Language of document : ECLI:EU:T:2012:13

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

18. Januar 2012(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung einer Gemeinschaftsbildmarke BASmALI – Ältere nicht eingetragene Marke und älteres Zeichen BASMATI – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung [EG] Nr. 207/2009)“

In der Rechtssache T‑304/09

Tilda Riceland Private Ltd mit Sitz in Gurgaon (Indien), Prozessbevollmächtigte: S. Malynicz, Barrister, N. Urwin und D. Sills, Solicitors,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch P. Geroulakos als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Siam Grains Co. Ltd mit Sitz in Bangkok (Thailand), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin C. Thomas-Raquin,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (HABM) vom 19. März 2009 (Sache R 513/2008‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Tilda Riceland Private Ltd und der Siam Grains Co. Ltd

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood sowie der Richter F. Dehousse (Berichterstatter) und A. Popescu,

Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 31. Juli 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 14. Januar 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 7. Dezember 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der am 31. März 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

aufgrund der am 7. Juli 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung,

aufgrund der schriftlichen Fragen des Gerichts an die Verfahrensbeteiligten,

aufgrund der am 11., 13. und 14. Juli 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erklärungen der Verfahrensbeteiligten,

auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 2011

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 4. November 2003 meldete die Streithelferin, die Siam Grains Co. Ltd, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde für „Langkornreis“ in Klasse 30 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 37/2004 vom 13. September 2004 veröffentlicht.

5        Am 10. Dezember 2004 erhob die United Riceland Private Ltd (jetzt Tilda Riceland Private Ltd, im Folgenden: Klägerin) gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Randnr. 3 aufgeführte Ware.

6        Der Widerspruch war gestützt auf die ältere nicht eingetragene Marke oder das ältere Zeichen BASMATI, die im geschäftlichen Verkehr für Reis verwendet würden.

7        Als Widerspruchsgrund wurde Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009) angeführt. Die Klägerin machte insbesondere geltend, sie könne nach den im Vereinigten Königreich geltenden Rechtsvorschriften die Benutzung der Anmeldemarke mittels einer Klage wegen Kennzeichenverletzung (action for passing off) unterbinden.

8        Mit Entscheidung vom 28. Januar 2008 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang zurück. Sie stellte insbesondere fest, dass die Klägerin keine Unterlagen vorgelegt habe, in denen beschrieben werde, wie der von ihr in das Vereinigte Königreich ausgeführte Reis vermarktet werde. Demnach habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass sie den nach den im Vereinigten Königreich geltenden Rechtsvorschriften über die Kennzeichenverletzung für eine erfolgreiche Klage erforderlichen „Goodwill“ erworben habe.

9        Am 20. März 2008 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung gemäß den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) beim HABM eine Beschwerde ein.

10      Mit Entscheidung vom 19. März 2009 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie war im Wesentlichen der Auffassung, dass nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 die Widersprechende hätte nachweisen müssen, dass sie Inhaberin des Rechts sei, auf das der Widerspruch gestützt sei. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin indessen nicht nachgewiesen, dass sie Inhaberin des geltend gemachten Rechts sei. Überdies sei der Ausdruck „Basmati“ keine Marke oder kein Zeichen, an denen gewerbliche Schutzrechte bestünden, sondern lediglich die geläufige Bezeichnung einer Reissorte. „Basmati“ sei eine Gattungsbezeichnung. Im Übrigen beziehe sich der mit der Klage wegen Kennzeichenverletzung geschützte Besitzstand nicht auf das in Rede stehende Kennzeichenrecht, sondern auf den „Goodwill“. Die Beschwerdekammer gelangte so zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nicht ihre Inhaberschaft an dem Ausdruck „Basmati“ erwiesen habe und dass der Widerspruch daher nicht die in der Verordnung Nr. 40/94 normierte Voraussetzung des Vorliegens eines Kennzeichenrechts erfülle.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

