Mary Teresa Magorrian und Irene Patricia Cunningham waren als Krankenschwestern auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit in Nordirland beschäftigt. Im Oktober 1992 bzw. April 1994 traten sie nach mehr als zwanzig Dienstjahren in den Ruhestand.
Nach der anwendbaren Verordnung konnten Vollzeitbeschäftigte in diesem Bereich den Dienstgrad eines Mental Health Officer (MHO, Krankenpfleger/-schwester in der Psychiatrie) erwerben, der den Betroffenen den Bezug von Zusatzleistungen zur Rente ermöglichte. Die Klägerinnen hatten ihre Laufbahn als Vollzeitbedienstete in der dienstrechtlichen Stellung eines MHO begonnen. Als ihre familiären Pflichten zunahmen, arbeiteten beide als Teilzeitbeschäftigte und verloren dadurch diese dienstrechtliche Stellung. Bei ihrer Versetzung in den Ruhestand erhielten sie nicht die Zusatzleistungen, auf die sie Anspruch gehabt hätten, wenn sie seit ihrem Eintritt in den Ruhestand die dienstrechtliche Stellung eines MHO gehabt hätten.
Sie riefen daraufhin das Office of the Industrial Tribunals und das Fair Employment Tribunal Belfast an, das in einem ersten Urteil feststellte, daß der Ausschluß teilzeitbeschäftigter Krankenschwestern in der Psychiatrie von der dienstrechtlichen Stellung eines MHO eine nicht gerechtfertigte mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstelle. Das Tribunal hat dem Gerichtshof vor einer endgültigen Entscheidung Fragen nach der Auslegung der Vorschriften des EG-Vertrags über das gleiche Entgelt vorgelegt.
Diese Fragen gehen im wesentlichen dahin, ab welchem Zeitpunkt die Dienstzeit von Arbeitnehmern, die auf diese Weise diskriminiert worden sind, für die Berechnung der ihnen zustehenden Zusatzleistungen zu berücksichtigen ist und ob eine nationale Verfahrensfrist, die das Recht der Kläger auf unbeschränkten Beitritt zu einem Versorgungssystem auf einen Zeitraum von zwei Jahren vor Klageerhebung beschränkt, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.
In Beantwortung dieser Fragen hat der Gerichtshof unter Hinweis auf eine feststehende Rechtsprechung ausgeführt, daß der Anspruch auf Zahlung einer Altersrente aufgrund eines Betriebsrentensystems mit dem Anspruch auf Anschluß an dieses System untrennbar verbunden ist. Derselbe Grundsatz gilt für den Zugang zu einem besonderen System, das einen Anspruch auf Zusatzleistungen verleiht.
Deshalb ist die Dienstzeit von Arbeitnehmern, die aufgrund ihres Geschlechts mittelbar diskriminiert worden sind, ab dem 8. April 1976 dem Tag des Erlasses des Urteils Defrenne, in dem der Gerichtshof entschieden hat, daß sich die Betroffenen auf den Grundsatz der Gleichheit des Arbeitsentgelts vor den innerstaatlichen Gerichten berufen können zu berücksichtigen.
Die Verordnung sah außerdem vor, daß der Anspruch auf Zugang zu einem Zusatzversorgungssystem nur für einen Zeitraum von zwei Jahren vor dem Zeitpunkt der Klageerhebung zuerkannt werden konnte. Das vorlegende Gericht hat den Gerichtshof deshalb weiter gefragt, ob eine solche Beschränkung einer auf das Gemeinschaftsrecht gestützten Klage entgegengehalten werden kann.
Dazu hat der Gerichtshof ausgeführt, daß die Klage der Klägerinnen nicht auf rückwirkenden Bezug von Zusatzleistungen, sondern darauf gerichtet war, dem auf die MHO anwendbaren Versorgungssystem uneingeschränkt beizutreten und die sich daraus ergebenden Zusatzleistungen zu erhalten. Folglich hat er entschieden, daß eine Vorschrift, die eine derartige Zugangsmöglichkeit beschränkt, geeignet ist, das Wesen des von der Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechts zu berühren und auf diese Weise die Klage der einzelnen, die sich auf das Gemeinschaftsrecht berufen, praktisch unmöglich macht, indem sie die unmittelbare Wirkung des Artikels 119 EG-Vertrag zeitlich begrenzt.
Ausschließlich zur Verwendung durch die Medien bestimmt - nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet
Wegen einer Kopie des Urteils konsultieren Sie bitte unseren Internet-Site http://www.curia.eu.int oder wenden sich an Frau Dr. Ulrike STÄDTLER - Tel.: (*352) 4303 3255, Fax: (*352) 4303 2500