URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

26. Oktober 2017(*)

„Unionsmarke – Internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union – Dreidimensionale Marke – Form eines großen Glases – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑857/16

Erdinger Weißbräu Werner Brombach GmbH & Co. KG mit Sitz in Erding (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Hayn,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch S. Hanne als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 20. September 2016 (Sache R 659/2016-2) über die internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union einer aus der Form eines großen Glases bestehenden dreidimensionalen Marke

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis sowie des Richters S. Papasavvas und der Richterin O. Spineanu-Matei (Berichterstatterin),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 5. Dezember 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 15. März 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Hauptparteien binnen der Frist von drei Wochen nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 5. Dezember 2014 erwirkte Erdinger Weißbräu Franz Brombach beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) unter der Nr. 1242704 eine internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union für folgende dreidimensionale Marke:

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2        Am 16. April 2015 wurde dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die internationale Registrierung des in Rede stehenden Zeichens mitgeteilt.

3        Die Schutzerstreckung wurde u. a. für folgende Waren der Klasse 21 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung beantragt:Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert)“.

4        Am 30. April 2015 teilte die Prüferin Erdinger Weißbräu Franz Brombach mit, dass der Schutz der internationalen Marke in der Union vorläufig verweigert werde. Diese Schutzverweigerung wurde mit dem Fehlen von Unterscheidungskraft des fraglichen Zeichens im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]), insbesondere deren Art. 7 Abs. 1 Buchst. b (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001), für die oben in Rn. 3 angeführten Waren begründet. Da die übermittelten Unterlagen zum Teil unleserlich waren, übersandte das EUIPO sie am 1. Juli 2015 ein zweites Mal und – da das Übermittlungsproblem nicht vollständig beseitigt worden war – am 22. Juli 2015 ein drittes Mal.

5        Am 17. Dezember 2015 erhielt das EUIPO die Mitteilung, dass die Klägerin, die Erdinger Weißbräu Werner Brombach GmbH & Co. KG, mit Wirkung vom 1. Dezember 2015 Inhaberin der internationalen Registrierung Nr. 1242704 mit Benennung der Union geworden war.

6        Nach Erhalt der Stellungnahme der Klägerin zu den Beanstandungen in der Mitteilung über die vorläufige Schutzverweigerung bestätigte die Prüferin mit Entscheidung vom 9. Februar 2016 aus denselben Gründen wie den zuvor angegebenen die Schutzverweigerung der internationalen Marke in der Union, jedoch nur für die „Glaswaren“ in der Klasse 21.

7        Am 7. April 2016 legte die Klägerin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüferin ein.

8        Mit Entscheidung vom 20. September 2016 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde mit der Begründung zurück, das fragliche Zeichen habe für die „Glaswaren“ der Klasse 21 keine Unterscheidungskraft.

9        Die Beschwerdekammer war der Auffassung, die in Rede stehenden Waren seien für das allgemeine Publikum in der gesamten Union bestimmt, das normal informiert und angemessen aufmerksam und verständig sei.

10      Im Wesentlichen stellte die Beschwerdekammer fest, dass der Entwurf des fraglichen Glases nicht derart ungewöhnlich oder phantasievoll sei, dass es auf den ersten Blick als ein Hinweis auf die Herkunft der in Rede stehenden Waren wahrgenommen würde. Das Erscheinungsbild der angemeldeten Marke weiche nicht erheblich von der Norm und Üblichkeit der betreffenden Branche ab. Die Form des fraglichen Glases sei eine einfache Variante einer ziemlich verbreiteten Form der in Rede stehenden Waren. Die maßgeblichen Verkehrskreise, die mit einer Vielzahl von verschiedenen Designs für Glaswaren konfrontiert seien, hielten sich eher an eine Wortmarke oder ein Logo, um das Unternehmen, das Hersteller dieser Waren sei, zu identifizieren. Daher nähmen diese Kreise die Form und das Design des fraglichen Glases allenfalls als dekorativ wahr und nicht als ein Zeichen, das auf die Herkunft der Ware hinweise. Der bloße Umstand, dass die fragliche Form als solche nicht von Wettbewerbern benutzt worden sein soll, reiche für sich genommen nicht aus, um der angemeldeten Marke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft zu verleihen.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens vor der Beschwerdekammer aufzuerlegen;

–        eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

12      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin zwar in der Klageschrift angegeben hat, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen, diese Angabe jedoch keinen Antrag auf mündliche Verhandlung im Sinne von Art. 106 in Verbindung mit Art. 191 der Verfahrensordnung des Gerichts darstellt. Gemäß diesen Vorschriften kann das Gericht, da kein solcher Antrag gestellt worden ist, über die vorliegende Rechtssache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

14      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend.

