Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG NR. 64/2000

26. September 2000

Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-205/98

DIE AUF DER BRENNERAUTOBAHN ERHOBENE MAUT VERSTÖSST GEGEN DIE GÜTERBEFÖRDERUNGSRICHTLINIE DER GEMEINSCHAFT


Die Mautregelung für die Brennerautobahn bewirkt eine mittelbare Diskriminierung sowohl aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers als auch aufgrund des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs und weist nicht die erforderliche Verknüpfung zwischen den Mautsätzen und den Kosten des betreffenden Straßennetzes auf

Die Brennerautobahn (A 13) verläuft von der Stadt Innsbruck (Tirol) bis zur österreichisch-italienischen Grenze. 1983 wurde die Finanzierung der Bau- und Ausbauarbeiten einer vom Staat kontrollierten Gesellschaft (Asfinag) übertragen.

Mit Wirkung vom 1. Juli 1995 wurde die Maut für Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die die so genannte Gesamtstrecke (im Wesentlichen die Strecke zwischen der Mautstelle Innsbruck-Ost oder Innsbruck-West und der italienischen Grenze) befahren, erhöht. Eine zweite Mauterhöhung für die gleichen Fahrzeuge und die gleiche Strecke erfolgte am 1. Februar 1996.

Das Gemeinschaftsrecht (Richtlinie 93/89/EWG) sieht vor, dass die Erhebung der Maut weder unmittelbar noch mittelbar zu einer unterschiedlichen Behandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers oder aufgrund des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs führen darf. Außerdem müssen sich die Mautsätze an den Kosten des betreffenden Straßennetzes orientieren.

1995 hat der Gerichtshof die Richtlinie wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Europäischen Parlaments für nichtig erklärt, ihre Wirkungen jedoch bis zum Erlass einer neuen Richtlinie aufrechterhalten, die schließlich am 17. Juni 1999 erlassen wurde (Richtlinie 1999/62/EG).

Die Kommission hat beim Gerichtshof auf Feststellung geklagt, dass Österreich mit diesen Mauterhöhungen gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen hat, da diese überwiegend nicht in Österreich zugelassene Kraftfahrzeuge beträfen. Außerdem legt die Kommission Österreich zur Last, diese Mauterhöhungen vorgenommen zu haben, ohne dass sie an den Kosten für den Bau und den Betrieb der Brennerautobahn orientiert seien.

Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass diese Mauterhöhungen tatsächlich eine mittelbare unterschiedliche Behandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers bewirkten, da sie überwiegend in anderen Mitgliedstaaten zugelassene Kraftfahrzeuge beträfen. Nach Ansicht des Gerichtshofes stellt die Zulassung ein geeignetes Kriterium dafür dar, ob eine solche Diskriminierung vorliegt: Die in einem Mitgliedstaat zugelassenen Fahrzeuge würden im Allgemeinen von Wirtschaftsteilnehmern dieses Staates eingesetzt. Es seien im Wesentlichen diese die Gesamtstrecke in Anspruch nehmenden Fahrzeuge, die von den Mauterhöhungen betroffen seien. Denn 84 % der Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die die Gesamtstrecke beführen, seien nicht in Österreich zugelassen. Demgegenüber sei für Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die einen gleichartigen Transport auf bestimmten Teilstrecken durchführten und überwiegend in Österreich zugelassen seien, nach diesen beiden Mauterhöhungen nur ein viel günstigerer Kilometerpreis zu zahlen.

Entgegen der österreichischen Regierung könnten die nationalen Behörden nach dem Gemeinschaftsrecht diskriminierende Mauttarife nicht mit Gründen des Umweltschutzes oder der nationalen Verkehrspolitik rechtfertigen.

Die Mauterhöhungen stellten auch eine mittelbare unterschiedliche Behandlung aufgrund des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs dar. Die Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die die Gesamtstrecke zurücklegten, führten nämlich ganz überwiegend Transitverkehr im österreichischen Hoheitsgebiet durch, während Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die vergleichbare Teilstrecken benutzten, nicht für den Transitverkehr bestimmt seien.

Schließlich sei die notwendige Verknüpfung zwischen der Mauthöhe und den Kosten für Bau, Betrieb und weiteren Ausbau der betreffenden Strecke nicht beachtet worden. Die angewandten Tarife gingen nämlich weit über diese Kosten hinaus.

Nach Ansicht des Gerichtshofes hat Österreich daher mit diesen Mauterhöhungen gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument liegt in englischer, deutscher, französischer und italienischer Sprache vor.

Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr die Homepage des Gerichtshofes der EG im Internet www.curia.eu.int

Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou, Tel.: (0 03 52) 43 03 - 32 55; Fax: (0 03 52) 43 03 - 27 34.