Language of document : ECLI:EU:T:2014:1059





Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 11. Dezember 2014 –

Saint‑Gobain Glass Deutschland/Kommission

(Rechtssache T‑476/12)

„Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 – Dokumente über die in Deutschland gelegenen Anlagen der Klägerin, die vom System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten betroffen sind – Teilweise Verweigerung des Zugangs – Umweltinformationen – Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1367/2006 – Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses – Von einem Mitgliedstaat stammende Dokumente – Widerspruch des Mitgliedstaats – Art. 4 Abs. 3 und 5 der Verordnung Nr. 1049/2001“

1.                     Gerichtliches Verfahren – Beschluss, der den angefochtenen Beschluss während des laufenden Verfahrens ersetzt – Neue Tatsache – Erweiterung der ursprünglichen Anträge und des ursprünglichen Vorbringens (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 48 § 2) (vgl. Rn. 31)

2.                     Gerichtliches Verfahren – Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens – Voraussetzungen – Erweiterung eines bereits vorgetragenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels – Zulässigkeit (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 48 § 2) (vgl. Rn. 36)

3.                     Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Schutz des Entscheidungsprozesses – Überwiegendes öffentliches Interesse, das die Verbreitung von Dokumenten rechtfertigt – Begriff – Beweislast – Pflicht des Organs, die bestehenden Interessen gegeneinander abzuwägen (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 3) (vgl. Rn. 37, 66, 97, 98, 101, 103)

4.                     Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Von einem Mitgliedstaat stammende Dokumente – Möglichkeit für den Mitgliedstaat, das Organ zu ersuchen, Dokumente nicht zu verbreiten – Umfang – Prozessuale Wirkungen – Pflicht des Mitgliedstaats und des Unionsorgans, die Entscheidung zu begründen, mit der der Zugang verweigert wird – Umfang (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 1 bis 3 und 5) (vgl. Rn. 46, 119-124, 134-136)

5.                     Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Enge Auslegung und Anwendung – Pflicht des Organs zu einer konkreten und individuellen Prüfung der Dokumente – Umfang – Verweigerung des Zugangs – Zuständigkeit des Unionsrichters für die Prüfung der Stichhaltigkeit der Zugangsverweigerung (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, elfter Erwägungsgrund und Art. 4) (vgl. Rn. 47-50, 107)

6.                     Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Schutz des Entscheidungsprozesses – Voraussetzungen – Konkrete, tatsächliche und ernstliche Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses – Begründung der Verweigerung mit dem Bedürfnis, den Entscheidungsprozess gegen Druck von außen zu schützen – Anhängiges Verwaltungsverfahren über die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten – Zulässigkeit – Rechtfertigung des Zugangs auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1367/2006 – Fehlen (Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 1049/2001, Art. 4 Abs. 3, und Nr. 1367/2006, zweiter Erwägungsgrund und Art. 9; Richtlinie 2003/87 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 10a; Beschluss 2011/278 der Kommission, Art. 15 Abs. 1) (vgl. Rn. 51, 70, 71, 80-83, 87, 88, 91, 92)

7.                     Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen – Anwendung der Verordnung Nr. 1367/2006 als lex specialis gegenüber der Verordnung Nr. 1049/2001 – Auswirkung – Pflicht zur engen Auslegung der Ausnahmen vom Recht auf Zugang – Pflicht, die bestehenden Interessen gegeneinander abzuwägen (Art. 15 AEUV; Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 1049/2001, Art. 4 Abs. 2, und Nr. 1367/2006, Erwägungsgründe 8 und 15 und Art. 3 und 6 Abs. 1) (vgl. Rn. 52, 53, 55, 56, 63, 66, 99)

8.                     Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Schutz des Entscheidungsprozesses – Überwiegendes öffentliches Interesse, das die Verbreitung von Dokumenten rechtfertigt – Begriff – Subjektives Interesse des Betroffenen an der Berichtigung der ihn betreffenden Informationen – Ausschluss (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 3) (vgl. Rn. 103)

9.                     Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Von einem Mitgliedstaat stammende Dokumente – Möglichkeit für den Mitgliedstaat, das Organ zu ersuchen, Dokumente nicht zu verbreiten – Pflicht des Organs, sie nicht ohne vorherige Zustimmung zu verbreiten – Erfordernis für den Mitgliedstaat, zuvor ein Ersuchen um Nichtverbreitung vorgelegt zu haben – Fehlen (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 4 und 5) (vgl. Rn. 129, 130)

Gegenstand

Klage auf Nichtigerklärung zum einen der stillschweigenden Entscheidung der Kommission vom 4. September 2012 und, hilfsweise, der stillschweigenden Entscheidung der Kommission vom 25. September 2012 und zum anderen der Entscheidung der Kommission vom 17. Januar 2013, mit der der vollständige Zugang zu dem von der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Verfahrens nach Art. 15 Abs. 1 des Beschlusses 2011/278/EU der Kommission vom 27. April 2011 zur Festlegung EU-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß Artikel 10a der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 130, S. 1) an die Kommission übermittelten Verzeichnis verweigert wurde, soweit dieses Dokument Informationen über bestimmte im deutschen Hoheitsgebiet gelegene Anlagen der Klägerin enthält, die die vorläufigen Zuteilungen sowie die Aktivitäten und Kapazitätsniveaus in Bezug auf den Ausstoß von Kohlendioxyd (CO2) für die Jahre 2005 bis 2010, die Effizienz der Anlagen und die vorläufig zugeteilten jährlichen Emissionszertifikate für den Zeitraum 2013 bis 2020 betreffen

Tenor

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Die Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH trägt die Kosten.