15      Die Klägerin trägt vor, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht eine fehlende Unterscheidungskraft der Marke angenommen habe.

16      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

17      Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.

18      Die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 besagt, dass die Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteile vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C‑456/01 P und C‑457/01 P, EU:C:2004:258, Rn. 34, vom 20. Oktober 2011, Freixenet/HABM, C‑344/10 P und C‑345/10 P, EU:C:2011:680, Rn. 42, und vom 15. Mai 2014, Louis Vuitton Malletier/HABM, C‑97/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:324, Rn. 50).

19      Zeichen ohne Unterscheidungskraft gelten als ungeeignet, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, nämlich die, auf die betriebliche Herkunft der Ware oder der Dienstleistung hinzuweisen, damit der Verbraucher, der die durch die Marke bezeichnete Ware erwirbt oder die durch die Marke bezeichnete Dienstleistung in Anspruch nimmt, bei einem späteren Erwerb oder einer späteren Inanspruchnahme seine Entscheidung davon abhängig machen kann, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (Urteile vom 27. Februar 2002, REWE-Zentral/HABM [LITE], T‑79/00, EU:T:2002:42, Rn. 26, und vom 20. November 2002, Bosch/HABM [Kit Pro und Kit Super Pro], T‑79/01 und T‑86/01, EU:T:2002:279, Rn. 19).

20      Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Dienstleistungen zusammensetzen (Urteile vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C‑456/01 P und C‑457/01 P, EU:C:2004:258, Rn. 35, vom 22. Juni 2006, Storck/HABM, C‑25/05 P, EU:C:2006:422, Rn. 25, und vom 20. Oktober 2011, Freixenet/HABM, C‑344/10 P und C‑345/10 P, EU:C:2011:680, Rn. 43).

21      Nach ständiger Rechtsprechung sind die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken, die in der Form der Ware selbst bestehen, keine anderen als die für die übrigen Markenkategorien geltenden (Urteile vom 22. Juni 2006, Storck/HABM, C‑25/05 P, EU:C:2006:422, Rn. 26, und vom 20. Oktober 2011, Freixenet/HABM, C‑344/10 P und C‑345/10 P, EU:C:2011:680, Rn. 45).

22      Jedoch ist im Rahmen der Anwendung dieser Kriterien zu berücksichtigen, dass eine dreidimensionale Marke, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst besteht, vom Durchschnittsverbraucher nicht zwingend in gleicher Weise wahrgenommen wird wie eine Wort- oder Bildmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild der mit der Marke bezeichneten Waren unabhängig ist. Denn wenn grafische oder Wortelemente fehlen, so schließen die Durchschnittsverbraucher aus der Form der Waren oder der ihrer Verpackung gewöhnlich nicht auf die Herkunft dieser Waren; daher kann es schwieriger sein, die Unterscheidungskraft einer solchen dreidimensionalen Marke nachzuweisen als diejenige einer Wort‑ oder Bildmarke (Urteile vom 22. Juni 2006, Storck/HABM, C‑25/05 P, EU:C:2006:422, Rn. 27, und vom 20. Oktober 2011, Freixenet/HABM, C‑344/10 P und C‑345/10 P, EU:C:2011:680, Rn. 46).

23      Außerdem sind die Neuheit oder die Originalität keine maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Dezember 2010, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli/HABM [Form eines Hasen aus Schokolade mit rotem Band], T‑336/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:546, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 26. November 2015, Établissement Amra/HABM [KJ Kangoo Jumps XR], T‑390/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:897, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung gilt, dass, je mehr sich die als Marke angemeldete Form der Form annähert, in der die betreffende Ware am wahrscheinlichsten in Erscheinung tritt, umso eher zu erwarten ist, dass dieser Form die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fehlt. Unter diesen Bedingungen besitzt nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllt, auch Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (Urteile vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C‑456/01 P und C‑457/01 P, EU:C:2004:258, Rn. 39, und vom 7. Mai 2015, Voss of Norway/HABM, C‑445/13 P, EU:C:2015:303, Rn. 91).

