Language of document : ECLI:EU:T:2019:508

URTEIL DES GERICHTS (Sechste erweiterte Kammer)

11. Juli 2019(*)

„Nichtigkeitsklage – Staatliche Beihilfen – Maßnahmen Frankreichs zugunsten des Flughafens Marseille Provence und der Luftverkehrsgesellschaften, die diesen Flughafen nutzen – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird – Investitionszuschüsse – Differenzierung der Flughafenentgelte für Inlandsflüge und für internationale Flüge – Ermäßigte Flughafenentgelte zur Förderung von Flügen ab dem neuen Terminal Marseille Provence 2 – Keine individuelle Betroffenheit – Keine spürbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung – Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑894/16,

Société Air France mit Sitz in Tremblay-en-France (Frankreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt R. Sermier,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch S. Noë, C. Giolito und C. Georgieva-Kecsmar als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Aéroport Marseille Provence SA mit Sitz in Marignane (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin A. Lepièce,

und durch

Ryanair DAC, vormals Ryanair Ltd, mit Sitz in Dublin (Irland)

und

Airport Marketing Services Ltd mit Sitz in Dublin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte E. Vahida und I.‑G. Metaxas-Maranghidis,

Streithelferinnen,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2016/1698 der Kommission vom 20. Februar 2014 über die von Frankreich durchgeführten Maßnahmen SA.22932 (11/C) (ex NN 37/07) zugunsten des Flughafens Marseille Provence und der den Flughafen nutzenden Luftverkehrsgesellschaften (ABl. 2016, L 260, S. 1)

erlässt

DAS GERICHT (Sechste erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis, der Richter S. Papasavvas, D. Spielmann (Berichterstatter) und Z. Csehi sowie der Richterin O. Spineanu-Matei,

Kanzler: E. Artemiou, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2019

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Der Flughafen Marseille Provence befindet sich in Frankreich im Departement Bouches-du-Rhône. Er gehört zu den größten französischen Flughäfen. Im Jahr 2012 belief sich das Fluggastaufkommen auf mehr als 8 Mio. Passagiere. Um den Flughafenbetrieb zu beleben und sich künftig stärker auf europäische Flugziele auszurichten, entschied der Flughafen im Jahr 2004, neben seinem Hauptterminal (im Folgenden: Terminal MP1) ein neues Terminal für „Billigflüge“ (im Folgenden: Terminal MP2) einzurichten. Die Arbeiten begannen im Dezember 2005, und im September 2006 wurde das Terminal MP2 in Betrieb genommen.

2        Am 27. März 2007 ging bei der Europäischen Kommission eine von der Klägerin, der Société Air France, eingelegte, auf den 15. März 2007 datierte Beschwerde ein, in der das Unternehmen angebliche rechtswidrige Beihilfen des Conseil général des Bouches-du-Rhône (Departementsrat des Departements Bouches-du-Rhône, Frankreich) zugunsten des Flughafens Marseille Provence sowie angebliche rechtswidrige Beihilfen dieses Flughafens zugunsten der Ryanair DAC, vormals Ryanair Ltd, und anderen Luftverkehrsgesellschaften geltend machte. Die betreffenden Vorteile hätten insbesondere in ermäßigten Flughafenentgelten zur Förderung von Flügen ab dem Terminal MP2 bestanden.

3        Am 27. November 2009 reichte die Klägerin bei der Kommission eine Beschwerde ein, in der sie auf rechtswidrige Beihilfen hinwies, die von mehreren französischen Regional- und Lokalflughäfen gewährt worden sein sollten, darunter auch vom Flughafen Marseille Provence.

4        Am 7. Mai 2008 erklärte der Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) die am Terminal MP2 vom 1. Juni 2006 an und vom 1. Januar 2007 an geltenden genehmigten Passagierentgeltsätze für ungültig und begründete dies damit, dass die bei der Berechnung des Entgelts berücksichtigten Kostennachweise unzureichend gewesen seien.

5        Nach der Ungültigerklärung der am Terminal MP2 vom 1. Juni 2006 an und vom 1. Januar 2007 an geltenden genehmigten Passagierentgeltsätze ließ die zum Ministerium für Umwelt, nachhaltige Entwicklung und Energie gehörende Generaldirektion für Zivilluftfahrt von einer Prüfungsgesellschaft eine Studie erstellen, die im November 2008 vorgelegt wurde und sich mit den Methoden der Zuordnung von Kosten und Einnahmen und mit der Preisgestaltung der Terminals MP1 und MP2 befasste. Auf der Grundlage dieser Prüfung setzte die Industrie- und Handelskammer (Chambre de commerce et d’industrie, CCI) Marseille Provence (Frankreich, im Folgenden: CCIMP) neue, rückwirkend geltende Passagierentgeltsätze fest.

6        Mit an die Französische Republik gerichtetem Beschluss vom 13. Juli 2011 leitete die Kommission das Verfahren gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV ein und forderte die Beteiligten auf, sich zu den fraglichen Maßnahmen zu äußern (im Folgenden: Einleitungsbeschluss).

7        Bei der Kommission gingen Stellungnahmen der Französischen Republik, der CCIMP, der Klägerin, von Ryanair und der Airport Marketing Services Ltd (im Folgenden: AMS), einer 100%igen Tochtergesellschaft von Ryanair, ein.

8        Am 20. Februar 2014 erließ die Kommission den Beschluss (EU) 2016/1698 über die von Frankreich durchgeführten Maßnahmen SA.22932 (11/C) (ex NN 37/07) zugunsten des Flughafens Marseille Provence und der den Flughafen nutzenden Luftverkehrsgesellschaften (ABl. 2016, L 260, S. 1, im Folgenden: angefochtener Beschluss).

9        In dem angefochtenen Beschluss vertrat die Kommission u. a. die Auffassung, dass dem Flughafen Marseille Provence eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Investitionsbeihilfe gewährt worden sei. Sie stellte fest, dass das Terminal MP2 und das angrenzende Vorfeld keiner bestimmten Fluggesellschaft vorbehalten gewesen seien. Das Terminal habe daher jeder Fluggesellschaft offengestanden, die es habe nutzen wollen, sofern diese einen begrenzten Dienstleistungsumfang angeboten habe. Die Kommission wies darauf hin, dass der Flughafen eine Aufforderung zur Bekundung des Interesses an der Nutzung dieses Terminals veröffentlicht habe und dass das Terminal, da es nicht voll ausgelastet gewesen sei, allen interessierten Fluggesellschaften offengestanden habe. Außerdem stellte sie fest, dass die Fluggesellschaften auch Tarife gezahlt hätten, die mindestens die durch jeden Vertrag bedingten inkrementellen Kosten gedeckt hätten.

