Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG NR. 82/2000

7. November 2000

Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-312/98

Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschaft eV / Warsteiner Brauerei Haus Cramer GmbH & Co. KG

DER GERICHTSHOF PRÄZISIERT DEN GELTUNGSBEREICH DER GEMEINSCHAFTSVERORDNUNG ÜBER URPRUNGSBEZEICHNUNGEN


Die Vermarktung eines Produktes unter Verwendung eines Hinweises auf seine geographische Herkunft kann auf nationaler Ebene verboten werden, wenn die Herkunft in keinem Zusammenhang mit den Eigenschaften des Produktes steht und Gefahr einer Irreführung besteht.

Die Warsteiner Brauerei betreibt seit 1753 eine Brauerei in Warstein (Deutschland). 1990 erwarb sie eine Brauerei im 40 km von Warstein entfernten Paderborn. Bis 1991 vermarktete sie dort gebrautes Bier unter derselben Bezeichnung wie das traditionell in Warstein gebraute Bier. Ein Etikett auf der Rückseite der Flaschen wies darauf hin, dass die betreffenden Biersorten in der neuen Brauerei gebraut und abgefüllt worden waren.

Die Bezeichnung ,,Warsteiner" geht mit keiner besonderen, örtlich bedingten Qualität einher.

1994 wurde diese Vermarktung des Bieres auf der Grundlage einer nationalen Regelung, nach der keine irreführenden Angaben über den Ursprung von Waren verwendet werden dürfen, in erster Instanz gerichtlich verboten.

Das Berufungsgericht entschied, dass die Verbraucher durch die betreffende Bezeichnung nicht in relevanter Weise irregeführt würden. Eine vom Gericht eingeholte Verkehrsbefragung ergab, dass nur 8 % der Verbraucher, die Bier trinken, von dem Ort wussten und ihm auch Bedeutung beimaßen.

Der mit der Revision befasste Bundesgerichtshof möchte vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wissen, ob das deutsche Recht zum Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen mit dem Gemeinschaftsrecht zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vereinbar ist.

Das Gemeinschaftsrecht sieht den gemeinschaftsweiten Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geographischen Angaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel durch die Eintragung dieser Angaben in ein Verzeichnis vor, das der Unterrichtung der Verbraucher und der Fachkreise dient.

Die betreffenden Produkte müssen eine bestimmte Qualität, ein Ansehen (eine Wertschätzung) oder eine andere auf den geographischen Ursprung zurückzuführende Eigenschaft haben, und sie müssen in einem begrenzten geographischen Gebiet erzeugt und/oder verarbeitet werden.

Die deutsche Regelung sieht zum Schutz sowohl des Verbrauchers als auch der Mitbewerber seit 1995 (Markengesetz) einen Schutz von geographischen Herkunftsangaben vor. Dieser soll u. a. die Verwendung einer geographischen Herkunftsangabe verhindern, bei der kein Zusammenhang zwischen den Eigenschaften des Produktes und seiner geographischen Herkunft besteht, wenn darin die Gefahr einer Irreführung über die geographische Herkunft liegt.

Der Gerichtshof stellt, ohne die Vereinbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften mit der Gemeinschaftsregelung im Bereich der Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln zu prüfen, fest, dass der Gemeinschaftsschutz nur für geographische Angaben gilt, bei denen ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer bestimmten Qualität, dem Ansehen oder einer anderen Eigenschaft des Erzeugnisses und seinem spezifischen geographischen Ursprung besteht.

Nach Ansicht des Gerichtshofes sind mithin die Geltungsbereiche der Gemeinschaftsregelung und der deutschen Regelung nicht identisch, so dass die Gemeinschaftsverordnung der Anwendung der nationalen Regelung nicht entgegenstehe.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument liegt in französischer und deutscher Sprache vor.

Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr die Homepage des Gerichtshofes der EG im Internet www.curia.eu.int.

Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou, Tel.: (0 03 52) 43 03 - 32 55; Fax: (0 03 52) 43 03 - 27 34.