ABTEILUNG PRESSE UND INFORMATION

PRESSEMITTEILUNG NR. 64/97

7. Oktober 1997

WIEDERWAHL VON HERRN GIL CARLOS RODRIGUEZ IGLESIAS ZUMPRÄSIDENTEN DES GERICHTSHOFES DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN


Luxemburg. Nach der feierlichen Sitzung, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gestern anläßlich der teilweisen Neubesetzung abhielt(1), haben die Mitglieder dieses Gemeinschaftsgerichts von den ihnen durch die Verträge eingeräumten Befugnissen Gebrauch gemacht und sich gemäß der internen Verfahrensordnung heute versammelt, um aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichtshofes auf drei Jahre zu wählen.

In geheimer Abstimmung haben die Gemeinschaftsrichter entschieden, den gegenwärtigen Präsidenten Gil Carlos Rodriguez Iglesias bis zum 6. Oktober 2000 erneut mit diesem Amt zu betrauen.

Auszug aus dem Lebenslauf von Gil Carlos Rodriguez Iglesias

Gil Carlos Rodriguez Iglesias wurde 1946 in Gijón (Spanien) geboren. Er absolvierte eine umfangreiche Lehrtätigkeit an verschiedenen spanischen und europäischen Universitäten (Universität Oviedo, Universität Freiburg im Breisgau, Universidad Autónoma de Madrid und Universidad Complutense de Madrid) und promovierte 1975 an der Universidad Autónoma de Madrid zum Doktor der Rechtswissenschaft. Er wurde zum ordentlichen Professor für Völkerrecht an der Universität der Extremadura (1982) und an der Universität Granada (1983) ernannt; diesen Posten bekleidete er bis zu seiner Ernennung zum Richter am Gerichtshof im Jahre 1986, als Spanien den Europäischen Gemeinschaften beitrat. Der Titel des Dr. h. c. wurde ihm im April 1996 von der Universität Turin, im Juni 1996 von der Universität Cluj-Napoca und im Juli 1997 von der Universität des Saarlandes verliehen.

Am 7. Oktober 1994 wurde er erstmals zum Präsidenten des Gerichtshofes gewählt.

Aufgaben des Präsidenten des Gerichtshofes

Gemäß den Bestimmungen der Verträge, der Satzung des Gerichtshofes und seiner Verfahrensordnung leitet der Präsident des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften die rechtsprechende Tätigkeit und die Verwaltung des Gerichtshofes; er hat den Vorsitz in den Sitzungen und Beratungen des Plenums. Ferner obliegt ihm die Zuweisung der Rechtssachen an die Kammern und die Bestimmung der Berichterstatter.

In den besonderen Verfahrensarten (u. a. Anträge auf vorläufige Aussetzung des Vollzugs eines von einem Gemeinschaftsorgan erlassenen Rechtsaktes) besitzt der Präsident eine Reihe von eigenen Befugnissen, darunter die Befugnis, allein durch einen mit Gründen versehenen unanfechtbaren Beschluß zu entscheiden.

Intern leitet der Präsident, unterstützt durch den Kanzler, die Verwaltung des Gerichtshofes.

Tätigkeit des Gerichtshofes im Zeitraum 1994-1997

Grundlegende Bedeutung in der Rechtsprechung des Gerichtshofes während der letzten drei Jahre haben einige Urteile erlangt, die fundamentale Grundsätze des Gemeinschaftsrechts fortentwickelt und in einer innovativen Weise ausgelegt haben, etwa den Grundsatz der Freizügigkeit in bezug auf Berufssportler (Rechtssache Bosman), den Anspruch der Unionsbürger auf Ersatz des durch Verstöße der Mitgliedstaaten gegen das Gemeinschaftsrecht verursachten Schadens (Rechtssachen Brasserie du Pêcheur und Factortame) oder das Recht der Bürger auf Zugang zu den in den Dokumenten der Organe enthaltenen Informationen (Rechtssache John Carvel und The Guardian)(2).

Intern hat sich der Gerichtshof einer ständigen Zunahme der Arbeitslast und der komplexen Organisationsstruktur gegenüber gesehen, die u. a. auf den 1995 erfolgten Beitritt von drei neuen Mitgliedstaaten zur Europäischen Union zurückzuführen sind.

Wegen zusätzlicher Informationen wenden Sie sich bitte an Frau Dr. Ulrike STÄDTLER - Tel.: (*352) 4303 3255, Fax: (*352) 4303 2500.

(1) Siehe die Pressemitteilung Nr. 63/97 vom 6. Oktober 1997(im Internet: http://europa.eu.int/cj/index.htm).

(2) Rechtssache Bosman, C-415/93, Urteil vom 15.12.1995, Slg. 1995, I-4921; Rechtssachen Brasserie du Pêcheur und Factortame, C-46/93 und C-48/93, Urteil vom 5.3.1996, Slg. 1996, I-1029, und Rechtssache John Carvel und Guardian Newspapers, T-194/94, Urteil vom19.10.1995, Slg. 1995, II-2765.