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Verbundene Rechtssachen T-427/04 und T-17/05

Französische Republik und France Télécom SA

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

„Staatliche Beihilfen – Regelung über die Besteuerung von France Télécom im Bereich der Gewerbesteuer für die Jahre 1994 bis 2002 – Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wurde – Vorteil – Verjährung – Berechtigtes Vertrauen – Rechtssicherheit – Verletzung wesentlicher Formvorschriften – Kollegialität – Verteidigungsrechte und Verfahrensrechte Dritter“

Leitsätze des Urteils

1.      Kommission – Kollegialitätsprinzip – Tragweite – Möglichkeit für die Kommission, eines ihrer Mitglieder zu ermächtigen, bestimmte Arten von Maßnahmen der Geschäftsführung und Verwaltung zu treffen

(Art. 219 EG und 253 EG)

2.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Verwaltungsverfahren

(Art. 88 Abs. 2 und 3 EG)

3.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Verwaltungsverfahren – Pflicht der Kommission, die Beteiligten zur Äußerung aufzufordern

(Art. 88 Abs. 2 EG)

4.      Staatliche Beihilfen – Begriff – Sonderregelung für die Besteuerung eines Unternehmens

(Art. 87 Abs. 1 EG)

5.      Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission – Beurteilung der Rechtmäßigkeit anhand der bei Erlass der Entscheidung verfügbaren Informationen

(Art. 87 EG)

6.      Staatliche Beihilfen – Begriff – Selektiver Charakter der Maßnahme – Abweichung von der allgemeinen Steuerregelung – Rechtfertigung mit der Natur und dem Aufbau des Systems – Beweislast

(Art. 87 Abs. 1 EG)

7.      Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Unter Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften des Art. 88 EG gewährte Beihilfe – Mögliches berechtigtes Vertrauen der Empfänger – Schutz – Voraussetzungen und Grenzen

(Art. 87 Abs. 1 EG und 88 EG, Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 14)

8.      Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Möglichkeit für die Kommission, den nationalen Behörden die Berechnung des genauen zu erstattenden Betrags zu überlassen

(Art. 88 Abs. 2 EG)

9.      Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Zehnjährige Verjährungsfrist nach Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 – Beginn der Verjährungsfrist

(Art. 88 Abs. 2 EG, Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 15)

1.      Nach Art. 219 EG werden die Beschlüsse der Kommission mit der Mehrheit der Zahl ihrer Mitglieder gefasst. Dieses Kollegialitätsprinzip beruht auf der Gleichheit der Mitglieder der Kommission bei der Teilnahme an der Entscheidungsfindung und setzt voraus, dass die Entscheidungen gemeinsam beraten werden und dass alle Mitglieder des Kollegiums für sämtliche erlassenen Entscheidungen politisch gemeinsam verantwortlich sind.

Zwar kann die Kommission, ohne gegen das Kollegialitätsprinzip zu verstoßen, eines ihrer Mitglieder ermächtigen, bestimmte Arten von Maßnahmen der Geschäftsführung und der Verwaltung zu treffen, doch setzen die Entscheidungen, mit denen sich die Kommission zum Vorhandensein einer staatlichen Beihilfe, zur Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt und zur Erforderlichkeit einer Rückforderungsanordnung äußert, eine Prüfung komplexer Sach- und Rechtsfragen voraus und können grundsätzlich nicht als Maßnahme der Geschäftsführung und der Verwaltung eingestuft werden. Da somit der verfügende Teil und die Begründung derartiger Entscheidungen, die nach Art. 253 EG mit Gründen zu versehen sind, ein unteilbares Ganzes darstellen, ist es nach dem Kollegialitätsprinzip ausschließlich Sache des Kollegiums, beide zugleich anzunehmen. Es ist somit grundsätzlich Sache des Kollegiums der Mitglieder der Kommission, die endgültige Fassung der Entscheidungen über das Vorhandensein staatlicher Beihilfen und über die Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt anzunehmen. Nach dieser Annahme dürfen am Wortlaut der Entscheidung nur noch rein orthografische oder grammatikalische Anpassungen vorgenommen werden; jede andere Änderung fällt in die ausschließliche Zuständigkeit des Kollegiums.

Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass das Kollegium der Mitglieder der Kommission eines oder mehrere Kommissionsmitglieder beauftragt, den endgültigen Wortlaut eines Beschlusses, dessen wesentlichen Inhalt es bereits in seinen Beratungen festgelegt hat, anzunehmen. Hat das Kollegium von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, hat der mit der Frage der ordnungsgemäßen Ausübung der genannten Ermächtigung befasste Gemeinschaftsrichter zu prüfen, ob die fragliche Entscheidung mit allen ihren tatsächlichen und rechtlichen Bestandteilen als vom Kollegium erlassen angesehen werden kann.

(vgl. Randnrn. 116-119)

2.      Die Gewährung rechtlichen Gehörs in allen Verfahren, die gegen eine Person eingeleitet werden und zu einer den Betreffenden beschwerenden Maßnahme führen können, ist ein elementarer Grundsatz des Gemeinschaftsrechts. Nach diesem Grundsatz ist demjenigen, gegen den die Kommission ein Verwaltungsverfahren eingeleitet hat, im Laufe dieses Verfahrens Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der behaupteten Tatsachen und Umstände sowie zu den von der Kommission für ihre Behauptung einer Verletzung des Gemeinschaftsrechts herangezogenen Unterlagen gebührend Stellung zu nehmen.

Bei staatlichen Beihilfen kann die Kommission nicht verpflichtet sein, in ihrer Mitteilung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens eine abschließende Untersuchung der fraglichen Maßnahme vorzulegen. Erforderlich ist allerdings, dass die Kommission den Rahmen ihrer Prüfung so genau festlegt, dass sich der Mitgliedstaat, gegen den das Verfahren eröffnet wurde, zu allen Gesichtspunkten rechtlicher und tatsächlicher Art äußern kann, die die Gründe für die abschließende Entscheidung bilden, mit der die Kommission über die Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt entscheidet.

Der bloße Umstand, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ihre Bewertung der Natur der fraglichen staatlichen Maßnahme änderte, kann daher nur dann zu einer Verletzung der Verteidigungsrechte des betreffenden Mitgliedstaats führen, wenn die nationalen Behörden aufgrund der Angaben, die in dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens enthalten waren oder später im Zusammenhang mit der streitigen Erörterung im Verwaltungsverfahren gemacht wurden, nicht in der Lage waren, zu allen in der angefochtenen Entscheidung herangezogenen Gesichtspunkten rechtlicher und tatsächlicher Art gebührend Stellung zu nehmen. Dagegen können die Unterschiede zwischen der angefochtenen Entscheidung und dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens, die sich daraus ergeben, dass die Kommission ganz oder teilweise den Argumenten des betreffenden Mitgliedstaats folgte, nicht zu einer Verletzung der Verteidigungsrechte dieses Mitgliedstaats führen.

(vgl. Randnrn. 136-138)

3.      Im Verwaltungsverfahren in Beihilfesachen gelten die durch Beihilfen begünstigten Unternehmen nur als Verfahrensbeteiligte. Daraus folgt, dass das durch eine Beihilfe begünstigte Unternehmen keineswegs einen Anspruch auf rechtliches Gehör, wie er denjenigen zusteht, gegen die ein Verfahren eingeleitet worden ist, geltend machen kann, sondern lediglich über das Recht verfügt, am Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden.

Im Übrigen kann die Kommission zwar nicht verpflichtet sein, in ihrer Mitteilung über die Eröffnung des Verfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EG eine abschließende Untersuchung der fraglichen Beihilfe vorzulegen; es ist aber erforderlich, dass sie den Rahmen ihrer Prüfung genau genug festlegt, um dem Recht der Beteiligten zur Stellungnahme nicht seinen Sinn zu nehmen. Das Recht auf Unterrichtung der Beteiligten geht daher nicht weiter als das Recht, von der Kommission angehört zu werden. Insbesondere kann es nicht bis zu einem allgemeinen Recht gehen, sich zu allen im förmlichen Prüfverfahren aufgeworfenen potenziell wichtigen Punkten zu äußern.

(vgl. Randnrn. 146-149)

4.      Der Begriff des Vorteils im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG umfasst jede Maßnahme, die ein Unternehmen von einer Belastung befreit, die sonst von ihm zu tragen wäre. Der Begriff der Beihilfe ist nämlich weiter als der Begriff der Subvention; er umfasst nicht nur positive Leistungen wie etwa die Subventionen selbst, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen regelmäßig zu tragen hat, und die somit, obwohl sie keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen nach Art und Wirkung gleichstehen. Somit ist eine Maßnahme, mit der die staatlichen Stellen bestimmten Unternehmen eine Abgabenbefreiung gewähren, die zwar nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, aber die Begünstigten finanziell besser stellt als die übrigen Abgabepflichtigen, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG.