24      Daraus folgt, dass, wenn eine dreidimensionale Marke in der Form der Ware besteht, für die sie angemeldet wird, der bloße Umstand, dass diese Form eine „Variante“ der üblichen Formen dieser Warengattung ist, nicht ausreicht, um zu beweisen, dass es der genannten Marke nicht an Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fehlt. Es ist stets zu prüfen, ob diese Marke es dem normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Ware erlaubt, diese – ohne Prüfung und ohne besondere Aufmerksamkeit – von Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 7. Mai 2015, Voss of Norway/HABM, C‑445/13 P, EU:C:2015:303, Rn. 92 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet. Um zu beurteilen, ob eine Marke Unterscheidungskraft hat, ist daher auf den von ihr hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen (vgl. Urteile vom 30. Juni 2005, Eurocermex/HABM, C‑286/04 P, EU:C:2005:422, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 7. Mai 2015, Voss of Norway/HABM, C‑445/13 P, EU:C:2015:303, Rn. 105). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die zuständige Behörde, die zu prüfen hat, ob die angemeldete Marke im Verkehr als Herkunftshinweis wahrgenommen wird, nicht zunächst die einzelnen Gestaltungselemente dieser Marke nacheinander prüfen kann. Es kann sich nämlich als zweckmäßig erweisen, dass sie bei der Gesamtbeurteilung jeden einzelnen Bestandteil der Marke untersucht (vgl. Urteile vom 30. Juni 2005, Eurocermex/HABM, C‑286/04 P, EU:C:2005:422, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 7. Mai 2015, Voss of Norway/HABM, C‑445/13 P, EU:C:2015:303, Rn. 106).

26      Das Vorbringen der Klägerin ist im Licht der in den Rn. 17 bis 25 ausgeführten Grundsätze zu prüfen.

27      Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass die „Glaswaren“ der Klasse 21 Waren des täglichen Bedarfs und für das allgemeine Publikum in der gesamten Union bestimmt seien, das normal informiert und angemessen aufmerksam und verständig sei (Rn. 15 der angefochtenen Entscheidung). Diese Beurteilungen der Beschwerdekammer, die von der Klägerin im Übrigen nicht gerügt werden, sind aufrechtzuerhalten.

28      Außerdem stellte die Beschwerdekammer, gestützt auf Internetrecherchen der Prüferin, fest, dass die Gläser gewöhnlich mehr oder weniger phantasievolle Verzierungen aufwiesen, was auch Formen einschließe, die einem Fußball ähnelten. Der Entwurf des fraglichen Glases sei nicht derart ungewöhnlich oder phantasievoll, dass es auf den ersten Blick als ein Hinweis auf die Herkunft der in Rede stehenden Waren wahrgenommen würde. Das Erscheinungsbild der angemeldeten Marke weiche nicht erheblich von der Norm und Üblichkeit der betreffenden Branche ab. Die Form des fraglichen Glases sei eine einfache Variante einer ziemlich verbreiteten Form der in Rede stehenden Waren. Das Design des fraglichen Glases könne aufgrund seiner von den bereits auf dem Markt vorhandenen Formen leicht abweichenden Form – allenfalls – als ein neues Design angesehen werden und nicht als ein Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Waren. Die behauptete Neuheit der Gesamtform oder die angebliche Einzigartigkeit des Designs könnten für sich genommen nicht ausreichen, um dem fraglichen Glas die erforderliche Unterscheidungskraft zu verleihen. Um aus der Unzahl anderer Formen auf dem Markt herauszustechen und die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers auf sich zu ziehen, müsse diese Form sich von den anderen Formen wesentlich unterscheiden. Die maßgeblichen Verkehrskreise, die mit einer Vielzahl von verschiedenen Designs für Glaswaren konfrontiert seien, hielten sich eher an eine Wortmarke oder ein Logo, um das Unternehmen, das Hersteller dieser Waren sei, zu identifizieren. Daher nähmen diese Kreise die Form und das Design des fraglichen Glases ausschließlich allenfalls als dekorativ wahr und nicht als ein Zeichen, das auf die Herkunft der Ware hinweise. Der bloße Umstand, dass die fragliche Form als solche nicht von Wettbewerbern benutzt worden sein soll, reiche für sich genommen nicht aus, um der angemeldeten Marke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft zu verleihen.

