Language of document : ECLI:EU:T:2021:189

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

14. April 2021(*)

„Staatliche Beihilfen – Freie Wohlfahrtspflege – Verbänden einer Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtspflege gewährte Förderungen – Ablehnung einer Beschwerde – Beschluss, nach Abschluss der Vorprüfungsphase keine Einwände zu erheben – Nichtigkeitsklage – Eigenschaft als Beteiligter – Wahrung der Verfahrensrechte – Spürbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsposition – Zulässigkeit – Keine ernsthaften Schwierigkeiten – Keine wesentliche Änderung einer bestehenden Beihilfe“

In der Rechtssache T‑69/18,

Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe, Landesverband Niedersachsen/Bremen und Hamburg/Schleswig-Holstein e. V. mit Sitz in Hannover (Deutschland),

CarePool Hannover GmbH mit Sitz in Hannover,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt T. Unger und S. Korte, Professor,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch K. Herrmann und F. Tomat als Bevollmächtigte,

Beklagte,


unterstützt durch

Diakonisches Werk evangelischer Kirchen in Niedersachsen e. V. mit Sitz in Hannover, Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Bartosch,

durch

Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Hannover e. V. mit Sitz in Hannover, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin C. Jürschik,

und durch

Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Braunschweig e. V. mit Sitz in Braunschweig (Deutschland) sowie die weiteren im Anhang(1) namentlich aufgeführten Streithelfer, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte U. Karpenstein, R. Sangi und C. Johann,

Streithelfer,

wegen einer Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 7686 final der Kommission vom 23. November 2017 betreffend die staatlichen Beihilfen SA.42268 (2017/E) – Deutschland Staatliche Beihilfe zur Förderung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben und SA.42877 (2017/E) – Deutschland CarePool Hannover GmbH – Beihilferegelung Deutschlands zugunsten von Verbänden der Wohlfahrtspflege zur Förderung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben (ABl. 2018, C 61, S. 1)

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Svenningsen, des Richters C. Mac Eochaidh und der Richterin T. Pynnä (Berichterstatterin),

Kanzler: E. Coulon,

folgendes

Urteil

1        Der erste Kläger, der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe, Landesverband Niedersachsen/Bremen und Hamburg/Schleswig-Holstein e. V., ist ein Verband, der in den Bundesländern Niedersachsen (Deutschland), Freie Hansestadt Bremen (Deutschland), Schleswig-Holstein (Deutschland) und Freie und Hansestadt Hamburg (Deutschland) tätig ist. Der Klageschrift zufolge vertritt er die Interessen von 160 Unternehmen, die Wohneinrichtungen zur stationären Pflege bzw. ambulante Pflegedienste sowie Wohneinrichtungen zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen sowie von Kindern und Jugendlichen verwalten oder betreiben.

2        Die zweite Klägerin, die CarePool Hannover GmbH, mit Sitz in Hannover (Deutschland) ist Mitglied des ersten Klägers und erbringt ambulante häusliche Pflegeleistungen.

3        Mit der vorliegenden Klage beantragen die Kläger die Nichtigerklärung des ihnen am 11. Dezember 2017 zugestellten Beschlusses C(2017) 7686 final der Kommission vom 23. November 2017 betreffend die staatlichen Beihilfen SA.42268 (2017/E) – Deutschland Staatliche Beihilfe zur Förderung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben und SA.42877 (2017/E) – Deutschland CarePool Hannover GmbH – Beihilferegelung Deutschlands zugunsten von Verbänden der Wohlfahrtspflege zur Förderung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben (ABl. 2018, C 61, S. 1, im Folgenden: angefochtener Beschluss). Der angefochtene Beschluss betrifft verschiedene nationale Maßnahmen zur Unterstützung der in Niedersachsen tätigen Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege durch das Land Niedersachsen.

4        Zu diesen nationalen Maßnahmen gehört insbesondere eine finanzielle Unterstützung, die seit 1956 auf der Grundlage von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die sich im Laufe der Zeit entwickelt haben, Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege gewährt wird (im Folgenden: finanzielle Unterstützung). Diese erbringen über Mitgliedsverbände verschiedene Sozialleistungen für pflegebedürftige und schutzbedürftige Personen wie z. B. ambulante, stationäre oder gemischte Pflege, Hilfe für Obdachlose und für Flüchtlinge sowie geistliche Unterstützung. Die Kläger, bei denen es sich um private Einrichtungen handelt, die bestimmte gleichartige Leistungen erbringen oder Unternehmen vertreten, die solche Leistungen erbringen, sehen sich durch die finanzielle Unterstützung beschwert.

