SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 10. April 20081(1)

Rechtssache C‑345/06

Gottfried Heinrich

„Nicht im Amtsblatt veröffentlichter Anhang einer Verordnung – Zugang zu Dokumenten – Art. 2 Abs. 3 und Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001 – Art. 254 EG“





1.        Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen möchte der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (Österreich) wissen, ob unter Dokumenten im Sinne von Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001(2) (im Folgenden: Dokumentenzugangsverordnung) auch solche Akte zu verstehen sind, die nach Art. 254 EG einer Veröffentlichung im Amtsblatt bedürfen, und ob Verordnungen bzw. Teilen davon verbindliche Kraft zukommt, wenn sie – entgegen der Anordnung des Art. 254 Abs. 2 EG – nicht im Amtsblatt veröffentlicht wurden.

 Rechtlicher Rahmen

 Einschlägige gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen über die Veröffentlichung von Dokumenten bzw. den Zugang zu Dokumenten

 Vertragsbestimmungen

2.        Art. 1 Abs. 2 EU lautet:

„Dieser Vertrag stellt eine neue Stufe bei der Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas dar, in der die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah getroffen werden.“

3.        Art. 254 EG bestimmt:

„(1)  Die nach dem Verfahren des Artikels 251[(3)] angenommenen Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen werden … im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. …

(2)    Die Verordnungen des Rates und der Kommission sowie die an alle Mitgliedstaaten gerichteten Richtlinien dieser Organe werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. …

(3)    Die anderen Richtlinien sowie die Entscheidungen werden denjenigen, für die sie bestimmt sind, bekannt gegeben und werden durch diese Bekanntgabe wirksam.“

4.        Art. 255 EG bestimmt:

„(1)  Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat hat das Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission vorbehaltlich der Grundsätze und Bedingungen, die nach den Absätzen 2 und 3 festzulegen sind.

(2)    Die allgemeinen Grundsätze und die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung dieses Rechts auf Zugang zu Dokumenten werden vom Rat binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam gemäß dem Verfahren des Artikels 251 festgelegt.

(3)    Jedes der vorgenannten Organe legt in seiner Geschäftsordnung Sonderbestimmungen hinsichtlich des Zugangs zu seinen Dokumenten fest.“

 Dokumentenzugangsverordnung

5.        Die ersten vier Erwägungsgründe geben mit dem Hinweis auf die Bedeutung von Offenheit, Transparenz und Verantwortung den Grundton der Verordnung an. Der erste Erwägungsgrund verweist ausdrücklich auf Art. 1 EU. Der zweite Erwägungsgrund besagt, dass Transparenz eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System gewährleistet. Im dritten Erwägungsgrund heißt es, dass die Verordnung „die Initiativen [konsolidiert], die die Organe bereits ergriffen haben, um die Transparenz des Entscheidungsprozesses zu verbessern“. Im vierten Erwägungsgrund sind die Ziele der Verordnung genannt:

„Diese Verordnung soll dem Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten größtmögliche Wirksamkeit verschaffen und gemäß Artikel 255 Absatz 2 [EG] die allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen dafür festlegen.“

6.        Laut Art. 1 Buchst. a der Dokumentenzugangsverordnung ist Zweck der Verordnung,

„die Grundsätze und Bedingungen sowie die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des in Artikel 255 des EG-Vertrags niedergelegten Rechts auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (nachstehend ‚Organe‘ genannt) so festzulegen, dass ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten gewährleistet ist“.

7.        In Art. 2 Abs. 1 heißt es, dass „[j]eder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat … vorbehaltlich der in dieser Verordnung festgelegten Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe [hat]“.

8.        Gemäß Art. 2 Abs. 3 gilt die Verordnung „für alle Dokumente eines Organs, das heißt Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden“. Art. 2 Abs. 5 sieht die Möglichkeit vor, dass „[s]ensible Dokumente im Sinne von Artikel 9 Absatz 1“ der „besonderen Behandlung gemäß jenem Artikel [unterliegen]“.

9.        In Art. 3 Buchst. a ist der Begriff „Dokument“ definiert als „Inhalte unabhängig von der Form des Datenträgers (auf Papier oder in elektronischer Form, Ton-, Bild- oder audiovisuelles Material), die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem Zuständigkeitsbereich des Organs betreffen“.

10.      In den Art. 4 und 9 sind bestimmte Ausnahmen vom Grundsatz des Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten geregelt. So bestimmt Art. 4:

„(1)  Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde:

a) der Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf:

–        die öffentliche Sicherheit,

–        die Verteidigung und militärische Belange,

…“

11.      „Sensible Dokumente“ sind nach Art. 9 Abs. 1 „Dokumente, die von den Organen, den von diesen geschaffenen Einrichtungen, von den Mitgliedstaaten, Drittländern oder internationalen Organisationen stammen und gemäß den Bestimmungen der betreffenden Organe zum Schutz grundlegender Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer Mitgliedstaaten in den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a) genannten Bereichen, insbesondere öffentliche Sicherheit, Verteidigung und militärische Belange, als ‚TRÈS SECRET/TOP SECRET‘, ‚SECRET‘ oder ‚CONFIDENTIEL‘ [sic] eingestuft sind“. Im Weiteren regelt Art. 9 u. a., dass Anträge auf Zugang zu sensiblen Dokumenten von Personen bearbeitet werden müssen, die berechtigt sind, Einblick in diese Dokumente zu nehmen. Diese Personen sollen außerdem darüber entscheiden, welche Hinweise auf sensible Dokumente in das nach Art. 11 vorgesehene öffentliche Register aufgenommen werden können. Organe, die den Zugang zu solchen Dokumenten verweigern, haben ihre Entscheidung zu begründen, und die Bestimmungen des Organs über den Zugang der Öffentlichkeit müssen öffentlich gemacht werden.

12.      Art. 13 enthält spezielle Vorschriften für die Veröffentlichung von Dokumenten im Amtsblatt:

„(1)  Neben den Rechtsakten, auf die in Artikel 254 Absätze 1 und 2 des EG-Vertrags … Bezug genommen wird, werden vorbehaltlich der Artikel 4 und 9 der vorliegenden Verordnung folgende Dokumente im Amtsblatt veröffentlicht:

a)      Vorschläge der Kommission;

b)      Gemeinsame Standpunkte des Rates gemäß den in den Artikeln 251 und 252 des EG-Vertrags genannten Verfahren und ihre Begründung sowie die Standpunkte des Europäischen Parlaments in diesen Verfahren;

(2)    Folgende Dokumente werden, soweit möglich, im Amtsblatt veröffentlicht:

c)      Richtlinien, die nicht unter Artikel 254 Absätze 1 und 2 des EG-Vertrags fallen, Entscheidungen, die nicht unter Artikel 254 Absatz 1 des EG-Vertrags fallen, sowie Empfehlungen und Stellungnahmen.

(3)   …“

 Verordnung Nr. 2320/2002

13.      Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002(4) nennt als deren Hauptziel „die Festlegung und Durchführung zweckdienlicher Vorschriften auf Gemeinschaftsebene zur Verhinderung unrechtmäßiger Eingriffe in die Zivilluftfahrt“.

14.      Art. 4 Abs. 1 und 2 bestimmt:

„(1)  Die gemeinsamen grundlegenden Normen für Sicherheitsmaßnahmen im Luftverkehr … sind im Anhang niedergelegt.

(2)    Die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung und technischen Anpassung dieser gemeinsamen grundlegenden Normen werden nach dem in Artikel 9 Absatz 2 genannten Verfahren[(5)] erlassen, wobei den verschiedenen Betriebsformen und der Sensibilität der Maßnahmen, die sich auf folgende Punkte beziehen, gebührend Rechnung zu tragen ist:

a)      Leistungskriterien und Abnahmeprüfungen für die Ausrüstung;

b)      ausführliche Verfahrensanweisungen mit sensiblen Informationen;

c)      ausführliche Kriterien für die Befreiung von Sicherheitsmaßnahmen.“

15.      Art. 6 lautet:

„Den Mitgliedstaaten steht es frei, Maßnahmen anzuwenden, die unter Einhaltung des Gemeinschaftsrechts strenger sind als die Maßnahmen dieser Verordnung. So bald wie möglich nach deren Anwendung unterrichten die Mitgliedstaaten die Kommission über die Art dieser Maßnahmen.“

16.      Art. 8 über die Verbreitung von Informationen sieht vor:

„(1)  Unbeschadet des Rechts der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten gemäß der [Dokumentenzugangsverordnung] ist Folgendes geheim und wird nicht veröffentlicht:

a)      die Maßnahmen im Zusammenhang mit

i)      Leistungskriterien und Abnahmeprüfungen für die Ausrüstung,

ii)       ausführlichen Verfahrensanweisungen mit sensiblen Informationen,

iii)  ausführlichen Kriterien für die Befreiung von Sicherheitsmaßnahmen

gemäß Artikel 4 Absatz 2;

Diese werden nur den in Artikel 5 Absatz 2 genannten Behörden[(6)] zur Verfügung gestellt, die sie gemäß den einschlägigen innerstaatlichen Regeln für die Verbreitung sensibler Informationen nur den interessierten Parteien weitergeben, die diese benötigen.

…“

17.      Nach Art. 12 müssen Sanktionen für Verstöße gegen die Vorschriften der Verordnung „wirksam, angemessen und abschreckend“ sein.

18.      Der in Art. 4 Abs. 1 genannte Anhang wurde ordnungsgemäß als Bestandteil der Verordnung veröffentlicht. Er enthält u. a. gemeinsame grundlegende Normen für die Kontrolle von Fluggästen (Abschnitt 4.1) und die Kontrolle von Handgepäck (Abschnitt 4.3). Alle abfliegenden Fluggäste sind zu kontrollieren, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in einen Sicherheitsbereich oder an Bord eines Luftfahrzeugs gebracht werden. Ihr Handgepäck ist zu kontrollieren, bevor der Zugang zu Sicherheitsbereichen oder das Besteigen eines Luftfahrzeugs gestattet wird, und die Fluggäste müssen alle verbotenen Gegenstände abgeben; andernfalls wird ihnen der Zugang zu Sicherheitsbereichen bzw. zum Luftfahrzeug verweigert.

19.      Der Begriff „verbotener Gegenstand“ ist in Abschnitt 1.18 des Anhangs definiert als ein „Gegenstand, der für einen unrechtmäßigen Eingriff benutzt werden kann und der nicht ordnungsgemäß angemeldet und entsprechend den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften behandelt wurde“. Verbotene Gegenstände sind beispielhaft in der (veröffentlichten) „Anlage“ zum Anhang aufgeführt, die Leitlinien für die Einstufung von verbotenen Gegenständen enthält. Der Einleitungssatz der Anlage lautet: „In diesen Leitlinien sind lediglich mögliche Arten von Waffen und nicht allgemein zugelassenen Gegenständen aufgeführt. Ob ein Gegenstand als Waffe verwendbar ist, ist im Einzelfall nach den jeweiligen Umständen zu entscheiden.“ Unter Ziff. iii der Anlage werden „Schlagwaffen: Totschläger, Schlagstöcke, Baseballschläger und ähnliche Gegenstände“ genannt. Ziff. vi lautet: „Sonstige Gegenstände: Gegenstände wie Eispickel, Wanderstöcke, Rasiermesser und Scheren mit langen Klingen, auch wenn sie gemeinhin nicht als tödliche oder gefährliche Waffen gelten, aber als Waffe eingesetzt werden könnten, einschließlich Spielzeugwaffen und Nachahmungen von Waffen und Granaten“. Weiter heißt es in Ziff. vii: „Gegenstände aller Art, bei denen der hinreichende Verdacht besteht, dass sie zur Vortäuschung einer tödlichen Waffe benutzt werden könnten; dazu gehören unter anderem Sprengkörpern ähnliche Gegenstände oder sonstige Gegenstände mit waffenartigem oder gefährlichem Aussehen.“

 Durchführungsverordnungen der Kommission

20.      In den ersten beiden Erwägungsgründen der Verordnung (EG) Nr. 622/2003(7) (im Folgenden: Verordnung Nr. 622/2003) zur Durchführung der Verordnung Nr. 2320/2002 wird die Form und die eingeschränkte Veröffentlichung der Verordnung Nr. 622/2003 wie folgt begründet:

„(1)      Die Kommission hat Maßnahmen für die Durchführung gemeinsamer grundlegender Normen für die Luftsicherheit in der gesamten Europäischen Union zu erlassen. Eine Verordnung ist das zu diesem Zweck am besten geeignete Mittel.

(2)      Gemäß der Verordnung … Nr. 2320/2002 und zur Verhinderung unrechtmäßiger Eingriffe sollten die im Anhang festgelegten Maßnahmen geheim bleiben und nicht veröffentlicht werden.“

21.      Art. 1 bestimmt, dass in der Verordnung die notwendigen Maßnahmen für die Durchführung und technische Anpassung gemeinsamer grundlegender Normen für die Luftsicherheit festgelegt werden, die in nationale Sicherheitsprogramme für die Zivilluftfahrt aufzunehmen sind.

22.      Art. 3 enthält Bestimmungen zur Vertraulichkeit. Danach sind die „in Artikel 1 genannten Maßnahmen … im Anhang dargelegt. Diese Maßnahmen sind geheim zu halten und dürfen nicht veröffentlicht werden. Sie sind nur Personen, die von einem Mitgliedstaat oder der Kommission ordnungsgemäß dazu befugt wurden, zugänglich zu machen.“

23.      Spätere Verordnungen zur Änderung des Anhangs der Verordnung Nr. 622/2003 enthalten alle bis auf die Verordnung Nr. 1477/2007(8) einen Artikel mit folgendem Wortlaut: „Der Anhang der Verordnung (EG) Nr. 622/2003 wird entsprechend dem Anhang der vorliegenden Verordnung geändert. In Bezug auf die Vertraulichkeit dieses[(9)] Anhangs findet Artikel 3 der genannten Verordnung Anwendung.“(10)

24.      Die Verordnung Nr. 68/2004(11), durch die der Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 erstmals geändert wurde, enthält die nachstehenden relevanten Erwägungsgründe:

„(2)      Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 und zur Verhinderung unrechtmäßiger Eingriffe sollten die im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 622/2003 festgelegten Maßnahmen geheim bleiben und nicht veröffentlicht werden. Das Gleiche gilt auch für jeden Änderungsrechtsakt.[(12)]

(3)      Dennoch wird eine öffentlich zugängliche harmonisierte Liste benötigt, in der die Gegenstände aufgeführt sind, die von Fluggästen nicht in die Sicherheitsbereiche und an Bord des Flugzeugs mitgenommen werden dürfen, sowie die Gegenstände, die nicht im aufgegebenen Gepäck mitgeführt werden dürfen.