29      Die Klägerin ist der Auffassung, dass es im vorliegenden Fall zwar entscheidend sei, ob sich die Form der in Rede stehenden Ware von den bekannten und branchenüblichen Formen von Trinkgläsern unterscheide, bei der Frage nach dem erforderlichen Ausmaß der Abweichung jedoch kein allzu strenger Maßstab angelegt werden dürfe. Die Kategorie der dreidimensionalen Marke würde anderenfalls gegenüber anderen Markenarten unverhältnismäßig benachteiligt und die Eintragung solcher Marken behindert, obwohl es in der Verordnung Nr. 207/2009 an jeglicher rechtlichen Grundlage für eine solche unzulässige Differenzierung fehle. Sie wirft der Beschwerdekammer vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass sich die in Rede stehende Form eines Bierglases in mehreren Punkten deutlich von herkömmlichen Biergläsern abhebe.

30      In dieser Hinsicht ist festzustellen, dass die angemeldete Marke eine dreidimensionale Marke ist, die sich in der Form eines großen Glases darstellt, bestehend aus einem transparenten Gefäß mit einem zylindrischen unteren Teil, der in der Mitte leicht verengt ist, und einem größeren und stärker gerundeten oberen Teil mit Mustern die, wie die Klägerin geltend macht, den Eindruck eines Fußballs ergeben können.

31      Unter diesen Umständen ist zu prüfen, ob die angemeldete Marke erheblich von der Norm oder Üblichkeit der betreffenden Branche abweicht.

32      In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer ihre Behauptungen nicht auf eine abstrakte Kenntnis des relevanten Marktes gegründet hat, sondern auf konkrete ihr zur Verfügung stehende Nachweise, da sie die auf eine Internetrecherche gestützten Feststellungen der Prüferin aufgegriffen und in der angefochtenen Entscheidung (dort in den Rn. 5 und 21) erwähnt hat. Die Klägerin bestreitet das Ergebnis dieser Recherchen nicht. Folglich kann der Beschwerdekammer, da sie sich auf konkrete Beispiele von Gläsern mit einer ähnlichen Form wie der der angemeldeten Marke gestützt hat, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vorgeworfen werden, sie habe einen zu strengen Maßstab angelegt.

33      Hierzu kann nämlich – auch wenn die Klägerin behauptet, dass sich die Form des fraglichen Glases deutlich von der Form „herkömmlicher“ Biergläser abhebe – festgestellt werden, dass viele der auf dem Markt vertriebenen großen Gläser eine zylindrische Form mit einer leichten Verengung in der Mitte des unteren Teils aufweisen, wie die in der angefochtenen Entscheidung (Rn. 5 und 21 der angefochtenen Entscheidung) aufgegriffenen Ausführungen zeigen. Außerdem haben entgegen dem Vorbringen der Klägerin, auch wenn verschiedene Formen von Gläsern existieren, wie einige von ihr vorgelegte Beispiele belegen sollen, von den auf dem Markt gehandelten Gläsern, die sie anführt, viele eine zylindrische Form mit einer Verengung in ihrem mittleren Bereich, und ist auch die mehr abgerundete Form des oberen Bereichs nur eine Variante der klassischen Form eines Glases.

34      Daher kann nicht der von der Klägerin vertretenen Auffassung gefolgt werden, dass der Vergleich der fraglichen Form mit den üblichen am Markt benutzten Glasformen zeige, dass keine einzige der recherchierten Formen von Biergläsern eine derart extravagante und besondere Formgestaltung aufweise.

35      Diese Feststellung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich auf dem oberen abgerundeten Teil des Glases, das die angemeldete Marke darstellt, Muster befinden. Wie die Beschwerdekammer ausgeführt hat (Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung), haben Gläser nämlich üblicherweise mehr oder weniger phantasievolle Verzierungen, darunter auch Muster, die dem Muster eines Fußballs ähneln. So hat die Beschwerdekammer unter Bezugnahme auf die Recherchen der Prüferin Beispiele von Gläsern angeführt, deren oberer Teil an einen Fußball erinnert (Rn. 5 der angefochtenen Entscheidung).