10      Weiter prüfte die Kommission die auf das Terminal MP2 anwendbaren Passagierentgeltsätze. Sie stellte insbesondere fest, dass ein umsichtiger Wirtschaftsteilnehmer zur Bestimmung der Rentabilität des nur vereinfachte Dienstleistungen anbietenden Terminals und der entsprechenden Entgeltsätze alle luftverkehrsbezogenen und nicht luftverkehrsbezogenen Einnahmen einbeziehe und die Elastizität der Nachfrage nach Flügen im Verhältnis zur Höhe der Flughafenentgelte berücksichtige. Sie war der Auffassung, dass „[d]ie Differenz zwischen der Höhe des Passagierentgeltes und den Kosten der Passagierdienstleistungen, die durch nicht luftverkehrsbezogene Entgelte gedeckt wird, … somit keinen den Fluggesellschaften gewährten Vorteil dar[stellt], sondern … die Folge der Optimierungen durch den Betreiber [ist], die ganz im Gegenteil darauf abzielen, das Investitionsvorhaben rentabel zu gestalten“ (369. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung über die Festsetzung der Entgeltsätze für dieses Terminal den Grundsatz des umsichtigen marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsteilnehmers erfülle.

11      Schließlich prüfte die Kommission den am 19. Mai 2006 zwischen der CCIMP und AMS geschlossenen Vertrag über den Kauf von Werbefläche (im Folgenden: AMS-Vertrag). Dieser Vertrag wurde ohne vorherige Ausschreibung oder Veröffentlichung für eine Laufzeit von fünf Jahren geschlossen und konnte einmalig um denselben Zeitraum verlängert werden. Zweck des Vertrags war es, für den Zielort Marseille zu werben, um mehr Fluggäste nach Marseille zu locken.

12      Auf der Grundlage einer von der Französischen Republik vorgelegten Rentabilitätsstudie für die mit den Ryanair-Flügen im Zeitraum 2007–2021 erzielten finanziellen Margen, die die CCIMP selbst bei ihrer Entscheidung über den AMS-Vertrag zugrunde gelegt habe, stellte die Kommission fest, dass die durchschnittlichen Kosten dieses Vertrags je Fluggast dieser Fluggesellschaft es ermöglicht hätten, die Rentabilität für das Projekt des Baus des Terminals MP2 insgesamt zu ermitteln. Sie gelangte zu dem Schluss, dass die den Fluggesellschaften berechneten Entgelte unter Berücksichtigung der verschiedenen Ermäßigungen sowie der Kosten dieses Vertrags jederzeit mindestens die mit der Nutzung des Flughafens durch die Fluggesellschaft verbundenen Mehrkosten gedeckt hätten.

 Verfahren und Anträge der Parteien

13      Mit Klageschrift, die am 19. Dezember 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

14      Die Aéroport Marseille Provence SA hat mit Schriftsatz, der am 23. März 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt, im Verfahren zur Unterstützung der Anträge der Kommission als Streithelferin zugelassen zu werden.

15      Mit Schriftsätzen, die am 26. März 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben Ryanair und AMS beantragt, im Verfahren zur Unterstützung der Anträge der Kommission als Streithelferinnen zugelassen zu werden.

16      Mit Beschluss vom 29. Mai 2017 hat der Präsident der Sechsten Kammer des Gerichts diese Streitbeitritte zugelassen. Die Streithelferinnen haben ihre Schriftsätze und die Hauptparteien ihre Stellungnahmen hierzu innerhalb der ihnen gesetzten Fristen eingereicht.

17      Auf Vorschlag der Sechsten Kammer hat das Gericht die Rechtssache gemäß Art. 28 seiner Verfahrensordnung an einen erweiterten Spruchkörper verwiesen.

18      Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Sechste erweiterte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung die Parteien aufgefordert, bestimmte Fragen zu beantworten. Die Parteien sind dem fristgerecht nachgekommen.

19      In der Sitzung vom 10. Januar 2019 haben die Parteien mündlich verhandelt.

20      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

21      Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferinnen, beantragt,

–        die Klage als unzulässig und jedenfalls als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

22      Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferinnen, macht geltend, dass die Klage im Wesentlichen deshalb unzulässig sei, weil die Klägerin nicht klagebefugt sei. Insbesondere sei die Klägerin durch die fraglichen Maßnahmen nicht unmittelbar und individuell betroffen, und sie erläutere nicht, weshalb der angefochtene Beschluss sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berühre.

23      Die Klägerin macht geltend, ihre Situation müsse sie entgegen den Ausführungen der Kommission in ähnlicher Weise individualisieren wie den Adressaten des angefochtenen Rechtsakts. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung ist sie der Ansicht, dass die Zulässigkeit der Klage einer Person, bei der es sich im Verhältnis zu dem Beihilfeempfänger um einen Dritten handele, voraussetze, dass der Dritte mit dem Beihilfeempfänger im Wettbewerb stehe und dass die Beihilfe geeignet sei, die Stellung dieses Dritten auf dem Markt spürbar zu beeinträchtigen. Weiterhin führt sie das Urteil vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission (T‑371/94 und T‑394/94, EU:T:1998:140), an und macht geltend, das Gericht habe dort implizit bestätigt, dass Luftverkehrsgesellschaften, die ihre Wettbewerber seien, eine Entscheidung der Kommission, mit der eine sie begünstigende staatliche Beihilfe für gültig erklärt worden sei, zulässigerweise anfechten könnten.

24      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 263 Abs. 4 AEUV zwei Fälle anführt, in denen einer natürlichen oder juristischen Person die Befugnis zuerkannt wird, gegen einen nicht an sie gerichteten Rechtsakt der Europäischen Union Klage zu erheben. Zum einen kann eine derartige Klage erhoben werden, wenn die betreffende Handlung die Person unmittelbar und individuell betrifft. Zum anderen kann eine solche Person gegen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, klagen, sofern dieser Rechtsakt sie unmittelbar betrifft.

25      Im vorliegenden Fall ist der angefochtene Beschluss allein an die Französische Republik gerichtet und betrifft eine Einzelbeihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. e der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 AEUV (ABl. 2015, L 248, S. 9). Da er somit einen Einzelfall regelt, kann es sich nicht um einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV handeln, der mit Ausnahme der Gesetzgebungsakte jede Handlung mit allgemeiner Geltung erfasst (vgl. Urteil vom 3. Dezember 2014, Castelnou Energía/Kommission, T‑57/11, EU:T:2014:1021, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daraus folgt, dass die Klage, da die Klägerin nicht Adressatin des angefochtenen Beschlusses ist, nur zulässig ist, wenn sie davon unmittelbar und individuell betroffen ist (Urteil vom 22. Juni 2016, Whirlpool Europe/Kommission, T‑118/13, EU:T:2016:365, Rn. 41).

26      Nach ständiger Rechtsprechung können andere Personen als die Adressaten eines Beschlusses nur dann individuell betroffen sein, wenn der betreffende Beschluss sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten eines solchen Beschlusses (Urteile vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, EU:C:1963:17, S. 223, und vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 15).

27      Im Rahmen des in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen ist zwischen der Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu ermöglichen, und der in Art. 108 Abs. 2 AEUV geregelten Prüfungsphase zu unterscheiden. Nur in dieser Phase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gesichtspunkten des Falls zu verschaffen, sieht der Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (vgl. Urteil vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission, C‑319/07 P, EU:C:2009:435, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Stellt ein Unternehmen die Begründetheit eines auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 3 AEUV oder nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens getroffenen Beschlusses, mit dem die Beihilfe beurteilt wird, in Frage, so genügt der bloße Umstand, dass es als Beteiligter im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels betrachtet werden kann, nicht für die Annahme der Zulässigkeit der Klage. Es muss in diesem Fall nachweisen, dass ihm eine besondere Rechtsstellung im Sinne des Urteils vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17), zukommt (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 10. November 2015, Compagnia Trasporti Pubblici u. a./Kommission, T‑187/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:846, Rn. 18). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn seine Marktstellung durch die Beihilfe, die Gegenstand des betreffenden Beschlusses ist, spürbar beeinträchtigt wird (Urteil vom 22. Juni 2016, Whirlpool Europe/Kommission, T‑118/13, EU:T:2016:365, Rn. 44).

