URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

6. Oktober 2009(*)

„Staatliche Beihilfen – Digitales terrestrisches Fernsehen – Beihilfe der deutschen Behörden zugunsten der Rundfunkanbieter, die das digitale terrestrische Rundfunknetz (DVB‑T) in der Region Berlin-Brandenburg verwenden – Entscheidung, mit der die Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Verhältnismäßigkeit – Verteidigungsrechte“

In der Rechtssache T‑21/06

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch M. Lumma und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwältin G. Quardt,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. van Vliet und K. Gross als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2006/513/EG der Kommission vom 9. November 2005 über die staatliche Beihilfe, die die Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens (DVB‑T) in Berlin-Brandenburg gewährt hat (ABl. 2006, L 200, S. 14),

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood sowie der Richter D. Šváby und E. Moavero Milanesi (Berichterstatter),

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2009

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Um die Digitalisierung der Rundfunkübertragung zu fördern, rief die Bundesrepublik Deutschland Ende 1997 die Initiative „Digitaler Rundfunk“ ins Leben. Im Rahmen dieser Initiative erarbeitete sie mit den Ländern und verschiedenen Betreibern Empfehlungen zur Digitalisierung der Rundfunkübertragung. Die Umstellung auf die digitale Rundfunkübertragung, die die Übertragung über Kabel, über Satellit und auf terrestrischem Weg betraf, sollte bis spätestens 2010 abgeschlossen sein.

2        Für den terrestrischen Übertragungsweg trafen die Bundesländer Berlin und Brandenburg als erste Länder in Deutschland gemeinsam Maßnahmen, um den Umstieg vom analogen auf das digitale terrestrische Fernsehen (DVB‑T) zu ermöglichen. Am 17. Dezember 2001 beschloss die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB), den Umstieg auf die digitale Übertragung finanziell zu fördern.

3        Für die Vergabe der Programmplätze nach einem Verfahren, das in der am 9. Juli 2001 erlassenen DVB‑T-Satzung geregelt ist, war die MABB zuständig. In dieser Satzung wird insbesondere festgelegt, dass bei der erstmaligen Zuweisung digitaler terrestrischer Übertragungskapazitäten die bereits im Analognetz vertretenen Betreiber vorrangig zu berücksichtigen sind. Die DVB‑T-Satzung sieht auch die Zuweisung ganzer Multiplexe an private Rundfunkanbieter vor, soweit diese mehr als ein Fernsehprogramm analog ausstrahlen.

4        In einer am 13. Februar 2002 getroffenen Vereinbarung (im Folgenden: Vereinbarung vom 13. Februar 2002) legten die MABB, die öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD, ZDF und RBB sowie die privaten Rundfunkanbieter RTL-Gruppe (im Folgenden: RTL) und ProSiebenSat.1 Media AG (im Folgenden: ProSiebenSat.1) die Zuweisung der Übertragungskapazitäten und die Grundzüge des Umstiegs auf die digitale Übertragung fest, zu denen insbesondere ein Zeitplan für die einzelnen Stufen dieses Umstiegs gehörte, mit dem eine vollständige Einstellung der analogen Übertragung einhergehen sollte. Im Gegenzug erklärte sich die MABB bereit, die terrestrische Übertragung finanziell zu unterstützen.

5        Die Programmplätze wurden wie folgt zugeteilt: drei ganze Multiplexe und ein Programmplatz auf einem vierten Multiplex für die beiden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF, jeweils ein ganzer Multiplex für die beiden privaten Sender RTL und ProSiebenSat.1 und zwei Programmplätze für die Rundfunkanbieter FAB Fernsehen aus Berlin GmbH (im Folgenden: FAB) und BBC World, die bereits im Analognetz vertreten waren. Die übrigen Programmplätze wurden öffentlich ausgeschrieben. Mangels geeigneter Angebote wurden die verbleibenden Kapazitäten vertraglich an Eurosport, Viva Plus, DSF und SWR vergeben. Nachdem sich diese Unternehmen an einer zweiten, am 16. April 2004 veröffentlichten Ausschreibung beteiligt hatten, wurden die Lizenzen für die entsprechenden Programmplätze auf fünf Jahre verlängert.

6        Die von der MABB gewährte Beihilfe sollte nach ihren Angaben die durch die digitale terrestrische Übertragung gegenüber der analogen Übertragung entstehenden Zusatzkosten abdecken. Die Modalitäten der Finanzierung wurden in Verträgen festgelegt, die die MABB mit den verschiedenen von der Beihilfe betroffenen Rundfunkanbietern abschloss, und zwar am 3. Juni 2003 mit RTL, am 4. Dezember 2003 mit ProSiebenSat.1, am 2. Juni und am 22. August 2003 mit FAB und am 2. Dezember 2003 mit BBC World. Mit den Sendern Eurosport, Viva plus und DSF, deren Programme bis zum Umstieg auf DVB‑T nicht terrestrisch übertragen wurden, wurde eine andere Art von Finanzierungsvertrag geschlossen.

7        Die privaten Sendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 verpflichteten sich in diesen Verträgen, ihre wichtigsten Fernsehprogramme ab dem 1. März 2003 fünf Jahre lang digital terrestrisch zu verbreiten, unabhängig von der tatsächlichen Reichweite der Verbreitung auf diesem Weg. Der von der MABB gewährte Zuschuss betrug für RTL 265 000 Euro jährlich, d. h. 66 250 Euro je Programmplatz, und für ProSiebenSat.1 330 000 Euro jährlich, d. h. 82 500 Euro je Programmplatz. Die Förderung begann am 1. März 2003 und erstreckte sich über fünf Jahre. Bei einer Erhöhung oder Verminderung der den Sendern von den Netzbetreibern berechneten Ausstrahlungskosten wäre die Hälfte des Differenzbetrags bei der MABB zum Tragen gekommen. Im Fall von ProSiebenSat.1 sollte die Förderung von 330 000 Euro jährlich nach Ablauf der ersten beiden Förderjahre für die restlichen drei Jahre der Laufzeit auf 250 000 Euro jährlich reduziert werden, falls die digitale terrestrische Reichweite im Empfangsgebiet mehr als 200 000 Haushalte betragen würde.

8        In den Verträgen, die die MABB mit FAB und BBC World geschlossen hatte, gewährte sie diesen Anbietern für die Dauer von fünf Jahren einen Zuschuss zu den Ausstrahlungskosten. Der Zuschuss entsprach einem Drittel des an den Netzbetreiber zu entrichtenden Entgelts, höchstens aber 68 167 Euro pro Jahr. Der Förderbetrag sollte proportional zur Verringerung der an den Netzbetreiber gezahlten Ausstrahlungskosten herabgesetzt werden.

