Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs (Österreich) eingereicht am 27. März 2020 - Bundeswettbewerbsbehörde gegen Nordzucker AG u.a.

(Rechtssache C-151/20)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Oberster Gerichtshof

Parteien des Ausgangsverfahrens

Rekurswerberin: Bundeswettbewerbsbehörde

Rekursgegnerinnen: Nordzucker AG, Südzucker AG, Agrana Zucker GmbH

Vorlagefragen

Ist das in der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung des Gerichtshofs für die Anwendbarkeit des Grundsatzes „ne bis in idem“ aufgestellte dritte Kriterium, nämlich dass das gleiche geschützte Rechtsgut betroffen sein muss, auch dann anzuwenden, wenn die Wettbewerbsbehörden zweier Mitgliedstaaten berufen sind, für denselben Sachverhalt und in Bezug auf dieselben Personen neben nationalen Rechtsnormen auch dieselben europäischen Rechtsnormen (hier: Art. 101 AEUV) anzuwenden?

Bei Bejahung dieser Frage:

Liegt in einem solchen Fall der parallelen Anwendung europäischen und nationalen Wettbewerbsrechts das gleiche geschützte Rechtsgut vor?

Ist es darüber hinaus für die Anwendung des Grundsatzes „ne bis in idem“ von Bedeutung, ob die zeitlich erste Geldbußenentscheidung der Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats die Auswirkungen des Wettbewerbsverstoßes in tatsächlicher Hinsicht auf jenen weiteren Mitgliedstaat berücksichtigt hat, dessen Wettbewerbsbehörde erst danach im von ihr geführten wettbewerbsrechtlichen Verfahren entschieden hat?

Liegt auch bei einem Verfahren, in dem wegen der Teilnahme eines Beteiligten am nationalen Kronzeugenprogramm nur dessen Zuwiderhandlung gegen Wettbewerbsrecht festgestellt werden kann, ein vom Grundsatz „ne bis in idem“ beherrschtes Verfahren vor, oder kann eine solche bloße Feststellung der Zuwiderhandlung unabhängig vom Ergebnis eines früheren Verfahrens betreffend die Verhängung einer Geldbuße (in einem anderen Mitgliedstaat) erfolgen?

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