SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 25. April 2018(1)

Rechtssache C161/17

Land Nordrhein-Westfalen

gegen

Dirk Renckhoff

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs [Deutschland])

„Vorlagefrage – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Begriff der öffentlichen Wiedergabe – Öffentliche Zugänglichmachung eines geschützten Werks auf einer Internetseite, das für alle Internetnutzer auf einer anderen Internetseite öffentlich zugänglich ist – Situation, in der das Werk ohne Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts auf einen Server kopiert wurde“






1.        Vor nicht allzu langer Zeit wurden in der Schule auf Karton gefertigte Themenarbeiten gewöhnlich mit Fotografien, Drucken und Zeichnungen aus Büchern und Zeitschriften illustriert. Nach ihrer Fertigstellung wurden sie in den Lehranstalten (zum Entzücken der Eltern) ausgestellt, und die Urheber dieser Bilder verlangten üblicherweise keine Entschädigung für ihre Nutzung.

2.        Dem Stand der Technik entsprechend fügen auch heutige Schüler Fotografien oder Zeichnungen in ihre Arbeiten ein, mit dem Unterschied, dass sowohl diese als auch die Bilder, die sie bei ihrer Erstellung verwenden, digital sind. Das Internet bietet Millionen grafischer Möglichkeiten zur Vervollständigung einer Schularbeit, und es ist relativ einfach, die bereits fertiggestellte Arbeit auf eine allen Internetnutzern zugängliche Internetseite hochzuladen.

3.        Dies war hier der Fall. Eine Schülerin der Gesamtschule Waltrop im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen(2) stieß im Internet auf eine Fotografie der spanischen Stadt Córdoba und fügte sie in ein Referat im Fach Spanisch ein. Die fertiggestellte Arbeit stellte sie auf der Internetseite der Schule ein, und der Berufsfotograf, der die Aufnahme angefertigt hatte, ist der Ansicht, sein Urheberrecht sei verletzt worden, da das Bild ohne seine Zustimmung genutzt worden sei (und begehrt Unterlassung und Schadensersatz).

4.        Vor diesem Hintergrund ersucht der Bundesgerichtshof (Deutschland) den Gerichtshof um Präzisierung des Umfangs des „öffentlichen Zugänglichmachens“ (im Netz) als Voraussetzung der genannten Verletzung. Da die Zugänglichmachung in der digitalen Welt das Pendant zur „Handlung der Wiedergabe“ in der analogen Welt darstellt(3), lässt sich die zur „Handlung der Wiedergabe“(4) im Sinne von Art. 3 der Richtlinie 2001/29/EG(5) entwickelte Rechtsprechung entsprechend auf sie anwenden.

5.        Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob das Herunterladen der Fotografie von Córdoba und ihre darauffolgende Einfügung in eine Arbeit, die auf die Internetseite der Schule eingestellt wird, unter diesen Begriff fällt. Obgleich die Auslegung der Umschreibung „Handlung der Wiedergabe“ schon mehrfach Gegenstand von Urteilen des Gerichtshofs war, die in dem Maße ergingen, wie er zu neuen technischen Verfahren und Methoden der Veröffentlichung geschützter Werke befragt wurde, zeigt diese Vorlage, dass der Auslegungsbedarf der nationalen Gerichte noch nicht gedeckt ist(6).

6.        Das vorlegende Gericht hat Zweifel in Bezug auf eines der Kriterien, die der Gerichtshof entwickelt hat: Es fragt konkret, ob die Fotografie, die in die auf die Internetseite der Schule hochgeladene Arbeit eingefügt worden war, für ein „neues“ Publikum wiedergegeben wurde. Ich glaube jedoch, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits zweckmäßig sein könnte, auch auf andere Elemente des technischen Verfahrens und die Umstände, unter denen das fotografische Werk benutzt worden ist, einzugehen und sie anhand der restlichen angeführten Rechtsprechungskriterien zu prüfen.

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Internationales Recht

1.      WIPO-Urheberrechtsvertrag

7.        Am 20. Dezember 1996 nahm die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf den WIPO-Urheberrechtsvertrag an, der am 6. März 2002 in Kraft trat und dem mit Beschluss 2000/278/EG des Rates(7) im Namen der Europäischen Gemeinschaft zugestimmt wurde.

8.        Nach Art. 1 Abs. 4 sind die Vertragsparteien verpflichtet, den Art. 1 bis 21 der Berner Übereinkunft nachzukommen(8).

2.      Berner Übereinkunft

9.        In Art. 2 Abs. 1 der Berner Übereinkunft heißt es:

„Die Bezeichnung ‚Werke der Literatur und Kunst‘ umfasst alle Erzeugnisse auf dem Gebiet der Literatur, Wissenschaft und Kunst, ohne Rücksicht auf die Art und Form des Ausdrucks, wie: … fotografische Werke, denen Werke gleichgestellt sind, die durch ein der Fotografie ähnliches Verfahren hervorgebracht sind; …“

10.      Art. 11 bis Abs. 1 Nr. 2 der Berner Übereinkunft bestimmt:

„(1)      Die Urheber von Werken der Literatur und Kunst genießen das ausschließliche Recht, zu erlauben:

2.      jede öffentliche Wiedergabe des durch Rundfunk gesendeten Werkes mit oder ohne Draht, wenn diese Wiedergabe von einem anderen als dem ursprünglichen Sendeunternehmen vorgenommen wird.“

B.      Unionsrecht. Richtlinie 2001/29

11.      Die Annäherung der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des geistigen Eigentums wurde hauptsächlich mit der Richtlinie 93/98/EWG(9) erreicht, die später geändert und durch die Richtlinie 2006/116/EG(10) aufgehoben wurde, mit der die vorherigen Fassungen kodifiziert wurden. Eine dieser Änderungen hatte zum Ziel, durch die Richtlinie 2001/29 den Schutz der Urheber- und verwandten Schutzrechte in der sogenannten Informationsgesellschaft zu regeln.

12.      Ihr 23. Erwägungsgrund lautet:

„Mit dieser Richtlinie sollte das für die öffentliche Wiedergabe geltende Urheberrecht weiter harmonisiert werden. Dieses Recht sollte im weiten Sinne verstanden werden, nämlich dahin gehend, dass es jegliche Wiedergabe an die Öffentlichkeit umfasst, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend ist. Dieses Recht sollte jegliche entsprechende drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Übertragung oder Weiterverbreitung eines Werks, einschließlich der Rundfunkübertragung, umfassen. Dieses Recht sollte für keine weiteren Handlungen gelten.“

13.      Im 31. Erwägungsgrund heißt es:

„Es muss ein angemessener Rechts- und Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern sowie zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden. Die von den Mitgliedstaaten festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf Schutzrechte müssen vor dem Hintergrund der neuen elektronischen Medien neu bewertet werden. …“

14.      Der 34. Erwägungsgrund lautet:

„Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit erhalten, Ausnahmen oder Beschränkungen für bestimmte Fälle, etwa für Unterrichtszwecke und wissenschaftliche Zwecke, zugunsten öffentlicher Einrichtungen wie Bibliotheken und Archive, zu Zwecken der Berichterstattung über Tagesereignisse, für Zitate, für die Nutzung durch behinderte Menschen, für Zwecke der öffentlichen Sicherheit und für die Nutzung in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorzusehen.“

15.      Art. 2 („Vervielfältigungsrecht“) schreibt vor:

„Die Mitgliedstaaten sehen für folgende Personen das ausschließliche Recht vor, die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten:

a)      für die Urheber in Bezug auf ihre Werke,

…“

16.      Art. 3 („Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sonstiger Schutzgegenstände“) Abs. 1 lautet:

„(1)      Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.“

17.      In Art. 5 („Ausnahmen und Beschränkungen“) Abs. 3 und 5 heißt es:

„(3)      Die Mitgliedstaaten können in den folgenden Fällen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die in den Artikeln 2 und 3 vorgesehenen Rechte vorsehen:

a)      für die Nutzung ausschließlich zur Veranschaulichung im Unterricht oder für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung, sofern – außer in Fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist – die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers, wann immer dies möglich ist, angegeben wird und soweit dies zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist,

(5)      Die in den Absätzen 1, 2, 3 und 4 genannten Ausnahmen und Beschränkungen dürfen nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.“

C.      Nationales Recht. Urheberrechtsgesetz(11)

18.      § 2, der den Anwendungsbereich regelt, nennt ausdrücklich sowohl Lichtbildwerke als auch Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden.

19.      § 52 bestimmte in der zum Zeitpunkt des Sachverhalts geltenden Fassung:

„(1)      Zulässig ist die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes, wenn die Wiedergabe keinem Erwerbszweck des Veranstalters dient, die Teilnehmer ohne Entgelt zugelassen werden und im Falle des Vortrags oder der Aufführung des Werkes keiner der ausübenden Künstler (§ 73) eine besondere Vergütung erhält. Für die Wiedergabe ist eine angemessene Vergütung zu zahlen. Die Vergütungspflicht entfällt für … Schulveranstaltungen, sofern sie nach ihrer sozialen oder erzieherischen Zweckbestimmung nur einem bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen zugänglich sind. …“

20.      Nach § 64, der auf Fotografien Anwendung findet, erlischt das Urheberrecht 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Obwohl sie gemäß § 72 Abs. 1 und 2 entsprechend den Lichtbildwerken geschützt werden, ist hingegen die Schutzdauer für „sonstige“ Fotografien auf 50 Jahre nach ihrem Erscheinen oder, wenn ihre erste erlaubte öffentliche Wiedergabe früher erfolgt ist, nach dieser verkürzt (§ 72 Abs. 3).