5        Mit dem angefochtenen Beschluss gelangte die Europäische Kommission, ohne das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen, zu dem Ergebnis, dass die finanzielle Unterstützung, soweit sie eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, als bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 AEUV (ABl. 2015, L 248, S. 9) einzustufen sei. Damit wies sie die Beschwerden der Kläger ab.

I.      Rechtlicher Rahmen der von dem angefochtenen Beschluss erfassten nationalen Maßnahmen

6        Die Wohlfahrtspflege wird in § 66 Abs. 2 der Abgabenordnung wie folgt definiert:

„Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen. Die Sorge kann sich auf das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl erstrecken und Vorbeugung oder Abhilfe bezwecken.“

7        Wie verschiedenen Texten zu entnehmen ist, bezeichnet der Ausdruck „Freie Wohlfahrtspflege“ die freiwillige Wohlfahrtspflege durch nicht staatliche Träger (vgl. u. a. § 1 Abs. 5 der Satzung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. und § 4 der Dritten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Ablösung öffentlicher Anleihen vom 4. Dezember 1926).

8        Die finanzielle Unterstützung für die Tätigkeiten von Wohlfahrtsverbänden wurde mit dem Gesetz über das Zahlenlotto vom 27. Februar 1956 (Nds. GVBl. S. 9, im Folgenden: Lotteriegesetz 1956), das am selben Tag in Kraft trat, eingeführt.

9        Gemäß § 11 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 des Lotteriegesetzes 1956 erhielten die Wohlfahrtsspitzenverbände für die Erfüllung sozialer Aufgaben einen Prozentanteil der Konzessionsabgaben, die von den Wettveranstaltern im Land Niedersachsen gezahlt wurden.

10      Die Verwendung der Abgaben wurde im Jahr 1956 durch die im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlichten Richtlinien für die Verwendung der Konzessionsabgabe zur Erfüllung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben (Nds. MBl. S. 855) geregelt.

11      Die Festlegung der finanziellen Unterstützung wurde durch verschiedene Nachfolgegesetze mehrfach geändert. Das Lotteriegesetz 1956 wurde am 7. Juni 1968 (Nds. GVBl. S. 91) und am 18. Februar 1970 (Nds. GVBl. S. 27) geändert. 1997 wurde es durch das Niedersächsische Gesetz über das Lotterie- und Wettwesen (Nds. GVBl. S. 289) ersetzt, das im Jahr 2003 durch das im Jahr 2004 in Kraft getretene Haushaltsbegleitgesetz (Nds. GVBl. S. 446, im Folgenden: Haushaltsbegleitgesetz 2004) geändert wurde. Die Höhe der finanziellen Unterstützung wurde 2005 reduziert, 2007 durch das 2008 in Kraft getretene Niedersächsische Glücksspielgesetz (Nds. GVBl. S. 756, im Folgenden: Glücksspielgesetz 2007) angehoben und durch ein Gesetz aus dem Jahr 2012 (Nds. GVBl. S. 544), das 2013 in Kraft trat, erneut geändert.

12      Das Glücksspielgesetz 2007 wurde durch das Niedersächsische Gesetz zur Förderung der Freien Wohlfahrtspflege vom 16. Dezember 2014 (Nds. GVBl. S. 429, im Folgenden: Wohlfahrtsförderungsgesetz oder WohlfFöG) ersetzt, das seit dem 1. Januar 2015 gilt. Die Richtlinien für die Verwendung der Konzessionsabgabe zur Erfüllung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben erfuhren ebenfalls Änderungen.

