Language of document : ECLI:EU:C:2020:232

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

26. März 2020(*)

„Überprüfung der Urteile des Gerichts der Europäischen Union Simpson/Rat (T‑646/16 P) und HG/Kommission (T‑693/16 P) – Öffentlicher Dienst – Zusammensetzung des Spruchkörpers, der die Urteile im ersten Rechtszug erlassen hat – Verfahren zur Ernennung eines Richters am Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union – Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Durch Gesetz errichtetes Gericht – Inzidente Rechtmäßigkeitskontrolle – Beeinträchtigung der Einheit und der Kohärenz des Unionsrechts“

In den verbundenen Rechtssachen C‑542/18 RX‑II und C‑543/18 RX‑II

betreffend die Überprüfung gemäß Art. 256 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV der Urteile des Gerichts der Europäischen Union (Rechtsmittelkammer) vom 19. Juli 2018, Simpson/Rat (T‑646/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:493) und HG/Kommission (T‑693/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:492), in den Verfahren

Erik Simpson, Beamter des Rates der Europäischen Union, wohnhaft in Brüssel (Belgien),

gegen

Rat der Europäischen Union (C‑542/18 RX‑II)

und

HG, Beamter der Europäischen Kommission,

gegen

Europäische Kommission (C‑543/18 RX‑II)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Kammerpräsidenten M. Vilaras, E. Regan, M. Safjan, S. Rodin und I. Jarukaitis, des Richters M. Ilešič (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie der Richter D. Šváby, F. Biltgen und N. Piçarra,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Mai 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Simpson, vertreten durch M. Velardo, avocate,

–        des Rates der Europäischen Union, vertreten durch M. Bauer und R. Meyer als Bevollmächtigte,

–        von HG, vertreten durch L. Levi, avocate,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Berscheid, T. S. Bohr und F. Erlbacher als Bevollmächtigte,

–        der bulgarischen Regierung, vertreten durch E. Petranova, L. Zaharieva und T. Mitova als Bevollmächtigte,

in Anbetracht von Art. 62a und Art. 62b Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 12. September 2019

folgendes

Urteil

1        Die vorliegenden Verfahren betreffen die Überprüfung der Urteile des Gerichts der Europäischen Union (Rechtsmittelkammer) vom 19. Juli 2018, Simpson/Rat (T‑646/16 P, nicht veröffentlicht, im Folgenden: erstes zu überprüfendes Urteil, EU:T:2018:493) und HG/Kommission (T‑693/16 P, nicht veröffentlicht, im Folgenden: zweites zu überprüfendes Urteil, EU:T:2018:492) (im Folgenden zusammen: zu überprüfende Urteile).

2        Mit dem ersten zu überprüfenden Urteil hat das Gericht den Beschluss des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union vom 24. Juni 2016, Simpson/Rat (F‑142/11 RENV, EU:F:2016:136), aufgehoben, mit dem dieses die Klage von Herrn Erik Simpson abgewiesen hatte, die zum einen auf Aufhebung der Entscheidung des Rates der Europäischen Union vom 9. Dezember 2010, mit der sein Antrag auf Aufsteigen in die Besoldungsgruppe AD 9 im Anschluss an seine erfolgreiche Teilnahme am Allgemeinen Auswahlverfahren EPSO/AD/113/07, das zur Einstellung von Referatsleiterinnen und Referatsleitern der Besoldungsgruppe AD 9 u. a. für die estnische Sprache im Bereich Übersetzung durchgeführt worden war, zurückgewiesen worden ist, sowie der Entscheidung des Rates vom 7. Oktober 2011, mit der seine Beschwerde gegen die Entscheidung vom 9. Dezember 2010 zurückgewiesen worden ist (im Folgenden: Entscheidung vom 7. Oktober 2011), und zum anderen auf Verurteilung des Rates auf Ersatz des entstandenen Schadens gerichtet war. Dieser Beschluss ist im Anschluss an das Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 2015, Rat/Simpson (T‑130/14 P, EU:T:2015:796), ergangen, mit dem das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 12. Dezember 2013, Simpson/Rat (F‑142/11, EU:F:2013:201), aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen worden war.

3        Mit dem zweiten zu überprüfenden Urteil hat das Gericht das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 19. Juli 2016, HG/Kommission (F‑149/15, EU:F:2016:155), aufgehoben, mit dem dieses die Klage von HG abgewiesen hatte, die zum einen auf Aufhebung der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 10. Februar 2015, mit der gegen ihn die Disziplinarstrafe des Versagens des Aufsteigens in den Dienstaltersstufen für einen Zeitraum von 18 Monaten verhängt und er zum Ersatz des der Kommission entstandenen Schadens in Höhe von 108 596,35 Euro verpflichtet wurde (im Folgenden: Entscheidung vom 10. Februar 2015), sowie, soweit erforderlich, der die Beschwerde zurückweisenden Entscheidung, und zum anderen auf Verurteilung der Kommission zum Ersatz des angeblich erlittenen Schadens gerichtet war.

4        Die Überprüfung betrifft die Frage, ob die zu überprüfenden Urteile insbesondere im Hinblick auf den allgemeinen Grundsatz der Rechtssicherheit die Einheit oder die Kohärenz des Unionsrechts dadurch beeinträchtigen, dass das Gericht als Rechtsmittelgericht entschieden hat, dass der Spruchkörper des Gerichts für den öffentlichen Dienst, der den Beschluss vom 24. Juni 2016, Simpson/Rat (F‑142/11 RENV, EU:F:2016:136), und das Urteil vom 19. Juli 2016, HG/Kommission (F‑149/15, EU:F:2016:155) (im Folgenden zusammen: angefochtene Entscheidungen), erlassen habe, wegen einer Vorschriftswidrigkeit, die das Verfahren zur Ernennung eines der Mitglieder dieses Spruchkörpers betroffen habe, vorschriftswidrig zusammengesetzt gewesen sei, was zu einem Verstoß gegen den in Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerten Grundsatz des gesetzlichen Richters geführt habe.

5        Die Überprüfung betrifft auch die Frage, ob die Ernennung eines Richters ebenso wie die in Art. 277 AEUV genannten Rechtsakte einer inzidenten Rechtmäßigkeitskontrolle unterworfen werden kann oder ob eine solche inzidente Rechtmäßigkeitskontrolle – grundsätzlich oder nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums – ausgeschlossen oder auf bestimmte Arten von Vorschriftswidrigkeiten beschränkt ist, um die Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Rechtskraft sicherzustellen.

 Rechtlicher Rahmen

 Charta

6        Art. 47 („Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht“) Abs. 1 und 2 der Charta lautet:

„Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.“

Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.“

 Beschluss 2004/752/EG, Euratom und Anhang I der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union

7        Der sechste Erwägungsgrund des Beschlusses 2004/752/EG, Euratom des Rates vom 2. November 2004 zur Errichtung des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (ABl. 2004, L 333, S. 7) lautete:

„Die Zahl der Richter der gerichtlichen Kammer sollte im Verhältnis zu ihrer Arbeitsbelastung stehen. Um die Entscheidungsfindung im Rat über die Ernennung von Richtern zu erleichtern, ist vorzusehen, dass der Rat einen unabhängigen beratenden Ausschuss einsetzt, der überprüft, ob die eingegangenen Bewerbungen den gestellten Anforderungen entsprechen.“

8        Nach Art. 2 des Beschlusses 2004/752 war ein Anhang I („Das Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union“) zur Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union hinzugefügt worden. Dieser Anhang sah in seiner zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidungen anwendbaren Fassung (im Folgenden: Anhang I der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union) in Art. 2 vor:

„Das Gericht für den öffentlichen Dienst besteht aus sieben Richtern. …

Die Richter werden für die Dauer von sechs Jahren ernannt. Die Wiederernennung ausscheidender Richter ist zulässig.

Frei werdende Richterstellen sind durch die Ernennung eines neuen Richters für die Dauer von sechs Jahren zu besetzen.“

9        Anhang I Art. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bestimmte:

„(1)      Die Richter werden vom Rat, der gemäß Artikel 257 Absatz 4 AEUV beschließt, nach Anhörung des in diesem Artikel vorgesehenen Ausschusses ernannt. Bei der Ernennung der Richter achtet der Rat auf eine ausgewogene Zusammensetzung des Gerichts für den öffentlichen Dienst, indem die Richter unter den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten auf möglichst breiter geografischer Grundlage ausgewählt und die vertretenen einzelstaatlichen Rechtsordnungen berücksichtigt werden.