II.    Der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegende Sachverhalt und die Vorlagefrage

A.      Sachverhalt

21.      Herr Renckhoff, der Berufsfotograf ist, verklagte die Stadt Waltrop und das Land(12) wegen der Veröffentlichung eines von einer Schülerin der Spanisch-Arbeitsgemeinschaft erstellten Referats auf der Internetseite der Gesamtschule Waltrop seit dem 25. März 2009, das dem Vorlagebeschluss zufolge die dort abgebildete Fotografie von Córdoba enthielt:

Image not found

22.      Unter der Fotografie, die dem Portal „www.schwarzaufweiss.de“ des gleichnamigen Online-Reisemagazins entnommen war, hatte die Schülerin einen Hinweis auf diese Internetseite angebracht, die keine Angaben zum Urheber der Fotografie enthielt(13).

23.      Herr Renckhoff macht geltend, er habe lediglich den Betreibern des Online-Reisemagazin-Portals ein einfaches Nutzungsrecht an der Fotografie eingeräumt. Die Einstellung des Bildes auf der Internetseite der Schule verletze daher seine Rechte (als Urheber) auf Zustimmung zur Wiedergabe und zur öffentlichen Wiedergabe der Fotografie.

B.      Verfahren vor den nationalen Gerichten

24.      Das Landgericht gab der Klage Herrn Renckhoffs teilweise statt und verurteilte das Land zur Entfernung der Fotografie sowie zur Zahlung von 300 Euro zuzüglich Zinsen.

25.      Nachdem beide Parteien gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt hatten, änderte das Oberlandesgericht es lediglich dahin ab, dass es die Wiedergabe der Fotografie zum Zwecke der Einfügung in die Internetseite untersagte. Nach Auffassung des Berufungsgerichts stand dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gegen das Land aus § 97 Abs. 1 UrhG unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung zu.

26.      Gegen das Urteil des Berufungsgerichts haben sowohl das Land (das seinen Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt) als auch Herr Renckhoff (der seine Anträge weiterverfolgt) Revision eingelegt.

27.      Das vorlegende Gericht hat Zweifel, ob das Kopieren des geschützten Werks auf einen Computer und sein Hochladen auf die Internetseite des Schule unter den Begriff der öffentlichen Wiedergabe nach der Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs fällt.

28.      Das vorlegende Gericht glaubt, dass ein Großteil der Voraussetzungen erfüllt ist, um den streitigen Sachverhalt als „öffentliche Wiedergabe“ ansehen zu können. Insbesondere zur Wiedergabe führt es aus:

–        Bei der Wiedergabe auf der Internetseite habe kein unmittelbarer körperlicher Kontakt zwischen den ein Werk darbietenden Personen und der erreichten Öffentlichkeit bestanden(14),

–        sie sei auch nicht nach einem spezifischen technischen Verfahren, das sich von dem des ersten Einstellens der Fotografie im Internet unterscheide, erfolgt, und

–        die Schülerin und ihr Lehrer seien in voller Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens tätig geworden, als sie den Nutzern der Internetseite der Schule einen Zugriff auf das Referat mit der Fotografie verschafften, den sie ohne ihr Tätigwerden nicht gehabt hätten(15).

29.      In Bezug auf das andere Element, die Öffentlichkeit, räumt das vorlegende Gericht zunächst ein, dass „[e]s … zweifelhaft [ist], ob die … Fotografie nach den vorliegenden Umständen auf der Internetseite der Schule für ein neues Publikum wiedergegeben wurde, also für ein Publikum, an das der Rechtsinhaber nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte“(16).

30.      Seine abschließende Würdigung geht jedoch dahin, dass „nicht angenommen werden [kann], dass der Inhaber des Urheberrechts, der seine Zustimmung zum Einstellen seines Werkes auf einer frei zugänglichen Internetseite erteilt, dabei nicht nur an die Internetnutzer als Publikum denkt, die diese Internetseite unmittelbar oder über einen auf einer anderen Internetseite eingerichteten Link besuchen, sondern auch an die Internetnutzer, die eine andere Internetseite besuchen, auf der sein Werk ohne seine Zustimmung eingestellt worden ist. Bei den zuletzt genannten Internetnutzern handelt es sich daher nach Auffassung des Senats um ein neues Publikum im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union.“

31.      Es meint auch, dass sich diese Rechtssache durch die fehlende Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts zum Kopieren der Fotografie auf dem Server der Schule und zu ihrer anschließenden Veröffentlichung im Internet von denjenigen unterscheide, in denen Hyperlinks oder das „Framing“ benutzt worden seien(17). Das Urheberrecht des Art. 17 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Union (Charta) habe daher Vorrang gegenüber der durch Art. 11 der Charta garantierten Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit der Nutzer.

32.      Es geht auch auf die zentrale Rolle des Nutzers, der das Werk auf seiner eigenen Internetseite einstellt und bereithält, bei der Wiedergabe ein, da er darüber entscheide, ob und wie lange das Werk unter Verstoß gegen das Vervielfältigungsrecht des Urhebers für die Öffentlichkeit zugänglich bleibe. Ein Hyperlink, der auf eine Internetseite verweise, gehe hingegen ins Leere, wenn das Werk von der ursprünglichen Seite entfernt werde.

33.      Schließlich sei es unerheblich, dass die Nutzung der Fotografie durch das Einstellen auf der Internetseite der Schule nicht zu Erwerbszwecken erfolgt sei(18).

34.      Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgerichtshof beschlossen, dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Stellt die Einfügung eines auf einer fremden Internetseite mit Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers für alle Internetnutzer frei zugänglichen Werkes in eine eigene öffentlich zugängliche Internetseite ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dar, wenn das Werk zunächst auf einen Server kopiert und von dort auf die eigene Internetseite hochgeladen wird?

III. Verfahren vor dem Gerichtshof und Vorbringen der Parteien

A.      Verfahren

35.      Der Vorlagebeschluss ist am 31. März 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

36.      Das Land Nordrhein-Westfalen, die italienische Regierung und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

37.      Am 7. Februar 2018 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, zu der die Vertreter des Landes, des Herrn Renckhoff, der italienischen Regierung, der französischen Regierung und der Kommission erschienen sind.

38.      Der Gerichtshof hat die Beteiligten aufgefordert, sich in der mündlichen Verhandlung zur Einschlägigkeit des Urteils GS Media und zur Auslegung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 zu äußern.

B.      Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

39.      Nach Auffassung des Landes Nordrhein-Westfalen und der italienischen Regierung liegt in der vorliegenden Rechtssache keine öffentliche Wiedergabe vor, da die von der Rechtsprechung verlangten Elemente fehlten. Insbesondere seien die Schülerin und ihr Lehrer weder absichtlich noch in voller Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens tätig geworden(19). Da die Fotografie für die Internetnutzer bereits auf dem Portal des Reisemagazins zugänglich gewesen sei, habe ihr Einstellen auf der Internetseite der Schule auch keine Möglichkeit des Zugangs (zu der Fotografie) eröffnet, die sie nicht schon gehabt hätten. Deshalb fehle es nach der Rechtsprechung auch an einer Wiedergabe für ein neues Publikum(20).

40.      Das Land führt aus, neben Art. 17 Abs. 2 über den Schutz des geistigen Eigentums und Art. 11 über die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit der Charta müsse das in Art. 14 der Charta verbriefte Recht auf Bildung, auf dessen Grundlage die Schülerin die Fotografie zur Illustration ihres Referats benutzt habe, in die Interessenabwägung einbezogen werden. Es meint, das Recht, Portale einzurichten, trage ebenso wie das Setzen von Links zu einem guten Funktionieren des Internets bei, jedenfalls, wenn die Werke im Internet bereits frei verfügbar seien.

41.      Schließlich widerspricht das Land dem vorlegenden Gericht bezüglich der Rolle, die es dem Nutzer beimisst. Im vorliegenden Fall sei das Werk von seinem Urheber entkoppelt, der seiner allen Internetnutzern zugänglichen Veröffentlichung auf einem von einem Dritten betriebenen Internetportal zugestimmt habe. Durch dieses Vorgehen habe er sich freiwillig seiner Befugnis begeben, über die Nutzung der Fotografie zu entscheiden. Zudem impliziere der Verzicht des Eigentümers des Werks auf einen Hinweis auf sein Urheberrecht seine Zustimmung, dass der Nutzer davon ausgehen dürfe, dass das Werk nicht mit besonderen Schutzrechten belegt sei. Außerdem habe die Schülerin in ihrem Referat die Quelle der Fotografie angegeben, und es fehle an der Gewinnerzielungsabsicht.

42.      Die italienische Regierung ist der Ansicht, dass das Werk durch keinerlei Zugangsbeschränkungen geschützt und daher unbeschränkt zugänglich gewesen sei. Man könne von der Schülerin und ihrem Lehrer nicht die volle Kenntnis der Rechtswidrigkeit ihrer Handlungen verlangen, denn sie seien nicht rechtswidrig gewesen.

43.      Es fehle daher an der Wiedergabe für ein „neues“ Publikum im Sinne der Rechtsprechung(21), und das technische Verfahren, dessen sich die Schülerin bedient habe, habe sich nicht von dem unterschieden, das ursprünglich angewandt worden sei. Abschließend stellt sie fest, dass die anfängliche Erlaubnis den Zugang zu der Fotografie im Online-Reisemagazin umfasst habe, ohne sie auf bestimmte Kategorien von Internetnutzern zu beschränken.

44.      Die Kommission meint hingegen, dass die Veröffentlichung der Fotografie auf dem Internetportal der Schule eine öffentliche Wiedergabe sei, da sie die in der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen erfülle: a) Es sei ein geschütztes Werk übertragen worden(22), b) der Begriff der Wiedergabe sei weit zu verstehen und umfasse jede Übertragung unabhängig vom eingesetzten technischen Mittel oder Verfahren(23), c) das technische Mittel könne unterschiedlich(24) oder gleich(25) sein, d) es sei nicht erforderlich, dass die Öffentlichkeit, der das Werk zur Verfügung stehe, tatsächlich Zugang zu ihm nehme(26), und e) die Öffentlichkeit umfasse eine unbestimmte Zahl möglicher Adressaten und zudem recht viele Personen und nicht etwa eine kleine Personenzahl(27).