36      Entgegen der Auffassung der Klägerin geht zudem aus der Beschreibung der die angemeldete Marke bildenden Form nicht hervor, dass sie optisch den „Eindruck [vermittelt], dass der ‚Fußball‘ geradezu auf dem dünneren Mittelteil schweben würde“. Im Gegenteil tragen die kreisbogenförmigen Motive an der Basis der Muster, die an solche eines Fußballs erinnern könnten, dazu bei, dass der Eindruck entsteht, dass der obere abgerundete Teil des fraglichen Glases fest mit seinem unteren Teil verbunden ist.

37      Die angemeldete Marke stellt sich somit insgesamt als Form eines großen Glases dar, das wegen seiner vorstehend erwähnten Merkmale einer Variante von üblicherweise auf dem Markt verfügbaren großen Gläsern gleichkommt, so dass nicht festgestellt werden kann, dass diese Marke in ihrer Gesamtheit erheblich von den üblichen Formen einer solchen Ware abweicht.

38      Entgegen der Behauptung der Klägerin ist daher der von der Form des fraglichen Glases „hervorgerufene Eindruck“ nicht einzigartig auf dem Markt, auch wenn es sich bei ihm, wie sie vorbringt, um ein Weißbierglas handelt. Der Umstand, dass die Beschwerdekammer nicht nachgewiesen hat, dass es auf dem Markt Gläserformen gibt, die mit der, die den Gegenstand der Anmeldung bildet, identisch sind, vermag diese Beurteilung nicht zu entkräften. Zum einen würde nämlich dieser Umstand für sich genommen nicht ausreichen, um nachzuweisen, dass die angemeldete Form erheblich von der Norm und Üblichkeit der betreffenden Branche abweicht und deshalb Unterscheidungskraft besitzt. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Neuheit der Form einer Ware zwar im Rahmen ihrer Beurteilung anhand der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) einen zu berücksichtigenden Gesichtspunkt darstellen kann; bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke ist die Neuheit dagegen gemäß der oben in Rn. 23 angeführten Rechtsprechung kein relevantes Kriterium. Zum anderen bleibt festzustellen, dass sich die in Rede stehende Form nicht erheblich von der Norm und Üblichkeit der betreffenden Branche entfernt.

39      Außerdem ist das Argument der Klägerin, sie sei das einzige Unternehmen, das das Glas vermarkte, dessen Form Gegenstand der Anmeldung ist, nicht geeignet, eine erhebliche Abweichung zwischen dem von der angemeldeten Form hervorgerufenen Gesamteindruck und der Norm und Üblichkeit der betreffenden Branche und damit das Vorliegen eines Hinweises auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren darzutun.

40      Hieraus ergibt sich, dass die Beschwerdekammer in Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung keinen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie im Wesentlichen festgestellt hat, dass die beanstandete Marke nur eine Variante der üblichen Formen großer Gläser sei, die einen großen Teil der Glaswaren der Klasse 21, für die die Marke angemeldet wurde, darstellen, und dass sie es dem Durchschnittsverbraucher entgegen den Ausführungen der Klägerin nicht erlaube, die fraglichen Waren von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

41      Nach alledem hat die Beschwerdekammer in Rn. 25 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt, dass die streitige Marke keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 besitzt.

42      Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, mit dem diese der Beschwerdekammer vorwirft, nicht berücksichtigt zu haben, dass die angemeldete Form des Glases zudem an einen Pokal erinnere und der Verbraucher hierdurch die Vorstellung habe, das Bier aus einem Pokal zu trinken und nicht aus einem Glas. Insoweit genügt die Feststellung, dass sich diesem Vorbringen nicht entnehmen lässt, inwiefern sich, wenn man annimmt, dass der Verbraucher die in Rede stehende Form mit einem Pokal in Verbindung bringt und nicht mit einem Glas, hieraus ergeben sollte, dass der Verbraucher aus dieser Assoziation den Schluss auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren ziehen würde und dass die angemeldete Marke Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 besitzt.

43      Nach alledem ist der einzige Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt wird, als unbegründet zurückzuweisen, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.

 Kosten

44      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1)      Die Klage wird abgewiesen.


2)      Die Erdinger Weißbräu Werner Brombach GmbH & Co. KG trägt die Kosten.

Berardis

Papasavvas

Spineanu-Matei

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 26. Oktober 2017.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      G. Berardis


*      Verfahrenssprache: Deutsch.