URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

26. Juni 2019(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2008/50/EG – Art. 6, 7, 13 und 23 – Anhang III – Beurteilung der Luftqualität – Kriterien für die Feststellung einer Überschreitung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid – Maßnahmen mit Hilfe ortsfester Probenahmestellen – Wahl der geeigneten Standorte – Beurteilung der an den Probenahmestellen gemessenen Werte – Verpflichtungen der Mitgliedstaaten – Gerichtliche Nachprüfung – Intensität der Kontrolle – Anordnungsbefugnis“

In der Rechtssache C‑723/17

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Nederlandstalige rechtbank van eerste aanleg Brussel (Niederländischsprachiges Gericht erster Instanz Brüssel, Belgien) mit Entscheidung vom 15. Dezember 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Dezember 2017, in dem Verfahren

Lies Craeynest,

Cristina Lopez Devaux,

Frédéric Mertens,

Stefan Vandermeulen,

Karin De Schepper,

ClientEarth VZW

gegen

Brussels Hoofdstedelijk Gewest,

Brussels Instituut voor Milieubeheer,

Beteiligter:

Belgische Staat,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie der Richter A. Rosas, L. Bay Larsen und M. Safjan,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Frau Craeynest, Frau Lopez Devaux, Herrn Mertens, Herrn Vandermeulen, Frau De Schepper und der ClientEarth VZW, vertreten durch T. Malfait und A. Croes, advocaten,

–        des Brussels Hoofdstedelijk Gewest und des Brussels Instituut voor Milieubeheer, vertreten durch G. Verhelst und B. Van Weerdt, advocaten, und durch I.‑S. Brouhns, avocat,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und L. Dvořáková als Bevollmächtigte,

–        der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und A. M. de Ree als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Manhaeve und K. Petersen als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 28. Februar 2019

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung zum einen von Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV in Verbindung mit Art. 288 Abs. 3 AEUV und zum anderen der Art. 6, 7, 13 und 23 sowie des Anhangs III der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. 2008, L 152, S. 1).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, den Frau Lies Craeynest, Frau Cristina Lopez Devaux, Herr Frédéric Mertens, Herr Stefan Vandermeulen, Frau Karin De Schepper sowie die ClientEarth VZW gegen den Brussels Hoofdstedelijk Gewest (Region Brüssel-Hauptstadt, Belgien) und das Brussels Instituut voor Milieubeheer (Brüsseler Institut für Umweltmanagement, Belgien) wegen der Verpflichtung zur Erstellung eines Luftqualitätsplans für das Gebiet von Brüssel (Belgien) und zur Einrichtung der gesetzlich vorgeschriebenen Probenahmestellen zur Überwachung der Luftqualität führen.

 Rechtlicher Rahmen

3        Die Erwägungsgründe 2, 5 bis 7 und 14 der Richtlinie 2008/50 lauten:

„(2)      Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt insgesamt ist es von besonderer Bedeutung, den Ausstoß von Schadstoffen an der Quelle zu bekämpfen und die effizientesten Maßnahmen zur Emissionsminderung zu ermitteln und auf lokaler, nationaler und gemeinschaftlicher Ebene anzuwenden. Deshalb sind Emissionen von Luftschadstoffen zu vermeiden, zu verhindern oder zu verringern und angemessene Luftqualitätsziele festzulegen, wobei die einschlägigen Normen, Leitlinien und Programme der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu berücksichtigen sind.

(5)      Für die Beurteilung der Luftqualität sollte ein einheitlicher Ansatz gelten, dem gemeinsame Beurteilungskriterien zugrunde liegen. Bei der Beurteilung der Luftqualität sollte der Größe der der Luftverschmutzung ausgesetzten Bevölkerung und Ökosysteme Rechnung getragen werden. Daher sollte das Hoheitsgebiet der einzelnen Mitgliedstaaten in Gebiete oder Ballungsräume aufgeteilt werden, die der Bevölkerungsdichte entsprechen.

(6)      Wenn möglich, sollten Modellrechnungen angewandt werden, damit Punktdaten im Hinblick auf die räumliche Verteilung der Konzentration interpretiert werden können. Dies könnte als Grundlage für die Berechnung der kollektiven Exposition der Bevölkerung dienen, die in dem betreffenden Gebiet lebt.

(7)      Damit gewährleistet ist, dass die gesammelten Daten zur Luftverschmutzung hinreichend repräsentativ und gemeinschaftsweit vergleichbar sind, ist es wichtig, dass für die Beurteilung der Luftqualität standardisierte Messtechniken und gemeinsame Kriterien für die Anzahl und die Wahl der Standorte der Messstationen Anwendung finden. Da die Luftqualität auch mit Hilfe anderer Techniken als Messungen beurteilt werden kann, müssen Kriterien für die Verwendung und der erforderliche Genauigkeitsgrad dieser Techniken festgelegt werden.

(14)      In Gebieten und Ballungsräumen, in denen langfristige Ziele für Ozon oder die Beurteilungsschwellen für andere Schadstoffe überschritten werden, sollten ortsfeste Messungen vorgeschrieben werden. Daten aus ortsfesten Messungen können durch Modellrechnungen und/oder orientierende Messungen ergänzt werden, damit punktbezogene Daten im Hinblick auf die geografische Verteilung der Konzentration interpretiert werden können. Ferner sollte die Anwendung ergänzender Beurteilungsverfahren eine Verringerung der erforderlichen Mindestzahl ortsfester Probenahmestellen ermöglichen.“

4        Art. 1 der Richtlinie 2008/50 sieht vor:

„Die in dieser Richtlinie festgelegten Maßnahmen dienen folgenden Zielen:

1.      Definition und Festlegung von Luftqualitätszielen zur Vermeidung, Verhütung oder Verringerung schädlicher Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt;

2.      Beurteilung der Luftqualität in den Mitgliedstaaten anhand einheitlicher Methoden und Kriterien;

3.      Gewinnung von Informationen über die Luftqualität als Beitrag zur Bekämpfung von Luftverschmutzungen und ‑belastungen und zur Überwachung der langfristigen Tendenzen und der Verbesserungen, die aufgrund einzelstaatlicher und gemeinschaftlicher Maßnahmen erzielt werden;

…“

5        Art. 2 der Richtlinie bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

3.      ‚Wert‘ ist die Konzentration eines Schadstoffs in der Luft oder die Ablagerung eines Schadstoffs auf bestimmten Flächen in einem bestimmten Zeitraum;