29      Als von einem Kommissionsbeschluss, mit dem das nach Art. 108 Abs. 2 AEUV wegen einer Beihilfemaßnahme eingeleitete förmliche Prüfverfahren abgeschlossen wird, individuell betroffen sind insoweit neben dem begünstigten Unternehmen dessen Mitbewerber angesehen worden, die im Rahmen dieses Verfahrens eine aktive Rolle gespielt haben, sofern ihre Marktstellung durch die Beihilfemaßnahme, die Gegenstand des Beschlusses ist, dessen Nichtigerklärung beantragt wurde, spürbar beeinträchtigt wird. Ein Unternehmen kann sich daher nicht lediglich auf seine Eigenschaft als Mitbewerber des begünstigten Unternehmens berufen, sondern muss, wie bereits festgestellt, darüber hinaus darlegen, dass angesichts des Umfangs seiner etwaigen Beteiligung an dem Verfahren und des Grades der Beeinträchtigung seiner Marktstellung tatsächlich Umstände vorliegen, die es in ähnlicher Weise individualisieren wie den Adressaten eines Beschlusses (vgl. Beschluss vom 7. März 2013, UOP/Kommission, T‑198/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:105, Rn. 25 und 26 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 28. Januar 1986, Cofaz u. a./Kommission, 169/84, EU:C:1986:42, Rn. 25, sowie Beschluss vom 27. Mai 2004, Deutsche Post und DHL/Kommission, T‑358/02, EU:T:2004:159, Rn. 33 und 34).

30      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klage auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, d. h. der Einreichung der Klageschrift, abzustellen ist (Beschluss vom 15. Dezember 2010, Albertini u. a. und Donnelly/Parlament, T‑219/09 und T‑326/09, EU:T:2010:519, Rn. 39, und Urteil vom 3. Dezember 2014, Castelnou Energía/Kommission, T‑57/11, EU:T:2014:1021, Rn. 34).

31      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass sich die Klägerin gegen bestimmte von der Kommission in dem angefochtenen Beschluss geprüfte Maßnahmen wendet. Zum einen wird der Investitionszuschuss für den Bau des Terminals MP2 in Frage gestellt, und zum anderen werden die spezifischen Passagierentgeltsätze für dieses Terminal sowie der AMS-Vertrag, die zusammen genommen eine staatliche Beihilfe zugunsten dieses Terminals darstellten, angefochten. Mithin ist die Klagebefugnis der Klägerin zum einen im Hinblick auf den Investitionszuschuss und zum anderen im Hinblick auf die genannten Sätze und den genannten Vertrag zu prüfen.

 Zum Investitionszuschuss

32      Die Kommission ist der Auffassung, dass hinsichtlich des der CCIMP für den Bau des Terminals MP2 gewährten Investitionszuschusses kein Wettbewerbsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Flughafen Marseille Provence, dem Empfänger der Beihilfe, bestehe. Insbesondere habe sie diesen der CCIMP gewährten Zuschuss und die den Fluggesellschaften von der CCIMP gewährten angeblichen Betriebsbeihilfen getrennt geprüft. Die Klägerin hätte im vorliegenden Fall nachweisen müssen, dass dieser Zuschuss de facto von der CCIMP auf Ryanair übertragen worden sei. Dies sei jedoch nicht der Fall, da der CCIMP in der Entscheidung über die Gewährung dieses Zuschusses keine Bedingung auferlegt worden sei, dieser Fluggesellschaft Zugang zu Vorzugsbedingungen einzuräumen.

33      Ergänzend macht die Kommission geltend, dass die Klägerin mangels eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen ihr und dem durch die Beihilfe begünstigten Flughafen kein Rechtsschutzinteresse habe. Insbesondere würde ihr die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses im Hinblick auf den Investitionszuschuss keinen Vorteil verschaffen.

34      Die Klägerin macht geltend, Ryanair sei die tatsächliche Begünstigte des der CCIMP gewährten Investitionszuschusses. Der Einleitungsbeschluss lasse klar erkennen, dass zwischen den der CCIMP gewährten Investitionszuschüssen und der Fluggesellschaft Ryanair ein untrennbarer Zusammenhang bestehe, da dieser Zuschuss es dem Flughafen Marseille Provence ermöglicht habe, einem ihrer unmittelbaren Wettbewerber künstlich niedrig gehaltene Preise einzuräumen. Zum Nachweis dieses untrennbaren Zusammenhangs zwischen diesem von der CCIMP für den Bau des Terminals MP2 erhaltenen Zuschuss und dem von Ryanair als Nutzerin dieses Terminals erhaltenen Vorteil bezieht sie sich insbesondere auf die Rn. 90, 91 und 275 des Einleitungsbeschlusses. In diesen Randnummern werde der Mechanismus dargestellt, mit dem die CCIMP den wirtschaftlichen Nutzen aus diesem Zuschuss auf Ryanair übertragen habe, und der enge Zusammenhang zwischen dem in Rede stehenden Zuschuss und dem wirtschaftlichen Vorteil, der Ryanair zugutegekommen sei, klar erläutert. Für die Zulässigkeit der Klage sei ausreichend, dass nachgewiesen werde, dass sie sich im Hinblick auf diesen Flughafen in einem Wettbewerbsverhältnis mit Ryanair befinde.

35      Hierzu ist festzustellen, dass der Investitionszuschuss für den Bau des Terminals MP2 nur der CCIMP gewährt wurde, was von den Parteien im Übrigen nicht bestritten wird. Ferner ist festzustellen, dass Ryanair in dem angefochtenen Beschluss nicht als Empfängerin der Investitionsbeihilfe bezeichnet worden ist. Wie aus diesem Beschluss mehrfach hervorgeht, wurde die CCIMP von der Kommission als die einzige Empfängerin dieses Zuschusses angesehen.

36      Genauer gesagt hat die Kommission im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit und eines Unternehmens nur in Bezug auf die CCIMP geprüft. Insbesondere hat sie in Abschnitt 6.1 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die CCIMP den Flughafen Marseille Provence betrieben und den Nutzern dieser Infrastruktur die Kosten in Rechnung gestellt habe.

37      Ebenso wurde in Abschnitt 6.1.3 des angefochtenen Beschlusses das Vorliegen eines selektiven Vorteils nur in Bezug auf die CCIMP beurteilt. Die Kommission war diesbezüglich der Auffassung, dass „die Investitionszuschüsse gegenüber anderen Flughafenbetreibern und anderen Unternehmen in anderen Sektoren nur der CCIMP einen Vorteil verschaffen“.