45.      Die Kommission, die in ihren schriftlichen Erklärungen die Anwendbarkeit der Rechtsprechung zu den Hyperlinks(28) in dieser Rechtssache verneinte, vertrat in der mündlichen Verhandlung einen wesentlich differenzierteren Standpunkt. Sie hielt nicht an ihrer Feststellung fest, als wesentlicher Unterschied zum vorliegenden Fall behalte der Urheberrechtsinhaber beim Setzen von Hyperlinks seine Verfügungsbefugnis. Vielmehr sei wie im Urteil GS Media eine individuelle Beurteilung der Wiedergabehandlung vorzunehmen. Diese müsse das gezielte Verhalten der Schülerin und insbesondere die Tatsache berücksichtigen, dass sie davon ausgehen habe können, dass die Fotografie der Öffentlichkeit frei zugänglich gewesen sei.

46.      Wie die italienische Regierung weist die Kommission darauf hin, dass möglicherweise die in Art. 5 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2001/29, den die Bundesrepublik Deutschland durch § 52 UrhG umgesetzt habe, vorgesehene Ausnahme anwendbar sei(29).

47.      In der mündlichen Verhandlung hat Herr Renckhoff den Standpunkt vertreten, die Kriterien des Urteils GS Media seien in der vorliegenden Rechtssache nicht anwendbar. Das Einfügen der Fotografie auf der Internetseite der Schule sei ohne Zustimmung des Urhebers erfolgt, der seines Rechts beraubt worden sei, die Nutzung seines Werks zu kontrollieren. Zudem werde diese Seite von einem anderen Publikum von Internetnutzern aufgerufen als das Online-Reisemagazin.

48.      Herr Renckhoff lehnt ebenso wie die französische Regierung die Anwendbarkeit von Art. 5 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 ab, denn die Verwendung der Fotografie sei weder vorgeschrieben noch erforderlich gewesen, und ihr Einstellen auf der Internetseite der Lehranstalt gehe über den strikt schulischen Rahmen hinaus. Die französische Regierung ergänzt, dass das Verhalten wegen der unverhältnismäßigen Verwertung des Werks gegen Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie verstoße.

49.      Zudem meint die französische Regierung, wegen der Kopie des Bildes auf dem Server der Schule betreffe die vorliegende Rechtssache vor allem das Vervielfältigungsrecht (Art. 2 der Richtlinie 2001/29) und erst in zweiter Linie die öffentliche Wiedergabe. Die Anwendung der Feststellungen im Urteil GS Media stehe im Widerspruch zu dem Ziel, ein hohes Schutzniveau für Urheberrechte zu gewährleisten.

IV.    Prüfung der Vorlagefrage

A.      Vorbemerkungen und Ausgangspunkt

50.      So wie sie formuliert ist, ist die Frage des vorlegenden Gerichts auf die Prüfung der Elemente beschränkt, die die öffentliche Wiedergabe bilden, so wie sie der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung herausgearbeitet hat(30). Aus den Ausführungen dieses Gerichts könnte man sogar den Schluss ziehen, dass es in Wirklichkeit nur Zweifel hegt, ob die Fotografie für ein neues Publikum im Sinne der zitierten Rechtsprechung wiedergegeben wurde(31).

51.      Konkret betrifft die dem Gerichtshof gestellte Frage nicht die Handlung des Kopierens der Fotografie auf dem Computer oder dem Server der Schule und ihre mögliche Vereinbarkeit mit Art. 2 der Richtlinie 2001/29. Nachdem seine Frage derart eingegrenzt ist, meine ich, dass das Gericht zutreffend eine einheitliche Sichtweise des zu beurteilenden Verhaltens einnimmt, statt es in zwei einander gegenübergestellte Begriffe (Reproduktion und öffentliche Wiedergabe) zu zerlegen.

52.      Angesichts der Bedeutung des Falls für den Alltag von Millionen von Schülern in Europa halte ich es jedoch für zweckmäßig, andere Faktoren zu prüfen, die der Eingrenzung der Frage dienlich sind. Ich beabsichtige, dabei nach folgendem Schema vorzugehen: a) An erster Stelle werde ich die Ausführungen der Kommission zur Einstufung der Fotografie von Córdoba als geschütztes Werk prüfen(32), b) an zweiter Stelle werde ich die Merkmale der „öffentlichen Wiedergabe“ behandeln, wie sie der Gerichtshof festgelegt hat, um festzustellen, ob sie auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbar sind, und c) schließlich werde ich die in Art. 5 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 vorgesehene Ausnahme für den Fall untersuchen, dass ein geschütztes Werk allein für Unterrichtszwecke verwendet wird.

B.      Zum Schutz der „bloßen Fotografien“

53.      Die Kommission führt aus, zwischen den Parteien des nationalen Verfahrens sei unstreitig, dass die streitgegenständliche Fotografie die im Urteil Painer(33) aufgestellten Kriterien erfülle. Nach diesem Urteil kann eine Porträtfotografie urheberrechtlich geschützt sein, „sofern sie … die eigene geistige Schöpfung des Urhebers darstellt, in der dessen Persönlichkeit zum Ausdruck kommt und die sich in dessen bei ihrer Herstellung getroffenen freien kreativen Entscheidungen ausdrückt“(34).

54.      Ich habe jedoch Zweifel, dass eine bloße Aufnahme der Stadt Córdoba mit der Römischen Brücke im Vordergrund die genannten Kriterien des Urteils Painer erfüllt (ohne dass ich damit ihre Qualität in Abrede stellen will). In jenem Fall wurde geprüft, ob die beklagten Verlagshäuser zur Veröffentlichung eines Phantombilds, das aus einer von Frau Painer gefertigten Porträtaufnahme erstellt worden war, der Zustimmung der Urheberin bedurften, „weil eine solche Fotografie einen schwächeren oder gar keinen Schutz genieße, da sie nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten aufweise“(35).

55.      Der Gerichtshof leitete die Kriterien für die Feststellung, ob die Fotografie in der Rechtssache Painer den verlängerten Schutz (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) der Richtlinie 93/98 genießt, aus Art. 6 dieser Richtlinie(36) ab.

56.      Dass die „bloßen Fotografien“ die sich aus der Richtlinie 93/98 ergebenden Anforderungen an die Kreativität nicht erfüllen, bedeutet aber nicht, dass sie nicht den Schutz genießen, der den Urheberrechten innewohnt. Denn der genannte Art. 6 lässt den Schutz „anderer Fotografien“ im nationalen Recht zu.

57.      Dem Vorlagebeschluss zufolge werden nach § 72 Abs. 1 und 2 UrhG Lichtbilder durch Anwendung der für „Lichtbildwerke“ geltenden Vorschriften geschützt. Folglich ist es unerheblich, ob das von Herrn Renckhoff gefertigte Bild von Córdoba die Attribute aufweist, die von fotografischen Werken im Sinne der Berner Übereinkunft und der Richtlinie 93/98 verlangt werden, denn nach deutschem Recht sind alle Fotografien durch das UrhG geschützt(37).

58.      Dieser Umstand hätte für den Ausgang des Rechtsstreits von Bedeutung sein können, wenn er vor den Gerichten eines Mitgliedstaats geführt würde, der bloße Fotografien nicht schützt, aber in Deutschland genießen sie diesen Schutz. Daher kommt eine Auseinandersetzung mit den künstlerischen und kreativen Eigenschaften der Fotografie des Herrn Renckhoff nicht in Betracht. So wird verständlicher, dass sich das vorlegende Gericht hierzu nicht äußert.

C.      Zum Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“

59.      Die Rechtsprechung des Gerichtshofs hat eine Reihe von Auslegungskriterien(38) für die beiden Bestandteile dieses Begriffs („Handlung der Wiedergabe“ und erreichte „Öffentlichkeit“) entwickelt. Ich werde sie sogleich prüfen und auf diejenigen eingehen, die bezogen auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens möglicherweise kontroverser sind.

1.      Handlung der Wiedergabe

60.      Keine der Parteien bestreitet ernsthaft (weder im Rechtsstreit vor den nationalen Gerichten noch im Rahmen dieses Vorabentscheidungsverfahrens), dass mit dem Einstellen des Referats, das das Foto von Córdoba enthält, auf dem Portal der Gesamtschule Waltrop unabhängig vom eingesetzten technischen Verfahren eine Übertragung eines geschützten Werks(39) an eine Öffentlichkeit, die nicht an dem Ort anwesend war, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nahm, erfolgt ist.

61.      Das vorlegende Gericht, dessen Auffassung zu diesem Punkt ich teile, führt aus, dass „[b]ei der hier in Rede stehenden Wiedergabe der Fotografie auf der Internetseite der Schule … kein unmittelbarer körperlicher Kontakt zwischen den ein Werk aufführenden oder darbietenden Personen und einer durch diese Wiedergabe erreichten Öffentlichkeit bestanden [hat]. Es hat daher eine Wiedergabe … vorgelegen, die … in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG [fällt].“ Die Personen, die diese Öffentlichkeit bilden, hatten daher Zugang zu dem Werk, wobei es unerheblich ist, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben(40).

a)      Rolle des Nutzers und subjektive Merkmale

62.      Das erste Rechtsprechungskriterium zur Feststellung, ob eine Handlung der Wiedergabe vorliegt, betrifft die „zentrale Rolle des Nutzers und die Vorsätzlichkeit seines Handelns“(41). Dieses Kriterium(42) vereint sowohl subjektive Faktoren im Verhalten der Person (von der verlangt wird, dass sie in voller Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens tätig geworden ist) als auch objektive Umstände, denn das Handeln muss Zugang zu einem geschützten Werk verschaffen (so dass ohne dieses Tätigwerden die „Kunden“ das ausgestrahlte Werk nicht oder nur schwer empfangen könnten)(43).

