bestimmt, dass „[d]ie Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner … entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden [kann], in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat“.

8.        Der in demselben Abschnitt 4 enthaltene Art. 17 legt die Voraussetzungen fest, unter denen von den Vorschriften dieses Abschnitts durch Gerichtsstandsvereinbarungen mit dem Verbraucher abgewichen werden kann.

9.        Die vorliegende Rechtssache fällt in den zeitlichen Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001, obwohl diese durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012(5) aufgehoben wurde, da letzteres Rechtsinstrument gemäß seinem Art. 66 Abs. 1 nur auf Verfahren anwendbar ist, die am 10. Januar 2015 oder danach eingeleitet worden sind, und die Klage im Ausgangsverfahren vor diesem Zeitpunkt erhoben wurde(6).

10.      Außerdem fällt die vorliegende Rechtssache in den örtlichen Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001, da ihre Vorschriften zwar zunächst für das Königreich Dänemark nicht bindend waren, nunmehr jedoch seit 1. Juli 2007 aufgrund eines zu diesem Zweck abgeschlossenen Vertrags auf die Beziehungen zwischen der Union und diesem Mitgliedstaat anwendbar sind(7).

B.      Verordnung Nr. 261/2004

11.      Art. 1 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 261/2004 bestimmt, dass durch diese Verordnung „unter den in ihr genannten Bedingungen Mindestrechte [u. a. bei] Verspätung des Flugs [festgelegt werden]“.

12.      Art. 2 Buchst. b dieser Verordnung definiert den Begriff „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ im Sinne dieser Verordnung als „ein Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen eines Vertrags mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen – juristischen oder natürlichen – Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt“.

13.      Art. 3 („Anwendungsbereich“) dieser Verordnung bestimmt in seinen Abs. 5 und 6:

„(5)      Diese Verordnung gilt für alle ausführenden Luftfahrtunternehmen, die Beförderungen für Fluggäste im Sinne der Absätze 1 und 2 erbringen. Erfüllt ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das in keiner Vertragsbeziehung mit dem Fluggast steht, Verpflichtungen im Rahmen dieser Verordnung, so wird davon ausgegangen, dass es im Namen der Person handelt, die in einer Vertragsbeziehung mit dem betreffenden Fluggast steht.

(6)      Diese Verordnung lässt die aufgrund der Richtlinie [90/314] bestehenden Fluggastrechte unberührt. Diese Verordnung gilt nicht für Fälle, in denen eine Pauschalreise aus anderen Gründen als der Annullierung des Fluges annulliert wird.“

14.      Was die Bezugnahme auf die Richtlinie 90/314 in letzterer Vorschrift betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass diese Richtlinie am 1. Juli 2018 durch die Richtlinie (EU) 2015/2302(8) gemäß deren Art. 29 aufgehoben wurde. Im vorliegenden Fall ist aufgrund des Zeitpunkts des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens dennoch das erste dieser Rechtsinstrumente anwendbar.

15.      Die Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 261/2004 sehen einen Anspruch auf Unterstützungsleistungen durch das ausführende Luftfahrtunternehmen im Fall einer großen Verspätung von Flügen bzw. einen pauschalen Ausgleichsanspruch unter den in diesen Artikeln aufgeführten Bedingungen vor.

III. Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

16.      Frau Libuše Králová, wohnhaft in Prag (Tschechische Republik), schloss mit dem in der Tschechischen Republik niedergelassenen Reisebüro FIRO-tour a.s. einen Vertrag über die Bereitstellung eines Flugs zwischen Prag und Keflavik (Island), der am 25. April 2013 um 12:40 Uhr stattfinden sollte, sowie einer Unterbringung ab. Die Luftbeförderung wurde von der Primera Air Scandinavia, einer Gesellschaft mit Sitz in Dänemark, durchgeführt. Dieser Flug hatte eine Verspätung von vier Stunden gegenüber der planmäßigen Abflugzeit.

17.      Am 24. Juli 2013 verlangte Frau Králová von der Primera Air Scandinavia den Ersatz des Schadens, den sie aufgrund der Verspätung des Fluges erlitten hatte. Das Luftfahrtunternehmen weigerte sich und argumentierte, diese Verspätung sei auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen gewesen, die unvorhersehbar gewesen seien.

18.      Am 10. Oktober 2013 erhob Frau Králová beim Obvodní soud pro Prahu 8 (Bezirksgericht Prag 8) Klage und beantragte, die Primera Air Scandinavia dazu zu verurteilen, ihr eine pauschale Entschädigung in Höhe von 400 Euro zu zahlen. Zur Stützung ihres Begehrens machte sie hinsichtlich der gerichtlichen Zuständigkeit Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 und in der Sache Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 in der Auslegung des Gerichtshofs im Urteil Sturgeon u. a.(9) geltend.

19.      Mit Entscheidung vom 1. April 2014 erklärte sich dieses Gericht mit der Begründung für unzuständig, dass die Primera Air Scandinavia ihren Sitz im Hoheitsgebiet des Königreichs Dänemark habe, auf das die Verordnung Nr. 44/2001 nicht anwendbar sei, und dass im Übrigen die Bestimmungen dieses Rechtsinstruments nicht die internationale Zuständigkeit der tschechischen Gerichte begründen könnten, da die Parteien des Verfahrens durch kein Vertragsverhältnis und jedenfalls durch keinen Vertrag gebunden seien, der kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen gemäß Art. 15 Abs. 3 dieser Verordnung vorsehe.

20.      Mit Entscheidung vom 4. August 2014 wies das Městský soud v Praze (Stadtgericht Prag, Tschechische Republik) die von Frau Králová eingelegte Berufung mit der Begründung zurück, dass die Verordnung Nr. 44/2001 im vorliegenden Fall anzuwenden sei, da sie seit 1. Juli 2007 für das Königreich Dänemark verbindlich sei(10), jedoch die Zuständigkeit der tschechischen Gerichte nicht begründen könne.

21.      Am 15. September 2015 hob der Nejvyšší soud (Oberster Gerichtshof, Tschechische Republik) nach einer Kassationsbeschwerde von Frau Králová die in erster und zweiter Instanz ergangenen Entscheidungen auf, verwies sodann die Rechtssache an das Obvodní soud pro Prahu 8 (Bezirksgericht Prag 8) zurück und forderte es insbesondere auf, zu prüfen, ob die Primera Air Scandinavia auf der Grundlage von Art. 5 Nr. 1 und der Art. 15 und 16 der Verordnung Nr. 44/2001 vor den tschechischen Gerichten verklagt werden könne, und gegebenenfalls den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen(11).

22.      Vor diesem Hintergrund hat das Obvodní soud pro Prahu 8 (Bezirksgericht Prag 8) mit Entscheidung vom 25. Januar 2018, die bei der Kanzlei des Gerichtshofs am 26. März 2018 eingegangen ist, beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Bestand zwischen der Klägerin [des Ausgangsverfahrens] und der Beklagten [des Ausgangsverfahrens] ein Vertragsverhältnis im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung [Nr. 44/2001], obgleich zwischen der Klägerin und der Beklagten kein Vertrag abgeschlossen wurde und der Flug Bestandteil eines Dienstleistungspakets war, das aufgrund eines Vertrags zwischen der Klägerin und einem Dritten (dem Reisebüro) erbracht wurde?

2.      Kann dieses Verhältnis als Verbrauchersache im Sinne der Bestimmungen von Abschnitt 4 [des Kapitels II], [worin die] Art. 15 bis 17 der Verordnung [Nr. 44/2001] [enthalten sind,] qualifiziert werden?

3.      Ist die Beklagte [des Ausgangsverfahrens] hinsichtlich der Befriedigung von Ansprüchen passiv legitimiert, die sich aus der Verordnung [Nr. 261/2004] ergeben?

23.      Die tschechische Regierung und die Europäische Kommission haben beim Gerichtshof schriftliche Erklärungen eingereicht. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.

IV.    Würdigung

24.      Im Wesentlichen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob unter Umständen wie jenen des Ausgangsverfahrens, nämlich wenn die von einem Fluggast gemäß der Verordnung Nr. 261/2004 erhobene Klage auf Ausgleichsleistung(12) einen Flug betrifft, der als Bestandteil eines von einem Dritten verkauften Bündels von Dienstleistungen vereinbart wurde, die auf den Erfüllungsort der vertraglichen Verpflichtung gestützte Zuständigkeitsvorschrift anzuwenden ist, die in Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 verankert ist (A), oder die für den Verbraucher günstige, die in Art. 16 Abs. 1 dieser Verordnung verankert ist (B)(13). Falls seine internationale Zuständigkeit tatsächlich auf eine dieser Vorschriften gestützt werden könnte, möchte das vorlegende Gericht zudem wissen, ob ein solcher Fluggast zwecks Ausübung der Rechte, die sich aus der Verordnung Nr. 261/2004 ergeben, das ausführende Luftfahrtunternehmen verklagen kann, das für die Befriedigung dieser Ansprüche verantwortlich war(14), obwohl der streitige Flug über ein Reisebüro und im Rahmen einer Pauschalreise im Sinne der Richtlinie 90/314(15) (C) verkauft wurde(16).

A.      Zur Anwendbarkeit der Zuständigkeitsvorschriften des Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 (erste Frage)

25.      Mit seiner ersten Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen um Auslegung von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001, um festzustellen, ob die in dieser Vorschrift enthaltenen besonderen Zuständigkeitsregeln für einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“(17) auf eine Klage auf Ausgleichsleistung wie die des Ausgangsverfahrens anzuwenden sind, die auf der Grundlage der Verordnung Nr. 261/2004 von einem Fluggast gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen erhoben wird(18), obwohl zwischen dieser Klägerin und dieser Beklagten kein Vertrag abgeschlossen wurde und obwohl der in Rede stehende Flug Bestandteil eines Pakets von Dienstleistungen war, die aufgrund eines zwischen der Klägerin und einem Reisebüro abgeschlossenen Vertrags erbracht wurden.

26.      Die tschechische Regierung und die Kommission sind sich darin einig, dass diese Frage zu bejahen ist, was aus den folgenden Gründen auch meine Meinung ist.

27.      Hierzu weise ich darauf hin, dass nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 dann, „wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden“, eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden kann, und zwar „vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre“. Gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich wird hinsichtlich der „Erbringung von Dienstleistungen“ der als Anspruchsgrundlage dienende Ort der Erfüllung der Verpflichtung, sofern nichts anderes vereinbart wurde, als „der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen“, definiert. Gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. c ist das in Art. 5 Nr. 1 Buchst. a vorgesehene Standard-Anknüpfungskriterium anzuwenden, wenn das in Rede stehende Vertragsverhältnis keine „Erbringung von Dienstleistungen“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b darstellt(19).

