Language of document : ECLI:EU:F:2012:144

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION (Zweite Kammer)

23. Oktober 2012(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Zurückverweisung an das Gericht nach Aufhebung – Aufhebung der Befreiung der Bediensteten eines Organs von gerichtlicher Verfolgung wegen mündlicher und schriftlicher Äußerungen im Rahmen eines Gerichtsverfahrens – Ernennung auf die Stelle eines Referatsleiters – Ablehnung einer Bewerbung – Anfechtungsklage – Rechtsschutzinteresse des abgelehnten Bewerbers – Rechtskraft – Verfahrensfehler – Abwägung der bestehenden Interessen – Schadensersatzklage – Durch einen Rechtsverstoß entstandener immaterieller Schaden“

In der Rechtssache F‑44/05 RENV

betreffend die Zurückverweisung einer ursprünglich nach den Art. 236 EG und 152 EA erhobenen Klage,

Guido Strack, ehemaliger Beamter der Europäischen Kommission, wohnhaft in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte N. A. Lödler und H. Tettenborn,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch H. Krämer und B. Eggers als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. I. Rofes i Pujol, der Richterin I. Boruta (Berichterstatterin) und des Richters K. Bradley,

Kanzlerin: W. Hakenberg,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2012

folgendes

Urteil

1        Der vorliegende Rechtsstreit wurde mit Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 9. Dezember 2010, Kommission/Strack (T‑526/08 P, im Folgenden: zurückverweisendes Urteil), mit dem das Urteil des Gerichts vom 25. September 2008, Strack/Kommission (F‑44/05, im Folgenden: Urteil Strack/Kommission), über die Klage von Herrn Strack auf Aufhebung der Entscheidung des Amts für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften über die Ablehnung seiner Bewerbung um die Stelle eines Leiters des Referats „Ausschreibungen und Verträge“ (A 5/A 4) dieses Amts (im Folgenden: streitige Stelle) und der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A auf die streitige Stelle sowie auf Verurteilung der Europäischen Kommission zur Zahlung von Schadensersatz für den nach eigenem Vorbringen erlittenen immateriellen Schaden teilweise aufgehoben wurde, an das Gericht zurückverwiesen.

 Rechtlicher Rahmen

 Das Amt für Veröffentlichungen betreffende Bestimmungen

2        Art. 1 des Beschlusses 2000/459/EG, EGKS, Euratom des Europäischen Parlaments, des Rates, der Kommission, des Gerichtshofs, des Rechnungshofs, des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen vom 20. Juli 2000 über den Aufbau und die Arbeitsweise des Amtes für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 183, S. 12) sieht vor, dass das Amt für Veröffentlichungen „unter der Verantwortung der Organe der Europäischen Gemeinschaften und unter optimalen technischen und finanziellen Bedingungen die Herausgabe, den Druck und die Verbreitung der Veröffentlichungen dieser Organe und ihrer Dienststellen gewährleisten [soll]“.

3        In Art. 6 des Beschlusses 2000/459 heißt es:

„(1)      Die Befugnisse der Anstellungsbehörde werden in Bezug auf Beamte oder Bedienstete der Besoldungsgruppen A 1, A 2, A 3 und LA 3 von der Kommission zu den nachstehenden Bedingungen ausgeübt.

(2)      Die Befugnisse der Anstellungsbehörde werden in Bezug auf die in Absatz 1 nicht genannten Beamten und Bediensteten von der Kommission ausgeübt. Sie kann diese Befugnisse dem Direktor des Amtes übertragen.

(3)      Die Verwaltungsverfahren, die mit den in den Absätzen 1 und 2 genannten dienstrechtlichen Maßnahmen zusammenhängen, sowie die laufende Personalverwaltung, vor allem in Bezug auf Altersversorgung, Krankenkasse, Arbeitsunfälle, Bezüge und Urlaub, werden unter den gleichen Bedingungen durchgeführt wie für die Bediensteten der Kommission, die in Luxemburg [(Luxemburg)] dienstlich verwendet werden.

…“

 Vorschriften über das Verfahren zur Besetzung freier Planstellen

4        In einer Mitteilung vom 22. Dezember 2000 (SEK[2000] 2305/5) mit der Überschrift „Beurteilung, Auswahl und Ernennung der leitenden Beamten der Kommission“ hat das Generalsekretariat der Kommission Vorschläge für die Änderung der Zusammensetzung, des Mandats und des Verfahrens der Beratenden Ausschüsse formuliert.

5        Art. 2 Abs. 3 des in den Verwaltungsmitteilungen Nr. 73‑2004 vom 23. Juni 2004 veröffentlichten Beschlusses der Kommission vom 28. April 2004 betreffend die mittlere Führungsebene (im Folgenden: Beschluss vom 28. April 2004) bestimmt: „Bei der Besetzung einer Planstelle gemäß Artikel 29 des Statuts [der Beamten der Europäischen Union] und außer in den in den Durchführungsbestimmungen gemäß Artikel 16 Absatz 2 genannten Sonderfällen benennt der zuständige Generaldirektor ein Vorauswahlgremium, dem mindestens drei Mitglieder, deren Besoldungsgruppe und Managementfunktion mindestens dem Niveau der zu besetzenden Planstelle entsprechen, einschließlich eines Mitglieds einer anderen Generaldirektion, angehören.“

6        Nach Art. 16 des Beschlusses vom 28. April 2004 wird durch diesen Beschluss u. a. die Mitteilung vom 22. Dezember 2000 hinsichtlich der Teile, die die mittlere Führungsebene betreffen, aufgehoben und ersetzt. Gemäß Art. 17 ist der Beschluss vom 28. April 2004 am 1. Mai 2004 in Kraft getreten.

7        Im Leitfaden des Amts für Veröffentlichungen für das Verfahren zur Einstellung von Referatsleitern (A 5/A 4) in der damals gültigen Fassung wird der Verfahrensablauf wie folgt beschrieben:

„1.      Ausarbeitung der Stellenausschreibung.

2.      Bekanntmachung der vom Direktor des Amts für Veröffentlichungen verabschiedeten Stellenausschreibung in allen Organen. Die Ausschreibung muss eine genaue Beschreibung des Profils der zu besetzenden Stelle und der wahrzunehmenden Aufgaben enthalten. Die Bewerbungen sind direkt an das Amt für Veröffentlichungen zu schicken.

3.      Benennung eines Berichterstatters durch die Generaldirektion ‚Personal und Verwaltung‘ der Kommission.

4.      Der Direktor des Amts [für Veröffentlichungen] benennt drei Referatsleiter für ein Vorauswahlgremium.

5.      Das Vorauswahlgremium

a)      prüft die Bewerbungen (Erfüllung der statutarischen Voraussetzungen),

b)      führt Gespräche mit den Bewerbern und beurteilt sie anhand einer Tabelle vorgegebener Beurteilungskriterien und

c)      erstellt einen detaillierten und mit Gründen versehenen Bericht (Stärken, Schwächen und Mängel jedes Bewerbers) und eine alphabetisch angeordnete ‚Short List‘, die dem Direktor des Amts [für Veröffentlichungen] und dem Berichterstatter übermittelt [werden].

6.      Binnen fünf Werktagen nach Erhalt des Berichts des Vorauswahlgremiums leitet der Berichterstatter dem Direktor des Amts [für Veröffentlichungen] seine Stellungnahme zum Bericht zu.

(Gegebenenfalls kann der Direktor des Amts [für Veröffentlichungen] aufgrund der Stellungnahme des Berichterstatters das Verfahren ab Stufe 5 erneut durchführen.)

7.      Der Direktor des Amts [für Veröffentlichungen] führt Gespräche mit den in der ‚Short List‘ aufgeführten Bewerbern sowie mit jedem anderen Bewerber, den er befragen möchte. Er kann hierfür von ihm benannte Referatsleiter oder Direktoren hinzuziehen. Der Berichterstatter nimmt an diesen Gesprächen teil.

8.      Nach diesen Gesprächen wird ein Protokoll erstellt, das der [Generaldirektion ‚Personal und Verwaltung‘] und dem Berichterstatter übermittelt wird.

9.      Die [Generaldirektion ‚Personal und Verwaltung‘] befasst im schriftlichen Verfahren den Beratenden Ausschuss für Ernennungen und teilt dem Direktor des Amts [für Veröffentlichungen] die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für Ernennungen mit.

10.      Der Direktor des Amts [für Veröffentlichungen] trifft seine Entscheidung auf der Grundlage des Berichts des Vorauswahlgremiums, der Stellungnahme des Berichterstatters, des nach den Gesprächen vom Direktor des Amts [für Veröffentlichungen] erstellten Protokolls ([Stufe 7]) und der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für Ernennungen.

11.      Die [Generaldirektion ‚Personal und Verwaltung‘] bereitet die Ernennungsurkunde vor.

12.      Die Ernennungsurkunde wird vom Direktor des Amts [für Veröffentlichungen] in seiner Eigenschaft als [Anstellungsbehörde] unterzeichnet.“

 Vorschriften über die Versetzung in den Ruhestand und die Gewährung von Invalidengeld

8        Das Statut der Beamten der Europäischen Union in der Fassung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 723/2004 des Rates vom 22. März 2004 ist am 1. Mai 2004 in Kraft getreten (im Folgenden: Statut oder neues Statut). Diese Vorschriften haben die bis zum 30. April 2004 geltenden (im Folgenden: altes Statut) ersetzt. Art. 53 des Statuts bestimmt: „Sind bei einem Beamten nach Feststellung des Invaliditätsausschusses die Voraussetzungen des Artikels 78 erfüllt, so wird er am letzten Tag des Monats, in dem durch die Verfügung der Anstellungsbehörde festgestellt wird, dass der Beamte dauernd voll dienstunfähig ist, von Amts wegen in den Ruhestand versetzt.“

9        In Art. 78 des Statuts heißt es:

„Ein Beamter, der dauernd voll dienstunfähig geworden ist und deshalb einen Dienstposten seiner Funktionsgruppe nicht wahrnehmen kann, hat unter den in Anhang VIII Artikel 13 bis 16 vorgesehenen Bedingungen Anspruch auf Invalidengeld.

Artikel 52 findet auf Empfänger von Invalidengeld entsprechend Anwendung. Geht ein Invalidengeldempfänger vor dem Alter von 65 Jahren in den Ruhestand, ohne den Höchstsatz an Ruhegehaltsansprüchen erreicht zu haben, so gelten die allgemeinen Bestimmungen für das Ruhegehalt. Das Ruhegehalt wird auf der Grundlage des Gehaltes für die Besoldungsgruppe und die Dienstaltersstufe festgelegt, die der Beamte bei seiner Invalidisierung innehatte.

Das Invalidengeld wird auf 70 % des letzten Grundgehalts des Beamten festgesetzt. …

Entsteht die Dienstunfähigkeit … durch eine Berufskrankheit …, so beläuft sich das Invalidengeld auf mindestens 120 % des Existenzminimums. Außerdem wird in diesem Fall der Beitrag zur Versorgung in voller Höhe aus dem Haushalt des Organs oder der Einrichtung im Sinne von Artikel 1b gezahlt.“

10      In Art. 13 des Anhangs VIII des Statuts heißt es:

„(1)      Erkennt der Invaliditätsausschuss an, dass ein noch nicht fünfundsechzig Jahre alter Beamter während der Zeit, in der er Ruhegehaltsansprüche erwirbt, dauernd voll dienstunfähig geworden ist und ein Amt seiner Laufbahn … nicht wahrnehmen kann und muss der Beamte deshalb seinen Dienst aufgeben, so hat er vorbehaltlich der Vorschriften des Artikels 1 Absatz 1 für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf ein Invalidengeld gemäß Artikel 78 des Statuts.

(2)      …

Der Invalidengeldempfänger hat auf Verlangen entsprechende Bescheinigungen vorzulegen und dem Organ alle Gegebenheiten mitzuteilen, die sich auf seinen Anspruch auf Invalidengeld auswirken könnten.“

11      Art. 14 Abs. 1 und 2 des Anhangs VIII des Statuts lautet:

„Der Anspruch auf Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit entsteht mit dem ersten Tag des Kalendermonats, der auf die Versetzung in den Ruhestand nach Artikel 53 des Statuts folgt.