9        In den mit Eurosport, Viva plus, DSF und SWR geschlossenen Verträgen wurden diesen Sendern Programmplätze für die Dauer eines Jahres ab dem 1. August 2003 zugewiesen. Während dieser Zeit gewährte die MABB jedem Sender einen Zuschuss in Höhe von 65 000 Euro. Diese Verträge sahen ebenfalls eine Klausel zur Anpassung an das tatsächlich an den Netzbetreiber entrichtete Entgelt vor und wurden in der Folge auf insgesamt fünf Jahre verlängert.

10      Die MABB finanzierte die Zuschüsse zu den Ausstrahlungskosten der privaten Rundfunkanbieter aus ihrem Haushalt. Der Haushalt der MABB entstammt im Wesentlichen dem auf Berlin und Brandenburg entfallenden Rundfunkgebührenaufkommen.

11      Die MABB gewährte die beschriebene Förderung lediglich den privaten Rundfunkanbietern, da die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Lage waren, ihre Aufwendungen für die DVB‑T-Übertragung aus dem Rundfunkgebührenaufkommen zu finanzieren.

12      Mit Telefax vom 16. Dezember 2002 reichte der Verband Privater Kabelnetzbetreiber e. V. bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften eine informelle Beschwerde bezüglich der Finanzierung von DVB‑T in den Ländern Berlin und Brandenburg ein.

13      Mit Schreiben vom 2. Mai 2003 forderte die Kommission von der Bundesrepublik Deutschland Auskünfte an, die nach Fristverlängerung am 30. Juni 2003 erteilt wurden.

14      Mit Schreiben vom 14. Juli 2004 setzte die Kommission die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Beschluss in Kenntnis, wegen der fraglichen Maßnahmen ein förmliches Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten. Diese Entscheidung wurde im Amtsblatt der Europäischen Union vom 28. August 2004 veröffentlicht.

15      In der Entscheidung 2006/513/EG vom 9. November 2005 über die staatliche Beihilfe, die die Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens (DVB‑T) in Berlin-Brandenburg gewährt hat (ABl. 2006, L 200, S. 14, im Folgenden: angefochtene Entscheidung), stellte die Kommission fest, dass „[d]ie von der Bundesrepublik Deutschland den an DVB‑T beteiligten privaten Rundfunkanbietern gewährte staatliche Beihilfe für die Einführung des digitalen terrestrischen Rundfunks in Berlin-Brandenburg … mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar [ist]“ (Art. 1 der angefochtenen Entscheidung).

16      Die Kommission ordnete an, die rechtswidrig zur Verfügung gestellte Beihilfe, zuzüglich Zinsen vom Zeitpunkt der Zahlung der rechtswidrigen Beihilfe bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung, von den Begünstigten zurückzufordern (Art. 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung).

 Verfahren und Anträge der Parteien

17      Mit Klageschrift, die am 21. Januar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Bundesrepublik Deutschland die vorliegende Klage erhoben.

18      Mit Schriftsatz, der am 19. Mai 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Deutsche Kabelverband e. V. seine Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. Durch Beschluss des Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts vom 6. September 2006 ist der Antrag auf Zulassung als Streithelfer zurückgewiesen worden.

19      Mit Schriftsatz, der am 3. März 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission gemäß Art. 50 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts beantragt, die vorliegende Rechtssache mit den Rechtssachen T‑8/06, FAB/Kommission, und T‑24/06, MABB/Kommission, zu verbinden. Die Bundesrepublik Deutschland hat dagegen keine Einwände erhoben.

20      Aufgrund einer Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Siebten Kammer zugeteilt worden, an die die vorliegende Rechtssache deshalb verwiesen worden ist. Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Siebte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen.

21      In der Sitzung vom 20. Mai 2009 hat das Gericht vor Beginn der mündlichen Ausführungen mit Zustimmung aller Parteien beschlossen, die vorliegende Rechtssache lediglich zum Zweck des mündlichen Verfahrens mit den Rechtssachen FAB/Kommission und MABB/Kommission zu verbinden. Anschließend haben die Parteien mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

22      Die Bundesrepublik Deutschland beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

23      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Bundesrepublik Deutschland die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

24      Die Bundesrepublik macht zwei Klagegründe geltend, und zwar einen Ermessensmissbrauch bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt und einen Verstoß gegen allgemeine Rechtsgrundsätze.

 Zum ersten Klagegrund: Ermessensmissbrauch und offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt

 Vorbringen der Parteien

25      Die Bundesrepublik Deutschland macht geltend, die Zuschüsse der MABB seien mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, und die Kommission habe ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

26      Zunächst habe die Kommission, statt eine Prüfung anhand von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG vorzunehmen, ein neues, am Begriff des Marktversagens ausgerichtetes Beurteilungsschema verwendet, das für den vorliegenden Fall nicht geeignet sei und dem Konsultationspapier vom 7. Juli 2005 mit dem Titel „Aktionsplan staatliche Beihilfen: Weniger und besser ausgerichtete staatliche Beihilfen – Roadmap zur Reform des Beihilferechts 2005-2009“ (KOM[2005] 107 endg.) (im Folgenden: Aktionsplan von 2005) entstamme. Nach diesem Papier könnten die Mitgliedstaaten, wenn die Effizienz der Märkte nicht mehr gewahrt sei, in einigen Fällen auf das Mittel der staatlichen Beihilfe zurückgreifen. Es sei jedoch zu prüfen, ob das Marktversagen auch durch weniger wettbewerbsschädigende Maßnahmen behoben werden könne.

27      Der Begriff des Marktversagens als Beurteilungskriterium in einem beihilferechtlichen Prüfverfahren tauche zum ersten Mal im Aktionsplan von 2005 auf. Außerdem scheine sich die Kommission selbst nicht im Klaren darüber zu sein, wie dieses Kriterium im Rahmen der Kontrolle staatlicher Beihilfen anzuwenden sei.

28      Die einseitige Ausrichtung der Kommission auf das Beurteilungskriterium des Marktversagens sei ermessensfehlerhaft. Dieses Kriterium eigne sich grundsätzlich nicht zur Kontrolle der Vereinbarkeit einer Einzelfallbeihilfe mit dem Gemeinsamen Markt. Die Kommission überschreite nicht nur ihre Kompetenz, sondern verfehle auch den Zweck des Beihilferechts, das dem Schutz des Gemeinsamen Marktes und nicht dem Schutz staatlicher Mittel und der Überwachung ihrer effizienten Verwendung diene.