12      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin stützt sich der Sache nach auf einen einzigen Klagegrund, nämlich einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94, wobei sich dieser Klagegrund in vier Rügen gliedert. So habe, erstens, die Beschwerdekammer auf der Grundlage einer allein am Wortlaut des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 haftenden Auslegung zu Unrecht versucht, einen „Gemeinschaftsbegriff der ‚Inhaberschaft‘“ an der Marke oder dem Zeichen vorzugeben, die als älteres Recht geltend gemacht würden. Zweitens habe die Beschwerdekammer in fehlerhafter Weise unterschieden zwischen der dem Widerspruch zugrunde liegenden „erweiterten“ Form der Klage wegen Kennzeichenverletzung im Vereinigten Königreich einerseits und Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 andererseits, der sich nach Ansicht der Beschwerdekammer nur auf ein ausschließliches Recht beziehe, dessen Inhaber ein einziger Wirtschaftsteilnehmer sei. Drittens habe die Beschwerdekammer zu Unrecht verlangt, dass die Widersprechende über den Nachweis der Inhaberschaft an einem Immaterialgüterrecht hinaus den Nachweis der Inhaberschaft an dem älteren Zeichen erbringe. Viertens habe die Beschwerdekammer den Ausdruck „Basmati“ fälschlich für eine Gattungsbezeichnung erachtet.

14      Das HABM führt zur ersten und vierten Rüge der Klägerin aus, dass die von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 erfassten Zeichen „einheitliche europäische Kriterien“ erfüllen müssten. Die Beschwerdekammer habe zu Recht festgestellt, dass der Ausdruck „Basmati“ im Zusammenhang mit Reis kein Kennzeichenrecht im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 darstelle. Unter diesen Umständen sei es nicht erforderlich gewesen, das für den Widerspruch geltend gemachte nationale Recht anzuwenden. Insbesondere sei das Zeichen BASMATI ungeeignet, die Hauptfunktion einer Marke zu erfüllen, die darin bestehe, auf die Herkunft der mit ihr bezeichneten Waren hinzuweisen. Was die zweite und dritte Rüge betreffe, so habe die von ihr getroffene Feststellung, dass der Ausdruck „Basmati“ kein Kennzeichenrecht im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 sei, die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis geführt, dass die Beschwerde zurückzuweisen sei, ohne dass die Anforderungen des nationalen Rechts geprüft werden müssten.

15      Die Streithelferin weist darauf hin, dass es sich bei dem Erfordernis, wonach die Widersprechende die Inhaberin des Zeichens sein müsse, um eine „unabhängige Voraussetzung“ handele, die unabhängig von den im nationalen Recht vorgesehenen Erfordernissen auszulegen sei. Diese Auslegung von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 stehe Widersprüchen, die auf eine Klage wegen Kennzeichenverletzung gestützt seien, nicht entgegen, soweit sich die Widersprechende auf ein Zeichen berufe, das sie als Einzige auf dem Markt verwende und das es ihr aufgrund des bei ihren Kunden erworbenen Ansehens ermögliche, ihre Waren und Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Schließlich handele es sich bei dem Zeichen BASMATI um eine Gattungsbezeichnung für eine Reissorte und daher nicht um ein Zeichen, das die Waren eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden vermöge. Somit habe die Beschwerdekammer aus der Tatsache, dass das Zeichen BASMATI eine Gattungsbezeichnung sei, lediglich den Schluss gezogen, dass die Klägerin nicht die „Inhaberin“ dieses Zeichens sei.

16      Nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 kann der Inhaber einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung gegen die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke Widerspruch erheben, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht des Mitgliedstaats zum einen Rechte an diesem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke oder gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke in Anspruch genommenen Priorität erworben worden sind und zum anderen dieses Kennzeichen seinem Inhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.

17      Folglich bildet es eine der Anwendungsvoraussetzungen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94, dass der Widersprechende nachweisen muss, dass er Inhaber des dem Widerspruch zugrunde liegenden Kennzeichens ist. Diese Anwendungsvoraussetzung impliziert, dass der Widersprechende den Erwerb von Rechten an diesem Zeichen beweist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 28. Oktober 2009, BCS/HABM – Deere [Kombination der Farben Grün und Gelb], T‑137/08, Slg. 2009, II‑4047, Randnr. 73, und vom 22. Juni 2010, Montero Padilla/HABM – Padilla Requena [JOSE PADILLA], T‑255/08, Slg. 2010, II‑2551, Randnr. 63). Diese Rechte müssen nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 die Befugnis umfassen, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.

18      Da die Klägerin ihren Widerspruch auf die in den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs vorgesehene Klage wegen Kennzeichenverletzung stützt, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass die im vorliegenden Fall geltende rechtliche Regelung des Mitgliedstaats der Trade Marks Act 1994 (Markengesetz des Vereinigten Königreichs) ist, dessen Section 5 (4) bestimmt:

„Eine Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, wenn oder soweit ihre Benutzung im Vereinigten Königreich untersagt werden kann

a)      gemäß einer Rechtsregel (insbesondere den Rechtsregeln der Kennzeichenverletzung [law of passing off]) zum Schutz einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts“.