13      § 2 WohlfFöG trägt die Überschrift „Finanzhilfe an die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und an die Landesstelle für Suchtfragen“. § 2 Abs. 1 Nr. 1 WohlfFöG bestimmt, dass diese Finanzhilfe den Spitzenverbänden gewährt wird, die in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. (im Folgenden: LAG) zusammengeschlossen sind. Nach § 2 Abs. 2 WohlfFöG prüft das für Soziales zuständige Ministerium des Landes Niedersachsen die Aufgabenerfüllung durch die Spitzenverbände und die Erforderlichkeit einer Erhöhung der Finanzhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1. § 2 Abs. 3 WohlfFöG sieht vor, dass, wenn die dem Land zufließenden Einnahmen aus den Glücksspielabgaben den Betrag von 146 300 000 Euro übersteigen, das Land 18,63 % der Mehreinnahme den in der LAG zusammengeschlossenen Spitzenverbänden und 0,74 % der Mehreinnahme der Landesstelle für Suchtfragen als zusätzliche Finanzhilfe gewährt.

14      Die LAG, auf die sich das Wohlfahrtsförderungsgesetz bezieht, ist ein eingetragener Verein, dessen Rechtsgrundlage seine Satzung ist. Diesen Verein gab es bereits vor dem Inkrafttreten des Lotteriegesetzes 1956.

15      In der Präambel ihrer Satzung wird die LAG wie folgt definiert:

„Die [LAG] ist der Zusammenschluss der 13 Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen.“

16      Die 13 in der LAG zusammengeschlossenen Spitzenverbände sind auf der Ebene des Landes Niedersachsen angesiedelte Untergliederungen der folgenden sechs Verbände oder „Verbandsfamilien“ der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland: Arbeiterwohlfahrt (AWO), Caritas, Das Rote Kreuz, Diakonie, Die Jüdische Wohlfahrt und Der paritätische Wohlfahrtsverband.

17      Die Mitglieder der LAG werden in § 2 ihrer Satzung wie folgt angegeben:

„1.      Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Braunschweig e. V.,

2.      Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Hannover e. V.,

3.      Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Weser-Ems e. V.,

4.      Caritasverband für die Diözese Hildesheim e. V.,

5.      Caritasverband für die Diözese Osnabrück e. V.,

6.      Landes Caritasverband für Oldenburg e. V.,

7.      Paritätischer Wohlfahrtsverband Niedersachsen e. V.,

8.      Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Niedersachsen e. V.,

9.      Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Oldenburg e. V.,

10.      Diakonisches Werk evangelischer Kirchen in Niedersachsen e. V.,

11.      Diakonisches Werk der Ev.‑luth. Kirche in Oldenburg e. V.,

12.      Diakonisches Werk der Ev.‑ref. Kirche,

13.      Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen“.

18      Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der LAG-Satzung können weitere Wohlfahrtsspitzenverbände aufgenommen werden, sofern für einen solchen Verband gilt, dass

–        er seine Tätigkeit überregional in Niedersachsen ausübt;

–        seine unmittelbare tätige Hilfe grundsätzlich das gesamte Gebiet der Freien Wohlfahrtspflege umfasst, nicht nur einzelne Arbeitszweige derselben;

–        er Freiwilligenarbeit und Ehrenamt fördert;

–        er den umfassenden Zusammenschluss für die Organisationen und Einrichtungen darstellt, die von derselben Idee getragen werden;

–        zwischen dem Spitzenverband und den ihm zugeordneten Organisationen und Einrichtungen ein Mitgliedschaftsverhältnis oder eine organisatorische Verbindung besteht;

–        der Spitzenverband insgesamt und durch die Bedeutung der in ihm zusammengeschlossenen Organisationen und Einrichtungen die Gewähr für eine stetige, umfassende und fachlich qualifizierte Arbeit sowie für eine gesicherte Verwaltung bietet und

–        die Organisation gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolgt.

19      Wie aus der vorstehend in Rn. 18 unter dem fünften Spiegelstrich angeführten Bedingung hervorgeht, besteht zwischen den Spitzenverbänden und den Organisationen und Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege eine Verbindung. Die LAG-Satzung schreibt keine besondere Form dafür vor, wie der Zusammenschluss zwischen diesen Verbänden auf der einen und den besagten Organisationen und Einrichtungen auf der anderen Seite geartet sein muss.

20      Nach § 2 Abs. 2 Unterabs. 2 der LAG-Satzung entscheidet der Vorstand der LAG über die Aufnahme neuer Mitglieder. Im Fall einer Ablehnung kann die Mitgliederversammlung um Überprüfung der Entscheidung ersucht werden.


