Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG NR. 55/99

19. Juli 1999

Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-14/98

Heidi Hautala / Rat

Der Rat muß die Möglichkeit eines teilweisen Zugangs zu den Dokumenten prüfen


Das Gericht erklärt eine Entscheidung des Rates für nichtig, mit der dieser den Zugang zu einem Dokument auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen verweigert hat, ohne die Möglichkeit geprüft zu haben, bestimmte Stellen dieses Dokuments zugänglich zu machen

Heidi Hautala, Mitglied des Europäischen Parlaments, beantragte beim Rat, ihr einen Bericht über die Ausfuhr konventioneller Waffen zu übermitteln. Dieser Bericht, der von einer Arbeitsgruppe im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) ausgearbeitet worden ist, soll die einheitliche Anwendung der gemeinsamen Kriterien für die Ausfuhr von Waffen verbessern.

Der Rat verweigerte Frau Hautala den Zugang zu dem Bericht mit der Begründung, dieser Bericht enthalte sensible Informationen, deren Verbreitung den Beziehungen der Europäischen Union zu Drittländern schade. Nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über den Zugang zu Dokumenten könne der Rat nämlich den Zugang zu einem Dokument zum Schutz des öffentlichen Interesses auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen verweigern.

Frau Hautala hat hiergegen eine Klage vor dem Gericht erhoben, mit der sie beantragt, die Entscheidung des Rates, ihr diesen Bericht nicht zu übermitteln, für nichtig zu erklären.

Das Gericht hat zunächst festgestellt, daß der Rat den Antrag auf Zugang zu dem betreffenden Bericht angemessen geprüft habe.

Bei der Frage des Zugangs zu Dokumenten auf dem Gebiet internationaler Beziehungen verfüge der Rat über ein Ermessen, das aus seiner politischen Verantwortlichkeit folge. Die Weigerung, den gesamten Bericht zugänglich zu machen, der für interne Zwecke erstellt worden sei und nach Auskunft des Rates Formulierungen und Ausdrücke enthalten könne, die möglicherweise zu Spannungen mit bestimmten Drittländern führen könnten, sei gerechtfertigt.

Dagegen seien nach dem allgemeinen Grundsatz eines weitestmöglichen Zugangs der Bürger zu den Dokumenten die Ausnahmen von diesem Grundsatz eng auszulegen und anzuwenden.

Der Schutz des öffentlichen Interesses auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen könnte sichergestellt werden, wenn der Rat die Möglichkeit prüfte, bestimmte Stellen des Dokuments, die diese Beziehungen beeinträchtigen könnten, zu entfernen. Der Rat hätte daher prüfen müssen, ob ein teilweiser Zugang zu dem Dokument gewährt werden könnte.

Bei seiner Prüfung müsse der Rat zwischen dem Interesse der Bürger am Zugang zu den nicht entfernten Stellen und dem Interesse einer ordnungsgemäßen Verwaltung angesichts der Arbeitsbelastung, die sich aus der Gewährung eines teilweisen Zugangs ergeben könne, abwägen.

Das Gericht ist daher zu dem Ergebnis gekommen, daß der Rat hätte prüfen müssen, ob ein teilweiser Zugang zu den Informationen in dem Bericht möglich sei oder ob der Bericht insgesamt unter die Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz des Zugangs zu den Dokumenten des Rates falle. Daher hat das Gericht die Entscheidung des Rates über die Verweigerung des Zugangs zu dem Dokument für nichtig erklärt.

N.B.: Gegen diese Entscheidung des Gerichts kann binnen zwei Monaten nach Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel zum Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eingelegt werden.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das das Gericht erster Instanz nicht bindet. Dieses Dokument liegt in deutscher, englischer, französischer und schwedischer Sprache vor.

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Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Dr. Ulrike Städtler, Tel.: (0 03 52) 43 03 - 32 55; Fax: (0 03 52) 43 03 - 27 34.