4.      ‚Beurteilung‘ sind alle Verfahren zur Messung, Berechnung, Vorhersage oder Schätzung eines Schadstoffwertes;

5.      ‚Grenzwert‘ ist ein Wert, der aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse mit dem Ziel festgelegt wird, schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt insgesamt zu vermeiden, zu verhüten oder zu verringern, und der innerhalb eines bestimmten Zeitraums eingehalten werden muss und danach nicht überschritten werden darf;

17.      ‚Ballungsraum‘ ist ein städtisches Gebiet mit einer Bevölkerung von mehr als 250 000 Einwohnern oder, falls 250 000 oder weniger Einwohner in dem Gebiet wohnen, mit einer Bevölkerungsdichte pro km2, die von den Mitgliedstaaten festzulegen ist;

20.      ‚Indikator für die durchschnittliche Exposition‘ ist ein anhand von Messungen an Messstationen für den städtischen Hintergrund im gesamten Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ermittelter Durchschnittswert für die Exposition der Bevölkerung. Er dient der Berechnung des nationalen Ziels für die Reduzierung der Exposition und der Berechnung der Verpflichtung in Bezug auf die Expositionskonzentration;

23.      ‚Messstationen für den städtischen Hintergrund‘ sind Standorte in städtischen Gebieten, an denen die Werte repräsentativ für die Exposition der allgemeinen städtischen Bevölkerung sind;

24.      ‚Stickstoffoxide‘ sind die Summe der Volumenmischungsverhältnisse (ppbv) von Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid, ausgedrückt in der Einheit der Massenkonzentration von Stickstoffdioxid (μg/m3);

25.      ‚ortsfeste Messungen‘ sind kontinuierlich oder stichprobenartig an festen Orten durchgeführte Messungen zur Ermittlung der Werte entsprechend den jeweiligen Datenqualitätszielen;

…“

6        Art. 4 der Richtlinie 2008/50 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten legen in ihrem gesamten Hoheitsgebiet Gebiete und Ballungsräume fest. In allen Gebieten und Ballungsräumen wird die Luftqualität beurteilt und unter Kontrolle gehalten.“

7        Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel (PM10 und PM2,5), Blei, Benzol und Kohlenmonoxid gelten die in Anhang II Abschnitt A festgelegten oberen und unteren Beurteilungsschwellen.

Alle Gebiete und Ballungsräume werden anhand dieser Beurteilungsschwellen eingestuft.“

8        Art. 6 („Beurteilungskriterien“) der Richtlinie bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten beurteilen die Luftqualität in Bezug auf die in Artikel 5 genannten Schadstoffe in allen ihren Gebieten und Ballungsräumen anhand der in den Absätzen 2, 3 und 4 sowie in Anhang III festgelegten Kriterien.

(2)      In allen Gebieten und Ballungsräumen, in denen der Wert der in Absatz 1 genannten Schadstoffe die für diese Schadstoffe festgelegte obere Beurteilungsschwelle überschreitet, sind zur Beurteilung der Luftqualität ortsfeste Messungen durchzuführen. Über diese ortsfesten Messungen hinaus können Modellrechnungen und/oder orientierende Messungen durchgeführt werden, um angemessene Informationen über die räumliche Verteilung der Luftqualität zu erhalten.

(3)      In allen Gebieten und Ballungsräumen, in denen der Wert der in Absatz 1 genannten Schadstoffe die für diese Schadstoffe festgelegte obere Beurteilungsschwelle unterschreitet, kann zur Beurteilung der Luftqualität eine Kombination von ortsfesten Messungen und Modellrechnungen und/oder orientierenden Messungen angewandt werden.

(4)      In allen Gebieten und Ballungsräumen, in denen der Wert der in Absatz 1 genannten Schadstoffe die für diese Schadstoffe festgelegte untere Beurteilungsschwelle unterschreitet, genügen zur Beurteilung der Luftqualität Modellrechnungen, Techniken der objektiven Schätzung oder beides.

…“

9        Art. 7 („Probenahmestellen“) der Richtlinie lautet:

„(1)      Für die Festlegung des Standorts von Probenahmestellen zur Messung von Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxiden, Partikeln (PM10, PM2,5), Blei, Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft gelten die Kriterien des Anhangs III.

(2)      In Gebieten und Ballungsräumen, in denen ortsfeste Messungen die einzige Informationsquelle für die Beurteilung der Luftqualität darstellen, darf die Anzahl der Probenahmestellen für jeden relevanten Schadstoff nicht unter der in Anhang V Abschnitt A festgelegten Mindestanzahl von Probenahmestellen liegen.

(3)      Für Gebiete und Ballungsräume, in denen die Informationen aus Probenahmestellen für ortsfeste Messungen durch solche aus Modellrechnungen und/oder orientierenden Messungen ergänzt werden, kann die in Anhang V Abschnitt A festgelegte Gesamtzahl der Probenahmestellen um bis zu 50 % verringert werden, sofern

a)      die zusätzlichen Methoden ausreichende Informationen für die Beurteilung der Luftqualität in Bezug auf Grenzwerte und Alarmschwellen sowie angemessene Informationen für die Öffentlichkeit liefern;

b)      die Zahl der einzurichtenden Probenahmestellen und die räumliche Auflösung anderer Techniken ausreichen, um bei der Ermittlung der Konzentration des relevanten Schadstoffs die in Anhang I Abschnitt A festgelegten Datenqualitätsziele zu erreichen, und Beurteilungsergebnisse ermöglichen, die den in Anhang I Abschnitt B festgelegten Kriterien entsprechen.

Die Ergebnisse von Modellrechnungen und/oder orientierenden Messungen werden bei der Beurteilung der Luftqualität in Bezug auf die Zielwerte berücksichtigt.

(4)      Die Anwendung der Kriterien für die Auswahl der Probenahmestellen in den Mitgliedstaaten wird von der Kommission überwacht, um die harmonisierte Anwendung dieser Kriterien in der gesamten Europäischen Union zu erleichtern.“

10      Art. 13 („Grenzwerte und Alarmschwellen für den Schutz der menschlichen Gesundheit“) der Richtlinie 2008/50 sieht in Abs. 1 vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass überall in ihren Gebieten und Ballungsräumen die Werte für Schwefeldioxid, PM10, Blei und Kohlenmonoxid in der Luft die in Anhang XI festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten.

Die in Anhang XI festgelegten Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Benzol dürfen von dem dort festgelegten Zeitpunkt an nicht mehr überschritten werden.

Die Einhaltung dieser Anforderungen wird nach Anhang III beurteilt.