Erfüllt ein ehemaliger Beamter nicht mehr die Voraussetzungen für die Gewährung des Invalidengelds, so ist er in die erste in seiner Laufbahngruppe oder Sonderlaufbahn frei werdende Planstelle einzuweisen, die seiner Laufbahn entspricht, sofern er die dafür erforderliche Eignung besitzt. Lehnt er die ihm angebotene Planstelle ab, so hat er weiterhin Anspruch auf Wiederverwendung in einer seiner Laufbahn entsprechenden Planstelle seiner Laufbahngruppe oder Sonderlaufbahn, wenn eine solche Planstelle erneut frei wird und er die dafür erforderliche Eignung besitzt; lehnt er zum zweiten Mal ab, so kann er von Amts wegen entlassen werden.“

12      Art. 15 des Anhangs VIII des Statuts bestimmt, dass, „[s]olange der ehemalige Beamte, der ein Invalidengeld bezieht, das dreiundsechzigste Lebensjahr nicht vollendet hat, … ihn das Organ in bestimmten Zeitabständen untersuchen lassen [kann], um sich zu vergewissern, dass er die Voraussetzungen für den Bezug des Invalidengelds noch erfüllt“.

 Weitere einschlägige Vorschriften

13      Art. 3 des Statuts bestimmt:

„In der Ernennungsurkunde des Beamten wird der Zeitpunkt bestimmt, zu dem die Ernennung wirksam wird; dieser Zeitpunkt darf nicht vor dem Tage des Dienstantritts des Beamten liegen.“

14      Die Verfahrensordnung des Gerichts bestimmt in ihrem Art. 30:

„(1) Die Vertreter der Parteien, die vor dem Gericht oder vor einem von diesem um Rechtshilfe ersuchten Gericht auftreten, können wegen mündlicher und schriftlicher Äußerungen, die sich auf die Rechtssache oder auf die Parteien beziehen, nicht gerichtlich verfolgt werden.

(2) Die Vertreter der Parteien genießen ferner folgende Vorrechte und Erleichterungen:

a)      Schriftstücke und Urkunden, die sich auf das Verfahren beziehen, dürfen weder durchsucht noch beschlagnahmt werden. Im Streitfall können die Zoll- oder Polizeibeamten derartige Schriftstücke und Urkunden versiegeln; diese werden unverzüglich dem Gericht übermittelt und in Gegenwart des Kanzlers und des Beteiligten untersucht.

b)      Die Vertreter der Parteien haben Anspruch auf die Zuteilung ausländischer Zahlungsmittel, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind.

c)      Bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind, unterliegen die Vertreter der Parteien keinerlei Beschränkungen.

(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Vergünstigungen werden ausschließlich im Interesse der geordneten Durchführung des Verfahrens gewährt.

(4) Das Gericht kann die Befreiung von gerichtlicher Verfolgung aufheben, wenn der Fortgang des Verfahrens nach seiner Auffassung hierdurch nicht beeinträchtigt wird.“

 Sachverhalt und Verfahren

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

15      Der Kläger trat am 1. September 1995 in den Dienst der Kommission und war ab diesem Datum beim Amt für Veröffentlichungen tätig. Am 1. Januar 2001 wurde er nach Besoldungsgruppe A 6 befördert (nach Inkrafttreten des neuen Statuts mit Wirkung vom 1. Mai 2004 A*10, dann mit Wirkung vom 1. Mai 2006 AD 10). Am 1. April 2002 verließ er das Amt für Veröffentlichungen, um im Referat C 4 der Generaldirektion (GD) „Unternehmen“ der Kommission tätig zu sein. Vom 16. Februar 2003 an war der Kläger bei Eurostat beschäftigt.

16      Am 25. März 2004 veröffentlichte das Amt für Veröffentlichungen die Stellenausschreibung COM/A/057/04 zur Besetzung der streitigen Stelle (im Folgenden: Stellenausschreibung).

17      In Abschnitt III („Bewerbungen“) der Stellenausschreibung hieß es:

„…

Beförderungsfähige Beamte der Besoldungsgruppen A 4, A 5 oder A 6 bei den Organen der Europäischen Gemeinschaften, die über die erforderlichen Qualifikationen verfügen, können sich um diese Stelle bewerben.

…“

18      Gemäß Abschnitt IV („Auswahlverfahren“) der Stellenausschreibung wurden „[d]ie Bewerbungen … von einem Auswahlgremium geprüft, das … eine ‚Short List‘ mit den Bewerbern aufstellt, die zu einem Gespräch eingeladen werden“.

19      Am 31. März 2004 wurde Frau B zur Berichterstatterin für das Verfahren zur Besetzung der streitigen Stelle ernannt.

20      Mit E-Mail vom 15. April 2004 bewarb sich der Kläger um die streitige Stelle.

21      Mit Schreiben vom 7. Juni 2004 wurde der Kläger zu einem Gespräch eingeladen, das am 21. Juni 2004 mit den Mitgliedern des Vorauswahlgremiums stattfand. Diesem Gremium gehörten an Herr C, Direktor beim Amt für Veröffentlichungen, sowie Herr D und Herr E, beide Referatsleiter beim Amt für Veröffentlichungen, wobei für die administrative Koordinierung Herr E zuständig war.

22      In einem Vermerk des Vorauswahlgremiums vom 25. Juni 2004 heißt es u. a., dass zwar alle Bewerber die statutarischen Voraussetzungen erfüllten, aber nur sieben von ihnen Gespräche mit dem Vorauswahlgremium geführt hätten. In diesem Vermerk werden in alphabetischer Reihenfolge die in der aus den Gesprächen hervorgegangenen „Short List“ enthaltenen Namen aufgeführt: Herr A, Herr F, Herr G und Herr H. Drei dieser Bewerber gehörten der Besoldungsgruppe A 5 und einer der Besoldungsgruppe A 4 an.

23      Mit E-Mail vom 5. Juli 2004 erkundigte sich der Kläger bei Herrn E nach dem Stand des Auswahlverfahrens. Mit E-Mail vom 6. Juli 2004 wies ihn Herr E darauf hin, dass er ihm vor Abschluss des Verfahrens keine Auskunft geben dürfe.

24      Am 13. Juli 2004 führte der Generaldirektor des Amts für Veröffentlichungen in seiner Eigenschaft als Anstellungsbehörde im Beisein von Frau B mit den vier in der „Short List“ aufgeführten Bewerbern Gespräche. Der Generaldirektor des Amts für Veröffentlichungen entschied sich nach Abschluss dieser Gespräche noch am 13. Juli 2004 für Herrn A.

25      In dem von der Anstellungsbehörde und Frau B unterzeichneten „Bericht der Anstellungsbehörde im Anschluss an die Gespräche mit den vom Vorauswahlgremium vorgeschlagenen Bewerbern“ vom 15. Juli 2004 heißt es, dass Herr A „der Bewerber [ist], bei dem das ordnungsgemäße Funktionieren des Referats am ehesten gewährleistet ist“.

26      Mit E-Mail vom 7. September 2004 erkundigte sich der Kläger erneut bei Herrn E nach dem Stand des Auswahlverfahrens. Diese E-Mail blieb unbeantwortet. Der Kläger gibt an, dass er die Anfrage letztmals mit E-Mail vom 18. November 2004 wiederholt habe. Diese Anfrage sei von der Verwaltung nicht beantwortet worden.

27      Am 22. November 2004 wandte sich der Kläger telefonisch an Herrn E, der ihm mitteilte, dass das Auswahlverfahren seit einiger Zeit abgeschlossen sei, die Verwaltung es aber unterlassen habe, dies den nicht berücksichtigten Bewerbern mitzuteilen.

28      Am 24. November 2004 erhielt der Kläger ein auf den 19. November 2004 datiertes Schreiben, mit dem das Amt für Veröffentlichungen ihm mitteilte, dass seine Bewerbung keine Berücksichtigung gefunden habe.

29      Am 26. November 2004 legte der Kläger Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts ein, mit der er zum einen die Aufhebung der Entscheidung, mit der die Anstellungsbehörde Herrn A auf die streitige Stelle ernannt hatte, und der ablehnenden Entscheidung über seine Bewerbung um diese Stelle und zum anderen beantragte, ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die rechtswidrige Ernennung von Herrn A sowie durch die verzögerte Benachrichtigung über die Ablehnung seiner Bewerbung entstanden sei.

30      Mit Entscheidung vom 18. März 2005 wies die Anstellungsbehörde die Beschwerde des Klägers zurück. Diese Entscheidung wurde dem Kläger mit einem Schreiben übermittelt, das am 22. März 2005 bei der Post aufgegeben wurde und ihm am 23. April 2005 zur Kenntnis gelangte.

31      Zwischenzeitlich stellte der Invaliditätsausschuss, dessen Beteiligung in Art. 53 des Statuts vorgesehen ist, am 14. März 2005 fest, dass der Kläger dauernd voll dienstunfähig sei und deshalb einen Dienstposten seiner Laufbahn nicht wahrnehmen könne; infolgedessen sei er von seinem Dienst bei der Kommission suspendiert. Der Invaliditätsausschuss stellte weiter fest, dass der etwaige Zusammenhang zwischen der Dienstunfähigkeit und der vorherigen beruflichen Tätigkeit des Klägers Gegenstand einer späteren Erörterung im Ausschuss sein solle, sobald die relevanten Angaben verfügbar seien.

32      Mit Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 31. März 2005 wurde der Kläger mit Wirkung vom selben Tag in den Ruhestand versetzt, und es wurde ihm ein gemäß Art. 78 Abs. 3 des Statuts festgesetztes Invalidengeld bewilligt.

33      Am 26. Oktober 2005 wurde der Kläger zu einer ärztlichen Untersuchung nach Art. 73 des Statuts geladen, die am 14. Dezember 2005 stattfinden sollte.

34      Mit Schreiben vom 8. November 2006 teilte die Kommission dem Kläger mit, dass sie aufgrund der ärztlichen Untersuchung, der sich der Kläger unterzogen habe, anerkenne, dass sich sein Zustand verschlechtert habe und ihm daher die ärztlichen Behandlungskosten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Verschlechterung stünden, gemäß Art. 73 des Statuts bis zur Konsolidierung des Zustands erstattet würden. Außerdem habe der Kläger gemäß Art. 19 der Gemeinsamen Regelung zur Sicherung der Beamten bei Unfällen und Berufskrankheiten die Verwaltung über die Entwicklung seines Gesundheitszustands zu unterrichten. Er wurde deshalb gebeten, von seinem behandelnden Arzt den Vordruck „Ärztliche Bescheinigung“ ausfüllen zu lassen. Dabei wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er als geheilt gelte, falls die Verwaltung das ausgefüllte Formular nicht spätestens am 8. Mai 2007 erhalte.

35      Am 28. März 2007 wies die Kommission den Kläger darauf hin, dass das Organ gemäß Art. 15 des Anhangs VIII des Statuts den ehemaligen Beamten, der ein Invalidengeld beziehe und das 63. Lebensjahr nicht vollendet habe, in bestimmten Zeitabständen untersuchen lassen könne. Sie forderte den Kläger daher auf, ihr eine ärztliche Bescheinigung über seinen derzeitigen Gesundheitszustand vorzulegen, aus der hervorgehe, ob es erforderlich sei, dass er invalidisiert bleibe.

 Verfahren im ersten Rechtszug

36      Am 17. Juni 2005 reichte der damals 40‑jährige Kläger beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften eine Klage auf Aufhebung der ablehnenden Entscheidung der Anstellungsbehörde über seine Bewerbung um die streitige Stelle sowie auf Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A auf diese Stelle ein, die unter dem Aktenzeichen T‑225/05 in das Register der Kanzlei eingetragen wurde.

37      Am 3. Oktober 2005 erhob die Kommission gemäß Art. 114 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz mit besonderem Schriftsatz eine Einrede der Unzulässigkeit sowohl in Bezug auf die Aufhebungsanträge als auch den Schadensersatzantrag, die im Rahmen der Klage T‑225/05 gestellt worden waren. Am 15. November 2005 nahm der Kläger zu der Unzulässigkeitseinrede Stellung. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2005 behielt das Gericht erster Instanz die Entscheidung über die Einrede der Unzulässigkeit dem Endurteil vor.