28.      Im vorliegenden Fall geht aus der Begründung seiner Entscheidung hervor, dass das vorlegende Gericht im Speziellen wissen möchte, ob sich seine eigene Zuständigkeit für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits aus dem Anknüpfungskriterium in Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 ergeben kann, das bereits im Fall einer Klage auf Ausgleichsleistung eines Fluggastes gegen eine Fluggesellschaft auf der Grundlage sowohl des zwischen diesen Parteien abgeschlossenen Vertrags als auch der Verordnung Nr. 261/2004 für anwendbar erklärt worden ist(20). Der Gerichtshof wird ersucht, sich dazu zu äußern, ob dieser Ansatz auch unter Umständen wie jenen des Ausgangsverfahrens gilt, in dem der Vertragspartner des betreffenden Fluggastes nicht das ausführende Luftfahrtunternehmen, sondern ein Reisebüro ist, das diesem den streitigen Flug in Verbindung mit einer Unterbringung verkauft hat.

29.      Wie die tschechische Regierung und die Kommission weise ich darauf hin, dass der Gerichtshof bereits in den verbundenen Rechtssachen, in denen das Urteil flightright u. a.(21) ergangen ist, zu einer Situation Stellung genommen hat, die mit der vorliegenden Rechtssache vergleichbar ist. Dabei ging es nämlich auch um auf die Verordnung Nr. 261/2004 gestützte Klagen auf Ausgleichsleistungen wegen einer großen Verspätung von Flügen, die von einem ausführenden Luftfahrtunternehmen durchgeführt wurden, das keinen Vertrag mit den betreffenden Fluggästen abgeschlossen hatte, da diese ihre Flugtickets jeweils bei anderen Fluggesellschaften gekauft hatten, bevor sie eine Klage gegen das Unternehmen erhoben, das das Segment der aus mehreren Teilstrecken bestehenden Flugreise durchgeführt hatte, das die streitige Verspätung hatte(22).

30.      In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof zum einen entschieden, dass der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 auch von Fluggästen auf der Grundlage der Verordnung Nr. 261/2004 erhobene Klagen auf Ausgleichsleistungen wegen einer großen Verspätung bei einer aus mehreren Teilstrecken bestehenden Flugreise umfasst, die sich gegen ein ausführendes Luftfahrtunternehmen richtet, das nicht ihr Vertragspartner ist, und zwar aus folgenden Gründen(23).

31.      Zunächst hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ nicht unter Bezugnahme auf das nationale Recht, sondern autonom auszulegen ist, und dass unter diesen Begriff alle Verpflichtungen fallen, die sich aus dem Vertrag ergeben, auf dessen Nichterfüllung die Klage gestützt wird. Sodann hat er bestätigt, dass die Anwendung der in Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Zuständigkeitsregel nicht den Abschluss eines Vertrags zwischen den Parteien des Verfahrens verlangt, aber gleichwohl voraussetzt, dass eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene rechtliche Verpflichtung besteht, auf die sich die betreffende Klage stützt, so dass diese Zuständigkeitsregel auf der Grundlage der Klage und nicht auf der Identität der Parteien beruht(24). Schließlich hat er betont, dass davon auszugehen ist, dass ein ausführendes Luftfahrtunternehmen wie das in Art. 3 Abs. 5 zweiter Satz der Verordnung Nr. 261/2004 genannte – nämlich ein Unternehmen, das in keiner Vertragsbeziehung mit dem betreffenden Fluggast steht, sondern Verpflichtungen im Rahmen dieses Rechtsinstruments erfüllt, weshalb davon ausgegangen wird, dass es im Namen der Person handelt, die den Beförderungsvertrag mit dem betreffenden Fluggast abgeschlossen hat – Verpflichtungen erfüllt, die es gegenüber dem Vertragspartner des Fluggastes freiwillig eingegangen ist und die ihren Ursprung in dem Vertrag über eine Luftbeförderung finden, der mit diesem abgeschlossen wurde.

32.      Zum anderen hat der Gerichtshof in eben diesem Urteil flightright u. a. eine Auslegung von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 betreffend die Bestimmung des Erfüllungsorts der Luftbeförderungsdienste in einer Situation wie der, die Gegenstand der Ausgangsrechtsstreitigkeiten war, vorgenommen, nämlich die Verspätung eines Flugs einer aus zwei Teilstrecken bestehenden Flugreise, die von zwei Fluggesellschaften durchgeführt wurde, von denen eine nicht Vertragspartnerin der betreffenden Fluggäste ist(25). In diesem Zusammenhang hat er allgemeine Erwägungen angestellt, die mir auch im vorliegenden Fall relevant zu sein scheinen.

33.      Der Gerichtshof hat somit die Wichtigkeit einer hinreichend engen Verbindung zwischen dem Gerichtsstand und dem Sachverhalt jeglichen Rechtsstreits, der unter Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 fällt, betont, dies in dem Bewusstsein, dass diese Verbindung von allen in dieser Vorschrift aufgestellten besonderen Zuständigkeitsregeln verlangt wird und dass ein solches Ziel der Nähe durch den zwölften Erwägungsgrund dieser Verordnung bestätigt wird(26). Er hat auch festgestellt, dass die vorgenommene Auslegung dem im elften Erwägungsgrund dieser Verordnung aufgestellten Grundsatz der Vorhersehbarkeit entspricht, die diese Zuständigkeitsregeln gewährleisten sollen, um es sowohl dem Kläger als auch dem Beklagten zu ermöglichen, das zuständige Gericht leicht festzustellen. Im Übrigen hat er betont, dass im Rahmen von zwischen Luftfahrtunternehmen wie den in Rede stehenden freiwillig eingegangenen Handelsvereinbarungen davon ausgegangen wird, dass ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das in keiner Vertragsbeziehung mit dem Fluggast steht, im Namen des Luftfahrtunternehmens handelt, das in einer Vertragsbeziehung mit dem betreffenden Fluggast steht.

34.      Ich bin der Meinung, dass diese Erwägungen und Auslegungen mutatis mutandis auf die vorliegende Rechtssache übertragbar sind(27), so dass eine Klage wie die von der Klägerin des Ausgangsverfahrens erhobene in den Anwendungsbereich von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 fällt.

35.      In der Rechtssache, in der das Urteil flightright u. a. ergangen ist, beruht die Klage auf Ausgleichsleistungen wegen einer großen Verspätung eines Fluges nämlich ebenso wie im vorliegenden Fall auf Verpflichtungen, die sich aus dem ursprünglich vom betreffenden Fluggast abgeschlossenen Vertrag ergeben, auf dessen Schlechterfüllung Letzterer seine Klage stützt. Die beklagte Partei ist auch hier ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das nicht die Person ist, die den streitigen Vertrag mit dem Fluggast abgeschlossen hat, im vorliegenden Fall das Reisebüro, sondern gegenüber dieser Person freiwillig die Verpflichtung eingegangen ist, den Flug durchzuführen und daher die sich aus der Verordnung Nr. 261/2004 ergebenden Pflichten in ihrem Namen zu übernehmen(28), auf die sich diese Klage stützt. Meines Erachtens ist es insoweit ohne Bedeutung, dass der streitige Flug in Verbindung mit einer Unterbringung, d. h. als „Pauschalreise“ im Sinne der Richtlinie 90/314, verkauft wurde(29), da sich durch diese Besonderheit weder die vertragliche Natur der rechtlichen Verpflichtungen, auf die sich die klagende Partei beruft, noch der Klagegrund ändert. Daher fällt meines Erachtens eine Klage wie die des Ausgangsverfahrens unter den Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001(30).

36.      Insbesondere fällt eine solche Klage meines Erachtens unter das Anknüpfungskriterium für die Dienstleistungen, das in Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 enthalten ist, nämlich den Ort der Erbringung der in Rede stehenden Luftbeförderungsleistung. In Anbetracht der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Auslegung dieser Vorschrift im Rahmen von Klagen auf Ausgleichsleistungen, die von Fluggästen auf der Grundlage der Verordnung Nr. 261/2004 erhoben wurden(31), bin ich der Ansicht, dass das Gericht des Ortes der Durchführung des verspäteten Fluges für die Entscheidung einer Klage wie der des Ausgangsverfahrens zuständig ist, der nach Wahl des Klägers der Ort des Abflugs oder der Ort der Ankunft des Flugzeugs entsprechend der Vereinbarung dieser Orte in dem zwischen dem Fluggast und dem Reisebüro abgeschlossenen Vertrag ist(32), wobei der eine oder andere dieser Orte in der Praxis oft mit den Ort zusammenfällt, an dem der Fluggast seinen Wohnsitz hat.

37.      Ebenso wie der Gerichtshof im Urteil flighright u. a. festgestellt hat, bin ich der Ansicht, dass ungeachtet dessen, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen nicht der Vertragspartner des Fluggastes ist, die hier vorgeschlagene Auslegung im Einklang mit den Zielen der Vorhersehbarkeit und der Nähe steht, die mit allen in Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen besonderen Zuständigkeitsregeln verfolgt werden, da dieses Luftfahrtunternehmen zugestimmt hat, die Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 261/2004 im Namen dieses Vertragspartners zu übernehmen. Da sich im vorliegenden Fall das in Dänemark ansässige Flugunternehmen freiwillig verpflichtet hat, den vom tschechischen Reisebüro verkauften Flug durchzuführen, konnte ihm somit weder der (in der Tschechischen Republik gelegene) Abflugort noch der (in Island gelegene) Ankunftsort unbekannt sein und musste es daher ebenso wie der betreffende Fluggast vernünftigerweise damit rechnen, dass mit einem möglichen Rechtsstreit ein tschechisches Gericht befasst wird, das zudem für dessen Entscheidung geografisch gut gelegen ist.

38.      Daher ist meiner Ansicht nach auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass eine Klage auf Ausgleichsleistungen, die von einem Fluggast gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen erhoben wird, auch dann unter diesen Artikel fällt, wenn zwischen diesen Parteien kein Vertrag abgeschlossen worden war und dieser Flug Bestandteil eines Pakets von Dienstleistungen war, die aufgrund eines Vertrags zwischen der Klägerin und einem Dritten erbracht wurden.

B.      Zur Anwendbarkeit der Zuständigkeitsvorschriften von Kapitel II Abschnitt 4 der Verordnung Nr. 44/2001 (zweite Frage)

39.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, ob das zwischen einem Fluggast und dem ausführenden Luftfahrtunternehmen bestehende Rechtsverhältnis unter Umständen wie jenen des Ausgangsverfahrens in den Anwendungsbereich von Kapitel II Abschnitt 4 der Verordnung Nr. 44/2001 fällt, der die Art. 15 bis 17 dieser Verordnung enthält, die besondere Zuständigkeitsvorschriften für „Verbrauchersachen“ vorsehen.

40.      Die tschechische Regierung schlägt vor, auf diese Frage zu antworten, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Beziehung nicht als Verbrauchersache im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 eingestuft werden könne. Die Kommission ist hingegen der Ansicht, dass die Vorschriften von Kapitel II Abschnitt 4 dieser Verordnung in diesem Zusammenhang anwendbar seien. Ich bin im Gegenteil der Ansicht, dass eine Klage wie die beim vorlegenden Gericht anhängige nicht unter die Zuständigkeitsvorschriften dieses Abschnitts 4 fällt.