(2)      Jede Person, die die Unionsbürgerschaft besitzt und die Voraussetzungen des Artikels 257 Absatz 4 AEUV erfüllt, kann ihre Bewerbung einreichen. Der Rat legt auf Empfehlung des Gerichtshofs [der Europäischen Union] die Bedingungen und Einzelheiten für die Vorlage und Behandlung der Bewerbungen fest.

(3)      Es wird ein Ausschuss eingerichtet, der sich aus sieben Persönlichkeiten zusammensetzt, die aus dem Kreis ehemaliger Mitglieder des Gerichtshofs und des Gerichts sowie Juristen von anerkannter Befähigung ausgewählt werden. Der Rat ernennt die Mitglieder des Ausschusses und erlässt die Vorschriften für seine Arbeitsweise auf Empfehlung des Präsidenten des Gerichtshofs.

(4)      Der Ausschuss gibt eine Stellungnahme über die Eignung der Bewerber für die Ausübung des Amts eines Richters beim Gericht für den öffentlichen Dienst ab. Der Ausschuss fügt seiner Stellungnahme eine Liste von Bewerbern bei, die aufgrund ihrer Erfahrung auf hoher Ebene am geeignetsten erscheinen. Diese Liste enthält mindestens doppelt so viele Bewerber wie die Zahl der vom Rat zu ernennenden Richter.“

 Öffentlicher Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen

10      Am 3. Dezember 2013 ließ der Rat im Amtsblatt der Europäischen Union einen öffentlichen Aufruf zur Einreichung von Bewerbungen im Hinblick auf die Ernennung von Richtern am Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (ABl. 2013, C 535, S. 11, im Folgenden: öffentlicher Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen) veröffentlichen, dessen Nr. 4 lautete:

„Da die Amtszeit zweier Richter am Gericht für den öffentlichen Dienst am 30. September 2014 abläuft, wird im Hinblick auf die Ernennung zweier Richter für eine Amtszeit von sechs Jahren vom 1. Oktober 2014 bis zum 30. September 2020 zur Einreichung von Bewerbungen aufgerufen.“

 Beschluss (EU, Euratom) 2016/454

11      In den Erwägungsgründen 1 bis 6 des Beschlusses (EU, Euratom) 2016/454 des Rates vom 22. März 2016 zur Ernennung von drei Richtern am Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (ABl. 2016, L 79, S. 30) heißt es:

„(1)      Die Amtszeit von zwei Richtern am Gericht für den öffentlichen Dienst … endete mit Wirkung vom 30. September 2014 und die eines weiteren Richters mit Wirkung vom 31. August 2015. Nach Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 1 des Anhangs I [der] Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union müssen daher drei Richter ernannt werden, um diese frei gewordenen Stellen zu besetzen.

(2)      Im Anschluss an einen [am 3. Dezember] 2013 erfolgten öffentlichen Aufruf zur Einreichung von Bewerbungen … hat der nach Artikel 3 Absatz 3 des Anhangs I [der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union] eingesetzte Ausschuss … eine Stellungnahme zur Eignung der Bewerber für die Ausübung des Amts eines Richters am Gericht für den öffentlichen Dienst abgegeben. Der Ausschuss hat seiner Stellungnahme eine Liste von sechs Bewerbern beigefügt, die aufgrund ihrer Erfahrung auf hoher Ebene am geeignetsten erscheinen.

(3)      Im Anschluss an die politische Einigung über die Reform der justiziellen Architektur der Europäischen Union, die die Annahme der Verordnung (EU, Euratom) 2015/2422 des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 16. Dezember 2015 zur Änderung des Protokolls Nr. 3 über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union (ABl. 2015, L 341, S. 14)] herbeigeführt hat, hat der Gerichtshof [der Europäischen Union] am 17. November 2015 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Übertragung der Zuständigkeit für die Entscheidung im ersten Rechtszug über die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Union und ihren Bediensteten auf das Gericht … vorgelegt, die am 1. September 2016 in Kraft treten soll.

(4)      Infolgedessen sollte aus Zeitgründen kein erneuter öffentlicher Aufruf zur Einreichung von Bewerbungen erfolgen, sondern vielmehr auf die Liste der sechs Bewerber, die aufgrund ihrer Erfahrung auf hoher Ebene am geeignetsten erscheinen, die der Ausschuss im Anschluss an den [am 3. Dezember] 2013 erfolgten öffentlichen Aufruf zur Einreichung von Bewerbungen erstellt hat, zurückgegriffen werden.

(5)      Es sind daher drei der auf der vorgenannten Liste von Bewerbern aufgeführten Personen als Richter am Gericht für den öffentlichen Dienst zu ernennen, wobei auf eine ausgewogene Zusammensetzung des Gerichts für den öffentlichen Dienst zu achten ist, indem die Richter unter den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten auf möglichst breiter geografischer Grundlage ausgewählt und die vertretenen einzelstaatlichen Rechtsordnungen berücksichtigt werden. Die drei Personen auf der Liste, die aufgrund ihrer Erfahrung auf hoher Ebene am geeignetsten erscheinen, sind Herr Sean VAN RAEPENBUSCH, Herr João SANT’ANNA und Herr Alexander KORNEZOV. … Herr João SANT’ANNA und Herr Alexander KORNEZOV sollten mit Wirkung zum Tag des Inkrafttretens dieses Beschlusses ernannt werden. Da Herr Sean VAN RAEPENBUSCH bereits bis zum 30. September 2014 Richter am Gericht für den öffentlichen Dienst war und gemäß Artikel 5 [der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union] bis zu dem Beschluss des Rates im Amt geblieben ist, ist es angemessen, ihn mit Wirkung ab dem Tag nach dem Ende seiner vorherigen Amtszeit für eine neue Amtszeit zu ernennen.

(6)      Gemäß Artikel 2 des Anhangs I [der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union] sind frei werdende Richterstellen durch die Ernennung eines neuen Richters für die Dauer von sechs Jahren zu besetzen. Sollte die vorgeschlagene Verordnung über die Übertragung der Zuständigkeit für die Entscheidung im ersten Rechtszug über die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Union und ihren Bediensteten auf das Gericht der Europäischen Union jedoch in Kraft treten, so wird das Gericht für den öffentlichen Dienst dann nicht mehr existieren und die Amtszeit der durch den vorliegenden Beschluss ernannten drei Richter somit automatisch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens jener Verordnung enden.“

12      Art. 1 des Beschlusses 2016/454 sieht vor:

„Folgende Personen werden zu Richtern am Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union ernannt:

–        Herr Sean VAN RAEPENBUSCH mit Wirkung zum 1. Oktober 2014,

–        Herr João SANT’ANNA mit Wirkung zum 1. April 2016,

–        Herr Alexander KORNEZOV mit Wirkung zum 1. April 2016.“

 Vorgeschichte der zu überprüfenden Rechtssachen

 In Rede stehendes Ernennungsverfahren

13      Mit dem Beschluss 2009/474/EG, Euratom des Rates vom 9. Juni 2009 zur Ernennung eines Richters am Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (ABl. 2009, L 156, S. 56) wurde Frau Rofes i Pujol für einen Zeitraum von sechs Jahren – vom 1. September 2009 bis zum 31. August 2015 – zur Richterin am Gericht für den öffentlichen Dienst ernannt.

14      Nach dem öffentlichen Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen, der im Hinblick auf das Ende der Amtszeit zweier weiterer Richter des Gerichts für den öffentlichen Dienst am 30. September 2014, nämlich Herrn Van Raepenbusch und Herrn Kreppel, erfolgte, erstellte der in Anhang I Art. 3 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union genannte Ausschuss (im Folgenden: Auswahlausschuss) eine Liste von sechs Bewerbern.

15      Da der Rat vor dem Ende dieser beiden Amtszeiten keine Richter auf die von Herrn Van Raepenbusch und Herrn Kreppel bekleideten Stellen ernannt hatte, blieben sie gemäß Art. 5 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wonach jeder Richter bis zum Amtsantritt seines Nachfolgers im Amt bleibt, über den 30. September 2014 hinaus im Amt. Diese Bestimmung galt gemäß Anhang I Art. 5 Abs. 1 dieser Satzung auch für die Richter des Gerichts für den öffentlichen Dienst.