(4)      Natürlich kann eine solche Liste niemals vollständig sein. Die zuständige Behörde sollte daher die Möglichkeit haben, zusätzlich zu den aufgeführten Gegenständen noch weitere zu verbieten. Die Fluggäste sollten vor und während der Abfertigung genau über alle verbotenen Gegenstände informiert werden.“

25.      Trotz des dritten und des vierten Erwägungsgrundes war in dem veröffentlichten Text der Verordnung Nr. 68/2004 keine öffentlich zugängliche Liste verbotener Gegenstände enthalten.

26.      In späteren Verordnungen zur Änderung des Anhangs der Verordnung Nr. 622/2003 gibt es keine entsprechenden Erwägungsgründe; diese finden sich erst wieder in der Verordnung Nr. 1546/2006(13), in der die Überlegungen der Erwägungsgründe 2, 3 und 4 der Verordnung Nr. 68/2004 zu einem einzigen Erwägungsgrund zusammengeführt wurden:

„(3)      Im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 und zur Verhinderung unrechtmäßiger Eingriffe sollten die Maßnahmen des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 622/2003 geheim gehalten und nicht veröffentlicht werden. Dasselbe gilt notwendigerweise für jeden Änderungsrechtsakt. Ungeachtet dieser Tatsache werden die Fluggäste eindeutig über die Vorschriften betreffend die Gegenstände unterrichtet, die nicht an Bord des Flugzeuges befördert werden dürfen.“

27.      Trotz dieses Erwägungsgrundes war in dem veröffentlichten Text der Verordnung Nr. 1546/2006 (ebenso wie in deren Vorgängerverordnungen) keine öffentlich zugängliche Liste verbotener Gegenstände enthalten.(14)

 Redaktionsleitlinien

28.      Am 22. Dezember 1998 schlossen das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission eine Interinstitutionelle Vereinbarung über gemeinsame Leitlinien für die redaktionelle Qualität der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften(15). Die Leitlinien sind nicht rechtsverbindlich.(16) Zu den darin aufgeführten allgemeinen Grundsätzen gehören:

„1.   Die gemeinschaftlichen Rechtsakte werden klar, einfach und genau abgefasst.

3.     Bei der Abfassung der Akte wird berücksichtigt, auf welche Personen sie Anwendung finden sollen, um diesen die eindeutige Kenntnis ihrer Rechte und Pflichten zu ermöglichen …

10.   Zweck der Erwägungsgründe ist es, die wichtigsten Bestimmungen des verfügenden Teils in knapper Form zu begründen … Sie dürfen keine Bestimmungen mit normativem Charakter … enthalten.[(17)]

22.   Die technischen Elemente des Aktes werden in den Anhängen aufgeführt, auf die im verfügenden Teil des Aktes einzeln Bezug genommen wird. Die Anhänge dürfen keine neuen Rechte oder Pflichten vorsehen, die im verfügenden Teil nicht aufgeführt sind.“

 Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefragen

29.      Am 25. September 2005 stellte sich Dr. Heinrich nach dem Einchecken für seinen Flug der Sicherheitskontrolle am Flughafen Wien-Schwechat. Dabei wurde festgestellt, dass er Tennisschläger im Handgepäck mit sich führte. Mit der Begründung, dass es sich bei diesen um verbotene Gegenstände(18) handele, wurde ihm das Passieren der Sicherheitskontrolle verweigert. Anscheinend bestieg er gleichwohl mit den Tennisschlägern im Handgepäck das Flugzeug.(19) Das Sicherheitspersonal forderte ihn im Weiteren auf, das Flugzeug zu verlassen.

30.      Dr. Heinrich erhob Klage beim vorlegenden Gericht, das ausführt, dass Personen, die im Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) aufgeführte verbotene Gegenstände bei sich führten, die Sicherheitskontrolle nicht passieren bzw. Flugzeuge nicht betreten dürften bzw. im Falle von Verstößen gegen diese Normen die in Art. 12 der Verordnung Nr. 2320/2002 geforderten „wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen“ gewärtigen müssten. Der Inhalt der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) richte sich daher keinesfalls nur an staatliche Organe, sondern auch an den Einzelnen, der dazu angehalten sei, sein Verhalten an der Verordnung zu orientieren. Dies werde ihm jedoch dadurch unmöglich gemacht, dass der Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 in der durch die Verordnung Nr. 68/2004 geänderten Fassung im Amtsblatt nicht kundgemacht und der Öffentlichkeit daher nicht zugänglich sei.

31.      Die Nichtveröffentlichung von Verordnungen (oder Teilen davon) im Amtsblatt entgegen der Anordnung von Art. 254 Abs. 1 und 2 EG stellt nach Ansicht des vorlegenden Gerichts eine derart schwerwiegende Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze dar, dass solche Verordnungen rechtlich nicht in Existenz träten und somit auch nicht verbindlich sein könnten. Das vorlegende Gericht verweist auch auf Art. 42 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, in dem die Bedeutung des „Zugangs zum Recht“ hervorgehoben werde.

32.      Das vorlegende Gericht ist ferner der Auffassung, dass die Dokumentenzugangsverordnung nicht zur Beschränkung des Zugangs zu solchen Akten herangezogen werden könne, die den Einzelnen rechtlich bänden und die nicht zuletzt aus diesem Grund im Amtsblatt zu veröffentlichen seien.

33.      Das vorlegende Gericht hat daher dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Sind unter Dokumenten im Sinne des Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission auch solche Akte zu verstehen, die nach Art. 254 EG einer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union bedürfen?

2.      Kommt Verordnungen bzw. Teilen davon verbindliche Kraft zu, wenn diese – entgegen der Anordnung des Art. 254 Abs. 2 EG – nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurden?

34.      Die deutsche, die finnische, die französische, die griechische, die polnische, die schwedische, die tschechische und die ungarische Regierung sowie der Rat und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

35.      In der Sitzung vom 13. November 2007 haben die Verfahrensbeteiligten, die schriftliche Erklärungen eingereicht haben (mit Ausnahme der deutschen, der französischen und der ungarischen Regierung), ferner die Regierungen Dänemarks, Österreichs und des Vereinigten Königreichs sowie das Europäische Parlament mündlich verhandelt.(20)

 Zulässigkeit

36.      Verschiedene Mitgliedstaaten halten das Vorabentscheidungsersuchen aus unterschiedlichen, sich zum Teil überschneidenden Gründen für ganz oder teilweise unzulässig.

37.      Die Regierungen Deutschlands, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs sind der Auffassung, es lasse sich nicht feststellen, ob die Beantwortung der Vorlagefragen zur Entscheidung des Ausgangsverfahrens notwendig sei, da das vorlegende Gericht weder die näheren Umstände des von Dr. Heinrich eingeleiteten Verfahrens noch das Klagebegehren bezeichnet habe. Die französische Regierung hält die erste Frage außerdem deshalb für unzulässig, weil die Dokumentenzugangsverordnung nicht in den Zuständigkeitsbereich der nationalen Gerichte falle; die zweite Frage sei unzulässig, weil die österreichischen Behörden in jedem Fall befugt seien, das Verbringen von Gegenständen an Bord eines Flugzeugs zu untersagen. Die einzige relevante Frage, ob die einschlägigen nationalen Vorschriften mit der Verordnung Nr. 2320/2002 vereinbar seien, habe das nationale Gericht nicht gestellt. Nach Ansicht der deutschen Regierung ist die Rechtsgrundlage für die angefochtenen Maßnahmen im österreichischen Recht und nicht in den Verordnungen zu finden, die das vorlegende Gericht angeführt habe, das im Übrigen nicht dargetan habe, inwieweit eine Nichtigerklärung dieser Verordnungen die Gültigkeit der relevanten nationalen Vorschriften berühren könne.

38.      Die schwedische Regierung rügt die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens zwar nicht ausdrücklich, fragt allerdings, ob die Nichtveröffentlichung des Anhangs der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) für die Problematik, ob Dr. Heinrich seine Rechtspflichten erkennen konnte, unmittelbar relevant sei. In der mündlichen Verhandlung bezweifelte die Regierung des Vereinigten Königreichs ebenfalls, ob die Nichtveröffentlichung des Anhangs für das innerstaatliche Verfahren entscheidungserheblich sei. Dr. Heinrich habe die Möglichkeit gehabt, die notwendigen Informationen aus dem Internet zu beziehen, insbesondere aus einer Pressemitteilung der Kommission(21) und/oder aus Internetportalen des Flughafens oder der Fluggesellschaft; eine Liste verbotener Gegenstände finde sich im Internetportal der Austrian Airlines(22).

39.      Diese Argumente bedürfen der Prüfung.

40.      Nach ständiger Rechtsprechung muss das nationale Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die von ihm gestellten Fragen einfügen, festlegen oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutern, auf denen diese Fragen beruhen, damit der Gerichtshof zu einer für das nationale Gericht nützlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts gelangen kann.(23)

41.      Die Angaben in der Vorlageentscheidung müssen auch den Regierungen der Mitgliedstaaten und den anderen Beteiligten die Möglichkeit eröffnen, Erklärungen nach Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs abzugeben. Der Gerichtshof hat wiederholt entschieden, dass er darauf zu achten habe, dass diese Möglichkeit gewahrt werde, wobei zu berücksichtigen sei, dass den Beteiligten nach dieser Vorschrift nur die Vorlageentscheidungen zugestellt würden.(24)

42.      Es trifft zu, dass in der Vorlageentscheidung der Zweck, den Dr. Heinrich mit seiner Klage verfolgt, nicht ausdrücklich angegeben ist. Der Kerngehalt seiner Rüge ist jedoch vollkommen klar. Dr. Heinrich macht geltend, ihm sei nicht mitgeteilt worden, dass Tennisschläger verbotene Handgepäckgegenstände seien und dass er Sanktionen zu gewärtigen habe (und ihm der Einstieg verwehrt würde), falls er versuchen sollte, die Tennisschläger in die Flugzeugkabine mitzunehmen. Das Sicherheitspersonal, das an Bord gekommen sei und ihn zum Verlassen des Flugzeugs aufgefordert habe, habe daher rechtswidrig gehandelt.(25)

43.      Aus der Akte des Ausgangsverfahrens geht hervor, dass sich die nationalen Behörden sowohl im per E-Mail geführten Schriftverkehr mit Dr. Heinrich als auch vor dem nationalen Gericht auf Gemeinschaftsrecht in Form der Verordnung Nr. 2320/2002 und der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) als Rechtsgrundlage für die (nach innerstaatlichem Recht erfolgte) Einstufung von Tennisschlägern als verbotene Gegenstände stützten.(26)

44.      Vor dem nationalen Gericht berief sich Dr. Heinrich darauf, dass der Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 (in der Fassung der Verordnung Nr. 68/2004) nicht veröffentlicht worden sei.

45.      Die schriftlichen und mündlichen Erklärungen vor dem Gerichtshof zeigen, dass die in der Vorlageentscheidung enthaltenen Angaben den Beteiligten eine sachdienliche Stellungnahme zu den Vorlagefragen ermöglicht haben(27). Die relevanten Teile der sich aus der Akte des vorlegenden Gerichts ergebenden zusätzlichen Angaben wurden im Sitzungsbericht zusammengefasst und sind den Beteiligten im Hinblick auf die mündliche Verhandlung, in der sie gegebenenfalls ihre Erklärungen ergänzen konnten, zur Kenntnis gebracht worden(28).

46.      Meines Erachtens hat das vorlegende Gericht seine Aufgabe erfüllt, mit seinen Angaben dem Gerichtshof den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen des Ausgangsrechtsstreits ausreichend darzustellen, so dass er in der Lage ist, die in Rede stehenden Vorschriften der Gemeinschaft im Hinblick auf den diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt auszulegen. Das Vorabentscheidungsersuchen ist daher nicht aus diesem Grund für unzulässig zu erklären.(29)

47.      Was die Relevanz der Vorlagefragen angeht, hat nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen des durch Art. 234 EG geschaffenen Instruments der Zusammenarbeit nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Gemeinschaftsrechts betreffen.(30) Es besteht eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit von Vorlagefragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts.(31)

48.      Es trifft zwar zu, dass der Gerichtshof zur Feststellung seiner eigenen Zuständigkeit in Ausnahmefällen die Voraussetzungen prüft, unter denen das nationale Gericht ein Vorabentscheidungsersuchen stellt. Die Zurückweisung des Ersuchens ist dem Gerichtshof jedoch nur möglich, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind.(32)

49.      Die erste Frage beruht auf der Annahme des vorlegenden Gerichts, dass die Nichtveröffentlichung des Anhangs der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) auf Art. 8 der Verordnung Nr. 2320/2002 gestützt wird, der vorsieht, dass bestimmte Kategorien von Maßnahmen im Bereich der Luftsicherheit nicht veröffentlicht werden, der aber „unbeschadet“ des Rechts der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten gemäß der Dokumentenzugangsverordnung gilt. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob aufgrund der letztgenannten Vorschrift die Nichtveröffentlichung von Dokumenten gerechtfertigt werden kann, deren Veröffentlichung durch den Vertrag ausdrücklich angeordnet ist. Das nationale Gericht ersucht somit um Auslegung der Dokumentenzugangsverordnung, um die bei ihm anhängige Sache entscheiden zu können.

50.      In der zweiten Frage kommen die Zweifel des nationalen Gerichts hinsichtlich der verbindlichen Kraft gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften zum Ausdruck, die nicht veröffentlicht wurden, die aber nach Ansicht des Gerichts dem Einzelnen trotzdem Pflichten auferlegen. Meiner Meinung nach ist unter dem Gesichtspunkt „verbindliche Kraft“ sowohl zu prüfen, ob die Verordnung Nr. 622/2003 dem Einzelnen Pflichten auferlegt, als auch, ob die Verordnung gültig oder rechtlich überhaupt existent ist. Das nationale Gericht hat daher entsprechend seiner im Urteil Foto-Frost(33) definierten Aufgabe dem Gerichtshof die zweite Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt.