29      Bei der Prüfung der Notwendigkeit und Geeignetheit der Subvention habe die Kommission keine Abwägung zwischen dem Ziel der Fördermaßnahme und deren Auswirkungen auf die Wettbewerbsbedingungen vorgenommen und das Ziel der Maßnahme nicht in ihre Beurteilung einbezogen. Ziel der Zuschüsse der MABB sei die Umstellung auf die digitale Fernsehübertragung bis zum Jahr 2010, und DVB‑T wäre zum Scheitern verurteilt, wenn den Fernsehzuschauern nicht auf terrestrischem Weg eine ausreichende Zahl attraktiver Programme angeboten würde. Ohne Zuschüsse wären die privaten Rundfunkanbieter mit analog terrestrischem Sendebetrieb nicht auf DVB‑T umgestiegen. Hervorzuheben sei insbesondere, dass die Vereinbarung vom 13. Februar 2002 zwischen der MABB und den Sendern RTL und ProSiebenSat.1 nur eine politische Absichtserklärung sei. Die angefochtene Entscheidung beschränke sich auf die Prüfung, ob es eine andere, besser geeignete Maßnahme gebe, um das betreffende Marktversagen zu beheben, stelle aber nicht in Frage, dass die streitige Maßnahme im vorliegenden Fall geeignet sei.

30      Weitere Ermessensfehler habe die Kommission im Rahmen ihrer Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme begangen. Bei der Abwägung der Vor- und Nachteile im Zusammenhang mit der Einführung eines dritten Übertragungswegs habe die Kommission die Wettbewerbssituation und vor allem die Tatsache verkannt, dass die beiden alternativen Übertragungswege, Satellit und Kabel, in der Region Berlin-Brandenburg von jeweils nur einem Anbieter dominiert würden. Die Möglichkeit, mit DVB‑T einen dritten Übertragungsweg zu wählen, stärke also den Wettbewerb. Die terrestrische Übertragung sei für die uneingeschränkte Versorgung der Bevölkerung mit Fernsehprogrammen von besonderer Bedeutung, denn 2 % bis 5 % der Fernsehzuschauer könnten das Fernsehen nur auf terrestrischem Weg empfangen, und nur durch die terrestrische Übertragung könnten die ausgestrahlten Programme frei und ohne Zusatzkosten empfangen werden. Die Kommission habe daher die Bedeutung eines zusätzlichen Übertragungswegs für die Gewährleistung der Informations- und Meinungsfreiheit verkannt.

31      Die Kommission habe unangekündigt ein neues Beurteilungsschema angewandt, dessen Kriterien im Aktionsplan von 2005 enthalten seien. Soweit die Kommission angebe, ihre Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfe auf die Mitteilung vom 17. September 2003 über den Übergang vom analogen zum digitalen Rundfunk (KOM[2003] 541 endg.) (im Folgenden: Mitteilung von 2003) gestützt zu haben, bleibe auch die Frage offen, warum die in dieser Mitteilung genannten Kriterien in der angefochtenen Entscheidung nicht konkret angewandt worden seien, wo sie doch in der Mitteilung selbst benannt würden. Die Beurteilung durch die Kommission beruhe auf dem Kriterium des Marktversagens, das sich erst im Aktionsplan von 2005 finde.

32      Die Kommission prüfe nicht alle in der Mitteilung von 2003 genannten Rechtfertigungsvoraussetzungen; nicht geprüft werde vor allem, ob „allgemeine Interessen“ auf dem Spiel stünden und ob im Licht struktureller Mängel wie „Trittbrettfahrerverhalten“, „oligopolistischen Situationen“ und „Henne-und-Ei-Problemen“ ein Marktversagen vorliege.

33      Insbesondere sei sie in Randnr. 103 der angefochtenen Entscheidung unter dem Punkt „Positive externe Effekte“ nicht auf die in der Mitteilung von 2003 behandelte Problematik und Begründung des „Trittbrettfahrerverhaltens“ eingegangen, wonach diejenigen, die am meisten von der Umstellung profitierten (Gerätehersteller oder potenzielle Nutzer der frei gewordenen Frequenzen, einschließlich neuer Rundfunkanbieter), unter Umständen nicht mit denjenigen identisch seien, die aller Wahrscheinlichkeit nach die Kosten trügen (Endnutzer oder derzeitige Rundfunkanbieter). Stattdessen habe sie lediglich geprüft, inwieweit die Kostenübernahme durch die MABB für den Übergang zu DVB‑T notwendig und geeignet gewesen sei.

34      Die Kommission habe nicht geprüft, ob die fragliche Maßnahme geeignet gewesen sei, eine gezielte Verhaltensänderung bei den terrestrischen Privatsendern zu bewirken. Diese hätten ohne einen − wenn auch nur befristeten − Zuschuss kein wirtschaftliches Interesse an DVB‑T gezeigt.

35      Zur Befristung des Förderzeitraums auf fünf Jahre trägt die Bundesrepublik Deutschland vor, die Privatsender hätten sich für diesen Zeitraum in den mit der MABB geschlossenen Verträgen verpflichtet, die Übertragung über DVB‑T unabhängig von der Entwicklung der Reichweite dieses Übertragungswegs und der Frage der Entwicklung der Werbeeinnahmen aufrechtzuerhalten.

36      Die Subvention habe mehr positive als negative Wirkungen gehabt; die Kommission habe das öffentliche Interesse an der Nutzung der Frequenzen verkannt. Der Umstieg auf die digitale Nutzung terrestrischer Frequenzen habe gerade dazu geführt, dass Frequenzen für andere Nutzer frei geworden seien.

37      Zum „Mindestmaßgebot“ führt die Bundesrepublik Deutschland aus, sie habe der Kommission Erläuterungen und Berechnungen vorgelegt, aus denen hervorgegangen sei, dass die Beihilfe sich auf den notwendigen Mindestbetrag für den Umstieg der privaten Rundfunkanbieter auf DVB‑T beschränkt habe. Diese wären bei einer niedrigeren Förderung nicht zum Umstieg bereit gewesen, wobei sich die Förderung auf die vom Netzbetreiber vorgegebenen Kosten beziehe. Die Förderung sei in den Verträgen auf 30 % des von den Fernsehprogrammanbietern an den Netzbetreiber zu entrichtenden Entgelts begrenzt und in Raten gezahlt worden. Die Förderung von DVB‑T habe keine Entscheidung gegen die anderen Übertragungswege bedeutet. Um die Förderung diskriminierungsfrei und wettbewerbsneutral zu gestalten, hätten im Übrigen auch Sender mit geringen Reichweiten eine Kostenerstattung in Höhe von 30 % der tatsächlichen Sendeentgelte erhalten. Den privaten Rundfunkanbietern sei somit ein Anreiz gegeben worden, auf DVB‑T umzusteigen, und das „Mindestmaßgebot“ sei durch die anteilige Kostenbeteiligung beachtet worden.

