Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG NR. 62/2000

19. September 2000

Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-287/98

Großherzogtum Luxemburg / Berthe Linster, Aloyse Linster, Yvonne Linster

AUCH DANN, WENN EIN PROJEKT, DAS MÖGLICHERWEISE AUSWIRKUNGEN AUF DIE UMWELT HAT, DURCH GESETZ GENEHMIGT WIRD, SIND DIE ALLGEMEINEN, GEMEINSCHAFTSRECHTLICH VORGESCHRIEBENEN INFORMATIONSPFLICHTEN ZU BEACHTEN


Die Einhaltung dieser Pflichten wird vom nationalen Gericht überprüft, das die Rechtmäßigkeit eines Enteignungsverfahrens zu prüfen hat

Die Beklagten sind Eigentümer von Grundstücken in Hellingen. Das Großherzogtum Luxemburg hat vor dem Tribunal d'arrondissement Luxemburg Klage auf die Enteignung dieser Grundstücke erhoben.

Das Parlament des Großherzogtums Luxemburg hat am 13. Juli 1995 ein Gesetz erlassen, das eine Autobahnverbindung zwischen Rodingen und Bettemburg vorsah. Gleichzeitig nahmen die Abgeordneten einen Antrag an, in dem die Regierung aufgefordert wurde, die Südvariante der Saarautobahn zu verwirklichen. Die Regierung hat in der Folge die Linienführung dieser Autobahnverbindung festgelegt und eine Liste der Grundstücke aufgestellt, die für den Bau des Abschnitts Hellingen-Bad Mondorf zu enteignen sind.

Das vorlegende Gericht hat über die Rechtmäßigkeit eines der Enteignungsverfahren zu entscheiden. Es befragt den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu verschiedenen Aspekten der Gemeinschaftsregelung über die Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte.

Nach der Gemeinschaftsrichtlinie ist bei öffentlichen und privaten Projekten, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen; in diesem Rahmen ist die Öffentlichkeit zu informieren. Die Richtlinie gilt nicht für Projekte, die im Einzelnen durch einen besonderen einzelstaatlichen Gesetzgebungsakt genehmigt werden. Das Gesetzgebungsverfahren erlaubt nämlich im Allgemeinen, das Ziel der Bereitstellung von Informationen für die Öffentlichkeit zu erreichen.

Der Gerichtshof führt aus, dass die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, den innerstaatlichen Stellen jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt. Die Betroffenen müssen das Recht haben, vor den nationalen Gerichten die damit den Mitgliedstaaten auferlegten Verpflichtungen geltend zu machen und zu überprüfen, ob diese innerhalb der ihnen gezogenen Grenzen ihres Entscheidungsspielraums geblieben sind.

Daher müssen die Mitgliedstaaten alle Maßnahmen ergreifen, die erforderlich sind, damit die Öffentlichkeit bei der Genehmigung eines Projekts Zugang zu Mindestinformationen hat; die Öffentlichkeit muss Gelegenheit erhalten, sich vor Durchführung des Projekts dazu zu äußern. Der Entscheidungsspielraum der Mitgliedstaaten ist damit unter gerichtlicher Kontrolle auszuüben; es kann gerichtlich überprüft werden, ob dieser Spielraum überschritten wurde.

Der Gerichtshof legt den Begriff des besonderen einzelstaatlichen Gesetzgebungsakts einheitlich aus. Da die entsprechende Bestimmung den Anwendungsbereich der Richtlinie einschränkt, ist sie eng auszulegen. Die Ziele der Richtlinie gelten als durch das Gesetzgebungsverfahren erreicht, d. h. dass die Bereitstellung von Informationen in diesem Verfahren gesichert sein muss. Der Gesetzgeber muss also über Angaben verfügen, die denen gleichwertig sind, welche der zuständigen Behörde im Rahmen eines behördlichen Genehmigungsverfahren vorzulegen wären; andernfalls werden die Ziele der Richtlinie nicht erreicht.

Daher muss ein Gesetzgebungsakt, der ein Projekt im Einzelnen genehmigt, mindestens folgende Angaben enthalten:

Die Fassung des Gesetzgebungsaktes muss weiter erkennen lassen, dass die Zwecke erreicht werden. Es ist Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob mit dem Gesetzgebungsverfahren die Ziele der Richtlinie erreicht werden.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument liegt in deutscher, französischer und englischer Sprache vor.

Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr die Homepage des Gerichtshofes der EG im Internet www.curia.eu.int

Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou, Tel.: (0 03 52) 43 03 - 32 55; Fax: (0 03 52) 43 03 - 27 34.