41.      Zunächst weise ich darauf hin, dass das vorlegende Gericht insbesondere wissen möchte, ob seine eigene Zuständigkeit für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits auf Art. 16 Abs. 1 dieser Verordnung gestützt werden kann, der es einem Verbraucher erlaubt, eine andere Vertragspartei entweder vor dem Gericht des Ortes, an dem sein eigener Wohnsitz liegt, oder vor den Gerichten des Mitgliedsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Wohnsitz des Beklagten liegt, zu verklagen.

42.      Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht hervor, dass der in Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehene Gerichtsstand des Wohnsitzes des Verbrauchers nur gegeben ist, wenn die drei Voraussetzungen für seine Anwendung erfüllt sind, die in Art. 15 Abs. 1 dieser Verordnung aufgeführt sind. Diese kumulativen Bedingungen sind erstens, dass eine Vertragspartei Verbrauchereigenschaft hat und zu einem Zweck gehandelt hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, zweitens, dass der Vertrag zwischen einem solchen Verbraucher und einem Unternehmer tatsächlich abgeschlossen wurde, und drittens, dass ein solcher Vertrag unter eine der in Abs. 1 Buchst. a bis c dieses Art. 15 angeführten Kategorien fällt(33).

43.      Im vorliegenden Fall beziehen sich die Zweifel des vorlegenden Gerichts nicht unmittelbar auf diese drei Voraussetzungen, von denen offensichtlich nicht bestritten wird, dass sie im vorliegenden Fall zumindest in Bezug auf den Vertrag zwischen der Klägerin des Ausgangsverfahrens und dem Reisebüro erfüllt sind(34). Dieses Gericht ist jedoch mit einer Unsicherheit konfrontiert, die sich daraus ergibt, dass der Unternehmer, der im Ausgangsverfahren verklagt wurde, nicht jener ist, mit dem die betreffende Verbraucherin den Vertrag abgeschlossen hat, aus dem sich die rechtlichen Verpflichtungen ergeben, die Gegenstand dieses Verfahrens sind.

44.      Sodann weise ich darauf hin, dass nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 Kapitel II Abschnitt 4 dieser Verordnung mit Ausnahme „von Reiseverträgen, die für einen Pauschalpreis kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen vorsehen“, nicht auf Beförderungsverträge anzuwenden ist, wobei dieser Ausdruck im Lichte des Begriffs „Pauschalreise“ im Sinne der Richtlinie 90/314 auszulegen ist(35). Daher kann sich ein Fluggast, der einen einfachen Flugschein erworben hat, im Unterschied zu einem Fluggast, der einen Flugschein im Rahmen einer Pauschalreise gebucht hat, nicht auf die in diesem Abschnitt 4 enthaltenen Regeln über die besondere Zuständigkeit bei Verbrauchersachen berufen(36).

45.      Im vorliegenden Fall wurde der verspätete Flug, der Anlass zu der von dem betreffenden Fluggast erhobenen Klage auf Ausgleichsleistungen gegeben hat, in Verbindung mit einer Unterbringung gekauft, so dass es klar ist, dass die Vorschriften dieses Abschnitts 4 anwendbar gewesen wären, wenn eine solche Klage gegen das Reisebüro erhoben worden wäre, das den Flugschein für diesen Flug verkauft hat. Es ist hingegen nicht offensichtlich, dass das auch der Fall sein muss, wenn es sich um eine Klage handelt, die wie in der Ausgangsrechtssache nur gegen eine dritte Person – das ausführende Luftfahrtunternehmen – erhoben wird.

46.      In diesem Zusammenhang möchte das vorlegende Gericht meiner Meinung nach im Wesentlichen wissen, ob die gerichtliche Zuständigkeit, die sich aus dem zwischen dem Verbraucher und dem Reisebüro abgeschlossenen Pauschalreisevertrag ergeben hätte, auf das ausführende Luftfahrtunternehmen ausgedehnt werden kann(37), so dass Letzteres wie das Reisebüro, dem gegenüber es sich verpflichtet hat, den streitigen Flug durchzuführen, vor dem Gericht verklagt werden kann, an dessen Ort der Verbraucher seinen Wohnsitz hat(38).

47.      Die Kommission befürwortet einen solchen weiten Ansatz, der auch von Frau Králová im Ausgangsverfahren vertreten wird. Nach Ansicht der Kommission ist die in Art. 15 Abs. 3 in fine der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehene Ausnahme und daher der Abschnitt 4 ihres Kapitels II im Ausgangsverfahren anzuwenden, da die Verpflichtungen, die zum einen zwischen dem Verbraucher und dem Reisebüro aufgrund ihres die Reise und die Unterbringung kombinierenden Vertrags und zum anderen zwischen diesem Reisebüro und dem Luftfahrtunternehmen aufgrund ihrer Geschäftsvereinbarung bestehen, untrennbar miteinander verbunden seien, wenngleich diese Verpflichtungen für unterschiedliche Vertragspartner bestünden. Ich teile diesen Standpunkt aus den im Folgenden dargelegten Gründen nicht.

48.      Erstens sehe ich mich, ebenso wie die tschechische Regierung, durch den Wortlaut aller in Abschnitt 4 („Zuständigkeit bei Verbrauchersachen“) von Kapitel II der Verordnung Nr. 44/2001 enthaltenen Vorschriften dazu veranlasst, mich für den der Auffassung der Kommission entgegenstehenden Ansatz zu entscheiden. In diesen Vorschriften wird Bezug genommen auf einen „Vertrag, den … der Verbraucher … geschlossen hat“, auf den „Vertragspartner des Verbrauchers“, auf den „anderen Vertragspartner“ des mit dem Verbraucher geschlossenen Vertrags oder auch auf Gerichtsstandsvereinbarungen „zwischen einem Verbraucher und seinem Vertragspartner“(39). Aufgrund dieser Formulierungen bin ich der Ansicht, dass nicht nur der tatsächliche Abschluss eines Verbrauchervertrags(40), sondern auch die Identität der Verfahrensparteien(41) für die Anwendung der in diesem Abschnitt enthaltenen Zuständigkeitsvorschriften maßgeblich ist, und zwar im Gegensatz zu dem, was für Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung hinsichtlich der besonderen Zuständigkeit für „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“(42) gilt. In diesem Sinne hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass „[d]ie in Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 aufgestellten Regeln für die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen … gemäß dem Wortlaut dieser Bestimmung nur für die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner [gelten], was zwangsläufig den Abschluss eines Vertrags zwischen dem Verbraucher und dem beruflich oder gewerblich tätigen Beklagten impliziert“(43).

49.      Unter Umständen wie jenen des Ausgangsverfahrens kann für die Zwecke der Anwendung von Kapitel II Abschnitt 4 der Verordnung Nr. 44/2001 nicht davon ausgegangen werden, dass die beklagte Partei, nämlich das ausführende Luftfahrtunternehmen, der Unternehmer ist, mit dem der Verbraucher den betreffenden Vertrag abgeschlossen hat. Die tschechische Regierung weist meines Erachtens zu Recht darauf hin, dass, wenngleich davon auszugehen ist, dass die von einem Fluggast gegen das Transportunternehmen erhobene Klage unter solchen Umständen unter einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung fällt(44), dies für sich genommen nicht bedeutet, dass zwischen diesen Parteien eine Beziehung vertraglicher Natur im Sinne von Abschnitt 4 ihres Kapitels II besteht. Diese Abkopplung ergibt sich daraus, dass der Anwendungsbereich und die Voraussetzungen für die Anwendung der in Art. 5 Nr. 1 genannten Regeln von jenen der in Abschnitt 4 genannten Zuständigkeitsregeln abweichen, wobei Letztere eine Ausnahme von Ersteren darstellen(45).

50.      Zweitens möchte ich jedoch anmerken, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens vor dem vorlegenden Gericht geltend gemacht hat, dass der Gerichtshof im Urteil Maletic den in Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 enthaltenen Begriff „anderer Vertragspartner“ dahin ausgelegt habe, dass er „unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens auch den im Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers ansässigen Vertragspartner des Wirtschaftsteilnehmers bezeichnet, mit dem der Verbraucher den betreffenden Vertrag geschlossen hat“(46). Die Kommission argumentiert zur Unterstützung der von ihr in der vorliegenden Rechtssache vorgeschlagenen Auslegung auch mit diesem Urteil, jedoch meines Erachtens zu Unrecht.

51.      Ebenso wie das vorlegende Gericht und die tschechische Regierung weise ich darauf hin, dass die Umstände der Rechtssache, in der das Urteil Maletic ergangen ist, in vielerlei Hinsicht anders waren als die hier in Rede stehenden(47). In einem späteren Urteil(48) hat der Gerichtshof betont, dass die im Urteil Maletic erfolgte Auslegung „auf besonderen Umständen [beruht], unter denen der Verbraucher von vornherein vertraglich in untrennbar miteinander verbundener Weise an zwei Vertragspartner gebunden war“(49), und berücksichtigt, dass „der Ausschluss des im Mitgliedstaat des Verbrauchers niedergelassenen Vertragspartners vom Anwendungsbereich von Art. 16 zur Folge gehabt [hätte], dass das mit der Klage auf Verurteilung beider Vertragspartner als Gesamtschuldner befasste Gericht nur in Bezug auf den in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer zuständig gewesen wäre“(50). Der Gerichtshof hat hinzugefügt, dass „[e]ine solche Auslegung … unter den Umständen des Ausgangsverfahrens, wo mit dem beklagten beruflich oder gewerblich Handelnden überhaupt kein Vertrag geschlossen wurde, nicht gelten [kann]“(51).

52.      Diese negative Schlussfolgerung drängt sich meiner Ansicht nach auch in der vorliegenden Rechtssache auf, da zum einen die hier betroffene Verbraucherin nicht von vornherein vertraglich in untrennbar miteinander verbundener Weise an zwei Vertragspartner gebunden war, sondern nur mit einem Reisebüro einen Vertrag abgeschlossen hat, und zum anderen die Klage im Ausgangsverfahren nicht auf die Verurteilung beider Vertragspartner als Gesamtschuldner abzielt, sondern nur auf die Verurteilung eines Unternehmers, der mit dieser Verbraucherin keinen Vertrag abgeschlossen hat und zudem in einem anderen Mitgliedstaat als diese niedergelassen ist.

53.      Drittens weise ich darauf hin, dass die von mir vorgeschlagene Auslegung den Zielen der Verordnung Nr. 44/2001 nicht entgegensteht, die von der Kommission geltend gemacht werden.

54.      Was die Gefahr von Parallelverfahren und somit unvereinbaren Entscheidungen angeht(52), die die Verordnung Nr. 44/2001 im Allgemeinen zu verhindern trachtet, wie ihr 15. Erwägungsgrund anführt und der Gerichtshof vor allem im Urteil Maletic betont hat, werde ich mich auf die Feststellung beschränken, dass diese Gefahr bei einer gerichtlichen Klage wie der des Ausgangsverfahrens nicht besteht und dass ihre Vermeidung jedenfalls kein wesentliches Ziel von Kapitel II Abschnitt 4 dieser Verordnung darstellt.