38      Die „Technologieneutralität“ sei im Rahmen einer Einzelfallbeihilfe praktisch nicht realisierbar, da eine solche Maßnahme notwendigerweise auf eine einzige Technologie abziele, während im Rahmen einer allgemeinen staatlichen Beihilferegelung unterschiedliche Technologien gefördert werden könnten.

39      Die Kommission habe zwar ein Marktversagen in Zusammenhang mit einem Koordinierungsproblem und positiven externen Effekten anerkannt, nicht aber weitere Arten von Marktversagen, die zur Genehmigung der Beihilfen hätten führen müssen. Insbesondere habe die Kommission das Vorliegen eines Marktversagens wegen einer beherrschenden Stellung auf dem betreffenden Markt verkannt, da sie die Bereiche nicht berücksichtigt habe, in denen es ohne terrestrisches Fernsehen keinen Wettbewerb gebe. Außerdem habe sie nicht berücksichtigt, dass die Ware „Fernsehen“ von herausragender Bedeutung für die Meinungsbildung und Meinungsfreiheit sei und somit ein höheres Maß an Wettbewerb und Meinungsvielfalt gewährleistet werden müsse. Die von der Kommission als Alternative vorgeschlagene Beihilfe für den Netzbetreiber sei im Übrigen nicht geeignet, den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Übertragungswegen zu stärken, da bei einer derartigen Beihilfe das Element des unmittelbaren Anreizes für die Fernsehzuschauer fehle, die nur durch die Teilnahme der beiden großen Fernsehprogrammanbieter zum Kauf eines Decoders angeregt werden könnten.

40      Die Kommission habe auch das Vorliegen eines Marktversagens aufgrund der Verpflichtung, öffentliche Leistungen zu erbringen, nicht anerkannt. Im vorliegenden Fall bestehe diese Verpflichtung darin, einem geringen Zuschaueranteil von 2 % bis 5 %, der nicht in der Lage sei, Fernsehen über Satellit oder Kabel zu empfangen, den Zugang zum terrestrischen Fernsehen zu ermöglichen. Diese Verpflichtung sei den privaten Rundfunkanbietern im Rahmen der mit der MABB geschlossenen Verträge übertragen worden.

41      Die Kommission halte weitere in Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG vorgesehene Gründe für eine Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt, insbesondere den Aspekt des sozialen Zusammenhalts, nicht für einschlägig. Im Rahmen des sozialen Zusammenhalts müssten die Mitgliedstaaten aber sicherstellen, dass nach der Einstellung des analogen terrestrischen Fernsehens alle Bürger Zugang zu DVB‑T hätten.

42      Was die Alternativvorschläge der Kommission angehe, so hätten weder regulatorische noch andere Maßnahmen die privaten Rundfunkanbieter überzeugen können, an DVB‑T teilzunehmen. Insbesondere sei die Festlegung eines einheitlichen Termins für das Auslaufen aller Lizenzen der analogen terrestrischen Übertragung nicht geeignet, einen zügigen und zeitgleichen Umstieg auf DVB‑T zu erreichen. Mit dem Umstieg auf DVB‑T sei nicht notwendigerweise der Rückzug aus den analogen Frequenzen verbunden gewesen. Außerdem hätte die MABB die Rundfunkanbieter nicht zum Umstieg auf DVB‑T zwingen können, wenn sie dazu nicht bereit gewesen wären, denn Art. 30 des Vertrags vom 29. Februar 1992 über die Zusammenarbeit der beiden Länder im Bereich des Rundfunks (im Folgenden: Medienstaatsvertrag) sehe einen gesetzlichen Anspruch der privaten Rundfunkanbieter auf Verlängerung ihrer Lizenzen vor und enthalte keine Ausnahme für die Umstellung von analoger auf digitale Technik. Außerdem hätte die Nichtverlängerung einer Sendelizenz einen schweren Eingriff in die Rundfunkfreiheit dargestellt. Darüber hinaus zeigten die von der Kommission herangezogenen Beispiele des Vorgehens in Bayern (Deutschland) und im Vereinigten Königreich gerade nicht, dass ein zeitgleiches Auslaufen aller analogen Lizenzen zwangsläufig zu einem Umstieg auf DVB‑T geführt habe.

43      Auch die weiteren von der Kommission vorgeschlagenen Alternativen hätten keinen zeitgleichen Umstieg auf DVB‑T ermöglicht. Die Fördermaßnahmen des von der Kommission zugelassenen Digitalisierungsfonds in Österreich seien nämlich nicht unbedingt darauf ausgerichtet, eine terrestrische Verbreitung digitaler Fernsehprogrammen zu erreichen. Außerdem wäre eine Subvention für den Kauf von digitalen Endgeräten durch die Verbraucher in der Region Berlin-Brandenburg ungleich teurer und damit von der MABB nicht zu finanzieren gewesen. Ebenso hätte eine Förderung allein der öffentlich-rechtlichen Anstalten mit einem Marktanteil von zusammen 42 % nicht ausgereicht, um den Umstieg auf die digitale Verbreitung erfolgreich durchzuführen. Schließlich hätte eine Entschädigung für die vorzeitige Rückgabe der analogen Lizenzen nicht zwangsläufig den Umstieg auf DVB‑T bewirkt.

44      Auch der Vorschlag der Kommission, im Fall eines Wettbewerbsproblems auf Netzebene den Netzbetreiber mit einer Beihilfe zu fördern, um die Entwicklung der digitalen terrestrischen Plattform zu unterstützen, sei nicht zielführend. Eine unmittelbare Förderung des einzigen Netzbetreibers, T‑Systems, wäre bei weitem wettbewerbsschädlicher als die Fördermaßnahmen zugunsten der Privatsender. Um die Privatsender zur Umstellung auf DVB‑T zu veranlassen, hätte diese Förderung zudem nicht ausgereicht.

