Language of document : ECLI:EU:T:2019:801

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS

20. November 2019(*)

„Vorläufiger Rechtsschutz – Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 – Aufsicht über Kreditinstitute – Beschluss, mit dem einem Kreditinstitut die Zulassung entzogen wird – Artikel 157 Absatz 2 der Verfahrensordnung“

In der Rechtssache T‑797/19 R

Anglo Austrian AAB Bank AG mit Sitz in Wien (Österreich),

Belegging-Maatschappij „Far-East“ BV mit Sitz in Velp (Niederlande),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Fischer, J. Willheim und M. Ketzer,

Antragstellerinnen,

gegen

Europäische Zentralbank (EZB),

Antragsgegnerin,

wegen Aussetzung der Rechtswirkungen des Beschlusses vom 14. November 2019, Az. ECB-SSM-2019-AT-8, WHD-2019-0009, mit dem die Europäische Zentralbank der Anglo Austrian AAB Bank AG, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beschlusses, die Konzession als Kreditinstitut entzogen hat,

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

folgenden

Beschluss

1        Die Anglo Austrian AAB Bank AG (im Folgenden: AAB Bank) ist eine österreichische Privatbank und als solche ein „Kreditinstitut“ im Sinn der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. 2013, L 287, S. 63). Sie übt ihre Geschäftstätigkeit aufgrund einer Konzession nach dem österreichischen Bankwesengesetz aus. Die Belegging-Maatschappij „Far-East“ BV ist die Hauptaktionärin der AAB Bank und hält einen Anteil von 99,99 % der Aktien dieser Bank.

2        Mit Beschluss vom 14. November 2019, Az. ECB-SSM-2019-AT-8, WHD-2019-0009 (im Folgenden: angefochtener Beschluss), der der AAB Bank am 15. November 2019 bekannt gegeben worden ist, hat die Europäische Zentralbank der AAB Bank mit Wirkung vom Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beschlusses die Konzession als Kreditinstitut entzogen.

3        Mit Klageschrift, die am 19. November 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Antragstellerinnen Klage auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses erhoben.

4        Mit am 19. November 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz haben die Antragstellerinnen vorläufigen Rechtsschutz begehrt und beantragt,

–        die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen;

–        sonstige zum Schutz des Status quo erforderliche einstweilige Anordnungen zu treffen;

–        dem Antrag ohne Stellungnahme der Antragsgegnerin gemäß Artikel 157 Absatz 2 der Verfahrensordnung stattzugeben; und

–        die Entscheidung über die Kosten des Eilverfahrens der Hauptsache vorzubehalten.

5        Insoweit ist festzustellen, dass der AAB Bank mit dem angefochtenen Beschluss die Zulassung als Kreditinstitut mit sofortiger Wirkung entzogen worden ist und dieser Beschluss damit unmittelbar Auswirkungen auf die Rechtsstellung dieser Gesellschaft erzeugt hat, die ab der Bekanntgabe des Beschlusses ihre Tätigkeit als Kreditinstitut nicht mehr fortsetzen darf (Urteil des Gerichtshofs, EZB/ Trasta Komercbanka u. a., C-663/17 P, EU:C:2019:923 Rn. 104). Der angefochtene Beschluss kann somit zur Folge haben, dass die AAB Bank, wie sie mit ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz geltend macht, unmittelbar in das Abwicklungsstadium eintritt und ihre wirtschaftliche Existenz vernichtet wird, so dass Grund zu der Annahme besteht, dass die AAB Bank aufgrund des angefochtenen Beschlusses Gefahr läuft, einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden zu erleiden.

6        Nach ständiger Rechtsprechung kann der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter nach Art. 157 Abs. 2 der Verfahrensordnung einstweilige Anordnungen erlassen, wenn diese ihm im Interesse einer geordneten Rechtspflege notwendig erscheinen, um den Status quo bis zur Übermittlung aller entscheidungserheblichen Informationen aufrechtzuerhalten oder um den Eintritt einer unumkehrbaren Situation für den Antragsteller zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 20. Juli 1988, Kommission/Italien, 194/88 R, EU:C:1988:462, Rn. 3, und des Präsidenten des Gerichts vom 2. April 1993, CCE de Vittel und Pierval/Kommission, T-12/93 R, EU:T:1993:35, Rn. 33). Im Übrigen kann ein aufgrund von Art. 157 Abs. 2 der Verfahrensordnung ergangener Beschluss jederzeit, auch von Amts wegen, abgeändert oder aufgehoben werden.

7        Unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerinnen zur Dringlichkeit, insbesondere im Hinblick auf den schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden, der der AAB Bank durch den Vollzug des angefochtenen Beschlusses entstehen könnte, erscheint es dem Eilrichter im Interesse einer geordneten Rechtspflege geboten, den angefochtenen Beschluss bis zum Erlass einer das Eilverfahren abschließenden Entscheidung auszusetzen, ohne dass eine Entscheidung dazu erforderlich ist, ob auch die Belegging-Maatschappij „Far-East“ BV als Hauptaktionärin der AAB Bank im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes antragsbefugt ist.

8        Einer Entscheidung über den Antrag, sonstige zum Schutz des Status quo erforderliche einstweilige Anordnungen zu treffen, bedarf es nicht, da nach dem Vorbringen der Antragstellerinnen nicht ersichtlich ist, dass derzeit sonstige Anordnungen zur Aufrechterhaltung des Status quo erforderlich sind.

9        Gemäß Art. 158 Abs. 5 der Verfahrensordnung ist die Entscheidung über die Kosten vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1.      Der Vollzug des Beschlusses der Europäischen Zentralbank vom 14. November 2019, Az. ECB-SSM-2019-AT-8, WHD-2019-0009, wird bis zur Entscheidung im vorliegenden Eilverfahren ausgesetzt.


2.      Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 20. November 2019

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.