38      Außerdem ist das Kriterium der Verfälschung des Wettbewerbs und der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten nur im Hinblick auf die CCIMP geprüft worden. Diesbezüglich hat die Kommission festgestellt, dass „[die CCIMP a]ls Betreiber des Flughafens Marseille Provence … im Wettbewerb mit anderen Flughäfen [stand], die dasselbe Einzugsgebiet bedienen, d. h.[,] die weniger als 100 km oder 60 Minuten Reisezeit entfernt sind“. Ferner hat sie ausgeführt, dass „die Flughafenbetreiber im Wettbewerb zueinander [standen], so dass die Stellung der CCIMP auf dem Markt durch eine ihr gewährte Beihilfe gestärkt werden [konnte]“.

39      Nach alledem ist daher zu prüfen, ob Ryanair im Licht der im Verfahren geltend gemachten Tatsachen entsprechend dem Vorbringen der Klägerin indirekt vom Investitionszuschuss für den Bau des Terminals MP2 profitiert hat.

40      Insoweit ergibt sich erstens und entgegen den Behauptungen der Klägerin aus dem Einleitungsbeschluss nicht, dass ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den von der CCIMP für den Bau des Terminals MP2 erhaltenen Investitionszuschüssen und Ryanair bestand. Was insbesondere die Rn. 90 und 91 dieses Beschlusses anbelangt, hat die Kommission bloß auf den von der Prüfungsgesellschaft erstellten Bericht Bezug genommen, ohne ihre eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen. Außerdem hat sie in Rn. 275 dieses Beschlusses nicht festgestellt, dass die das Terminal MP2 nutzenden Fluggesellschaften ebenfalls Begünstigte des der CCIMP gewährten Investitionszuschusses seien, sondern lediglich die Frage nach den Auswirkungen einer etwaigen Unvereinbarkeit des Investitionszuschusses und danach aufgeworfen, ob die von der CCIMP angewandten Passagierentgelte Beihilfen darstellten.

41      Im Übrigen geht aus dem Einleitungsbeschluss hervor, dass Ryanair im Hinblick auf den Zugang und die Nutzung des Terminals MP2 keinerlei Vorrang gewährt wurde. Das Terminal stand nämlich jeder interessierten Fluggesellschaft offen, ohne einer oder mehreren bestimmten Fluggesellschaften vorbehalten zu sein. Insoweit verweist Rn. 31 dieses Beschlusses auf die Präambel der am 18. Juli 2006 im Internet veröffentlichten Nutzungsregelung für das Terminal MP2, die u. a. vorsieht, dass „[d]ie Nutzung [dieses Terminals] grundsätzlich allen Fluggesellschaften offen[steht], die sich zur Einhaltung der in [ihren Bestimmungen] festgelegten allgemeinen Nutzungsbedingungen für dieses Terminal verpflichten“. Dieser Gesichtspunkt wird im Übrigen im 291. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aufgenommen, in dem die Kommission festgestellt hat, dass „[n]ach den von [der Französischen Republik] vorgelegten Informationen und insbesondere der Nutzungsregelung für [das in Rede stehende] Terminal … die neue Infrastruktur allen potenziellen Nutzern (Luftverkehrsunternehmen) einheitlich und diskriminierungsfrei offen[stand]“.

42      Zweitens ist den Akten zu entnehmen, dass die Klägerin im Anschluss an die Aufforderung zur Einreichung von Projektvorschlägen, die die CCIMP im Jahr 2004 an die Fluggesellschaften gerichtet hatte, eine Bewerbung für die Nutzung des Terminals MP2 eingereicht hat. Sie war insbesondere an der Flugverbindung zwischen dem Flughafen Marseille Provence und dem Flughafen Paris-Orly (Frankreich) interessiert und schlug 19 Flüge pro Tag von Montag bis Freitag, 14 Flüge am Samstag und 18 Flüge am Sonntag vor. Die Verhandlungen zwischen der Klägerin und dem Betreiber dieses Flughafens scheiterten später jedoch, u. a. wegen der Beschränkung dieses Terminals auf Direktverbindungen und der Tatsache, dass das Terminal nur Inlandsflüge und Intra-EU-Flüge abwickeln durfte. Weiterhin ist festzustellen, dass das Gesamtvolumen der von den interessierten Fluggesellschaften eingereichten Angebote die geplante Kapazität des Terminals nicht überstieg, so dass keine Auswahl getroffen werden musste. Somit erhielt jede Fluggesellschaft, die ein Interesse bekundet hatte, Zugang zu dem in Rede stehenden Terminal. Die Nutzung dieses Terminals war daher nicht nur keiner bestimmten Fluggesellschaft, insbesondere Ryanair, vorbehalten, sondern die Klägerin hätte ebenfalls Zugang erhalten können, wenn die Verhandlungen mit dem Betreiber dieses Flughafens zu einem Ergebnis geführt hätten.

43      Drittens ist die Entscheidung des Gerichts im Urteil vom 10. Mai 2006, Air One/Kommission (T‑395/04, EU:T:2006:123), entgegen der Ansicht der Klägerin nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Dieses Urteil betrifft nämlich ein Unterlassen der Kommission, in der Vorprüfungsphase für Beihilfen eine Entscheidung zu erlassen, und die Klägerin begehrte mit der Klage in der Rechtssache, in der jenes Urteil erging, den Schutz ihrer Verfahrensrechte. Das Gericht hat daher geprüft, ob die Klägerin in jener Rechtssache als Beteiligte im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG-Vertrag (jetzt Art. 108 Abs. 2 AEUV) angesehen werden konnte (Urteil vom 10. Mai 2006, Air One/Kommission, T‑395/04, EU:T:2006:123, Rn. 34). In der vorliegenden Rechtssache ist der angefochtene Beschluss jedoch am Ende des förmlichen Prüfverfahrens erlassen worden und die Klägerin begehrt nicht den Schutz ihrer Verfahrensrechte, sondern ficht die Begründetheit dieses Beschlusses an.

44      Nach alledem kann die Klägerin nicht mit Erfolg vortragen, dass der Investitionszuschuss für den Bau des Terminals MP2 Ryanair indirekt zugutegekommen sei. Daraus folgt, dass die Klägerin mangels eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen ihr und der CCIMP nicht geltend machen kann, dass sie von dem angefochtenen Beschluss hinsichtlich des Investitionszuschusses individuell betroffen sei. Demzufolge ist die vorliegende Klage, soweit sie diese Beihilfe betrifft, unzulässig, ohne dass das von der Kommission ergänzend vorgebrachte Argument geprüft zu werden braucht, dass die Klägerin insoweit kein Rechtsschutzinteresse habe.

 Zu den spezifischen Passagierentgeltsätzen am Terminal MP2 und zum AMS-Vertrag

45      Die Kommission macht geltend, dass sich die Situation der Klägerin nicht von der der anderen Fluggesellschaften, die den Flughafen Marseille Provence nutzten, unterscheide, so dass die angeblichen Beihilfen an die Fluggesellschaften sie nicht individuell beträfen. Sie räumt ein, dass die Klägerin mit Ryanair im Wettbewerb stehe, fügt jedoch hinzu, dass nach der Rechtsprechung das Bestehen einer solchen Beziehung zum Empfänger einer Beihilfe für sich genommen nicht ausreiche, um als individuell betroffen angesehen zu werden. Hierzu weist sie darauf hin, dass die Klägerin nur einer der zahlreichen Konkurrenten von Ryanair sei, und stellt fest, dass diese Fluggesellschaft, obwohl sie 29 der 41 am Terminal MP2 angebotenen Zielorte anfliege, nur im Hinblick auf eine sehr begrenzte Zahl von Zielorten mit geringer wirtschaftlicher Bedeutung in unmittelbarem Wettbewerb mit Ryanair gestanden habe.