16      Im Hinblick auf das Ende der Amtszeit von Frau Rofes i Pujol wurde kein öffentlicher Aufruf zur Einreichung von Bewerbungen veröffentlicht. Vor diesem Hintergrund blieb sie gemäß den in der vorstehenden Randnummer genannten Bestimmungen über den 31. August 2015 hinaus im Amt.

17      Mit dem Beschluss 2016/454 ernannte der Rat am 22. März 2016 drei Richter am Gericht für den öffentlichen Dienst, nämlich Herrn Van Raepenbusch mit Wirkung zum 1. Oktober 2014 sowie Herrn Sant’Anna und Herrn Kornezov mit Wirkung zum 1. April 2016. Zur Vornahme der Ernennungen auf diese drei Richterstellen (im Folgenden: in Rede stehendes Ernennungsverfahren) verwendete der Rat die im Anschluss an den öffentlichen Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen erstellte Bewerberliste, und zwar auch für die frei werdende Stelle, die zuvor Frau Rofes i Pujol bekleidet hatte (im Folgenden: dritte Stelle), obwohl dieser öffentliche Aufruf zur Einreichung von Bewerbungen nicht diese Stelle betraf.

18      Herr Sant’Anna und Herr Kornezov leisteten am 13. April 2016 ihren Amtseid.

19      Mit Entscheidung vom 14. April 2016 (ABl. 2016, C 146, S. 11) wies das Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union die Richter Bradley, Sant’Anna und Kornezov für die Zeit vom 14. April bis zum 31. August 2016 seiner zweiten Kammer zu.

 Rechtssache C542/18 RXII

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

20      Herr Simpson, der seit dem 1. Juni 2004 Hilfskraft beim estnischen Übersetzungsreferat des Rates war, wurde am 1. Januar 2005 als Beamter auf Probe in der Besoldungsgruppe AD 5 eingestellt, nachdem er erfolgreich am Allgemeinen Auswahlverfahren EPSO/LA/3/03 zur Bildung einer Einstellungsreserve von Hilfsübersetzern/innen (LA 8) teilgenommen hatte. Am 1. Januar 2008 wurde er nach Besoldungsgruppe AD 6 befördert.

21      Im Jahr 2009 nahm Herr Simpson erfolgreich am Auswahlverfahren EPSO/AD/113/07 teil. Das Verzeichnis der erfolgreichen Bewerber des Auswahlverfahrens wurde am 28. April 2009 veröffentlicht. Am 25. Juni 2010 beantragte Herr Simpson nach Art. 90 Abs. 1 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut), in die Besoldungsgruppe AD 9 aufzusteigen, und machte geltend, dass er erfolgreich am Auswahlverfahren EPSO/AD/113/07, das der gewünschten Besoldungsgruppe entspreche, teilgenommen habe und drei Beamte, die sich in einer ähnlichen Situation wie er befunden hätten, in den Genuss einer solchen Höherstufung gekommen seien, nachdem sie an einem Auswahlverfahren, das einer höheren Besoldungsgruppe als der ihren entspreche, erfolgreich teilgenommen hätten.

22      Mit einem Vermerk vom 9. Dezember 2010 lehnte der Rat diesen Antrag unter Hinweis darauf ab, dass eine solche Entscheidung mangels einer Bestimmung des Statuts, die Beamte aufgrund einer erfolgreichen Teilnahme an einem Auswahlverfahren, das einer höheren Besoldungsgruppe als der ihren entspreche, zu einem automatischen Aufsteigen in eine höhere Besoldungsgruppe berechtige, nur im Hinblick auf das dienstliche Interesse gewährt werden könne und es im vorliegenden Fall in Anbetracht der Situation des estnischen Übersetzungsreferats im Jahr 2010 an diesem Interesse fehle.

23      Am 8. März 2011 legte Herr Simpson gegen diese Entscheidung des Rates eine Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts ein. Die Beschwerde wurde mit Entscheidung vom 7. Oktober 2011 zurückgewiesen.

 Dem Erlass des ersten zu überprüfenden Urteils vorausgegangene Verfahren vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst und vor dem Gericht

24      Am 27. Dezember 2011 erhob Herr Simpson gegen die Entscheidung vom 7. Oktober 2011 Klage vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst.

25      Mit Urteil vom 12. Dezember 2013, Simpson/Rat (F‑142/11, EU:F:2013:201), hob das Gericht für den öffentlichen Dienst die Entscheidung vom 7. Oktober 2011 wegen Verletzung der Begründungspflicht auf.

26      Mit am 24. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Rechtsmittelschrift legte der Rat gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel ein.

27      Mit Urteil vom 22. Oktober 2015, Rat/Simpson (T‑130/14 P, EU:T:2015:796), gab das Gericht diesem Rechtsmittel wegen eines inhaltlichen Fehlers in der Argumentation des Gerichts für den öffentlichen Dienst statt und verwies die Sache an dieses zurück.

28      Mit Beschluss vom 24. Juni 2016, Simpson/Rat (F‑142/11 RENV, EU:F:2016:136), wies die Zweite Kammer des Gerichts für den öffentlichen Dienst die Klage von Herrn Simpson in vollem Umfang ab.

29      Mit am 6. September 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz legte Herr Simpson Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ein. Dieses Rechtsmittel wurde unter dem Aktenzeichen T‑646/16 P in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen.

30      Am 21. März 2018 beschloss der Präsident der Rechtsmittelkammer des Gerichts, in dieser Rechtssache das schriftliche Verfahren wiederzueröffnen, nachdem zum einen das Urteil vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), mit dem das Gericht (Rechtsmittelkammer) das Urteil vom 28. Juni 2016, FV/Rat (F‑40/15, EU:F:2016:137), mit der Begründung aufgehoben hatte, dass der Spruchkörper, der das letztgenannte Urteil erlassen habe, nicht vorschriftsmäßig zusammengesetzt gewesen sei, und zum anderen die Entscheidung vom 19. März 2018, Überprüfung FV/Rat (C‑141/18 RX, EU:C:2018:218), mit der der Gerichtshof (Überprüfungskammer) entschieden hat, dass dieses Urteil nicht zu überprüfen ist, ergangen waren.

31      Am 22. März 2018 forderte das Gericht die Parteien auf, zu den Folgen Stellung zu nehmen, die sich in der Rechtssache T‑646/16 P aus dem Urteil vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), ergeben. In Beantwortung dieser Aufforderung haben die Parteien zum einen geltend gemacht, dass ein Rechtsmittelgrund, der auf einer Vorschriftswidrigkeit der Zusammensetzung des Spruchkörpers wie der vom Gericht in diesem Urteil festgestellten beruhe, einen Gesichtspunkt zwingenden Rechts darstelle, der vom Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu prüfen sei, und zum anderen, dass der Beschluss des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 24. Juni 2016, Simpson/Rat (F‑142/11 RENV, EU:F:2016:136), von demselben Spruchkörper unterzeichnet worden sei wie der, dessen Zusammensetzung mit dem genannten Urteil als vorschriftswidrig angesehen worden sei. Daher sei dieser Beschluss des Gerichts für den öffentlichen Dienst aus denselben Gründen wie denen aufzuheben, die das Gericht in dem Urteil berücksichtigt habe.

 Erstes zu überprüfendes Urteil

32      Mit dem ersten zu überprüfenden Urteil hat das Gericht den Beschluss des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 24. Juni 2016, Simpson/Rat (F‑142/11 RENV, EU:F:2016:136), aufgehoben und die Sache an eine andere Kammer des Gerichts als die zurückverwiesen, die über das Rechtsmittel entschieden hatte, damit sie im ersten Rechtszug über die Klage entscheidet.