45      Schließlich sei die von der Kommission als Alternative vorgeschlagene „technologieneutrale“ Subvention für den Kauf von Decodern durch die Verbraucher, die 6 000 von Sozialhilfe abhängigen Haushalten gewährt worden sei, als solche allein nicht geeignet, den Umstieg auf DVB‑T zu verwirklichen; diese Förderung hätte vielmehr erheblich ausgebaut werden müssen, um einen größeren Anreiz darzustellen. Um die Voraussetzung der „Technologieneutralität“ zu erfüllen, wäre es darüber hinaus erforderlich gewesen, auch die Satelliten- und Kabeldecoder zu finanzieren. Im Ergebnis sei es sowohl notwendig als auch geeignet gewesen, die Umstellung der privaten Rundfunkanbieter auf DVB‑T durch die MABB zu fördern; dies habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ermessensfehlerhaft verkannt.

46      Die Unvereinbarkeit der Maßnahme mit Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG habe die Kommission allein damit begründet, dass DVB‑T im Gegensatz zur Digitalisierung der Fernsehübertragung kein Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse sei. Die Beschränkung der Förderung auf einen Übertragungsweg könne aber kein Grund sein, das Vorliegen eines wichtigen Vorhabens von gemeinsamem Interesse zu verneinen. Insbesondere habe sich die Kommission nicht damit auseinandergesetzt, ob die Förderung eines als Teilziel oder Zwischenschritt bei der Verwirklichung eines Vorhabens von gemeinsamem europäischem Interesse anzusehenden Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein könne.

47      Die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG müsse nicht auf Ausnahmefälle beschränkt werden. Die Kommission habe verkannt, dass beim terrestrischen Empfang wegen dessen deutlich geringerer Verbreitung im Vergleich zum Satelliten- oder Kabelempfang ein sehr viel höheres Risiko bestanden habe, dass der Übergang auf DVB‑T mangels Wirtschaftlichkeit nicht gelinge. Nur dank der Förderung von DVB‑T könne das Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse, nämlich der vollständige Umstieg auf die digitale Übertragungstechnik in Deutschland, gelingen.

48      Die Kommission habe nicht richtig gewürdigt, dass die Förderung nur auf mitgliedstaatlicher Ebene ohne Kofinanzierung aus Gemeinschaftsmitteln erfolgt sei. Dieser Umstand stehe der Förderfähigkeit nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG nicht entgegen, da das Ergreifen von Maßnahmen zur Erreichung des gemeinsamen Ziels Sache der Mitgliedstaaten sei.

49      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

50      Nach ständiger Rechtsprechung verfügt die Kommission bei der Anwendung von Art. 87 Abs. 3 EG über ein weites Ermessen, das sie nach Maßgabe komplexer wirtschaftlicher und sozialer Wertungen ausübt, die auf die Gemeinschaft als Ganzes zu beziehen sind. In diesem Rahmen ist die gerichtliche Nachprüfung der Ausübung des Ermessens auf die Überprüfung der Beachtung der Verfahrens- und Begründungsvorschriften sowie auf die Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit der festgestellten Tatsachen und des Fehlens von Rechtsfehlern, von offensichtlichen Fehlern bei der Bewertung der Tatsachen und von Ermessensmissbrauch beschränkt (Urteile des Gerichtshofs vom 26. September 2002, Spanien/Kommission, C‑351/98, Slg. 2002, I‑8031, Randnr. 74, vom 13. Februar 2003, Spanien/Kommission, C‑409/00, Slg. 2003, I‑1487, Randnr. 93, und vom 29. April 2004, Italien/Kommission, C‑91/01, Slg. 2004, I‑4355, Randnr. 43).

51      Die Kommission hat dadurch, dass sie Verhaltensnormen erlassen und durch ihre Veröffentlichung angekündigt hat, dass sie diese von nun an auf die von ihnen erfassten Fälle anwenden werde, die Ausübung ihres Ermessens beschränkt und kann nicht von diesen Normen abweichen, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 211). Dazu hat der Gerichtshof bereits speziell für den Bereich der staatlichen Beihilfen entschieden, dass die Kommission an die von ihr erlassenen Gemeinschaftsrahmen und Mitteilungen gebunden ist, soweit sie nicht von den Vorschriften des Vertrags abweichen und soweit sie von den Mitgliedstaaten akzeptiert werden (Urteil vom 13. Februar 2003, Spanien/Kommission, Randnrn. 69 und 95, und Urteil Italien/Kommission, Randnr. 45). Die sich aus den Mitteilungen der Kommission ergebenden Hinweise haben also erga omnes zweifellos nicht denselben zwingenden Charakter wie die eigentlichen Rechtsvorschriften. Da sie die Kommission jedoch binden, haben sie ihr gegenüber zwingenden Charakter.

52      Der vorliegende Klagegrund ist im Licht dieser Vorüberlegungen zu prüfen.

53      Das Kriterium des Marktversagens ist in der Mitteilung von 2003 enthalten, und die Kommission hat sich nach ihren Angaben bei der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens auf diese Mitteilung gestützt, als sie sich damit befasste, ob das Tätigwerden der deutschen Behörden zur Förderung des Umstiegs der privaten Rundfunkanbieter auf DVB‑T angebracht war. Nach der Mitteilung von 2003 kann ein staatlicher Eingriff unter zwei Voraussetzungen gerechtfertigt sein, und zwar, wenn „allgemeine Interessen“ auf dem Spiel stehen oder wenn ein Marktversagen vorliegt.

54      In der angefochtenen Entscheidung erstreckte sich die Prüfung der Kommission hauptsächlich auf das Kriterium des Marktversagens, das sowohl in der Mitteilung von 2003 als auch im Aktionsplan von 2005 enthalten ist; bei dieser Prüfung konnte die Kommission einerseits „Koordinierungsprobleme“ zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern und andererseits mit der Freigabe der Frequenzen verbundene „positive externe Effekte“ feststellen. Auf den anderen in der Mitteilung von 2003 enthaltenen Rechtfertigungsgrund für einen staatlichen Eingriff – das Vorliegen „allgemeiner Interessen“ – wird in der angefochtenen Entscheidung dagegen nicht ausdrücklich eingegangen.

55      Die Bundesrepublik Deutschland macht geltend, die Kommission habe ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt, indem sie sich in der angefochtenen Entscheidung zur Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG nur auf das Kriterium des Marktversagens gestützt habe. Dieser Beurteilungsfehler stelle einen Ermessensmissbrauch dar.

56      Somit ist zu prüfen, ob die Kommission bei ihrer Prüfung der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfemaßnahme mit Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und einen Ermessensmissbrauch begangen hat.