21      In § 3 Abs. 1 WohlfFöG heißt es:

„Die Finanzhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 ist für die Förderung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben zu verwenden. … Wohlfahrtspflegerischen Aufgaben dienen alle Maßnahmen, die darauf abzielen, Menschen zu unterstützen, die Hilfe benötigen oder ohne Unterstützung benötigen würden, sowie Maßnahmen, welche die organisatorischen und personellen Voraussetzungen der Hilfeleistung schaffen oder verbessern sollen. …“

22      Nach § 3 Abs. 2 WohlfFöG hängt die Zahlung der Finanzhilfe an die LAG vom Abschluss einer Fördervereinbarung zwischen dem für Soziales zuständigen Ministerium des Landes Niedersachsen und sämtlichen in der LAG zusammengeschlossenen Spitzenverbänden (im Folgenden: Fördervereinbarung) ab, die anschließend von dem für Soziales zuständigen Ministerium im Niedersächsischen Ministerialblatt und im Internet veröffentlicht wird. In dieser Vereinbarung muss mindestens geregelt sein:

„1.      die Aufteilung der Finanzhilfe auf die einzelnen Spitzenverbände oder auf Gruppen der Spitzenverbände,

2.      die wohlfahrtspflegerischen Aufgaben, für deren Förderung die Finanzhilfe zu verwenden ist,

3.      für mindestens 67 Prozent der Finanzhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 die zu fördernden Aufgaben, und zwar jeweils unter Angabe der dafür einzusetzenden Mindestanteile,

4.      der Höchstanteil der Finanzhilfe, der für Verwaltungsaufgaben verwendet werden darf, und

5.      der Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung der Finanzhilfe sowie der aus dieser an Dritte vergebenen Mittel durch die Spitzenverbände“.

23      Nach § 3 Abs. 3 WohlfFöG kann das zuständige Ministerium, falls eine solche Vereinbarung nicht zustande kommt, diese verschiedenen Gegenstände durch Ministerialverordnung regeln.

24      Am 8. Februar 2016 wurde zwischen dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und den 13 in der LAG zusammengeschlossenen Spitzenverbänden eine Vereinbarung über die Verwendung der Finanzhilfe nach dem Wohlfahrtsförderungsgesetz (Nds. MBl. Nr. 8/2016 S. 244) geschlossen, die die frühere, 2007 auf der Grundlage des Glücksspielgesetzes 2007 geschlossene Vereinbarung ersetzte.

25      Die Präambel dieser Vereinbarung von 2016 sieht u. a. vor, dass „[d]ie vertragsschließenden Parteien … sich darüber einig [sind], dass die vorliegende Vereinbarung von der Zielsetzung getragen ist, bei Wahrung der Selbständigkeit der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege gemeinsam zur Fortentwicklung einer sozialen Infrastruktur in Niedersachsen beizutragen“, und dass „[d]ies … in der Benennung der förderfähigen wohlfahrtspflegerischen Aufgaben gemäß Anlage 1 [Ausdruck findet]“.

26      § 2 Abs. 2 Satz 1 dieser Vereinbarung von 2016 bestimmt, dass „[d]ie Verbände der Freien Wohlfahrtspflege … berechtigt [sind], die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel an ihre Mitglieder weiterzuleiten“.

27      Am 12. März 2018 wurde zwischen dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und den 13 in der LAG zusammengeschlossenen Spitzenverbänden eine neue Fördervereinbarung (Nds. MBl. Nr. 12/2018 S. 206) geschlossen. Nach dem dritten Absatz der Präambel dieser Vereinbarung erfolgt die Förderung im Einklang mit dem Beschluss 2012/21/EU der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 AEUV auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (ABl. 2012, L 7, S. 3, im Folgenden: DAWI-Beschluss von 2012) und der Verordnung (EU) Nr. 360/2012 der Kommission vom 25. April 2012 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen (ABl. 2012, L 114, S. 8).

II.    Vorgeschichte des Rechtsstreits

28      Am 16. Juni und 12. August 2015 gingen bei der Kommission zwei getrennte Beschwerden ein, die unter den Nummern SA.42268 und SA.42877 (im Folgenden: Beschwerden) registriert wurden und auf die Einstufung der finanziellen Unterstützung von wohlfahrtspflegerischen Aufgaben in Niedersachsen als rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe abzielten.

