Language of document : ECLI:EU:T:2011:631

BESCHLUSS DES GERICHTS (Sechste Kammer)

25. Oktober 2011(1)

„Schadensersatzklage – Offensichtliche Unzuständigkeit − Antrag auf eine deklaratorische Feststellung“

In der Rechtssache T-472/11

DMA Die Marketing Agentur GmbH mit Sitz in Laxenburg (Österreich)

und

Axel Hofmann, wohnhaft in Seebenstein (Österreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt R. Armster,

Kläger,

gegen

Republik Österreich,

Beklagte,

einerseits wegen Ersatz des Schadens, der dadurch entstanden sein soll, dass die österreichischen Gerichte es unterlassen haben, dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen und andererseits wegen eines Antrags, der darauf gerichtet ist, dass das Gericht feststellt, dass die Republik Österreich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 15. September 2005 in der Sache 4 Ob 145/05k zu unterlassen hat,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten E. Moavero Milanesi (Berichterstatter) sowie der Richter N. Wahl und S. Soldevila Fragoso,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Verfahren und Anträge der Kläger

1        Mit Klageschrift, die am 29. August 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.

2        Sie beantragen,

–        die Feststellung, dass die Republik Österreich die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 15. September 2005 in der Sache 4 Ob 145/05k zu unterlassen hat;

–        der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

3        Nach Art. 111 der Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn es für eine Klage offensichtlich unzuständig ist, ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist.

4        Im vorliegenden Fall ist das Gericht auf der Grundlage des Akteninhalts in der Lage, in Anwendung dieses Artikels ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden.

5        In der vorliegenden Rechtssache begehren die Kläger im Wesentlichen einerseits Ersatz des Schadens, der ihnen dadurch entstanden sein soll, dass die österreichischen Gerichte es versäumt haben, dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorzulegen und andererseits, dass das Gericht feststellt, dass eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 15. September 2005 in der Sache 4 Ob 145/05k zu unterlassen ist.

6        Die Zuständigkeit des Gerichts im Bereich der außervertraglichen Haftung ist in Art. 268 AEUV, in Art. 340 Abs. 2 und 3 AEUV und in Art. 188 Abs. 2 EA geregelt. Nach diesen Bestimmungen ist das Gericht nur für Klagen auf Ersatz von Schäden zuständig, die durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union oder durch deren Bedienstete in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursacht wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 23. März 2004, Bürgerbeauftragter/Lamberts, C‑234/02 P, Slg. 2004, I‑2803, Randnrn. 49 und 59).

7        Im vorliegenden Fall ist der Urheber des Verhaltens, durch das den Klägern ein Schaden entstanden sein soll, weder ein Organ noch eine Einrichtung oder eine sonstige Stelle der Union.

8        Entsprechend der ihm übertragenen Zuständigkeiten ist das Gericht weder für die Beurteilung des Verhaltens eines nationalen Gerichts (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 14. Juni 2007, Di Pasquale/Italien, T-77/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) noch gegebenenfalls für die Feststellung einer Verletzung von Art. 267 Abs. 3 AEUV durch das nationale Gericht zuständig (Beschluss vom 19. Mai 2009, Delice/Erlangen und Kommission, T-528/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 14).

9        Es ist richtig, dass der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten zum Ersatz von Schäden verpflichtet sind, die einem Einzelnen durch ihnen zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, auch dann anwendbar ist, wenn der fragliche Verstoß in einer Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts besteht, sofern die verletzte Gemeinschaftsrechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht, jedoch ist es Sache der Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten zu bestimmen, welches Gericht für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten über diesen Schadensersatz zuständig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 30. September 2003, Köbler, C-224/01, Slg. 2003, I-10239, Randnr. 59).

10      Hinsichtlich des Antrags der Kläger, der darauf gerichtet ist, dass das Gericht feststellt, dass die Republik Österreich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Obersten Gerichtshofs zu unterlassen hat, ist weiterhin daran zu erinnern, dass das Gericht nicht zuständig ist, deklatorische Urteile zu erlassen (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 24. Mai 2011, Nuova Agricast/Kommission, T‑373/08, nicht in der Sammlung veröffentlicht, Randnr. 46, sowie die dort zitierte Rechtssprechung).

11      Demnach ist die vorliegende Klage wegen offensichtlicher Unzuständigkeit abzuweisen, ohne dass es der Zustellung der Klageschrift an die Beklagte bedarf.

 Kosten

12      Da der vorliegende Beschluss vor Zustellung der Klageschrift an die Beklagte ergeht und ihr somit keine Kosten entstehen konnten, ist gemäß Art. 87 § 1 der Verfahrensordnung nur zu entscheiden, dass die Kläger ihre eigenen Kosten tragen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird wegen offensichtlicher Unzuständigkeit abgewiesen.

2.      Die Kläger tragen ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 25. Oktober 2011

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

       E. Moavero Milanesi


1 Verfahrenssprache: Deutsch.