…“

11      Art. 15 der Richtlinie bestimmt:

„…

(2)      Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass der gemäß Anhang XIV Abschnitt A festgelegte Indikator für die durchschnittliche Exposition für 2015 nicht die in Anhang XIV Abschnitt C festgelegte Verpflichtung in Bezug auf die Expositionskonzentration übersteigt.

(4)      Jeder Mitgliedstaat sorgt gemäß Anhang III dafür, dass sich durch die Verteilung und die Anzahl der Probenahmestellen, auf die sich der Indikator für die durchschnittliche Exposition gegenüber PM2,5 stützt, ein angemessenes Bild der Exposition der allgemeinen Bevölkerung ergibt. Die Anzahl der Probenahmestellen darf nicht unter der gemäß Anhang V Abschnitt B vorgesehenen Anzahl liegen.“

12      Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 sieht vor:

„Überschreiten in bestimmten Gebieten oder Ballungsräumen die Schadstoffwerte in der Luft einen Grenzwert oder Zielwert zuzüglich einer jeweils dafür geltenden Toleranzmarge, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass für diese Gebiete oder Ballungsräume Luftqualitätspläne erstellt werden, um die entsprechenden in den Anhängen XI und XIV festgelegten Grenzwerte oder Zielwerte einzuhalten.

Im Falle der Überschreitung dieser Grenzwerte, für die die Frist für die Erreichung bereits verstrichen ist, enthalten die Luftqualitätspläne geeignete Maßnahmen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden kann. Die genannten Pläne können zusätzlich gezielte Maßnahmen zum Schutz empfindlicher Bevölkerungsgruppen, einschließlich Maßnahmen zum Schutz von Kindern, vorsehen.

Diese Luftqualitätspläne müssen mindestens die in Anhang XV Abschnitt A aufgeführten Angaben umfassen und können Maßnahmen gemäß Artikel 24 umfassen. Diese Pläne sind der Kommission unverzüglich, spätestens jedoch zwei Jahre nach Ende des Jahres, in dem die erste Überschreitung festgestellt wurde, zu übermitteln.

…“

13      Anhang III der Richtlinie 2008/50 betrifft die „Beurteilung der Luftqualität und Lage der Probenahmestellen für Messungen von Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxiden, Partikeln (PM10 und PM2,5), Blei, Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft“. Sein Abschnitt A („Allgemeines“) sieht in Nr. 1 vor:

„Die Luftqualität wird in allen Gebieten und Ballungsräumen nach folgenden Kriterien beurteilt:

1.      Die Luftqualität wird an allen Orten, mit Ausnahme der in Nummer 2 genannten Orte, nach den in den Abschnitten B und C für die Lage der Probenahmestellen für ortsfeste Messungen festgelegten Kriterien beurteilt. Die in den Abschnitten B und C niedergelegten Grundsätze gelten auch insoweit, als sie für die Bestimmung der spezifischen Orte von Belang sind, an denen die Konzentrationen der einschlägigen Schadstoffe ermittelt werden, wenn die Luftqualität durch orientierende Messungen oder Modellierung beurteilt wird.“

14      In Anhang III Abschnitt B („Großräumige Ortsbestimmung der Probenahmestellen“) heißt es in Nr. 1 („Schutz der menschlichen Gesundheit“):

„a)      Der Ort von Probenahmestellen, an denen Messungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit vorgenommen werden, ist so zu wählen, dass folgende Daten gewonnen werden:

–        Daten über Bereiche innerhalb von Gebieten und Ballungsräumen, in denen die höchsten Konzentrationen auftreten, denen die Bevölkerung wahrscheinlich direkt oder indirekt über einen Zeitraum ausgesetzt sein wird, der im Vergleich zum Mittelungszeitraum der betreffenden Grenzwerte signifikant ist;

–        Daten zu Konzentrationen in anderen Bereichen innerhalb von Gebieten und Ballungsräumen, die für die Exposition der Bevölkerung allgemein repräsentativ sind.

b)      Der Ort von Probenahmestellen ist im Allgemeinen so zu wählen, dass die Messung sehr kleinräumiger Umweltzustände in ihrer unmittelbaren Nähe vermieden wird, was bedeutet, dass der Ort der Probenahmestelle so zu wählen ist, dass die Luftproben – soweit möglich – für die Luftqualität eines Straßenabschnitts von nicht weniger als 100 m Länge bei Probenahmestellen für den Verkehr und nicht weniger als 250 m × 250 m bei Probenahmestellen für Industriegebiete repräsentativ sind.

c)      Messstationen für den städtischen Hintergrund müssen so gelegen sein, dass die gemessene Verschmutzung den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Station erfasst. Für die gemessene Verschmutzung sollte nicht eine Quelle vorherrschend sein, es sei denn, dies ist für ein größeres städtisches Gebiet typisch. Die Probenahmestellen müssen grundsätzlich für ein Gebiet von mehreren Quadratkilometern repräsentativ sein.

f)      Probenahmestellen sollten möglichst auch für ähnliche Orte repräsentativ sein, die nicht in ihrer unmittelbaren Nähe gelegen sind.

…“

15      Anhang III Abschnitt C der Richtlinie 2008/50 sieht Kriterien für die kleinräumige Ortsbestimmung der Probenahmestellen vor, wie beispielsweise den Abstand zwischen Messeinlass und Boden, ihre Lage zu Straßen und Kreuzungen sowie weitere technische Anforderungen.

16      Anhang III Abschnitt D („Dokumentation und Überprüfung der Ortswahl“) der Richtlinie lautet:

„Die Verfahren für die Ortswahl sind in der Einstufungsphase vollständig zu dokumentieren, z. B. mit Fotografien der Umgebung in den Haupthimmelsrichtungen und einer detaillierten Karte. Die Ortswahl ist regelmäßig zu überprüfen und jeweils erneut zu dokumentieren, damit sichergestellt ist, dass die Kriterien für die Wahl weiterhin Gültigkeit haben.“

17      Anhang V der Richtlinie legt die „Kriterien für die Festlegung der Mindestzahl der Probenahmestellen für ortsfeste Messungen der Konzentration von Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxiden, Partikeln (PM10, PM2,5), Blei, Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft“ fest. In Abschnitt A dieses Anhangs heißt es u. a.:

„Für NO2, Partikel, Benzol und Kohlenmonoxid: einschließlich mindestens einer Messstation für städtische Hintergrundquellen und einer Messstation für den Verkehr, sofern sich dadurch die Anzahl der Probenahmestellen nicht erhöht. Im Fall dieser Schadstoffe darf die nach Abschnitt A Nummer 1 erforderliche Gesamtzahl der Messstationen für städtische Hintergrundquellen von der nach Abschnitt A unter Nummer 1 erforderlichen Anzahl der Messstationen für den Verkehr in einem Mitgliedstaat nicht um mehr als den Faktor 2 abweichen. Die Messstationen, an denen der Grenzwert für PM10 in den letzten drei Jahren überschritten wurde, werden beibehalten, sofern nicht aufgrund besonderer Umstände, insbesondere aus Gründen der Raumentwicklung, eine Verlagerung der Stationen erforderlich ist.“

18      Anhang XI der Richtlinie trägt die Überschrift „Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit“. In seinem Abschnitt B werden die Grenzwerte je Schadstoff in Abhängigkeit von seiner in unterschiedlichen Zeiträumen gemessenen Konzentration in der Umgebungsluft festgelegt. Für Stickstoffdioxid sieht dieser Anhang u. a. vor:

Mittelungszeitraum

Grenzwert

Toleranzmarge

Frist für die Einhaltung des Grenzwerts

Stunde

200 μg/m3 dürfen nicht öfter als 18-mal im Kalenderjahr überschritten werden

… 0 % am 1. Januar 2010

1. Januar 2010

Kalenderjahr

40 μg/m3

… 0 % am 1. Januar 2010

1. Januar 2010


19      Anhang XV der Richtlinie 2008/50 bestimmt die „[i]n den örtlichen, regionalen oder einzelstaatlichen Luftqualitätsplänen zu berücksichtigende[n] Informationen“. Zu den in Abschnitt A dieses Anhangs aufgezählten „[n]ach Artikel 23 (Luftqualitätspläne) zu übermittelnde[n] Informationen“ gehört der „Ort der Überschreitung“. Er umfasst Informationen zur Region, zur Ortschaft und zur „Messstation (Karte, geografische Koordinaten)“. Darüber hinaus gehört zu den zu übermittelnden allgemeinen Informationen eine „Schätzung der Größe des verschmutzten Gebiets (km2) und der der Verschmutzung ausgesetzten Bevölkerung“.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

20      Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die Region Brüssel-Hauptstadt ein Gebiet ist, in dem gemäß Art. 4 der Richtlinie 2008/50 die Luftqualität beurteilt und unter Kontrolle gehalten wird. Die Luftqualität wird dort mit Hilfe von Probenahmestellen überwacht. Nach den Angaben der Nederlandstalige rechtbank van eerste aanleg Brussel (Niederländischsprachiges Gericht erster Instanz Brüssel, Belgien) sind diese Stellen gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit ihrem Anhang III Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a so zu wählen, dass u. a. Daten über „Bereiche innerhalb von Gebieten und Ballungsräumen, in denen die höchsten Konzentrationen [der von der Richtlinie erfassten Schadstoffe] auftreten“, gewonnen werden.

21      Vier der Kläger des Ausgangsverfahrens sind über die Luftqualität in ihrer Umgebung besorgte Einwohner der Region Brüssel-Hauptstadt. Bei der fünften Klägerin handelt es sich um eine Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht englischen Rechts mit einem Tätigkeitsschwerpunkt in Belgien. Zweck dieser Vereinigung ist u. a. der Umweltschutz.

22      Mit ihrer am 21. September 2016 erhobenen Klage begehrten die Kläger des Ausgangsverfahrens vom vorlegenden Gericht, festzustellen, dass das oben genannte Erfordernis in der Region Brüssel-Hauptstadt nicht erfüllt worden sei, und diese Region zu verpflichten, an geeigneten Orten, etwa einer bestimmten Straße oder Kreuzung, Probenahmestellen einzurichten.

23      Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass die in der Richtlinie 2008/50 aufgestellten Regeln in Bezug auf die Bestimmung oder Abgrenzung der „Bereiche innerhalb von Gebieten und Ballungsräumen, in denen die höchsten Konzentrationen [von Schadstoffen] auftreten“, den zuständigen Behörden einen Ermessensspielraum einräumen. Daher sei nicht sicher, ob ein Gericht kontrollieren könne, ob die Probenahmestellen ordnungsgemäß platziert worden seien, und ob es gegebenenfalls den Behörden aufgeben könne, solche Probenahmestellen an von ihm festgelegten Standorten einzurichten.

24      Die Kläger des Ausgangsverfahrens sind der Auffassung, der in der Richtlinie 2008/50 seit dem 1. Januar 2010 vorgesehene Grenzwert für Stickstoffdioxid werde in der Region Brüssel-Hauptstadt tatsächlich überschritten. Deshalb müssten die zuständigen Behörden einen Luftqualitätsplan gemäß Art. 23 der Richtlinie aufstellen.

25      Das vorlegende Gericht führt aus, bei einer Überschreitung der in der Richtlinie 2008/50 vorgesehenen Grenzwerte obliege es in der Tat den Mitgliedstaaten, gemäß Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie einen Luftqualitätsplan zu erstellen, der geeignete Maßnahmen vorsehe, um den Zeitraum der Überschreitung so kurz wie möglich zu halten. Nach dem Urteil vom 19. November 2014, ClientEarth (C‑404/13, EU:C:2014:2382), unterliege die Einhaltung dieser Verpflichtung einer gerichtlichen Kontrolle, und der jeweilige Richter könne den zuständigen Behörden die Anordnung erteilen, einen solchen Plan zu erstellen.

26      Die Parteien des Ausgangsverfahrens stellten die an den verschiedenen Probenahmestellen in der Region Brüssel-Hauptstadt gemessenen Werte nicht in Frage. Dagegen stritten sie über die Auslegung von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50, wonach die Stickstoffdioxidkonzentration in der Luft einen Jahresmittelwert von 40 μg/m3 „überall in [den] Gebieten und Ballungsräumen“ eines Mitgliedstaats nicht überschreiten dürfe.

27      Anhand des Wortlauts dieser Bestimmung lasse sich nicht entscheiden, ob es in der Region Brüssel-Hauptstadt tatsächlich zu einer Überschreitung gekommen sei. Zwar sei der Wert von 40 μg/m3 für Stickstoffdioxid dort an verschiedenen Probenahmestellen überschritten worden. Werde jedoch der Durchschnitt der Messergebnisse aller Probenahmestellen herangezogen, liege die Stickstoffdioxidkonzentration dort im Jahresdurchschnitt unter 40 μg/m3.