51.      Der Gerichtshof kennt den unveröffentlichten Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) nicht. Das Gleiche gilt, soweit ersichtlich, für das vorlegende Gericht. Keines der beiden Gerichte vermag daher festzustellen, ob in dem Anhang Tennisschläger in der Liste verbotener Gegenstände ausdrücklich aufgeführt sind oder ob der Anhang an anderer Stelle Ermächtigungsnormen oder zwingende Vorschriften enthält, die für die Entscheidung des vorliegenden Falls maßgeblich sein könnten.(34) Keines der beiden Gerichte kann daher mit Sicherheit entscheiden, ob die Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) vermittels ihres Anhangs dem Einzelnen Verpflichtungen auferlegt und welcher Art diese gegebenenfalls sind.

52.      Wie ich jedoch bereits ausgeführt habe, geht es im vorliegenden Fall im Kern darum, dass sich die nationalen Behörden im Ausgangsverfahren offenbar auf Gemeinschaftsvorschriften gestützt haben, die unveröffentlicht sind und aus eben diesem Grund möglicherweise ungültig oder rechtlich nicht in Existenz getreten sind. Der Gerichtshof kann, auch ohne den Inhalt des Anhangs zu kennen, prüfen, ob die Nichtveröffentlichung zu diesen Rechtsfolgen führen kann. Kommt er zu dem Ergebnis, dass die Gemeinschaftsvorschriften ungültig oder inexistent sind, erübrigt sich auch für das nationale Gericht eine Prüfung des Inhalts des Anhangs.

53.      Folglich sind die mit dem Vorabentscheidungsersuchen vorgelegten Fragen zulässig.

 Sachprüfung

 Vorbemerkungen

54.      Der EG-Vertrag sieht die Veröffentlichung und/oder Bekanntgabe von Maßnahmen, die Rechtsgeltung erlangen sollen, sowie ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane vor. Im Vertrag sind diese getrennten Themenkreise in zwei aufeinanderfolgenden, einander ergänzenden Bestimmungen geregelt.

55.      Art. 254 EG enthält Regeln, um Gemeinschaftsakte denjenigen, die von ihnen betroffen sind, bekannt zu machen, und sieht zwingend vor, dass verbindliche Rechtsakte in geeigneter Weise – entweder durch Veröffentlichung im Amtsblatt oder durch Bekanntgabe – mitgeteilt werden. Für die in Art. 254 Abs. 1 und 2 EG bezeichneten Rechtsakte ist zwingend die Veröffentlichung im Amtsblatt vorgeschrieben, damit der größtmögliche Personenkreis Kenntnis von ihrem Inhalt erlangt. Für die in Art. 254 Abs. 3 EG bezeichneten Rechtsakte von geringerer Bedeutung für die Allgemeinheit – Richtlinien, die nicht an alle Mitgliedstaaten gerichtet sind, sowie Entscheidungen – ist zwingend die Bekanntgabe an ihre Adressaten vorgeschrieben; sie gelangen jedoch nicht automatisch durch Veröffentlichung im Amtsblatt in die Öffentlichkeit.

56.      Soweit es aus Gründen größerer Verwaltungstransparenz wünschenswert erscheint, bestimmte Kategorien von Dokumenten öffentlich zugänglich zu machen, die von der zwingenden Veröffentlichungsanordnung in Art. 254 Abs. 1 und 2 EG nicht erfasst sind, müssen anderweitige (zusätzliche) Mechanismen eingerichtet werden.

57.      Nach Art. 255 EG ist dies auch ausdrücklich vorgesehen. Dort ist der Grundsatz verankert, dass „[j]eder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat … das Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission [hat]“; die Vorschrift verleiht dem Rat und den einzelnen Organen jeweils die notwendige Befugnis, die für diesen Zugang geltenden allgemeinen Grundsätze und speziellen Bedingungen festzulegen.

58.      In der Dokumentenzugangsverordnung sind die „allgemeinen Grundsätze und die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung dieses Rechts auf Zugang“(35) geregelt. Sie nennt insoweit ausdrücklich Art. 255 EG als Rechtsgrundlage(36) und folgt der Systematik dieser Vertragsbestimmung. Dementsprechend wird zuerst der Zweck der Verordnung definiert, nämlich zu gewährleisten, dass „ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten“ besteht, Regeln „einer möglichst einfachen Ausübung dieses Rechts“ vorzusehen sowie „eine gute Verwaltungspraxis im Hinblick auf den Zugang zu Dokumenten zu fördern“.(37) Damit kann nur gemeint sein, dass Zugang zu Dokumenten sichergestellt sein soll, die andernfalls nicht öffentlich wären. Aus Art. 255 EG abgeleitete Rechtsvorschriften sind nämlich nicht zur Erlangung von „Zugang“ zu Dokumenten erforderlich, die nach Art. 254 Abs. 1 und 2 EG zwingend im Amtsblatt veröffentlicht werden müssen.(38)

59.      Die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Verordnungen ergibt sich daher eindeutig unmittelbar aus Art. 254 Abs. 1 und 2 EG. Insoweit ist unerheblich, ob der Text einer Verordnung (in der Regel in Papier- oder elektronischer Form(39)) als „Dokument“ im Sinne der Dokumentenzugangsverordnung anzusehen ist.

60.      Es ist daher angebracht, die Vorlagefragen in umgekehrter Reihenfolge zu prüfen.

 Zur zweiten Frage

61.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Verordnungen bzw. Teilen davon verbindliche Kraft zukommt, wenn sie – entgegen der Anordnung des Art. 254 Abs. 2 EG – nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurden.

 Was stellt eine geeignete Veröffentlichung einer Verordnung dar?

62.      Art. 254 Abs. 1 und 2 EG ist recht eindeutig:

„(1)      … Verordnungen … werden … im [Amtsblatt] veröffentlicht. …

(2)      Die Verordnungen des Rates und der Kommission … werden im [Amtsblatt] veröffentlicht. …“

63.      Der Vertrag enthält also, wie bereits in meinen Vorbemerkungen ausgeführt, ein unbedingt und ausnahmslos geltendes Gebot zur Veröffentlichung von Verordnungen nach Maßgabe der genannten Vorschriften.

64.      Ein Anhang ist Bestandteil eines Rechtsetzungsakts. Andernfalls hätten seine Verfasser die Möglichkeit, die Anordnung von Art. 254 EG einfach dadurch zu umgehen, dass sie Sachvorschriften in einen unveröffentlichten Anhang stellen. Genau das hatte die Kommission im vorliegenden Fall auch vor. Die veröffentlichten Bestimmungen der Verordnung Nr. 622/2003 sind nicht mehr als ein Skelett.(40) Der Leser vermag die Wirkungen der Verordnung ohne Einblick in den Anhang nicht zu erkennen, weil der Anhang die gesamte normative Regelung der Verordnung enthält.(41)

65.      Die Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) gibt eine bemerkenswert lakonische Begründung für die Vorgehensweise, eine Verordnung zu erlassen und trotzdem die Sachvorschriften nicht in den verfügenden Teil, sondern in einen unveröffentlichten Anhang aufzunehmen. In den Erwägungsgründen heißt es knapp, dass für den Erlass von Maßnahmen der Kommission für die Durchführung gemeinsamer grundlegender Normen für die Luftsicherheit in der gesamten Europäischen Union „[e]ine Verordnung … das … am besten geeignete Mittel“(42) sei, ohne dass diese Aussage näher begründet wird. Ähnlich karg fällt die Erklärung dafür aus, die gesamten Sachvorschriften in einen unveröffentlichten Anhang zu stellen: Angeblich erfolgt dies „[g]emäß der Verordnung … Nr. 2320/2002 und zur Verhinderung unrechtmäßiger Eingriffe“(43). All dies lässt sich schwerlich mit den Leitlinien in der Interinstitutionellen Vereinbarung über die Vorschriftenabfassung vereinbaren.(44) Aber selbst eine sorgfältigere Begründung hätte meines Erachtens nicht ausgereicht, die Verordnung von der vollständigen Veröffentlichung im Amtsblatt auszunehmen.

66.      Wie das Europäische Parlament in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ist die Haltung der Kommission außerdem in sich widersinnig. Falls die Kommission davon ausging, dass sie aufgrund von Art. 8 der Verordnung Nr. 2320/2002 zur Geheimhaltung der Liste verbotener Gegenstände verpflichtet sei, stellte die Herausgabe einer Pressemitteilung(45) eine flagrante Verletzung dieser Vorschrift dar. Falls die Kommission hingegen annahm, die Liste verbotener Gegenstände falle nicht unter Art. 8, hätte sie die Liste selbstverständlich im Amtsblatt veröffentlichen müssen. Die allgemeinen „Leitlinien“ über die Art von Gegenständen, die verboten werden sollen, erscheinen in der Tat in der (veröffentlichten) Anlage zum (veröffentlichten) Anhang der Verordnung Nr. 2320/2002. Daher ist kaum ein logischer Grund ersichtlich, Angaben, bei denen es sich (vermutlich) um eine ausführlichere Fassung dieser Liste handelt, nicht zu veröffentlichen. Schließlich ist es in sich widersprüchlich, in den Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 68/2004 (meiner Meinung nach vollkommen zu Recht) zu statuieren, dass „eine öffentlich zugängliche harmonisierte Liste benötigt“(46) wird, diese Liste dann aber nicht öffentlich zu machen.

67.      Die Veröffentlichung des Skeletts ohne Sachvorschriften stellte daher eine mangelhafte und unzureichende Veröffentlichung dar, die den Anforderungen von Art. 254 Abs. 2 EG nicht genügt.

 Rechtsfolgen der Nichtveröffentlichung einer Verordnung

–       Unmöglichkeit der Anwendung nicht veröffentlichter Maßnahmen gegenüber dem Einzelnen

68.      Falls der Gerichtshof entgegen meinem im Weiteren ausgeführten Vorschlag(47) nicht über die Gültigkeit der Verordnung befinden will, sollte er dennoch an seine ständige Rechtsprechung erinnern, dass Rechtsakte der Gemeinschaft, die nicht veröffentlicht worden sind, der Allgemeinheit keine Verpflichtungen auferlegen können.

69.      Der Gerichtshof hat verschiedentlich entschieden, dass „[n]ach dem Grundsatz der Rechtssicherheit … eine Gemeinschaftsregelung den Betroffenen ermöglichen [muss], den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen“(48), und dass „die Einzelnen … ihre Rechte und Pflichten eindeutig erkennen und sich darauf einstellen können [müssen]“(49).

70.      Weder der Gerichtshof noch das vorlegende Gericht kennen den geheimen Anhang. Keines der beiden Gerichte kann daher mit Gewissheit feststellen, ob und gegebenenfalls auf welche Weise Dr. Heinrich von der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) betroffen ist. Beiden Gerichten ist lediglich bekannt, dass die nationalen Behörden die Verordnung Nr. 622/2003 (in Verbindung mit der Verordnung Nr. 2320/2002) als Handlungsgrundlage bezeichnen, auf die gestützt sie Dr. Heinrich das Einsteigen in das Flugzeug verwehrt haben.

71.      Falls der Gerichtshof nur darüber entscheiden will, ob die Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) dem Einzelnen Verpflichtungen auferlegen kann, sollte er sich meiner Meinung nach auf die abstrakte Feststellung beschränken, dass der geheime Anhang keinerlei Quelle von Verpflichtungen der Einzelnen enthalten oder sein kann.

72.      Lassen Sie mich kurz die Möglichkeiten skizzieren, die dem Gerichtshof offenstehen, wenn er über diese abstrakte Feststellung hinausgehen und prüfen will, ob mit dem Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 tatsächlich bezweckt war, Einzelnen Verpflichtungen aufzuerlegen.

73.      Als Rechtsgrundlage für die gegen Dr. Heinrich ergriffenen Maßnahmen kommen meiner Meinung nach drei Möglichkeiten in Betracht:

a)      Die Maßnahmen beruhten auf souveränen nationalen Befugnissen oder auf der Verordnung Nr. 2320/2002, deren Art. 6 den Mitgliedstaaten ziemlich freie Hand lässt. In diesem Fall wäre die Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) für das Ausgangsverfahren bedeutungslos.

b)      Die Maßnahmen beruhten auf nationalen Befugnissen, die ihrerseits ausschließlich aus dem Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) hergeleitet und/oder darin umrissen sind und die ohne den Anhang ungültig wären. In diesem Fall steht oder fällt das Verbot, Tennisschläger in Flugzeuge mitnehmen zu dürfen, mit der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung).

c)      Die Maßnahmen erfolgten in unmittelbarer Anwendung der Bestimmungen des Anhangs. Die Konsequenzen für das Verbot von Tennisschlägern wären dann die gleichen wie unter b.

74.      Ohne den unveröffentlichten Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) zu kennen, vermag der Gerichtshof nicht fundiert zu entscheiden, welche dieser Möglichkeiten die richtige ist.

75.      Bei der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) handelt es sich um eine Durchführungsverordnung, die die Kommission gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2320/2002 im Verfahren nach deren Art. 9 Abs. 2 erlassen hat. Sie ist (vermutlich) in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1, dem Anhang und der Anlage zum Anhang der Verordnung Nr. 2320/2002 zu lesen. Nach Abschnitt 4 des Anhangs müssen Fluggäste, die verbotene Gegenstände mit sich führen, diese Gegenstände abgeben; andernfalls wird ihnen der Zugang zu Sicherheitsbereichen bzw. zum Luftfahrzeug verweigert. Die Anlage stellt Leitlinien für die Entscheidung zur Verfügung, welche Gegenstände als verboten anzusehen sind. Es ist davon auszugehen, dass die eigentliche Liste verbotener Gegenstände und detailliertere Kriterien dafür, was als verbotener Gegenstand anzusehen ist (und warum), sowie etwaige ausdrückliche oder konkludente Befugnisse auf Gemeinschaftsebene für zusätzliche Maßnahmen im Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) zu finden sind. Nach Art. 12 der Verordnung Nr. 2320/2002 haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Sanktionen für Verstöße gegen die Vorschriften der Verordnung „wirksam, angemessen und abschreckend“ sind.