57      Zum Kriterium des Marktversagens, in Bezug auf das gerügt wird, dass die Kommission es im vorliegenden Fall nicht hätte anwenden dürfen, ist festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland in ihrer der Kommission übermittelten Stellungnahme zum Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens die Notwendigkeit der Beihilfe für die privaten Rundfunkanbieter damit begründete, dass die Marktkräfte allein keinen Umstieg auf DVB‑T ermöglicht hätten. Da die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens selbst auf den Markt und dessen Versagen Bezug nahm, um die Notwendigkeit einer staatlichen Intervention zu rechtfertigen, kann sie sich insoweit nicht darauf berufen, dass ein aus diesen Begriffen abgeleitetes Prüfkriterium im Rahmen des Verfahrens zur Überprüfung der streitigen Maßnahme neu sei oder dass sie von der Heranziehung dieses Kriteriums nicht unterrichtet worden sei. Außerdem wurde dieses Kriterium, wie die Bundesrepublik Deutschland in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, von der Kommission bereits in ihrer Mitteilung vom 21. August 2001 über staatliche Beihilfen und Risikokapital (ABl. C 235, S. 3) verwendet.

58      Darüber hinaus kann dieses Kriterium entgegen dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland nicht nur herangezogen werden, um die Vereinbarkeit allgemeiner Regelungen über staatliche Beihilfen zu prüfen, sondern auch zur Prüfung punktueller Maßnahmen in Form von Einzelfallbeihilfen. Somit ist die Tatsache, dass dieses Kriterium zur Beurteilung der Vereinbarkeit der streitigen Maßnahme herangezogen wurde, als solche nicht unangebracht.

59      Auch soweit die Bundesrepublik Deutschland geltend macht, die Kommission habe nicht geprüft, ob in der Mitteilung von 2003 erwähntes strukturelles Marktversagen wie „Trittbrettfahrerverhalten“, „oligopolistische Situationen“ und „Henne-und-Ei-Probleme“ vorgelegen habe und insbesondere die Umstellung auf DVB‑T hätte verlangsamen können, legt sie nicht dar, worin ein solches, den Rundfunkübertragungsmarkt in der Region Berlin-Brandenburg beeinträchtigendes Versagen, das daher die betreffende staatliche Beihilfe unter Umständen rechtfertigen könnte, konkret bestanden haben soll.

60      Zu den anderen die betreffende Maßnahme möglicherweise rechtfertigenden Arten des Marktversagens − wie zum einen die beherrschende Stellung, die ein Wirtschaftsteilnehmer auf dem Rundfunkübertragungsmarkt in der Region Berlin-Brandenburg einnehmen soll, und zum anderen die Verpflichtung zur Erbringung öffentlicher Leistungen, die insbesondere darin bestehen sollen, einem begrenzten Teil der Zuschauer, die kein Fernsehen über Satellit oder Kabel empfangen können, den Zugang zu terrestrischem Fernsehen zu ermöglichen − ist festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland insoweit keine hinreichend substantiierten und beweiskräftigen Anhaltspunkte vorbringt. Gleiches gilt für ihr Vorbringen zur Notwendigkeit, den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten, da die Bundesrepublik Deutschland nicht darlegt, dass der Teil der Bevölkerung, der Fernsehen weder über Kabel noch über Satellit empfängt, ohne eine staatliche Finanzierung des Umstiegs der privaten Rundfunkanbieter auf DVB‑T keinen Zugang zu DVB‑T gehabt hätte.

61      Hinsichtlich der „allgemeinen Interessen“, die nach der Mitteilung von 2003 einen staatlichen Eingriff rechtfertigen können, macht die Kommission − ohne dass ihr insoweit widersprochen worden wäre − geltend, dass die Bundesrepublik Deutschland diese „allgemeinen Interessen“ in ihrer im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens vorgelegten Stellungnahme vom 30. Juni 2003 nicht näher bezeichnet habe. Im Übrigen hat die Bundesrepublik Deutschland mit ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, dass die Kommission „allgemeine Interessen“ wie die Freigabe anderer Frequenzen, den sozialen Zusammenhalt, die Entwicklung des Wettbewerbs sowie die Stärkung der Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit nicht geprüft habe, keine zusätzlichen konkreten und beweiskräftigen Anhaltspunkte zur Rechtfertigung der fraglichen staatlichen Beihilfemaßnahme beigebracht.

62      Außerdem ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung zum einen, dass die Kommission verschiedene Aspekte, die unter den Begriff „allgemeine Interessen“ im Sinne der Mitteilung von 2003 subsumiert werden könnten, geprüft hat, und zwar insbesondere, inwiefern die Beihilfe es ermöglichte, „den Umstieg von der analogen zur digitalen Übertragung zu erreichen, technische Innovationen des mobilen und portablen Empfangs zu unterstützen, den Infrastrukturwettbewerb zwischen den verschiedenen Übertragungswegen zu erhalten und Angebots- und Meinungsvielfalt zu fördern“. Zum anderen geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission die Beihilfemaßnahme auch anhand von Art. 86 Abs. 2 EG geprüft hat, um festzustellen, ob möglicherweise eine Leistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse vorliegt, die ebenfalls ein staatliches Eingreifen rechtfertigen kann.

63      Zu den Anreizwirkungen der streitigen Beihilfemaßnahme, die nach Ansicht der Bundesrepublik Deutschland nicht hinreichend gewürdigt worden sind, ist festzustellen, dass die Kommission diese Wirkungen – sei es in Bezug auf Übertragungskosten, die Zuteilung von Sendeplätzen oder die Entwicklung von Zusatzleistungen – in der angefochtenen Entscheidung geprüft hat. Außerdem wurde die Beihilfe den privaten Rundfunkanbietern unstreitig fünf Jahre lang gewährt, während die Phase des Übergangs zu DVB‑T bei diesen Rundfunkanbietern nur vier Monate dauerte. Folglich ging die betreffende Maßnahme entgegen dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland in ihrer Wirkung klar über den bloßen Anreiz zum Umstieg auf DVB‑T hinaus.

64      Was das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland zur Notwendigkeit und Geeignetheit der Beihilfe und insbesondere ihre Argumentation anbelangt, dass die betroffenen Rundfunkanbieter ohne diese staatliche Subvention nicht bereit gewesen wären, die für den Umstieg auf DVB‑T notwendigen Investitionen zu tätigen, so steht fest, dass die wichtigsten Rundfunkanbieter der Region Berlin-Brandenburg bereits ihre Bereitschaft bekundet hatten, auf DVB‑T umzusteigen. Dies ergibt sich eindeutig aus der Vereinbarung vom 13. Februar 2002 – auch wenn es sich bei ihr um eine bloße Absichtserklärung handeln sollte –, die getroffen wurde, obwohl noch nicht über die staatliche Finanzierung der Umstellung auf DVB‑T entschieden worden war.