29      Die Empfänger dieser finanziellen Unterstützung sind die oben in den Rn. 15 bis 17 genannten Spitzenverbände, die über ihre regionalen oder lokalen Mitgliedsverbände Leistungen erbringen, die wirtschaftlicher Natur sein können, wie z. B. ambulante, stationäre oder gemischte Pflege, oder nicht wirtschaftlicher Natur, wie z. B. Hilfe für Obdachlose und Unterbringung von Obdachlosen, geistliche Unterstützung oder Hilfe für Flüchtlinge.

30      In den Beschwerden machten die Kläger geltend, dass sie namentlich bei den Betreuungsleistungen für pflegebedürftige Personen im Wettbewerb mit den Wohlfahrtsverbänden stünden. Die Wohlfahrtsverbände profitierten von einer finanziellen Unterstützung, durch die es ihnen ermöglicht werde, ihr Personal besser zu bezahlen oder ihre Dienstleistungen zu niedrigeren Preisen anzubieten, als es privaten Unternehmen möglich sei. Damit bestehe für Letztere ein Nachteil bei der Personalgewinnung. Im Übrigen würden bei Verhandlungen mit den Pflegekassen und Sozialversicherungsträgern die von den privaten Unternehmen angebotenen Preise zurückgewiesen, da sie im Verhältnis zu den von den Wohlfahrtsbetrieben verlangten Preisen als zu hoch angesehen würden. Dies zwinge private Unternehmen dazu, ihre Dienstleistungen zu Preisen anzubieten, die es ihnen nicht erlaubten, ihre Gestehungskosten ordnungsgemäß zu decken.

31      Ferner machten die Kläger mit den Beschwerden geltend, dass das Niedersächsische Gesetz über das Lotterie- und Wettwesen aus dem Jahr 1997 das Lotteriegesetz 1956 im Kern geändert habe, weil die Spitzenverbände seitdem einen Pauschalbetrag und nicht mehr einen Prozentanteil der Konzessionsabgaben erhielten. Desgleichen habe auch das Wohlfahrtsförderungsgesetz das Lotteriegesetz 1956 im Kern geändert, weil die finanzielle Unterstützung der Wohlfahrtsverbände nur noch zum Teil aus Lotterieeinnahmen und stattdessen nunmehr größtenteils aus dem Landeshaushalt stamme.

32      Die unter der Nummer SA.42877 registrierte Beschwerde betraf außer der Frage der finanziellen Unterstützung der Spitzenverbände nach dem Wohlfahrtsförderungsgesetz auch zwei weitere Maßnahmen, nämlich zum einen indirekte Einkommensteuervergünstigungen für die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Wohlfahrtsverbände und zum anderen die Gewährung geringerer Rundfunkgebühren für die Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände.

33      Mit Schreiben vom 30. Juli 2015 und 8. Februar 2016 richtete die Kommission gemäß Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1) und Art. 12 Abs. 2 der Verordnung 2015/1589 Auskunftsersuchen an die deutschen Behörden, die mit Schreiben vom 9. September 2015 sowie vom 6. und 7. April 2016 antworteten.

34      Am 5. Juli 2016 fand ein Treffen zwischen der Kommission und den deutschen Behörden statt, bei dem die Kommission mündlich ihre vorläufige Einschätzung der finanziellen Unterstützung und deren beabsichtigte Einstufung als bestehende Beihilfe mitteilte. Im internen Protokoll der Kommission zu diesem Treffen, das diese dem Gericht übermittelt hat, wird festgestellt, dass die Maßnahmen nicht die Voraussetzungen des DAWI-Beschlusses von 2012 erfüllten, u. a. in Bezug auf die Rechnungslegung, die Transparenz und einen Mechanismus zur Vermeidung von Überkompensation.