76.      Angesichts dessen halte ich es intuitiv für wahrscheinlich, dass die Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) dem Einzelnen Verpflichtungen auferlegt. Allerdings ist das reine Spekulation. Die Frage ließe sich nur klären, wenn man Einblick in den Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) erhielte.

77.      Meiner Meinung nach wäre der Gerichtshof deshalb zu einer Entscheidung darüber, ob der Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) dem Einzelnen Verpflichtungen auferlegt, nur in der Lage, wenn er Einblick in den Anhang verlangt und die mündliche Verhandlung wiedereröffnet. Das schlage ich dem Gerichtshof jedoch nicht vor.

–       Gültigkeit der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung)

78.      In der zweiten Frage ist die Gültigkeitsproblematik nicht ausdrücklich angesprochen. Aus der Vorlageentscheidung geht jedoch hervor, dass das vorlegende Gericht ernsthafte Zweifel an der bindenden Kraft der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) hat und dass diese Zweifel Anlass für das Vorabentscheidungsersuchen waren.(50)

79.      Unter diesen Umständen darf der Gerichtshof über die Gültigkeit der streitigen Gemeinschaftsmaßnahme entscheiden.(51) Zwar haben die nationalen Gerichte über die Erheblichkeit der vorgelegten Fragen zu entscheiden, der Gerichtshof hat dann aber die Aufgabe, „aus sämtlichen von dem nationalen Gericht angeführten Umständen die Elemente des Gemeinschaftsrechts herauszulösen, die mit Rücksicht auf den Verfahrensgegenstand auszulegen oder im Hinblick auf ihre Gültigkeit zu beurteilen sind“(52).

80.      Ich wende mich daher der Frage zu, welche Folgen die Nichtveröffentlichung einer Verordnung für deren Gültigkeit hat.

81.      Im Urteil Opel Austria/Rat(53) hat das Gericht erster Instanz entschieden, dass es gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstößt, wenn die Nummer des Amtsblatts, in der die streitige Verordnung veröffentlicht wird, absichtlich rückdatiert wird, so dass die Verordnung deshalb vor ihrer Veröffentlichung in Kraft tritt.(54) Die Verordnung wurde daher für nichtig erklärt.

82.      Der Gerichtshof hat in zahlreichen Entscheidungen ausgeführt, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit im Allgemeinen verbietet, den Beginn der Geltung eines Rechtsakts der Gemeinschaft auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen, hat dann aber hinzugefügt, dass dies „ausnahmsweise“ dann nicht gilt, wenn das angestrebte Ziel es verlangt und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet ist.(55) Demnach kann sich die Auffassung, dass Rechtsakte der Gemeinschaft bereits vor ihrer Veröffentlichung rechtswirksam sein können, in begrenztem Umfang auf die Rechtsprechung stützen.(56)

83.      Diese Fälle betrafen die verzögerte Veröffentlichung.(57) Im vorliegenden Fall bestand nie die Absicht, den Anhang zu veröffentlichen. Das Ergebnis, zu dem das Gericht im Urteil Opel Austria gelangt ist, scheint daher erst recht hier zuzutreffen. Darüber hinaus lässt der Gerichtshof die Rückwirkung nur unter zwei Voraussetzungen zu: Das angestrebte Ziel muss es verlangen, und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen muss gebührend beachtet werden.(58) Man kann wohl kaum behaupten, dass diese beiden Voraussetzungen hier erfüllt sind.

84.      Dem Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Sevince(59) lassen sich keine für den vorliegenden Fall relevanten Hinweise entnehmen. Dort hat der Gerichtshof entschieden, dass die Nichtveröffentlichung der Beschlüsse Nrn. 2/76 und 1/80 des Assoziationsrats EWG–Türkei der unmittelbaren Wirkung dieser Bestimmungen nicht entgegenstand und dass sich der Einzelne hierauf berufen kann.(60) Allerdings enthalten weder Art. 254 EG noch das Assoziierungsabkommen EWG–Türkei(61) eine Verpflichtung zur Veröffentlichung solcher Rechtsakte.(62)

85.      Hilfreich sein könnte indessen die Rechtsprechung zur Verpflichtung nach Art. 254 Abs. 3 EG, (einzelne) Entscheidungen denjenigen bekannt zu geben, für die sie gelten, denn diese Bekanntgabepflicht entspricht in ihrer Funktion der Veröffentlichungspflicht nach Art. 254 Abs. 1 und 2 EG. Beide verfolgen den Zweck, die von Rechtsvorschriften Betroffenen über den Inhalt der Bestimmungen zu informieren.

86.      Im Urteil Hoechst/Kommission hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass „[die komplett unterbliebene Zustellung] nur die Feststellung der Inexistenz dieses Rechtsakts oder seine Nichtigerklärung zur Folge haben [kann]“. Im Weiteren führte der Gerichtshof aus, dass „dem Gemeinschaftsrecht somit ein Zwischenzustand zwischen der Feststellung der Inexistenz eines Rechtsakts und seiner Nichtigerklärung unbekannt [ist]“ und dass „[d]agegen … nicht eingewandt werden [kann], dass die Entscheidungen nach [Art. 254 Abs. 3 EG] durch ihre Bekanntgabe wirksam werden und die Entscheidung mangels Bekanntgabe keine Wirkung entfaltet. Denn für die Bekanntgabe eines Rechtsakts gilt wie für jede andere wesentliche Förmlichkeit, dass die Fehlerhaftigkeit entweder so schwer und offenkundig ist, dass sie zur Inexistenz der angefochtenen Handlung führt, oder dass sie eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften darstellt, die die Nichtigerklärung dieser Handlung nach sich ziehen kann.“(63)

87.      Im Urteil Spanien/Kommission(64) hat der Gerichtshof entschieden, dass die unterbliebene Bekanntgabe in bestimmten Fällen die Nichtigerklärung eines Rechtsakts der Gemeinschaftsorgane rechtfertigen kann(65). Damit betrachtete der Gerichtshof die fehlende Bekanntgabe nicht nur als Hindernis für das Inkrafttreten einer Maßnahme(66), sondern vielmehr als grundlegenden Mangel, der ihre Gültigkeit berührt. Diesen Denkansatz könnte man ohne Weiteres auf die Nichtveröffentlichung einer Verordnung übertragen.

88.      In allerjüngster Zeit hatte der Gerichtshof in der Rechtssache Skoma-Lux(67) die Rechtsfolgen zu prüfen, die sich daraus ergaben, dass eine Verordnung der Gemeinschaft, gegen die Skoma-Lux verstoßen haben sollte, zum maßgeblichen Zeitpunkt im Amtsblatt nicht in tschechischer Sprache veröffentlicht worden war. Der Gerichtshof befand unmissverständlich: „Aus dem Wortlaut des Art. 254 Abs. 2 EG ergibt sich, dass eine Verordnung nur Rechtswirkungen erzeugen kann, wenn sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden ist.“(68) Isoliert betrachtet könnte diese Aussage zu der Schlussfolgerung führen, dass die Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung), die nicht vollständig veröffentlicht wurde, überhaupt keine Rechtswirkungen erzeugen kann. Im Urteil Skoma-Lux hat der Gerichtshof einen solchen Schluss sorgfältig vermieden. Vielmehr untersuchte er in getrennten Schritten erstens, ob die fragliche Verordnung gegenüber den Einzelnen anwendbar ist (und kam zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall sei)(69), zweitens, ob die Verordnung für den betreffenden Mitgliedstaat ab dem Tag seines Beitritts verbindlich ist (und entschied, dass dies der Fall sei)(70), und befasste sich erst dann drittens mit den Konsequenzen, nämlich ob innerstaatliche Entscheidungen, die auf der Grundlage der Verordnung ergangen waren, in Frage gestellt werden müssen, wenn diese nach den anwendbaren nationalen Vorschriften rechts- bzw. bestandskräftig sind (was der Gerichtshof verneinte, von dieser Regel aber „Verwaltungsmaßnahmen oder gerichtliche Entscheidungen, insbesondere solche mit repressivem Charakter …, die Grundrechte beeinträchtigen“, ausnahm).(71

89.      Das nuancierte Vorgehen des Gerichtshofs im Urteil Skoma-Lux war deshalb gerechtfertigt, weil die Veröffentlichung der Verordnung im damaligen Fall nicht in allen Sprachen unterblieben, sondern lediglich nicht rechtzeitig in der Amtssprache des betreffenden Beitrittsstaats erfolgt war. Eine Unterscheidung zwischen den Rechtsfolgen für die Mitgliedstaaten und den Rechtsfolgen für die Einzelnen schien daher angebracht. Der Einzelne muss seine Rechten und Pflichten in (einer) der Amtssprache(n) des Mitgliedstaats erkennen können, dessen Staatsbürger er ist, da es sich dabei um seine Muttersprache handeln dürfte. Der gemeinschaftliche Besitzstand war dem Mitgliedstaat jedoch bereits bekannt und von diesem bereits ausdrücklich anerkannt worden. Dass der Mitgliedstaat dann an die Verordnung als Bestandteil dieses (veröffentlichten) Besitzstands gebunden ist, war daher eine vernünftige Entscheidung.

90.      Im vorliegenden Fall wurde der Wortlaut des Anhangs zu keinem Zeitpunkt veröffentlicht. Die Nichtveröffentlichung war auch weder zufällig noch unbeabsichtigt.(72) Die Kommission erließ bewusst eine Reihe neuer Maßnahmen (Verordnung Nr. 622/2003 und die daraus hervorgegangenen Rechtsakte, darunter insbesondere die Verordnung Nr. 68/2004) und veröffentlichte diese jeweils nur zum Teil, wobei sie den Anhang (mit den Sachvorschriften) geheim hielt. Mit anderen Worten, es handelt sich um eine systematisch und absichtlich verfolgte Praxis der Nichtveröffentlichung.

91.      Ich komme zu dem Ergebnis, dass das komplette Unterlassen der Veröffentlichung einer Verordnung oder eines ihrer Bestandteile unter Verstoß gegen Art. 254 EG eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften darstellt, die zum Allermindesten zur Ungültigkeit führt.

–       Zeitliche Begrenzung

92.      Sollte der Gerichtshof die Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) für ungültig erklären, stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt eine solche Entscheidung gilt. In der mündlichen Verhandlung haben die Regierungen Österreichs, Polens und des Vereinigten Königreichs beantragt, festzustellen, dass alle aufgrund der streitigen Verordnung getroffenen Maßnahmen fortgelten, bis die Kommission eine neue Maßnahme erlassen hat. Sie haben allerdings nicht angegeben, welche der sich aus der Ungültigkeit der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) ergebenden Folgen es rechtfertigen würden, die zeitlichen Wirkungen des Urteils zu begrenzen.

93.      Es trifft zu, dass der Gerichtshof gelegentlich die Wirkungen ungültiger Vorschriften bis zum Erlass neuer Regelungen aufrechterhalten hat. Im Urteil Van Landschoot(73) hat der Gerichtshof festgestellt, dass eine Verordnung diskriminierend wirkte, soweit eine darin getroffene Regelung zur Befreiung von einer Abgabe sich nicht auf bestimmte Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern erstreckte. Eine bloße Ungültigerklärung bis zu einer Neuregelung hätte jede Befreiung ausgeschlossen. Der Gerichtshof wandte Art. 174 Abs. 2 EWG-Vertrag (jetzt Art. 231 EG) entsprechend an, wonach er diejenigen Wirkungen einer für nichtig erklärten Verordnung bezeichnen kann, die als fortgeltend zu betrachten sind.(74) Demgemäß kam der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass bis zur Neuregelung die zuständigen Behörden die Befreiung, jedoch ausgedehnt auf die von der festgestellten Diskriminierung betroffenen Wirtschaftsteilnehmer, weiter anzuwenden hatten.(75)

94.      Auf diese Weise kam es zu einer Erweiterung des Kreises der Wirtschaftsteilnehmer mit Befreiungsanspruch – ein Effekt, der sich durch die bloße Ungültigerklärung der streitigen Verordnung nicht hätte erzielen lassen.(76)

95.      Ich bin nicht überzeugt, dass die Wirkungen der Verordnung Nr. 622/2003 im vorliegenden Fall erhalten bleiben müssen.

96.      Eine Ungültigerklärung der Verordnung Nr. 622/2003 ließe die den Mitgliedstaaten bereits aus der Verordnung Nr. 2320/2002 obliegenden Verpflichtungen unberührt, in Ausübung ihrer nach innerstaatlichem Recht bestehenden Befugnisse die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in einen Sicherheitsbereich oder an Bord eines Flugzeugs gebracht werden, und darüber hinaus auch die anderen Maßnahmen für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt zu beachten, die dort aufgeführt sind bzw. auf die dort Bezug genommen wird. In der Anlage zum Anhang der Verordnung Nr. 2320/2002 heißt es: „In diesen Leitlinien sind lediglich mögliche Arten von Waffen und nicht allgemein zugelassenen Gegenständen aufgeführt. Ob ein Gegenstand als Waffe verwendbar ist, ist im Einzelfall nach den jeweiligen Umständen zu entscheiden.“ Auf dieser Grundlage vermögen die Mitgliedstaaten ohne Weiteres den Erlass von Regelungen nach nationalem Recht sicherzustellen, um das Verbringen potenzieller Waffen in Sicherheitsbereiche oder an Bord von Flugzeugen zu verhindern, bis eine Ersatzverordnung (mit einer Liste verbotener Gegenstände) vorschriftsmäßig veröffentlicht wird.

97.      Die den Mitgliedstaaten bereits aus der Verordnung Nr. 2320/2002 obliegenden besonderen Verpflichtungen werden flankiert von der allgemeinen Pflicht aus Art. 10 EG, „alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen [zu treffen], die sich … aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben“, „dieser die Erfüllung ihrer Aufgabe [zu erleichtern]“ sowie „alle Maßnahmen [zu unterlassen], welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrags gefährden könnten“. Aus der Verordnung Nr. 2320/2002 selbst geht hervor, worin diese Ziele bestehen und auf welche Weise sie zu verwirklichen sind, und außerdem kennen die Mitgliedstaaten (selbstverständlich) den Inhalt des unveröffentlichten Anhangs der Verordnung Nr. 622/2003.