33      Die Rn. 38 bis 46 des ersten zu überprüfenden Urteils lauten:

„38      Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ein Rechtsmittelgrund, der auf der Vorschriftswidrigkeit der Zusammensetzung des Spruchkörpers beruht, einen Gesichtspunkt zwingenden Rechts darstellt, der vom Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu prüfen ist, und zwar auch dann, wenn diese Vorschriftswidrigkeit nicht im ersten Rechtszug geltend gemacht worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 44 bis 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Als Zweites ist auch darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Unionsrichter seine Entscheidung grundsätzlich nicht auf einen von Amts wegen geprüften Rechtsgrund stützen kann, sei er auch zwingenden Rechts, ohne die Parteien zuvor aufgefordert zu haben, sich dazu zu äußern (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2009, Überprüfung M/EMEA, C‑197/09 RX‑II, EU:C:2009:804, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Als Drittes ist festzustellen, dass das Gericht im Urteil vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), bei der Prüfung des Rechtsmittelgrundes, mit dem die Vorschriftswidrigkeit der Zusammensetzung des Spruchkörpers gerügt und der von der Rechtsmittelführerin mit einer Vorschriftswidrigkeit des Verfahrens zur Ernennung eines diesem Spruchkörper angehörenden Richters begründet wurde, Folgendes entschieden hat.

41      Erstens hat das Gericht festgestellt, dass das Gericht für den öffentlichen Dienst (Zweite Kammer) zum Zeitpunkt des Erlasses des Urteils vom 28. Juni 2016, FV/Rat (F‑40/15, EU:F:2016:137), mit den Richtern K. Bradley, J. Sant’Anna und A. Kornezov besetzt war. Das Gericht hat ferner festgestellt, dass der Rat gemäß dem verfügenden Teil [des Beschlusses 2016/454] und dessen fünftem Erwägungsgrund zum Ersten Herrn S. Van Raepenbusch, zum Zweiten Herrn Sant’Anna und zum Dritten Herrn Kornezov zu Richtern am Gericht für den öffentlichen Dienst ernannt hat. Somit hat das Gericht festgestellt, dass Richter Bradley nicht mit dem Beschluss 2016/454 zum Richter am Gericht für den öffentlichen Dienst ernannt worden ist und daher nicht der mit dem oben in Rn. 40 genannten Rechtsmittelgrund angesprochene Richter sein konnte, dass aber hingegen die Richter Sant’Anna und Kornezov mit diesem Beschluss zu Richtern am Gericht für den öffentlichen Dienst ernannt worden waren.

42      Zweitens hat das Gericht den Rechtsmittelgrund geprüft, mit dem eine Vorschriftswidrigkeit des Ernennungsverfahrens gerügt wird, weil der Rat einen Richter auf die [dritte Stelle] ernannt habe, indem er die im Anschluss an den öffentlichen Aufruf [vom 3. Dezember 2013] zur Einreichung von Bewerbungen zur Besetzung der frei werdenden Stellen der Richter Van Raepenbusch und Kreppel beim Gericht für den öffentlichen Dienst erstellte Bewerberliste herangezogen habe, obwohl diese Liste nicht im Hinblick auf die Ernennung eines Richters auf die [dritte] Stelle erstellt worden sei. Insoweit hat das Gericht in Rn. 51 des Urteils vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), entschieden, dass der Rat dadurch, dass er die im Anschluss an den öffentlichen Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen erstellte Liste für die Besetzung der dritten … Stelle verwendete, den vom öffentlichen Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen vorgegebenen rechtlichen Rahmen missachtet habe. Daher hat das Gericht nach Hinweis darauf, dass der Rat gemäß dem verfügenden Teil des Beschlusses 2016/454 und dessen fünftem Erwägungsgrund zum Ersten Herrn Van Raepenbusch, zum Zweiten Herrn Sant’Anna und zum Dritten Herrn Kornezov zu Richtern am Gericht für den öffentlichen Dienst ernannt hatte, entschieden, dass der Rat diese Liste für die ersten beiden Ernennungen habe heranziehen dürfen, nicht jedoch für die dritte.

43      Drittens hat das Gericht in Rn. 78 des Urteils vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), entschieden, dass angesichts der Bedeutung, die die Einhaltung der Vorschriften über die Ernennung eines Richters für das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Gerichte hat, der in Rede stehende Richter nicht als ein gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der [Charta] angesehen werden könne, und daher das Urteil vom 28. Juni 2016, FV/Rat (F‑40/15, EU:F:2016:137), in vollem Umfang aufgehoben.

44      Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass der Beschluss [vom 24. Juni 2016, Simpson/Rat (F‑142/11 RENV, EU:F:2016:136)] vom Gericht für den öffentlichen Dienst (Zweite Kammer) unter Mitwirkung der Richter Bradley, Sant’Anna und Kornezov erlassen wurde, d. h. vom selben Spruchkörper wie dem, der das Urteil vom 28. Juni 2016, FV/Rat (F‑40/15, EU:F:2016:137), erlassen hat und dessen Zusammensetzung im Urteil vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), als vorschriftswidrig angesehen wurde.

45      Daher ist der Rechtsmittelgrund von Amts wegen zu prüfen, der auf der Vorschriftswidrigkeit der Zusammensetzung des Spruchkörpers beruht und nach der oben in Rn. 38 angeführten ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs einen Gesichtspunkt zwingenden Rechts darstellt, der vom Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu prüfen ist, und zwar auch dann, wenn diese Vorschriftswidrigkeit nicht im ersten Rechtszug geltend gemacht worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 44 bis 50 und die dort angeführte Rechtsprechung), und sind die vom Gericht im Urteil vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), angeführten Grundsätze auf den vorliegenden Fall anzuwenden, da die Parteien angehört worden sind.

46      Folglich ist der angefochtene Beschluss wegen Verstoßes gegen den in Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der [Charta] verankerten Grundsatz des gesetzlichen Richters in vollem Umfang aufzuheben, ohne dass die vom Rechtsmittelführer vorgetragenen Rechtsmittelgründe geprüft zu werden brauchen.“

 Rechtssache C543/18 RXII

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

34      Vom 16. Mai 2007 bis zum 31. August 2013 war HG, ein Beamter der Kommission, der Delegation der Kommission bei den Vereinten Nationen in New York (Vereinigte Staaten) zugewiesen.

35      Am 15. September 2008 unterzeichneten die Kommission und HG gemäß Anhang X Art. 5 des Statuts eine Vereinbarung über die Zurverfügungstellung einer den Bedürfnissen seiner Familie entsprechenden Dienstwohnung (im Folgenden: Dienstwohnung).

36      Im Oktober 2008 teilte HG der Verwaltungsleiterin der Delegation der Kommission bei den Vereinten Nationen in New York, Frau A, zum einen mit, dass er wegen gesundheitlicher Probleme seiner im Juni desselben Jahres geborenen Tochter nicht in die Dienstwohnung habe einziehen können, und zum anderen, dass er die Dienstwohnung zwar bewohne, aber auch regelmäßig in der Wohnung seiner Ehefrau wohne, um bei seiner Familie zu sein. HG trägt ferner vor, Frau A zu einem nicht angegebenen Zeitpunkt mitgeteilt zu haben, dass einer seiner Freunde, Herr B, die Dienstwohnung für „einige Stunden“ oder „zwei Tage alle zwei Wochen“ als deren „Hausmeister“ bewohne. Insoweit trägt HG zum einen vor, Herrn B im September 2008 gebeten zu haben, beim Stromversorger die Formalitäten für die Dienstwohnung zu erledigen, und zum anderen ihm im Dezember 2008 den Schlüssel der Dienstwohnung gegeben zu haben.

37      Mit der Entscheidung vom 10. Februar 2015 stellte die Anstellungsbehörde in ihrer Zusammensetzung als Dreiergremium (im Folgenden: Dreiergremium der Anstellungsbehörde) fest, dass HG erstens dadurch, dass er es unterlassen habe, mit seiner Familie in der Dienstwohnung zu wohnen, gegen Anhang X Art. 5 des Statuts verstoßen habe, zweitens dadurch, dass er den Stromliefervertrag nicht selbst unterzeichnet habe, gegen seine Pflichten aus Nr. 22.10.11.4 des an das Personal in den Delegationen gerichteten Leitfadens der Generaldirektion (GD) „Außenbeziehungen“ verstoßen habe, und drittens das Fehlverhalten von HG den Schaden verursacht habe, der in den von der Kommission getragenen Kosten der ungerechtfertigten Anmietung der Dienstwohnung bestanden habe. Daher verhängte das Dreiergremium der Anstellungsbehörde gegen HG die Disziplinarstrafe des Versagens des Aufsteigens in den Dienstaltersstufen für einen Zeitraum von 18 Monaten und verurteilte ihn zum Ersatz des Schadens in Höhe von 108 596,35 Euro.