28      Die Kläger des Ausgangsverfahrens tragen vor, aus dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 ergebe sich, dass die Grenzwerte an keinem Ort eines Gebiets im Sinne von Art. 4 der Richtlinie überschritten werden dürften. Dagegen machen die Region Brüssel-Hauptstadt und das Brüsseler Institut für Umweltmanagement geltend, die Beurteilung der Luftqualität müsse für ein Gebiet als Ganzes bzw. einen Ballungsraum als Ganzen erfolgen.

29      Unter diesen Umständen hat die Nederlandstalige rechtbank van eerste aanleg Brussel (Niederländischsprachiges Gericht erster Instanz Brüssel) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Sind Art. 4 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV in Verbindung mit Art. 288 Abs. 3 AEUV und den Art. 6 und 7 der Richtlinie 2008/50 dahin auszulegen, dass es, wenn angeführt wird, dass ein Mitgliedstaat die Probenahmestellen in einem Gebiet nicht im Einklang mit den in Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a des Anhangs III der Richtlinie genannten Kriterien eingerichtet habe, den nationalen Gerichten zusteht, auf Antrag Einzelner, die von der Überschreitung der in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie genannten Grenzwerte unmittelbar betroffen sind, zu prüfen, ob die Probenahmestellen im Einklang mit diesen Kriterien eingerichtet wurden, und, wenn dies nicht der Fall ist, gegenüber der nationalen Behörde alle erforderlichen Maßnahmen, wie etwa eine Anordnung, zu ergreifen, damit die Probenahmestellen im Einklang mit diesen Kriterien eingerichtet werden?

2.      Wird ein Grenzwert im Sinne von Art. 13 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 schon dann überschritten, wenn eine Überschreitung eines Grenzwerts im Mittelungszeitraum eines Kalenderjahrs, wie in Anhang XI dieser Richtlinie vorgeschrieben, aufgrund der Messergebnisse nur einer Probenahmestelle im Sinne von Art. 7 der Richtlinie festgestellt wird, oder liegt eine solche Überschreitung nur dann vor, wenn sie sich aus dem Durchschnitt der Messergebnisse aller Probenahmestellen in einem bestimmten Gebiet im Sinne der Richtlinie ergibt?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

30      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV in Verbindung mit Art. 288 Abs. 3 AEUV sowie die Art. 6 und 7 der Richtlinie 2008/50 dahin auszulegen sind, dass es einem nationalen Gericht zusteht, auf Antrag Einzelner, die von der Überschreitung der in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie genannten Grenzwerte unmittelbar betroffen sind, zu prüfen, ob die Probenahmestellen in einem bestimmten Gebiet im Einklang mit den in Anhang III Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a der Richtlinie vorgesehenen Kriterien eingerichtet wurden, und, wenn dies nicht der Fall ist, gegenüber der zuständigen nationalen Behörde alle erforderlichen Maßnahmen, wie etwa eine Anordnung, zu treffen, damit die Probenahmestellen im Einklang mit diesen Kriterien eingerichtet werden.

31      Nach ständiger Rechtsprechung haben die Gerichte der Mitgliedstaaten gemäß dem in Art. 4 Abs. 3 EUV aufgestellten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit den gerichtlichen Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen. Mit Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV wird den Mitgliedstaaten überdies aufgegeben, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist (Urteil vom 19. November 2014, ClientEarth, C‑404/13, EU:C:2014:2382, Rn. 52).

32      Außerdem wäre es, wie der Gerichtshof wiederholt hervorgehoben hat, mit dem zwingenden Charakter, den Art. 288 AEUV der Richtlinie 2008/50 verleiht, unvereinbar, grundsätzlich auszuschließen, dass eine mit ihr auferlegte Verpflichtung von den Betroffenen geltend gemacht werden kann. Diese Überlegung gilt in besonderem Maß für eine Richtlinie, die eine Eindämmung und Reduzierung der Luftverschmutzung und damit den Schutz der öffentlichen Gesundheit bezweckt (Urteile vom 25. Juli 2008, Janecek, C‑237/07, EU:C:2008:447, Rn. 37, und vom 19. November 2014, ClientEarth, C‑404/13, EU:C:2014:2382, Rn. 55).

33      Wie die Generalanwältin im Wesentlichen in Nr. 53 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, konkretisieren die mit der Richtlinie 2008/50 eingeführten Regelungen über die Qualität der Umgebungsluft die Schutzpflichten der Union im Bereich des Schutzes der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit, die u. a. aus Art. 3 Abs. 3 EUV und Art. 191 Abs. 1 und 2 AEUV folgen, wonach die Umweltpolitik der Union unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der Union auf ein hohes Schutzniveau abzielt und u. a. auf den Grundsätzen der Vorsorge und der Vorbeugung beruht (Urteil vom 13. Juli 2017, Túrkevei Tejtermelő Kft., C‑129/16, EU:C:2017:547).

34      Insbesondere in Fällen, in denen der Unionsgesetzgeber die Mitgliedstaaten durch eine Richtlinie zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, würde die praktische Wirksamkeit einer solchen Maßnahme abgeschwächt, wenn die Bürger sich vor Gericht hierauf nicht berufen und die nationalen Gerichte sie nicht als Bestandteil des Unionsrechts berücksichtigen könnten, um zu prüfen, ob der nationale Gesetzgeber im Rahmen der ihm vorbehaltenen Befugnis, Form und Mittel für die Umsetzung der Richtlinie zu wählen, innerhalb des in der Richtlinie vorgesehenen Ermessensspielraums geblieben ist (Urteil vom 24. Oktober 1996, Kraaijeveld u. a., C‑72/95, EU:C:1996:404, Rn. 56).

35      Die Richtlinie 2008/50 enthält detaillierte Regelungen für die Einrichtung und die Standorte von Probenahmestellen, die es erlauben, die Luftqualität in den von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 der Richtlinie festgelegten Gebieten und Ballungsräumen zu messen.

36      Art. 6 der Richtlinie 2008/50 sieht verschiedene technische Methoden vor, die von den Mitgliedstaaten anzuwenden sind, um die Luftqualität in den Gebieten und Ballungsräumen zu beurteilen. Gemäß Art. 6 Abs. 2 bis 4 sind in allen Gebieten und Ballungsräumen, in denen der Wert der in Art. 5 der Richtlinie genannten Schadstoffe die in ihrem Anhang II Abschnitt A festgelegte obere Beurteilungsschwelle überschreitet, zur Beurteilung der Luftqualität ortsfeste Messungen durchzuführen, gegebenenfalls ergänzt durch Modellrechnungen und orientierende Messungen. Unterhalb der oberen Beurteilungsschwelle ist eine Kombination von ortsfesten Messungen mit Modellrechnungen und orientierenden Messungen zulässig. Nur wenn das Niveau der Verschmutzung die ebenfalls in Anhang II Abschnitt A der Richtlinie 2008/50 festgelegte untere Beurteilungsschwelle nicht erreicht, darf die Luftqualität allein mit Hilfe von Modellrechnungen oder Techniken der objektiven Schätzung überwacht werden.