46      Im Übrigen hat die Kommission auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung die Ansicht vertreten, dass das Gericht die Auswirkungen der spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und des AMS-Vertrags auf dem gesamten europäischen Luftverkehrsmarkt und, hilfsweise, im Rahmen der Flugverbindungen vom und zum Flughafen Marseille Provence untersuchen müsse.

47      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass sie mit Ryanair im Wettbewerb stehe und dass die Maßnahmen, von denen diese am Flughafen Marseille Provence profitiere, nämlich die spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und der AMS-Vertrag, sie speziell beträfen.

48      Insbesondere trägt die Klägerin vor, dass sie neben Ryanair eine der wichtigsten Nutzer des Flughafens Marseille Provence sei und dass diese beiden Fluggesellschaften im Jahr 2017 hinsichtlich drei vom Flughafen Marseille Provence aus angeflogenen Zielen, nämlich Brest (Frankreich), Nantes (Frankreich) und Ibiza (Spanien), im direkten Wettbewerb gestanden hätten. Insoweit hat sie auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass in der Entscheidungspraxis der Wettbewerbsbehörden jede Strecke, d. h. jedes „Ausgangsort/Zielort“-Paar, einen relevanten Markt darstelle.

49      In der Erwiderung hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass auf den Strecken, auf denen sie von 2014 bis 2016 mit Ryanair in unmittelbarem Wettbewerb gestanden habe, das Verkehrsvolumen von Ryanair zwischen 360 000 und 660 000 Sitzplätze pro Jahr betragen habe, während sie zwischen 530 000 und 660 000 Fluggäste pro Jahr befördert habe. In der mündlichen Verhandlung hat sie weiter ausgeführt, dass sie im Jahr 2018 2,6 Mio. Fluggäste nach oder von Marseille (Frankreich) aus befördert habe und dass etwa 400 000 Fluggäste ab dem Flughafen Marseille Provence auf Direktflügen zum Flughafen Lille (Frankreich), zum Flughafen Lyon (Frankreich) und, in geringerem Umfang, zum Flughafen Brest, d. h. zu auch von Ryanair vom Flughafen Marseille Provence aus angebotenen Zielorten, befördert worden seien.

50      Was die Strecken vom oder zum Flughafen Marseille Provence anbelangt, macht die Klägerin geltend, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt nur vier das Terminal MP2 nutzende Billigfluggesellschaften vorhanden gewesen seien und dass Ryanair 29 der 41 von diesem Terminal aus angebotenen Zielorte angeflogen habe. Ryanair habe künstlich niedrig gehaltene Entgeltsätze gezahlt, sie und ihre Tochtergesellschaft HOP! hätten dagegen im Vergleich zu den tatsächlichen Kosten erhöhte Sätze gezahlt. Diese Situation habe es Ryanair ermöglicht, niedrigere als die von HOP! für am selben Datum und mit demselben Zielort durchgeführte Flüge angebotenen Preise anzubieten. Hierzu legt die Klägerin eine tabellarische Übersicht vor, aus der sich ergibt, dass ein Flugschein für einen Flug am 4. Juli 2017 nach Brest von Ryanair für 63,94 Euro und von HOP! für 105,25 Euro angeboten worden sei und ein Flugschein für einen Flug am 3. Juli 2017 nach Nantes von Ryanair für 30,28 Euro und von HOP! für 50,51 Euro.

51      Außerdem habe sie von 2013 bis 2015 die Flugstrecken zwischen dem Flughafen Marseille Provence und den Flughäfen Rom (Italien), Düsseldorf (Deutschland) und Bordeaux (Frankreich) aufgrund des direkten Wettbewerbs mit Ryanair schließen müssen. Im Übrigen habe sie im Jahr 2016 wegen dieses Wettbewerbs ihre Tätigkeit hinsichtlich der saisonalen Strecke zwischen Marseille und Brest auf sechs Wochen in den Monaten Juli und August beschränkt. Mit Hilfe eines Diagramms macht sie geltend, dass ihre Direktflugtätigkeit in der Zeit von 2013 bis 2017 mit Ausnahme der Flugstrecken zwischen dem Flughafen Marseille Provence und den Flughäfen Paris (Frankreich) und Amsterdam (Niederlande) um mehr als 50 % zurückgegangen sei.

52      Die Klägerin schließt daraus, dass die Ryanair eingeräumte Möglichkeit, aufgrund der vom Flughafen Marseille Provence für die Finanzierung seines Ausbaus erhaltenen Zuschüsse und aufgrund der von Ryanair erhaltenen Betriebsbeihilfen vom Terminal MP2 aus künstlich niedrig gehaltene Beförderungspreise anzubieten, eine Wettbewerbsverzerrung darstelle, die ihre Stellung auf dem in Rede stehenden Flughafen geschwächt habe.

53      Mithin ist zu prüfen, ob die von der Klägerin vorgetragenen Gesichtspunkte die Feststellung zulassen, dass sie von den vom Betreiber des Flughafens hinsichtlich der spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 ergriffenen Maßnahmen und vom AMS-Vertrag individuell betroffen war.

54      Was zunächst den relevanten Markt anbelangt, auf dem die Auswirkungen der in Rede stehenden Maßnahmen zu untersuchen sind, ist festzustellen, dass, auch wenn zum einen diese Maßnahmen nur das Terminal MP2 betreffen und zum anderen die Klägerin und Ryanair innerhalb des Flughafens Marseille Provence die Terminals MP1 und MP2 nutzen, die von den verschiedenen diesen Flughafen nutzenden Fluggesellschaften angeflogenen Zielorte allgemein grundsätzlich nicht dem einen oder dem anderen dieser beiden Terminals vorbehalten sind. Folglich sind die Auswirkungen der in Rede stehenden Maßnahmen entgegen dem Hauptvorbringen der Kommission und dem Vortrag der Klägerin (oben, Rn. 46 und 48) vor dem Hintergrund aller von und zu diesem Flughafen betriebenen Flugverbindungen, unabhängig von dem genutzten Terminal, zu untersuchen.

55      Sodann muss die Klägerin, wie aus der oben in Rn. 29 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, dartun, dass ihre Wettbewerbsstellung auf dem relevanten Markt durch die Maßnahmen, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses sind, spürbar beeinträchtigt wird.

56      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Sache des Gerichts ist, im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung abschließend über die Wettbewerbsbeziehungen zwischen der Klägerin und Ryanair zu befinden. Es obliegt allein der Klägerin, in stichhaltiger Weise darzulegen, aus welchen Gründen die Maßnahmen, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses sind, ihre berechtigten Interessen durch eine spürbare Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung auf dem betreffenden Markt verletzen können (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 21. Januar 2011, Vtesse Networks/Kommission, T‑54/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:15, Rn. 98).

