Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG NR. 52/2000

11. Juli 2000

Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-473/98

Kemikalieinspektionen / Toolex Alpha AB

SCHWEDEN DARF DIE VERWENDUNG VON TRICHLORETHYLEN ZU GEWERBLICHEN ZWECKEN VERBIETEN ODER EINSCHRÄNKEN


Das schwedische Recht, das die Verwendung von Trichlorethylen zu gewerblichen Zwecken grundsätzlich verbietet, ist durch den Schutz der Gesundheit gerechtfertigt.

Das schwedische Unternehmen Toolex stellt Werkzeugteile für die Fertigung von Compact Discs her. Dabei verwendet es Trichlorethylen für die Lösung von aus Fertigungsrückständen herrührenden Fetten. Wie ungefähr 200 andere Unternehmen auch beantragte es bei den schwedischen Behörden, diesen Stoff verwenden zu dürfen, der in der Gemeinschaftsregelung als krebserzeugend, gesundheitsschädlich und umweltgefährlich eingestuft ist.

Mit Entscheidung vom 18. Juni 1996 lehnte die Überprüfungsstelle für chemische Erzeugnisse (Kemikalieinspektion) den Antrag von Toolex ab: Diese habe, wie ungefähr 90 % der anderen betroffenen Unternehmen, keinen Zeitplan zur Einstellung der Verwendung von Trichlorethylen vorgelegt. Toolex klagte gegen die ablehnende Entscheidung beim Verwaltungsgericht (Länsrätten i Stockholm län), das diese mit der Begründung aufhob, daß das schwedische Recht in diesem Punkt dem Gemeinschaftsrecht widerspreche.

Die Überprüfungsstelle für chemische Erzeugnisse rief das Oberverwaltungsgericht (Kammarrätten i Stockholm) an. Dieses möchte vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wissen, ob ein Mitgliedstaat die gewerbliche Verwendung von Trichlorethylen verbieten und von diesem Verbot unter bestimmten Voraussetzungen im Einzelfall Ausnahmen zulassen darf.

Der Gerichtshof stellt fest, daß die Kommission von ihrer Befugnis, Maßnahmen der Gemeinschaft für das Inverkehrbringen von Trichlorethylen vorzuschlagen, noch keinen Gebrauch gemacht habe.

Unter diesen Umständen ist der Gerichtshof der Ansicht, daß das Gemeinschaftsrecht einen Mitgliedstaat nicht daran hindere, die gewerbliche Verwendung von Trichlorethylen zu regeln. Er prüft sodann in einem zweiten Schritt die Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem freien Warenverkehr.

Eine nationale Regelung wie die vorliegend in Rede stehende ist in seinen Augen eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung: Denn das von ihr aufgestellte grundsätzliche Verbot sowie die Verpflichtung der Wirtschaftsteilnehmer, gegebenenfalls eine Ausnahme davon zu beantragen, seien Maßnahmen, die eine Verringerung der Einfuhren von Trichlorethylen nach Schweden bewirken könnten.

Jedoch sei eine solche Beschränkung mit dem EG-Vertrag vereinbar, wenn sie dem Schutz der Gesundheit und der Sicherheit von Menschen diene. Es sei unbestreitbar, daß Trichlorethylen wegen seiner krebserzeugenden Wirkung schweren Bedenken begegne.

Unter Berücksichtigung der jüngsten einschlägigen medizinischen Forschungsarbeiten und der Schwierigkeiten, beim derzeitigen Stand der Forschung die kritische Schwelle zu bestimmen, von der an die Trichlorethylen-Exposition eine ernsthafte Gefährdung der menschlichen Gesundheit darstelle, sei den Akten kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß eine nationale Regelung wie die schwedische über das hinausgehe, was zum wirkungsvollen Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen erforderlich sei.

Deshalb ist der Gerichtshof der Ansicht, daß diese Regelung in einem angemessenen Verhältnis zum Ziel des Schutzes der Gesundheit stehe. Insbesondere sei die Gewährung von Ausnahmen im Einzelfall an Voraussetzungen geknüpft, die dem sogenannten Substitutionsprinzip entsprächen, das darin bestehe, die Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer dadurch zu beseitigen oder zu verringern, daß ein gefährlicher Stoff durch andere, weniger gefährliche ersetzt werde.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument liegt in deutscher, französischer, englischer und schwedischer Sprache vor.

Der vollständige Wortlaut des Urteils wird heute ab etwa 15.00 Uhr auf der Homepage des Gerichtshofes im Internet www.curia.eu.int verfügbar sein.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Dr. Ulrike Städtler, Tel.: (0 03 52) 43 03 - 32 55; Fax: (0 03 52) 43 03 - 27 34.