98.      In der Zeit, in der der Gerichtshof nach dem Stellen der vorliegenden Schlussanträge beraten wird, hat die Kommission ferner Gelegenheit, zu überlegen, wie im Fall einer generellen Entscheidung des Gerichtshofs zu den Rechtswirkungen der Verordnung sichergestellt werden kann, dass spezielle Maßnahmen im Bereich der Flughafensicherheit, die ausschließlich im Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) niedergelegt sind, nicht beeinträchtigt werden(77).

99.      Im Übrigen macht der Gerichtshof von der Möglichkeit, die zeitliche Wirkung eines Urteils zu begrenzen, immer dann Gebrauch, wenn Rechtssicherheit hergestellt werden soll. Im vorliegenden Fall würde hingegen die Rechtssicherheit für die Einzelnen hinsichtlich des einzigen bekannten Teils des Anhangs der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung)(78) sogar noch weiter leiden, wenn die Verordnung bis zum Erlass von an ihre Stelle tretenden neuen Maßnahmen in Kraft bliebe.

100. Schließlich könnte man vielleicht einwenden, dass der Gerichtshof aus Gründen des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung von Vorschriften zur Erhöhung der Flughafensicherheit entweder bewusst die Augen vor der klaren Verletzung einer zwingenden Veröffentlichungspflicht verschließen oder aber von der Ausnahmebefugnis Gebrauch machen sollte, die Wirkungen einer fehlerbehafteten Maßnahme fortgelten zu lassen. Ich halte dieses Argument für vordergründig. Wie soeben ausgeführt, besteht für den Gerichtshof keine Notwendigkeit, auf diese Befugnis zurückzugreifen, um eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit auf Flughäfen zu verhindern. Nicht selten werden in schwierigen Zeiten Argumente dieser Art vorgebracht, um Abweichungen von allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen – sei es in Form der Aussetzung von Grundrechtsgarantien, sei es in Form der Beschränkung gerichtlicher Kontrolle oder sei es in Form der Abschwächung der Folgen dieser Kontrolle – zu rechtfertigen. Für solche Argumente ist kein Raum in einer Europäischen Union, in der das Rechtsstaatsprinzip gilt und deren Gerichtshof nach dem Vertrag „die Wahrung des Rechts“ zu sichern hat(79).

101. Ich schlage daher vor, für das Urteil in der vorliegenden Sache keine zeitliche Begrenzung vorzusehen.

–       Sollte der Gerichtshof weiter gehen und die Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) für inexistent erklären?

102. Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass die Folge der Nichtveröffentlichung einer Verordnung ihre Inexistenz ist.

103. Der Gerichtshof hat mehrfach entschieden, dass für die Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane grundsätzlich die Vermutung der Rechtmäßigkeit spricht und dass diese Akte Rechtswirkungen entfalten, solange sie nicht zurückgenommen, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage für nichtig erklärt oder infolge eines Vorabentscheidungsersuchens oder einer Rechtswidrigkeitseinrede für ungültig erklärt worden sind.(80)

104. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bildet die Doktrin des inexistenten Rechtsakts. Danach ist bei Rechtsakten, die mit einem Fehler behaftet sind, dessen Schwere so offensichtlich ist, dass er von der Gemeinschaftsrechtsordnung nicht geduldet werden kann, davon auszugehen, dass sie keine – auch nur vorläufige – Rechtswirkung entfaltet haben, d. h., dass sie als rechtlich inexistent betrachtet werden. Diese Doktrin soll das Gleichgewicht zwischen zwei grundlegenden, manchmal jedoch widerstreitenden Erfordernissen wahren, denen eine Rechtsordnung genügen muss, nämlich der Stabilität der Rechtsbeziehungen und der Wahrung der Rechtmäßigkeit.(81)

105. Die Schwere der Folgen, die mit der Feststellung der Inexistenz eines Rechtsakts der Gemeinschaftsorgane verbunden sind, verlangt, dass diese Feststellung aus Gründen der Rechtssicherheit ganz außergewöhnlichen Fällen vorbehalten bleibt.(82) In der Literatur wird zum Teil vertreten, dass die Nichtveröffentlichung einer Verordnung hierunter fällt.(83)

106. Meines Wissens hat der Gerichtshof nur einmal einen Rechtsakt für inexistent erklärt: in der Rechtssache Société des usines à tubes de la Sarre(84). Damals ging es um die Frage, ob ein Schreiben der Hohen Behörde eine Stellungnahme im Sinne von Art. 54 Abs. 4 KS darstellte. Derartige Stellungnahmen müssen u. a. mit einer Begründung versehen sein. Das Schreiben enthielt keine Begründung. Der Gerichtshof entschied, dass nach den Art. 5, 15 und 54 KS eine Begründung eindeutig erforderlich und sogar ein wesentliches, konstitutives Tatbestandsmerkmal sei. Ohne eine Begründung sei die Stellungnahme rechtlich inexistent. Da die Nichtigkeitsklage sich gegen einen Verwaltungsakt richtete, der rechtlich nicht vorhanden war, wies sie der Gerichtshof als gegenstandslos und damit unzulässig ab.

107. In der Rechtssache BASF u. a./Kommission(85) hatte das Gericht erster Instanz eine Entscheidung der Kommission für inexistent erklärt. Im Rechtsmittelverfahren hob der Gerichtshof dieses Urteil mit der Begründung auf, die vom Gericht festgestellten Zuständigkeits- und Formfehler seien – für sich allein oder auch insgesamt betrachtet – nicht derart schwerwiegend, dass die genannte Entscheidung als rechtlich inexistent betrachtet werden müsse(86).

108. Meines Erachtens ist die Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) mit einem Fehler behaftet – fortgesetzte und absichtliche Missachtung der nach Art. 254 Abs. 2 EG zwingenden Veröffentlichungsvorschrift bezüglich der gesamten sachlichen Verfügungen –, dessen Schwere so offensichtlich ist, dass er von der Gemeinschaftsrechtsordnung nicht geduldet werden kann. Meine bevorzugte Lösung ist daher, die Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) für inexistent zu erklären. Die Frage einer möglichen zeitlichen Begrenzung des Urteils ist dann nicht mehr relevant.

109. Sollte der Gerichtshof nicht so weit gehen wollen, steht zum Allermindesten fest, dass eine wesentliche Formvorschrift verletzt worden ist. Der Gerichtshof sollte daher die Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) wenigstens für ungültig erklären.

110. Beide Entscheidungen werden deutlich machen, dass die Nichtveröffentlichung von Verordnungen oder Teilen davon – erst recht, wenn sie auf Absicht beruht – in der Rechtsordnung der Europäischen Union nicht hingenommen werden kann.

 Wie hätte die Kommission vorgehen müssen?

111. In der mündlichen Verhandlung haben sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat die Auffassung vertreten, Art. 8 der Verordnung Nr. 2320/2002 ermächtige die Kommission nicht zum Erlass einer Durchführungsverordnung mit einem unveröffentlichten Anhang, in dem die notwendigen detaillierten Vorschriften zur Umsetzung und Anpassung der gemeinsamen grundlegenden Normen für Sicherheitsmaßnahmen im Luftverkehr enthalten seien. Die Kommission ihrerseits hat zu verstehen gegeben, sie hielte Hinweise des Gerichtshofs zu der Frage für sachdienlich, welcher Form von Rechtsakt sie sich hätte bedienen sollen, um ihrer Verpflichtung aus Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2320/2002 zum Erlass solcher Maßnahmen nachzukommen.

112. Obwohl ich der Art und Weise, wie die Kommission die Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) erlassen hat, kritisch gegenüberstehe, kann ich die Schwierigkeiten der Kommission in gewisser Weise nachvollziehen. Daher erlaube ich mir folgende Bemerkungen.

113. Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2320/2002 sieht vor, dass die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Durchführung von Vorschriften im Bereich der Flughafensicherheit(87) „geheim [sind] und … nicht veröffentlicht [werden]“. Nach dem Wortlaut gilt dies „unbeschadet“ der Dokumentenzugangsverordnung. Daraus schließe ich, dass der Verfasser nicht davon ausging, dass derartige Maßnahmen jemals Bestandteil eines Gemeinschaftsrechtsakts werden könnten, der kraft Art. 254 EG zwingend der Veröffentlichung im Amtsblatt bedarf. Vielmehr war beabsichtigt, sie in ein unveröffentlichtes Dokument aufzunehmen, zu dem der Zugang nur im Rahmen der Dokumentenzugangsverordnung möglich wäre (und nach deren Maßgabe der Zugang dann vermutlich verweigert würde, weil das fragliche Dokument entweder unter die Ausnahmeregelung von Art. 4 fiele und/oder weil es sich um ein „sensibles Dokument“ im Sinne von Art. 9 handeln würde).

114. Ich betone, dass Art. 8 der Verordnung Nr. 2320/2002 eine Ausnahme zu der generellen Pflicht zu Transparenz und Zugänglichkeit von Informationen darstellt. Insoweit ist die Vorschrift eng auszulegen. Folglich darf diese Ausnahmebehandlung nur Material zukommen, das objektiv tatsächlich in die in Art. 8 Abs. 1 aufgeführten verschiedenen Kategorien geheimer Informationen(88) einzuordnen ist. Insbesondere sollte auch Anschlussmaterial zu Material, das bereits bekannt ist, weil es als Bestandteil der Verordnung Nr. 2320/2002 veröffentlicht wurde, öffentlich gemacht werden.

115. Was die Liste verbotener Gegenstände betrifft, so liegt für mich klar auf der Hand, dass diese nicht geheim, sondern öffentlich sein sollte. Die Liste – und alle anderen Maßnahmen, die objektiv nicht der Geheimhaltung bedürfen – sollte daher als Anhang einer Verordnung im Amtsblatt veröffentlicht werden.

116. Wie steht es mit Material, das sich tatsächlich auf die Durchführung von Vorschriften im Bereich der Flughafensicherheit bezieht und das daher tatsächlich geheimhaltungsbedürftig ist?

117. Soweit es ratsam erscheint, derartiges Material ganz oder teilweise in einen rechtsverbindlichen Akt aufzunehmen, hat die Kommission hinsichtlich der Form des Rechtsakts theoretisch freie Wahl. Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 2320/2002 war Art. 80 Abs. 2 EG(89). Der Rat hat sich zwar für eine Verordnung entschieden, war hierzu aber keinesfalls gezwungen.

118. In der Praxis sind jedoch weder eine Verordnung noch eine an alle Mitgliedstaaten gerichtete Richtlinie ein geeigneter Rechtsakt für Material, das richtigerweise geheim bleiben soll. Für beide gilt die zwingende Veröffentlichungsanordnung in Art. 254 Abs. 2 EG.

119. Daher bietet sich eher eine für alle Mitgliedstaaten geltende Entscheidung (im Sinne von Art. 249 EG) an. Nach Art. 254 EG braucht ein solcher Rechtsakt nicht veröffentlicht, sondern lediglich „denjenigen, für die sie bestimmt sind, bekannt gegeben“(90) zu werden. Entscheidungen „werden durch diese Bekanntgabe wirksam“(91). Ich weise darauf hin, dass nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. c der Dokumentenzugangsverordnung derartige Entscheidungen „soweit möglich“ im Amtsblatt veröffentlicht werden. Sollte der Inhalt der Entscheidung unter Art. 4 (Ausnahmeregelung) oder Art. 9 (sensible Dokumente) der genannten Verordnung zu subsumieren sein, wären die Verweigerung des Zugangs zu der Entscheidung und erst recht ihre Nichtveröffentlichung zulässig.

120. In der Tat hat die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen daran erinnert, dass sie einen ähnlichen Lösungsweg für vertrauliches und nichtvertrauliches Material bei der Verordnung Nr. 1683/95(92) gewählt habe. Der veröffentlichte Anhang jener Verordnung enthält bestimmte Spezifikationen für das Format der von den Mitgliedstaaten auszustellenden Visa. Art. 2 der Verordnung sieht vor, dass die Kommission weitere technische Spezifikationen für die einheitliche Visagestaltung erlässt in Bezug auf weitere Sicherheitselemente und ‑anforderungen, einschließlich fortgeschrittener Standards zum Schutz vor Fälschung, Nachahmung und Verfälschung, sowie technische Verfahren und Modalitäten für das Ausfüllen der einheitlichen Visummarke. Nach Art. 3 bleiben diese Spezifikationen geheim. Die Kommission erließ daher eine für alle Mitgliedstaaten bestimmte Durchführungsentscheidung, die nicht veröffentlicht wurde.(93) Meiner Meinung nach könnte die Kommission ohne Weiteres eine ähnliche Lösung bei der Umsetzung der Verordnung Nr. 2320/2002 wählen, um Material geheim zu halten, das objektiv dieses Schutzes bedarf.

 Zur ersten Frage

121. Sollte der Gerichtshof die zweite Frage meinem Vorschlag entsprechend beantworten, erübrigt sich die Beantwortung der ersten Frage. Da jedoch die Verfahrensbeteiligten über die erste Frage sowohl in ihren schriftlichen als auch in ihren mündlichen Ausführungen intensiv gestritten haben(94), erlaube ich mir folgende Bemerkungen.

122. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob unter Dokumenten im Sinne von Art. 2 Abs. 3 der Dokumentenzugangsverordnung auch solche Akte zu verstehen sind, die nach Art. 254 EG einer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union bedürfen.(95)

123. Im Einklang mit dem in Art. 1 festgelegten Zweck der Verordnung(96) ist der Anwendungsbereich in Art. 2 Abs. 3 entsprechend weit gefasst. Die Verordnung „gilt für alle Dokumente eines Organs, das heißt Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden“. In der Zeit vor Inkrafttreten der Dokumentenzugangsverordnung durfte ein Organ Dokumente, deren Urheber ein Dritter war, nicht weitergeben, so dass Personen, die Zugang dazu erlangen wollten, ihren Antrag direkt an den Urheber des Dokuments richten mussten (sogenannte Urheberschaftsregel).(97) Der weite Geltungsbereich nach Art. 2 Abs. 3 bewirkt eine Umkehrung dieser Regel. Vorausgesetzt, das Dokument befindet sich tatsächlich im Besitz des Organs, kann Zugang ungeachtet der Urheberschaft verlangt werden. Die Organe haben daher gegebenenfalls Dokumente zugänglich zu machen, deren Urheber Dritte, einschließlich (insbesondere) Mitgliedstaaten, sind.(98)

124. Ebenso weit ist die Definition des Begriffs „Dokument“ als „Inhalte unabhängig von der Form des Datenträgers (auf Papier oder in elektronischer Form, Ton-, Bild- oder audiovisuelles Material), die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem Zuständigkeitsbereich des Organs betreffen“(99).