19      Aus dieser Bestimmung in ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte ergibt sich, dass der Widersprechende gemäß den Rechtsregeln, die für die im Recht des Vereinigten Königreichs vorgesehene Klage wegen Kennzeichenverletzung gelten, nachweisen muss, dass drei Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich der erworbene Goodwill (d. h. die Anziehungskraft auf Kunden), die irreführende Präsentationsweise und der an dem Goodwill verursachte Schaden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. Dezember 2010, Tresplain Investments/HABM – Hoo Hing [Golden Elephant Brand], T‑303/08, Slg. 2010, II‑5659, Randnrn. 93 und 101 und die dort angeführte nationale Rechtsprechung).

20      Im vorliegenden Fall geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Beschwerdekammer den Widerspruch mit der alleinigen Begründung zurückwies, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie die Inhaberin des für den Widerspruch angeführten Kennzeichenrechts sei. So heißt es in Randnr. 14 der angefochtenen Entscheidung: „Die Beschwerde ist unbegründet. Die Widersprechende ist nicht Inhaberin des Kennzeichenrechts, auf das sie ihren Widerspruch stützt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen.“ Aus ihren Erwägungen zog die Beschwerdekammer in Randnr. 29 der angefochtenen Entscheidung folgendes Fazit: „Da die Widersprechende die von ihr beanspruchte Inhaberschaft am Namen Basmati nicht dargetan hat, ist der Widerspruch nach Art. 8 Abs. 4 der [Verordnung Nr. 40/94] unbegründet und die Beschwerde zurückzuweisen.“ Zur Begründung dieses Ergebnisses führte die Beschwerdekammer aus, dass das in Rede stehende Kennzeichenrecht keine Marke sei, da es sich um eine Gattungsbezeichnung handele, und dass sich die von der Klägerin beanspruchte „Inhaberschaft“ lediglich auf den Goodwill beziehe. Die Beschwerdekammer wies den Widerspruch jedoch nicht mit der Begründung zurück, dass das in Rede stehende Kennzeichenrecht als solches nicht einen Widerspruch nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 fundieren könne. Insbesondere geht aus der angefochtenen Entscheidung nicht hervor, dass die Beschwerdekammer, wie das HABM in seinen Schriftsätzen ausführt, angenommen hätte, dass der Ausdruck „Basmati“ für Reis kein Kennzeichenrecht im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 darstellt. Das Vorbringen des HABM und der Streithelferin, wonach das in Rede stehende Kennzeichenrecht nicht in den Anwendungsbereich von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 falle, geht daher ins Leere.

21      Erstens scheint die Beschwerdekammer, obwohl die angefochtene Entscheidung in dieser Hinsicht nicht eindeutig ist, davon ausgegangen zu sein, dass die Klägerin den Nachweis zu erbringen hatte, dass sie formell die „Inhaberin“ des für den Widerspruch angeführten Kennzeichenrechts ist. Wie oben in Randnr. 17 festgestellt, impliziert die Voraussetzung, dass der Widersprechende Inhaber des geltend gemachten Kennzeichens sein muss, jedoch den Nachweis des Erwerbs von Rechten an diesem Kennzeichen. Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt nicht näher, in welcher Form der Erwerb dieser Rechte erfolgen muss. Der sichtlich restriktive Ansatz, den die Beschwerdekammer gewählt hat, steht im Übrigen in Widerspruch zu dem vom HABM in seinen Schriftsätzen vor dem Gericht hervorgehobenen Umstand, dass die von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 erfassten Zeichen zumeist benutzt statt eingetragen werden.

22      Zweitens ist festzustellen, dass hinsichtlich der Frage, ob ein Widersprechender Rechte an einer nicht eingetragenen Marke oder an einem im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrecht erworben hat – und ob er somit Inhaber des gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 entgegengehaltenen Kennzeichens ist –, das zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachte nationale Recht nicht außer Betracht gelassen werden kann. Das anwendbare nationale Recht bestimmt in diesem Zusammenhang nämlich insbesondere, in welcher Art und Weise Rechte an dem für den Widerspruch gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 geltend gemachten Kennzeichen erworben werden.

