Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG NR. 89/2000

7. Dezember 2000

Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-94/99

ARGE Gewässerschutz / Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft

DIE TEILNAHME VON EINRICHTUNGEN, DIE ÖFFENTLICHE ZUWENDUNGEN ERHALTEN, AN EINER AUSSCHREIBUNG VERSTÖSST FÜR SICH GENOMMEN NICHT GEGEN DEN GRUNDSATZ DER GLEICHBEHANDLUNG DER BIETER


Die Tatsache allein, dass ein öffentlicher Auftraggeber solche Einrichtungen zu einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge zulässt, stellt weder eine versteckte Diskriminierung noch eine mit dem freien Dienstleistungsverkehr unvereinbare Beschränkung dar

Die ARGE, eine Arbeitsgemeinschaft von Ziviltechnikern und Unternehmen, gab im Rahmen einer vom österreichischen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft veranstalteten Ausschreibung Angebote ab.

Gegenstand der ausgeschriebenen Aufträge waren die Entnahme und Analyse von Wasserproben aus einer Reihe von österreichischen Seen und Flüssen für die Beobachtungsjahre 1998 bis 2000.

Unter den weiteren Bietern befanden sich auch Forschungs- und Prüfungszentren.

Die ARGE wandte sich gegen deren Teilnahme an dem Verfahren unter Hinweis darauf, dass sie als halböffentliche Bieter hohe staatliche Subventionszahlungen ohne konkrete Projektbindungen erhielten.

Die Bundes-Vergabekontrollkommission war der Ansicht, dass die österreichische Regelung einer Teilnahme solcher Einrichtungen nicht entgegenstehe. Daraufhin rief die ARGE das Bundesvergabeamt an, das den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vereinbarkeit dieser Regelung mit der Richtlinie 92/50 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge und mit dem Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs befragte.

Es geht um die Frage, ob es einem öffentlichen Auftraggeber nach dem Gemeinschaftsrecht verwehrt ist, neben nicht subventionierten Bietern auch Einrichtungen zuzulassen, deren Kosten zum Teil von einem Mitgliedstaat - gegebenenfalls durch Gewährung von Beihilfen im Sinne des Gemeinschaftsrechts - übernommen werden. Verstößt deren Zulassung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, und stellt sie eine versteckte Diskriminierung oder eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar?

Der Gerichtshof hat ausgeführt, in keiner Vorschrift sei vorgesehen, dass ein Bieter allein deshalb ohne weiteres auszuschließen oder sein Angebot abzulehnen wäre, weil er öffentliche Zuwendungen erhalte.

Vielmehr könnten Dienstleistungserbringer nach der Richtlinie 92/50 natürliche und juristische Personen "sowie öffentliche Einrichtungen" sein.

In Bezug auf Beihilfen, die gegebenenfalls Unternehmen gewährt würden, die im Gebiet des Mitgliedstaats ansässig seien, der die Beihilfe gewähre, hat der Gerichtshof ausgeführt, dass diese Praxis für sich genommen keine versteckte Diskriminierung und keine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstelle, da die sich daraus für die Unternehmen anderer Mitgliedstaaten ergebende Ungleichbehandlung dem Begriff der staatlichen Beihilfe inhärent sei.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument liegt in französischer, englischer und deutscher Sprache vor.

Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr die Homepage des Gerichtshofes im Internet www.curia.eu.int.

Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou, Tel.: (0 03 52) 43 03 - 32 55; Fax: (0 03 52) 43 03 - 27 34.