125. In den Art. 4 („Ausnahmeregelung“) und 9 („Behandlung sensibler Dokumente“) sind die Einschränkungen festgelegt, die für das Recht auf Zugang zu Dokumenten aufgrund öffentlicher oder privater Interessen gelten. Die genannten Vorschriften folgen dem Aufbau von Art. 255 EG. Als Ausnahmebestimmungen sind sie entsprechend den üblichen Auslegungsregeln für das Gemeinschaftsrecht eng auszulegen.(100) Das Gebot einer engen Auslegung ergibt sich außerdem aus der Tatsache, dass es sich um zwingende Ausnahmeregelungen(101) zu einer Verordnung handelt, deren einziger Zweck darin besteht, dass „ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten“ gewährleistet ist(102).

126. Gegenstand von Art. 13 ist die „Veröffentlichung von Dokumenten im Amtsblatt“. Art. 13 Abs. 1 schreibt vor, dass „[n]eben den Rechtsakten, auf die in Artikel 254 Absätze 1 und 2 des EG-Vertrags … Bezug genommen wird“(103), verschiedene Arten von Dokumenten „vorbehaltlich der Artikel 4 und 9 der vorliegenden Verordnung … im Amtsblatt veröffentlicht [werden]“. Meines Erachtens steht außer Zweifel, dass der Verfasser damit bestimmte weitere Kategorien von Texten (zusätzlich zu den Texten, die gemäß Art. 254 Abs. 1 und 2 EG ohnehin veröffentlicht werden) bezeichnet, für die die mit der Veröffentlichung im Amtsblatt verbundene weite Verbreitung systematisch geboten ist. Darüber hinaus gibt es noch weitere Kategorien von Dokumenten, die „soweit möglich“ ebenfalls veröffentlicht werden.(104)

127. Nur der Zugang zu Dokumenten, die weder unter Art. 12 noch unter Art. 13 fallen, muss individuell beantragt werden.(105)

128. Vor diesem Hintergrund tritt die Antwort auf die erste Frage deutlicher zutage. Ein Verordnungstext lässt sich unter die sehr weite Definition des Begriffs „Dokument“ in Art. 3 Buchst. a der Dokumentenzugangsverordnung subsumieren. Ein solcher Text hat „Inhalte …, die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den … Entscheidungen aus dem Zuständigkeitsbereich des Organs betreffen“ und die sich auf einem der in Art. 3 Buchst. a bezeichneten Datenträger befinden. Die Begriffsbestimmung für „Dokument“ in Art. 3 Buchst. a ist daher weit genug, um auch Rechtsakte zu erfassen, die nach Art. 254 Abs. 1 und 2 EG zu veröffentlichen sind. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass solche Rechtsakte in den Geltungsbereich der Dokumentenzugangsverordnung fallen mit der Folge, dass der Zugang zu ihnen unter Berufung auf die Art. 4 oder 9 verweigert werden darf. Meiner Meinung nach ist vielmehr genau das Gegenteil der Fall.

129. Nach ihrem Art. 2 Abs. 3 gilt die Dokumentenzugangsverordnung „für alle Dokumente eines Organs, das heißt Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden“(106). Selbstverständlich wird ein Organ Exemplare des endgültigen Verordnungstextes in der abschließend genehmigten Form besitzen. Der Text müsste allerdings eigentlich auch schon aufgrund seiner (zwingenden) Veröffentlichung im Amtsblatt öffentlich zugänglich sein. Technisch mag es sich um ein „Dokument“ handeln, das „sich im Besitz“ des Organs befindet. Eine wörtliche Auslegung der Dokumentenzugangsverordnung in dieser Weise wird jedoch nicht der Tatsache gerecht, dass der Zweck der Verordnung darin besteht, Zugang zu Dokumenten zu gewähren, die andernfalls nicht automatisch zugänglich wären. Teleologische Auslegung und gesunder Menschenverstand führen zu dem Schluss, dass ein Text, der aufgrund der zwingenden Veröffentlichung gemäß Art. 254 Abs. 1 oder 2 EG bereits zugänglich ist (oder sein sollte), nicht als „Dokument eines Organs“ im Sinne von Art. 3 Buchst. a bzw. Art. 2 Abs. 3 der Dokumentenzugangsverordnung betrachtet zu werden braucht (und daher auch nicht so zu betrachten ist). Im Übrigen ist als Zweck der Dokumentenzugangsverordnung in Art. 1 Buchst. a formuliert, dass „ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten“ gewährleistet sein soll. Schon das bedeutet, dass das Recht auf Zugang zu einem Dokument über die Verordnung überflüssig wäre, wenn das Dokument aufgrund von Art. 254 EG ohnehin zu veröffentlichen ist. Die Veröffentlichung im Amtsblatt garantiert bereits „größtmöglichen Zugang“.

130. Art. 13 der Dokumentenzugangsverordnung bestätigt diese Würdigung. Wenn man die Verordnung dahin auslegen wollte, dass sie Art. 254 EG aushöhlt anstatt ergänzt, wäre ihr Art. 13 sinnlos. Es besteht keine Notwendigkeit, durch die Dokumentenzugangsverordnung (zusätzlichen) Zugang oder gar eine Veröffentlichung für Dokumente vorzusehen, die zu den in Art. 254 Abs. 1 oder 2 EG bezeichneten Texten gehören. Im umgekehrten Fall, also wenn das Dokument nicht zu diesen Texten gehört, besteht dagegen aller Grund, es als vom Geltungsbereich der Dokumentenzugangsverordnung erfasst zu betrachten und dann zu prüfen, ob es nach Maßgabe von Art. 13 zu veröffentlichen ist. Bei sachgerechter Auslegung ergibt sich also, dass die Dokumentenzugangsverordnung für Dokumente (in jeder Form) gilt, die nicht bereits von Art. 254 Abs. 1 oder 2 EG erfasst werden.

131. Fraglich könnte der Status des Textes einer Verordnung in der Zeit zwischen ihrem Erlass durch das betreffende Organ und ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt sein. Meiner Meinung nach ist die Verordnung als Verordnung kein „Dokument“ im Sinne der Dokumentenzugangsverordnung (weil für sie bereits die Veröffentlichungsanordnung aus Art. 254 EG gilt). Allerdings ist jedes im Besitz des Organs befindliche Exemplar der Verordnung (z. B. in gedruckter oder elektronischer Form) ein solches Dokument, zu dem folglich Zugang gemäß der Dokumentenzugangsverordnung verlangt werden kann. In der Praxis dürfte wohl immer irgendwo ein solches Exemplar vorhanden sein. Infolgedessen gibt es keine zeitliche Lücke, in der die Verordnung weder über die Dokumentenzugangsverordnung noch aufgrund ihrer zwingenden Veröffentlichung gemäß Art. 254 EG zugänglich wäre.

132. Zudem kann die Dokumentenzugangsverordnung nicht zur Beschränkung der Veröffentlichung eines unter Art. 254 Abs. 1 oder 2 EG fallenden Dokuments herangezogen werden. Als abgeleitetes Recht darf die Verordnung nicht dahin ausgelegt werden, dass sie Primärrecht in Form einer Vertragsbestimmung zuwiderläuft. Die in den Art. 4 und 9 der Dokumentenzugangsverordnung geregelten Ausnahmen vom Zugangsrecht gelten daher nur für Dokumente, zu denen Zugang nach Maßgabe der Verordnung besteht. Insbesondere können sie nicht geltend gemacht werden, um durch die Hintertür eine Ausnahme zu der zwingenden Veröffentlichungsanordnung des Vertrags zuzulassen.

133. Folglich ist auf die erste Frage zu antworten, dass Akte, die nach Art. 254 Abs. 1 oder 2 EG einer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union bedürfen, keine Dokumente im Sinne der Art. 2 Abs. 3 und Art. 3 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 darstellen, da für sie bereits eine zwingende Veröffentlichungsanordnung nach dem Vertrag gilt und sie daher der Öffentlichkeit umfassend zugänglich sind.

 Ergebnis

134. Aus den vorstehenden Gründen bin ich der Meinung, dass die vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten sind:

–        Verordnungen, die entgegen der Anordnung von Art. 254 Abs. 2 EG nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurden, sind rechtlich inexistent.

–        Akte, die nach Art. 254 EG einer Veröffentlichung im Amtsblatt bedürfen, stellen keine Dokumente eines Organs im Sinne der Art. 2 Abs. 3 und Art. 3 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission dar, da für sie bereits eine zwingende Veröffentlichungsanordnung nach dem Vertrag gilt und sie daher der Öffentlichkeit umfassend zugänglich sind.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43).


3 – Dort ist das sogenannte Mitentscheidungsverfahren geregelt.


4 – Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt (ABl. L 355, S. 1).


5 – Ein Regelungsausschussverfahren.


6 –      Jeder Mitgliedstaat benennt eine solche Behörde.


7 – Verordnung (EG) Nr. 622/2003 der Kommission vom 4. April 2003 zur Festlegung von Maßnahmen für die Durchführung der gemeinsamen grundlegenden Normen für die Luftsicherheit (ABl. L 89, S. 9). Der unveröffentlichte Anhang wurde häufig geändert, zuletzt durch Verordnung (EG) Nr. 23/2008 der Kommission vom 11. Januar 2008 (ABl. L 9, S. 12). Der verfügende Teil der Verordnung selbst wurde nur einmal geändert, als nämlich durch die Verordnung (EG) Nr. 65/2006 der Kommission vom 13. Januar 2006 (ABl. L 11, S. 4) ein Art. 3a (über neue technische Verfahren und Prozesse) eingefügt wurde.


8 – Verordnung (EG) Nr. 1477/2007 der Kommission vom 13. Dezember 2007 (ABl. L 329, S. 22).


9 – „Der Anhang“ der Verordnung (EG) Nr. 68/2004 der Kommission vom 15. Januar 2004 (ABl. L 10, S. 14).


10 – Der sechste Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1477/2007 lautet: „Die in der vorliegenden Verordnung enthaltenen Maßnahmen beziehen sich nicht auf solche, die gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 als vertraulich eingestuft wurden und nicht veröffentlicht werden.“ Dementsprechend sieht Art. 1 Satz 2 vor, dass Art. 3 der Verordnung Nr. 622/2003 in Bezug auf die Vertraulichkeit „dieses Anhangs“ keine Anwendung findet. Der Anhang der Verordnung wurde ordnungsgemäß veröffentlicht und lautet „Anlage 3[,] Republik Singapur[,] Flughafen Changi“. Da entgegen der Beteuerung der Kommission der Rest des Anhangs der Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung) nach wie vor nicht veröffentlicht ist, lassen sich die Angaben im Anhang der Verordnung Nr. 1477/2007 bestenfalls als orakelhaft bezeichnen.


11 – Dies ist die Verordnung, die das vorlegende Gericht als einschlägig betrachtet, und zwar – wie sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt hat – deshalb, weil mit den Bestimmungen der nachfolgenden Änderungsverordnung (Verordnung [EG] Nr. 857/2005 der Kommission vom 6. Juni 2005 [ABl. L 143, S. 9], der letzten Änderung vor dem Zwischenfall, der zum Ausgangsverfahren geführt hat) die Liste der verbotenen Gegenstände im Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 nicht geändert wurde. Im weiteren Verlauf dieser Schlussanträge werde ich die zum maßgeblichen Zeitpunkt geltende Fassung der Verordnung Nr. 622/2003 einfach nur als „Verordnung Nr. 622/2003 (in geänderter Fassung)“ bezeichnen. Da die Anhänge aller zeitlich nachfolgenden Verordnungen (ebenso wie der ursprüngliche Anhang der Verordnung Nr. 622/2003) unveröffentlicht sind, konnte ich nicht überprüfen, ob die Liste verbotener Gegenstände in der Fassung des Anhangs der Verordnung Nr. 68/2004 später gegebenenfalls geändert wurde.


12 –      Ein leicht abweichender Wortlaut mit jedoch dem gleichen Sinn findet sich im dritten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 437/2007 der Kommission vom 20. April 2007 (ABl. L 104, S. 16) und im sechsten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 915/2007 der Kommission vom 31. Juli 2007 (ABl. L 200, S. 3): „Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 wurden die im Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 622/2003 festgelegten Maßnahmen als vertraulich eingestuft und nicht veröffentlicht. Dasselbe gilt notwendigerweise für jeden Änderungsrechtsakt.“


13 – Verordnung (EG) Nr. 1546/2006 der Kommission vom 4. Oktober 2006 (ABl. L 286, S. 6).


14 – Angesichts dieses Erwägungsgrunds ist nicht auszuschließen, dass die Liste verbotener Gegenstände durch den Anhang der Verordnung Nr. 1546/2006 geändert wurde. Ich konnte nicht überprüfen, ob dies tatsächlich der Fall ist.


15 – ABl. 1999, C 73, S. 1 (im Folgenden: Interinstitutionelle Vereinbarung über die Vorschriftenabfassung).


16 – Vgl. siebter Erwägungsgrund.


17 – Vgl. auch Urteil vom 12. Juli 2005, Alliance for Natural Health u. a. (C‑154/04 und C‑155/04, Slg. 2005, I‑6451, Randnr. 92), in dem auf die Interinstitutionelle Vereinbarung über die Vorschriftenabfassung Bezug genommen wird.


18 – Tennisschläger als solche sind in der (veröffentlichten) Anlage zum Anhang der Verordnung Nr. 2320/2002 nicht aufgeführt, jedoch könnten die Ziff. iii, vi und viii ansatzweise andeuten, dass sie als Waffe eingesetzt werden könnten und daher möglicherweise ebenfalls verboten sein sollten.


19 – Ich will mich nicht dazu äußern, ob das Verhalten von Dr. Heinrich, nämlich das Flugzeug zu besteigen, nachdem er an der Sicherheitskontrolle angehalten worden war, eine separate (erschwerende) Handlung darstellt oder ob dieses Verhalten im Rahmen der allgemeinen Frage zu würdigen ist, ob er sich zulässigerweise mit seinen Tennisschlägern zum Flugzeug begeben durfte. Das ist Sache des nationalen Gerichts.