57      Insoweit ist hinsichtlich der Voraussetzung der spürbaren Beeinträchtigung der Stellung der Klägerin auf dem relevanten Markt festzustellen, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass Ryanair und die Klägerin miteinander im Wettbewerb stehende Fluggesellschaften sind. Selbst unter der Annahme, dass sie die hauptsächlichen Nutzer des Flughafens Marseille Provence sind, hat die Klägerin allerdings nichts vorgetragen, was den Schluss zuließe, dass ihre Wettbewerbsstellung auf diesem Markt durch die spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und den AMS-Vertrag spürbar beeinträchtigt worden wäre.

58      Erstens ergibt sich nämlich aus dem Flugplan 2016–2018 des Flughafens Marseille Provence, dass 36 Fluggesellschaften, darunter Ryanair, Air France und HOP!, Flugverbindungen von und zu diesem Flughafen betreiben, nämlich Germanwings, Aegean Airlines, HOP!, Air Canada, Air France, Air Algérie, Royal Air Maroc, Alitalia, British Airways, Nouvelair, Aer Lingus, Eurowings, Ryanair, Iberia, Meridiana, Air Malta, Lufthansa, El Al Israel Airlines, Mistral Air, Air Madagascar, Pegasus Airlines, XL Airways France, Tassili Airlines, Brussels Airlines, Twin Jet, TUIfly, Turkish Airlines, TAP Portugal, Air Transat, TunisAir, EasyJet, Air Austral, Volotea, Vueling Airlines, Air Corsica und Aigle Azur.

59      Zudem ergibt sich aus dem Flugplan 2016–2018 des Flughafens Marseille Provence, dass die Klägerin und HOP! nicht die einzigen Fluggesellschaften sind, die in „unmittelbarem Wettbewerb“ mit Ryanair stehen, d. h., die Direktflüge ohne Zwischenlandung durchführen. Ryanair steht nämlich mit elf weiteren Fluggesellschaften in unmittelbarem Wettbewerb, und zwar mit Air Malta, Alitalia, British Airways, Brussels Airlines, EasyJet, Iberia, Royal Air Maroc, TAP Portugal, TUIfly, Volotea und Vueling Airlines.

60      Wie sich zweitens aus der Vergleichstabelle für die Flugverbindungen der Gruppe von Fluggesellschaften, der die Klägerin angehört, und von Ryanair vom Flughafen Marseille Provence aus und zu diesem Flughafen hin ergibt, stand diese Gruppe, zu der die Klägerin und HOP! gehörten, im Jahr 2016, in dem die vorliegende Klage erhoben wurde, auf drei Strecken, nämlich Marseille-Brest, Marseille-Nantes und Marseille-Lille, in unmittelbarem Wettbewerb mit Ryanair. Ferner ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin auf diesen drei Strecken in direktem Wettbewerb mit Ryanair stand.

61      Die Klägerin, die nicht die einzige Fluggesellschaft war, die mit Ryanair auf drei Strecken im Wettbewerb stand, hat jedoch nicht nachgewiesen, dass sie sich hinsichtlich der spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und des AMS-Vertrags in einer Situation befand, die sie von den anderen in Rede stehenden Wettbewerbern unterschieden hätte. Insbesondere war Royal Air Maroc ein Wettbewerber von Ryanair für die Flüge nach Marrakesch (Marokko), Oujda (Marokko) und Rabat (Marokko), und Vueling Airlines für Flüge nach Málaga (Spanien), Palma de Mallorca (Spanien) und Rom. Folglich befanden sich diese beiden letztgenannten Fluggesellschaften gegenüber Ryanair in derselben Wettbewerbssituation wie die Klägerin. Außerdem stand die Gruppe von Fluggesellschaften, der Vueling Airlines, British Airways und Iberia angehören, auf fünf Strecken, nämlich London (Vereinigtes Königreich), Madrid (Spanien), Málaga, Palma de Mallorca und Rom, in unmittelbarem Wettbewerb mit Ryanair; das sind zwei Strecken mehr als die von der Gruppe von Fluggesellschaften, der die Klägerin angehört, bedienten.

62      Drittens ergibt sich aus den Akten im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung der Strecken, auf denen die Klägerin mit Ryanair in unmittelbarem Wettbewerb stand, dass die Strecke Marseille-Nantes von der Klägerin bis zu dreimal pro Tag bedient wurde. Was die Strecke Marseille-Brest anbelangt, hat die Klägerin ihre Tätigkeit im Jahr 2016 auf sechs Wochen im Juli und August beschränkt. Neben der Klägerin stand Ryanair jedoch auf Strecken mit größeren Städten als Nantes und Brest noch mit weiteren Gesellschaften in unmittelbarem Wettbewerb. Insoweit stand Ryanair, wie von der Kommission ausgeführt, im Hinblick auf London mit British Airways, die am Flughafen London-Heathrow (Vereinigtes Königreich) drei Flüge pro Tag anbot, und mit EasyJet, die am Flughafen London-Gatwick (Vereinigtes Königreich) bis zu drei Flüge pro Tag und am Flughafen London-Luton (Vereinigtes Königreich) drei Flüge pro Woche anbot, im Wettbewerb.

63      Viertens ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach die erhebliche Wettbewerbsverzerrung und – im Wesentlichen – die spürbare Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung auf dem relevanten Markt durch die spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und den AMS-Vertrag durch einen Vergleich der von HOP! und Ryanair für Flüge vom Flughafen Marseille Provence aus nach Brest und Nantes angebotenen Preise belegt würden. Denn dieser am 29. März 2017 von der Klägerin durchgeführte Preisvergleich zeigt zwar, dass die von Ryanair angebotenen Preise deutlich unter den von der Klägerin und ihrer Tochtergesellschaft angebotenen Preisen lagen; der von der Kommission für den 27. Juli 2017 und den 31. Juli 2017 vorgelegte Preisvergleich belegt jedoch das Gegenteil. Selbst wenn unterstellt wird, dass die von Ryanair für diese Strecken praktizierten Preise insgesamt geringer als die von der Klägerin angebotenen Preise waren, beweist dies für sich genommen jedenfalls keine erhebliche Wettbewerbsverzerrung durch die vom Betreiber dieses Flughafens festgesetzten Flughafenentgelte und diesen Vertrag. Wie die Kommission ausführt, könnte ein Preisunterschied auf andere Faktoren, wie die mehr oder weniger hohen Betriebskosten der einzelnen in Rede stehenden Fluggesellschaften, zurückzuführen sein.

64      Fünftens belegt die von der Klägerin – ohne Angabe irgendeiner Quelle – vorgelegte Tabelle, die die Entwicklung ihrer Direktflugtätigkeit vom Flughafen Marseille Provence aus verdeutlicht und einen Rückgang um mehr als 50 % in der Zeit von 2013 bis 2017 aufzeigt, nicht, dass ihre Wettbewerbsstellung auf dem relevanten Markt durch die spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und den AMS-Vertrag spürbar beeinträchtigt wurde. Zunächst erläutert die Klägerin nicht, auf welche die Direktflug-Beförderungstätigkeit betreffenden Gesichtspunkte sie sich zur Erstellung dieser Tabelle gestützt hat. Sodann hat sie bei ihren Schätzungen, wie sie selbst einräumt, nicht die Daten hinsichtlich offenbar wichtiger Strecken, nämlich Marseille-Paris und Marseille-Amsterdam, berücksichtigt. Schließlich macht sie keine spezifischen Angaben zu den Auswirkungen ihres unmittelbaren Wettbewerbs mit Ryanair innerhalb des gewählten Zeitraums auf den Rückgang ihrer Direktflugtätigkeit.