38      Mit Beschluss vom 15. Dezember 2005 verwies das Gericht erster Instanz die Rechtssache gemäß Art. 3 Abs. 3 des Beschlusses 2004/752/EG, Euratom des Rates vom 2. November 2004 zur Errichtung des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (ABl. L 333, S. 7) an dieses Gericht. Die Klage wurde unter dem Aktenzeichen F‑44/05 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen.

39      Am 10. September 2007 ersuchte der Kläger das Gericht u. a., eine Kopie der Prozessakten an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu übermitteln und wegen der darin enthaltenen unrichtigen Angaben in Bezug auf den Tag, an dem das Vorauswahlgremium seine Arbeit aufgenommen habe, Strafanzeige gegen die Kommission zu erstatten. Außerdem bat der Kläger das Gericht, die Unrichtigkeit der Angaben der Kommission im Rahmen seiner Entscheidung über den Schadensersatzantrag zu berücksichtigen. Insoweit bat der Kläger das Gericht, von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch zu machen, um die Kommission zur Zahlung eines angemessenen Ersatzes für den immateriellen Schaden zu verurteilen, der ihm durch die unrichtigen Angaben der Kommission entstanden sei.

40      Am 25. September 2008 erließ das Gericht (Zweite Kammer) das Urteil Strack/Kommission, mit dem es in Nr. 1 des Tenors den Antrag auf Aufhebung der Entscheidung, Herrn A auf die streitige Stelle zu ernennen, als unzulässig zurückwies, in Nr. 2 die Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers um die streitige Stelle aufhob, in Nr. 3 die Kommission verurteilte, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 2 000 Euro zu zahlen, in Nr. 4 die Klage im Übrigen abwies, in Nr. 5 den Kläger zur Tragung der Hälfte seiner eigenen Kosten verurteilte und in Nr. 6 die Kommission zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowie der Hälfte der Kosten des Klägers verurteilte.

41      In diesem Urteil hat das Gericht, bezüglich der Anregung des Klägers, den zuständigen Strafverfolgungsbehörden eine Kopie der Verfahrensunterlagen zu übermitteln und entsprechend Strafanzeige zu erstatten, entschieden, es könne dieser nicht nachkommen, da es dazu nicht befugt sei (Urteil Strack/Kommission, Randnr. 49).

42      Was den Gegenstand der Klage angeht, hat das Gericht festgestellt, die Aufhebungsanträge des Klägers seien so zu verstehen, dass sie zum einen die Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A auf die streitige Stelle und zum anderen die Aufhebung der Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers zum Gegenstand hätten (Urteil Strack/Kommission, Randnr. 54).

43      Nach Prüfung der Aufhebungsanträge hat das Gericht den Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A auf die streitige Stelle als unzulässig zurückgewiesen (Urteil Strack/Kommission, Randnr. 80) und dem Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers teilweise stattgegeben (Urteil Strack/Kommission, Randnr. 202).

44      Zur Begründung der Unzulässigkeit des Antrags auf Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A auf die streitige Stelle hat das Gericht festgestellt, der Kläger sei mit Wirkung vom 31. März 2005 in den Ruhestand versetzt und ihm sei von diesem Tag an Invalidengeld bewilligt worden, so dass für ihn, als die vorliegende Klage am 17. Juni 2005 erhoben worden sei, keine Tätigkeit bei der Kommission mehr in Frage gekommen sei und er die streitige Stelle daher nicht mehr für sich habe beanspruchen können. Zwar sei eine Wiedereingliederung des Klägers in den Dienst der Kommission möglich geblieben, doch hat das Gericht darauf hingewiesen, ein Kläger müsse, wenn das von ihm geltend gemachte Rechtsschutzinteresse eine zukünftige Rechtssituation betreffe, nachweisen, dass die Beeinträchtigung dieser Rechtssituation bereits feststehe. Bei der Wiedereingliederung des Klägers in den Dienst der Kommission handele es sich jedoch nur um ein mögliches Ereignis, dessen Eintritt ungewiss sei. Unter diesen Umständen hat das Gericht entschieden, der Kläger habe nachzuweisen, dass ein besonderer Umstand vorliege, der den Fortbestand eines persönlichen und gegenwärtigen Interesses an der Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A auf die streitige Stelle rechtfertige. Da es dem Kläger nicht gelungen sei, einen solchen Umstand darzulegen, habe der Kläger folglich kein Interesse an der Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A auf die streitige Stelle. Dagegen habe der Kläger ungeachtet seiner Versetzung in den Ruhestand nach wie vor ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Ablehnung seiner Bewerbung um die streitige Stelle, und dies um gegebenenfalls Ersatz für den ihm durch diese Entscheidung möglicherweise entstandenen Schaden zu erlangen.

45      In der Sache hat das Gericht dem Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers um die streitige Stelle stattgegeben mit der Begründung, die Zusammensetzung des Vorauswahlgremiums sei nicht im Einklang mit Art. 2 Abs. 3 des Beschlusses vom 28. April 2004. Nach diesem Beschluss müsse dem Vorauswahlgremium nämlich mindestens ein Mitglied einer anderen Generaldirektion angehören als der, die die zu besetzende Planstelle betreffe. Alle Mitglieder des Vorauswahlgremiums hätten jedoch ihre Tätigkeit im Amt für Veröffentlichungen ausgeübt (Urteil Strack/Kommission, Randnr. 116) und die Parteien hätten nicht bestritten, dass der Beschluss vom 28. April 2004 für dieses Amt gelte (Urteil Strack/Kommission, Randnr. 106). Das Gericht hat dem Schadensersatzantrag des Klägers deshalb teilweise stattgegeben mit der Begründung, ihm sei das Recht auf eine unter rechtmäßigen Umständen vorgenommene Prüfung seiner Bewerbung genommen worden, und die Kommission zur Zahlung von 2 000 Euro an den Kläger für seinen immateriellen Schaden verurteilt (Urteil Strack/Kommission, Randnr. 220).

 Rechtsmittelverfahren

46      Mit Schriftsatz, der bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz am 3. Dezember 2008 eingereicht wurde, legte die Kommission gegen das Urteil Strack/Kommission ein Rechtsmittel ein, das unter dem Aktenzeichen T‑526/08 P in das Register der Kanzlei eingetragen wurde. Nach Auffassung der Kommission hat das Gericht erstens rechtsfehlerhaft ein Rechtsschutzinteresse des Klägers an der Aufhebung der Entscheidung über die Ablehnung seiner Bewerbung anerkannt, zweitens rechtsfehlerhaft das Vorliegen des vom Kläger geltend gemachten immateriellen Schadens allein aus der Feststellung abgeleitet, dass diesem das Recht auf eine unter rechtmäßigen Umständen vorgenommene Prüfung seiner Bewerbung genommen worden sei, und drittens sein Urteil mangelhaft begründet, da es nicht dargelegt habe, aus welchen Gründen das immaterielle Interesse des Klägers beeinträchtigt worden sei.

47      Am 10. Februar 2009 reichte der Kläger seine Rechtsmittelbeantwortung ein, mit der er außerdem ein Anschlussrechtsmittel gegen das angefochtene Urteil einlegte. Nach Ansicht des Klägers hat das Gericht ihm rechtsfehlerhaft jedes Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A abgesprochen, einen Begründungsfehler begangen, indem es die Feststellung, dass es zu der beantragten Weiterleitung einer Kopie der Verfahrensunterlagen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden und zur Erstattung einer Strafanzeige gegen die Kommission wegen des darin enthaltenen falschen Tatsachenvorbringens nicht befugt sei, nicht begründet habe, und rechtsfehlerhaft in diesem Sinne entschieden. Der Kläger rügte auch, dass das Gericht den immateriellen Schaden nicht berücksichtigt habe, der ihm durch einige Rechtsverstöße des Auswahlverfahrens entstanden sei, auf die er im Rahmen seiner ursprünglichen Klage, die zum Urteil Strack/Kommission geführt habe, hingewiesen habe. In seinen Schriftsätzen hatte der Kläger zudem das Gericht ersucht, eine Kopie der Verfahrensunterlagen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten und eine Strafanzeige gegen die Kommission zu erstatten wegen des darin enthaltenen falschen Tatsachenvorbringens.

48      Im zurückverweisenden Urteil hat das Gericht der Europäischen Union zum einen dem Rechtsmittel der Kommission stattgegeben mit der Begründung, das Gericht habe drei Rechtsfehler begangen, den ersten, als es das Rechtsschutzinteresse des Klägers an der Aufhebung der ablehnenden Entscheidung über seine Bewerbung spezifisch und gesondert von seinem Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A geprüft habe (zurückverweisendes Urteil, Randnr. 46), den zweiten, als es die Zulässigkeit des Antrags auf Aufhebung der ablehnenden Entscheidung über die Bewerbung auf eine fehlerhafte Bewertung des Rechtsschutzinteresses des Klägers gestützt habe (zurückverweisendes Urteil, Randnr. 51), den dritten bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Begründung der außervertraglichen Haftung der Union, als es dem Schadensersatzantrag des Klägers stattgegeben habe, ohne konkret zu prüfen – wozu es von Rechts wegen verpflichtet gewesen wäre –, ob der behauptete immaterielle Schaden von der Rechtswidrigkeit, auf der die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung über seine Bewerbung beruhe, abtrennbar sei und folglich durch diese Aufhebung nicht in vollem Umfang wiedergutgemacht werden könne (zurückverweisendes Urteil, Randnr. 59).

49      Das Gericht der Europäischen Union hat zum anderen dem Anschlussrechtsmittel des Klägers teilweise stattgegeben. Es hat nämlich festgestellt, das Gericht habe rechtsfehlerhaft den in der Klageschrift enthaltenen Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A aus Gründen als unzulässig zurückgewiesen, die nicht geeignet seien, darzutun, dass der Kläger kein Rechtsschutzinteresse an einer solchen Aufhebung habe (zurückverweisendes Urteil, Randnrn. 75 ff.).

50      Hingegen hat das Gericht der Europäischen Union das Anschlussrechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen. Es hat insbesondere festgestellt, das Gericht habe zu Recht entschieden, dass es nicht befugt sei, über den Antrag einer Partei eines bei ihm anhängigen Rechtsstreits zu entscheiden, der im Wesentlichen darauf abziele, erstens festzustellen, dass das Verhalten der Gegenpartei im Verfahren möglicherweise strafbar sei, zweitens zu beschließen, dieses Verhalten den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu melden, und drittens bei diesen Anzeige zu erstatten. Das Gericht der Europäischen Union hat jedoch klargestellt, dem Kläger bleibe es unbenommen, beim Gericht nach Art. 30 Abs. 4 seiner Verfahrensordnung die Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung zu beantragen, die vor ihm auftretenden Parteivertretern wegen mündlicher und schriftlicher Äußerungen, die sich auf die Rechtssache oder die Parteien bezögen, zugutekomme, um das betreffende Verhalten bei den zuständigen Strafverfolgungsbehörden anzeigen zu können (zurückverweisendes Urteil, Randnr. 82).

51      Den vom Kläger beim Gericht der Europäischen Union gestellten Antrag auf Weiterleitung einer Kopie der Verfahrensunterlagen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden und Erstattung einer Strafanzeige gegen die Kommission hat das Gericht der Europäischen Union als unzulässig zurückgewiesen mit der Begründung, die Bestimmungen, die für das Rechtsmittelverfahren gegen eine Entscheidung des Gerichts maßgeblich seien, sähen keinen Rechtsbehelf vor, mit dem ein am Verfahren im ersten Rechtszug Beteiligter bei ihm einen Antrag stellen könne, der im Wesentlichen darauf abziele, festzustellen, dass das Verhalten des anderen Beteiligten im ersten Rechtszug strafrechtlich relevant sein könne, und zu beschließen, dieses Verhalten den zuständigen Strafverfolgungsbehörden anzuzeigen (zurückverweisendes Urteil, Randnr. 124).