65      Hinzu kommt, dass die Umstellung auf DVB‑T in mehreren Bundesländern, und zwar in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, sowie in der Rhein-Main-Region des Landes Hessen ohne jede staatliche Finanzierung der privaten Rundfunkanbieter erfolgte. Selbst wenn man unterstellt, dass die Umstellung auf DVB‑T in der Region Berlin-Brandenburg als Pilotvorhaben für andere Regionen in Deutschland dienen sollte oder diente, wurde nicht dargetan, dass der Zuschuss für die privaten Rundfunkanbieter, durch den die mit dieser Umstellung verbundenen Kosten ganz oder teilweise gedeckt werden sollten, ein zur Erreichung dieses Zwecks notwendiges und geeignetes Mittel war.

66      Zur Verhältnismäßigkeit der angefochtenen Maßnahme ist festzustellen, dass – unterstellt, die beiden Übertragungsarten Satellit und Kabel würden auf dem digitalen Fernsehmarkt in der Region Berlin-Brandenburg von einem einzigen Anbieter dominiert – eine staatliche Subvention zugunsten einer dritten Übertragungsart, die deren Schaffung ermöglicht, unter Umständen durch die Vergrößerung der Auswahl für die Verbraucher positive Auswirkungen auf die Wettbewerbsstruktur dieses Markts haben könnte. Im vorliegenden Fall hat die Bundesrepublik Deutschland jedoch nicht substantiiert und beweiskräftig die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Feststellung entkräftet, dass der Wettbewerb zwischen den Rundfunkanbietern in der genannten Region insbesondere auf Angebotsebene nicht durch strukturelle Probleme beeinträchtigt wird, da es eine Vielzahl frei empfangbarer Fernsehprogramme der über Kabel und Satellit ausstrahlenden Rundfunkanbieter gibt, da mehrere Kabelbetreiber sich die Verbindung der Haushalte teilen und da durch „Breitbandfernsehen“ zusätzlicher Wettbewerb entsteht. Die Bundesrepublik Deutschland weist somit nicht nach, dass die Gewährung einer Subvention für die privaten Rundfunkanbieter ein verhältnismäßiges Mittel zur Förderung des Umstiegs auf DVB‑T darstellte.

67      In Bezug auf das in der Mitteilung von 2003 enthaltene „Mindestmaßgebot“, wonach sich die öffentliche Hand bei der Förderung der Umstellung auf DVB‑T auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken habe, ist festzustellen, dass der konkret durch den Zuschuss gedeckte Teil der Übertragungskosten bei den betreffenden Rundfunkanbietern zwischen 28 % und fast 50 % schwankte, während die Kosten der digitalen Übertragung, wie in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben worden ist, weit unter denen der analogen Übertragung liegen. Zudem hat die Bundesrepublik Deutschland, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Kosten für die Einstellung der analogen Übertragung hätten berücksichtigt werden müssen, für die einzelnen Rundfunkanbieter kein substantiiertes und beweiskräftiges Argument zu diesen Kosten und ihrer etwaigen Bedeutung vorgebracht.

68      Zu den von der Kommission vorgeschlagenen Alternativen genügt die Feststellung, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht darzutun vermag, dass sie von vornherein wirkungslos gewesen wären und dass es ihr nicht möglich war, diese oder auch andere Maßnahmen zu ergreifen, die weniger wettbewerbsschädlich als die fragliche Beihilfe gewesen wären und zugleich eine beschleunigte Umstellung auf DVB‑T in der Region Berlin-Brandenburg ermöglicht hätten.

69      Was die in der Mitteilung von 2003 erwähnte „Technologieneutralität“ anbelangt, die in diesem Zusammenhang insbesondere bedeutet, dass die analoge Übertragung in einem Gebiet nur eingestellt werden kann, wenn fast alle Haushalte digitales Fernsehen empfangen, und dass zur Erreichung dieses Ziels alle Übertragungsarten, also Kabel, Satellit und terrestrische Netze, berücksichtigt werden müssen, so wurde im vorliegenden Fall mit der in Rede stehenden Beihilfe unstreitig allein der terrestrische Weg gegenüber den anderen Übertragungsarten bevorzugt. Entgegen dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland erfüllt die fragliche Maßnahme daher nicht das Erfordernis der Technologieneutralität im Sinne der Mitteilung von 2003.

70      Schließlich ist hinsichtlich der Verletzung von Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG, die sich daraus ergeben soll, dass die Förderung von DVB‑T als Beitrag zur Verwirklichung eines wichtigen Vorhabens von gemeinsamem europäischem Interesse angesehen werden könnte, daran zu erinnern, dass der letztgenannte Begriff eng auszulegen ist und dass ein Vorhaben diese Voraussetzung nur erfüllt, wenn es Teil eines von den Regierungen verschiedener Mitgliedstaaten unterstützten zwischenstaatlichen europäischen Programms ist oder zu einem zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten abgestimmten Vorgehen gehört, durch das eine gemeinsame Gefahr bekämpft werden soll (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. März 1988, Exécutif régional wallon und Glaverbel/Kommission, 62/87 und 72/87, Slg. 1988, 1573, Randnrn. 22 und 23). Die Bundesrepublik Deutschland führt zur Stützung dieses Arguments keinen überzeugenden Beleg dafür an, dass die Umstellung auf DVB‑T in der Region Berlin-Brandenburg – selbst wenn man unterstellt, dass sie als Pilotvorhaben für andere Bundesländer dienen sollte – ein bedeutendes Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse im Sinne der angeführten Rechtsprechung darstellt.

71      Nach alledem ist der Klagegrund des Ermessensmissbrauchs und eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers bei der Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen „allgemeine Rechtsgrundsätze“

 Vorbringen der Parteien

72      Die Bundesrepublik Deutschland rügt, dass die Kommission durch die Anwendung inkonsistenter Entscheidungskriterien in ihrer Entscheidungspraxis und den von ihr veröffentlichten Dokumenten gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen habe. Auch wenn der Kommission ein Beurteilungsspielraum bei der Prüfung komplexer wirtschaftlicher Zusammenhänge zustehe, habe sie bei den Prüfungen vergleichbarer Sachverhalte dieselben Kriterien oder erst nach Vorankündigung neue, ihrer Ansicht nach besser geeignete Kriterien anzuwenden.