65      Insoweit kann, da der relevante Markt im vorliegenden Fall eine nicht konzentrierte Struktur aufweist, die durch die Präsenz einer großen Zahl von Wettbewerbern gekennzeichnet ist, nicht einfach vermutet werden, dass der aus der vorgenannten Tabelle hervorgehende Rückgang der Direktflugtätigkeit der Klägerin in der Zeit von 2013 bis 2017 in Anbetracht ihres unmittelbaren Wettbewerbs mit Ryanair auf dem genannten Markt ausschließlich auf die spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und den AMS-Vertrag zurückzuführen wäre. Es trifft zu, dass von der Klägerin nicht verlangt werden kann, dass sie nachweist, dass dieser Rückgang ausschließlich auf diese Maßnahmen zurückzuführen ist. Sie hatte jedoch zumindest Nachweise dafür vorzulegen, dass diese Maßnahmen in Anbetracht ihres unmittelbaren Wettbewerbs mit Ryanair auf den Strecken Marseille-Brest, Marseille-Nantes und Marseille-Lille Auswirkungen auf ihre Wettbewerbsstellung auf diesem Markt hatten, was sie nicht getan hat.

66      Mögliche Anhaltspunkte für eine spürbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung des betroffenen Wettbewerbers auf dem Markt können insoweit nach der Rechtsprechung in einer bedeutenden Umsatzeinbuße, nicht unerheblichen finanziellen Verlusten, einer signifikanten Verringerung der Marktanteile und Einnahmeausfällen bestehen, für die der Wettbewerber nachweisen muss, dass sie auf die Gewährung der Beihilfe zurückzuführen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 53). Im vorliegenden Fall legt die Klägerin jedoch keine genauen, bezifferten und detaillierten Schätzungen dafür vor, dass die von Ryanair auf dem relevanten Markt angeblich eroberten Marktanteile die Folge der spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und des AMS-Vertrags waren. Dieselbe Feststellung gilt für das Vorbringen der Klägerin, dass sie aufgrund ihres Wettbewerbs mit Ryanair gezwungen gewesen sei, die Strecken Marseille-Rom, Marseille-Düsseldorf und Marseille-Bordeaux in der Zeit von 2013 bis 2015 zu schließen. Die Klägerin liefert nämlich keinen konkreten Anhaltspunkt, der belegen könnte, dass die Schließung der genannten Strecken auf ihren direkten Wettbewerb mit Ryanair zurückzuführen war.

67      Im Übrigen hat Aéroport Marseille Provence in der mündlichen Verhandlung, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte, vorgetragen, dass, was insbesondere die Strecken Marseille-Lille und Marseille-Nantes betreffe, nicht nur kein Rückgang des Fluggastaufkommens stattgefunden habe, sondern die Klägerin die Anzahl der beförderten Fluggäste nach dem Markteintritt von Ryanair auf diesen Strecken vielmehr erhöht habe.

68      Unter diesen Umständen ist das Vorbringen der Klägerin, dass ihre Wettbewerbsstellung auf dem relevanten Markt durch die spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und den AMS-Vertrag beeinträchtigt worden sei, nicht substantiiert und lässt nicht den Schluss auf das Vorliegen einer individuellen Betroffenheit zu. Insbesondere ergibt sich aus alledem, dass die Klägerin, auch wenn solche Maßnahmen, wie sie geltend macht, eine Einschränkung ihrer Tätigkeit auf diesem Markt nach sich ziehen können, keine hinreichenden Beweise dafür beigebracht hat, dass sich ihre Situation von der der anderen Wirtschaftsteilnehmer unterscheidet, die auf diesem Markt mit Ryanair im Wettbewerb stehen, so dass sie in ähnlicher Weise wie der Adressat dieser Maßnahmen betroffen ist.

69      Nach alledem ist, selbst wenn unterstellt wird, dass die Wettbewerbsstellung der Klägerin auf dem relevanten Markt in Anbetracht ihres unmittelbaren Wettbewerbs mit Ryanair durch die spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und den AMS-Vertrag beeinträchtigt sein sollte, nicht nachgewiesen, dass diese Beeinträchtigung spürbar war. Die Klägerin ist daher durch diese Maßnahmen nicht im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung individuell betroffen.

70      Diesem Ergebnis steht das weitere Vorbringen der Klägerin nicht entgegen.

71      Als Erstes weist die Klägerin darauf hin, dass sie an dem Verfahren, nach dessen Abschluss die Kommission den angefochtenen Beschluss erlassen habe, aktiv mitgewirkt habe. Insoweit habe sie zwei aufeinander folgende Beschwerden bezüglich der vom Flughafen Marseille Provence durchgeführten staatlichen Beihilfemaßnahmen eingereicht, in deren Rahmen sie auf die negativen Folgen der fraglichen Maßnahmen auf ihre Stellung als Nutzerin dieses Flughafens hingewiesen habe. Sie leitet daraus ab, dass sie in diesem dem Erlass des Beschlusses vorausgegangenen Verfahren eine sehr aktive Rolle gespielt habe.

72      Von der bloßen Beteiligung eines Klägers an einem Verwaltungsverfahren kann jedoch nicht auf seine Klagebefugnis geschlossen werden (Beschluss vom 7. März 2013, UOP/Kommission, T‑198/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:105, Rn. 27, und Urteil vom 22. Juni 2016, Whirlpool Europe/Kommission, T‑118/13, EU:T:2016:365, Rn. 55), auch wenn er in diesem Verfahren, insbesondere durch Erhebung der Beschwerde, die zu dem angefochtenen Beschluss geführt hat, eine bedeutende Rolle gespielt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission, C‑319/07 P, EU:C:2009:435, Rn. 94 und 95).

73      Als Zweites bezieht sich die Klägerin auf ein Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden von Ryanair, in dem dieser behaupte, in einer „Wettbewerbssituation“ mit ihr zu stehen. Die persönlichen Ansichten eines Leiters einer Fluggesellschaft, die eine Beihilfe erhalten hat, genügen jedoch nicht, um eine spürbare Beeinträchtigung der Stellung ihrer Wettbewerber auf dem betreffenden Markt darzutun. Zudem ergibt sich aus dem genannten Interview nicht, dass der Vorstandsvorsitzende der Klägerin Ryanair gegenüber eine besondere Wettbewerbsstellung zugeschrieben hätte. Insbesondere behauptet der Vorstandsvorsitzende, dass diese „immer mehr Wettbewerber“ habe und dass „Fluggesellschaften wie [sie], Alitalia, Lufthansa [der Tendenz zu niedrigpreisigen Dienstleistungen] folgen müssen“. Folglich sieht dieser Vorstandsvorsitzende die Klägerin nur als einen von mehreren Wettbewerbern seiner Fluggesellschaft an.