55.      Was die durch Kapitel II Abschnitt 4 der Verordnung Nr. 44/2001 vor allem bezweckte Gewährleistung des Verbraucherschutzes durch Festlegung von für den Verbraucher als schwächere Partei günstigeren Zuständigkeitsvorschriften anbelangt, wie dies im 13. Erwägungsgrund dieser Verordnung angeführt ist(53), weise ich darauf hin, dass sich die Kommission ausdrücklich auf dieses Ziel beruft, um den von ihr vertretenen Ansatz zu stützen(54), was meiner Ansicht nach falsch ist.

56.      Der Gerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die Vorschriften in Abschnitt 4 eng auszulegen und daher einer Auslegung, die über die dort ausdrücklich vorgesehenen Fälle hinausgeht, nicht zugänglich sind, da diese Vorschriften Ausnahmen darstellen(55) und nicht nur von der allgemeinen Zuständigkeitsregel in Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 abweichen(56), sondern auch von der besonderen Zuständigkeitsregel für Verträge in Art. 5 Nr. 1 der Verordnung(57).

57.      Zudem hat der Gerichtshof in Bezug auf Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 bereits entschieden, dass „[m]it der Voraussetzung, dass zwischen dem Verbraucher und dem beruflich oder gewerblich tätigen Beklagten ein Vertrag geschlossen worden sein muss, … die Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands sichergestellt werden [kann], die nach dem elften Erwägungsgrund [dieser Verordnung] zu deren Zielen zählt“(58). Die Tatsache, dass der Unternehmer auf der Grundlage von Art. 16 Abs. 1 vor dem Gericht verklagt werden kann, in dessen Sprengel sich der Wohnsitz der schwachen Partei, also des Verbrauchers, befindet, wird somit durch das Erfordernis, dass zwischen ihnen ein Vertrag abgeschlossen wurde, ausgeglichen, woraus sich diese Vorhersehbarkeit ergibt.

58.      Daraus folgt meines Erachtens, dass die schützenden Zuständigkeitsvorschriften, die in Kapitel II Abschnitt 4 dieser Verordnung aufgeführt sind, insbesondere in ihrem Art. 16 Abs. 1, unter Umständen wie jenen der Klage, mit der das vorlegende Gericht befasst ist, wenn nämlich der betreffende Verbraucher keinen Vertrag mit dem im Rahmen einer Klage auf Ausgleichsleistungen belangten Unternehmer abgeschlossen hat, nicht anwendbar sind.

59.      Daher schlage ich vor, auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass die Vorschriften von Kapitel II Abschnitt 4 der Verordnung Nr. 44/2001, worin die Art. 15 bis 17 enthalten sind, dahin auszulegen sind, dass sie auf eine solche Klage nicht anwendbar sind.

C.      Zur Frage, ob ein Fluggast, dessen im Rahmen einer unter die Richtlinie 90/314 fallenden Pauschalreise gekaufter Flug Verspätung hatte, das ausführende Luftfahrtunternehmen auf der Grundlage der Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 261/2004 verklagen kann (dritte Frage)

60.      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, ob ein ausführendes Luftfahrtunternehmen hinsichtlich der Befriedigung von Ansprüchen eines Fluggastes, die sich aus der Verordnung Nr. 261/2004 ergeben, auch dann passiv legitimiert ist, wenn diese Parteien miteinander keinen Vertrag abgeschlossen haben und der in Rede stehende Flug bei einem Reisebüro im Rahmen einer Pauschalreise gekauft wurde, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 90/314 fällt.

61.      Wenngleich sie unterschiedliche Formulierungen wählen und sich auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen stützen, schlagen sowohl die tschechische Regierung(59) als auch die Kommission(60) vor, diese Frage zu bejahen. Auch ich bin aus den folgenden Gründen der Ansicht, dass sie zu bejahen ist.

62.      Zunächst weise ich darauf hin, dass die vom vorlegenden Gericht aufgeworfenen Fragen grundsätzlich zwei Probleme betreffen.

63.      Zum einen ist zu prüfen, ob die sich aus der Verordnung Nr. 261/2004 ergebenden Pflichten das ausführende Luftfahrtunternehmen, das den streitigen Flug im Namen der Person durchgeführt hat, die mit dem Fluggast einen Vertrag abgeschlossen hat(61), auch dann treffen, wenn diese Person, wie im vorliegenden Fall, dem Fluggast ein Paket von Reisedienstleistungen und nicht nur eine Luftbeförderung verkauft hat. Insoweit werde ich mich auf die Aussage beschränken, dass dies meiner Ansicht nach der Fall ist, und in diesem Sinne lediglich auf die Erwägungen zur Frage verweisen, welche Schlüsse aus dem Urteil flightright u. a. zu ziehen sind, die ich im Rahmen der ersten Vorlagefrage dargelegt habe(62). Ebenso vertritt die Kommission unter Bezugnahme auf dieses Urteil(63) die Ansicht, dass in diesem Zusammenhang der Fluggast den Unternehmer verklagen könne, der die Verpflichtungen erfülle, die er gegenüber dem Reisebüro, das den Flug als Bestandteil einer Pauschalreise verkauft habe, freiwillig eingegangen sei.

64.      Das andere vom vorlegenden Gericht aufgeworfene Problem, das meiner Meinung nach mehr Schwierigkeiten bereitet, betrifft das Zusammenspiel der Ansprüche, die sich aus der Verordnung Nr. 261/2004 ergeben, mit jenen, die sich aus der Richtlinie 90/314 ergeben(64), unter Umständen wie jenen des Ausgangsrechtsstreits.

65.      Eine ähnliche Klage war jüngst Gegenstand der Rechtssache, in der das Urteil Aegean Airlines(65) ergangen ist und bei der es speziell um den Anspruch auf Erstattung von Flugscheinkosten durch das ausführende Luftfahrtunternehmen bei Annullierung eines Fluges ging, vor allem wenn der Reiseveranstalter(66) in Konkurs gegangen ist. In diesem Urteil hat der Gerichtshof „Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 261/2004[(67)] dahin [ausgelegt], dass ein Fluggast, der nach der Richtlinie 90/314 gegen seinen Reiseveranstalter einen Anspruch auf Erstattung seiner Flugscheinkosten hat, vom Luftfahrtunternehmen gemäß dieser Verordnung keine solche Erstattung mehr verlangen kann, und zwar auch dann nicht, wenn der Reiseveranstalter finanziell nicht in der Lage ist, die Flugscheinkosten zu erstatten, und keine Maßnahmen getroffen hat, diese Erstattung sicherzustellen“(68). Diese Auslegung war meines Erachtens aus den Gründen geboten, die ich in meinen Schlussanträgen in dieser Rechtssache dargelegt habe(69).

66.      Ich weise darauf hin, dass in der vorliegenden Rechtssache, auch wenn die vorgelegte Frage auf sämtliche Ansprüche abzielt, die den Fluggästen durch die Verordnung Nr. 261/2004 verliehen werden, aus der Vorlageentscheidung hervorgeht(70), dass die Klage im Ausgangsverfahren speziell auf ihre Art. 6 und 7 gestützt wird, in denen jeweils die Voraussetzungen angeführt sind, unter denen das ausführende Luftfahrtunternehmen bei großer Verspätung eines Fluges dem Fluggast eine Unterstützungsleistung nach den in ihren Art. 8 und 9 vorgesehenen Modalitäten sowie eine pauschale Ausgleichsleistung gemäß der im Urteil Sturgeon u. a. – in dem der Schaden, der wie im vorliegenden Fall durch einen mindestens drei Stunden verspäteten Flug entstand, dem Schaden gleichgesetzt worden ist, der durch einen annullieren Flug entsteht – vorgenommenen Auslegung gewähren muss. Ich werde in den vorliegenden Schlussanträgen daher im Wesentlichen zur Auslegung von Art. 6 und 7 unter solchen Umständen, wenngleich auch im Lichte ergänzender Bestimmungen, Stellung nehmen.

67.      Was den Wortlaut und die Systematik der einschlägigen Vorschriften der Verordnung Nr. 261/2004 anbelangt, weise ich darauf hin, dass Letztere bestimmte Vorschriften enthält, die allgemein das Zusammenspiel dieses Rechtsinstruments mit der Richtlinie 90/314 betreffen. So heißt es im fünften Erwägungsgrund dieser Verordnung, dass sich der durch diese Verordnung gewährleistete Schutz auch auf Fluggäste von Flügen im Rahmen von Pauschalreisen erstrecken sollte, die von dieser Richtlinie erfasst sind. Ferner bestimmt Art. 3 Abs. 6 dieser Verordnung, dass diese die aufgrund der Richtlinie 90/314 bestehenden Fluggastrechte unberührt lässt(71).

68.      Was den im Urteil Aegean Airlines ausgelegten Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 261/2004 anbelangt, so bringt er auf spezifische Weise zum Ausdruck, dass der in Abs. 1 Buchst. a dieses Artikels vorgesehene Anspruch auf Erstattung der Flugscheinkosten(72) auch für Fluggäste gilt, deren Flüge Bestandteil einer Pauschalreise sind, es sei denn, dass sich ein solcher Anspruch aus der Richtlinie 90/314, wenn auch nur potenziell, ergibt(73). In diesem Urteil hat der Gerichtshof, nachdem er auf die Entstehungsgeschichte der Verordnung Nr. 261/2004 hingewiesen(74) und den Wortlaut von Art. 3 Abs. 6 dieser Verordnung in Erinnerung gerufen hatte, entschieden, dass deren Art. 8 Abs. 2 bewirkt, dass die Ansprüche auf Erstattung der Flugscheinkosten nach dieser Verordnung und nach der Richtlinie 90/314(75) nicht kumulierbar sind, da eine solche Kumulierung dazu angetan wäre, zu einem ungerechtfertigten Übermaß an Schutz des betroffenen Fluggastes zu führen, und zwar zulasten des ausführenden Luftfahrtunternehmens, da dieses in diesem Fall Gefahr liefe, einen Teil der Verantwortung übernehmen zu müssen, die dem Reiseveranstalter seinem Kunden gegenüber nach dem mit diesem geschlossenen Vertrag obliegt(76).

69.      Hingegen enthalten die Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 261/2004, deren Auslegung in der vorliegenden Rechtssache hinsichtlich der Anwendbarkeit auf einen Anspruch auf pauschale Ausgleichsleistungen wegen einer großen Verspätung eines Fluges wie der des Ausgangsverfahrens erforderlich ist, keinen ausdrücklichen Vorbehalt betreffend die Vorschriften der Richtlinie 90/314, der jenem in Art. 8 Abs. 2 in fine dieser Verordnung gleichkommt, der auf Ansprüche auf Erstattung der Flugscheinkosten beschränkt ist(77).