63.      Der Gerichtshof hat bisweilen die „Rolle des Nutzers“ aus einer rein objektiven Sicht geprüft, d. h. sich nur vergewissert, dass ohne ein Tätigwerden dieses Nutzers das neue Publikum keinen Zugang zu dem verbreiteten Werk genossen hätte(44).

64.      Im Urteil GS Media ist der Gerichtshof hingegen auf bestimmte subjektive Elemente eingegangen, die er für die Feststellung geeignet hielt, ob bei der individuellen Beurteilung der Handlung der Wiedergabe die Voraussetzung der „zentrale[n] Rolle des Nutzers und [der] Vorsätzlichkeit seines Handelns“ erfüllt war. Sie können deshalb auf dieser Stufe der Prüfung herangezogen werden.

65.      Aus dieser Sicht führt das vorlegende Gericht aus, dass die Schülerin und der Lehrer in voller Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens tätig geworden seien, denn sie hätten den Nutzern der Internetseite der Schule den Zugriff auf das Referat einschließlich der Fotografie verschaffen wollen, den sie ohne ihr Tätigwerden nicht gehabt hätten(45).

66.      Dieser Ansatz geht jedoch nicht hinreichend auf die Prüfung des Verhaltens, das mutmaßlich das Urheberrecht verletzt, ein. Insbesondere werden nicht hinreichend gewürdigt: a) der akzessorische Charakter der Fotografie als Bestandteil einer Schularbeit, b) der einfache „universelle“ Zugang zu diesem Bild, das mit der Zustimmung seines Urhebers auf das Internet hochgeladen wurde, so dass jeder Internetnutzer es betrachten konnte, und c) der schulische Kontext ohne „Kunden“ oder Gewinnerzielungsabsicht, in dem die Übertragung erfolgt ist. Zweckmäßigerweise ist auf jeden einzelnen dieser drei Faktoren einzugehen.

1)      Akzessorischer Charakter des Werks im Hinblick auf die Arbeit der Schülerin

67.      Es dürfte offensichtlich sein, dass die Absicht der Schülerin und ihres Lehrers beim Einstellen einer Arbeit im Fach Spanisch auf der Internetseite der deutschen Schule nicht unmittelbar auf die Veröffentlichung der Fotografie als solcher, sondern des Referats, dessen Bestandteil das streitige Bild von Córdoba bildete, insgesamt gerichtet war.

68.      Damit streben sie an, ihre Arbeit dem Publikum zu zeigen, das im (zwingend eingeschränkten) Bereich ihrer Schule bzw. der Familien, Schulkameraden und Freunde ihres Umfelds am Spanischunterricht interessiert ist. Ich kann daher keine Absicht erkennen, die Betrachtung der Fotografie von Córdoba weit über das hinaus zu erstrecken, was ihr Einstellen auf der Internetseite des Reisemagazins mit sich brachte (dessen potenzielle Adressaten wahrscheinlich über die Besucher einer bescheidenen Schulseite hinausgehen).

2)      Einverständnis des Inhabers des Werks

69.      Das Einstellen der Fotografie auf der Internetseite der Schule impliziert sicherlich eine Veröffentlichung ohne Zustimmung ihres Inhabers. Ohne Prüfung der ergänzenden Merkmale dieses Verhaltens könnte man zu dem Schluss gelangen, dass die erste Voraussetzung für die Annahme einer Verletzung des Urheberrechts erfüllt ist(46).

70.      Anders als im Urteil GS Media ist es hier unerheblich, ob den Urhebern des gerügten Verhaltens (der Schülerin und dem Lehrer) bekannt war, dass die Veröffentlichung des Werks im Internet durch einen Dritten rechtswidrig ist. Es ist unerheblich, weil sich die von Herrn Renckhoff erstellte Fotografie rechtmäßig im Internet befand, also mit seiner Zustimmung. Die richtige Fragestellung ist vielmehr, ob von ihnen verlangt werden konnte, dass sie sich darüber bewusst waren, dass sie für die Wiedergabe des Bildes auf ihrer Schulseite unbedingt der Zustimmung des Fotografen bedurften. Sollte dies der Fall sein, könnte man davon ausgehen, dass sie die Folgen ihres Verhaltens verstanden.

71.      Der Gerichtshof hat festgestellt, dass es sich „insbesondere für Einzelpersonen“ als schwierig erweisen kann, zu überprüfen, ob die Inhaber der Urheberrechte an Werken, die im Internet abrufbar sind, deren Veröffentlichung auf den jeweiligen Seiten erlaubt haben(47).

72.      Wie ich bereits ausgeführt habe, unterscheiden sich die Umstände des vorliegenden Rechtsstreits zwar von denen der Rechtssache GS Media (in der es um Hyperlinks zu geschützten Werken ging, die auf einer anderen Internetseite ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers frei zugänglich waren), aber ich glaube, dass sich die Überlegungen in diesem Urteil zum subjektiven Element des Verhaltens von Personen, die keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen(48), mutatis mutandis auf das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen übertragen lassen(49).

73.      Soweit es hier von Interesse ist, sind zwei dieser Überlegungen hervorzuheben:

–        Derjenige, der keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, auch wenn er ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit dadurch verfügbar macht, dass er anderen Internetnutzern direkten Zugang zu ihm bietet, handelt „doch im Allgemeinen nicht in voller Kenntnis der Folgen seines Tuns, um Kunden Zugang zu einem rechtswidrig im Internet veröffentlichten Werk zu verschaffen“.

–        Es ist von Bedeutung, dass das Werk „bereits ohne Zugangsbeschränkung im Internet auf der Website verfügbar war, zu der der Hyperlink Zugang gibt“, also „grundsätzlich das gesamte Internetpublikum darauf bereits auch ohne diese Handlung zugreifen“ konnte(50).

74.      Liegen die Voraussetzungen vor, auf die sich diese beiden Überlegungen beziehen, kann man unter Bedingungen wie denen des vorliegenden Falls schließen, dass es an einer Handlung der öffentlichen Wiedergabe fehlt. Diese Folge tritt jedoch nicht ein, wenn a) die Urheberrechtsinhaber darauf hinweisen, dass das Werk, zu dem der Zugang verschafft wird, „unbefugt im Internet veröffentlicht“ ist(51), oder b) wenn der Zugang in einer Weise verschafft wird, die es den Nutzern der Internetseite, auf der es sich befindet, ermöglicht, „beschränkende Maßnahmen zu umgehen, die auf der das geschützte Werk enthaltenden Website getroffen wurden“(52). Sie tritt auch nicht ein, wenn der Urheber demjenigen, der die Veröffentlichung seiner Fotografie im Netz beabsichtigt, mitgeteilt hat, dass er sie nicht genehmigt.

75.      Bei der Anwendung dieser Regeln auf die vorliegende Rechtssache kommt man zu folgenden Ergebnissen:

–        Auf der spezifischen Internetseite des Reisemagazins, auf der die Fotografie veröffentlicht war, befand sich kein Hinweis auf ihre Urheberschaft(53). Man könnte daher berechtigterweise annehmen, dass es sich nur um eine Abbildung der Stadt Córdoba handelte, die als Tourismuswerbung verwendet wird und frei von dem geschützten Werken zu gewährenden Schutz ist.

–        Die Fotografie war auf dieser Internetseite leicht zugänglich (denn sie war mit keinerlei Einschränkungen oder Hinweisen versehen)(54). Dieser Umstand würde gemeinsam mit dem vorgenannten dazu beitragen, dass die Schülerin und ihr Lehrer wiederum berechtigterweise, und ohne weitere Nachforschungen anstellen zu müssen, davon ausgehen konnten, dass die Fotografie für die Öffentlichkeit frei zugänglich war.

76.      Anders als das Land glaube ich nicht, dass diese Argumentation die Annahme zulässt, dass der Urheber sein Recht aufgegeben hat, oder nahelegt, dass das Werk gemeinfrei geworden ist.

77.      Könnte man hingegen in Betracht ziehen, dass der Urheber der Fotografie ihrer Nutzung durch Dritte stillschweigend zugestimmt hat(55)? Ich halte es auch nicht für unerlässlich, zu diesem Ergebnis zu gelangen, solange aus meiner Sicht die Möglichkeit besteht, unter Anwendung der Technik der Beweisvermutungen eine andere Folge (mit ähnlichem Ergebnis) an das Verhalten des Fotografen zu knüpfen, der in der dargestellten Art und Weise die Verbreitung seines Werks im Internet erlaubt.

78.      Die Verteilung der Verantwortung zwischen dem normalen Internetnutzer, der kein berufliches Interesse verfolgt, und dem Urheberrechtsinhaber kann nicht systematisch und generell zur Folge haben, das von Ersterem eine größere Sorgfalt verlangt wird als von Letzterem(56), wenn es um den Urheberrechtsschutz geht(57). Konkret halte ich es für unlogisch, einem solchen Nutzer die Verpflichtung aufzuerlegen, nachzuforschen, ob die Bilder, die ohne Einschränkungen und Hinweise im Internet veröffentlicht sind, urheberrechtlich geschützt sind, wenn er von ihnen beispielsweise zu Unterrichtszwecken Gebrauch machen will. Unter diesen Umständen kann ein solcher Nutzer vermuten, dass der Urheber keine Einwände gegen die beschränkte Nutzung dieser Bilder zu Unterrichtszwecken hat.

79.      Anderenfalls würde die Nutzung der Informationen, die das Internet in enormen Mengen zur Verfügung stellt, eingeschränkt. Durch diese Einschränkung könnten die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit, die in Art. 11 der Charta verankert sind, beeinträchtigt werden. Im vorliegenden Fall würde sie sich zudem negativ auf das Recht auf Bildung des Art. 14 Abs. 1 der Charta auswirken.