74      Als Drittes legt die Klägerin eine im September 2017 von ihr erstellte Marktstudie vor. Diese Studie ermittelte den HHI (Herfindahl-Hirschman-Index), der allgemein als Maß für die Wettbewerbsintensität auf einem Markt angesehen werde. Im Hinblick auf den Wettbewerb von Ryanair mit der Klägerin wird in der Studie davon ausgegangen, dass das Wachstum von Ryanair aufgrund der hohen Anzahl gemeinsamer Flugverbindungen die Gruppe von Fluggesellschaften, der die Klägerin angehöre, unmittelbar beeinträchtige. Nach dieser Studie stand Ryanair im Jahr 2016 mit dieser Gruppe auf zehn Flugverbindungen zwischen französischen Städten und auf 37 Flugverbindungen zwischen einer französischen und einer europäischen Stadt außerhalb Frankreichs im Wettbewerb.

75      Die in Rede stehende Marktstudie erlaubt zwar die Feststellung, dass zwischen der Klägerin und Ryanair ein Wettbewerbsverhältnis besteht, belegt aber keineswegs, dass die Wettbewerbsstellung der Klägerin auf dem relevanten Markt durch die spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und den AMS-Vertrag spürbar beeinträchtigt wurde. Zum einen ist der Umstand, dass nach dieser Studie „Ryanair … oftmals nicht der einzige Akteur auf [den] von ihr betriebenen Strecken [ist und dass] die gezahlten Subventionen [daher] den Wettbewerb beeinträchtigen [können]“, eine allgemeine Behauptung, die die Stellung der Klägerin gegenüber der der anderen Wettbewerber von Ryanair auf diesem Markt nicht individualisiert. Zum anderen kann die in dem Bericht getroffene Feststellung, dass „das Wachstum von Ryanair aufgrund der hohen Anzahl gemeinsamer Flugverbindungen [die Gruppe von Fluggesellschaften, der die Klägerin angehört], unmittelbar beeinträchtigt“, zwar die unmittelbare Beeinträchtigung der Klägerin durch die Konkurrenz durch Ryanair belegen, nicht jedoch, dass sie durch die vorgenannten Maßnahmen im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung spürbar beeinträchtigt wird.

76      Als Viertes bezieht sich die Klägerin auf das Urteil vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission (T‑371/94 und T‑394/94, EU:T:1998:140), in dem das Gericht die Zulässigkeit der u. a. von den Fluggesellschaften British Airways und Scandinavian Airlines System Denmark-Norway-Sweden erhobenen Klagen gegen eine Entscheidung der Kommission, durch die eine ihr von den französischen Behörden gewährte Beihilfe nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden sei, bejaht habe.

77      Im Urteil vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission (T‑371/94 und T‑394/94, EU:T:1998:140), hat das Gericht ohne ausdrückliche Prüfung der Zulässigkeit der Klage, die im Übrigen von der Kommission nicht thematisiert worden war, die Entscheidung, gegen die die Klage in der Rechtssache, in der jenes Urteil ergangen ist, gerichtet war, für nichtig erklärt. Diese Entscheidung betraf die Wirksamkeit einer mit einem Umstrukturierungsplan verbundenen Kapitalerhöhung der Klägerin in Höhe von mehreren Milliarden französischer Francs zur Wiederherstellung ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit.

78      In der vorliegenden Rechtssache geht es jedoch um die spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und den AMS-Vertrag. Sie unterscheidet sich daher von der Rechtssache, in der das Urteil vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission (T‑371/94 und T‑394/94, EU:T:1998:140), ergangen ist, sowohl hinsichtlich des jeweiligen Gegenstands der streitigen Maßnahmen als auch hinsichtlich ihrer Tragweite. Jenes Urteil betrifft nämlich allgemein die Zuführung eines sehr hohen Betrags zum Kapital einer Fluggesellschaft, um allgemein deren Leistungsfähigkeit im Luftverkehrssektor sicherzustellen, während die vorliegende Rechtssache ausschließlich die Tätigkeit von konkurrierenden Fluggesellschaften auf einem bestimmten Flughafen betrifft. Folglich steht die Tatsache, dass in der Rechtssache, in der das genannte Urteil aus dem Jahr 1998 ergangen ist, die Zulässigkeit im Hinblick auf die Strukturbeihilfe implizit bejaht wurde, einer abweichenden Beurteilung der spürbaren Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung der Klägerin auf dem relevanten Markt durch die spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 und den AMS-Vertrag nicht entgegen.

79      Diese Schlussfolgerung kann nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt werden, dass das Gericht für den Fall, dass die vorliegende Klage für unzulässig erklärt werden sollte, in den beiden Fällen einen unterschiedlichen Zulässigkeitsmaßstab anwende, was einen Verstoß gegen das durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistete Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf darstelle.

80      Es genügt nämlich der Hinweis, dass über die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Nichtigkeitsklage nach der Rechtsprechung nicht aufgrund der vom Kläger vorgenommenen Auslegung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz hinweggegangen werden kann. So wurde, was speziell den Bereich angeht, der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, entschieden, dass ein Einzelner, der von einem Beschluss der Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen nicht unmittelbar und individuell betroffen ist und somit durch die staatliche Maßnahme, die Gegenstand dieses Beschlusses ist, nicht in seinen Interessen verletzt sein kann, sich gegenüber einem solchen Beschluss nicht auf das Recht auf gerichtlichen Schutz berufen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. November 2007, Sniace/Kommission, C‑260/05 P, EU:C:2007:700, Rn. 64 und 65). Aus den oben dargelegten Umständen ergibt sich jedoch, dass es im vorliegenden Fall gerade an einer dieser beiden Voraussetzungen fehlt, da die Klägerin nicht dargetan hat, dass sie von dem angefochtenen Beschluss individuell betroffen war. Da die vorliegende Rechtssache und die Rechtssache, in der das Urteil vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission (T‑371/94 und T‑394/94, EU:T:1998:140), ergangen ist, sich nicht auf identische oder auch nur ähnliche Maßnahmen beziehen, kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass eine Abweisung der vorliegenden Klage als unzulässig ihr Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz beeinträchtigen würde.

81      Nach alledem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass sie gegenüber den anderen Konkurrenten von Ryanair auf dem relevanten Markt sowohl hinsichtlich der spezifischen Passagierentgeltsätze am Terminal MP2 als auch hinsichtlich des AMS-Vertrags individualisiert war.

82      Unter diesen Umständen ist die vorliegende Klage als unzulässig abzuweisen.

 Kosten

83      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

84      Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht außerdem entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als die in den Abs. 1 und 2 dieses Artikels genannten seine eigenen Kosten trägt. Im vorliegenden Fall tragen die Streithelferinnen, die die Kommission unterstützt haben, ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2.      Die Société Air France trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Die Ryanair DAC und die Airport Marketing Services Ltd sowie die Aéroport Marseille Provence SA tragen ihre eigenen Kosten.

Berardis

Papasavvas

Spielmann

Csehi

 

Spineanu-Matei

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Juli 2019.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Französisch.