38      Am 9. Mai 2015 legte HG gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts eine Beschwerde gegen die Entscheidung vom 10. Februar 2015 ein. Diese Beschwerde wurde durch Entscheidung des Dreiergremiums der Anstellungsbehörde vom 10. September 2015 zurückgewiesen.

 Dem Erlass des zweiten zu überprüfenden Urteils vorausgegangene Verfahren vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst und vor dem Gericht

39      Mit am 21. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst eingegangener Klageschrift erhob HG Klage, die zum einen auf Aufhebung der Entscheidung vom 10. Februar 2015 sowie, soweit erforderlich, der seine Beschwerde zurückweisenden Entscheidung und zum anderen auf Verurteilung der Kommission zum Ersatz des angeblich erlittenen Schadens gerichtet war.

40      Mit Urteil vom 19. Juli 2016, HG/Kommission (F‑149/15, EU:F:2016:155), wies die Zweite Kammer des Gerichts für den öffentlichen Dienst diese Klage ab und verurteilte HG zur Tragung seiner eigenen Kosten und der Kosten der Kommission.

41      Mit am 28. September 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz legte HG ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein. Dieses Rechtsmittel wurde unter dem Aktenzeichen T‑693/16 P in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen.

42      Nach Verkündung des Urteils vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), dessen Inhalt in Rn. 30 des vorliegenden Urteils zusammengefasst ist, erkundigte sich HG mit am 31. Januar 2018 eingegangenem Schriftsatz beim Gericht, ob es die Stellungnahmen der Parteien zu den Folgen dieses Urteils für sein Rechtsmittelverfahren einzuholen gedenke.

43      Mit Beschluss vom 23. März 2018 wiedereröffnete der Präsident der Rechtsmittelkammer des Gerichts das mündliche Verfahren. Am 26. März 2018 forderte das Gericht die Parteien auf, zu den Konsequenzen Stellung zu nehmen, die in der vorliegenden Rechtssache aus dem genannten Urteil zu ziehen sind.

44      In Beantwortung dieser Aufforderung trugen die Parteien vor, dass das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 19. Juli 2016, HG/Kommission (F‑149/15, EU:F:2016:155), von demselben Spruchkörper erlassen worden sei wie der, dessen Zusammensetzung im Urteil vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), als vorschriftswidrig angesehen worden sei. Ferner machte HG geltend, dass ein Rechtsmittelgrund, der auf einer Vorschriftswidrigkeit der Zusammensetzung des Spruchkörpers wie der vom Gericht im letztgenannten Urteil festgestellten beruhe, einen Gesichtspunkt zwingenden Rechts darstelle, und schloss daraus, dass das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 19. Juli 2016, HG/Kommission (F‑149/15, EU:F:2016:155), aus denselben Gründen wie denen aufzuheben sei, die das Gericht im Urteil vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), berücksichtigt habe. Die Kommission erkannte an, dass die Gründe, auf die das Gericht das letztgenannte Urteil gestützt habe, die Aufhebung des Urteils des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 19. Juli 2016, HG/Kommission (F‑149/15, EU:F:2016:155), und die Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Gerichts als die, die über das Rechtsmittel von HG zu entscheiden habe, rechtfertigen könnten.

 Zweites zu überprüfendes Urteil

45      Mit dem zweiten zu überprüfenden Urteil hat das Gericht das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 19. Juli 2016, HG/Kommission (F‑149/15, EU:F:2016:155), aufgehoben und die Sache an eine andere Kammer des Gerichts als die, die über das Rechtsmittel entschieden hatte, zurückverwiesen, damit sie im ersten Rechtszug über die Klage entscheidet.

46      Diese Entscheidung stützt sich in den Rn. 39 bis 47 des zweiten zu überprüfenden Urteils auf eine Begründung, die im Wesentlichen mit der in Rn. 33 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Begründung übereinstimmt.

 Verfahren vor dem Gerichtshof

47      Nach dem vom Ersten Generalanwalt unterbreiteten Vorschlag hat die Überprüfungskammer mit ihren Entscheidungen vom 17. September 2018, Überprüfung Simpson/Rat (C‑542/18 RX) und Überprüfung HG/Kommission (C‑543/18 RX), die nach Art. 62 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 193 Abs. 4 seiner Verfahrensordnung ergangen sind, beschlossen, dass diese Urteile zu überprüfen sind, um zu klären, ob sie die Einheit oder die Kohärenz des Unionsrechts beeinträchtigen. Außerdem hat die Überprüfungskammer am 14. Februar 2019 gemäß Art. 195 Abs. 5 der Verfahrensordnung beschlossen, beim Gerichtshof anzuregen, die beiden zu überprüfenden Sachen an die Große Kammer zu verweisen.

48      Da die Rechtssachen C‑542/18 RX‑II und C‑543/18 RX‑II miteinander in Zusammenhang stehen, sind sie zu gemeinsamem Urteil zu verbinden, nachdem die Parteien in der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit hatten, sich zur Zweckmäßigkeit einer solchen Verbindung zu äußern.

 Zur Überprüfung

49      Zunächst ist festzustellen, dass die Antwort auf die in den Rn. 4 und 5 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Frage, die Gegenstand der Überprüfung ist, nicht allein daraus abgeleitet werden kann, dass der Gerichtshof mit der Entscheidung vom 19. März 2018, Überprüfung FV/Rat (C‑141/18 RX, EU:C:2018:218), entschieden hat, dass das Urteil vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), auf das das Gericht die zu überprüfenden Urteile gestützt hat, nicht zu überprüfen ist. Wie aus den Rn. 4 und 5 dieser Entscheidung des Gerichtshofs hervorgeht, beruhte sie nämlich darauf, dass der Erste Generalanwalt in seinem Vorschlag, das Urteil vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), zu überprüfen, nach einer Darlegung der besonderen Gründe, die ihn dazu veranlasst hatten, die Überprüfungskammer zu befassen, ausgeführt hat, dass nach seiner Auffassung „die rechtlichen Erwägungen [in diesem Urteil] keine ernste Gefahr einer Beeinträchtigung der Einheit oder der Kohärenz des Unionsrechts [darstellen]“. Diesem Vorschlag für eine Überprüfung war somit zu entnehmen, dass die in Art. 62 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehenen Voraussetzungen für die Überprüfung einer Entscheidung des Gerichts nicht erfüllt waren.

50      Hinsichtlich der Antwort auf die den Gegenstand der vorliegenden Überprüfung bildenden Frage ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob das Gericht insbesondere im Hinblick auf den allgemeinen Grundsatz der Rechtssicherheit dadurch Rechtsfehler begangen hat, dass es die angefochtenen Entscheidungen mit der Begründung aufgehoben hat, dass der Spruchkörper des Gerichts für den öffentlichen Dienst, der diese Entscheidungen erlassen hatte, wegen einer Vorschriftswidrigkeit, die das Verfahren zur Ernennung eines der Mitglieder dieses Spruchkörpers betroffen habe, vorschriftswidrig zusammengesetzt gewesen sei, was zu einem Verstoß gegen den in Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta verankerten Grundsatz des gesetzlichen Richters geführt habe.

51      Bei dieser Prüfung ist zum einen zu klären, unter welchen Voraussetzungen die Ernennung eines Richters ebenso wie die in Art. 277 AEUV genannten Rechtsakte einer inzidenten Rechtmäßigkeitskontrolle unterworfen werden kann. Zum anderen ist zu prüfen, ob die vom Gericht festgestellte Vorschriftswidrigkeit des Ernennungsverfahrens – sollte sie erwiesen sein – tatsächlich zu einem Verstoß gegen Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta geführt hat, der die Aufhebung dieser Entscheidungen rechtfertigt.

52      Falls diese Prüfung ergeben sollte, dass die zu überprüfenden Urteile tatsächlich Rechtsfehler aufweisen, ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob diese Urteile die Einheit oder die Kohärenz des Unionsrechts beeinträchtigen.

