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Der Bundesverband der Bilanzbuchhalter e.V. ist ein Berufsverband deutschen Rechts, der zur Vertretung der wirtschaftlichen und berufspolitischen Interessen der Bilanzbuchhalter gegründet wurde.
Der Verband kritisiert das deutsche Steuerberatungsgesetz, weil dieses das Recht zur Ausübung von Tätigkeiten auf dem Gebiet der Steuerberatung und auf benachbarten Gebieten den Steuerberatern, den Wirtschaftsprüfern, den Rechtsanwälten und den vereidigten Buchprüfern vorbehalte. Der Verband ist der Ansicht, das deutsche Gesetz verstoße gegen den EG-Vertrag - und zwar gegen dessen Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr und über den fairen Wettbewerb (Art. 59, 86, 5 und 90 EG-Vertrag). Aus diesen Gründen müsse Deutschland das Gesetz ändern.
Deshalb legte der Verband am 21.08.1992 bei der Europäischen Kommission Beschwerde ein und forderte sie auf, gegen die Bundesrepublik einzuschreiten - und zwar im Wege einer Klage der Kommission gegen den Mitgliedstaat wegen Verletzung des EG-Vertrages oder im Wege einer an Deutschland gerichteten Entscheidung der Kommission nach den Vorschriften des fairen Wettbewerbs (Art. 90 Abs. 1 und 3 EG-Vertrag) mit dem Inhalt daß das deutsche Steuerberatungsgesetz gegen den EG-Vertrag verstoße und deshalb zu ändern sei.
Die Kommission gab mit Schreiben vom 13.12.1993 bekannt, daß sie die Beschwerde nicht weiterverfolge, da das Steuerberatungsgesetz das Gemeinschaftsrecht nicht verletze.
Der Verband erhob im Februar 1994 beim Gericht 1. Instanz Klage auf Nichtigerklärung des Kommissionsbeschlusses. Das Gericht hat die Klage mit Beschluß vom 23.01.1995 als unzulässig abgewiesen. Der Verband hat gegen diese Entscheidung Rechtsmittel zum Gerichtshof eingelegt.
Der Gerichtshof hat mit dem heutigen Urteil das Rechtsmittel zurückgewiesen.
Das Gericht 1. Instanz habe die Klage zurecht abgewiesen.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sei die Kommission nicht verpflichtet, gegen einen Mitgliedstaat ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, sondern sie verfüge insoweit über ein Ermessen. Dies schließe das Recht einzelner, von ihr eine Stellungnahme in einem bestimmten Sinn zu verlangen, aus. Folglich sei auch eine Klage unzulässig, mit der einzelne die Weigerung angriffen, gegen einen Mitgliedstaat ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten.
Ferner übertrage der EG-Vertrag in seinen Vorschriften über den fairen Wettbewerb (hier: Art. 90 Abs. 3) der Kommission die Aufgabe, darüber zu wachen, daß die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen gegenüber den in Artikel 90 Absatz 1 genannten Unternehmen nachkämen, und verleihe ihr ausdrücklich die Zuständigkeit, sich hierfür der Richtlinien und Entscheidungen zu bedienen. Die Kommission sei befugt, festzustellen, daß eine bestimmte staatliche Maßnahme mit den Vorschriften des Vertrages unvereinbar sei, und anzugeben, welche Maßnahmen der Mitgliedstaat, an den die Entscheidung gerichtet sei, zu treffen habe, um seinen gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. In diesem Bereich besitze die Kommission sowohl hinsichtlich des Tätigwerdens, das sie für erforderlich halte, als auch hinsichtlich der dazu geeigneten Mittel ein weites Ermessen.
Ein einzelner könne einen Mitgliedstaat nicht indirekt durch eine Klage gegen die Weigerung der Kommission, diesem gegenüber eine Entscheidung gemäß Arikel 90 Absätze 1 und 3 zu erlassen, zum Erlaß eines Gesetzes zwingen.
Wegen einer Kopie des Urteils wenden Sie sich bitte an Frau Delia Nynabb - Tel.: (00352) 4303-3365, wegen zusätzlicher Information an Frau Dr. Ulrike Städtler - Tel.: (00352) 4303-3255