70.      Aus diesem unterschiedlichen Wortlaut ergibt sich meines Erachtens klar, dass der in Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 vorgesehene Ausgleichsanspruch, der sowohl annullierte Flüge als auch mindestens drei Stunden verspätete Flüge abdeckt(78), sehr wohl auf einen Fluggast anwendbar ist, dessen Flug Bestandteil einer Pauschalreise ist, und zwar unabhängig von Erstattungs- oder Entschädigungsansprüchen gemäß der Richtlinie 90/314 wegen Nichterbringung oder mangelhafter Erbringung der Leistungen, die Gegenstand dieser Pauschalreise sind(79). Mit anderen Worten kann sich meiner Meinung nach ein solcher Fluggast gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen auf einen Anspruch auf standardisierte Wiedergutmachung auf der Grundlage der Verordnung Nr. 261/2004(80) und gegenüber der Person, die ihm die Pauschalreise verkauft hat, auf einen Anspruch auf individuelle Wiedergutmachung auf der Grundlage der Richtlinie 90/314 berufen, deren Höhe dem Unterschied zwischen dem Wert der im Reisevertrag vorgesehenen und dem Wert der in Wirklichkeit erbrachten Dienstleistungen entspricht.

71.      Im vorliegenden Fall kann ein durch die große Verspätung eines Fluges verursachter Schaden wie jener, der von der Klägerin des Ausgangsverfahrens geltend gemacht wird, meiner Ansicht nach an sich nicht unter diese Art von Wiedergutmachung fallen, auch wenn die betreffenden Flugzeiten wahrscheinlich in dem Vertrag aufgeführt waren, den der Fluggast mit dem Reisebüro abgeschlossen hatte. Ich bin der Meinung, dass die Entschädigungspflicht, die dem Reiseveranstalter durch die Richtlinie 90/314 auferlegt wird, hingegen aus einer solchen Verspätung erwachsen könnte, wenn erwiesen wäre, dass diese Verspätung zu einer mangelhaften Erbringung anderer Leistungen geführt hat, die Gegenstand dieser Pauschalreise waren. Wie ich jedoch im Rahmen der Rechtssache Aegean Airlines(81) ausgeführt habe, muss darauf geachtet werden, dass es aufgrund der gleichzeitigen Anwendung der Schadensersatzansprüche gemäß der Verordnung Nr. 261/2004 und gemäß der Richtlinie 90/314 nicht zu einer Überkompensation kommt, so dass meines Erachtens die aufgrund dieser Verordnung geschuldeten Beträge möglicherweise von jenen abgezogen werden müssen, die aufgrund dieser Richtlinie geschuldet werden(82).

72.      Was den historischen Zusammenhang anbelangt, in den sich die hier einschlägigen Vorschriften einfügen, teile ich die vom Gerichtshof im Urteil Aegean Airlines vertretene Ansicht und weise in Übereinstimmung mit den von mir in meinen Schlussanträgen in dieser Rechtssache angestellten Überlegungen(83) darauf hin, dass sich aus der Entstehungsgeschichte der Verordnung Nr. 261/2004 ergibt, dass der Unionsgesetzgeber die Fluggäste, deren Flug Bestandteil einer Pauschalreise ist, nicht vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausschließen wollte, sondern ihnen die durch diese Verordnung verliehenen Rechte zuerkennen und ihnen gegenüber zugleich das zuvor durch die Richtlinie 90/314 eingerichtete, einen ausreichenden Schutz gewährende System beibehalten wollte. Vor allem der sich aus Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 ergebende standardisierte Ausgleichsanspruch gehört offensichtlich zu den wesentlichen Rechten, die den Fluggästen durch dieses Rechtsinstrument zu Lasten des ausführenden Luftfahrtunternehmens verliehen werden(84), und meiner Meinung nach gibt es dafür keine Entsprechung in dem durch die Richtlinie 90/314 eingeführten System zu Lasten des Reiseveranstalters.

73.      Unter diesem zeitlichen Blickwinkel ist meiner Ansicht nach auch der Inhalt der Richtlinie 2015/2302 zu berücksichtigen, die die Richtlinie 90/314 ersetzt hat(85), da diese neue Richtlinie über Pauschalreisen Vorschriften mit genauen Angaben darüber enthält, wie diese Richtlinie in Bezug auf die darin vorgesehenen Ansprüche auf Schadensersatzzahlung oder Preisminderung mit der Verordnung Nr. 261/2004 in geeigneter Weise zu kombinieren ist(86). Daraus ergibt sich vor allem, dass die nach der Richtlinie 2015/2302 im Falle einer mangelhaften Erbringung der Reiseleistungen zugesprochenen Beträge von den gemäß anderen angeführten Rechtsakten des Unionsrechts, darunter die Verordnung Nr. 261/2004, gewährten Beträgen abgezogen werden müssen und umgekehrt, um eine Überkompensation zu vermeiden. Ähnliche Erwägungen finden sich in einer Bekanntmachung der Kommission zur Verordnung Nr. 261/2004, die nach dem Erlass der Richtlinie 2015/2302 veröffentlicht wurde(87). Dies ist meines Erachtens ein Hinweis darauf, dass der Unionsgesetzgeber nunmehr ausdrücklich anerkannt hat, dass der durch Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 verliehene Ausgleichsanspruch auch für Fluggäste gilt, deren Flug Bestandteil einer Pauschalreise ist.

74.      Was die Ziele der einschlägigen Vorschriften anbelangt(88), geht aus dem ersten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 261/2004 hervor, dass diese hauptsächlich darauf abzielt, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen, wenngleich mit diesem Rechtsinstrument auch ein Ausgleich zwischen den Interessen der geschützten Fluggäste und denen der Luftfahrtunternehmen gewährleistet werden soll.

75.      Es allen Kategorien von Fluggästen, einschließlich jener, deren Flug Bestandteil einer Pauschalreise ist, zu ermöglichen, den Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 geltend zu machen, steht in voller Übereinstimmung mit deren wichtigstem Ziel(89), ohne jedoch ihr sekundäres Ziel zu beeinträchtigen, da es Art. 13 dieser Verordnung dem ausführenden Luftfahrtunternehmen, das einem Fluggast gemäß diesem Rechtsinstrument eine Ausgleichszahlung geleistet hat, erlaubt, nach geltendem nationalen Recht bei anderen Personen, von denen der Verstoß des Luftfahrtunternehmens gegen seine Verpflichtungen ausgeht, in Regress zu nehmen(90),

76.      Zudem weise ich in praktischer Hinsicht darauf hin, dass im Unterschied zu den Schwierigkeiten, die durch einen Anspruch auf Erstattung von Flugscheinkosten nach Art. 8 der Verordnung Nr. 261/2004 entstehen, bei dem das ausführende Luftfahrtunternehmen Probleme haben kann, den Kaufpreis eines Flugscheins zu ermitteln, wenn dieser Bestandteil einer von einem Dritten verkauften Pauschalreise ist(91), ein auf Art. 7 dieser Verordnung gestützter Anspruch auf Ausgleichsleistungen unter den gleichen Verkaufsbedingungen keine solchen Probleme der Bezifferung aufwirft, weil der Betrag hier dem Fluggast pauschal und auf der Grundlage der in diesem Artikel enthaltenen einheitlichen Kriterien geschuldet wird(92).

77.      Schließlich weise ich darauf hin, dass ich den Standpunkt der tschechischen Regierung nicht teile, wonach eine bejahende Antwort auf die dritte Vorlagefrage auf Fälle beschränkt werden müsse, in denen die Verspätung dem ausführenden Luftfahrtunternehmen zurechenbar sei(93), da dieses die Möglichkeit haben müsse, sich von seiner Haftung zu befreien, wenn es das Vorliegen von Umständen nachweise, die von seinem Willen unabhängig seien(94). Ich für meinen Teil bin der Auffassung, dass es bei dieser Frage im Kern darum geht, ob gegen ein solches Unternehmen von Fluggästen gerichtlich auf Ausgleichsleistungen geklagt werden kann, und nicht um die Voraussetzungen, unter denen es sich von der Verpflichtung befreien kann, den Fluggast zu entschädigen, die nach der Verordnung Nr. 261/2004 grundsätzlich auf ihm lastet.

78.      Daher bin ich der Ansicht, dass auf die dritte Frage zu antworten ist, dass die Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 261/2004 dahin auszulegen sind, dass ein Fluggast, dessen Flug um drei Stunden oder mehr verspätet war, vom ausführenden Luftfahrtunternehmen auch dann auf der Grundlage dieser Verordnung eine Ausgleichsleistung verlangen kann, wenn diese Parteien keinen Vertrag abgeschlossen hatten und dieser Flug Bestandteil eines Pakets pauschaler Dienstleistungen war, die unter die Richtlinie 90/314 fallen und nach Maßgabe eines zwischen diesem Fluggast und einem Reisebüro abgeschlossenen Vertrags zu erbringen waren.

V.      Ergebnis

79.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Obvodní soud pro Prahu 8 (Bezirksgericht Prag 8, Tschechische Republik) wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 5 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine Klage auf Ausgleichsleistungen, die von einem Fluggast gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen erhoben wird, auch dann unter diesen Artikel fällt, wenn zwischen diesen Parteien kein Vertrag abgeschlossen worden war und dieser Flug Bestandteil eines Pakets von Dienstleistungen war, die aufgrund eines Vertrags zwischen der Klägerin und einem Dritten erbracht wurden.

2.      Die Vorschriften von Kapitel II Abschnitt 4 der Verordnung Nr. 44/2001, worin die Art. 15 bis 17 enthalten sind, sind dahin auszulegen, dass sie auf eine Klage nicht anwendbar sind.

3.      Die Art. 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 sind dahin auszulegen, dass ein Fluggast, dessen Flug um drei Stunden oder mehr verspätet war, vom ausführenden Luftfahrtunternehmen auch dann auf der Grundlage dieser Verordnung eine Ausgleichsleistung verlangen kann, wenn diese Parteien keinen Vertrag abgeschlossen hatten und dieser Flug Bestandteil eines Pakets pauschaler Dienstleistungen war, die unter die Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen fallen und nach Maßgabe eines zwischen diesem Fluggast und einem Reisebüro abgeschlossenen Vertrags zu erbringen waren.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. 2004, L 46, S. 1).


3      Verordnung des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).


4      Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (ABl. 1990, L 158, S. 59).


5      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).


6      Vgl. Nr. 18 der vorliegenden Schlussanträge.


7      Vgl. dazu 21. Erwägungsgrund und Art. 1 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 sowie das am 19. Oktober 2005 in Brüssel unterzeichnete Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2005, L 299, S. 62). Vgl. auch Urteil vom 12. September 2013, Sunico u. a. (C‑49/12, EU:C:2013:545, Rn. 5).


8      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates (ABl. 2015, L 326, S. 1).


9      Urteil vom 19. November 2009 (C‑402/07 und C‑432/07, im Folgenden: Urteil Sturgeon u. a., EU:C:2009:716), in dem der Gerichtshof die Art. 5, 6 und 7 der Verordnung Nr. 261/2004 dahin ausgelegt hat, dass „die Fluggäste verspäteter Flüge für die Anwendung des Ausgleichsanspruchs den Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden und somit den in Art. 7 dieser Verordnung vorgesehenen Ausgleichsanspruch geltend machen können, wenn sie wegen eines verspäteten Fluges einen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden“ (Rn. 69). Vgl. auch Urteil vom 11. Juli 2019, České aerolinie (C‑502/18, EU:C:2019:604, Rn. 19).