 Zu den Voraussetzungen einer inzidenten Rechtmäßigkeitskontrolle des in Rede stehenden Ernennungsverfahrens

53      In den zu überprüfenden Urteilen hat das Gericht entschieden, dass der Rechtsmittelgrund, der auf der Vorschriftswidrigkeit der Zusammensetzung des Spruchkörpers beruhe, der die angefochtenen Entscheidungen erlassen habe, von Amts wegen zu prüfen sei. Gestützt auf das Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a. (C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375), und auf das Urteil des Gerichts vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), hat es nämlich festgestellt, dass es sich um einen Gesichtspunkt zwingenden Rechts handele, der daher vom Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu prüfen sei, und zwar auch dann, wenn diese Vorschriftswidrigkeit nicht im ersten Rechtszug geltend gemacht worden sei.

54      Zunächst ist festzustellen, dass der Beschluss 2016/454, mit dem der Nachfolger auf die dritte Stelle zum Richter am Gericht für den öffentlichen Dienst ernannt wurde, entsprechend den Ausführungen der Generalanwältin u. a. in den Nrn. 118 bis 124 ihrer Schlussanträge keinen Rechtsakt mit allgemeiner Geltung im Sinne von Art. 277 AEUV darstellt.

55      Aus dem durch Art. 47 der Charta garantierten Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht ergibt sich jedoch, dass der Einzelne grundsätzlich die Möglichkeit haben muss, sich auf eine Verletzung dieses Rechts zu berufen. Folglich muss der Unionsrichter prüfen können, ob eine Vorschriftswidrigkeit des in Rede stehenden Ernennungsverfahrens zu einer Verletzung dieses Grundrechts hat führen können.

56      Es ist noch zu prüfen, ob der Umstand, dass in den vorliegenden Rechtssachen keine der Parteien die Vorschriftsmäßigkeit des Spruchkörpers bestritten hatte, der die angefochtenen Entscheidungen erlassen hatte, das Gericht daran gehindert hat, diese Vorschriftsmäßigkeit von Amts wegen zu prüfen.

57      Insoweit ist hervorzuheben, dass die Garantien für den Zugang zu einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht, und insbesondere diejenigen, die für den Begriff und die Zusammensetzung des Gerichts bestimmend sind, den Grundpfeiler des Rechts auf ein faires Verfahren bilden. Danach muss jedes Gericht überprüfen, ob es in Anbetracht seiner Zusammensetzung ein solches Gericht ist, wenn insoweit ein ernsthafter Zweifel besteht. Diese Überprüfung ist im Hinblick auf das Vertrauen erforderlich, das die Gerichte einer demokratischen Gesellschaft bei den Rechtssuchenden wecken müssen. In diesem Sinne stellt eine solche Überprüfung ein wesentliches Formerfordernis dar, das zwingend zu beachten und von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 46 und 48).

58      Folglich hat das Gericht in den zu überprüfenden Urteilen rechtsfehlerfrei entschieden, die Vorschriftsmäßigkeit der Zusammensetzung des Spruchkörpers, der die angefochtenen Entscheidungen erlassen hatte, von Amts wegen zu prüfen, da im Urteil vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), die Vorschriftswidrigkeit dieses Spruchkörpers festgestellt worden war.

 Zur Vorschriftswidrigkeit in dem in Rede stehenden Ernennungsverfahren und zu deren Auswirkungen auf das Recht der Parteien auf ein zuvor durch Gesetz errichtetes Gericht

 Vorschriftswidrigkeit in dem in Rede stehenden Ernennungsverfahren

59      In den zu überprüfenden Urteilen hat das Gericht unter Bezugnahme auf das Urteil vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), geschlossen, dass der Rat den durch den öffentlichen Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen vorgegebenen rechtlichen Rahmen missachtet habe, indem er die im Anschluss an diesen Aufruf erstellte Bewerberliste zur Besetzung der dritten Stelle verwendet habe.

60      Diese Schlussfolgerung enthält keine Rechtsfehler.

61      Da der öffentliche Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen nach dem Wortlaut seiner Nr. 4 ausdrücklich und ausschließlich zur Besetzung der Stellen der beiden Richter, deren Amtszeit am 30. September 2014 ablief, d. h. der von den Richtern Van Raepenbusch und Kreppel bekleideten Stellen, erfolgte und nicht auch zur Besetzung der dritten Stelle, die zuvor die Richterin Rofes i Pujol bekleidete, deren Amtszeit am 31. August 2015 ablief, hat der Rat dadurch, dass er zur Besetzung der letztgenannten Stelle die Bewerberliste herangezogen hat, die im Anschluss an diesen öffentlichen Aufruf zur Einreichung von Bewerbungen erstellt worden war, nämlich den rechtlichen Rahmen missachtet, den er sich durch die Veröffentlichung dieses öffentlichen Aufrufs zur Einreichung von Bewerbungen selbst gesetzt hatte und den er einzuhalten hatte. „Zeitgründe“, auf die im vierten Erwägungsgrund des Beschlusses 2016/454 im Kontext der Reform der justiziellen Architektur der Europäischen Union verwiesen wird, können die Nichteinhaltung dieses öffentlichen Aufrufs zur Einreichung von Bewerbungen nicht rechtfertigen.

62      Dagegen hat die Verwendung dieser Liste zur Ernennung auf die dritte Stelle entgegen den vom Gericht in den Rn. 52 bis 58 des Urteils vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), angestellten Erwägungen, die zudem in den zu überprüfenden Urteilen nicht ausdrücklich übernommen worden sind, im Übrigen den Vorschriften für das Verfahren zur Ernennung von Richtern am Gericht für den öffentlichen Dienst offenbar entsprochen.

63      Nach Anhang I Art. 3 Abs. 4 Satz 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union hatte die Bewerberliste nämlich mindestens doppelt so viele Bewerber wie die Zahl der vom Rat zu ernennenden Richter zu enthalten. Die im Anschluss an den öffentlichen Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen erstellte Liste umfasste sechs Bewerber, was der doppelten Zahl der Richter entspricht, die auf der Grundlage dieser Liste ernannt wurden. Diese Bestimmung ist somit im vorliegenden Fall in vollem Umfang eingehalten worden.

64      Zudem gibt es keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Einhaltung von Art. 257 Abs. 4 Satz 1 AEUV, wonach zu Mitgliedern der Fachgerichte Personen auszuwählen sind, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und über die Befähigung zur Ausübung richterlicher Tätigkeiten verfügen, von Anhang I Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wonach jede Person, die diese Voraussetzungen erfüllt und die Unionsbürgerschaft besitzt, ihre Bewerbung für die Richterstellen am Gericht für den öffentlichen Dienst einreichen konnte, oder von Art. 3 Abs. 4 Satz 2 dieses Anhangs, wonach die vom Auswahlausschuss erstellte Liste die Bewerber anzugeben hatte, die aufgrund ihrer Erfahrung auf hoher Ebene am geeignetsten erschienen.

65      Daher ist in keiner Weise angezweifelt worden, dass der öffentliche Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen jedem Unionsbürger offenstand, der die Voraussetzungen von Art. 257 Abs. 4 Satz 1 AEUV erfüllte, dass alle sechs Bewerber, die auf der im Anschluss an diesen öffentlichen Aufruf erstellten Liste standen, die Unionsbürgerschaft besaßen und vom Auswahlausschuss für geeignet befunden worden waren, die Aufgaben eines Richters am Gericht für den öffentlichen Dienst auszuüben, und dass diese Liste tatsächlich die Bewerber angab, die aufgrund ihrer Erfahrung auf hoher Ebene am geeignetsten erschienen.

66      In Bezug auf Anhang I Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wonach der Rat bei der Ernennung der Richter am Gericht für den öffentlichen Dienst auf eine ausgewogene Zusammensetzung dieses Gerichts achtet, indem die Richter unter den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten auf möglichst breiter geografischer Grundlage ausgewählt und die vertretenen einzelstaatlichen Rechtsordnungen berücksichtigt werden, ist das Gericht in Rn. 56 des Urteils vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), zwar davon ausgegangen, dass sich nicht ausschließen lasse, dass die Verwendung der im Anschluss an den öffentlichen Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen erstellten Bewerberliste zur Ernennung eines Richters auf die dritte Stelle dazu geführt haben könne, einen Teil der potenziellen Bewerber für diese Stelle auszuschließen, und zwar insbesondere diejenigen spanischer Staatsangehörigkeit, die in Anbetracht der mit dieser Bestimmung aufgestellten Anforderung eventuell von einer Teilnahme an dieser Ausschreibung hätten abgehalten worden sein können, weil das Gericht für den öffentlichen Dienst zum Zeitpunkt dieses öffentlichen Aufrufs zur Einreichung von Bewerbungen bereits ein spanisches Mitglied gehabt und dieser Aufruf nicht die Stelle dieses Mitglieds betroffen habe.