52      Im Ergebnis hat das Gericht der Europäischen Union erstens die Nrn. 1, 2, 3, 5 und 6 des Tenors des Urteils Strack/Kommission aufgehoben (zurückverweisendes Urteil, Randnr. 127) und das Anschlussrechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen. Zweitens hat das Gericht der Europäischen Union festgestellt, dass es weder in der Lage sei, über den Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A und der Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers zu entscheiden, da die Frage nicht erörtert worden sei, ob das Interesse von Herrn A einer solchen Aufhebung entgegenstehe, noch über den Antrag auf Schadensersatz in Höhe von 2 000 Euro, da das Gericht nicht geprüft habe, ob der dem Kläger entstandene immaterielle Schaden von der festgestellten Rechtswidrigkeit abtrennbar sei. Sodann hat das Gericht der Europäischen Union die Rechtssache zur Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A auf die streitige Stelle und der Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers um diese Stelle sowie über den Antrag auf Schadensersatz in Höhe von 2 000 Euro an das Gericht zurückverwiesen (zurückverweisendes Urteil, Randnr. 128). Schließlich hat das Gericht der Europäischen Union die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorbehalten.

53      Mit Schreiben vom 15. Dezember 2010 hat die Kanzlei des Gerichts gemäß Art. 114 Abs. 1 der Verfahrensordnung dem Kläger und der Kommission mitgeteilt, dass sie über eine Frist von zwei Monaten zuzüglich der pauschalen Entfernungsfrist von zehn Tagen nach dem Zeitpunkt der Zustellung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union verfügten, um einen Schriftsatz einzureichen.

54      Die vorliegende Rechtssache ist der Zweiten Kammer zugewiesen worden, die seinerzeit mit dem Präsidenten H. Tagaras, der Richterin I. Boruta und dem Richter S. Van Raepenbusch besetzt war. Infolge des Ablaufs der Amtszeit des Kammerpräsidenten und der Neuorganisation der Kammern des Gerichts am 10. Oktober 2011 hat sich die Besetzung dieser Kammer geändert.

55      Der Kläger und die Kommission haben jeweils am 21. Februar 2011 und am 12. April 2011 einen Schriftsatz eingereicht.

56      In seinem Schriftsatz zum zurückverweisenden Urteil hat der Kläger neben seiner Stellungnahme beim Gericht mehrere Anträge gestellt: erstens, das Verfahren bis zum Erlass einer neuen, Art. 113 Abs. 2 der Verfahrensordnung ersetzenden Vorschrift auszusetzen, zweitens, die Befreiung der Vertreter der Kommission von gerichtlicher Verfolgung wegen mündlicher und schriftlicher Äußerungen im Rahmen des Verfahrens, das zum Urteil Strack/Kommission geführt hat, aufzuheben, drittens, dass der Präsident des Gerichts Herrn Richter S. Van Raepenbusch wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnt, viertens, ihm wegen der überlangen Verfahrensdauer Schadensersatz zuzusprechen, und falls dieser Schadensersatzantrag nach Ansicht des Gerichts nicht unmittelbar im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu behandeln sein sollte, sondern Gegenstand eines selbständigen Antrags sein müsse, diesen an das zuständige Gericht weiterzuleiten.

57      Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zum Erlass einer neuen, Art. 113 Abs. 2 der Verfahrensordnung ersetzenden Vorschrift und der Antrag auf Ablehnung von Herrn Richter S. Van Raepenbusch durch den Präsidenten des Gerichts sind hinsichtlich des ersten Antrags durch Beschluss der Präsidentin der Zweiten Kammer des Gerichts vom 8. Dezember 2011 und hinsichtlich des zweiten Antrags durch Entscheidung des Präsidenten des Gerichts vom 29. September 2011 zurückgewiesen worden.

 Rechtliche Würdigung

58      Vorab ist der Gegenstand der vorliegenden Rechtssache zu bestimmen.

59      Zunächst ist festzustellen, dass über die Anträge des Klägers auf Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung, die den Vertretern der Kommission wegen mündlicher und schriftlicher Äußerungen im Rahmen des Verfahrens, das zum Urteil Strack/Kommission geführt hat, zugutekommt, und auf Schadensersatz wegen überlanger Verfahrensdauer noch nicht entschieden wurde.

60      Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Aufhebung eines Teils des Tenors des Urteils Strack/Kommission durch das Gericht der Europäischen Union und der folgenden Zurückverweisung der Rechtssache an das Gericht bei diesem gemäß Art. 113 der Verfahrensordnung durch das zurückverweisende Urteil die Anträge des Klägers und seine in der Rechtssache F‑44/05 Strack/Kommission geltend gemachten Klagegründe anhängig sind, mit Ausnahme der Teile des Tenors, die vom Gericht der Union nicht aufgehoben wurden, sowie der Erwägungen, die die erforderliche Begründung für diese Teile darstellen, da diese rechtskräftig geworden sind.

61      Um zu klären, über welche Anträge und Klagegründe genau das Gericht zu entscheiden hat, ist daran zu erinnern, dass der Kläger in der Rechtssache Strack/Kommission beim Gericht beantragt hatte,

–        Kenntnis zu nehmen von der von ihm gemäß Art. 91 des Statuts eingereichten Klage;

–        die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

–        die ablehnende Beschwerdeentscheidung der Anstellungsbehörde vom 22. März 2005 aufzuheben;

–        die ablehnende Entscheidung der Kommission vom 19. November 2004 über seine Bewerbung aufzuheben;

–        das Auswahlverfahren COM/A/057/04 aufzuheben;

–        die Kommission zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 5 000 Euro für den von ihm wegen des rechtswidrig durchgeführten Auswahlverfahrens und der verspätet erteilten Entscheidung über die Ablehnung seiner Bewerbung erlittenen immateriellen Schaden zu zahlen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

62      Aus dem Urteil Strack/Kommission ist jedoch implizit zu folgern, dass die Anträge, Kenntnis zu nehmen von der von ihm gemäß Art. 91 des Statuts eingereichten Klage und die Klage für zulässig und begründet zu erklären, vom Gericht als rein formelle Erklärungen angesehen wurden, über die nicht zu entscheiden war, da diese Anträge im Urteil nicht erörtert worden sind. Dies wurde durch das zurückverweisende Urteil nicht in Frage gestellt.

63      Darüber hinaus hat das Gericht im Urteil Strack/Kommission festgestellt, dass sämtliche in der Klageschrift gestellten Aufhebungsanträge so zu verstehen waren, dass sie zum einen die Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A und zum anderen die der Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers zum Gegenstand hatten (Urteil Strack/Kommission, Randnr. 54). Diese Bestimmung des Gegenstands der Klage wurde vom Gericht der Europäischen Union im zurückverweisenden Urteil nicht in Frage gestellt. Infolge der Aufhebung der Punkte 1, 2, 3, 5 und 6 des Tenors des Urteils Strack/Kommission durch das Gericht der Europäischen Union im zurückverweisenden Urteil hat das Gericht jedoch erneut über den Aufhebungs- und Schadensersatzantrag zu entscheiden.

64      Im Einzelnen geht aus Randnr. 46 des zurückverweisenden Urteils hervor, dass das Gericht, was den Aufhebungsantrag angeht, seine Zulässigkeit nochmals zu prüfen und dieses Mal das Interesse des Klägers an der Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A und sein Interesse an der Aufhebung der ablehnenden Entscheidung über seine Bewerbung umfassend und einheitlich zu berücksichtigen hat.

65      Hierzu hat das Gericht der Europäischen Union in den Randnrn. 47 bis 51 des zurückverweisenden Urteils ausgeführt, dass das Interesse des Klägers an der Aufhebung nicht daraus abgeleitet werden kann, dass dieser ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Entscheidung habe, um später Ersatz des ihm durch diese möglicherweise entstandenen Schadens zu erlangen. Außerdem hat das Gericht der Europäischen Union u. a. in den Randnrn. 73 bis 75 des zurückverweisenden Urteils festgestellt, dass das Rechtsschutzinteresse des Klägers ihm nicht allein deshalb abgesprochen werden kann, weil er vom Invaliditätsausschuss für dauernd voll dienstunfähig erklärt, und aufgrund dessen gemäß den Art. 53 und 78 des Statuts von Amts wegen in den Ruhestand versetzt wurde, da es sich um eine reversible Situation handelt.

66      Was die Begründetheit der Aufhebungsgründe betrifft, geht aus dem zurückverweisenden Urteil nicht hervor, dass das Gericht rechtsfehlerhaft dem ersten Klagegrund stattgegeben und die anderen zurückgewiesen hat. Im zurückverweisenden Urteil wird jedoch festgestellt, dass die Frage, ob das Interesse des auf die streitige Stelle ernannten Herrn A der Aufhebung der Ernennungsentscheidung und der Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung entgegenstehe, vom Gericht zu prüfen sein wird (zurückverweisendes Urteil, Randnr. 128).

67      Zu den Anträgen auf Schadensersatz, soweit sie den Schadensersatz betreffen, der nicht mit der rechtswidrigen Zusammensetzung des Vorauswahlgremiums im Zusammenhang steht, ist festzustellen, dass das Gericht sie in den Randnrn. 211 ff. des Urteils Strack/Kommission allesamt abgewiesen hat. Im zurückverweisenden Urteil hat das Gericht der Europäischen Union bestätigt, dass diese Anträge auf Schadensersatz nicht begründet waren. Da die im Urteil Strack/Kommission getroffene Entscheidung somit rechtskräftig geworden ist, kann sie im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nach Zurückverweisung nicht in Frage gestellt werden.

68      Was den Antrag auf Schadensersatz angeht, soweit er den dem Kläger aufgrund der rechtswidrigen Zusammensetzung des Vorauswahlgremiums entstandenen immateriellen Schaden betrifft, hat das Gericht der Europäischen Union ihn an das Gericht zurückverwiesen zur Prüfung der Frage, ob der behauptete immaterielle Schaden von der Rechtswidrigkeit, auf der diese Aufhebungen beruhen, abtrennbar ist und ob dieser Schaden durch die Aufhebungen nicht in vollem Umfang wiedergutgemacht werden kann (zurückverweisendes Urteil, Randnrn. 59 und 128).

69      Infolgedessen ist im Rahmen der vorliegenden Rechtssache zu entscheiden über

–        den Antrag des Klägers, die Befreiung von gerichtlicher Verfolgung, die den Vertretern der Kommission wegen mündlicher und schriftlicher Äußerungen während des Verfahrens, das zum Urteil Strack/Kommission geführt hat, zugutekommt, aufzuheben;

–        den Antrag, dem Kläger Schadensersatz wegen überlanger Verfahrensdauer zuzusprechen;

–        den Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A und der die Bewerbung des Klägers ablehnenden Entscheidung, soweit es darum geht, ob dieser zulässig ist, und, wenn dies der Fall ist, ob das Interesse von Herrn A der Aufhebung dieser Entscheidungen entgegensteht;

–        den Antrag auf Schadensersatz, soweit er den immateriellen, dem Kläger aufgrund der rechtswidrigen Zusammensetzung des Vorauswahlgremiums entstandenen Schaden betrifft.

 Zum Antrag auf Aufhebung der Befreiung der Vertreter der Kommission von gerichtlicher Verfolgung wegen mündlicher und schriftlicher Äußerungen während des Verfahrens

70      Im Rahmen des Verfahrens, das mit dem Urteil Strack/Kommission abgeschlossen wurde, wies der Kläger darauf hin, dass zwei von den Vertretern der Kommission im Verfahren vorgelegte Schriftstücke der von diesen Vertretern in ihrer Klagebeantwortung formulierten Behauptung widersprächen, der zufolge das Vorauswahlgremium seine Arbeiten vor dem 1. Mai 2004 aufgenommen habe, mit der Folge, dass die neue Regelung über die Vorauswahlgremien nicht anwendbar sei. Der Kläger äußerte Bedenken, ob die Vertreter der Kommission sich nicht eines versuchten Prozessbetrugs schuldig gemacht hätten, und beantragte in seinem Schriftsatz gemäß Art. 30 Abs. 4 der Verfahrensordnung die Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung, die den betreffenden Vertretern der Kommission zugutekommt. Der Kläger ist der Ansicht, der Fortgang des Verfahrens werde durch die Aufhebung der Befreiung der betreffenden Vertreter der Kommission von gerichtlicher Verfolgung nicht beeinträchtigt, da sich das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache aufgrund Zurückverweisung nach teilweiser Aufhebung in einem Stadium befinde, in dem die Parteien ihre Argumentation abschließend dargelegt hätten.