37      Art. 7 der Richtlinie 2008/50 betrifft den Standort und die Mindestzahl der Probenahmestellen. Nach Art. 7 Abs. 1 gelten für die Festlegung des Standorts von Probenahmestellen zur Messung von Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxiden, Partikeln (PM10, PM2,5), Blei, Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft die Kriterien des Anhangs III der Richtlinie.

38      Abschnitt B des Anhangs III sieht die Kriterien für die „großräumige Ortsbestimmung“ der Probenahmestellen vor. Gemäß Nr. 1 Buchst. a dieses Abschnitts ist der Ort der Probenahmestellen, die den Schutz der menschlichen Gesundheit gewährleisten sollen, so zu wählen, dass sie Daten über die Luftqualität in Bereichen innerhalb von Gebieten und Ballungsräumen liefern, in denen die höchsten Konzentrationen der fraglichen Schadstoffe auftreten, denen die Bevölkerung wahrscheinlich direkt oder indirekt über einen im Vergleich zum Mittelungszeitraum der betreffenden Grenzwerte signifikanten Zeitraum ausgesetzt sein wird, sowie in anderen Bereichen von Gebieten und Ballungsräumen, die für die Exposition der Bevölkerung allgemein repräsentativ sind. In Abschnitt B Nr. 1 Buchst. f wird klargestellt, dass die Probenahmestellen möglichst auch für ähnliche Orte repräsentativ sein sollten, die nicht in ihrer unmittelbaren Nähe gelegen sind.

39      Die Bestimmungen in Anhang III Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a und f der Richtlinie 2008/50 verlangen also, dass die Probenahmestellen repräsentative Daten für Bereiche eines Gebiets oder eines Ballungsraums liefern, die durch ein bestimmtes Verschmutzungsniveau gekennzeichnet sind.

40      Aus Anhang III Abschnitt B Nr. 1 Buchst. b der Richtlinie geht zum einen hervor, dass die Probenahmestellen so einzurichten sind, dass die Messung „sehr kleinräumiger Umweltzustände“ in ihrer unmittelbaren Nähe vermieden wird, und zum anderen, dass die Luftproben möglichst für die Luftqualität eines Bereichs von bestimmter Größe repräsentativ sind. Diese Bestimmung verlangt, dass die Messungen eine Wiedergabe der Luftqualität eines Straßenabschnitts von nicht weniger als 100 m Länge für den Verkehr und einer Fläche von nicht weniger als 250 m x 250 m für Industriegebiete erlauben.

41      Die in Anhang V der Richtlinie 2008/50 vorgesehenen Regeln, auf die in ihrem Art. 7 Abs. 2 und 3 verwiesen wird, erlauben es ferner, die Mindestzahl der Probenahmestellen in einem Gebiet oder Ballungsraum sowie das Verhältnis zwischen Stationen zur Messung der Hintergrundverschmutzung und Stationen zur Messung der Verschmutzung durch den Verkehr zu bestimmen.

42      Einige der in den vorstehenden Randnummern des vorliegenden Urteils genannten Bestimmungen der Richtlinie 2008/50 enthalten Verpflichtungen, die klar, präzise und nicht an Bedingungen geknüpft sind, so dass sich Einzelpersonen gegenüber dem Staat auf sie berufen können.

43      Dies gilt insbesondere für die in Anhang III Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Richtlinie 2008/50 vorgesehene Verpflichtung, Probenahmestellen so einzurichten, dass sie Informationen über die Verschmutzung der am stärksten belasteten Bereiche liefern, oder für die Verpflichtung, wenigstens die in Anhang V der Richtlinie festgelegte Mindestzahl von Probenahmestellen zu installieren. Es ist Sache der nationalen Gerichte, die Einhaltung dieser Verpflichtungen zu überprüfen.

44      Es trifft zwar zu, dass je nach lokaler Situation in einem Gebiet oder einem Ballungsraum mehrere Standorte die in Anhang III Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a der Richtlinie 2008/50 festgelegten Kriterien erfüllen können. Daher obliegt es den zuständigen nationalen Behörden, im Rahmen ihres Ermessens den konkreten Standort der Probenahmestellen zu wählen.

45      Die Existenz eines solchen Ermessens bedeutet jedoch nicht, dass die Entscheidungen, die von den Behörden in diesem Rahmen getroffen werden, jeder gerichtlichen Kontrolle entzogen sind, insbesondere der Kontrolle, ob die Behörden die der Ausübung ihres Ermessens gesetzten Grenzen überschritten haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Oktober 1996, Kraaijeveld u. a., C‑72/95, EU:C:1996:404, Rn. 59, sowie vom 25. Juli 2008, Janecek, C‑237/07, EU:C:2008:447, Rn. 46).

46      Darüber hinaus ist, trotz des Fehlens von Vorschriften des Unionsrechts über die Modalitäten von Klagen vor nationalen Gerichten, zur Bestimmung der Intensität der gerichtlichen Überprüfung nationaler Entscheidungen, die aufgrund eines Unionsrechtsakts erlassen wurden, auf dessen Zweck abzustellen und darauf zu achten, dass seine Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juni 2002, HI, C‑92/00, EU:C:2002:379, Rn. 59, und vom 11. Dezember 2014, Croce Amica One Italia, C‑440/13, EU:C:2014:2435, Rn. 40).

47      Der Standort der Probenahmestellen spielt bei dem in der Richtlinie 2008/50 vorgesehenen System zur Beurteilung und Verbesserung der Luftqualität eine entscheidende Rolle, insbesondere wenn die Verschmutzung die in ihren Art. 5 und 6 genannte obere Bewertungsschwelle überschreitet. Wie in Rn. 36 des vorliegenden Urteils ausgeführt, stellen die Probenahmestellen in diesem Fall gemäß Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/50 das wichtigste Instrument zur Beurteilung der Luftqualität dar.

