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Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 28. Oktober 2020 (Vorabentscheidungsersuchen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen - Deutschland) – BY, CZ/Bundesrepublik Deutschland

(Rechtssache C-321/19)1

(Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 1999/62/EG – Richtlinie 2006/38/EG – Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge – Art. 7 Abs. 9 – Art. 7a Abs. 1 und 2 – Mautgebühren – Grundsatz der Anlastung von Infrastrukturkosten – Infrastrukturkosten – Betriebskosten – Kosten der Verkehrspolizei – Überschreitung der Kosten – Unmittelbare Wirkung – Nachträgliche Rechtfertigung eines überhöhten Mautgebührensatzes – Beschränkung der zeitlichen Wirkung des Urteils)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: BY, CZ

Beklagte: Bundesrepublik Deutschland

Tenor

Art. 7 Abs. 9 der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge in der durch die Richtlinie 2006/38/EG des Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Kosten der Verkehrspolizei nicht unter den Begriff der „Kosten für [den] Betrieb“ im Sinne dieser Bestimmung fallen.

Art. 7 Abs. 9 der Richtlinie 1999/62 in der durch die Richtlinie 2006/38 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass die gewogenen durchschnittlichen Mautgebühren die Infrastrukturkosten des betreffenden Verkehrswegenetzes wegen nicht unerheblicher Berechnungsfehler oder wegen der Berücksichtigung von Kosten, die nicht unter den Begriff der „Infrastrukturkosten“ im Sinne dieser Bestimmung fallen, um 3,8 % bzw. 6 % übersteigen.

Der Einzelne kann sich vor den nationalen Gerichten gegenüber einem Mitgliedstaat unmittelbar auf die Verpflichtung aus Art. 7 Abs. 9 und Art. 7a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 1999/62 in der durch die Richtlinie 2006/38 geänderten Fassung, ausschließlich die Infrastrukturkosten im Sinne von Art. 7 Abs. 9 zu berücksichtigen, berufen, wenn der Mitgliedstaat dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist oder sie nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat.

Die Richtlinie 1999/62 in der durch die Richtlinie 2006/38 geänderten Fassung ist im Hinblick auf Rn. 138 des Urteils vom 26. September 2000, Kommission/Österreich (C-205/98, EU:C:2000:493), dahin auszulegen, dass sie dem entgegensteht, dass ein überhöhter Mautgebührensatz durch eine im gerichtlichen Verfahren eingereichte Neuberechnung der Infrastrukturkosten nachträglich gerechtfertigt wird.

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1     ABl. C 220 vom 1.7.2019.