71      Auf Nachfrage des Gerichts hat jeder der betreffenden Vertreter der Kommission jeweils mit Schreiben vom 6. März 2012 eine Stellungnahme zum Antrag des Klägers auf Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung eingereicht. Daraufhin haben der Kläger und die Kommission jeweils mit Schreiben vom 16. April 2012 und 26. März 2012 hierzu Stellung genommen.

72      Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 30 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts „[d]ie Vertreter der Parteien, die vor dem Gericht oder vor einem von diesem um Rechtshilfe ersuchten Gericht auftreten, … wegen mündlicher und schriftlicher Äußerungen, die sich auf die Rechtssache oder auf die Parteien beziehen, nicht gerichtlich verfolgt werden“ können. Die Abs. 3 und 4 dieses Artikels bestimmen, dass diese Befreiung von gerichtlicher Verfolgung „ausschließlich im Interesse der geordneten Durchführung des Verfahrens“ gewährt wird und das Gericht die Befreiung von gerichtlicher Verfolgung aufheben kann, wenn „der Fortgang des Verfahrens … hierdurch nicht beeinträchtigt wird“.

73      Diese Bestimmungen sind im Licht von Art. 19 Abs. 5 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der ihre Rechtsgrundlage ist, auszulegen, wonach „[d]ie vor dem Gerichtshof auftretenden Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte … nach Maßgabe der Verfahrensordnung die zur unabhängigen Ausübung ihrer Aufgaben erforderlichen Rechte und Sicherheiten [genießen]“.

74      Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist auch zu berücksichtigen, dass die Befreiung der Vertreter der Parteien von gerichtlicher Verfolgung die Freiheit der Meinungsäußerung der Rechtsanwälte widerspiegelt, die in Art. 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in Art. 10 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) verankert ist. In diesem Zusammenhang hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zur Freiheit der Meinungsäußerung eines Strafverteidigers in einem Strafverfahren u. a. festgestellt, dass „[d]ie besondere Stellung der Rechtsanwälte … sie als Mittler zwischen Rechtssuchenden und Gerichten in eine zentrale Position in der Justizverwaltung [bringt], was die für die Mitglieder der Rechtsanwaltschaft im Allgemeinen geltenden Verhaltenskodizes erklärt[. N]eben dem Inhalt der geäußerten Auffassungen und Informationen schützt Art. 10 [EMRK] auch die Art und Weise der Äußerung[. D]ie Freiheit der Meinungsäußerung, die ein Rechtsanwalt im Gerichtssaal genießt, ist nicht unbeschränkt, und bestimmte Interessen, wie die Autorität der Judikative, sind hinreichend bedeutend, um Beschränkungen dieses Rechts zu rechtfertigen. Dennoch … kann eine Beschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung des Strafverteidigers … in einer demokratischen Gesellschaft nur ausnahmsweise als erforderlich angesehen werden“ (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil Kyprianou/Zypern vom 15. Dezember 2005, §§ 173 und 174).

75      Zwar trifft es zu, dass das Verfahren vor dem Gericht kein Strafverfahren ist, nichtsdestoweniger schützt Art. 10 EMRK in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte allgemein die Freiheit der Meinungsäußerung von Rechtsanwälten und trägt zur Verwirklichung des Rechts auf einen fairen Prozess in der Rechtspraxis bei. Deshalb hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil Kyprianou/Zypern in Paragraf 175 festgestellt, dass „[d]ie Öffentlichkeit, um Vertrauen in die Justizverwaltung zu haben, … Vertrauen in die Fähigkeit der Rechtsanwälte haben [muss], die Rechtssuchenden wirksam zu vertreten[. F]olglich ist [die] abschreckende Wirkung [die durch die Verhängung einer Sanktion gegen einen Rechtsanwalt entstehen kann] ein wichtiger Faktor, der zu berücksichtigen ist, um im Rahmen einer guten Justizverwaltung ein gerechtes Gleichgewicht zwischen Gerichten und Rechtsanwälten herbeizuführen“.

76      Schließlich ist zur Auslegung von Art. 30 der Verfahrensordnung Art. 47 Abs. 1 und 2 der Charta heranzuziehen, der das Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei einem Gericht garantieren soll, einschließlich der Möglichkeit, sich beraten, verteidigen und vertreten zu lassen (vgl. zum Recht auf Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe Urteil des Gerichtshofs vom 22. Dezember 2010, DEB Deutsche Energiehandels- und Beratungsgesellschaft mbH, C‑279/09, Randnrn. 45 und 46).

77      Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist der Antrag auf Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung, die den betreffenden Vertretern der Kommission im Verfahren, das zum Urteil Strack/Kommission geführt hat, zugutekommt, zu prüfen.

78      Vor der Prüfung der Begründetheit des Antrags des Klägers ist jedoch dessen Zulässigkeit zu prüfen. Zwar hat das Gericht der Europäischen Union in Randnr. 82 des zurückverweisenden Urteils ausgeführt, jede Partei habe die Möglichkeit, beim Gericht einen solchen Antrag auf Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung zu stellen, um sodann die zuständigen Strafverfolgungsbehörden einschalten zu können, es ist aber festzustellen, dass der Kläger im ursprünglichen Verfahren nicht die Aufhebung der Befreiung der Vertreter der Kommission von gerichtlicher Verfolgung beantragt hatte, so dass das Gericht der Europäischen Union sich im zurückverweisenden Urteil nicht zum Anwendungsbereich von Art. 30 der Verfahrensordnung des Gerichts äußern konnte. Deshalb kann keine Entscheidung des Gerichts zu diesem Punkt Gegenstand einer Prüfung durch den Rechtsmittelrichter gewesen sein. Infolgedessen ist festzustellen, dass das zurückverweisende Urteil als einfaches obiter dictum als Antwort auf ein Vorbringen des Klägers zu verstehen ist, dem zufolge es eine Rechtsverweigerung darstelle, das Gericht als nicht befugt anzusehen, festzustellen, dass das Verhalten einer Partei möglicherweise strafbar sei.

79      Es ist jedoch festzustellen, dass Art. 30 der Verfahrensordnung nicht ausdrücklich vorsieht, dass ein Antrag auf Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung von einer der Parteien gestellt werden kann. Da die in Art. 30 der Verfahrensordnung vorgesehene Befreiung von gerichtlicher Verfolgung die Parteivertreter gegen etwaige Verfolgungen schützen soll und angesichts der ratio legis dieser Vorschrift, wie sie oben dargelegt wurde, hält sich das Gericht jedoch nur dann für verpflichtet, über einen Antrag auf Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung zu entscheiden, wenn Letzterer von einem Gericht oder einer zuständigen nationalen Behörde gestellt wird. Da dies nicht der Fall ist, kann das Gericht einem Antrag einer Partei auf Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung nicht stattgeben, da dieser Antrag nicht in die Zuständigkeit des Gerichts fällt.

80      Daher ist im vorliegenden Fall der Antrag des Klägers auf Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung als unzulässig zurückzuweisen.

 Zum Antrag auf Schadensersatz wegen überlanger Verfahrensdauer

81      Über den Antrag auf Schadensersatz wegen überlanger Verfahrensdauer, der in dem vom Kläger im vorliegenden Verfahren nach Zurückverweisung eingereichten Schriftsatz enthalten ist, wurde durch gesonderten Beschluss entschieden (Beschluss des Gerichts vom 7. Dezember 2011, Strack/Kommission, F‑44/05 RENV). In diesem Beschluss hat das Gericht ausgeführt, der Kläger berufe sich, um seinen Antrag zu stützen, auf die Dauer von drei verschiedenen Verfahren, nämlich das Verwaltungsverfahren zur Besetzung der streitigen Stelle, das vorgerichtliche Verfahren und das gerichtliche Verfahren.

82      Das Gericht hielt sich für unzuständig, über den Antrag auf Schadensersatz wegen der Dauer des gerichtlichen Verfahrens zu entscheiden, da der hiermit behauptete Schaden nicht in dem Dienstverhältnis des Klägers zur Kommission wurzelt, sondern in der Verzögerung der Entscheidung, die den Gerichten der Union anzulasten sein soll, und hat deshalb mit Beschluss vom 7. Dezember 2011, Strack/Kommission, F‑44/05 RENV, den Schadensersatzantrag des Klägers an das Gericht der Europäischen Union verwiesen, soweit er die überlange Dauer des gerichtlichen Verfahrens betraf. Dieser Schadensersatzantrag wurde unter dem Aktenzeichen T‑670/11 in das Register der Kanzlei des Gerichts der Europäischen Union eingetragen.

83      Mit Schreiben, das am 12. Januar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts der Europäischen Union eingegangen ist, hat der Kläger beantragt, seinen Antrag auf Schadensersatz wegen überlanger Dauer des gerichtlichen Verfahrens als gegenstandslos zu betrachten und die Rechtssache T‑670/11 im Register des Gerichts der Europäischen Union zu streichen.

84      Am 16. Februar 2012 hat der Kläger ein Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 7. Dezember 2011, Strack/Kommission, F‑44/05 RENV, eingelegt, mit dem der Antrag auf Schadensersatz wegen überlanger Dauer des gerichtlichen Verfahrens an das Gericht der Europäischen Union verwiesen wurde. Dieses Rechtsmittel wurde unter dem Aktenzeichen T‑65/12 P in das Register der Kanzlei des Gerichts der Europäischen Union eingetragen.

85      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts der Europäischen Union vom 26. Januar 2012 wurde die Rechtssache T‑670/11 im Register des Gerichts der Europäischen Union gestrichen.

86      Mit Beschluss vom 12. Juni 2012, Strack/Kommission (T‑65/12 P), hat das Gericht der Europäischen Union das Rechtsmittel des Klägers gegen den Beschluss vom 7. Dezember 2011, Strack/Kommission (F‑44/05 RENV), mit dem der Antrag auf Schadensersatz wegen überlanger Dauer des gerichtlichen Verfahrens an das Gericht der Europäischen Union verwiesen wurde, mit der Begründung zurückgewiesen, der angefochtene Beschluss sei nicht rechtsmittelfähig.

87      Was den Schadensersatzantrag angeht, soweit er die überlange Dauer des Verwaltungsverfahrens zur Besetzung der Stelle und das vorgerichtliche Verwaltungsverfahren betrifft, ist festzustellen, dass der Kläger, um diesen zu stützen, der Kommission vorwirft, sie habe diese Verfahren dadurch absichtlich in die Länge gezogen, dass sie ein offensichtlich fehlerhaftes Stellenausschreibungsverfahren durchgeführt habe, dass sie ihm nicht direkt das Ergebnis dieses Verfahrens mitgeteilt und dass sie im Rahmen des vorgerichtlichen Verfahrens, dessen Fristen sie beinahe ausgeschöpft habe, nicht die erforderlichen Abhilfemaßnahmen getroffen habe.

88      In diesem Zusammenhang ist zum Verwaltungsverfahren im engeren Sinne darauf hinzuweisen, dass die Anstellungsbehörde nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichtet ist, bei der Führung jedes Verwaltungsverfahrens eine angemessene Verfahrensdauer einzuhalten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 11. April 2006, Angeletti/Kommission, T‑394/03, Randnr. 163).

89      Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass das Verwaltungsverfahren zur Besetzung der streitigen Stelle am 24. März 2004 mit der Veröffentlichung der Stellenausschreibung zur Besetzung dieser Stelle begann und, was den Kläger betrifft, am 19. November 2004 endete, als ihm mitgeteilt wurde, dass seine Bewerbung nicht berücksichtigt worden sei. Folglich ist festzustellen, dass die Verfahrensdauer ungefähr acht Monate betrug, eine Dauer, die nicht als unangemessen angesehen werden kann, wobei insbesondere festzuhalten ist, dass die Bewerbungen um die streitige Stelle bis zum 15. April 2004 eingereicht werden konnten und das Auswahlverfahren vier Stufen umfasste, nämlich erstens die Prüfung der Bewerbungen durch das Vorauswahlgremium zur Erstellung einer „Short List“, zweitens ein Gespräch zwischen der Anstellungsbehörde und den in der „Short List“ aufgeführten Bewerbern oder jedem anderen Bewerber, mit dem sie ein Gespräch führen möchte, drittens die Befassung des Beratenden Ausschusses für Ernennungen zwecks Stellungnahme und viertens die Entscheidung der Anstellungsbehörde über die Ernennung.

