Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG NR. 34/99

20. Mai 1999

Schlußanträge des Generalanwalts Fennelly in der Rechtssache C-67/98

Questore Verona / Diego Zenatti

NATIONALE REGELUNG ÜBER DIE BESCHRÄNKUNG VON WETTTÄTIGKEITEN IST VOM GENERALANWALT BESTÄTIGT WORDEN


Generalanwalt Fennelly hat dem Gerichtshof vorgeschlagen, nationale Rechtsvorschriften, die bestimmten Unternehmen besondere Rechte zur Veranstaltung von Wetten über sportliche Ereignisse gewähren, mit dem Gemeinschaftsrecht für vereinbar zu erklären, wenn diese Vorschriften zur Bekämpfung der schädlichen Wirkungen von Wetten erlassen worden sind

Sachverhalt

Herr Zenatti betreibt in Italien ein Datenübertragungszentrum für Wetten. Er tritt in Italien als Vermittler einer britischen Buchmachergesellschaft auf, indem er Wetten, die italienische Kunden über sportliche Ereignisse im Ausland geschlossen haben, per Fax oder über das Internet weiterleitet und die Ergebnisse an diese Kunden übermittelt.

1997 untersagte der Questore Verona Herrn Zenatti diese Tätigkeit mit der Begründung, daß sie gegen italienisches Recht verstoße, das die Durchführung von Wetten verbiete. Ausgenommen von dem Verbot sind zwei Sportorganisationen, die Wetten durchführen dürfen, um ihre im öffentlichen Interesse liegenden Tätigkeiten zu finanzieren.

In dem nationalen Verfahren legte der Questore Berufung zum Consiglio di Stato ein, der dem Gerichtshof eine Frage nach der Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr im Hinblick auf die italienischen Rechtsvorschriften über Wetten vorgelegt hat.

Die Rolle des Generalanwalts

Der Generalanwalt, der völlig unabhängig und unparteiisch tätig ist, unterstützt den Gerichtshof durch eine Untersuchung der Umstände und Rechtsfragen des jeweiligen Falls und schlägt dem Gerichtshof eine Antwort vor, die dieser nach seiner Meinung auf die vom nationalen Gericht vorgelegten Fragen geben sollte. Die Schlußanträge des Generalanwalts sind für den Gerichtshof nicht bindend.

Schlußanträge des Generalanwalts Fennelly

Der Generalanwalt stellte zunächst fest, daß die Tätigkeit der Wettannahme duch Buchmacher ebenso wie die Tätigkeit der Übermittlung von Wetten an einen Buchmacher und von Wettergebnissen an die Kunden eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Vertrages sei. Diese Tätigkeit sei nicht Gegenstand gemeinschaftlicher Harmonisierungsvorschriften.

Nach Ansicht des Generalanwalts ist eine Beschränkung der systematischen Erbringung von Wettdienstleistungen nach dem Gemeinschaftsrecht verboten, wenn sie nicht durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt sei. Die Kriterien für das öffentliche Interesse seien nicht unbedingt in allen Mitgliedstaaten gleich. Die zu berücksichtigenden Faktoren schlössen die sozialen und kulturellen Besonderheiten der einzelnen Mitgliedstaaten ebenso ein wie die verschiedenen Einstellungen zum Spiel, die in diesen Staaten herrschten.

Die Errichtung eines Fonds für sozial nützliche Projekte könne wegen dessen wirtschaftlichen Charakters eine solche Beschränkung nicht rechtfertigen. Der Schutz der Verbraucher vor Betrügereien könne als ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel nur dann akzeptiert werden, wenn die Verbraucher nicht durch die für die britischen Buchmacher geltenden Rechtsvorschriften hinreichend geschützt seien. Eine Beschränkung der Erbringung von Wettdienstleistungen sei aus sozialpolitischen Gründen zulässig, um deren moralisch und finanziell schädlichen Wirkungen zu begegnen. Durch die Beschränkung müsse das angestrebte Ziel erreicht werden können, und die Beschränkung dürfe nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich sei. Es stünde mit einem solchen sozialpolitischen Ziel nicht im Einklang, wenn die Sportorganisationen, die besondere Rechte zur Veranstaltung von Wetten hätten, nicht auch versuchen müßten, die Nachfrage nach Wetten zu verringern.

Die Richter des Gerichtshofes werden nun in dem folgenden, zeitlich nicht begrenzten Verfahrensabschnitt beraten (ohne Beteiligung des Generalanwalts), bevor sie ein Urteil verkünden.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.

Dieses Dokument liegt in deutscher, englischer, finnischer, französischer und italienischer Sprache vor.

Wegen des vollständigen Wortlauts der Schlußanträge konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int

Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Dr. Ulrike Städtler, Tel.: (0 03 52) 43 03 - 32 55; Fax: (0 03 52) 43 03 - 27 34.