35      Am 30. September und 16. November 2016 legten die deutschen Behörden zusätzliche Informationen vor.

36      Mit Schreiben vom 14. Februar 2017 übermittelte die Kommission den Klägern ihre vorläufige Einschätzung der in den Beschwerden beanstandeten Maßnahmen. Sie erklärte, sie gehe davon aus, dass es sich, soweit die beanstandete finanzielle Unterstützung eine Beihilfe darstelle, um eine bestehende Beihilfe handle. Die beiden weiteren von der zweiten Klägerin beanstandeten Maßnahmen seien keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV. Außerdem wurde den Klägern mitgeteilt, dass die deutschen Behörden zugesichert hätten, zukünftig die Bestimmungen des DAWI-Beschlusses von 2012 bzw., soweit die Voraussetzungen dafür vorlägen, die Bestimmungen der Verordnung Nr. 360/2012 anzuwenden. Ferner erging der Hinweis, dass es sich um eine vorläufige Einschätzung handle, die bis zum Eingang etwaiger zusätzlicher Erläuterungen seitens der Kläger gelte.

37      Die Kläger traten dieser vorläufigen Einschätzung mit Schreiben vom 17. und 20. Februar sowie vom 6. März 2017 entgegen. Sie legten ihre Argumente mit Schreiben vom 10. März 2017 dar. Mit Schreiben vom 31. August sowie vom 5. und 14. September 2017 übermittelten die deutschen Behörden der Kommission weitere Informationen.

III. Angefochtener Beschluss

38      In dem den Klägern am 11. Dezember 2017 zugestellten angefochtenen Beschluss vertrat die Kommission nach Prüfung der seit 1956 erfolgten gesetzgeberischen Änderungen die Auffassung, dass die in Rede stehende Maßnahme im Kern seither nicht geändert worden sei und, soweit sie eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, als eine bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2015/1589 einzustufen sei. Darüber hinaus nahm die Kommission im angefochtenen Beschluss jedenfalls zur Kenntnis, dass sich die deutschen Behörden verpflichtet hätten, dafür zu sorgen, dass die in Rede stehende finanzielle Unterstützung für die Zukunft mit dem DAWI-Beschluss von 2012 in Einklang gebracht werde. Die Kommission wies daher die Beschwerden, soweit sie sich auf die besagte finanzielle Unterstützung bezogen, ab.

39      Zu den beiden anderen von der zweiten Klägerin beanstandeten Maßnahmen stellte die Kommission fest, dass zu ihrer vorläufigen Einschätzung dieser beiden Maßnahmen in ihrem Schreiben vom 14. Februar 2017 keine Stellungnahme dieser Klägerin erfolgt sei. Daher sah die Kommission in Anwendung von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung 2015/1589, wonach u. a., „[f]alls der Beteiligte nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist Stellung nimmt, … die Beschwerde als zurückgezogen [gilt]“, die zweite Beschwerde in Bezug auf diese beiden anderen Maßnahmen als zurückgezogen an.

IV.    Verfahren und Anträge der Parteien

40      Mit Klageschrift, die am 5. Februar 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.

41      Die Kommission hat am 21. April 2018 die Klagebeantwortung eingereicht.

42      Am 26. Juni 2018 haben die Kläger die Erwiderung eingereicht.

43      Die Gegenerwiderung ist von der Kommission am 31. August 2018 eingereicht worden.

44      Mit Schriftsätzen, die am 30. April bzw. 4. Mai 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben das Diakonische Werk evangelischer Kirchen in Niedersachsen e. V. (im Folgenden: DWEK) und die Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Hannover e. V. (im Folgenden: ABH) beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

45      Mit Schriftsatz, der am 14. Mai 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Braunschweig e. V., die Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Weser-Ems e. V., der Caritasverband für die Diözese Hildesheim e. V., der Caritasverband für die Diözese Osnabrück, der Landes-Caritasverband für Oldenburg e. V., der Paritätische Wohlfahrtsverband Niedersachsen e. V., das Deutsche Rote Kreuz Landesverband Niedersachsen e. V., das Deutsche Rote Kreuz Landesverband Oldenburg e. V. und der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen K.d.ö.R. (Jüdische Wohlfahrt) (im Folgenden: dritte Streithelfer) beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

46      Mit Beschluss des Präsidenten der Sechsten Kammer vom 3. Oktober 2018 ist den Anträgen auf Zulassung als Streithelfer stattgegeben worden.

47      Mit am 3. und 4. Dezember 2018 bei der Kanzlei eingegangenen Schriftsätzen haben die Streithelfer ihre Streithilfeschriftsätze eingereicht, zu denen die Kläger und die Kommission am 23. Januar bzw. 25. Januar 2019 Stellung genommen haben.