73      So habe die Kommission z. B. in der Zeit von März bis Oktober 2005 sehr uneinheitliche Entscheidungen getroffen. In der Entscheidung vom 3. Mai 2005 zum Beihilfeverfahren N 382/2004 bezüglich des Aufbaus eines Breitbandkabelnetzes in der Region Limousin (DORSAL) (ABl. C 230, S. 6) sei die Förderung der Errichtung eines Breitbandkabelnetzes in Frankreich von der Kommission anhand der Kriterien aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C‑280/00, Slg. 2003, I‑7747), als zulässig angesehen worden, weil es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handele. Dagegen habe die Kommission in der Entscheidung vom 20. Oktober 2005 zum Beihilfeverfahren N 263/2005, „Breitband Kärnten“ (ABl. C 329, S. 2), nicht geprüft, ob es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handele oder ob ein Marktversagen vorliege, sondern lediglich die Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt anhand von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG untersucht. In der Entscheidung vom 16. März 2005 zum Beihilfeverfahren N 622/2003, Digitalisierungsfonds (ABl. C 228, S. 11), in dem es um den Übergang von der analogen auf die digitale Übertragungstechnik gegangen sei, habe die Kommission die Maßnahme ebenfalls nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG genehmigt.

74      Die in der angefochtenen Entscheidung verwendeten Prüfungskriterien entstammten dem Aktionsplan von 2005, mit dem die Kommission Reformvorschläge veröffentlicht und nicht etwa geltende Regeln aufgestellt habe. Diese Vorschläge befänden sich noch in einem nicht abgeschlossenen Konsultationsprozess mit den Mitgliedstaaten. Entgegen ihren Ankündigungen im Aktionsplan von 2005 habe die Kommission im Rahmen ihrer Ermessensausübung ein neues Beurteilungsschema „getestet“. Das Handeln der Kommission dürfe aber nicht willkürlich sein, sondern müsse für die Mitgliedstaaten klar, voraussehbar und berechenbar bleiben, damit sie ihr Verhalten danach ausrichten könnten.

75      Die Kommission habe auch den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, da sie ihren neuen ökonomischen Beurteilungsansatz erstmalig im Rahmen der Kontrolle staatlicher Beihilfen angewandt habe, ohne der Bundesrepublik Deutschland Gelegenheit gegeben zu haben, hierzu im Verfahren Stellung zu nehmen. Auch die Stellungnahme, die die Bundesrepublik Deutschland im Konsultationsverfahren zum Aktionsplan von 2005 abgegeben habe, werde in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt.

76      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

77      Zunächst ist zur Rüge eines Verstoßes der Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, der sich aus der Anwendung inkonsistenter Beurteilungskriterien im Rahmen ihrer Entscheidungspraxis ergeben soll, festzustellen, dass sich die von der Bundesrepublik Deutschland angeführten Entscheidungen auf konkrete Marktsituationen beziehen, die sich von denen der vorliegenden Rechtssache unterscheiden. Nur eine dieser Entscheidungen betrifft nämlich eine Beihilfe zur Einführung von DVB‑T, aber im Unterschied zum vorliegenden Fall wurden alle Übertragungsarten und nicht nur die terrestrische Übertragung gefördert. Daher kann die von der Bundesrepublik Deutschland vorgebrachte Rüge eines Verstoßes der Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung keinen Erfolg haben.

78      Sodann rügt die Bundesrepublik Deutschland, dass die Kommission ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe, indem sie erstmals das Beurteilungskriterium des Marktversagens, das dem Aktionsplan von 2005 entstamme, verwendet und sie davon nicht in Kenntnis gesetzt habe, so dass sie zu diesem neuen Ansatz keine Stellungnahme habe abgeben können.

79      Diese Rüge kann indes nicht durchgreifen, da, wie bereits oben in Randnr. 72 festgestellt, der Begriff des Marktversagens bereits in der Mitteilung von 2003 enthalten ist. Es handelt sich also nicht um einen Begriff, der zum ersten Mal im Aktionsplan von 2005 auftauchte. Außerdem ergibt sich aus der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme, dass die Klägerin während des förmlichen Prüfverfahrens darüber in Kenntnis gesetzt worden ist, dass die Kommission die fragliche Maßnahme anhand der Kriterien der Mitteilung von 2003 prüfen wird. Zudem hat die Bundesrepublik Deutschland – wie ausgeführt – im förmlichen Prüfverfahren selbst versucht, die betreffende Beihilfe unter Hinweis auf den Markt und dessen Versagen zu rechtfertigen; dies zeigt, dass sie den Begriff des Marktversagens kannte. Schließlich erläutert die Bundesrepublik Deutschland nicht, welche ihrer Stellungnahmen im Konsultationsverfahren über den Aktionsplan von 2005 die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt haben soll.

80      Jedenfalls ist festzustellen, dass das Kriterium des Marktversagens – unabhängig davon, ob es sich aus der Mitteilung von 2003 oder dem Aktionsplan von 2005 ergibt – eine rechtliche Würdigung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt durch die Kommission voraussetzt, die im Rahmen dieser beiden Rechtstexte im Wesentlichen auf demselben wirtschaftlichen Ansatz beruht. Im Übrigen legt die Bundesrepublik Deutschland nicht dar, dass die Kommission zu einer abweichenden Beurteilung der betreffenden Beihilfe und damit zu einem anderen Ergebnis in Bezug auf ihre Vereinbarkeit gelangt wäre, wenn sie sich lediglich auf die Kriterien aus der Mitteilung von 2003 gestützt hätte. Daraus folgt, dass die Kommission aus dem Aktionsplan von 2005 keine Grundsätze und Beurteilungskriterien hergeleitet hat, die ihre Prüfung der genannten Beihilfe geändert hätten. Unter diesen Umständen bedurfte es daher keiner erneuten Konsultation der Bundesrepublik Deutschland, um ihr eine Stellungnahme zu ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 2008, Ferriere Nord/Kommission, C‑49/05 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 83).

81      Nach alledem ist der Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen „allgemeine Rechtsgrundsätze“ gerügt wird, als unbegründet zurückzuweisen.

82      Da keiner der von der Bundesrepublik Deutschland vorgebrachten Klagegründe begründet ist, ist die vorliegende Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

83      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Bundesrepublik Deutschland unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten.

Forwood

Šváby

Moavero Milanesi

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. Oktober 2009.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.