10      Vgl. dazu Nr. 10 der vorliegenden Schlussanträge.


11      Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass seine eigene Zuständigkeit nicht auf Art. 24 dieser Verordnung gestützt werden könne, da sich die beklagte Partei nach Klageerhebung vor ihm nicht auf das Verfahren eingelassen habe. Sein Vorabentscheidungsersuchen bezieht sich im Übrigen nicht auf diese Vorschrift.


12      Ich weise darauf hin, dass der Anspruch, auf den sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens aufgrund der Verspätung eines Fluges beruft und der aus den Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 261/2004 in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof im Urteil Sturgeon u. a. (Rn. 69) hergeleitet wird, ein Anspruch auf eine pauschale und einheitliche Ausgleichsleistung ist (vgl. insbesondere Urteil vom 10. März 2016, Flight Refund, C‑94/14, EU:C:2016:148, Rn. 45). Zudem ist unstreitig, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen hinsichtlich des Anwendungsbereichs dieser Verordnung, die in ihrem Art. 3 aufgeführt sind, erfüllt sind. Schließlich steht es angesichts der Rechtsprechung des Gerichtshofs fest, dass eine Klage auf Ausgleichsleistung, die allein auf der Grundlage der Verordnung Nr. 261/2004 erhoben wurde, anhand der Verordnung Nr. 44/2001 zu prüfen ist (vgl. insbesondere Urteile vom 10. März 2016, Flight Refund, C‑94/14, EU:C:2016:148, Rn. 46, und vom 11. April 2019, Ryanair, C‑464/18, EU:C:2019:311, Rn. 24, sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache Guaitoli u. a., C‑213/18, EU:C:2019:524, Nrn. 32 und 35 ff.).


13      Wenngleich ich mich bei den in den vorliegenden Schlussanträgen vorgeschlagenen Antworten an die vom vorlegenden Gericht bevorzugte Reihenfolge der Analyse halten werde, möchte ich dennoch anmerken, dass die Vorschriften der Verordnung Nr. 44/2001 über Verbrauchersachen eine lex specialis darstellen und daher grundsätzlich vor jenen über Verträge und Ansprüche aus einem Vertrag im Allgemeinen geprüft werden müssen (vgl. zum Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Urteil vom 20. Januar 2005, Engler, C‑27/02, EU:C:2005:33, Rn. 31 und 32).


14      Falls der Gerichtshof die dritte Frage verneinen sollte, müsste das vorlegende Gericht die Klage der Klägerin des Ausgangsverfahrens für unzulässig erklären, und zwar nicht wegen Unzuständigkeit, wie das bei den ersten beiden Fragen der Fall wäre, sondern wegen fehlender Passivlegitimation der Beklagten.


15      Art. 2 Nr. 1 dieser Richtlinie definiert eine „Pauschalreise“ als „die im voraus festgelegte Verbindung von mindestens zwei der folgenden Dienstleistungen, die zu einem Gesamtpreis verkauft oder zum Verkauf angeboten wird, wenn diese Leistung länger als 24 Stunden dauert oder eine Übernachtung einschließt:      
a) Beförderung;      
b) Unterbringung;      
c) andere touristische Dienstleistungen, die nicht Nebenleistungen von Beförderung oder Unterbringung sind und einen beträchtlichen Teil der Gesamtleistung ausmachen.“


16      Noch komplexer kann die Lage werden, wenn ein Fluggast eine Reise auf einer Internetseite kauft, weil es möglich ist, dass sein tatsächlicher Vertragspartner eine andere Gesellschaft ist, nämlich der eigentliche Veranstalter dieser Reise. Zur Gesamtheit der hier aufgeworfenen Probleme vgl. insbesondere Lambertye-Autrand, M.‑C. de, „Contrats de prestations touristiques et for de protection des consommateurs dans l’espace judiciaire européen – Excursion sur les terres du for de protection du consommateur dans l’espace judiciaire européen en compagnie d’un voyageur de tourisme“, Mélanges offerts au professeur Pascale Bloch, Bruylant, Brüssel, 2015, S. 381 bis 397.


17      Diese Vorschriften haben insofern einen besonderen Charakter, als sie von der allgemeinen Vorschrift abweichen, die in Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung aufgeführt ist, wonach Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen sind.


18      Zu dem in Art. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 261/2004 definierten Begriff „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ vgl. Urteile vom 4. Juli 2018, Wirth u. a. (C‑532/17, EU:C:2018:527, Rn. 17 bis 20), sowie vom 11. Juli 2019, České aerolinie (C‑502/18, EU:C:2019:604, Rn. 23).


19      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. April 2009, Falco Privatstiftung und Rabitsch (C‑533/07, EU:C:2009:257, Rn. 40), vom 19. Dezember 2013, Corman-Collins (C‑9/12, EU:C:2013:860, Rn. 42), sowie vom 14. Juli 2016, Granarolo (C‑196/15, EU:C:2016:559, Rn. 31).


20      Das vorlegende Gericht verweist insbesondere auf das Urteil vom 9. Juli 2009, Rehder (C‑204/08, EU:C:2009:439, Rn. 47), in dem der Gerichtshof festgestellt hat, dass für eine auf den Vertrag mit dem ausführenden Luftfahrtunternehmen und die Verordnung Nr. 261/2004 gestützte Klage auf Ausgleichsleistungen nach Wahl des Klägers das Gericht des Ortes des Abflugs oder das des Ortes der Ankunft des Flugzeugs entsprechend der Vereinbarung dieser Orte in dem Vertrag zuständig ist.


21      Urteil vom 7. März 2018 (C‑274/16, C‑447/16 und C‑448/16, im Folgenden: Urteil flightright u. a., EU:C:2018:160). Ich weise darauf hin, dass dieses Urteil nach dem Zeitpunkt ergangen ist, zu dem die Vorlageentscheidung in der vorliegenden Rechtssache ergangen ist.


22      Wobei jeder dieser Fluggäste bei einer Fluggesellschaft eine aus mehreren Teilstrecken bestehende Flugreise gebucht hatte, von der diese Gesellschaft nur einen Teil betreute, während ein ausführendes Luftfahrtunternehmen den anderen Teil übernahm (vgl. Urteil flightright u. a., Rn. 22 bis 24, 37 und 64).


23      Vgl. Urteil flightright u. a. (Rn. 58 bis 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).


24      Abgesehen vom Urteil flightright u. a. vgl. auch betreffend Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012, der Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 entspricht, Urteile vom 4. Oktober 2018, Feniks (C‑337/17, EU:C:2018:805, Rn. 38, 39 und 48), sowie vom 8. Mai 2019, Kerr (C‑25/18, EU:C:2019:376, Rn. 20 und 23 bis 26), in denen insbesondere darauf hingewiesen wird, dass für die Anwendung dieser Zuständigkeitsregel die Feststellung einer Verpflichtung unerlässlich ist, da sich die gerichtliche Zuständigkeit nach dieser Vorschrift nach dem Ort bestimmt, an dem die der Klage zugrunde liegende Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.


25      Vgl. Urteil flightright u. a. (Rn. 66 bis 78 und die dort angeführte Rechtsprechung). Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich wird dort dahin ausgelegt, dass bei einer aus zwei Teilstrecken bestehenden Flugreise „Erfüllungsort “ dieses Flugs der Ankunftsort der zweiten Teilstrecke ist, wenn die Beförderungen auf den beiden Teilstrecken von verschiedenen Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden und die Klage gemäß der Verordnung Nr. 261/2004 auf Ausgleichsleistung wegen einer großen Verspätung bei dieser aus zwei Teilstrecken bestehenden Flugreise auf eine Störung gestützt wird, die auf dem ersten Flug eingetreten ist, der von dem Luftfahrtunternehmen durchgeführt wurde, das nicht Vertragspartner der betreffenden Fluggäste ist.


26      Aus diesem Erwägungsgrund geht hervor, dass es der Unionsgesetzgeber für angebracht hielt, dass der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten, der sich grundsätzlich aus Art. 2 dieser Verordnung ergibt, durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden muss, deren Zuständigkeit entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege gerechtfertigt ist. Vgl. auch Urteile vom 4. September 2014, Nickel & Goeldner Spedition (C‑157/13, EU:C:2014:2145, Rn. 40 und 41), sowie vom 4. Oktober 2018, Feniks (C‑337/17, EU:C:2018:805, Rn. 34 bis 36).


27      Ebenso ist die Kommission der Ansicht, dass die faktischen Unterschiede zwischen der vorliegenden Rechtssache und den verbundenen Rechtssachen, in denen das Urteil flightright u. a. ergangen ist (die darin bestehen, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens hier zum einen ihr Flugticket über ein Reisebüro gekauft hat und nicht bei einer Fluggesellschaft, mit der sie einen Vertrag abgeschlossen hat, und zum anderen einen Anspruch auf eine Ausgleichsleistung für einen Direktflug und nicht für einen Flug mit Zwischenlandung geltend macht), einer solchen Übertragung nicht entgegenstehen.


28      Gemäß den Vorschriften über das ausführende Luftfahrtunternehmen, das einen Flug im Namen des Vertragspartners des Fluggastes durchführt, die in Art. 2 Buchst. b in fine und in Art. 3 Abs. 5 zweiter Satz dieser Verordnung enthalten sind.


29      Hingegen ist die Tatsache, dass der von dem Fluggast abgeschlossene Vertrag Reise und Unterbringung kombiniert, entscheidend, was die zweite und die dritte Vorlagefrage anbelangt (vgl. Nrn. 39 ff. bzw. Nrn. 60 ff. der vorliegenden Schlussanträge).


30      Vgl. in diesem Sinne auch Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in den verbundenen Rechtssachen flightright u. a. (C‑274/16, C‑447/16 und C‑448/16, EU:C:2017:787, Nrn. 52 bis 61).


31      Vgl. Urteile vom 9. Juli 2009, Rehder (C‑204/08, EU:C:2009:439, Rn. 43 bis 47), flightright u. a. (Rn. 68), sowie vom 11. April 2019, Ryanair (C‑464/18, EU:C:2019:311, Rn. 27). Vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Guaitoli u. a. (C‑213/18, EU:C:2019:524, Nr. 46).


32      Ich stelle fest, dass die tschechische Regierung am Ende ihrer schriftlichen Erklärungen vorschlägt, auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen sei, dass eine Klage wie die des Ausgangsverfahrens unter den Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne dieser Vorschrift falle, sie jedoch zuvor darauf hinweist, dass im Ausgangsverfahren die Zuständigkeit des Gerichts auf Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich gestützt werden könne, so dass der Ort der Erbringung der in Rede stehenden Dienstleistung Vorrang haben muss, und zwar nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Ort des Abflugs oder der Ort der Ankunft des Flugzeugs.


33      Vgl. Urteile vom 14. März 2013, Česká spořitelna (C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 30), vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 23), sowie vom 23. Dezember 2015, Hobohm (C‑297/14, EU:C:2015:844, Rn. 23 und 24).