48      Die mittels dieser Stellen gewonnenen Messungen erlauben es den Mitgliedstaaten, im Einklang mit Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 sicherzustellen, dass überall in ihren Gebieten und Ballungsräumen die Werte für die von der Richtlinie erfassten Schadstoffe die in ihrem Anhang XI festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten. Werden diese Grenzwerte nach Ablauf der Frist für ihre Erreichung überschritten, muss der betreffende Mitgliedstaat nach Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie einen Luftqualitätsplan erstellen, der bestimmten Anforderungen genügt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Juli 2008, Janecek, C‑237/07, EU:C:2008:447, Rn. 35 und 42, sowie vom 19. November 2014, ClientEarth, C‑404/13, EU:C:2014:2382, Rn. 25 und 40).

49      Folglich würde der Zweck der Richtlinie 2008/50 gefährdet, wenn Probenahmestellen, die sich in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum befinden, nicht im Einklang mit den von ihr aufgestellten Kriterien eingerichtet worden wären.

50      Diese Gefahr kann auch dann eintreten, wenn die zuständigen nationalen Behörden nicht innerhalb der Grenzen des ihnen durch die Richtlinie 2008/50 eingeräumten Ermessensspielraums danach streben, die Wirksamkeit der Richtlinie sicherzustellen. Vor allem dann, wenn Messungen an mehreren Standorten grundsätzlich Informationen über die am stärksten belasteten Bereiche im Sinne von Anhang III Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Richtlinie liefern können, obliegt es daher den zuständigen nationalen Behörden, den Standort der Probenahmestellen so zu wählen, dass die Gefahr unbemerkter Überschreitungen von Grenzwerten minimiert wird.

51      In diesem Rahmen sind die Behörden verpflichtet, ihre Entscheidungen auf fundierte wissenschaftliche Daten zu stützen und, wie aus Anhang III Abschnitt D der Richtlinie 2008/50 hervorgeht, eine vollständige Dokumentation zu erstellen, die die Gesichtspunkte für die Wahl des Standorts jeder Messstelle enthält. Diese Dokumentation muss regelmäßig aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass die Auswahlkriterien weiterhin Gültigkeit haben.

52      Auch wenn die Wahl der Standorte von Probenahmestellen komplexe technische Bewertungen erfordert, ist das Ermessen der zuständigen nationalen Behörden folglich durch den Zweck und die Ziele der einschlägigen Rechtsvorschriften eingeschränkt.

53      Da der Einzelne das Recht hat, von einem Gericht überprüfen zu lassen, ob die nationalen Rechtsvorschriften und ihre Anwendung innerhalb der in der Richtlinie 2008/50 für die Wahl des Standorts der Probenahmestellen vorgesehenen Grenzen des Ermessensspielraums geblieben sind, ist das nach nationalem Recht dazu berufene Gericht überdies befugt, gegenüber der betreffenden nationalen Behörde alle erforderlichen Maßnahmen, wie beispielsweise Anordnungen, zu ergreifen, um sicherzustellen, dass diese Stellen nach den in der Richtlinie festgelegten Kriterien eingerichtet werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Juli 2008, Janecek, C‑237/07, EU:C:2008:447, Rn. 38 und 39, sowie vom 19. November 2014, ClientEarth, C‑404/13, EU:C:2014:2382, Rn. 55, 56 und 58).

54      Insoweit ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs mangels unionsrechtlicher Vorschriften Aufgabe der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten der Rechtsbehelfe zu regeln, die den Schutz der den Bürgern aus einem Unionsrechtsakt wie der Richtlinie 2008/50 erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Diese Modalitäten dürfen jedoch nicht weniger günstig ausgestaltet sein als die entsprechender innerstaatlicher Rechtsbehelfe (Äquivalenzgrundsatz), und sie dürfen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Oktober 2015, East Sussex County Council, C‑71/14, EU:C:2015:656, Rn. 52, und vom 22. Februar 2018, INEOS Köln, C‑572/16, EU:C:2018:100, Rn. 42). In Bezug auf den letztgenannten Grundsatz ist darauf hinzuweisen, dass das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist, der den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes bekräftigt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Juli 2017, Sacko, C‑348/16, EU:C:2017:591, Rn. 31, und vom 27. September 2017, Puškár, C‑73/16, EU:C:2017:725, Rn. 59).

55      In der vorliegenden Rechtssache ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof vorgebracht und nicht bestritten worden, dass die für die Überprüfung des Standorts der Probenahmestellen zuständigen nationalen Gerichte nach den relevanten Vorschriften des belgischen Rechts befugt seien, den nationalen Behörden Anordnungen zu erteilen. Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, gegebenenfalls unter den im nationalen Recht festgelegten Voraussetzungen von dieser Befugnis Gebrauch zu machen.

56      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV in Verbindung mit Art. 288 Abs. 3 AEUV sowie die Art. 6 und 7 der Richtlinie 2008/50 dahin auszulegen sind, dass es einem nationalen Gericht zusteht, auf Antrag Einzelner, die von der Überschreitung der in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie genannten Grenzwerte unmittelbar betroffen sind, zu prüfen, ob die Probenahmestellen in einem bestimmten Gebiet im Einklang mit den in Anhang III Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a der Richtlinie vorgesehenen Kriterien eingerichtet wurden, und, wenn dies nicht der Fall ist, gegenüber der zuständigen nationalen Behörde alle erforderlichen Maßnahmen wie etwa – sofern im nationalen Recht vorgesehen – eine Anordnung zu treffen, damit die Probenahmestellen im Einklang mit diesen Kriterien eingerichtet werden.

 Zur zweiten Frage

57      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 13 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 dahin auszulegen sind, dass es für die Feststellung einer Überschreitung eines in Anhang XI der Richtlinie festgelegten Grenzwerts im Mittelungszeitraum eines Kalenderjahrs genügt, wenn an nur einer Probenahmestelle ein über diesem Wert liegender Verschmutzungsgrad gemessen wird, oder ob sich ein solcher Verschmutzungsgrad aus dem Durchschnitt der Messergebnisse aller Probenahmestellen eines bestimmten Gebiets oder Ballungsraums ergeben muss.

58      Wie in Rn. 48 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist es Sache der Mitgliedstaaten, gemäß Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 sicherzustellen, dass überall in ihren Gebieten und Ballungsräumen die Werte für die von der Richtlinie erfassten Schadstoffe die in ihrem Anhang XI festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten. Werden diese Grenzwerte nach Ablauf der Frist für ihre Erreichung überschritten, muss der betreffende Mitgliedstaat nach Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie einen Luftqualitätsplan erstellen.

