Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG NR. 39/99

8. Juni 1999

Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-198/97

Kommission / Deutschland

DIE QUALITÄT VON BADEGEWÄSSERN IN DEN "ALTEN" DEUTSCHEN LÄNDERN ENTSPRACH 1995 NICHT DEN GEMEINSCHAFTSRECHTLICH FESTGELEGTEN WERTEN


Der Gerichtshof stellt fest, daß Deutschland seine Verpflichtungen aus der Gemeinschaftsrichtlinie über die Qualität der Badegewässer in einigen deutschen Ländern verletzt hat

Eine Gemeinschaftsrichtlinie von 1975 betrifft die Qualitätsanforderungen an Badegewässer mit Ausnahme von Wasser für therapeutische Zwecke und Wasser für Schwimmbecken. Durch sie soll die Umwelt und die Volksgesundheit durch die Herabsetzung der Verunreinigung der Badegewässer geschützt werden. Die Richtlinie sieht mikrobiologische und chemisch-physikalische Parameter vor und stellt Leitwerte und zwingende Werte auf, anhand deren die Mitgliedstaaten Grenzwerte für ihre Badegewässer festzulegen haben. Die nationalen Behörden haben Probenahmen durchzuführen, deren Mindesthäufigkeit in der Richtlinie festgelegt ist. Die Mitgliedstaaten hatten die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, daß die Qualität der Badegewässer binnen zehn Jahren nach Bekanntgabe der Richtlinie den festgelegten Grenzwerten entspricht. Diese Frist ist für die Bundesrepublik Deutschland am 10. Dezember 1985 abgelaufen.

Die Europäische Kommission hat am 23. Mai 1997 eine Klage auf Feststellung erhoben, daß die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen hat, daß sie in den alten Ländern nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, daß die Qualität der Badegewässer den festgelegten Grenzwerten entspricht, und die Probenahmen nicht mit der vorgeschriebenen Mindesthäufigkeit durchgeführt hat.

Die Kommission macht geltend, es ergebe sich insbesondere aus dem letzten Gemeinschaftsjahresbericht zur Badesaison 1995, daß ein großer Teil der deutschen Badegewässer den in der Richtlinie festgelegten zwingenden Werten nicht entspreche. So genügten zum einen 11,9 % der 446 Küstenbadegewässer und zum anderen 10,3 % der 1 822 Binnenbadegewässer diesen Werten nicht. Die deutsche Regierung weist zunächst darauf hin, daß sich die Klage nur auf Verstöße hinsichtlich der Badegewässer in den alten Ländern beziehe, während die Zahlen im Bericht von 1995 alle Länder beträfen und im übrigen überholt seien, so daß sie durch die Zahlen der Datenbank der Gemeinschaften ersetzt werden müßten. Gestützt auf die letztgenannten Zahlen trägt die deutsche Regierung vor, in den "alten" Ländern seien von den 1 770 als Badegewässer im Sinne der Richtlinie ausgewiesenen Badestellen 180 in der Datenbank als nicht der Richtlinie konform eingestuft worden.

Der Gerichtshof stellt fest, daß die Kommission einen Verstoß in bezug auf 13 Badegewässer nicht nachgewiesen hat.

Die deutsche Regierung hat selbst anerkannt, daß Deutschland den in der Richtlinie festgelegten Grenzwerten bei 116 Badegewässern in den "alten" Ländern nicht entsprochen hat. Hinsichtlich 27 anderer Badegewässer räumt die deutsche Regierung selbst ein, daß diese Gewässer in zweierlei Hinsicht nicht richtlinienkonform waren, nämlich aufgrund der Tatsache, daß einige Grenzwerte überschritten waren und daß die in der Richtlinie aufgeführten physikalischen und chemischen Parameter nicht ausreichend geprüft wurden.

Im übrigen ist der Gerichtshof der Auffassung, daß auch ein einziger Fall einer Grenzwertüberschreitung (Stein Neustein) in 46 Gewässern in einer einzigen Saison, nämlich im Jahre 1995, einen Verstoß gegen die Richtlinie darstellt.

Was die sechs Gewässer angeht, für die die deutsche Regierung eine absolute Unmöglichkeit geltend macht, sind die fünf Badegewässer, deren Einzugsgebiet nach Angabe der deutschen Regierung über die deutschen Grenzen hinausgeht (die drei "Nied"-Gewässer und die zwei "Rhein"-Gewässer), von dem Gewässer zu unterscheiden, bei dem sie als Hauptgrund für Grenzwertüberschreitungen das Vorhandensein von Wasservögeln anführt (Gewässer "Riedsee"). Für die ersten fünf Gewässer hat die deutsche Regierung nicht dargetan, daß die Durchführung anderer Maßnahmen als der bis 1994 bereits getroffenen Ä insbesondere von Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den angrenzenden Staaten Ä materiell unmöglich war. Für das Badegewässer "Riedsee" hat die Bundesrepublik Deutschland nicht dargetan, daß die 1996 durchgeführte Modernisierung der sanitären Anlagen in Anbetracht der natürlichen und regelmäßigen Veränderungen der Population der Wasservögel ausreichend war, und hat nicht nachgewiesen, daß es unmöglich war, zusätzliche Sanierungsmaßnahmen durchzuführen.

Im übrigen räumt die deutsche Regierung ein, daß 591 Badegewässer 1995 nicht ausreichend untersucht worden seien ("Probenahme").

Der Gerichtshof gelangt daher zu dem Ergebnis, daß Deutschland in bezug auf die Grenzwerte und die Probenahme seine Verpflichtungen aus der Richtlinie verletzt hat.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument liegt in deutscher und französischer Sprache vor.

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