90      Was das vorgerichtliche Verfahren betrifft, dauerte es drei Monate und 30 Tage, was keine überlange Dauer darstellt. Jedenfalls kann die Dauer des vorgerichtlichen Verfahrens grundsätzlich nicht überlang sein, da es aufgrund verschiedener in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehener Fristen, wenn es mit einem Antrag begonnen hat, 14 Monate und 30 Tage und wenn es, wie im vorliegenden Fall, mit einer Beschwerde begonnen hat, zehn Monate und zehn Tage nicht überschreiten kann.

91      Demzufolge ist der Antrag auf Schadensersatz zurückzuweisen, soweit er auf die überlange Dauer des Verwaltungsverfahrens zur Besetzung der Stelle und des vorgerichtlichen Verfahrens gestützt wird.

 Zum Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A und der Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers

 Zur Zulässigkeit des Aufhebungsantrags

–       Vorbringen der Parteien

92      In ihrer Klagebeantwortung in der Rechtssache F‑44/05, die auf ihre Ausführungen in ihrer mit besonderem Schriftsatz erhobenen Unzulässigkeitseinrede verweist, macht die Kommission geltend, der Kläger habe kein Rechtsschutzinteresse, da er keinen Vorteil aus der Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen ziehen könne. Da der Kläger nämlich gemäß den Art. 53 und 78 des Statuts wegen dauernder voller Dienstunfähigkeit vor Erhebung der Klage von Amts wegen in den Ruhestand versetzt worden sei, könne er die streitige Stelle nicht für sich beanspruchen.

93      In ihrem Schriftsatz im vorliegenden Verfahren nach Zurückverweisung trägt die Kommission vor, das zurückverweisende Urteil bestätige, dass der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A und der Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers unzulässig sei, da der Kläger aus der Aufhebung dieser Entscheidungen keinen Vorteil ziehen könne.

94      Zum einen führt die Kommission aus, das Gericht der Europäischen Union habe sich, um festzustellen, dass ein Beamter wie der Kläger, der vom Invaliditätsausschuss für dauernd voll dienstunfähig erklärt und gemäß den Art. 53 und 78 des Statuts von Amts wegen in den Ruhestand versetzt worden sei, weiterhin ein Interesse an der Aufhebung habe, auf das Urteil des Gerichtshofs vom 22. Dezember 2008, Gordon/Kommission (C‑198/07 P), gestützt. In diesem Urteil habe der Gerichtshof jedoch klargestellt, dass dies nicht der Fall sei, wenn die Möglichkeit einer Wiedereinstellung des in den Ruhestand versetzten Beamten nicht real, sondern nur hypothetisch sei. Die Kommission ist der Ansicht, im vorliegenden Fall deute nichts darauf hin, dass der Kläger bald wieder dienstfähig sein könne, und folgert daraus, der Kläger habe kein Rechtsschutzinteresse.

95      Zum anderen trägt die Kommission vor, das Gericht der Europäischen Union habe im zurückverweisenden Urteil ausgeführt, ein Kläger könne kein Interesse an der Aufhebung einer Entscheidung über die Ernennung eines Beamten auf eine Stelle haben, wenn sich unter Berücksichtigung der Schwere des Fehlers und nach Abwägung der bestehenden Interessen zeige, dass die Aufhebung der rechtswidrigen Entscheidung eine im Hinblick auf den Fehler, mit dem diese Entscheidung behaftet sei, übermäßige Sanktion wäre. Im vorliegenden Fall wäre jedoch die Aufhebung der Entscheidung, Herrn A zu ernennen, eine übermäßige Sanktion. Zunächst sei der Fehler, den diese Entscheidung aufweise, kein Rechtsfehler oder offensichtlicher Beurteilungsfehler, sondern ein einfacher, überdies zu vernachlässigender Verfahrensfehler, da er sich nur auf die Entscheidung des Vorauswahlgremiums und nicht die der Anstellungsbehörde ausgewirkt habe. Zudem stehe der Grundsatz der Rechtssicherheit der Aufhebung der Entscheidung, Herrn A zu ernennen, entgegen, da seit ihrem Erlass mehr als sieben Jahre vergangen seien. Schließlich widerspreche es dem dienstlichen Interesse, ein Verfahren zur Besetzung einer Stelle neu zu beginnen, bezüglich deren der Kläger nicht darlege, dass er sie in naher Zukunft für sich beanspruchen könne.

96      Der Kläger ist der Auffassung, die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen könne ihm einen Vorteil verschaffen. In Bezug auf die seine Bewerbung ablehnende Entscheidung trägt der Kläger vor, seine von Amts wegen erfolgte Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder voller Dienstunfähigkeit sei nicht endgültig und es sei daher nicht ausgeschlossen, dass er eines Tages die streitige Stelle besetzen könne. Was die Entscheidung über die Ernennung von Herrn A betreffe, habe dieser kein Recht, auf der streitigen Stelle zu bleiben, da die Aufhebung dieser Entscheidung fristgemäß beantragt worden sei. Jedenfalls könne sich die Kommission nicht anstelle von Herrn A auf dessen Interesse berufen, um eine Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, und da die Kommission sie nicht in der Klagebeantwortung im ursprünglichen Verfahren vor dem Gericht angeführt habe, sei diese Einrede der Unzulässigkeit verspätet.

–       Würdigung durch das Gericht

97      Nach ständiger Rechtsprechung ist die nach den Art. 90 und 91 des Statuts erhobene Klage eines Beamten oder ehemaligen Beamten auf Aufhebung einer ihn beschwerenden Maßnahme im Sinne von Art. 90 Abs. 2 des Statuts nur zulässig, wenn der Betreffende zum Zeitpunkt der Klageerhebung ein bestehendes und gegenwärtiges, hinreichend qualifiziertes Interesse an der Aufhebung dieser Maßnahme hat, wobei ein solches Interesse voraussetzt, dass ihm die Klage im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 29. November 2006, Agne-Dapper u. a./Kommission u. a., T‑35/05, T‑61/05, T‑107/05, T‑108/05 und T‑139/05, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung, und zurückverweisendes Urteil, Randnr. 43). Da es sich beim Rechtsschutzinteresse des Klägers um eine Zulässigkeitsvoraussetzung handelt, ist für seine Beurteilung auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts erster Instanz vom 28. Juni 2005, Ross/Kommission, T‑147/04, Randnr. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung, und zurückverweisendes Urteil, Randnr. 44).

98      Was einen Beamten betrifft, der vom Invaliditätsausschuss für dauernd voll dienstunfähig erklärt und gemäß den Art. 53 und 78 des Statuts von Amts wegen in den Ruhestand versetzt worden ist, unterscheidet sich die Situation eines solchen Beamten von der eines Beamten, der das Ruhestandsalter erreicht hat oder der auf Antrag oder von Amts wegen entlassen wurde, da es sich um eine reversible Situation handelt. Bei einem solchen Beamten besteht nämlich die Möglichkeit, dass er seinen Dienst innerhalb eines Unionsorgans eines Tages wiederaufnimmt. Die allgemeine Bestimmung des Art. 53 des Statuts ist insoweit in Verbindung mit den besonderen Bestimmungen der Art. 13 bis 15 des Anhangs VIII des Statuts zu sehen. Die dienstliche Tätigkeit des für dienstunfähig erklärten Beamten ruht lediglich, da seine Situation innerhalb der Organe vom Fortbestand der Voraussetzungen abhängt, die den betreffenden Zustand der Dienstunfähigkeit begründen, der in regelmäßigen Abständen überprüft werden kann (Urteil Gordon/Kommission, Randnrn. 46 und 47; zurückverweisendes Urteil, Randnr. 69).

99      Außerdem behält ein Beamter, der als dauernd voll dienstunfähig anerkannt ist, da bei ihm die Möglichkeit besteht, dass er wieder auf einer Stelle innerhalb eines Organs verwendet wird, ein Interesse im Sinne der in Randnr. 94 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung daran, im Rahmen des Auswahlverfahrens zur Besetzung einer freien Stelle, zu dem er zugelassen worden ist, zu beantragen, dass die Entscheidung über die Ablehnung seiner Bewerbung und die Entscheidung über die Ernennung eines anderen Bewerbers aufgehoben werden, um im Fall einer Wiederverwendung weiterhin Anspruch auf die betreffende Stelle geltend machen zu können oder in einem solchen Fall auch nur zu verhindern, dass sich die behaupteten Rechtsverstöße, die die Modalitäten des Auswahlverfahrens betreffen, in Zukunft im Rahmen eines ähnlichen Verfahrens wie dem, an dem er teilgenommen hat, wiederholen. Ein solches Interesse folgt aus Art. 233 Abs. 1 EG (heute Art. 266 Abs. 1 AEUV), wonach die Organe, denen das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen haben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 2007, Wunenburger/Kommission, C‑362/05 P, Randnrn. 50 und 51 und die dort angeführte Rechtsprechung; zurückverweisendes Urteil, Randnr. 70).

100    In ihren Schriftsätzen macht die Kommission geltend, nach der erwähnten Rechtsprechung, insbesondere dem Urteil Gordon/Kommission, habe ein Beamter, der gemäß den Art. 53 und 78 des Statuts von Amts wegen in den Ruhestand versetzt worden sei, nur dann weiterhin ein Rechtsschutzinteresse, wenn die Möglichkeit der Wiedereinstellung dieses Beamten real und nicht nur hypothetisch sei.

101    Auch wenn der Gerichtshof in Randnr. 48 des Urteils Gordon/Kommission tatsächlich ausgeführt hat, dass „die Möglichkeit einer Wiedereinstellung des Rechtsmittelführers nicht nur hypothetisch, sondern durchaus real ist“, um zum Ergebnis zu kommen, dass dieser, obwohl er von Amts wegen in den Ruhestand versetzt worden war, weiterhin ein Rechtsschutzinteresse hatte, bedeutet dieser Hinweis jedoch nicht, dass ein Beamter in dieser Situation nur dann weiterhin ein Rechtsschutzinteresse hat, wenn bereits feststeht, dass er demnächst wieder dienstfähig sein wird; dieser Hinweis bedeutet nur, dass dieser Beamte weiterhin ein Rechtsschutzinteresse hat, solange nicht ausgeschlossen ist, dass er den Dienst wiederaufnehmen kann. Aus Randnr. 48 des Urteils Gordon/Kommission geht nämlich hervor, dass für ein weiterhin bestehendes Rechtsschutzinteresse eines Beamten, der wegen dauernder voller Dienstunfähigkeit von Amts wegen in den Ruhestand versetzt worden ist, die Möglichkeit einer Wiedereingliederung in den Dienst genügt, was der Fall ist, solange die dauernde volle Dienstunfähigkeit nicht endgültig feststeht. Für die Anerkennung eines Rechtsschutzinteresses dieses Beamten ist es also keineswegs erforderlich, dass die Wiedereinstellung des Beamten sicher ist. Wie in Randnr. 97 des vorliegenden Urteils ausgeführt, setzt das Interesse eines Klägers an der Aufhebung einer Maßnahme nämlich voraus, dass diese Aufhebung ihm einen Vorteil verschaffen kann, und nicht, dass feststeht, dass sie ihm einen solchen Vorteil verschaffen wird.

102    Um das Vorbringen der Kommission vollständig zu beantworten, hat das Gericht der Europäischen Union im zurückverweisenden Urteil klargestellt, dass ein Beamter, der wegen dauernder voller Dienstunfähigkeit von Amts wegen gemäß den Art. 53 und 78 in den Ruhestand versetzt worden sei, nur in besonderen Einzelfällen kein Rechtsschutzinteresse habe, in denen die Prüfung der konkreten Situation des Beamten ergebe, dass er seinen Dienst bei einem Organ nicht mehr eines Tages wiederaufnehmen könne, in Anbetracht z. B. von Schlussfolgerungen des mit der Prüfung seiner Dienstunfähigkeit beauftragten Invaliditätsausschusses, wonach die Krankheit, die zur Dienstunfähigkeit geführt habe, unveränderlich sei und folglich keine medizinische Überprüfung erforderlich sein werde, oder von Erklärungen des betreffenden Beamten, aus denen hervorgehe, dass er seinen Dienst innerhalb eines Organs in keinem Fall wiederaufnehmen werde (zurückverweisendes Urteil, Randnr. 71).