3)      Fehlende Gewinnerzielungsabsicht und Nichtvorhandensein von „Kunden“

80.      Der dritte Faktor bei der Beurteilung des Verhaltens der Schülerin und ihres Lehrers ist ihr Handeln ohne Gewinnerzielungsabsicht(58). Auch wenn der Bundesgerichtshof ihm keinen hermeneutischen Wert zuschreibt(59), denke ich, dass ihr eine größere Bedeutung zukommt, als ihr beigemessen wird.

81.      Der Gerichtshof hat das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht mit der Vermutung des Handelns in voller Kenntnis der Geschütztheit des Werks und der fehlenden Erlaubnis zu seiner Veröffentlichung im Internet verknüpft(60). Auch wenn er es nicht ausdrücklich sagt, ist er der Ansicht, dass in Fällen, in denen ohne Gewinnerzielungsabsicht gehandelt wird, die Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Einstellens des Werks im Internet nachgewiesen werden muss, wobei auf sämtliche Umstände und die besonderen Gesichtspunkte des Einzelfalls abzustellen ist.

82.      Im Ausgangsverfahren könnte, wie ich soeben dargelegt habe, das Fehlen jeglichen Hinweises oder jeglicher Einschränkung der Nutzung der Fotografie auf der Internetseite des Reisemagazins die Schülerin zu der Annahme verleiten, dass ihrem Einstellen auf der Internetseite der Schule nichts entgegensteht. Diese Vermutung kann der durch Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29 untersagten Erschöpfung des Rechts nicht gleichgestellt werden, denn sie ist ohne Schwierigkeiten widerlegbar. Sie würde es zudem ermöglichen, einen Ausgleich zwischen dem Urheberrecht und dem „guten Funktionieren und [dem] Meinungs‑ und Informationsaustausch in diesem Netz“ herzustellen(61).

83.      Die Hypothese, dass die Schülerin und der Lehrer volle Kenntnis von der Geschütztheit des Werks und der Notwendigkeit hatten, den Urheberrechtsinhaber um Erlaubnis zu ersuchen, wird durch das Fehlen von Hinweisen nicht gestützt, eher im Gegenteil.

84.      Darüber hinaus wurde die Rechtsprechung des Gerichtshofs auf diesem Gebiet in einem kommerziellen Kontext entwickelt, wie die ständige Bezugnahme auf „Kunden“ beweist. Es wird vermutet, dass ein bestimmtes Unternehmen (oder ein Gewerbetreibender) seinen Kunden die Möglichkeit des Zugangs zu bestimmten geschützten digitalen Inhalten bietet, ohne die Zustimmung ihres Inhabers einzuholen. Im schulischen Kontext können hingegen(62) diejenigen, die dank der auf der Internetseite eingestellten Arbeit Zugang zu der Fotografie haben, nicht als „Kunden“ im geschäftlichen Sinn betrachtet werden.

85.      Zusammenfassend veranlasst mich die Summe dieser drei Faktoren (der akzessorische Charakter des Bildes im Verhältnis zu dem Schulreferat, die freie Zugänglichkeit der Fotografie, die mit keinerlei Hinweisen zu den Einschränkungen ihrer Nutzung versehen ist, und das Handeln der Schülerin und des Lehrpersonals ohne Gewinnerzielungsabsicht) zu der Annahme, dass es in dieser Rechtssache zu keiner öffentlichen Wiedergabe im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs gekommen ist.

b)      Angewandte technische Verfahren

86.      Im Vorlagebeschluss wird sodann geprüft, ob sich das technische Verfahren, nach dem die Schülerin und ihr Lehrer die Fotografie auf die Internetseite der Schule hochgeladen hatten, und das Verfahren der Wiedergabe des Fotos auf dem Portal des Reisemagazins, dem der Urheber die Nutzungslizenz erteilt hatte, voneinander unterschieden.

87.      Bekanntermaßen setzt die Übertragung eines Werks nach anderen als den technischen Verfahren der ursprünglichen Übertragung voraus, dass sie für eine andere Öffentlichkeit bestimmt ist, während die Verwendung desselben Verfahrens bedeutet, dass weiter nachzuprüfen ist, ob tatsächlich von einem neuen Publikum die Rede sein kann(63).

88.      Das vorlegende Gericht, das Land und die italienische Regierung sind der Ansicht, dass die Schülerin dasselbe technische Verfahren angewandt habe wie das Reisemagazin auf seiner Internetseite. Die Kommission bestreitet diese Identität zwar nicht, wies aber in ihren schriftlichen Erklärungen die Anwendbarkeit der Rechtsprechung zu den Hyperlinks auf den vorliegenden Fall zurück. Sie relativierte diese These in der mündlichen Verhandlung allerdings.

89.      Meiner Meinung nach deutet alles darauf hin, dass die vorherige Wiedergabe des Bildes gleich in welcher Weise (es konnte sich um eine Kopie auf einem USB-Stick oder auf dem Computer handeln) und sein späteres Einstellen auf eine Internetseite nach demselben technischen Verfahren erfolgte, nach dem das Reisemagazin die Fotografie auf seine Internetseite hochgeladen hatte.

90.      Dass dieses technische Verfahren im vorliegenden Fall auf andere Weise angewandt wurde als bei Hyperlinks (bei denen die Handlung nur im Netz erfolgt), bedeutet nicht, dass sich die Kriterien für die Prüfung der Voraussetzung bezüglich der „Handlung der Wiedergabe“ ändern. Daher ist zu prüfen, ob es sich bei der Öffentlichkeit, an die sich das auf die Internetseite der Schule eingestellte Werk richtet, um ein neues Publikum handelte(64).

2.      Erreichte Öffentlichkeit

a)      De minimis?

91.      Die Prüfung der „Öffentlichkeit“, an das sich die Wiedergabe richtet, beginnt unabänderlich mit dem quantitativen Aspekt: An erster Stelle ist festzustellen, ob sie „eine unbestimmte Zahl möglicher Adressaten umfasst[, was] zudem recht viele Personen voraussetzt“, und erst an zweiter Stelle, ob es sich um ein „neues“ Publikum handelt(65). Die Logik dieser Rechtsprechung beruht darauf, dass eine kleine Gruppe von Personen, die die Wiedergabe eines Werks empfängt, rechtlich nicht als „Öffentlichkeit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 eingestuft werden kann.

92.      Bei der Feststellung, ob diese Mindestschwelle überschritten wird(66), sind die kumulativen Wirkungen zu berücksichtigen, die sich daraus ergeben, dass die Werke zugänglich gemacht werden, und es ist nicht nur zu prüfen, wie viele Personen gleichzeitig Zugang zu ihnen haben, sondern auch, wie viele von ihnen in der Folge Zugang zu diesen Werken haben(67).

93.      Der Gerichtshof hat festgestellt, dass sich die Wiedergabe auf einer Internetseite ohne Zugangsbeschränkungen an sämtliche potenziellen Nutzer (Internetnutzer) der Seite richtet(68). Folglich liegt der Schlüssel eher im objektiven Element, also im Verfahren der Übertragung, als im subjektiven Willen desjenigen, der es verwendet.

94.      Es ist nicht ersichtlich, dass das Einstellen der Arbeit der Schülerin auf der Internetseite der Schule Zugangsbeschränkungen unterlag (beispielsweise eine Beschränkung des Zugangs auf das Lehrpersonal, die Eltern der Schüler oder die Schüler selbst). Wenn somit jeder Internetnutzer die Seite aufrufen konnte und Zugang zu dem geschützten Werk (die Fotografie) hatte, war die Übertragung geeignet, eine potenziell große Personengruppe zu erreichen, also eine „Öffentlichkeit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29.

b)      „Neues“ Publikum

95.      Dieses Kriterium impliziert, dass ein Publikum, an das die Wiedergabe gerichtet ist, nur dann als „neu“ anzusehen ist, wenn es sich um ein anderes Publikum handelt als das, das bei der ursprünglichen Übertragung berücksichtigt wurde, d. h., wenn es als „weiter“(69) als das, an das sie sich anfänglich richtete, eingestuft werden kann.

96.      Da in dieser Rechtssache sowohl die Veröffentlichung der Fotografie durch das Online-Reisemagazin als auch ihr Hochladen auf die Internetseite im Rahmen des Schulreferats allen Internetnutzern einschränkungslos zugänglich gemacht wurden, war das Publikum, das zu der jeweiligen Internetseite potenziell Zugang hatte, in beiden Fällen dasselbe (die Gemeinschaft der Internetnutzer).

97.      Das vorlegende Gericht hegt jedoch hinsichtlich dieser Schlussfolgerung Zweifel, da es der Auffassung ist, dass a) der Nutzer, der ein Werk auf seiner eigenen Internetseite einstellt und bereithält, eine zentrale Rolle bei der Wiedergabe einnimmt, b) der Inhaber des Urheberrechts, der seine Zustimmung zum Einstellen seines Werks auf einer frei zugänglichen Internetseite erteilt, dabei nur an das Publikum denkt, das diese Internetseite direkt oder über einen Link besucht, und c) die entgegengesetzte Annahme das Erschöpfen des Urheberrechts zur Folge hätte, was durch Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29 ausdrücklich verboten sei.

98.      Ich glaube nicht, dass sich in dieser Rechtssache die Einstufung als „neues“ Publikum aufgrund dieser Vorbehalte aufrechterhalten lässt(70). Der Gerichtshof hat insoweit eine Reihe von Kriterien verwendet, die er unverändert sowohl auf Übertragungen von Werken durch Rundfunk- und Fernsehsignale(71) als auch auf Übertragungen über Hyperlinks im Netz(72) anwendet, also unabhängig vom technischen Träger. Ein solches Publikum existiert einerseits, wenn es ohne das Tätigwerden des Nutzers nicht in den Genuss des Werkes käme, und andererseits, wenn es bei der Erteilung der Erlaubnis für die Zugänglichmachung nicht berücksichtigt worden ist(73).