23      Die Beschwerdekammer hat im Übrigen selbst ausdrücklich auf das nationale Recht Bezug genommen, indem sie in Randnr. 24 der angefochtenen Entscheidung feststellte, dass sich der mit der Klage wegen Kennzeichenverletzung verbundene Besitzstand nur auf den Goodwill beziehe. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass das HABM im Anhang zu den Richtlinien für die Verfahren vor dem HABM (Teil C: „Widerspruchsverfahren“, Kapitel 4: „Rechte gemäß Artikel 8 Absatz 4 [der Verordnung Nr. 40/94]“) eine Liste der „Nationale[n] Rechte, die ältere Rechte im Sinne von Art. 8 Abs. 4 [der Verordnung Nr. 40/94] darstellen“, veröffentlicht hat. In diesem Anhang werden die Rechtsnatur der betreffenden „nationalen Rechte“ und die Art und Weise ihres Erwerbs näher erläutert. Was das Vereinigte Königreich betrifft, nennt dieser Anhang die im geschäftlichen Verkehr benutzten nicht eingetragenen Marken und Zeichen, „soweit durch irgendeine Rechtsvorschrift geschützt, insbesondere durch ‚Passing-Off‘ [Klage wegen Kennzeichenverletzung]“.

24      Das Vorbringen des HABM zu Art. 52 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 53 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009) vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Auch wenn es sich so verhält, dass – wie das HABM vorträgt – nicht alle älteren Rechte im Rahmen des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 geltend gemacht werden können, so bedeutete dies nicht, dass das fragliche Zeichen von vornherein von den in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallenden Zeichen ausgeschlossen wäre – was die Beschwerdekammer nicht angenommen hat – oder dass das nationale Recht im vorliegenden Fall unerheblich wäre, um die Art und Weise des Erwerbs von Rechten an dem geltend gemachten Zeichen zu ermitteln.

25      Drittens wird auch durch den zweiten Unterabsatz der Section 5 (4) des Trade Marks Act 1994 klargestellt, dass unter einer Person, die befugt ist, die Benutzung einer Marke zu untersagen, ein „Inhaber eines älteren Rechts“ zu verstehen ist. Daraus folgt, dass nach den im Vereinigten Königreich geltenden Rechtsvorschriften im Rahmen einer Klage wegen Kennzeichenverletzung die Eigenschaft als Inhaber eines älteren Rechts nicht, wie dies die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung der Sache nach getan hat, in autonomer Weise definiert werden kann, ohne dabei die Berechtigung des Widersprechenden zur Untersagung der Benutzung einer Marke zu berücksichtigen.

26      Der Umstand, dass sich der mit der Klage wegen Kennzeichenverletzung geschützte Besitzstand – wie die Beschwerdekammer im Wesentlichen in Randnr. 24 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat – nicht auf ein Wort oder einen Namen, deren Benutzung durch Dritte eingeschränkt ist, sondern auf die Kundschaft selbst bezieht, in die mit der streitigen Benutzung eingegriffen wird (Urteil des Gerichts vom 11. Juni 2009, Last Minute Network/HABM – Last Minute Tour [LAST MINUTE TOUR], T‑114/07 und T‑115/07, Slg. 2009, II‑1919, Randnr. 61), kann an diesem Ergebnis nichts ändern. Dass der Widersprechende formell nur einen Besitzstand an der Kundschaft hat, in die eingegriffen wird, bedeutet nämlich nicht, dass er an dem geltend gemachten Zeichen keine Rechte erworben hätte, die es ihm ermöglichen, gegebenenfalls die Benutzung einer jüngeren Marke zu unterbinden. Insoweit ist hervorzuheben, dass es im Rahmen der Klage wegen Kennzeichenverletzung das Kennzeichen ist, das für Waren oder Dienstleistungen ein Ansehen auf dem Markt erwirbt (vgl. in diesem Sinne Urteil LAST MINUTE TOUR, Randnr. 84). Im Übrigen ist es die Benutzung des betreffenden Zeichens, die einer natürlichen oder juristischen Person die Möglichkeit eröffnet, „Inhaber eines älteren Rechts“ im Sinne der im Vereinigten Königreich geltenden Rechtsvorschriften zu werden.