20 – Dr. Heinrich hat an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, war aber nicht vertreten und hat keine Ausführungen gemacht.


21 – Pressemitteilung IP/04/59 der Kommission vom 16. Januar 2004, im Internet abrufbar unter http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/04/59&format=HTML&aged=1&language=DE&guiLanguage=en. In dieser Liste sind Tennisschläger nicht als verbotene Gegenstände aufgeführt. Ohne den Wortlaut des unveröffentlichten Anhangs zu kennen, lässt sich jedoch nicht feststellen, ob die Liste in der Pressemitteilung eine genaue Wiedergabe der Liste verbotener Gegenstände in diesem Anhang ist.


22 – Aus den Akten des Ausgangsverfahrens ergibt sich jedoch, dass Dr. Heinrich nicht mit Austrian Airlines geflogen ist.


23 – Vgl. Urteil vom 23. März 2006, Enirisorse (C‑237/04, Slg. 2006, I‑2843, Randnr. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).


24 – Urteil Enirisorse, in Fn. 23 angeführt, Randnr. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung.


25 – Dr. Heinrich selbst hat weder schriftliche Erklärungen eingereicht noch mündliche Ausführungen gemacht. Die Tatsachen, die Dr. Heinrich in seinen Schriftsätzen im innerstaatlichen Verfahren behauptet (die Schriftsätze sind in der bei der Kanzlei eingereichten Fallakte des nationalen Gerichts enthalten), würden jedoch, wenn das nationale Gericht sie für erwiesen erachtet, auf erhebliche Rechtsunsicherheit hindeuten.


26 – Eine Frage zur Auslegung oder Gültigkeit der Verordnung Nr. 2320/2002 wurde nicht vorgelegt.


27 – Urteil vom 21. September 2000, ABBOI (C‑109/99, Slg. 2000, I‑7247, Randnr. 44).


28 – Vgl. auch Urteil ABBOI, in Fn. 27 angeführt, Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung.


29 – Vgl. wiederum Urteil ABBOI, in Fn. 27 angeführt, Randnrn. 46 f.


30 – Vgl. u. a. Urteil vom 18. Juli 2007, Lucchini (C‑119/05, Slg. 2007, I‑6199, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 15. November 2007, International Mail Spain (C‑162/06, Slg. 2007, I‑0000, Randnr. 23).


31 – Vgl. u. a. Urteile vom 7. September 1999, Beck und Bergdorf (C‑355/97, Slg. 1999, I‑4977, Randnrn. 22 bis 24), vom 5. Dezember 2006, Cipolla u. a. (C‑94/04 und C‑202/04, Slg. 2006, I‑11421, Randnr. 25), und vom 8. November 2007, Amurta (C‑379/05, Slg. 2007, I‑0000, Randnr. 64).


32 – Vgl. Urteil Amurta, in Fn. 31 angeführt, Randnr. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung.


33 – Urteil vom 22. Oktober 1987, Foto-Frost (314/85, Slg. 1987, 4199, Randnrn. 17 bis 20), in dem der Grundsatz aufgestellt wurde, dass die Befugnis zur Feststellung der Ungültigkeit einer Gemeinschaftsmaßnahme dem Gerichtshof vorbehalten ist.


34 – Die Tatsache, dass die Kommission eine Pressemitteilung (vgl. Fn. 21) mit einer Liste verbotener Gegenstände herausgegeben hat (in der Tennisschläger nicht genannt sind), ist interessant, insoweit aber irrelevant. Der Gerichtshof hat vor Kurzem im Urteil vom 11. Dezember 2007, Skoma-Lux (C‑161/06, Slg. 2007, I‑0000, Randnrn. 47 bis 50), ausdrücklich festgestellt, dass die „Veröffentlichung“ einer Verordnung auf der Website EUR-Lex den Anforderungen von Art. 254 EG nicht genügt (vgl. im Weiteren Nrn. 88 f.). Eine Veröffentlichung in Form einer Pressemitteilung in einer begrenzten Anzahl von Amtssprachen der Union (Englisch, Französisch und Deutsch) kann dann erst recht nicht als ausreichend und dem Gebot der Rechtssicherheit genügend betrachtet werden.


35 – Art. 252 Abs. 2 EG.


36 – Vgl. ihre Rechtsgrundlage, den vierten Erwägungsgrund und Art. 1 Buchst. a.


37 – Art. 1 Buchst. a, b bzw. c.


38 – Vgl. Beschluss des Gerichts vom 27. Oktober 1999, Meyer/Kommission (T‑106/99, Slg. 1999, II‑3273): „Der Zweck des Beschlusses 94/90 [eines Vorgängerrechtsakts der Dokumentenzugangsverordnung] besteht nicht darin, durch Festlegung eines von der Kommission zu beachtenden Rechts auf Zugang der Öffentlichkeit solche Dokumente zugänglich zu machen, die aufgrund ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt ohnehin zugänglich sind“ (Randnr. 39).


39 – Zur Ungeeignetheit einer Veröffentlichung in elektronischer Form vgl. Urteil Skoma-Lux, in Fn. 34 angeführt, Randnrn. 47 bis 50.


40 – Sie enthalten – in dieser Reihenfolge – das Ziel der Verordnung (Art. 1), zwei Begriffsbestimmungen (Art. 2), einen Verweis auf den Anhang, für den Geheimhaltung in Anspruch genommen wird (Art. 3), eine Ermächtigungsnorm über den Einsatz neuer technischer Verfahren und Prozesse (Art. 3a), eine Notifizierungsvorschrift für den Fall, dass die Mitgliedstaaten anstatt einer in der Verordnung vorgesehenen Maßnahme innerstaatliche Sicherheitsmaßnahmen für kleine Flughäfen gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2320/2002 ergriffen haben (Art. 4), eine ähnliche Notifizierungsvorschrift für den Fall, dass Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden, weil kontrollierte Fluggäste und ankommende Fluggäste nicht physisch voneinander getrennt werden können (Art. 5), sowie die Standardbestimmung über das Datum des Inkrafttretens und über die unmittelbare Geltung (Art. 6).


41 – Nämlich die „notwendigen Maßnahmen für die Durchführung und technische Anpassung gemeinsamer grundlegender Normen für die Luftsicherheit …, die in nationale Sicherheitsprogramme für die Zivilluftfahrt aufzunehmen sind“: vgl. Art. 1, auf den Art. 3 zurückverweist. Die hier verwendete Rechtsetzungstechnik scheint einen eindeutigen Verstoß gegen Leitlinie 22 der Interinstitutionellen Vereinbarung über die Vorschriftenabfassung darzustellen, wonach ein Anhang keine neuen Rechte oder Pflichten vorsehen darf, die im verfügenden Teil nicht aufgeführt sind.


42 – Erster Erwägungsgrund.


43 – Zweiter Erwägungsgrund.


44 – Vgl. die Interinstitutionelle Vereinbarung über die Vorschriftenabfassung, Leitlinien 1, 3 und 22. Zur Bedeutung dieser Vereinbarung vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Geelhoed in der Rechtssache Alliance for Natural Health u. a. (Urteil in Fn. 17 angeführt, Nr. 88). Der detailliertere „Gemeinsame Leitfaden des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission für Personen, die in den Gemeinschaftsorganen an der Abfassung von Rechtstexten mitwirken“ (im Folgenden: Gemeinsamer Leitfaden, im Internet abrufbar unter http://eur‑lex.europa.eu/de/techleg/1.htm ff.) weist ebenfalls auf die Wichtigkeit einer klaren und ausreichenden Begründung insbesondere bei repressiven Maßnahmen hin: vgl. insbesondere die Leitlinien 10 (vor allem 10.14), 18 und 22 des Gemeinsamen Leitfadens.


45 – Siehe Fn. 21.


46 – Dritter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 68/2004. Laut dem vierten Erwägungsgrund „kann eine solche Liste niemals vollständig sein“ und „[sollte d]ie zuständige Behörde … daher die Möglichkeit haben, zusätzlich zu den aufgeführten Gegenständen noch weitere zu verbieten“, und unmittelbar daran anschließend heißt es, dass „[d]ie Fluggäste … vor und während der Abfertigung genau über alle verbotenen Gegenstände informiert werden [sollten]“.


47 – Unten, Nrn. 78 bis 110.


48 – Vgl. Urteile vom 1. Oktober 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission (C‑209/96, Slg. 1998, I‑5655, Randnr. 35), vom 20. Mai 2003, Consorzio del Prosciutto di Parma und Salumificio S. Rita (C‑108/01, Slg. 2003, I‑5121, Randnr. 89), vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, Slg. 2006, I‑1609, Randnr. 72), und vom 21. Juni 2007, ROM-projecten (C‑158/06, Slg. 2007, I‑5103, Randnr. 25).


49 – Vgl. Urteile vom 13. Februar 1996, Van Es Douane Agenten (C‑143/93, Slg. 1996, I‑431, Randnr. 27), und vom 26. Oktober 2006, Koninklijke Coöperatie Cosun (C‑248/04, Slg. 2006, I‑10211, Randnr. 79). Vgl. auch Urteile vom 25. Januar 1979, Racke (98/78, Slg. 1979, 69, Randnr. 15), und ROM-projecten, in Fn. 48 angeführt, Randnr. 25).


50 – Vgl. oben, Nrn. 31 und 50.


51 – Vgl. Urteile vom 1. Dezember 1965, Schwarze (16/65, Slg. 1965, 877, 1165), vom 3. Februar 1977, Strehl (62/76, Slg. 1977, 211), und vom 15. Oktober 1980, Roquette Frères (145/79, Slg. 1980, 2917, Randnrn. 6 f.).


52 – Urteil Roquette Frères, in Fn. 51 angeführt, Randnr. 7.


53 – Urteil des Gerichts vom 22. Januar 1997, Opel Austria/Rat (T‑115/94, Slg. 1997, II‑39).


54 – Randnrn. 127 bis 133. Vgl. auch Randnr. 124 zum Grundsatz der Rechtssicherheit im Allgemeinen, der insbesondere gebietet, dass eine Regelung, die nachteilige Folgen für Einzelne hat, klar und bestimmt und ihre Anwendung für die Einzelnen voraussehbar sein muss (vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 15. Dezember 1987, Irland/Kommission [325/85, Slg. 1987, 5041], Van Es Douane Agenten, in Fn. 49 angeführt, Randnr. 27, vom 15. Februar 1996, Duff u. a. [C‑63/93, Slg. 1996, I‑569, Randnr. 20], und vom 7. Juni 2005, VEMW u. a. [C‑17/03, Slg. 2005, I‑4983, Randnr. 80]).


55 – Vgl. u. a. Urteile vom 13. November 1990, Fedesa u. a. (C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 45), vom 2. Oktober 1997, Parlament/Rat (C‑259/95, Slg. 1997, I‑5303, Randnr. 21), und vom 28. November 2006, Parlament/Rat (C‑413/04, Slg. 2006, I‑11221, Randnr. 75).


56 – Vgl. Urteile Racke, in Fn. 49 angeführt, Randnr. 20, vom 25. Januar 1979, Decker (99/78, Slg. 1979, 101, Randnr. 8) (in beiden Fällen ging es um Währungsausgleichsbeträge im Weinsektor), und vom 21. Februar 1991, Zuckerfabrik Süderdithmarschen und Zuckerfabrik Soest (C‑143/88 und C‑92/89, Slg. 1991, I‑415, Randnr. 52) (von Zuckerherstellern zu entrichtende Abgabe für das abgelaufene Wirtschaftsjahr). Vgl. auch die „Isoglukose-Urteile“ vom 30. September 1982, Amylum/Rat (108/81, Slg. 1982, 3107), vom 30. September 1982, Roquette Frères/Rat (110/81, Slg. 1982, 3159), und vom 30. September 1982, Tunnel Refineries/Rat (114/81, Slg. 1982, 3189).


57 – Vgl. auch Urteil vom 29. Mai 1974, Hauptzollamt Bielefeld/König (185/73, Slg. 1974, 607), in dem der Gerichtshof ausführte, dass die Verzögerung der Veröffentlichung sich lediglich auf den Zeitpunkt auswirkt, von dem an die Verordnung Anwendung finden und ihre Wirkung entfalten konnte, nicht jedoch deren grundsätzliche Gültigkeit berührt (Randnr. 6).


58 – Ähnlich Schlussanträge von Generalanwalt Tizzano in der Rechtssache „Goed Wonen“ (C‑376/02, Urteil vom 26. April 2005, Slg. 2005, I‑3445, Nrn. 31 und 35), in denen er die hier in Fn. 55 angeführten Fälle referiert.


59 – Urteil vom 20. September 1990, Sevince (C‑192/89, Slg. 1990, I‑3461).


60 – Der Gerichtshof unterschied sorgfältig zwischen den Konsequenzen, die sich für die Mitgliedstaaten, und den Konsequenzen, die sich für den Einzelnen ergeben, als er ausführte, dass „[d]ie fehlende Veröffentlichung dieser Beschlüsse … zwar der Begründung von Verpflichtungen für den Einzelnen entgegenstehen [mag]; sie nimmt ihm jedoch nicht die Möglichkeit, sich gegenüber einer Behörde auf die ihm durch diese Beschlüsse zuerkannten Rechte zu berufen“ (Randnr. 24).


61 – ABl. 1973, C 113, S. 1.


62 – Vgl. Urteil vom 23. November 1999, Portugal/Kommission (C‑149/96, Slg. 1999, I‑8395). Der in jenem Fall angefochtene Beschluss (Beschluss 96/386/EG des Rates vom 26. Februar 1996 über den Abschluss von Vereinbarungen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Islamischen Republik Pakistan sowie zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Indien über den Marktzugang für Textilwaren [ABl. L 153, S. 47]) war an keine konkreten Adressaten gerichtet. Der Beschluss fiel daher nicht unter die nach Art. 254 EG veröffentlichungsbedürftigen Rechtsakte (anders wird die Rechtslage nach Art. 297 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sein, falls der Vertrag von Lissabon in Kraft tritt). Gleichwohl handelte es sich offenbar um eine Maßnahme, deren Veröffentlichung angebracht war. Unter diesem Gesichtspunkt hat der Gerichtshof sicherlich zu Recht festgestellt, dass „die verspätete Veröffentlichung einer Gemeinschaftshandlung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften die Gültigkeit dieser Handlung nicht beeinflusst“ (Randnr. 54).