99.      Was das Tätigwerden der Schülerin und ihres Lehrers anbelangt, kann kaum davon ausgegangen werden, dass diejenigen, die zum Internetportal der Schule Zugang hatten, dies nicht in derselben Weise (und ohne große Schwierigkeiten) durch Zugriff auf die Internetseite des Reisemagazins, auf der die Fotografie von Córdoba ursprünglich veröffentlicht war, tun konnten. Das allgemeine Internetpublikum, das die Internetseite des Reisemagazins besucht, ist mithin dasselbe wie das, das sich für das Portal der Schule interessiert.

100. Da das Bild für alle Internetnutzer leicht und rechtmäßig (also mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers) zugänglich war, ist nicht nachvollziehbar, wie das Tätigwerden der Schülerin und ihres Lehrers dafür entscheidend sein sollten, einer größeren Anzahl an Personen den Zugang zu ermöglichen.

101. Die Logik des Internets geht dahin, dass es unmöglich ist, potenzielle Besucher nach Anzahl oder Kategorien aufzuteilen oder vorauszusehen, dass einige in den Genuss kommen, die mit Zustimmung ihres Urhebers ins Netz gestellten Bilder zu betrachten, andere aber nicht, wenn der Zugang zu ihnen frei und kostenlos ist und gegenteilige Hinweise oder Vorkehrungen fehlen.

102. Beschränkt auf den Bereich des Internets, der in dieser Rechtssache einschlägig ist, ist die Neuheit des Publikums bislang eher mit dem Umstand in Zusammenhang gebracht worden, dass einer bestimmten Gruppe von Nutzern der Zugang zu einem geschützten Werk ermöglicht wird, denen gestattet wird, die auf der ursprünglichen Internetseite vorgesehenen Beschränkungen zu umgehen. Unter diesen Voraussetzungen handelte es sich in der Tat um ein „neues Publikum …, das die Inhaber des Urheberrechts nicht hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche Wiedergabe erlaubten“(74).

103. In dieser Rechtssache wurde jedoch weder gegen eine (inexistente) Schutzmaßnahme verstoßen noch ohne Erlaubnis des Inhabers Zugang zu einem Werk, das sich im Internet befindet, gewährt. Das Fehlen dieser beiden objektiven Merkmale in Verbindung mit der weitgehenden Kontinuität möglicher Besucher der beiden Internetseiten, die die fotografische Abbildung enthielten, lässt die Feststellung zu, dass keine Wiedergabe an ein neues Publikum im bereits dargelegten Sinn vorlag.

104. Wie ich bereits vorweggeschickt habe, bedeutet dieses Ergebnis nicht, dass entgegen dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29 eine Art Erschöpfung des Urheberrechts eingeführt werden soll. Es stellt vielmehr die logische Folge der Art und Weise dar, in der der Inhaber des Rechts an der Fotografie ihre Nutzung überließ, der wusste oder wissen musste, dass das Fehlen jeglicher Maßnahme zum Schutz vor Kopien des Bildes Internetnutzer zu der Annahme veranlassen konnte, dass es für das Publikum frei verfügbar sei.

105. In diesem Zusammenhang glaube ich nicht, dass es zu weit geht, von einem Gewerbetreibenden, der selbst oder über Dritte ein Werk im Internet veröffentlicht, zu verlangen, dass er geeignete Maßnahmen auch technischer Art trifft, um zumindest sein Urheberrecht und den Willen, die Verbreitung seines Werks zu kontrollieren, zum Ausdruck zu bringen und den gegenteiligen Anschein zu vermeiden.

106. Ich bin zudem der Auffassung, dass diese Sorgfaltsanforderung das hohe Schutzniveau zugunsten der Inhaber der Rechte an Bildern (die unangetastet bleiben, wenn die erforderlichen Hinweise hinzugefügt werden) nicht verringert und zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen ihnen und den berechtigten Interessen der Internetnutzer beiträgt, ohne dass die dem Internet eigene Logik verfälscht wird.

107. Schließlich verliert der Inhaber des Rechts nicht die Kontrolle über die Kopie der auf der Internetseite der Schule benutzten Fotografie, da er ihre Entfernung verlangen kann, wenn er der Meinung ist, dass ihm durch sie ein Schaden entsteht.

108. Zusammenfassend bin ich aus allen diesen Gründen der Auffassung, dass die Frage des Bundesgerichtshofs zu verneinen ist.

D.      Zur Ausnahme der Nutzung zu Unterrichtszwecken

109. Tatsächlich setzt die Antwort, die ich vorschlage, weder die Anwendung der in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29 geregelten Ausnahmen vom Urheberrecht voraus, noch fragt das vorlegende Gericht danach.

110. Es ist denkbar, dass das Schweigen dieses Gerichts seiner Überzeugung geschuldet ist, dass die Vorschrift, mit der der deutsche Gesetzgeber diese Ausnahmen in innerstaatliches Recht umgesetzt hat, einen Fall wie den vorliegenden nicht erfasst(75).

111. Zur Vervollständigung meiner Ausführungen als auch für den Fall, dass der Gerichtshof meinem Vorschlag nicht folgt, soll aber die Anwendbarkeit von Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29 auf den vorliegenden Rechtsstreit geprüft werden, denn in dem zu erlassenden Urteil kann er dem vorlegenden Gericht neben den sich strikt auf seine Frage beziehenden ergänzende, ihm hilfreiche Klarstellungen zur Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts zur Verfügung stellen(76).

112. Gemäß Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29 können die Mitgliedstaaten Ausnahmen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht, das Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung vorsehen. Darunter fällt, dass die geschützten Werke ausschließlich „zur Veranschaulichung im Unterricht“(77) genutzt werden. Die italienische Regierung weist darauf hin, dass auf diese Ausnahme hilfsweise zurückgegriffen werden können muss, und die Kommission führt aus, Deutschland habe sie in § 52 UrhG aufgenommen.

113. Wenn ich mich nicht irre, muss sich der Gerichtshof zum ersten Mal mit der in Buchst. a geregelten Ausnahme befassen. Zwar ist nach seiner Rechtsprechung die Reichweite der Ausnahmen und Beschränkungen, soweit sie das Eigentumsrecht an geistigen Schöpfungen berühren, eng auszulegen(78), doch darf dabei nicht übersehen werden, dass auch das Recht auf Bildung in Art. 14 Abs. 1 der Charta verankert ist(79). Folglich muss bei der Auslegung ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen beiden Rechten gewahrt werden.

1.      Unterrichtszwecke

114. Die Ausnahme von den Urheberrechten, wenn die Nutzung der geschützten Werke ausschließlich dem Unterricht dient, kann nicht auf ihr Mindestmaß reduziert werden, was der Fall wäre, wenn sie auf die Erlaubnis für Lehrer beschränkt würde, den Inhalt ihres Unterrichts oder ihrer Vorlesungen mit Illustrationen zu begleiten.

115. Eine Auslegung, die dem Recht auf Bildung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Charta einen höheren Wert einräumt, könnte die aktive und nicht rein passive Rolle der Schüler hervorheben, wenn auch ihnen zu demselben Unterrichtszweck (in ihrem Fall dem Lernen) die Nutzung urheberrechtlich geschützter Bilder gestattet wird. Dies würde dazu beitragen, dass die Bildung ihre vorrangige Aufgabe, nämlich die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit(80), erfüllen kann.

116. Die Ausnahme wird nicht nur für die Wiedergabe von geschütztem Material und seine Veröffentlichung im Internet im Hinblick auf die wissenschaftliche Forschung gewährt. Die Bestimmung stellt dieses Ziel und das Ziel der Förderung der Bildung auf dieselbe Ebene, so dass sowohl Schüler als auch Lehrer der nicht universitären Ausbildung zu ihren Begünstigten zählen müssen, wenn die restlichen Anwendungsvoraussetzungen vorliegen.

117. Tatsächlich bestand in der mündlichen Verhandlung eine gewisse Übereinstimmung dahin gehend, dass es zu keiner öffentlichen Wiedergabe (im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29) gekommen wäre, wenn die Arbeit der Schülerin auf eine Internetseite der Schule hochgeladen worden wäre, deren Zugang auf das schulische Umfeld beschränkt ist. Ungeachtet dessen, dass ich diese Auslegung für zu eng halte(81), glaube ich, dass sich in ihr die Verbindung zwischen dem Unterrichtszweck und der Einfügung der Fotografie in die Internetseite der Schule widerspiegelt.

2.      Angabe der Quelle und des Namens des Urhebers

118. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29 macht die Ausnahme für den Unterricht davon abhängig, dass „– außer in Fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist – die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers, wann immer dies möglich ist, angegeben wird“.

119. In der Arbeit, die auf das Portal der Schule hochgeladen worden war, war die eingestellte Fotografie mit dem Hinweis auf den Namen des Magazins (Schwarzaufweiss), in dem sie abgebildet war, versehen. Die Schülerin und der Lehrer handelten sorgfältig, und es kann ihnen nicht zum Vorwurf gemacht werden, den Namen des Fotografen, der nicht am Fuß des Bildes angegeben war, nicht genannt zu haben.

3.      Nicht kommerzielle Zwecke

120. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29 verlangt auch, dass die Nutzung des geschützten Werks zur Veranschaulichung im Unterricht „zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist“.

121. Wie ich bereits angemerkt habe, besteht kein Zweifel, dass mit dem Einstellen der Arbeit im Fach Spanisch auf dem Internetportal der Schule keine kommerziellen Zwecke verfolgt wurden. Was die Rechtfertigung anbelangt, ist die Nutzung von Bildern aus dem Internet, wenn es sich um digitale Arbeiten handelt, heutzutage für bestimmte Lehrtätigkeiten unverzichtbar.