Bei der Prüfung, ob eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellen kann, hat die Kommission alle Auswirkungen dieser Maßnahme für den potenziell Begünstigten zu berücksichtigen und insbesondere die gegebenenfalls bestehenden besonderen Lasten abzuziehen, die auf einem Vorteil liegen. Dagegen bewirkt allein der Umstand, dass eine bestimmte Maßnahme der Steuerbefreiung aus der Sicht des Begünstigten durch eine besondere Belastung ausgeglichen wird, die eigenständig ist und in keiner Beziehung zur Steuerbefreiung steht, nicht, dass diese nicht als staatliche Beihilfe einzustufen ist.

Die Feststellung, ob die Überbesteuerung eines Unternehmens aufgrund einer Pauschalabgabe während eines bestimmten Zeitraums das Steuergefälle ausgleicht, das diesem Unternehmen in einem anderen Zeitraum zugute gekommen ist, hängt somit von der Untersuchung der objektiven Merkmale dieser Pauschalabgabe und der Frage ab, ob die Pauschalabgabe als eine Belastung angesehen werden kann, die untrennbar mit dem Vorteil verbunden ist, der sich für das betreffende Unternehmen gegebenenfalls daraus ergibt, dass es einer steuerlichen Sonderregelung unterlag.

(vgl. Randnrn. 195-196, 206-208)

5.      Die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen ist anhand der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission bei Erlass der Entscheidung verfügte. Das von einer Beihilfe begünstigte Unternehmen kann daher nicht vor Gericht geltend machen, dass die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung herangezogenen Angaben keinen Zusammenhang mit der Realität aufwiesen, wenn sich die Entscheidung auf Zahlenmaterial stützte, das der Mitgliedstaat der Kommission im Verwaltungsverfahren übermittelt hatte.

(vgl. Randnrn. 219, 224)

6.      Für die Anwendung des Art. 87 Abs. 1 EG ist festzustellen, ob eine staatliche Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, zu begünstigen. Jedoch erfasst der Begriff der staatlichen Beihilfe staatliche Maßnahmen, die eine Differenzierung zwischen Unternehmen vornehmen und damit a priori selektiv sind, dann nicht, wenn diese Differenzierung aus der Natur oder dem inneren Aufbau der Lastenregelung folgt, mit der sie in Zusammenhang stehen.

Die Beweislast für das Vorliegen einer auf die Natur und den Aufbau dieser Regelung gestützten Rechtfertigung trägt grundsätzlich der Mitgliedstaat. Das von einer staatlichen Maßnahme begünstigte Unternehmen kann sich daher im Rahmen einer Nichtigkeitsklage zur Begründung seines Vorbringens nicht auf Tatsachen berufen, die der Kommission bei Erlass der angefochtenen Entscheidung unbekannt waren.

(vgl. Randnrn. 228-229, 232)

7.      Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes, der insbesondere im Bereich der Überwachung staatlicher Beihilfen nach Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999 zur Anwendung von Art. 88 EG Anwendung findet, ergibt sich, dass sich der Empfänger einer staatlichen Beihilfe auf Vertrauensschutz berufen kann, sofern ihm hinreichend präzise Zusicherungen gegeben wurden, die aus einem aktiven Tun der Kommission herrühren und die Annahme erlauben, dass eine Maßnahme keine Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellt. Fehlt dagegen eine ausdrückliche Stellungnahme der Kommission zu einer bei ihr angemeldeten Maßnahme, kann das Schweigen des Gemeinschaftsorgans nicht nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes des durch eine Beihilfe begünstigten Unternehmens der Rückforderung dieser Beihilfe entgegenstehen.

Da die Überwachung staatlicher Beihilfen durch die Kommission in Art. 88 EG zwingend vorgeschrieben ist, dürfen die von einer Beihilfe begünstigten Unternehmen auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe aber grundsätzlich nur dann vertrauen, wenn diese unter Einhaltung des in dem genannten Artikel vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde. Einem sorgfältigen Gewerbetreibenden ist es nämlich regelmäßig möglich, sich zu vergewissern, dass dieses Verfahren eingehalten wurde. Infolgedessen kann sich auch ein Mitgliedstaat, dessen Behörden eine Beihilfe unter Verletzung der Verfahrensbestimmungen des Art. 88 EG gewährt haben, nicht unter Berufung auf das geschützte Vertrauen der Begünstigten der Verpflichtung entziehen, die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung einer Entscheidung der Kommission zu ergreifen, mit der die Rückforderung der Beihilfe angeordnet wird.