34      Was den letzten Punkt betrifft, scheinen die oben genannten Voraussetzungen erfüllt zu sein, da sich aus den Angaben in der Vorlageentscheidung ergibt, dass Frau Králová erstens in ihrer Eigenschaft als private Endverbraucherin gehandelt hat und dass sie zweitens einen Vertrag mit einem Reisebüro abgeschlossen hat, das wiederum drittens gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 44/2001 in dem Mitgliedstaat niedergelassen ist, in dessen Hoheitsgebiet die Verbraucherin ihren Wohnsitz hat.


35      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Dezember 2010, Pammer und Hotel Alpenhof (C‑585/08 und C‑144/09, EU:C:2010:740, Rn. 35 bis 46).


36      Vgl. auch zu den entsprechenden Bestimmungen in Kapitel II Abschnitt 4 der Verordnung Nr. 1215/2012 Urteil vom 11. April 2019, Ryanair (C‑464/18, EU:C:2019:311, Rn. 29).


37      Insoweit stelle ich fest, dass Art. 6 der Verordnung Nr. 44/2001 ausdrücklich Fälle vorsieht, in denen einem Beklagten eine abgeleitete Zuständigkeit entgegengehalten werden kann, dass jedoch hier keiner dieser Fälle (nämlich mehrere Beklagte, eine Klage auf Gewährleistung oder eine Interventionsklage, eine Widerklage oder eine Klage wegen dinglicher Rechte an unbeweglichen Sachen) hier zutrifft.


38      Gemäß seiner Entscheidung möchte das Gericht wissen, „ob … das Verfahren auf Ausgleichszahlungen gegen ein Luftfahrtunternehmen … die Wesenszüge des Verbraucherverhältnisses nach dem vertraglichen Hauptverhältnis zwischen dem Kläger (Verbraucher) und dem Reiseveranstalter aufweist, so dass es dem Verbraucher ermöglicht wird, alle potenziellen, sich aus diesem Verhältnis ergebenden Ansprüche bei ein und demselben Gericht geltend zu machen“.


39      Diese Ausdrücke werden in Art. 15 Abs. 1 und 2, in Art. 16 Abs. 1 und 2 bzw. in Art. 17 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 verwendet.


40      Vgl. hierzu Nr. 42 der vorliegenden Schlussanträge und die dort angeführte Rechtsprechung sowie Urteil vom 14. Mai 2009, Ilsinger (C‑180/06, EU:C:2009:303, Rn. 52 ff.).


41      Letzteres Kriterium entspricht meines Erachtens auch den Zielen dieser Vorschriften (vgl. insbesondere Nr. 57 der vorliegenden Schlussanträge).


42      Vgl. Nr. 31 der vorliegenden Schlussanträge und die dort angeführte Rechtsprechung.


43      Vgl. Urteile vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 32), sowie vom 25. Januar 2018, Schrems (C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 45), Hervorhebung nur hier.


44      Aus den in den Nrn. 25 ff. der vorliegenden Schlussanträge genannten Gründen.


45      Zum Ausnahmecharakter der Vorschriften des Abschnitts 4 und zu den daraus zu ziehenden Konsequenzen vgl. Nr. 56 der vorliegenden Schlussanträge.


46      Urteil vom 14. November 2013 (C‑478/12, im Folgenden: Urteil Maletic, EU:C:2013:735, Rn. 32).


47      Bei dieser Rechtssache ging es um eine Pauschalreise, die von einem in Deutschland niedergelassenen Reisebüro verkauft, jedoch von einer in Österreich niedergelassenen Gesellschaft organisiert wurde und den Anstoß zu einer von einem Verbraucherpaar mit Wohnsitz in Österreich erhobenen Klage auf Verurteilung dieser beiden Unternehmer als Gesamtschuldner gab (vgl. Urteil Maletic, Rn. 11 bis 14). Das vorlegende Gericht weist unter Bezugnahme auf die hier vom Nejvyšší soud (Oberster Gerichtshof) vorgenommene Analyse darauf hin, dass demgegenüber in der vorliegenden Rechtssache erstens der Wirtschaftsteilnehmer, der die streitige Dienstleistung tatsächlich habe erbringen müssen, nicht für die gesamte Pauschalreise, sondern nur für die Beförderung zuständig gewesen sei und zweitens die Klägerin des Ausgangsverfahrens nur gegen einen einzigen Unternehmer geklagt habe.


48      Vgl. Urteil vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 33).


49      Rn. 29 des Urteils Maletic lautet: „Selbst wenn sich ein einheitlicher Vorgang, wie derjenige, mit dem [die betreffenden Verbraucher] ihre Pauschalreise auf der Internetseite der lastminute.com gebucht und bezahlt haben, in zwei verschiedene Vertragsverhältnisse, zum einen mit dem Online-Reisebüro lastminute.com und zum anderen mit dem Reiseveranstalter TUI, unterteilen ließe, könnte das letztgenannte Vertragsverhältnis nämlich nicht als ‚rein intern‘ qualifiziert werden, da es untrennbar mit dem erstgenannten Vertragsverhältnis verbunden ist, denn es wurde über das genannte Reisebüro begründet, das seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat.“


50      In den Rn. 30 und 31 des Urteils Maletic heißt es, dass „die in den Erwägungsgründen 13 und 15 der Verordnung Nr. 44/2001 genannten Ziele …, wonach der Verbraucher als ‚schwächere [Vertrags‑]Partei‘ geschützt und Parallelverfahren ‚so weit wie möglich vermieden werden [sollen], damit nicht in zwei Mitgliedstaaten miteinander unvereinbare Entscheidungen ergehen‘[,] … einem Ergebnis [entgegenstehen], bei dem [die betreffenden Verbraucher vor verschiedenen Gerichten] mittels zweier miteinander verbundener Klagen parallele Verfahren gegen die beiden an der Buchung und der Durchführung der [streitigen Reise] beteiligten Wirtschaftsteilnehmer einleiten können“.


51      Vgl. Urteil vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 34 und 35), in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass sich ein Kläger, der als Verbraucher eine Inhaberschuldverschreibung bei einem beruflich oder gewerblich handelnden Dritten erworben hat, ohne dass zwischen ihm und dem Emittenten dieser Schuldverschreibung ein Vertrag geschlossen worden wäre, für eine Klage, mit der er den Emittenten in Anspruch nimmt, nicht auf die in Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehene Zuständigkeit berufen kann.


52      Insoweit macht die Kommission geltend, ihre eigene Auslegung erlaube es, dass sich ein Verbraucher, wenn er beschließe, sowohl das Reisebüro als auch andere mit ihm in Verbindung stehende Personen zu verklagen, vor einem (einzigen) Gericht auf Rechte berufen könne, die er in Bezug auf alle untrennbar miteinander verbundenen Verpflichtungen habe.


53      Zu den genauen Gründen für diesen Schutz vgl. insbesondere Urteile vom 14. März 2013, Česká spořitelna (C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 33), sowie vom 23. Dezember 2015, Hobohm (C‑297/14, EU:C:2015:844, Rn. 31).


54      Hierzu stellt die Kommission fest, die Klägerin des Ausgangsverfahrens habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags mit dem Reisebüro nicht notwendigerweise wissen müssen, ob dieses auf Dritte zurückgegriffen habe, um seine Verpflichtungen zu erfüllen.


55      Vgl. insbesondere Urteile vom 23. Dezember 2015, Hobohm (C‑297/14, EU:C:2015:844, Rn. 32), sowie vom 25. Januar 2018, Schrems (C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 27 und 43).


56      Ich weise darauf hin, dass gemäß dem in Art. 2 Abs. 1 aufgestellten allgemeinen Grundsatz die Zuständigkeit den Gerichten des Mitgliedstaats zugewiesen wird, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat.


57      Zu den Vorschriften, die auf einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ anwendbar sind, vgl. Nrn. 27 ff. der vorliegenden Schlussanträge, betreffend die erste Vorlagefrage. Insoweit weise ich darauf hin, dass es mir widersprüchlich zu sein scheint, wenn die Kommission vorschlägt, sowohl die erste als auch die zweite der in der vorliegenden Rechtssache gestellten Fragen zu bejahen, da diese Antworten nahelegen, dass eine Klage wie die des Ausgangsverfahrens gleichzeitig in den speziellen Anwendungsbereich von Art. 5 Nr. 1 und in den Anwendungsbereich des Abschnitts 4 fällt, obwohl die Vorschriften des Abschnitts 4 eine lex specialis zu den Vorschriften von Art. 5 Nr. 1 sind (vgl. auch Fn. 13 der vorliegenden Schlussanträge).


58      Vgl. Urteile vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 29 bis 32), sowie vom 25. Januar 2018, Schrems (C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 45 und 46).


59      Diese Regierung ist der Ansicht, dass „[d]ie Verordnung [Nr. 261/2004] … dahin auszulegen [ist], dass bei Verspätung eines Flugs, der Bestandteil eines Dienstleistungspakets gemäß der Richtlinie [90/314] war, das Luftfahrtunternehmen hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs des Fluggastes gemäß [dieser Richtlinie] unter der Voraussetzung passiv legitimiert ist, dass die Verspätung vom Luftfahrtunternehmen zu verantworten ist“ (Hervorhebung nur hier).


60      Nach Ansicht der Kommission ist „[e]in ausführendes Luftfahrtunternehmen wie die Beklagte [des Ausgangsverfahrens], das keinen Vertrag mit einem Fluggast wie der Klägerin [des Ausgangsverfahrens] abgeschlossen hat, … hinsichtlich der Befriedigung von Ansprüchen, die sich aus der Verordnung [Nr. 261/2004] ergeben, passiv legitimiert“ (Hervorhebung nur hier).


61      In Anwendung von Art. 2 Buchst. b in Verbindung mit Art. 3 Abs. 5 dieser Verordnung.


62      Vgl. Nrn. 34 ff. der vorliegenden Schlussanträge.


63      Genauer gesagt, auf die Rn. 62 und 63 des Urteils flightright u. a.


64      Ich weise darauf hin, dass sich dieses Problem nicht aus dem Wortlaut der dritten Vorlagefrage ergibt, sondern aus der dazugehörigen Begründung der Vorlageentscheidung, in der die Richtlinie 90/314 und vor allem ihr Art. 5 Abs. 1 angeführt werden, der vorsieht, dass der Veranstalter und/oder Vermittler, der Partei des Pauschalreisevertrags ist, gegenüber dem Verbraucher die Haftung für die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen auch dann übernimmt, wenn andere Dienstleistungsträger, wie beispielsweise hier das ausführende Luftfahrtunternehmen, diese Verpflichtungen zu erfüllen haben, wobei die Möglichkeit einer gegen Letztere erhobenen Klage unberührt bleibt.


65      Urteil vom 10. Juli 2019 (C‑163/18, im Folgenden: Urteil Aegean Airlines, EU:C:2019:585).


66      Dieser wird in Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 90/314 als „die Person, die nicht nur gelegentlich Pauschalreisen organisiert und sie direkt oder über einen Vermittler verkauft oder zum Verkauf anbietet“, definiert.