4.      Der „Test“ nach Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29

122. Auch wenn die Verwendung der Fotografie von der Ausnahme nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 gedeckt sein könnte, müsste sie noch den nach Art. 5 Abs. 5 erforderlichen „Test“ bestehen, so dass die Bedingungen für seine Anwendung geprüft werden müssen(82). Ich folge hierbei derselben Methode, die ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Stichting Brein angewandt habe(83).

123. Da die Nutzung im Rahmen des Unterrichts ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgte, ist für mich klar, dass sie nicht die normale Verwertung des Werks beeinträchtigt (zweite Stufe des „Tests“). Weder die Schülerin noch der Lehrer (und auch nicht die Schule oder das Land) können aus ihrem Einstellen auf der Internetseite der Schule die möglichen wirtschaftlichen Vorteile aus der Internetpräsenz der Fotografie oder einen kommerziellen Nutzen zulasten des Urhebers ziehen.

124. Ein anderes berechtigtes Interesse (dritte Stufe des „Tests“) könnte die Angabe des Namens des Urhebers für die Zwecke des Schutzes seiner Persönlichkeitsrechte darstellen. Aber die Persönlichkeitsrechte bleiben außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2001/29, wie sich aus ihrem 19. Erwägungsgrund ergibt.

125. Der heikelste Punkt wäre die erste Stufe des „Tests“, nach der die Ausnahmen nur in bestimmten Sonderfällen anzuwenden sind.

126. Auch wenn es sich vorliegend um einen Sonderfall handelt, könnte die Lösung, die für ihn gefunden wird, Folgen haben, die für eine Vielzahl von Schülern und Lehrern (und auch für die Fotografen) in vergleichbaren Situationen relevant sind. Tatsächlich ist die Annahme nicht gewagt, dass sich Verhaltensweisen wie die hier dargestellten in den Mitgliedstaaten tagtäglich wiederholen.

127. Wenn also in all diesen Fällen die hier geprüften Voraussetzungen vorliegen, erlaubt eine ausgewogene Auslegung dieser letzten Stufe des „Tests“, bei der andere berechtigte Interessen gleichzeitig abgewogen werden (in diesem Fall die sich aus dem Recht auf Bildung ergebenden), den Schluss, dass es weniger auf die Anzahl der identischen oder ähnlichen Handlungen ankommt als darauf, dass ihre Konturen hinreichend definiert sind, um die normale Verwertung des Werks nicht zu beeinträchtigen und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich zu verletzen. Unter diesem Vorbehalt handelt es sich um denselben Sonderfall(84).

128. Zusammenfassend wäre die in Art. 5 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 vorgesehene Ausnahme letztlich anwendbar.

V.      Ergebnis

129. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom Bundesgerichtshof (Deutschland) zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage wie folgt zu antworten:

Das Einstellen einer Schularbeit, die eine allen Internetnutzern frei und kostenlos zugängliche Fotografie enthält, ohne Gewinnerzielungsabsicht und unter Angabe der Quelle auf der Internetseite einer Schule stellt kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft dar, wenn dieses Bild bereits ohne Hinweis auf Nutzungsbeschränkungen auf dem Internetportal eines Reisemagazins veröffentlicht war.


1      Originalsprache: Spanisch.


2      Im Folgenden bezeichne ich es unterschiedslos als „Land“ oder „Land Nordrhein-Westfalen“.


3      Urteil vom 11. September 2014, Eugen Ulmer (C‑117/13, EU:C:2014:2196, Rn. 42). Vgl. die Erläuterungen zum Entstehen der „öffentlichen Zugänglichmachung“ im internationalen Urheberrecht, von dem es in die Richtlinie 2001/29 Eingang fand, in Walter, M. M., „Article 3 – Right of communication to the public“, in Walter, M. M., Von Lewinski, S., European Copyright Law: A Commentary, Oxford, 2010, S. 978.


4      Die Parteien, die in diesem Vorabentscheidungsverfahren schriftliche Erklärungen eingereicht haben, sehen dies auch so, denn sie stützen ihre jeweiligen Ausführungen auf die Rechtsprechung zur Handlung der Wiedergabe.


5      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. 2001, L 167, S. 10).


6      Das dem amerikanischen Fotografen Ansel Adams zugeschriebene Zitat „Es gibt nichts Schlimmeres als ein scharfes Bild eines verschwommenen Konzepts“ hilft vielleicht dabei, diese Abfolge von Verfahren nachvollziehen zu können.


7      Vom 16. März 2000 (ABl. 2000, L 89, S. 6).


8      Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Akte vom 24. Juli 1971) in der am 28. September 1979 geänderten Fassung (im Folgenden: Berner Übereinkunft).


9      Richtlinie des Rates vom 29. Oktober 1993 zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (ABl. 1993, L 290, S. 9).


10      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 (ABl. 2006, L 372, S. 12).


11      Gesetz vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273), zuletzt geändert am 1. September 2017 (BGBl. I S. 3346). Im Folgenden: UrhG.


12      Das Land Nordrhein-Westfalen übt die Schulaufsicht über die Gebietskörperschaft aus, von der die Schule abhängt, und ist Dienstherr bzw. Arbeitgeber der dort beschäftigten Lehrkräfte.


13      In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter von Herrn Renckhoff darauf hingewiesen, dass das Impressum des Online-Reisemagazins den Hinweis enthalte, dass seine Inhalte durch Copyright geschützt seien. In der Sachverhaltsdarstellung im Vorlagebeschluss ist aber hierzu nichts zu lesen. Es ist gegebenenfalls Sache des Ausgangsgerichts, diese tatsächlichen Gesichtspunkte zu bewerten.


14      Durch Bezugnahme auf das Urteil vom 24. November 2011, Circul Globus Bucureşti (C‑283/10, EU:C:2011:772, Rn. 35 und 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).


15      U. a. nimmt es Bezug auf das Urteil vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).


16      Es verweist u. a. auf das Urteil vom 8. September 2016, GS Media (C‑160/15, im Folgenden unterschiedslos: Urteil GS Media oder Rechtssache GS Media, EU:C:2016:644, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das vorlegende Gericht geht jedenfalls davon aus, dass die Wiedergabe nach demselben technischen Verfahren erfolge und daher zu prüfen sei, ob sie für ein neues Publikum erfolgt sei, da dieser Gesichtspunkt dem Erstgenannten nachgeordnet sei.


17      Es verweist auf das Urteil GS Media (Rn. 31 und 45).


18      Seiner Meinung nach ist „[d]er gewerbliche Charakter der Verbreitung eines geschützten Werks … für die Einstufung einer solchen Verbreitung als ‚öffentliche Wiedergabe‘ zwar – unter anderem zur Bestimmung der Höhe einer möglichen Vergütung für diese Verbreitung (vgl. [Urteil vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League und Murphy, C‑403/08 und C‑429/08, EU:C:2011:631, Rn. 204 bis 206]) – nicht unerheblich; er ist hierfür aber mit Sicherheit nicht ausschlaggebend (vgl. Urteil [vom 31. Mai 2016, Reha Training, C‑117/15, EU:C:2016:379, Rn. 49]; vgl. aber auch [Urteil GS Media, Rn. 55])“.


19      Entgegen den Anforderungen des Urteils GS Media (Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).


20      Im Unterschied zum vorlegenden Gericht hält das Land die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Hyperlinks und zum Framing im vorliegenden Fall für anwendbar und führt das Urteil GS Media (Rn. 52), das Urteil vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76, Rn. 18), und den Beschluss vom 21. Oktober 2014, BestWater International (C‑348/13, EU:C:2014:2315, Rn. 15), an.


21      Sie führt insbesondere die Urteile vom 26. April 2017, Stichting Brein (C‑527/15, EU:C:2017:300, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 14. Juni 2017, Stichting Brein (C‑610/15, im Folgenden: Urteil Stichting Brein II, EU:C:2017:456, Rn. 31 und 44), an.


22      Durch Bezugnahme auf das Urteil vom 31. Mai 2016, Reha Training (C‑117/15, EU:C:2016:379, Rn. 38).


23      Sie führt das Urteil vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a. (C‑403/08 und C‑429/08, EU:C:2011:631, Rn. 193), an.


24      Urteil vom 7. März 2013, ITV Broadcasting u. a. (C‑607/11, EU:C:2013:147, Rn. 26).


25      Beschluss vom 21. Oktober 2014, BestWater International (C‑348/13, EU:C:2014:2315, Rn. 15).


26      Urteil vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76, Rn. 19).


27      Urteil vom 31. Mai 2016, Reha Training (C‑117/15, EU:C:2016:379, Rn. 41 bis 44).


28      Insbesondere Urteile vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76, Rn. 26), und GS Media (Rn. 41 und 47 bis 51).


29      Es nimmt Bezug auf das Urteil vom 11. September 2014, Eugen Ulmer (C‑117/13, EU:C:2014:2196, Rn. 55).


30      Vgl. die wichtigsten Meilensteine dieser Rechtsprechung im Urteil Stichting Brein II (Rn. 19 bis 34).


31      Ebd. (Rn. 28). Das vorlegende Gericht geht in Rn. 38 des Vorlagebeschlusses davon aus, dass die im Rahmen der Arbeit der Schülerin ins Internet eingestellte Fotografie für ein neues Publikum wiedergegeben wird.


32      Rn. 4 ihrer schriftlichen Erklärungen.


33      Urteil vom 1. Dezember 2011 (C‑145/10, EU:C:2011:798).


34      Ebd. (Rn. 99).


35      Ebd. (Rn. 85).


36      Nach diesem Artikel werden „Fotografien … gemäß Artikel 1 geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien anzuwenden. Die Mitgliedstaaten können den Schutz anderer Fotografien vorsehen.“


37      In praktischer Hinsicht liegt der Unterschied, wie in der mündlichen Verhandlung klargestellt wurde, in der Schutzdauer: Für fotografische Werke gelten die 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (§ 64 UrhG), während sich die Frist für bloße Fotografien auf 50 Jahre seit ihrer ersten Veröffentlichung verkürzt (§ 72 Abs. 3 UrhG).