Allerdings ist die Möglichkeit für den Empfänger einer rechtswidrigen Beihilfe, sich auf außergewöhnliche Umstände zu berufen, aufgrund deren sein Vertrauen in die Ordnungsgemäßheit der Beihilfe geschützt ist, und sich daher ihrer Rückzahlung zu widersetzen, nicht auszuschließen, sofern er deren Vorliegen dartut.

Im Übrigen stellt die Anmeldung einer staatlichen Maßnahme, die geeignet ist, einem Unternehmen einen Vorteil zu verschaffen, das vom Vertrag vorgesehene Mittel dar, durch das sich die Mitgliedstaaten vergewissern können, dass sie keine rechtswidrige Beihilfe gewähren, und die Unternehmen, dass ihnen keine derartige Beihilfe zufließt. Wenn eine steuerliche Sonderregelung eine vom allgemeinen Steuerrecht abweichende Art der Gewerbesteuererhebung darstellt, die zwei Unternehmen betrifft, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass es sich um eine staatliche Beihilfe handelt. Insoweit kann bei Fehlen außergewöhnlicher Umstände der Empfänger einer Beihilfe, die ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wurde, so dass sie gemäß Art. 88 Abs. 3 EG rechtswidrig ist, zum Zeitpunkt ihres Erhalts kein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit ihrer Gewährung haben.

(vgl. Randnrn. 261-263, 270, 276)

8.      Die Kommission ist nicht verpflichtet, in einer Entscheidung, in der die Rückforderung einer rechtswidrigen staatlichen Beihilfe angeordnet wird, den genauen Betrag der zurückzuzahlenden Beihilfe anzugeben. Nach dem Gemeinschaftsrecht ist insoweit nur erforderlich, dass zum einen die Rückforderung rechtswidrig gewährter Beihilfen zur Wiederherstellung des früheren Zustands führt und dass zum anderen diese Rückzahlung nach den Modalitäten des nationalen Rechts erfolgt, ohne dass dessen Anwendung Tragweite und Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigt Es genügt somit, dass der Betrag der zurückzufordernden Beihilfe nach den Angaben in der Entscheidung ohne übermäßige Schwierigkeiten berechnet werden kann. Die Kommission darf sich daher darauf beschränken, die Verpflichtung zur Erstattung der in Rede stehenden Beihilfen festzustellen und den nationalen Behörden die Berechnung des genauen Betrags der zu erstattenden Beihilfen zu überlassen, insbesondere wenn die Berechnung die Berücksichtigung von Abgaben- oder Sozialversicherungsregelungen erfordert, deren Einzelheiten im geltenden nationalen Recht festgelegt sind.

(vgl. Randnrn. 297-299)

9.      Nach Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 unterliegen die Befugnisse der Kommission zur Rückforderung rechtswidriger Beihilfen einer Verjährungsfrist von zehn Jahren. Aus Art. 15 Abs. 2 der Verordnung ergibt sich, dass die Verjährungsfrist zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem die Beihilfe, deren Rückforderung von der Kommission angeordnet wird, als gewährt angesehen werden kann, d. h., sofern die Beihilfegewährung vom Erlass rechtlich verbindlicher Entscheidungen abhängt, zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidungen.

Wenn jedoch durch einen Rechtsakt eine zukünftig geltende steuerliche Sonderregelung eingeführt wird, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Rechtsakts beginnt, einem Zeitpunkt, zu dem nicht mit Sicherheit bestimmt werden kann, ob diese Sonderregelung einen Vorteil verschafft, der als staatliche Beihilfe verstanden werden könnte. Es ist vielmehr von dem Zeitpunkt auszugehen, zu dem ein erster Vorteil tatsächlich gewährt worden ist. Dies gilt im Fall einer Beihilfe, die nicht in für den Begünstigten geltenden besonderen Steuervorschriften besteht, sondern in einem Steuergefälle, das sich aus der Differenz zwischen dem Betrag der Gewerbesteuer, die er hätte entrichten müssen, wenn er der Steuer nach dem allgemeinen Steuerrecht unterworfen gewesen wäre, und dem Betrag ergibt, mit dem er nach den für ihn geltenden besonderen Steuervorschriften tatsächlich belastet worden ist.

(vgl. Randnrn. 318, 320, 322, 324)