67      Diese Feststellung lässt jedoch keineswegs die Annahme zu, dass die Ernennung des Richters auf die dritte Stelle zu einer nicht ausgewogenen Zusammensetzung hinsichtlich der geografischen Verteilung oder der Vertretung der einzelstaatlichen Rechtsordnungen am Gericht für den öffentlichen Dienst geführt hätte und der Rat diese Ernennung daher unter Verstoß gegen Anhang I Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgenommen hätte. Im Übrigen ist der vom Gericht in Rn. 56 des Urteils vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), festgestellte Umstand, dass bestimmte potenzielle Bewerber von der Teilnahme am öffentlichen Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen abgehalten worden sein sollten, unmittelbar und ausschließlich darauf zurückzuführen, dass dieser öffentliche Aufruf nicht die Besetzung der dritten Stelle betraf, so dass dieser Umstand nicht als eine andere Vorschriftswidrigkeit angesehen werden kann als die in Rn. 61 des vorliegenden Urteils festgestellte.

68      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Vorschriftswidrigkeit in dem in Rede stehenden Ernennungsverfahren ausschließlich darauf beruht, dass der Rat den öffentlichen Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen missachtet hat, und nicht auf einem Verstoß gegen die Anforderungen aus Art. 257 Abs. 4 AEUV oder aus Anhang I Art. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union.

 Auswirkungen der Vorschriftswidrigkeit in dem in Rede stehenden Ernennungsverfahren auf das Recht der Parteien auf ein zuvor durch Gesetz errichtetes Gericht

69      In den zu überprüfenden Urteilen hat das Gericht unter erneutem Verweis auf das Urteil vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), entschieden, dass der auf die dritte Stelle ernannte Richter angesichts der Bedeutung, die die Einhaltung der Vorschriften über die Ernennung eines Richters für das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Gerichte habe, nicht als ein gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta angesehen werden könne.

70      Nach dieser Bestimmung hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird.

71      Insoweit hat der Gerichtshof entschieden, dass die Erfordernisse der Unabhängigkeit und der Unparteilichkeit zum Wesensgehalt des Rechts auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz und des Grundrechts auf ein faires Verfahren gehören, dem als Garant für den Schutz sämtlicher den Rechtssuchenden aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte und für die Wahrung der in Art. 2 EUV genannten Werte, die den Mitgliedstaaten gemeinsam sind, u. a. des Wertes der Rechtsstaatlichkeit, grundlegende Bedeutung zukommt. Diese Erfordernisse setzen voraus, dass es Regeln insbesondere für die Zusammensetzung der Einrichtung, die Ernennung, die Amtsdauer und die Gründe für Enthaltung, Ablehnung und Abberufung ihrer Mitglieder gibt, die es ermöglichen, bei den Rechtssuchenden jeden berechtigten Zweifel an der Unempfänglichkeit dieser Einrichtung für äußere Faktoren und an ihrer Neutralität in Bezug auf die widerstreitenden Interessen auszuräumen. Was insbesondere Ernennungsentscheidungen betrifft, so müssen namentlich die materiellen Voraussetzungen und die Verfahrensmodalitäten für den Erlass dieser Entscheidungen so beschaffen sein, dass sie keine solchen berechtigten Zweifel in Bezug auf die ernannten Richter hervorrufen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. November 2019, A. K. u. a. [Unabhängigkeit der Disziplinarkammer des Obersten Gerichts], C‑585/18, C‑624/18 und C‑625/18, EU:C:2019:982, Rn. 120, 123 und 134 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Da Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) entspricht, hat er nach Art. 52 Abs. 3 der Charta die gleiche Bedeutung und Tragweite, wie sie ihm in der Konvention verliehen wird. Der Gerichtshof muss daher darauf achten, dass seine Auslegung von Art. 47 Abs. 2 der Charta ein Schutzniveau gewährleistet, dass das in Art. 6 EMRK in seiner Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte garantierte Schutzniveau nicht verletzt (Urteil vom 19. November 2019, A. K. u. a. [Unabhängigkeit der Disziplinarkammer des Obersten Gerichts], C‑585/18, C‑624/18 und C‑625/18, Rn. 118 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte soll die Einfügung des Ausdrucks „auf Gesetz beruhend“ in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK verhindern, dass die Organisation des Justizsystems in das Ermessen der Exekutive gestellt wird, und dafür sorgen, dass dieser Bereich durch ein Gesetz geregelt wird, das von der gesetzgebenden Gewalt im Einklang mit den Vorschriften über die Ausübung ihrer Zuständigkeit erlassen wurde. Dieser Ausdruck spiegelt insbesondere das Rechtsstaatsprinzip wider und umfasst nicht nur die Rechtsgrundlage für die Existenz des Gerichts, sondern auch die Zusammensetzung des Spruchkörpers in jeder Rechtssache sowie alle weiteren Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, deren Nichtbeachtung die Teilnahme eines oder mehrerer Richter an der Verhandlung über die Rechtssache vorschriftswidrig macht, was insbesondere Vorschriften über die Unabhängigkeit und die Unparteilichkeit der Mitglieder des betreffenden Gerichts einschließt (vgl. in diesem Sinne EGMR, 8. Juli 2014, Biagioli/San Marino, CE:ECHR:2014:0708DEC000816213, §§ 72 bis 74, und 2. Mai 2019, Pasquini/San Marino, CE:ECHR:2019:0502JUD005095616, §§ 100 und 101 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

74      Desgleichen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits festgestellt, dass das Recht, von einem „auf Gesetz beruhenden“ Gericht im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EMRK abgeurteilt zu werden, schon seinem Wesen nach das Verfahren zur Ernennung der Richter umfasst (EGMR, 12. März 2019, Ástráðsson/Island, CE:ECHR:2019:0312JUD002637418, nicht rechtskräftig, § 98).

75      Aus der in den Rn. 71 und 73 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt sich, dass eine bei der Ernennung der Richter im betroffenen Justizsystem begangene Vorschriftswidrigkeit einen Verstoß gegen Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta darstellt, insbesondere dann, wenn die Art und Schwere der Vorschriftswidrigkeit dergestalt ist, dass sie die tatsächliche Gefahr begründet, dass andere Teile der Staatsgewalt – insbesondere die Exekutive – ein ihnen nicht zustehendes Ermessen ausüben können, wodurch die Integrität des Ergebnisses des Ernennungsverfahrens beeinträchtigt und so beim Einzelnen berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des oder der betreffenden Richter geweckt werden, was der Fall ist, wenn es um Grundregeln geht, die Bestandteil der Errichtung und der Funktionsfähigkeit dieses Justizsystems sind.

76      Anhand dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob die in dem in Rede stehenden Ernennungsverfahren begangene Vorschriftswidrigkeit im vorliegenden Fall das durch Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta gewährleistete Recht der Parteien darauf, dass ihre Sache von einem zuvor durch Gesetz errichteten Gericht verhandelt wird, verletzt hat.

77      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass diese Vorschriftswidrigkeit – wie in Rn. 68 des vorliegenden Urteils ausgeführt – ausschließlich darauf beruht, dass der Rat den öffentlichen Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen missachtet hat.

78      Somit ist festzustellen, dass die Ernennung eines Richters auf die dritte Stelle unter Einhaltung der in Art. 257 Abs. 4 AEUV und in Anhang I Art. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union enthaltenen Grundregeln für die Ernennung der Richter am Gericht für den öffentlichen Dienst erfolgt ist.