38      Vgl. seine Darstellung im Urteil Stichting Brein II (Rn. 19 bis 29).


39      Urteil vom 29. November 2017, VCAST (C‑265/16, EU:C:2017:913, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).


40      Anwendungsvoraussetzungen des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 nach dem Urteil vom 26. April 2017, Stichting Brein (C‑527/15, EU:C:2017:300, Rn. 35 und 36).


41      Urteil GS Media (Rn. 35).


42      Sein Ursprung kann im Leitfaden zur Berner Übereinkunft nachverfolgt werden, und es dient der Feststellung, unter welchen Umständen das Tätigwerden des Übermittlers eines Werks an die Öffentlichkeit, mit dem der Urheber ursprünglich nicht gerechnet hatte, relevant war.


43      Urteil Stichting Brein II (Rn. 26).


44      Urteil vom 31. Mai 2016, Reha Training (C‑117/15, EU:C:2016:379, Rn. 45 und 46), in dem die subjektiven Merkmale, die in scheinbar unauflöslicher Weise mit den Zielen verbunden sind, nicht getrennt geprüft wurden.


45      Vgl. Rn. 24 des Vorlagebeschlusses.


46      Urteil vom 16. November 2016, Soulier und Doke (C‑301/15, EU:C:2016:878, Rn. 34).


47      Urteil GS Media (Rn. 46).


48      Auch wenn ich erst später auf die Auswirkungen der Gewinnerzielungsabsicht eingehen werde, werde ich sie von nun an hervorheben.


49      Die Auffassung, die die Übertragung ablehnt, betont, dass das Urteil GS Media nur die Links betreffe, die auf eine Internetseite führten, auf dem sich das Werk bereits befinde, während hier ein Bild auf eine eigene Seite hochgeladen und dadurch für Dritte unmittelbar zugänglich gemacht werde. Ich bin jedoch der Meinung, dass dieser Unterschied für die Feststellung der subjektiven Merkmale und die übrigen Umstände des Handelns, auf die sich das Urteil GS Media bezieht, ohne Bedeutung ist. Die Kommission hat dies in der mündlichen Verhandlung eingeräumt.


50      Urteil GS Media (Rn. 48).


51      Ebd. (Rn. 49).


52      Ebd. (Rn. 50).


53      Ich verweise auf Fn. 13 dieser Schlussanträge.


54      Ihr Inhaber hätte durch Anwendung eines der vorhandenen technischen Sicherheitsverfahren Maßnahmen zur Verhinderung der Kopie der Fotografie ergreifen können.


55      Im Urteil vom 16. November 2016, Soulier und Doke (C‑301/15, EU:C:2016:878, Rn. 35), wird die Möglichkeit einer impliziten Zustimmung bejaht. Es geht aber davon aus, dass der Nutzer, der ein Werk nutzen will, den Urheber kennt oder kennen könnte, und hält ihn daher für verpflichtet, ihn tatsächlich und vorab zu informieren, was hier nicht der Fall ist. Vgl. Rn. 38 und 39 dieses Urteils.


56      Dadurch würde eine bequeme Haltung des Urheberrechtsinhabers übermäßig begünstigt, der es vernachlässigen und sich auf einem unverhältnismäßigen Schutz ausruhen könnte. Möglicherweise würde diese Haltung auch zu verstärkten Konflikten mit den Nutzern führen, die auf die Transparenz und den freien Zugang auf Informationen im Netz vertrauen (und an sie glauben wollen). Vom Rechtsinhaber kann daher eine gewisse Sorgfalt bei seinem Schutz verlangt werden.


57      Vgl. das leidenschaftliche Plädoyer für dieses Gleichgewicht in Elkin-Koren, N., „Copyright in a Digital Ecosystem“, Okediji, R. L. (Hrsg.), Copyright Law in an Age of Limitations and Exceptions, Cambridge University Press, New York, 2017, S. 132 ff., insbesondere S. 159.


58      In der jüngsten Rechtsprechung des Gerichtshofs wurde dieses subjektive Element berücksichtigt; vgl. Urteile vom 26. April 2017, Stichting Brein (C‑527/15, EU:C:2017:300, Rn. 49), und Stichting Brein II (Rn. 46).


59      Rn. 39 des Vorlagebeschlusses.


60      Urteil GS Media, Rn. 51: „[W]enn Hyperlinks mit Gewinnerzielungsabsicht gesetzt werden, [kann] von demjenigen, der sie gesetzt hat, erwartet werden, dass er die erforderlichen Nachprüfungen vornimmt, um sich zu vergewissern, dass das betroffene Werk auf der Website, zu der die Hyperlinks führen, nicht unbefugt veröffentlicht wurde, so dass zu vermuten ist, dass ein solches Setzen von Hyperlinks in voller Kenntnis der Geschütztheit des Werks und der etwaig fehlenden Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber zu seiner Veröffentlichung im Internet vorgenommen wurde.“


61      Ebd. (Rn. 45).


62      Die Beurteilung dieses Kriteriums könnte anders ausfallen, wenn die Schule für den Besuch der Internetseite, auf der Zugang zu dem Referat, das die Fotografie enthält, gewährt wird, Geld verlangen würde.


63      Urteil vom 29. November 2017, VCAST (C‑265/16, EU:C:2017:913, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).


64      Ebd. (Rn. 50), im Umkehrschluss.


65      Urteile vom 31. Mai 2016, Reha Training (C‑117/15, EU:C:2016:379, Rn. 41), vom 29. November 2017, VCAST (C‑265/16, EU:C:2017:913, Rn. 45), und Stichting Brein II (Rn. 41).


66      So bezeichnet im Urteil vom 15. März 2012, SCF (C‑135/10, EU:C:2012:140, Rn. 86).


67      Ebd. (Rn. 87).


68      Urteile vom 29. November 2017, VCAST (C‑265/16, EU:C:2017:913, Rn. 46 und 47), und vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76, Rn. 22).


69      Dieses Adjektiv wird im Leitfaden zur Berner Übereinkunft verwendet.


70      Vielleicht wäre es angebrachter, in diesem Kontext den Begriff „ergänzendes Publikum“ zu verwenden.


71      Urteil vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a. (C‑403/08 und C‑429/08, EU:C:2011:631, Rn. 197 und 198).


72      Urteil Stichting Brein II (Rn. 44 und 45).


73      Urteil vom 31. Mai 2016, Reha Training (C‑117/15, EU:C:2016:379, Rn. 60).


74      Urteil vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76, Rn. 31).


75      § 52a UrhG unterscheidet zwischen Werken geringen Umfangs nach Abs. 1, deren Zugänglichmachung sich auf einen bestimmten abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern beschränkt, und Werken nach Abs. 2, deren Zugänglichmachung nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig ist. Dieser Paragraf wurde durch § 1 Abs. 7 des Gesetzes zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft vom 1. September 2017, das am 1. März 2018 in Kraft getreten ist und durch das das UrhG zum letzten Mal geändert wurde, aufgehoben. Er wurde durch den neuen § 60a ersetzt, der die in Unterricht, Lehre und Bildungseinrichtungen erlaubten Nutzungen regelt und dessen Abs. 1 das Format der Werke als Kriterium zur Feststellung der genehmigten Nutzung durch den Höchstprozentsatz (15 %) eines Werks, der vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden darf, ersetzt. Diese Änderung ist auf den vorliegenden Fall zeitlich nicht anwendbar.


76      Diese Klarstellungen können zu gegebener Zeit zur Auslegung der nationalen Vorschriften im Licht der Unionsvorschriften, die sie umsetzen, beitragen.


77      Art. 5 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2001/29.


78      Urteil vom 10. April 2014, ACI Adam u. a. (C‑435/12, EU:C:2014:254, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).


79      Schlussendlich liegt diesen Fällen die in der Rechtsprechung anerkannte soziale Funktion des privaten Eigentums zugrunde, die Beschränkungen dieses Rechts zulässt, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der das so gewährleistete Recht in seinem Wesensgehalt antastet. Vgl. Urteile vom 15. Januar 2013, Križan u. a. (C‑416/10, EU:C:2013:8, Rn. 113), und vom 12. Mai 2005, Regione autonoma Friuli-Venezia Giulia und ERSA (C‑347/03, EU:C:2005:285, Rn. 119 und die dort angeführte Rechtsprechung).


80      Dies wird in Art. 26 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEM) von 1948 und in Art. 13 Abs. 1 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte(ICESCR), verkündet von der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit Resolution 2200 A [XXI] vom 16. Dezember 1966, gemäß Art. 27 in Kraft getreten am 3. Januar 1976, anerkannt.


81      In Anbetracht der Charakteristika einer Internetseite einer Schule glaube ich nicht, dass ein großer Unterschied zwischen dem Zugänglichmachen des Fotos im Intranet, im Extranet oder auf dem Internetportal der Schule besteht: Das Publikum, das durch diese Seite surft, wird aller Wahrscheinlichkeit nach in allen drei Fällen dasselbe sein, also die Schüler und ihre Familien oder Freunde sowie der Lehrkörper.


82      Ich halte aber den Vorschlag für zutreffend, eine mechanische Anwendung dieses „Tests“ zu vermeiden, die auf dem kumulativen Charakter der drei Kriterien beruht, und der Gewichtung der Bedeutung jedes einzelnen dieser Elemente den Vorrang zu geben. Siehe Hilty, R. M., Geiger, C., Griffiths, J., „Declaration: A balanced interpretation of the ‚three-step test‘ in copyright law“, International Review of Intellectual Property and Competition Law, 6/2008, S. 707 bis 713, insbesondere S. 709.


83      Rechtssache C‑527/15, EU:C:2016:938, Nrn. 73 bis 81.


84      Vgl. ein ähnliches Vorgehen im Urteil vom 11. September 2014, Eugen Ulmer (C‑117/13, EU:C:2014:2196, Rn. 34).