Der Gerichtshof legt die EWG-Richtlinie "zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern" aus
Ende der achtziger Jahre erschloß die Klägerin einen Brunnen. Die Analyse und die Prüfung der ernährungsphysiologischen Wirkungen des Wassers aus diesem Brunnen ergaben einen geringen Natrium- und Chloridgehalt, der das Wasser nach Ansicht der Klägerin besonders geeignet für die kochsalzarme Ernährung und die Bekämpfung von Bluthochdruck machte. Die Klägerin stellte beim Land Baden-Württemberg einen Antrag auf Anerkennung des Wassers als natürliches Mineralwasser. Mit Bescheiden vom 28. November 1989 und 2. April 1990 lehnte das Land Baden-Württemberg den Antrag mit der Begründung ab, daß Wasser ohne einen positiven Gehalt an wichtigen Bestandteilen nicht die nach der deutschen Regelung erforderlichen ernährungsphysiologischen Wirkungen haben könne (§ 2 Nr. 2 der deutschen Mineral- und Tafelwasser-Verordnung). Dagegen wendet sich die Klägerin auf dem Rechtswege.
Nach der deutschen Regelung muß zwischen dem positiven Gehalt des Wassers an Bestandteilen und seinen ernährungsphysiologischen Wirkungen ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Der fehlende oder geringe Gehalt des Wassers an bestimmten Mineralstoffen reicht für eine Anerkennung als natürliches Mineralwasser nicht aus.
Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Erfordernisse mit der EWG- Richtlinie über den Handel mit natürlichen Mineralwässern. In dieser Richtlinie werden die Definition der natürlichen Mineralwässer und die Bedingungen für ihre Anerkennung sowie die Regelung ihrer Nutzung und Vermarktung EG-weit harmonisiert. Das deutsche Gericht hat Bedenken, ob die Richtlinie die Anerkennung von Wasser als natürlichem Mineralwasser davon abhängig macht, daß es gesundheitsdienliche Eigenschaften besitzt. Unter diesen Umständen hat das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren ausgesetzt, um dem Gerichtshof dazu Fragen vorzulegen.
Der Gerichtshof führt aus, daß die Richtliniendefinition von natürlichem Mineralwasser "gesundheitsdienliche Eigenschaften" nicht erwähne. Natürliches Mineralwasser werde als ein bakteriologisch einwandfreies Wasser unterirdischen Ursprungs definiert. Es unterscheide sich von gewöhnlichem Trinkwasser durch zwei Merkmale, nämlich zum einen durch seine Eigenart, die durch seinen Gehalt an Mineralien, Spurenelementen oder sonstigen Bestandteilen und gegebenenfalls durch bestimmte Wirkungen gekennzeichnet sei, und zum anderen durch seine ursprüngliche Reinheit, wobei hinzugefügt werde, daß die unterirdische Herkunft des Wassers es ermögliche, daß diese Merkmale unverändert erhalten seien.
Der Rat habe - abweichend vom Kommissionsvorschlag - das Erfordernis der gesundheitsdienlichen Eigenschaften nicht in die Definition aufgenommen. Mit diesem Begriff werde an einer späteren Stelle in der Richtlinie nur eine mögliche nicht aber zwingende Wirkung der Merkmale des Wassers beschrieben.
Der Gerichtshof antwortet dem Bundesverwaltungsgericht:
Artikel 1 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang I Abschnitt I Nummern 1 und 2 der Richtlinie 80/777/EWG des Rates vom 15. Juli 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern ist dahin auszulegen, daß er es einem Mitgliedstaat verwehrt, für die Anerkennung von Wasser als natürlichem Mineralwasser zu verlangen, daß es gesundheitsdienliche Eigenschaften besitzt.
Ausschließlich zur Verwendung durch die Medien bestimmt -
nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet - verfügbar in
deutsch und französisch.
Wegen einer Kopie des Urteils wenden
Sie sich bitte an Frau Delia Nynabb - Tel.: (00352) 4303-3365, wegen zusätzlicher
Information an Frau Dr. Ulrike Städtler - Tel.: (00352) 4303-3255, Fax:
(00352) 4303-2500.