Rechtssache C-191/17

Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte

gegen

ING-DiBa Direktbank Austria Niederlassung der ING-DiBa AG

(Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs)

„Richtlinie 2007/64/EG – Zahlungsdienste im Binnenmarkt – Begriff ‚Zahlungskonto‘ – Mögliche Einbeziehung eines Sparkontos, auf das bzw. von dem der Nutzer über ein auf ihn lautendes Girokonto Einzahlungen und Abhebungen vornehmen kann“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 4. Oktober 2018

Rechtsangleichung – Zahlungsdienste im Binnenmarkt – Richtlinie 2007/64 – Zahlungskonto – Begriff – Sparkonto mit täglicher Fälligkeit – Einzahlungen und Abhebungen müssen über ein Girokonto vorgenommen werden – Nichteinbeziehung

(Richtlinie 2007/64 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Nr. 14; Richtlinie 2014/92 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 1 Abs. 6 und Art. 2 Nr. 3)

Art. 4 Nr. 14 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG ist dahin auszulegen, dass ein Sparkonto mit täglicher Fälligkeit, auf das bzw. von dem Einzahlungen und Abhebungen nur über ein Girokonto vorgenommen werden können, nicht unter den Begriff „Zahlungskonto“ fällt.

Zum Begriff „Zahlungskonto“ ist zunächst festzustellen, dass die Definition in Art. 2 Nr. 3 der Zahlungskonten-Richtlinie mit der Definition in Art. 4 Nr. 14 der Zahlungsdienste-Richtlinie nahezu identisch ist.

Sodann ist hervorzuheben, dass es im zwölften Erwägungsgrund der Zahlungskonten-Richtlinie u. a. heißt, dass Sparkonten grundsätzlich aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sind, da sie keine Zahlungskonten sind, es sei denn, sie können auf täglicher Basis für Zahlungsvorgänge genutzt werden.

Wenngleich Sparkonten grundsätzlich nicht unter die Definition des Begriffs „Zahlungskonto“ fallen, ist dieser Ausschluss somit nicht absolut. Aus dem erwähnten zwölften Erwägungsgrund geht nämlich zum einen hervor, dass die bloße Bezeichnung eines Kontos als „Sparkonto“ für sich genommen nicht genügt, um die Einordnung als „Zahlungskonto“ auszuschließen, und zum anderen, dass das entscheidende Kriterium für eine solche Einstufung in der Möglichkeit besteht, ein solches Konto auf täglicher Basis für Zahlungsvorgänge zu nutzen.

In diesem Zusammenhang ist Art. 1 Abs. 6 der Zahlungskonten-Richtlinie zu berücksichtigen, wonach diese Richtlinie für Zahlungskonten gilt, die dem Verbraucher mindestens Folgendes ermöglichen: die Einzahlung eines Geldbetrags auf ein Zahlungskonto, die Bargeldabhebung von einem Zahlungskonto sowie die Ausführung und den Empfang von Zahlungsvorgängen, einschließlich Überweisungen, an Dritte und von Dritten.

Demzufolge ist die Möglichkeit, von einem Konto Zahlungsvorgänge an Dritte bzw. von Dritten auszuführen und zu empfangen, ein konstitutives Merkmal des Begriffs „Zahlungskonto“.

Ein Konto, das für solche Zahlungsvorgänge nicht unmittelbar, sondern nur über ein Zwischenkonto genutzt werden kann, kann daher nicht als „Zahlungskonto“ im Sinne der Zahlungskonten-Richtlinie und folglich der Zahlungsdienste‑Richtlinie angesehen werden.

(vgl. Rn. 27-33 und Tenor)