67      Art. 8 („Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung“) der Verordnung Nr. 261/2004 bestimmt in seinem Abs. 1 Buchst. a: „Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste [insbesondere] wählen zwischen … der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit … einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt“. In seinem Abs. 2 heißt es, dass „Absatz 1 Buchstabe a) … auch für Fluggäste [gilt], deren Flüge Bestandteil einer Pauschalreise sind, mit Ausnahme des Anspruchs auf Erstattung, sofern dieser sich aus der Richtlinie 90/314 ergibt“.


68      Urteil Aegean Airlines (Rn. 44).


69      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Aegean Airlines (C‑163/18, im Folgenden: meine Schlussanträge in der Rechtssache Aegean Airlines, EU:C:2019:275, Nrn. 35 bis 67).


70      Vgl. Nrn. 16 bis 18 und Fn. 9 der vorliegenden Schlussanträge.


71      Art. 3 Abs. 6 der Verordnung Nr. 261/2004 fügt, ebenso wie ihr 16. Erwägungsgrund, hinzu, dass „[f]ür Fälle, in denen eine Pauschalreise aus anderen Gründen als der Annullierung des Fluges annulliert wird, … diese Verordnung nicht gelten [sollte]“. Ich weise jedoch darauf hin, dass nur die große Verspätung eines Fluges, der Bestandteil einer Pauschalreise war, und nicht die Annullierung einer solchen Pauschalreise im vorliegenden Ausgangsrechtsstreit in Rede steht.


72      Nach Art. 6 Abs. 1 Ziff. iii der Verordnung Nr. 261/2004, der auf deren Art. 8 Abs. 1 Buchst. a verweist, besitzt ein Fluggast diesen Anspruch auf Erstattung der Flugscheinkosten insbesondere dann, wenn die Verspätung mindestens fünf Stunden beträgt.


73      Gemäß Rn. 31 des Urteils Aegean Airlines lässt sich „[d]em eindeutigen Wortlaut dieses Art. 8 Abs. 2 … entnehmen, dass bereits das Bestehen eines Erstattungsanspruchs aus der Richtlinie 90/314 ausreicht, um auszuschließen, dass ein Fluggast, dessen Flug Bestandteil einer Pauschalreise ist, die Erstattung seiner Flugscheinkosten nach der Verordnung Nr. 261/2004 von dem ausführenden Luftfahrtunternehmen verlangen kann“.


74      Vgl. dazu Nr. 72 der vorliegenden Schlussanträge.


75      Art. 4 Abs. 6 Unterabs. 1 dieser Richtlinie bestimmt: „Wenn der Verbraucher … vom [Pauschalreisevertrag] zurücktritt oder wenn der Veranstalter – gleich aus welchem Grund, ausgenommen Verschulden des Verbrauchers – die Reise vor dem vereinbarten Abreisetag storniert, hat der Verbraucher folgende Ansprüche:      
a) Teilnahme an einer gleichwertigen oder höherwertigen anderen Pauschalreise, wenn der Veranstalter und/oder der Vermittler in der Lage ist, ihm eine solche anzubieten. Ist die angebotene Pauschalreise von geringerer Qualität, so erstattet der Veranstalter dem Verbraucher den Preisunterschied; oder      
b) schnellstmögliche Erstattung aller von ihm aufgrund des Vertrages gezahlten Beträge.“


76      Vgl. Urteil Aegean Airlines (Rn. 32 bis 34), in dem diesbezüglich auf meine Schlussanträge in der Rechtssache Aegean Airlines verwiesen wird (Nrn. 43 und 44 sowie Nr. 64).


77      Zum Ausnahmecharakter des Vorbehalts in Art. 8 Abs. 2 vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Aegean Airlines (Nrn. 50 und 51).


78      Gemäß dem Urteil Sturgeon u. a. (Rn. 69).


79      Im Falle eines Rücktritts oder einer Stornierung des Reisevertrags besteht abgesehen vom Anspruch auf Erstattung gemäß Art. 4 Abs. 6 Unterabs. 1 der Richtlinie 90/314 (angeführt in der Fn. 75 der vorliegenden Schlussanträge) ein Anspruch auf Entschädigung wegen Nichterfüllung des Vertrags gemäß dem zweiten Unterabsatz dieses Abs. 6. Wenn „ein erheblicher Teil der … vereinbarten Leistungen“ nicht erbracht wird, ist in Art. 4 Abs. 7 dieser Richtlinie eine Entschädigung wegen mangelhafter Erfüllung des Vertrags vorgesehen, „deren Höhe dem Unterschied zwischen dem Preis der vorgesehenen und der erbrachten Dienstleistungen entspricht“. Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 und 4 dieser Richtlinie betrifft die Einschränkungen, die die Mitgliedstaaten für die Wiedergutmachung von Schäden zulassen können, die sich aus der Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung des Vertrags ergeben. Vgl. auch Erwägungsgründe 16 bis 19 dieser Richtlinie.


80      Zu dem durch die Verordnung Nr. 261/2004 eingeführten System der standardisierten und sofortigen Wiedergutmachung vgl. insbesondere meine Schlussanträge in der Rechtssache Guaitoli u. a. (C‑213/18, EU:C:2019:524, Nrn. 36 ff. sowie die dort angeführte Rechtsprechung) sowie Urteil vom 29. Juli 2019, Rusu (C‑354/18, EU:C:2019:637, Rn. 28).


81      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Aegean Airlines (Nrn. 63 und 64).


82      Zu den nunmehr in der Richtlinie 2015/2302 enthaltenen Vorschriften, die sich speziell mit dieser Frage befassen, vgl. Nr. 73 der vorliegenden Schlussanträge. Vgl. auch Vorschlag der Kommission vom 13. März 2013 zur Änderung der Verordnung Nr. 261/2004 (COM[2013] 130 final), sechster Erwägungsgrund und geänderter Art. 3 Abs. 6, worin es zum einen heißt, dass die Verordnung Nr. 261/2004 auch für Fluggäste gilt, die aufgrund von Pauschalreiseverträgen befördert werden, allerdings die aufgrund der Richtlinie 90/314 bestehenden Fluggastrechte unberührt lässt, und zum anderen, dass die Fluggäste berechtigt sind, Forderungen nach dieser Verordnung und nach dieser Richtlinie geltend zu machen, dass sie allerdings für denselben Sachverhalt keine Ansprüche auf der Grundlage beider Rechtsvorschriften kumulieren dürfen, wenn die Rechte das gleiche Interesse schützen oder das gleiche Ziel haben, und schließlich, dass diese Verordnung nicht für Fälle gilt, in denen die Annullierung oder Verspätung einer Pauschalreise andere Gründe als die Annullierung oder Verspätung des Fluges hat.


83      Vgl. Urteil Aegean Airlines (Rn. 32) sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache Aegean Airlines (Nrn. 40 bis 46 und die dort angeführten Quellen).


84      In der Begründung des vom Rat am 18. März 2003 festgelegten Gemeinsamen Standpunkts (ABl. 2003, C 125 E, S. 70) und einer Mitteilung der Kommission vom 25. März 2003 (SEC[2003] 361 final, S. 3) wurde darauf hingewiesen, dass es eine einfache und praktische Lösung darstellt, die aus der zukünftigen Verordnung Nr. 261/2004 erwachsenden Ausgleichs- und Unterstützungspflichten dem ausführenden Luftfahrtunternehmen aufzuerlegen, weil es im Allgemeinen am besten in der Lage ist, für eine planmäßige Abwicklung der Flüge zu sorgen, und auf den Flugplätzen präsent ist.


85      Wenngleich sie im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist (vgl. Nr. 14 der vorliegenden Schlussanträge).


86      Der 36. Erwägungsgrund und Art. 14 Abs. 5 der Richtlinie 2015/2302 bestimmen zum einen, dass das Recht auf Schadensersatz oder Preisminderung nach Maßgabe dieser Richtlinie die Rechte von Reisenden u. a. nach der Verordnung Nr. 261/2004 unberührt lässt, und zum anderen, dass die Reisenden berechtigt sind, Forderungen sowohl nach dieser Richtlinie als auch nach dieser Verordnung geltend zu machen, und schließlich, dass die nach dieser Richtlinie gewährte Schadensersatzzahlung oder Preisminderung von der nach Maßgabe dieser Verordnung gewährten Schadensersatzzahlung oder Preisminderung abgezogen wird und umgekehrt, um eine Überkompensation zu vermeiden.


87      Vgl. die Bekanntmachung betreffend Leitlinien für die Auslegung der Verordnung Nr. 261/2004, veröffentlicht am 15. Juni 2016 (ABl. 2016, C 214, S. 5), vor allem Abschnitt 2.2.6 („Anwendungsbereich der Verordnung in Bezug auf die Richtlinie über Pauschalreisen“).


88      Vgl. dazu Urteil Aegean Airlines (Rn. 38) und meine Schlussanträge in der Rechtssache Aegean Airlines (Nrn. 58 ff. sowie die dort angeführte Rechtsprechung).


89      Zu den Vorteilen für Fluggäste, die unter Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 fallen, vgl. insbesondere Urteil vom 29. Juli 2019, Rusu (C‑354/18, EU:C:2019:637, Rn. 26 bis 31).


90      Vgl. insbesondere Urteil vom 11. Juli 2019, České aerolinie (C‑502/18, EU:C:2019:604, Rn. 31). Zur Aufteilung der Verantwortung und der Kosten der vom ausführenden Luftfahrtunternehmen gezahlten Ausgleichsleistung im Fall einer großen Verspätung vgl. Mitteilung der Kommission vom 19. Dezember 2011, Eine europäische Perspektive für Reisende: Mitteilung über die Rechte der Benutzer aller Verkehrsträger (COM[2011] 898 final, S. 12, Nr. 7.1].


91      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Aegean Airlines (Nr. 66).


92      Jedoch leugne ich nicht, dass das normative System, das sich aus der Verbindung der Vorschriften der Verordnung Nr. 261/2004 und jener der Richtlinie 90/314 ergibt, vor den Klarstellungen durch die Richtlinie 2015/2302 für den Fluggast, der mit einer Gesellschaft, hier dem Reisebüro, einen Vertrag abgeschlossen hat, jedoch pauschale Ausgleichsleistungen bei einer anderen Gesellschaft, nämlich dem ausführenden Luftfahrtunternehmen geltend machen muss, nicht zu den Systemen gehört, die am leichtesten umzusetzen sind (vgl. auch Lambertye-Autrand, M.‑C. de, a. a. O., Fn. 16, S. 397, Rn. 29).


93      Vgl. die in Fn. 59 der vorliegenden Schlussanträge angeführte Antwort dieser Regierung.


94      Insoweit nimmt die tschechische Regierung auf das Urteil Sturgeon u. a. (Rn. 69 in fine) Bezug, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass ein mindestens drei Stunden verspäteter Flug „dann nicht zu einem Ausgleichsanspruch zugunsten der Fluggäste [führt], wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass die große Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, also auf Umstände, die von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen sind“.