Ein belgischer Arbeitnehmer, der in Luxemburg tätig ist und dort den überwiegenden Teil des Einkommens des Ehepaars erzielt, darf von der luxemburgischen Steuerbehörde nicht als Lediger behandelt werden.
Herr Zurstrassen und seine Ehefrau sind belgische Staatsangehörige. Herr Zurstrassen übt eine unselbständige Tätigkeit in Luxemburg aus und wohnt dort, während seine nicht berufstätige Frau mit den Kinder in Belgien wohnen.
Das Einkommen des Haushalts besteht hauptsächlich aus dem Einkommen, das Herr Zurstrassen aus seiner unselbständigen Tätigkeit in Luxemburg erzielt. Er gilt daher nach den luxemburgischen Rechtsvorschriften als gebietsansässiger Steuerpflichtiger.
Zur Bemessung seiner Einkommensteuer wendet die luxemburgische Administration des contributions directes die Regelung für Ledige an. Sie hält dies für gerechtfertigt, da der Steuerpflichtige in Luxemburg alleine wohnt. Dagegen werden nach luxemburgischem Recht Ehepaare, bei denen beide Teile gebietsansässig sind, zusammen veranlagt; dies ist auch bei Gebietsfremden der Fall, wenn mehr als 50 % des beruflichen Einkommens des Ehepaars in Luxemburg steuerbar sind.
Herr Zurstrassen legte gegen diese Einstufung Einspruch ein und beantragte, die Regelung über die Zusammenveranlagung und damit einen günstigeren Tarif anzuwenden.
Da die Steuerbehörde nicht reagierte, rief er das luxemburgische Tribunal administratif an, um die Abänderung oder Aufhebung der Einkommensteuerbescheide für 1995 und 1996 zu erreichen. Das Gericht hat das Verfahren ausgesetzt und fragt den Gerichtshof nach der Vereinbarkeit der luxemburgischen Regelung mit dem EG-Vertrag, insbesondere mit dem Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer.
Der Gerichtshof erinnert daran, daß der Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht nur offene Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verschleierten Formen von Diskriminierung, die tatsächlich zu demselben Ergebnis führen, verbietet.
Herr Zurstrassen wohne in Luxemburg und leiste Familienunterhalt in Belgien. Dieser Sachverhalt sei bei der Festlegung des auf ihn anzuwendenden Einkommensteuertarifs zu berücksichtigen.
Die Steuerbehörde trägt zur Rechtfertigung ihres Standpunkts vor, daß die Zusammenveranlagung von Ehegatten die Abgabenerhebung vereinfache, da zwischen ihnen eine Gesamtschuldnergemeinschaft bestehe. Im Fall von Herrn Zurstrassen, dessen Ehefrau im Ausland wohne, gebe es eine solche Erleichterung der Steuererhebung nicht.
Der Gerichtshof weist dieses Vorbringen zurück: Abgesehen von der Frage, ob der Zweck, die Steuererhebung zu erleichtern, eine Ungleichbehandlung wirksam rechtfertigen könne, würden bereits Paare zusammen veranlagt, bei denen beide Teile im Ausland wohnten, obwohl die materiellen Hindernisse für die Steuererhebung bei dieser Kategorie von Paaren größer seien.
Nach Auffassung des Gerichtshofes ist die luxemburgische Regelung daher mit dem EG-Vertrag unvereinbar.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument liegt in französischer und deutscher Sprache vor.
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