Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG NR. 06/01

Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes in der Rechtssache C-445/00 R

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFES SETZT DEN VOLLZUG DER VERORDNUNG DES RATES ZUR ÄNDERUNG DES SYSTEMS DER ÖKOPUNKTE FÜR LASTKRAFTWAGEN IM TRANSIT DURCH ÖSTERREICH TEILWEISE AUS

Die Akte über den Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union enthält ein Protokoll mit einer Sonderregelung für den Straßengütertransitverkehr durch Österreich.

Diese Regelung zielt im Wesentlichen auf die Reduktion der Gesamtemission von NOx (Stickoxide) ab und sieht vor, dass jeder Lkw im Transitverkehr durch Österreich eine bestimmte Zahl von Ökopunkten benötigt, die dem Wert seiner NOx-Emissionen entspricht (die Ökopunkte werden von der Kommission verwaltet und auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt). Sie sieht ferner vor, dass die Kommission geeignete Maßnahmen trifft, wenn die Zahl der Transitfahrten in einem Jahr den Referenzwert des Jahres 1991 um mehr als 8 % übersteigt. Diese Maßnahmen, nämlich die Verringerung der Ökopunkte und damit der Transitfahrten, sind im folgenden Jahr anzuwenden.

Die Statistik zeigte im Jahr 1999 eine Zunahme des Verkehrsaufkommens um 14,57 % gegenüber 1991. Die im Protokoll vorgesehene Regelung hätte zu einer automatischen Verringerung der verteilten Ökopunkte geführt. Nach Angaben des Rates und der Kommission wäre bei einer Vornahme der Verringerung im Jahr 2000 der Transit von Lastkraftwagen durch Österreich im letzten Quartal dieses Jahres faktisch unterbunden worden.

Um dies zu vermeiden, erstreckte der Rat die aufgrund der Zunahme des Verkehrsaufkommens im Jahr 1999 erforderliche Verringerung auf die Jahre 2000 bis 2003 (je 30 % der Verringerung in den Jahren 2000, 2001 und 2002 und 10 % im Jahr 2003). Außerdem soll diese Erstreckung der Verringerung auf mehrere Jahre nach der neuen Verordnung zur allgemeinen Regel für alle Verringerungen werden, die künftig bei erneuten Überschreitungen des Schwellenwerts für Transitfahrten vorzunehmen sind.

Die Republik Österreich hat am 4. Dezember 2000 beim Gerichtshof Klage auf Nichtigerklärung dieser Neuregelung des Systems der Ökopunkte erhoben. Ferner hat sie den Präsidenten des Gerichtshofes ersucht, den Vollzug der neuen Verordnung bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen und eine einstweilige Anordnung zu erlassen.

(Der Präsident des Gerichtshofes kann den Vollzug eines Rechtsakts der Gemeinschaft aussetzen, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Aussetzung zur Verhinderung eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Interessen des Antragstellers notwendig ist. Beim Erlass seiner Entscheidung beurteilt der Präsident deren Dringlichkeit und nimmt gegebenenfalls eine Abwägung der bestehenden Interessen vor.)

Der Präsident des Gerichtshofes erkennt in seinem Beschluss das Gewicht der Argumente an, mit denen die Republik Österreich geltend macht,

Im Rahmen der Beurteilung der Dringlichkeit einer Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Verordnung stellt der Präsident des Gerichtshofes fest, dass die Durchführung dieser Verordnung zu einer Zunahme der Transitfahrten und der damit verbundenen Störungen führen würde. Die dadurch verursachten Schäden könnten rückwirkend nicht ungeschehen gemacht werden, und ihr angemessener Ersatz wäre äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich.

Auch in Anbetracht dessen, dass das System der Ökopunkte nach dem Ende der Übergangszeit (2003) nicht mehr angewandt wird, hält der Präsident des Gerichtshofes es für geboten, der Republik Österreich vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, um zu verhindern, dass es während der zur Behandlung der Hauptsache erforderlichen Zeit zur Festigung einer unumkehrbaren Situation komme, die sich aus der Anwendung von Bestimmungen ergeben würde, die bei erster Prüfung rechtswidrig erschienen.

Der Präsident nimmt in seinem Beschluss die nach der Überschreitung des Schwellenwerts im Jahr 1999 bereits vorgenommene Erstreckung der Verringerung der Ökopunkte auf mehrere Jahre hin, da der Schaden seines Erachtens bereits eingetreten ist und die Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu seinem Ausgleich dienen könnten.

Der Präsident des Gerichtshofes setzt dagegen den Vollzug der Bestimmung aus, nach der alle Verringerungen, die die Gemeinschaftsorgane künftig vornehmen müssen, auf mehrere Jahre zu erstrecken sind. Er hält die Aussetzung namentlich deshalb für erforderlich, weil die verfügbaren vorläufigen Daten zeigten, dass der Schwellenwert für Transitfahrten im Jahr 2000 erneut überschritten worden sei.

Hinweis: Dieser Beschluss greift der Entscheidung, die der Gerichtshof in der Hauptsache treffen wird, nicht vor. Der Gerichtshof wird das Urteil in dieser Rechtssache zu einem späteren Zeitpunkt erlassen.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.

Dieses Dokument liegt in französischer, italienischer und deutscher Sprache vor.

Der vollständige Wortlaut des Beschlusses wird heute ab etwa 15.00 Uhr über unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int verfügbar sein.

Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou,

Tel.: (00352) 43 03 3255, Fax: (00352) 43 03 2734.