59      Wie die Generalanwältin in den Nrn. 72 bis 75 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, erlaubt es der Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 nicht, die zweite Frage des vorlegenden Gerichts zu beantworten. Das Gleiche gilt für Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie.

60      Ermöglicht die Auslegung des Wortlauts einer Bestimmung des Unionsrechts es nicht, ihre genaue Bedeutung zu ermitteln, ist bei ihrer Auslegung auf die Systematik und die Zielsetzung der Regelung abzustellen, zu der sie gehört (Urteil vom 6. Juni 2018, Koppers Denmark, C‑49/17, EU:C:2018:395, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Nach Art. 6 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2008/50 ist es Sache der Mitgliedstaaten, die Einhaltung der Grenzwerte anhand der in Anhang III der Richtlinie vorgesehenen Anforderungen und Kriterien zu beurteilen. Wie sich aus Abschnitt A Nr. 1 dieses Anhangs ergibt, betreffen seine Abschnitte B und C die Bestimmung der Lage der Probenahmestellen, geben aber auch Hinweise für die Durchführung der übrigen in der Richtlinie 2008/50 vorgesehenen Methoden zur Beurteilung der Luftqualität.

62      Insoweit ergibt sich aus Rn. 39 des vorliegenden Urteils, dass die Bestimmungen in Anhang III Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a und f der Richtlinie 2008/50 verlangen, dass die Probenahmestellen repräsentative Daten für Bereiche eines Gebiets oder eines Ballungsraums liefern, die durch ein bestimmtes Verschmutzungsniveau gekennzeichnet sind. Das vom Unionsgesetzgeber so konzipierte System soll es den zuständigen Behörden ermöglichen, nicht nur den Grad der Luftverschmutzung am Standort einer Probenahmestelle zu erfahren, sondern daraus auch den Grad der Luftverschmutzung in anderen ähnlichen Bereichen abzuleiten. Wie aus dem 14. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/50 hervorgeht, wird das letztgenannte Ziel u. a. durch Modellrechnungen erreicht.

63      Hieraus ergibt sich, dass die Bestimmung des Mittelwerts der Messergebnisse aller Probenahmestellen in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum keinen zweckdienlichen Hinweis auf die Schadstoffexposition der Bevölkerung liefert. Insbesondere erlaubt es ein solcher Mittelwert nicht, die Höhe der Exposition der Bevölkerung allgemein zu bestimmen; diese wird gemäß Anhang III Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 2008/50 mittels speziell zu diesem Zweck eingerichteter Probenahmestellen beurteilt.

64      Art. 15 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit ihrem Art. 2 Nrn. 20 und 23 und ihrem Anhang XIV Abschnitt A bestätigt dies. Nach Art. 15 legen die Mitgliedstaaten nämlich einen Indikator für die durchschnittliche Exposition gegenüber PM2,5 fest. Dieser Indikator wird nicht anhand eines durchschnittlichen Verschmutzungsgrads an allen Probenahmestellen eines Gebiets oder Ballungsraums ermittelt, sondern beruht auf Werten, die nur an Messstellen für die städtische Hintergrundbelastung erhoben werden; diese müssen nach Art. 15 Abs. 4 gemäß Anhang III der Richtlinie 2008/50 die Exposition der allgemeinen Bevölkerung gegenüber PM2,5 wiedergeben.

65      Zudem sieht Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2008/50 vor, dass die Luftqualitätspläne mindestens die in Anhang XV Abschnitt A der Richtlinie aufgeführten Angaben umfassen müssen. Gemäß Anhang XV Abschnitt A Nr. 1 müssen die Luftqualitätspläne die Orte bezeichnen, an denen eine Grenzwertüberschreitung gemessen worden ist, einschließlich der betreffenden Probenahmestelle oder Probenahmestellen.

66      Angesichts dieser Erwägungen ist festzustellen, dass sich aus der Systematik der Richtlinie 2008/50 ergibt, dass für die Beurteilung der Einhaltung der in ihrem Anhang XI festgelegten Grenzwerte durch die Mitgliedstaaten der an jeder einzelnen Probenahmestelle gemessene Verschmutzungsgrad entscheidend ist.

67      Diese Auslegung von Art. 13 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 wird auch durch deren Zielsetzung gestützt. Die Richtlinie zielt, wie sich aus ihrem zweiten Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 ergibt, auf den Schutz der menschlichen Gesundheit ab und sieht zu diesem Zweck Maßnahmen vor, um den Ausstoß von Schadstoffen an der Quelle zu bekämpfen. Im Einklang mit diesem Ziel ist es notwendig, die tatsächliche Luftverschmutzung zu ermitteln, der die Bevölkerung oder ein Teil von ihr ausgesetzt ist, und sicherzustellen, dass geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung der Quellen dieser Verschmutzung ergriffen werden. Die Überschreitung eines Grenzwerts an nur einer Probenahmestelle reicht daher aus, um die Verpflichtung zur Erstellung eines Luftqualitätsplans gemäß Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 auszulösen.

68      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 13 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 dahin auszulegen sind, dass es für die Feststellung einer Überschreitung eines in Anhang XI der Richtlinie festgelegten Grenzwerts im Mittelungszeitraum eines Kalenderjahrs genügt, wenn an nur einer Probenahmestelle ein über diesem Wert liegender Verschmutzungsgrad gemessen wird.

 Kosten

69      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV in Verbindung mit Art. 288 Abs. 3 AEUV sowie die Art. 6 und 7 der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa sind dahin auszulegen, dass es einem nationalen Gericht zusteht, auf Antrag Einzelner, die von der Überschreitung der in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie genannten Grenzwerte unmittelbar betroffen sind, zu prüfen, ob die Probenahmestellen in einem bestimmten Gebiet im Einklang mit den in Anhang III Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a der Richtlinie vorgesehenen Kriterien eingerichtet wurden, und, wenn dies nicht der Fall ist, gegenüber der zuständigen nationalen Behörde alle erforderlichen Maßnahmen wie etwa – sofern im nationalen Recht vorgesehen – eine Anordnung zu treffen, damit die Probenahmestellen im Einklang mit diesen Kriterien eingerichtet werden.

2.      Art. 13 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 sind dahin auszulegen, dass es für die Feststellung einer Überschreitung eines in Anhang XI der Richtlinie festgelegten Grenzwerts im Mittelungszeitraum eines Kalenderjahrs genügt, wenn an nur einer Probenahmestelle ein über diesem Wert liegender Verschmutzungsgrad gemessen wird.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Niederländisch.