27      Zu dem in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts vorgebrachten Argument der Streithelferin, dass Section 5 (4) Unterabs. 2 des Trade Marks Act 1994 von der Klägerin in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht nicht angeführt worden sei, genügt der Hinweis, dass die in den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs vorgesehene Klage wegen Kennzeichenverletzung als Grundlage für den Widerspruch der Widersprechenden vor dem HABM diente. Folglich gehörten die im Vereinigten Königreich geltenden Rechtsvorschriften zum Gegenstand des der Beschwerdekammer unterbreiteten Rechtsstreits. Sie fallen damit in den rechtlichen und tatsächlichen Rahmen, den das Gericht seiner Überprüfung zugrunde zu legen hat.

28      Viertens kann nicht deshalb, weil die Klägerin – wie die Beschwerdekammer in Randnr. 19 der angefochtenen Entscheidung ausführte – in der Begründung ihres Widerspruchs den Begriff „Marke“ mit dem geltend gemachten Zeichen in Verbindung brachte, von dem Umstand abstrahiert werden, dass der Widerspruch insbesondere auf ein im geschäftlichen Verkehr benutztes Zeichen gestützt war, zumal diese Ausführungen darauf beruhen können, dass der Widerspruch auf eine nicht eingetragene Marke gestützt wurde. Die Beschwerdekammer ist im Übrigen in Randnr. 16 der angefochtenen Entscheidung auf diesen Widerspruchsgrund eingegangen. Soweit die Beschwerdekammer in diesem Zusammenhang darauf verwiesen hat, dass es sich beim Zeichen BASMATI nicht um eine Marke handele, folgt hieraus indessen nicht, dass die Klägerin im Licht des einschlägigen nationalen Rechts an diesem Zeichen keine Rechte im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 erworben hätte. Was speziell das Argument der Beschwerdekammer betrifft, dass es sich beim Ausdruck „Basmati“ um eine Gattungsbezeichnung handele, so ergibt sich aus der nationalen Rechtsprechung, dass ein Zeichen für Waren oder Dienstleistungen ein Ansehen auf dem Markt im Sinne der für die Klage wegen Kennzeichenverletzung geltenden Rechtsvorschriften besitzen kann, obgleich es ursprünglich beschreibend oder ohne Unterscheidungskraft war (Urteil LAST MINUTE TOUR, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 84). Im Übrigen kann nach der nationalen Rechtsprechung ein Zeichen für Waren oder Dienstleistungen ein Ansehen auf dem Markt im Sinne der für die Klage wegen Kennzeichenverletzung geltenden Rechtsvorschriften erworben haben, obgleich es von mehreren Wirtschaftsteilnehmern im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit benutzt wird (Chocosuisse Union des fabricants suisses de chocolat & Ors v Cadbury Ltd. [1999] EWCA Civ 856). Infolge dieser in der nationalen Rechtsprechung anerkannten sogenannten „erweiterten“ Form der Klage wegen Kennzeichenverletzung können somit mehrere Wirtschaftsteilnehmer über Rechte an einem Kennzeichen verfügen, das ein Ansehen auf dem Markt besitzt. Durch den von der Beschwerdekammer angeführten Umstand – sein Vorliegen unterstellt – wird daher im Licht des anwendbaren nationalen Rechts nicht in Frage gestellt, dass der Widersprechende Rechte an dem geltend gemachten Zeichen erworben haben kann.

29      Nach alledem hat die Beschwerdekammer zu Unrecht den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass sie die Inhaberin des in Rede stehenden Kennzeichens sei, ohne im Einzelnen zu überprüfen, ob die Klägerin nach den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs Rechte an diesem Kennzeichen erworben hatte.

30      Demnach greift der einzige Klagegrund durch, womit die angefochtene Entscheidung aufzuheben ist.

 Kosten

31      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so entscheidet das Gericht über die Verteilung der Kosten.

32      Im vorliegenden Fall sind das HABM und die Streithelferin mit ihrem Vorbringen unterlegen. Ferner hat die Klägerin beantragt, dem HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

33      Unter diesen Umständen sind dem HABM außer seinen eigenen Kosten zwei Drittel der Kosten der Klägerin aufzuerlegen und der Streithelferin außer ihren eigenen Kosten ein Drittel der Kosten der Klägerin.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 19. März 2009 (Sache R 513/2008‑1) wird aufgehoben.

2.      Das HABM trägt außer seinen eigenen Kosten zwei Drittel der Kosten der Tilda Riceland Private Ltd.

3.      Die Siam Grains Co. Ltd trägt außer ihren eigenen Kosten ein Drittel der Kosten der Tilda Riceland Private.

Forwood

Dehousse

Popescu

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. Januar 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.