Das Gericht ist der Auffassung, daß die Kommission die zum Schutz des öffentlichen Interesses (Rechtspflege) erforderliche Ausnahme vom Recht auf Akteneinsicht unzutreffend angewandt hat.
Bestimmte Mengen argentinisches Rindfleisch ("Hilton Beef") können abschöpfungsfrei in die Gemeinschaft eingeführt werden, wobei die Zölle des anwendbaren Gemeinsamen Zolltarifs zu entrichten sind. Nach Aufdeckung von Fälschungen einer bestimmten Anzahl von Echtheitsbescheinigungen erhoben die deutschen Behörden bei Interporc Einfuhrabgaben nach. Daraufhin beantragte Interporc, ihr die Einfuhrabgaben zu erlassen. Die Kommission entschied im Januar 1996 auf Ersuchen Deutschlands, daß dieser Antrag unbegründet sei.
Im Februar 1996 beantragte Interporc bei der Kommission Zugang zu bestimmten Dokumenten über die Einfuhren von "Hilton Beef". Die Kommission lehnte diesen Antrag auf Akteneinsicht ab.
In einem ersten Urteil Interporc (T-124/96 vom 6. Februar 1998) stellte das Gericht fest, die Weigerung der Kommission, Interporc Zugang zu den betreffenden Dokumenten zu gewähren, sei unzureichend begründet gewesen. Folglich erklärte es diese ablehnende Entscheidung für nichtig.
Aufgrund dieser Nichtigerklärung traf die Kommission eine neue Entscheidung, mit der sie den Zugang zu den fraglichen Dokumenten erneut ablehnte. Dabei berief sie sich hinsichtlich ihrer eigenen Dokumente auf die Ausnahme zum Schutz der Rechtspflege - nach der die Dokumente der Öffentlichkeit nicht zugänglich seien, wenn sie ein anderes bei dem Gericht anhängiges Verfahren beträfen - und hinsichtlich der von den Mitgliedstaaten und den argentinischen Behörden stammenden Dokumente auf die Urheberregel.
Interporc klagte vor dem Gericht auf Nichtigerklärung dieser neuen Entscheidung.
Das Gericht weist zunächst darauf hin, daß die Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu den Dokumenten eng angewandt werden müßten. Die Möglichkeit, Dokumente über Gerichtsverfahren geheimzuhalten, gehöre aus Gründen des öffentlichen Interesses zu den zulässigen Ausnahmen von diesem Recht.
Allerdings gestatte diese zum Schutz der Rechtspflege vorgesehene Ausnahme der Kommission nicht, sich der Verpflichtung zu entziehen, Dokumente zugänglich zu machen, die in einer reinen Verwaltungsangelegenheit erstellt worden seien.
Das Gericht stellt somit fest, daß die Kommission sich zu Unrecht auf diese Ausnahme berufen habe, als sie sie undifferenziert angewandt habe. Aus diesem Grund erklärt das Gericht die Entscheidung der Kommission für nichtig, soweit damit der Zugang zu den von dieser stammenden Dokumenten verweigert wird.
Das Gericht gibt hingegen der Kommission insoweit recht, als diese geltend macht, sie habe die Dokumente nicht weiterzugeben, deren Urheber sie nicht sei. Das Gericht erklärt daher die Entscheidung, den Zugang zu diesen Dokumenten zu verweigern, für rechtsgültig.
N.B.: Gegen dieses Urteil des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten nach seiner Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eingelegt werden.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das das Gericht erster Instanz nicht bindet. Dieses Dokument liegt in französischer, englischer und deutscher Sprache vor.
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