103    Im vorliegenden Fall wurde der Kläger vom Invaliditätsausschuss für dauernd voll dienstunfähig erklärt und gemäß den Art. 53 und 78 des Statuts von Amts wegen in den Ruhestand versetzt. Seine Situation war jedoch reversibel; am 28. März 2007 hatte die Kommission den Kläger außerdem darauf hingewiesen, dass sie den ehemaligen Beamten, der ein Ruhegeld beziehe und das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, in bestimmten Zeitabständen untersuchen könne (Randnr. 35 des vorliegenden Urteils). Zudem ist nach der Aktenlage nicht erwiesen, dass seit dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger von Amts wegen in den Ruhestand versetzt worden ist, unwiderruflich feststünde, dass er seinen Dienst nie wiederaufnehmen wird. Jedenfalls wird es Sache des Ärzteausschusses sein, zu gegebener Zeit zur Wiederaufnahme des Dienstes durch den Kläger Stellung zu nehmen; hierbei handelt es sich um eine ärztliche Beurteilung, so dass die Verwaltung dem Inhalt der künftigen Entscheidung dieses Ausschusses nicht vorgreifen kann. Infolgedessen ist festzustellen, dass der Kläger weiterhin die streitige Stelle beanspruchen kann und daher insoweit weiterhin ein Interesse an der Aufhebung sowohl der Entscheidung über die Ernennung von Herrn A als auch der Entscheidung über die Ablehnung seiner Bewerbung hat, Entscheidungen, die im vorliegenden Fall untrennbar miteinander verbunden sind (im Folgenden: angefochtene Entscheidungen).

104    In ihrem Schriftsatz im vorliegenden Verfahren nach Zurückverweisung trägt die Kommission außerdem vor, der Kläger habe kein Interesse, die angefochtenen Entscheidungen in Frage zu stellen, da er nach ständiger Rechtsprechung die Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung eines Beamten oder Bediensteten nicht erreichen könne.

105    Es ist jedoch festzustellen, dass die Rechtsprechung bereits mehrfach die Zulässigkeit von gegen die Entscheidung über die Ernennung eines Beamten oder Bediensteten gerichteten Aufhebungsanträgen eines nicht an der Entscheidung beteiligten Dritten bejaht hat (vgl. z. B. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 14. November 2006, Neirinck/Kommission, T‑494/04, Randnrn. 66 und 67), und der Unionsrichter auf Klage von Dritten bereits mehrere Entscheidungen über die Ernennung von Beamten oder Bediensteten aufgehoben hat (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofs vom 23. Januar 1975, de Dapper/Parlament, 29/74, Randnr. 16; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 20. Juli 2001, Brumter/Kommission, T‑351/99, Randnr. 97).

106    Zwar hat der Richter, wenn die aufzuhebende Maßnahme einen Beamten oder Bediensteten begünstigt, was bei einer Ernennungsentscheidung der Fall ist, zu prüfen, ob die Aufhebung nicht eine im Hinblick auf den begangenen Rechtsverstoß übermäßige Sanktion ist (Urteil des Gerichtshofs vom 5. Juni 1980, Oberthür/Kommission, 24/79, Randnr. 13; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 10. Juli 1992, Barbi/Kommission, T‑68/91, Randnr. 36); diese Verpflichtung für den Richter wirkt sich aber nicht auf das Rechtsschutzinteresse des an der Entscheidung nicht beteiligten Dritten aus, der die Aufhebung begehrt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 2008, Tzirani/Kommission, F‑46/07, Randnr. 38).

107    Zum einen kann die Prüfung der Frage durch den Richter, ob eine Aufhebung nicht eine im Hinblick auf den begangenen Rechtsfehler übermäßige Sanktion ist, erst nach Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung erfolgen, wobei diese Prüfung u. a. die Schwere des festgestellten Fehlers berücksichtigt (Urteil Tzirani/Kommission, Randnr. 38).

108    Zum anderen kann ein Kläger, selbst wenn die Aufhebung einer Entscheidung eine im Hinblick auf den festgestellten Fehler übermäßige Sanktion ist, einen Vorteil aus einem gegen diese Entscheidung gerichteten Aufhebungsantrag ziehen, da nach ständiger Rechtsprechung die Tatsache, dass die Aufhebung einer fehlerhaften Entscheidung eine übermäßige Sanktion ist, nicht ausschließt, dass der Richter dem Antrag stattgibt, es aber der Verwaltung überlässt, eine angemessene Lösung für den Rechtsstreit zu suchen (Urteil des Gerichtshofs vom 6. Juli 1993, Kommission/Albani u. a., C‑242/90 P, Randnr. 13; Urteil des Gerichts vom 29. September 2010, Brune/Kommission, F‑5/08, Randnr. 18), oder dem Kläger sogar von Amts wegen für den begangenen Rechtsverstoß Schadensersatz zuspricht (Urteil Oberthür/Kommission, Randnrn. 13 und 14; Urteil des Gerichts vom 5. Mai 2010, Bouillez u. a./Rat, F‑53/08, Randnr. 90).

109    Nach alledem ist keines der Argumente der Kommission zur Unterstützung der in Bezug auf den Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen erhobenen Unzulässigkeitseinrede stichhaltig. Die Einrede der Unzulässigkeit ist deshalb zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit des Aufhebungsantrags

110    Der Kläger macht fünf Klagegründe geltend: erstens, Verstoß gegen den Beschluss vom 28. April 2004, soweit er bestimmte Vorschriften für die Zusammensetzung des Vorauswahlgremiums festlege, zweitens, Verstoß gegen die Art. 11a und 22a Abs. 3 des neuen Statuts, drittens, offensichtlicher Beurteilungsfehler, viertens, Verstoß gegen Art. 25 des neuen Statuts und, fünftens, Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und die Fürsorgepflicht.

111    Im Urteil Strack/Kommission hat das Gericht entschieden, dem Klagegrund des Verstoßes gegen den Beschluss vom 28. April 2004 sei stattzugeben, da nach Art. 2 Abs. 3 dieses im vorliegenden Fall anwendbaren Beschlusses dem Vorauswahlgremium mindestens drei Mitglieder angehören müssten, deren Besoldungsgruppe und Managementfunktion mindestens dem Niveau der zu besetzenden Planstelle entsprächen, einschließlich eines Mitglieds einer anderen Generaldirektion, und im vorliegenden Fall alle Mitglieder des Vorauswahlgremiums ihre Tätigkeit im Amt für Veröffentlichungen ausgeübt hätten. Dagegen hat es die weiteren Klagegründe als unbegründet zurückgewiesen.

112    Im zurückverweisenden Urteil hat das Gericht der Europäischen Union die Lösung des Gerichts in Bezug auf die Begründetheit der vom Kläger geltend gemachten Aufhebungsgründe nicht in Frage gestellt. Folglich ist die Lösung, zu der das Gericht im Urteil Strack/Kommission in Bezug auf die Aufhebungsgründe gelangt ist, rechtskräftig geworden (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 8. Dezember 2005, Reynolds/Parlament, T‑237/00, Randnr. 46). Sie kann daher nach der Zurückverweisung der vorliegenden Rechtssache nicht in Frage gestellt werden. Folglich greift der Klagegrund des Verstoßes gegen den Beschluss vom 28. April 2004 durch, und die übrigen Klagegründe sind zurückzuweisen.

113    Bevor, wie im zurückverweisenden Urteil verlangt, darüber entschieden wird, ob das Interesse von Herrn A der Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen entgegensteht, ist festzustellen, dass die Kommission in ihrem Schriftsatz sinngemäß vorträgt, der Verstoß gegen den Beschluss vom 28. April 2004 könne nicht die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen zur Folge haben, da dieser Fehler sich aus mehreren Gründen nicht maßgeblich auf die Begründetheit der angefochtenen Entscheidungen ausgewirkt habe. Zunächst sei das Vorauswahlgremium nur ein beratendes Organ, und der seine Zusammensetzung betreffende Fehler habe sich daher nicht maßgeblich auf die angefochtenen Entscheidungen ausgewirkt. Zudem seien die dem Vorauswahlgremium angehörenden Personen entsprechend den damals anwendbaren Vorschriften benannt worden; aufgrund des Umstands, dass der die Vorschriften über die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses ändernde Beschluss vom 28. April 2004 nicht rückwirkend angewandt worden sei, könne nicht vermutet werden, dass die rechtswidrige Zusammensetzung des Prüfungsausschusses, die sich daraus ergeben habe, die Entscheidung über die Ernennung von Herrn A beeinflusst haben könne. Schließlich sei die Entscheidung über die Ernennung von Herrn A fehlerfrei, da das Gericht, ohne dass dieser Punkt vom Gericht der Europäischen Union in Frage gestellt worden wäre, zum Ergebnis gekommen sei, die Entscheidung über die Ernennung von Herrn A weise keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler auf.

114    Hierzu ist festzustellen, dass der Fehler, mit dem die Stellungnahme des Vorauswahlgremiums behaftet war, einem Verfahrensfehler gleicht, da das Vorauswahlgremium nicht die der Anstellungsbehörde übertragenen Befugnisse ausübt, sondern nur eine beratende Rolle spielt. Entsprechend dem obigen Vorbringen der Kommission in Bezug auf einen Verfahrensfehler kann dieser jedoch nur dann zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen führen, wenn das Verfahren ohne diesen Fehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (vgl. u. a. Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, C‑142/87, Randnr. 48). Der Kläger muss jedoch nicht dartun, dass die Maßnahme notwendigerweise anders ausgefallen wäre, wenn sie nicht mit dem betreffenden Verfahrensfehler behaftet gewesen wäre; für die Aufhebung der betreffenden Maßnahme aufgrund eines formellen Rechtsfehlers genügt es, dass eine möglicherweise andere Entscheidung der Verwaltung nicht vollkommen ausgeschlossen ist (vgl. zu einer ohne vorhergehendes Gespräch mit dem Beurteilenden erstellten Beurteilung Urteil des Gerichts vom 13. September 2011, Nastvogel/Rat, F‑4/10, Randnr. 94).

115    Infolgedessen kann dahingestellt bleiben, ob die Kommission mit ihrem Vorbringen nicht die Rechtskraft in Frage stellt, weil das Gericht im Urteil Strack/Kommission festgestellt hat, dass die rechtswidrige Zusammensetzung des Vorauswahlgremiums die Aufhebung der Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers rechtfertigte, und das Gericht der Europäischen Union diese Analyse in seinem zurückverweisenden Urteil nicht in Frage gestellt hat. Dieses Vorbringen ist schon deshalb zurückzuweisen, weil, wäre das Vorauswahlgremium rechtmäßig zusammengesetzt gewesen, d. h. mit zumindest einem nicht dem Amt für Veröffentlichungen angehörenden Mitglied, die Stellungnahme dieses Gremiums anders hätte ausfallen können und daher ein anderer Bewerber von der Anstellungsbehörde für die Besetzung der streitigen Stelle hätte ausgewählt werden können.