79      In diesem Zusammenhang reicht der Umstand, dass der Rat zur Besetzung der dritten Stelle die im Anschluss an den öffentlichen Aufruf vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen erstellte Liste herangezogen hat, für sich allein nicht aus, um das Vorliegen eines Verstoßes gegen eine Grundregel des Verfahrens zur Ernennung der Richter am Gericht für den öffentlichen Dienst festzustellen, dessen Art und Schwere dergestalt wäre, dass er die tatsächliche Gefahr begründet hätte, dass der Rat seine Befugnisse ungerechtfertigt ausübt und dadurch die Integrität des Ergebnisses des Ernennungsverfahrens beeinträchtigt und so beim Einzelnen berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit und der Unparteilichkeit des auf die dritte Stelle ernannten Richters oder gar der Kammer, der er zugeteilt worden ist, geweckt werden.

80      Insoweit unterscheidet sich die Vorschriftswidrigkeit in dem in Rede stehenden Ernennungsverfahren von der, um die es in der in Rn. 75 des Urteils vom 23. Januar 2018, FV/Rat (T‑639/16 P, EU:T:2018:22), genannten Entscheidung des EFTA-Gerichtshofs vom 14. Februar 2017, Pascal Nobile/DAS Rechtsschutz-Versicherungs AG (E‑21/16), geht. Dort bestand die Vorschriftswidrigkeit nämlich in der Ernennung eines Richters an den EFTA-Gerichtshof für eine Amtszeit, deren Dauer ausnahmsweise auf drei Jahre anstelle von sechs Jahren festgesetzt worden war, und betraf somit im Unterschied zu der in den vorliegenden Rechtssachen geprüften Vorschriftswidrigkeit die Missachtung einer die Dauer der Amtszeit der Richter an diesem Gericht betreffenden Grundregel, die deren Unabhängigkeit schützen soll.

81      Nach alledem stellt die Missachtung des öffentlichen Aufrufs vom 3. Dezember 2013 zur Einreichung von Bewerbungen durch den Rat keinen Verstoß gegen die Grundregeln des Unionsrechts für die Ernennung der Richter am Gericht für den öffentlichen Dienst dar, der zu einer Verletzung des durch Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta gewährleisteten Rechts der Rechtsmittelführer auf ein durch Gesetz errichtetes Gericht geführt hätte.

82      Da die zu überprüfenden Urteile keine weiteren Anhaltspunkte enthalten, aufgrund deren die Einhaltung von Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta in Zweifel gezogen werden kann, ist folglich festzustellen, dass das Gericht in diesen Urteilen rechtsfehlerhaft entschieden hat, dass diese Bestimmung verletzt worden sei. Die in der vorstehenden Randnummer genannte Vorschriftswidrigkeit konnte daher für sich allein nicht die Aufhebung einer gerichtlichen Entscheidung des Spruchkörpers rechtfertigen, dem der auf die dritte Stelle ernannte Richter zugewiesen worden war.

83      Nach alledem hat das Gericht einen Rechtsfehler dadurch begangen, dass es die angefochtenen Entscheidungen allein auf der Grundlage der in dem in Rede stehenden Ernennungsverfahren begangenen Vorschriftswidrigkeit aufgehoben hat.

 Zum Vorliegen einer Beeinträchtigung der Einheit oder der Kohärenz des Unionsrechts

84      Der Rechtsfehler, den die zu überprüfenden Urteile aufweisen, ist geeignet, die Einheit und die Kohärenz des Unionsrechts zu beeinträchtigen.

85      Die zu überprüfenden Urteile können nämlich Präzedenzfälle für künftige Rechtssachen sein, da sich die fehlerhafte Auslegung und Anwendung von Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta durch das Gericht auf andere Rechtssachen auswirken kann, in denen die Ernennung eines Mitglieds eines Spruchkörpers und ganz allgemein das Recht auf ein unabhängiges, unparteiisches und zuvor durch Gesetz errichtetes Gericht in Frage gestellt wird.

86      Darüber hinaus hat dieses Recht grundlegenden und übergreifenden Charakter in der Unionsrechtsordnung, deren Auslegung und Kohärenz der Gerichtshof zu gewährleisten hat, und zwar insbesondere dann, wenn sich insoweit Fragen in einem spezifischen Kontext stellen, der noch nicht zu einer ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs geführt hat.

87      Daher ist festzustellen, dass die zu überprüfenden Urteile die Einheit und die Kohärenz des Unionsrechts beeinträchtigen, soweit das Gericht als Rechtsmittelgericht entschieden hat, dass der Spruchkörper des Gerichts für den öffentlichen Dienst, der die angefochtenen Entscheidungen erlassen hat, wegen einer Vorschriftswidrigkeit, die das Verfahren zur Ernennung eines der Mitglieder dieses Spruchkörpers betroffen habe, vorschriftswidrig zusammengesetzt gewesen sei, was zu einem Verstoß gegen den in Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta verankerten Grundsatz des gesetzlichen Richters geführt habe.

 Zu den Wirkungen der Überprüfung

88      Nach Art. 62b Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union verweist der Gerichtshof, wenn er feststellt, dass die Entscheidung des Gerichts die Einheit oder die Kohärenz des Unionsrechts beeinträchtigt, die Sache an das Gericht zurück, das an die rechtliche Beurteilung durch den Gerichtshof gebunden ist. Bei der Zurückverweisung kann der Gerichtshof zudem die Wirkungen der Entscheidung des Gerichts bezeichnen, die für die Parteien des Rechtsstreits als endgültig zu betrachten sind. Ausnahmsweise kann der Gerichtshof selbst endgültig entscheiden, wenn sich der Ausgang des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Überprüfung aus den Tatsachenfeststellungen ergibt, auf denen die Entscheidung des Gerichts beruht.

89      Folglich kann sich der Gerichtshof nicht darauf beschränken, die Beeinträchtigung der Einheit oder der Kohärenz des Unionsrechts festzustellen, ohne Konsequenzen aus dieser Feststellung für die beiden in Rede stehenden Rechtsstreitigkeiten zu ziehen (vgl. auch Urteil vom 10. September 2015, Überprüfung Missir Mamachi di Lusignano/Kommission, C‑417/14 RX–II, EU:C:2015:588, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

90      Da das Gericht in den zu überprüfenden Urteilen die angefochtenen Entscheidungen auf der Grundlage eines Verstoßes gegen Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta aufgehoben hat, ohne die von den Rechtsmittelführern zur Stützung ihrer jeweiligen Rechtsmittel geltend gemachten Gründe zu prüfen, sind die zu überprüfenden Urteile aufzuheben und die Sachen an das Gericht zurückzuverweisen, damit es über diese Rechtsmittelgründe entscheiden kann.

 Kosten

91      Nach Art. 195 Abs. 6 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn die Entscheidung des Gerichts, die Gegenstand der Überprüfung ist, nach Art. 256 Abs. 2 AEUV ergangen ist.

92      In Ermangelung besonderer Vorschriften über die Kostenverteilung im Rahmen einer Überprüfung ist zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Rechtssachen C542/18 RX–II und C543/18 RXII werden zu gemeinsamem Urteil verbunden.

2.      Die Urteile des Gerichts der Europäischen Union (Rechtsmittelkammer) vom 19. Juli 2018, Simpson/Rat (T646/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:493) und HG/Kommission (T693/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:492), beeinträchtigen die Einheit und die Kohärenz des Unionsrechts, soweit das Gericht der Europäischen Union als Rechtsmittelgericht entschieden hat, dass der Spruchkörper des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union, der den Beschluss vom 24. Juni 2016, Simpson/Rat (F142/11 RENV, EU:F:2016:136), und das Urteil vom 19. Juli 2016, HG/Kommission (F149/15, EU:F:2016:155), erlassen hat, wegen einer Vorschriftswidrigkeit, die das Verfahren zur Ernennung eines der Mitglieder dieses Spruchkörpers betroffen habe, vorschriftswidrig zusammengesetzt gewesen sei, was zu einem Verstoß gegen den in Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundsatz des gesetzlichen Richters geführt habe, und die genannten Entscheidungen aufgehoben hat.

3.      Die genannten Urteile werden aufgehoben.

4.      Die Sachen werden an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

5.      Herr Erik Simpson, der Rat der Europäischen Union, HG, die Europäische Kommission und die bulgarische Regierung tragen ihre eigenen durch die Überprüfungsverfahren entstandenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprachen: Englisch und Französisch.