PRESSEMITTEILUNG N. 49/01
"Parmigiano Reggiano" ist seit 1996 als geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.) eingetragen.
Das Unternehmen Nuova Castelli SpA, Reggio Emilia, dessen gesetzlicher Vertreter Herr Bigi
ist, stellt in Italien seit langem einen geriebenen und getrockneten pasteurisierten Käse in
Pulverform her, der aus einer Mischung mehrerer Käsearten unterschiedlicher Herkunft
zubereitet und ausschließlich außerhalb Italiens, insbesondere in Frankreich, in den Verkehr
gebracht wird. Dieses Erzeugnis wird mit einem Etikett verkauft, auf das der Name "Parmesan"
aufgedruckt ist, obwohl es überhaupt keinen "Parmigiano Reggiano" enthält.
1999 wurde auf Betreiben des Consorzio del Formaggio Parmigiano Reggiano eine Partie dieses
Käses bei einem Spediteur in Parma sichergestellt, und ein Strafverfahren wegen betrügerischen
Handels und des Verkaufs von Erzeugnissen, die geeignet sind, die Öffentlichkeit zu täuschen,
wurde eingeleitet.
Zu seiner Verteidigung hat Herr Bigi geltend gemacht, dass die Gemeinschaftsregelung keine
Ermächtigung enthalte, im italienischen Recht die Herstellung eines als "Parmesan" bezeichneten
Käses in Italien zu verbieten, wenn dieser ausschließlich ausgeführt und in anderen
Mitgliedstaaten als Italien in den Verkehr gebracht werde.
Das Gericht in Parma ersucht den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften um Auslegung dieser Regelung.
Die deutsche, die österreichische, die griechische und die italienische Regierung sowie das
Consorzio per il Formaggio Parmigiano Reggiano haben Erklärungen abgegeben.
Die Ansicht des Generalanwalts ist für den Gerichtshof nicht bindend. Aufgabe der Generalanwälte ist es, dem Gerichtshof in völliger Unabhängigkeit eine rechtliche Lösung für die Rechtssache vorzuschlagen, mit der sie befasst sind. |
Entgegen dem Vorbringen der deutschen und der österreichischen Regierung vertritt der
Generalanwalt die Ansicht, dass der Begriff "Parmesan" die wörtliche Übersetzung allein des
italienischen "Parmigiano" in mehrere Sprachen darstelle. Seines Erachtens bringt er die mit der
eingetragenen Bezeichnung und dem Erzeugnis, das unter diese Eintragung falle (d. h.
"Parmigiano Reggiano"), verbundene geschichtliche, kulturelle, rechtliche und wirtschaftliche
Realität zum Ausdruck. So reiche dank der Bekanntheit dieses Käses der Begriff "Parmigiano"
für die Bezeichnung des Erzeugnisses als solches aus und bilde den wesentlichen Bestandteil der
g. U. "Parmigiano Reggiano".
Nach Ansicht des Generalanwalt erstreckt sich der mit der g. U. "Parmigiano Reggiano"
verbundene Schutz somit auf deren Übersetzung "Parmesan".
Die Verordnung sieht jedoch eine vorübergehende Sonderregelung vor, die es den Herstellern
unter bestimmten Bedingungen erlaubt, eingetragene Bezeichnungen für begrenzte Zeit und
unter der Voraussetzung, dass aus der Etikettierung der tatsächliche Ursprung des
Erzeugnisses deutlich hervorgeht, für Erzeugnisse zu verwenden, die nicht der Spezifikation
der g. U. entsprechen. Den Herstellern soll ein Anpassungszeitraum eingeräumt werden, damit
ihnen keine Nachteile entstehen, und zugleich sollen die Verbraucher und die Lauterkeit des
Wettbewerbs geschützt werden.
Der Generalanwalt ist aber der Ansicht, dass der Mitgliedstaat, der die Eintragung einer g. U.
beantragt habe, die kommerzielle Verwendung dieser Bezeichnung für ein im Inland
hergestelltes Erzeugnis, das nicht unter die Eintragung falle, aber mit dem eingetragenen
Erzeugnis vergleichbar sei, auch dann verbieten könne, wenn das beanstandete Erzeugnis
ausschließlich im Ausland in den Verkehr gebracht werden solle.
Im Ergebnis könne einem Unternehmen wie der in Italien - dem Mitgliedstaat, der die
Eintragung des "Parmigiano Reggiano" beantragt hat - ansässigen Firma Castelli die Herstellung
eines "Parmesan"-Käses in Italien auch dann untersagt werden, wenn dieser Käse allein für die
Ausfuhr bestimmt sei.
Das italienische Recht habe bereits vor dem Erlass der Gemeinschaftsverordnung besondere,
auch strafrechtliche Sanktionen für derartige Fälle vorgesehen. Daher bestehe kein Grund, eine
besondere Ausnahme zu gewähren und einem Unternehmen wie der Firma Castelli einen
Anpassungszeitraum einzuräumen.
Der Generalanwalt vertritt die Ansicht, dass die Erfordernisse des Verbraucherschutzes und
der Wahrung des lauteren Wettbewerbs eingehalten worden seien: Einem Hersteller, der
seinen Sitz im Staat der Eintragung der g. U. habe, dürfe es nicht ermöglicht werden, seine
geographische Nähe zum Herstellungsort der g. U. auszunutzen.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.
Dieses Dokument liegt in deutscher, englischer, französischer, griechischer und
italienischer Sprache vor.
Wegen des vollständigen Wortlauts der Schlussanträge konsultieren Sie bitte heute ab
ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int
Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou, |