116    Nach alledem muss der Klagegrund des Verstoßes gegen den Beschluss vom 28. April 2004 grundsätzlich zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen führen. Wie in Randnr. 106 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat der Richter jedoch, wenn wie im vorliegenden Fall die aufzuhebenden Entscheidungen einen anderen Beamten als den Kläger begünstigen, zuvor zu prüfen, ob die Aufhebung nicht eine im Hinblick auf den begangenen Rechtsverstoß übermäßige Sanktion darstellt (Urteil Bouillez u. a./Rat, Randnr. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

117    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Folgen, die von den Unionsgerichten aus der Fehlerhaftigkeit von Entscheidungen gezogen werden, die am Ende von Auswahlverfahren zur Einstellung getroffen werden, bei Entscheidungen, die nach Abschluss eines Auswahlverfahrens zur Erstellung einer Reserveliste getroffen werden, und Entscheidungen, die nach Abschluss eines zur Besetzung einer bestimmten Stelle durch Ernennung durchgeführten Auswahlverfahrens getroffen werden, nicht dieselben sind. Im Fall eines Auswahlverfahrens zur Erstellung einer Reserveliste stellt nämlich die Aufhebung aller Einzelentscheidungen, mit denen der Name jedes einzelnen erfolgreichen Bewerbers in der Liste eingetragen wurde, grundsätzlich eine übermäßige Sanktion dar (Urteil Bouillez u. a./Rat, Randnr. 83). Bei Entscheidungen, die nach einem internen Auswahlverfahren zur Besetzung einer bestimmten Stelle getroffen werden, nimmt der Unionsrichter hingegen eine Einzelfallprüfung vor, bei der er die Art des begangenen Rechtsverstoßes sowie die Interessenabwägung berücksichtigt.

118    Wenn es sich wie im vorliegenden Fall um einen Verfahrensmangel im Rahmen eines internen Auswahlverfahrens zur Besetzung einer bestimmten Stelle handelt, prüft der Richter, ob von diesem Mangel nur die Prüfung der Bewerbung des Klägers oder die Prüfung sämtlicher Bewerbungen betroffen ist. Im ersten Fall ist der Verfahrensmangel nicht geeignet, die Aufhebung der Entscheidung über die Ernennung des ausgewählten Bewerbers zu rechtfertigen. Im zweiten Fall nimmt der Richter eine Abwägung der bestehenden Interessen vor, die zum Zeitpunkt der Klageerhebung zu beurteilen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Bouillez u. a./Rat, Randnr. 85).

119    Insoweit berücksichtigt der Richter zunächst das Interesse des Klägers an einem fehlerfreien Auswahlverfahren und sodann das Interesse des nach Abschluss des fehlerhaften Auswahlverfahrens ernannten Beamten und dass dieser auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung, mit der er ernannt wurde, vertrauen durfte. Schließlich prüft der Richter das dienstliche Interesse, d. h. insbesondere die Wahrung der Rechtmäßigkeit, die Auswirkungen einer Aufhebung der rechtswidrigen Entscheidung auf den Haushalt, die Schwierigkeiten bei der Durchführung der rechtskräftigen Entscheidung, mögliche Beeinträchtigungen der Kontinuität des Verwaltungshandelns und eine mögliche Verschlechterung des Betriebsklimas innerhalb des Organs (vgl. entsprechend Urteil Bouillez u. a./Rat, Randnrn. 87 bis 89).

120    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Nichtbeachtung der Vorschriften über die Zusammensetzung des Vorauswahlgremiums durch die Kommission sich auf die Prüfung sämtlicher Bewerbungen um die streitige Stelle ausgewirkt hat. Deshalb ist eine Abwägung der bestehenden Interessen vorzunehmen.

121    In diesem Zusammenhang betont das Gericht, dass das Interesse des Klägers an der Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen keineswegs zu vernachlässigen ist. Im Fall einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen muss die Kommission nämlich die Prüfung der Bewerbungen im Stadium der Stellungnahme des Vorauswahlgremiums auf der Grundlage der Gesichtspunkte wiederaufnehmen, die ihr zum Zeitpunkt der Befassung des Vorauswahlgremiums zur Verfügung standen, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Kläger entgegen dem Vermerk des Vorauswahlgremiums vom 25. Juni 2004 zu den von diesem Gremium gewählten Bewerbern gehört, für die Besetzung der streitigen Stelle ausgewählt und folglich gemäß der Stellenausschreibung nach Besoldungsgruppe A 4 oder A 5 befördert wird. Zwar könnte die Verwaltung, wenn der Kläger für die Besetzung der streitigen Stelle ausgewählt werden sollte, ihn nicht rückwirkend auf diese Stelle ernennen, da Art. 3 des Statuts ausdrücklich vorsieht, dass eine Ernennung nicht zu einem Zeitpunkt wirksam werden kann, der vor dem tatsächlichen Dienstantritt der betreffenden Person liegt, doch wird der Kläger in diesem Fall gleichwohl einen Vorteil aus seiner Klage ziehen, da die Verwaltung ihm den Schaden, der ihm durch die Nichternennung zu dem Zeitpunkt, zu dem er ohne den festgestellten Fehler zu ernennen gewesen wäre, zu ersetzen hat.

122    Darüber hinaus ist, auch wenn die Anstellungsbehörde nicht verpflichtet ist, ein Auswahlverfahren weiterzuverfolgen, darauf hinzuweisen, dass sie nach ständiger Rechtsprechung diese Entscheidung nur treffen kann, wenn objektive, hinreichende und bei Einleitung des Verfahrens unbekannte Gründen vorliegen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. April 2011, Šimonis/Kommission, F‑113/07, Randnr. 90). Selbst wenn solche Gründe als gegeben anzusehen sein sollten, kann im vorliegenden Fall das Interesse des Klägers an der Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen nicht verneint werden, da die Verwaltung ihm in diesem Fall für den Verlust der Chance einer fehlerfreien Prüfung seiner Bewerbung durch das Vorauswahlgremium im Juni 2004 Schadensersatz zu leisten hat.

123    Was das Interesse des Beamten (Herrn A) angeht, der nach Abschluss des fehlerhaften Auswahlverfahrens ernannt worden ist, stellt das Gericht fest, dass dieser sich nicht auf ein berechtigtes Vertrauen auf den Fortbestand seiner Ernennung berufen kann, und zwar obwohl seit dem Erlass der angefochtenen Entscheidungen acht Jahre vergangen sind, da diese innerhalb der Klagefristen angefochten worden sind (Urteil Bouillez u. a./Rat, Randnr. 88). Herr A musste unter diesen Umständen nämlich wissen, dass seine Ernennung erst dann endgültig feststehen würde, wenn die Klage des Klägers keinen Erfolg haben sollte.

124    Jedenfalls ist festzustellen, dass die Entscheidung über die Ernennung von Herrn A keine Wirkungen mehr entfaltet, da dieser nach den von den Parteien insbesondere in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben die streitige Stelle nicht mehr innehat und die Verwaltung aufgrund von Art. 3 des Statuts auch im Fall der Aufhebung dieser Entscheidung nicht rückwirkend einen anderen Bewerber auf die Stelle ernennen könnte.

125    Was schließlich das dienstliche Interesse angeht, stellt das Gericht fest, dass durch die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit volle Geltung verschafft werden könnte und die Kommission nicht dargetan hat, dass die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen besondere Schwierigkeiten mit sich bringen würde.

126    Nach alledem sind die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben, da das Vorauswahlgremium rechtswidrig zusammengesetzt war, es nicht ausgeschlossen werden kann, dass dieses Gremium eine andere Stellungnahme abgegeben hätte, wenn es fehlerfrei zusammengesetzt gewesen wäre, und das Interesse von Herrn A dieser Aufhebung nicht entgegensteht.

 Zum Antrag auf Schadensersatz, soweit er den immateriellen Schaden betrifft, der dem Kläger aufgrund der rechtswidrigen Zusammensetzung des Vorauswahlgremiums entstanden sein soll

127    Der Kläger trägt vor, aufgrund der rechtswidrigen Zusammensetzung des Vorauswahlgremiums einen Schaden erlitten zu haben.

128    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Aufhebung einer von einem Beamten angefochtenen Maßnahme der Verwaltung als solche ein angemessener und grundsätzlich hinreichender Ersatz für den gesamten immateriellen Schaden ist, der dem Beamten möglicherweise entstanden ist, sofern dieser nicht nachweist, dass er einen von dem Rechtsverstoß, auf dem die Aufhebung beruht, abtrennbaren immateriellen Schaden erlitten hat, der durch die Aufhebung nicht in vollem Umfang wiedergutgemacht werden kann. Dies ist der Fall, erstens, wenn die aufgehobene Maßnahme eine explizit negative Beurteilung der Fähigkeiten des Klägers enthält, die geeignet ist, ihn zu verletzen, zweitens, wenn der begangene Fehler besonders schwerwiegend ist, und drittens, wenn der Aufhebung jede praktische Wirksamkeit genommen wird und sie damit als solche keinen angemessenen und hinreichenden Ersatz für den gesamten durch die angefochtene Maßnahme verursachten immateriellen Schaden darstellen kann (Urteil des Gerichts vom 12. Mai 2011, AQ/Kommission, F‑66/10, Randnrn. 105, 107 und 109).

129    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der immaterielle Schaden, auf den sich der Kläger beruft, auf das Entscheidungsverhalten der Kommission zurückzuführen ist. Es ist jedoch festzustellen, dass nach den in der vorstehenden Randnummer angeführten Kriterien der Rechtsprechung die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen einen angemessenen Ersatz für den gesamten immateriellen Schaden darstellt, der dem Kläger möglicherweise entstanden ist, da erstens die genannten Entscheidungen keine explizit negative Beurteilung seiner Fähigkeiten enthielten, die geeignet waren, ihn zu verletzen, zweitens, selbst wenn er aufgrund des begangenen Rechtsverstoßes ein Gefühl von Frustration oder Ungerechtigkeit empfunden haben konnte, dieser Fehler nicht derart schwerwiegend ist, dass er einen eigenständigen Ersatz rechtfertigen könnte, und drittens der Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen nicht jede praktische Wirksamkeit genommen wird, da nicht völlig ausgeschlossen ist, dass der Kläger auf die streitige Stelle ernannt werden kann.

130    Nach alledem ist der Antrag auf Schadensersatz, soweit er den immateriellen Schaden betrifft, der dem Kläger aufgrund der rechtswidrigen Zusammensetzung des Vorauswahlgremiums entstanden sein soll, als unbegründet zurückzuweisen.

 Kosten

131    Die Nrn. 5 und 6 des Tenors des Urteils Strack/Kommission, mit denen dem Kläger die Hälfte seiner Kosten und der Kommission ihre eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten des Klägers auferlegt worden waren, sind vom Gericht der Europäischen Union aufgehoben worden (vgl. zurückverweisendes Urteil, Randnr. 127). In seinem zurückverweisenden Urteil hat das Gericht der Europäischen Union die Kostenentscheidung vorbehalten. Das Gericht hat daher im vorliegenden Urteil über die im Rahmen der verschiedenen Verfahrensabschnitte angefallenen Kosten zu entscheiden.

132    Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels der Verfahrensordnung auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 Abs. 2 kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei zur Tragung nur eines Teils der Kosten oder gar nicht zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist.

133    Aus den obigen Gründen ergibt sich, dass die Kommission im Wesentlichen unterlegen ist. Außerdem hat der Kläger ausdrücklich beantragt, der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Da die Umstände des vorliegenden Falles nicht die Anwendung von Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung rechtfertigen, hat die Kommission in den Rechtssachen Strack/Kommission, F‑44/05, Kommission/Strack, T‑526/08 P, und Strack/Kommission, F‑44/05 RENV, ihre eigenen Kosten zu tragen und wird zur Tragung der dem Kläger in diesen Rechtssachen entstandenen Kosten verurteilt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Antrag auf Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung, die den Bediensteten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache F‑44/05, Strack/Kommission, zugutekommt, wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.      Der Antrag auf Schadensersatz wegen überlanger Dauer des Verwaltungsverfahrens zur Besetzung der Stelle und überlanger Dauer des vorgerichtlichen Verfahrens wird als unbegründet zurückgewiesen.

3.      Die Entscheidung über die Ernennung von Herrn A und die Entscheidung vom 19. November 2004, mit der die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Bewerbung von Herrn Strack um die Stelle eines Leiters des Referats „Ausschreibungen und Verträge“ des Amts für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften abgelehnt hat, werden aufgehoben.

4.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten in den Rechtssachen Strack/Kommission, F‑44/05, Kommission/Strack, T‑526/08 P, und Strack/Kommission, F‑44/05 RENV, sowie die Herrn Strack in diesen Rechtssachen entstandenen Kosten.

Rofes i Pujol

Boruta

Bradley

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 23. Oktober 2012.

Die Kanzlerin

 

       Die Präsidentin

W. Hakenberg

 

       M. I. Rofes i Pujol


* Verfahrenssprache: Deutsch.