63 – Urteil vom 8. Juli 1999, Hoechst/Kommission (C‑227/92 P, Slg. 1999, I‑4443, Randnrn. 68 und 71 f.).


64 – Urteil vom 18. Juni 2002, Spanien/Kommission (C‑398/00, Slg. 2002, I‑5643).


65 – Randnr. 33; vgl. auch das Urteil des Gerichts vom 2. Juli 2002, SAT.1/HABM (SAT.2) (T‑323/00, Slg. 2002, II‑2839, Randnr. 12), in dem das Gericht zu dem Ergebnis kam, dass nach dem Sachverhalt kein tatsächlicher Verstoß vorlag.


66 – Urteil vom 14. Juli 1972, ICI/Kommission (48/69, Slg. 1972, 619, Randnrn. 39 f.). Vgl. auch Urteil des Gerichts vom 28. Mai 1998, W/Kommission (T‑78/96 und T‑170/96, Slg. ÖD 1998, I‑A-239 und II‑745, Randnr. 183).


67 – Urteil in Fn. 34 angeführt.


68 – Randnr. 33.


69 – Vgl. Randnrn. 32 bis 51 und 60.


70 – Randnrn. 57 bis 59.


71 – Vgl. Randnrn. 67 bis 73. Die Feststellung, ob die genannte Ausnahme im Einzelfall vorliegt, überließ der Gerichtshof den zuständigen nationalen Behörden.


72 – Siehe unten, Nr. 113.


73 – Urteil vom 29. Juni 1988, Van Landschoot (300/86, Slg. 1988, 3443).


74 – Vgl. z. B. Urteile vom 10. März 1992, Lomas u. a. (C‑38/90 und C‑151/90, Slg. 1992, I‑1781, Randnr. 23), und vom 8. November 2001, Silos (C‑228/99, Slg. 2001, I‑8401, Randnrn. 35 bis 38).


75 – Randnrn. 22 bis 24.


76 – Die Schlussanträge von Generalanwältin Stix-Hackl in der Rechtssache Banca Popolare di Cremona (C‑475/03, Urteil vom 3. Oktober 2006, Slg. 2006, I‑9373, Nrn. 132 bis 134) enthalten einen nützlichen Überblick über die Fallgruppen, bei denen der Gerichtshof die zeitliche Wirkung einer Vorabentscheidung über die Gültigkeit einer Maßnahme der Gemeinschaftsorgane begrenzt hat. Als Beispiel für einen Fall, in dem der Gerichtshof auf eine Nichtigkeitsklage hin die Gültigkeit eines Teils der gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift bis zum Erlass einer neuen Vorschrift aufrechterhalten hat, vgl. Urteil vom 18. Oktober 2007, Kommission/Rat und Parlament (C‑299/05, Slg. 2007, I‑0000, Randnrn. 74 f.). Dort hätte die schlichte Nichtigerklärung der Aufnahme der vom Vereinigten Königreich vorgesehenen Unterhaltsbeihilfe für Behinderte in die Liste des Anhangs IIA der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates in geänderter Fassung zur Folge gehabt, dass das Vereinigte Königreich gezwungen gewesen wäre, das „Mobilitätselement“ dieser Leistung einer unbestimmten Zahl von Begünstigten in der gesamten Europäischen Union zu gewähren, obwohl dieser Teil der Unterhaltsbeihilfe unbestreitbar Sonderleistungscharakter hatte und daher als nicht exportierbare Leistung rechtmäßig in den Anhang IIA der Verordnung hätte aufgenommen werden können.


77 – Zu den der Kommission offenstehenden Möglichkeiten siehe unten, Nrn. 111 bis 120.


78 – Auch wenn der Inhalt der Liste verbotener Gegenstände nicht bekannt ist, steht doch jedenfalls fest, dass der Anhang der Verordnung Nr. 622/2003 eine solche Liste tatsächlichenthält.


79 – Art. 220 EG (früher Art. 164 EG-Vertrag). Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Poiares Maduro vom 16. Januar 2008 in der Rechtssache Kadi/Rat (C‑402/05 P, anhängig, Nr. 35): „… wenn die Risiken für die öffentliche Sicherheit so außergewöhnlich hoch eingeschätzt werden, entsteht ein besonders starker Druck zum Ergreifen von Maßnahmen, die Individualrechte außer Acht lassen … In derartigen Fällen haben die Gerichte daher ihre Aufgabe, den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten, mit erhöhter Wachsamkeit zu erfüllen.“


80 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Juni 1994, Kommission/BASF u. a. (C‑137/92 P, Slg. 1994, I‑2555, Randnr. 48), Hoechst/Kommission, in Fn. 63 angeführt, Randnr. 69, vom 8. Juli 1999, Chemie Linz/Kommission (C‑245/92 P, Slg. 1999, I‑4643, Randnr. 93), und vom 5. Oktober 2004, Kommission/Griechenland (C‑475/01, Slg. 2004, I‑8923, Randnr. 18).


81 – In Fn. 80 angeführte Urteile Kommission/BASF u. a., Randnr. 49, Chemie Linz/Kommission, Randnr. 94, und Kommission/Griechenland, Randnr. 19, sowie Urteil Hoechst/Kommission, in Fn. 63 angeführt, Randnr. 70.


82 – In Fn. 80 angeführte Urteile Kommission/BASF, Randnr. 50, Chemie Linz/Kommission, Randnr. 95, und Kommission/Griechenland, Randnr. 20, sowie Urteil Hoechst/Kommission, in Fn. 63 angeführt, Randnr. 76. Auf Inexistenz des streitigen Rechtsakts hat der Gerichtshof erkannt u. a. in den Urteilen vom 12. Juli 1957, Dineke Algera u. a./Gemeinsame Versammlung (7/56, 3/57 bis 7/57, Slg. 1957, 85, 126), vom 21. Februar 1974, Roswitha Kortner, verheiratete Schots, u. a./Rat und Kommission (15/73 bis 33/73, 52/73, 53/73, 57/73 bis 109/73, 116/73, 117/73, 123/73, 132/73 und 135/73 bis 137/73, Slg. 1974, 177, Randnr. 33), und vom 26. Februar 1987, Consorzio Cooperative d'Abruzzo/Kommission (15/85, Slg. 1987, 1005, Randnrn. 10 f.: „Auch ohne dass Anlass bestünde, über die Schwere der von der Kommission behaupteten Mängel zu entscheiden, genügt die Feststellung, dass weder der eine noch der andere offensichtlich ist. Keiner dieser Mängel war bei der Lektüre der Entscheidung erkennbar“, vom 30. Juni 1988, Kommission/Griechenland (226/87, Slg. 1988, 3611, Randnr. 16), vom 8. Juli 1999, Hüls/Kommission (C‑199/92 P, Slg. 1999, I‑4287, Randnrn. 84 bis 88), vom 8. Juli 1999, ICI/Kommission (C‑200/92 P, Slg. 1999, I‑4399, Randnrn. 70 bis 73), vom 8. Juli 1999, Montecatini/Kommission (C‑235/92 P, Slg. 1999, I‑4539, Randnrn. 96 bis 100), vom 20. Januar 2002, Italien/Kommission (C‑107/99, Slg. 2002, I‑1091, Randnr. 45), Kommission/Griechenland, in Fn. 80 angeführt, Randnrn. 18 bis 21; vgl. außerdem Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2007, SP u. a./Kommission (T‑27/03, T‑46/03, T‑58/03, T‑79/03, T‑80/03, T‑97/03 und T‑98/03, Slg. 2007, II‑0000, Randnr. 122).


83 – Vgl. z. B. Von der Groeben, H., Thiesing, J., und Ehlermann, C.-D., (Hrsg.), Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, 6. Auflage, Band 4: Art. 189 – 314 (2004), S. 834, Nr. 14.


84 – Urteil vom 10. Dezember 1957 (1/57 und 14/57, Slg. 1957, 215, 232).


85 – Urteil des Gerichts vom 27. Februar 1992, BASF u. a./Kommission (T‑79/89, T‑84/89 bis T‑86/89, T‑89/89, T‑91/89, T‑92/89, T‑94/89, T‑96/89, T‑98/89, T‑102/89 und T‑104/89, Slg. 1992, II‑315).


86 – Urteil Kommission/BASF u. a., in Fn. 80 angeführt, Randnr. 52.


87 – Und zwar: a) Leistungskriterien und Abnahmeprüfungen für die Ausrüstung, ausführliche Verfahrensanweisungen mit sensiblen Informationen sowie ausführliche Kriterien für die Befreiung von Sicherheitsmaßnahmen; b) Spezifikationen für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften und c) die Inspektionsberichte und die Antworten der Mitgliedstaaten bezüglich der Überwachung der Einhaltung der Vorschriften. In Art. 8 Abs. 2 und 3 ist Vertraulichkeit „so weit wie möglich und entsprechend den einschlägigen innerstaatlichen Gesetzesvorschriften“ außerdem für Informationen vorgesehen, die sich aus andere Mitgliedstaaten betreffenden Inspektionsberichten und Antworten der Mitgliedstaaten ergeben.


88 – Siehe Fn. 87.


89 – „Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit darüber entscheiden, ob, inwieweit und nach welchen Verfahren geeignete Vorschriften für die Seeschifffahrt und Luftfahrt zu erlassen sind.“


90 – Art. 254 Abs. 3 EG.


91 – Ebd.


92 – Verordnung (EG) Nr. 1683/95 des Rates vom 29. Mai 1995 über eine einheitliche Visagestaltung (ABl. L 164, S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 zur Anpassung einiger Verordnungen, Beschlüsse und Entscheidungen in den Bereichen freier Warenverkehr, Freizügigkeit, Gesellschaftsrecht, Wettbewerbspolitik, Landwirtschaft (einschließlich des Veterinär- und Pflanzenschutzrechts), Verkehrspolitik, Steuerwesen, Statistik, Energie, Umwelt, Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, Zollunion, Außenbeziehungen, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und Organe anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens (ABl. L 363, S. 1).


93 – In ihren schriftlichen Erklärungen zitiert die Kommission deutsche Rechtswissenschaftler, die der Auffassung sind, dass eine Entscheidung nur für Einzelfälle gedacht ist: vgl. z. B. Von der Groeben, H., Thiesing, J., und Ehlermann, C.‑D., (Hrsg.), Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, in Fn. 83 angeführt, S. 791, Nr. 43. Anderer Ansicht Bast, J., „On the Grammar of EU Law: Legal Instruments“, Jean Monnet Working Paper 9/03, Heidelberg, 2003, S. 65 f., im Internet abrufbar unter http://www.jeanmonnetprogram.org/papers/03/030901-05.pdf. Vgl. auch Greaves, R., „The Nature and Binding Effect of Decisions under Article 189 EC“, European Law Review, 1996, S. 3 bis 16, der auf den quasi-legislativen Charakter von für alle Mitgliedstaaten bestimmten Entscheidungen hinweist. Ein anschauliches Beispiel ist die Entscheidung 65/271/EWG des Rates vom 13. Mai 1965 über die Harmonisierung bestimmter Vorschriften, die den Wettbewerb im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr beeinflussen (ABl. 1965, Nr. 88, S. 1500), die Streitgegenstand der Rechtssache Grad/Finanzamt Traunstein, Urteil vom 6. Oktober 1970 (9/70, Slg. 1970, 825), war.


94 – So sind die tschechische, die polnische und die finnische Regierung der Auffassung, dass eine Verordnung eindeutig kein Dokument im Sinne der Dokumentenzugangsverordnung sei, während die Regierungen Dänemarks, Frankreichs, Griechenlands, Österreichs, Schwedens, des Vereinigten Königreichs und Ungarns sowie der Rat und die Kommission ebenso vehement dagegen halten, dass dies eindeutig doch der Fall sei.


95 – Siehe oben, Nr. 49. Ich habe oben bereits auf den allgemeinen Zusammenhang der Art. 254 EG und 255 EG hingewiesen: Nrn. 54 bis 60.


96 – Siehe oben, Nr. 58.


97 – Vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 26. April 2005, Sison/Rat (T‑110/03, T‑150/03 und T‑405/03, Slg. 2005, II‑1429, Randnr. 92).


98 – Vgl. zehnter Erwägungsgrund. Vgl. auch Urteil vom 18. Dezember 2007, Schweden/Kommission u. a. (C‑64/05 P, Slg. 2007, I‑0000, Randnrn. 55 f.), sowie Schlussanträge von Generalanwalt Poiares Maduro in dieser Rechtssache, Nrn. 27 f.


99 – Art. 3 Buchst. a.


100 – Zu Art. 4 vgl. Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat (C‑266/05 P, Slg. 2007, I‑1233, Randnr. 63), und Schweden/Kommission u. a., in Fn. 98 angeführt, Randnr. 66.


101 – So sieht Art. 4 Abs. 1 vor, dass die Organe den Zugang zu Dokumenten verweigern, die unter die dort bezeichneten Kategorien fallen. In Art. 9 folgen im Anschluss an die Begriffsbestimmung für „sensible Dokumente“ nur noch Vollverben, die eine zwingende Anweisung beinhalten.


102 – Art. 1 Buchst. a.


103 – Hervorhebung nur hier.


104 – Art. 13 Abs. 2; die Organe haben ferner nach Art. 13 Abs. 3 ein Ermessen, Dokumente sogar in noch weiterem Umfang zu veröffentlichen.


105 – Vgl. allgemein die Art. 6, 7, 8 und 10. Gemäß Art. 12 sind die Organe verpflichtet, Dokumente „soweit möglich“ direkt in elektronischer Form oder über ein Register umfassend zugänglich zu machen. Insbesondere „legislative Dokumente, d. h. Dokumente, die im Laufe der Verfahren zur Annahme von Rechtsakten, die in den oder für die Mitgliedstaaten rechtlich bindend sind, erstellt wurden oder eingegangen sind, sollten vorbehaltlich der Artikel 4 und 9 direkt zugänglich gemacht werden“.


106 – Hervorhebung nur hier.