48      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist die Rechtssache einer neuen Berichterstatterin zugewiesen worden, die in der Achten Kammer tagt.

49      Auf Vorschlag der Berichterstatterin hat das Gericht nach Art. 106 Abs. 1 seiner Verfahrensordnung beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und den Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung am 27. Januar 2020 schriftliche Fragen gestellt. Diese Fragen bezogen sich auf die Zulässigkeit der Klage, insbesondere im Hinblick auf das Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci (C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873). Die Parteien sind dieser prozessleitenden Maßnahme fristgerecht nachgekommen.

50      Aufgrund der Gesundheitskrise im Zusammenhang mit COVID-19 ist die ursprünglich für den 17. März 2020 vorgesehene mündliche Verhandlung auf den 5. Mai 2020 und schließlich auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden. Im Wege einer prozessleitenden Maßnahme sind die Parteien sodann am 15. April 2020 gebeten worden, etwaige Stellungnahmen zu den Antworten der anderen Parteien auf die schriftlichen Fragen des Gerichts vom 27. Januar 2020 einzureichen. Sie sind dieser Maßnahme fristgerecht nachgekommen.

51      In Anbetracht der Antworten der Parteien auf die Fragen des Gerichts und ihrer Stellungnahmen zu den Antworten der anderen Parteien hat das Gericht, das sich somit für durch die Aktenstücke hinreichend unterrichtet hielt, mit Blick auf Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung befunden, dass eine mündliche Verhandlung vor der Entscheidung über die Klage nicht mehr erforderlich war, und es hat daher am 21. September 2020 beschlossen, das mündliche Verfahren zu schließen.

52      Die Kläger beantragen,

–      den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–      der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

53      Die Kommission beantragt,

–      die Klage abzuweisen;

–      den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

54      Die Streithelfer beantragen,

–      die Klage abzuweisen;

–      den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

V.      Rechtliche Würdigung

55      Die Kläger stützen ihre Klage auf drei Gründe, mit denen sie erstens eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV, zweitens einen Verstoß gegen die Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV und drittens einen Verstoß gegen die Art. 107 ff. AEUV rügen.

56      Es ist daran zu erinnern, dass im Rahmen des in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen zwischen der vorläufigen Prüfung der Beihilfen nach Art. 108 Abs. 3 AEUV, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe zu ermöglichen, und dem in Art. 108 Abs. 2 AEUV geregelten förmlichen Prüfverfahren zu unterscheiden ist. Nur im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens, das es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gesichtspunkten des Falles zu verschaffen, sieht der Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink's France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 38, und vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 27, sowie Beschluss vom 11. April 2018, ABES/Kommission, T‑813/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:189, Rn. 39).

57      Stellt die Kommission, ohne das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen, mit einem Beschluss auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 3 AEUV fest, dass eine Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, können folglich die Personen, denen diese Verfahrensgarantien zugutekommen, deren Beachtung nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diesen Beschluss vor dem Unionsrichter anzufechten. Deshalb erklärt dieser eine Klage auf Nichtigerklärung eines solchen Beschlusses, die von einem Beteiligten im Sinne des Art. 108 Abs. 2 AEUV erhoben wird, für zulässig, wenn der Kläger mit der Klageerhebung die Wahrung der ihm nach dieser Bestimmung zustehenden Verfahrensrechte durchsetzen möchte (Urteile vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 28, und vom 15. Januar 2013, Aiscat/Kommission, T‑182/10, EU:T:2013:9, Rn. 42, sowie Beschluss vom 11. April 2018, ABES/Kommission, T‑813/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:189, Rn. 40).

58      Ebenso verhält es sich, wenn die Kommission, ohne das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, der Auffassung ist, dass, soweit die beanstandete Maßnahme eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, diese als bestehende Beihilfe einzustufen sei, und damit implizit die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV ablehnt. Eine solche Stellungnahme der Kommission auf der Grundlage der von den Beteiligten übermittelten Informationen stellt einen Beschluss dar (Urteile vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90, EU:C:1993:111, Rn. 26, und vom 18. November 2010, NDSHT/Kommission, C‑322/09 P, EU:C:2010:701, Rn. 53).

59      Daher ist eine Klage eines Beteiligten im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses, mit dem die Eröffnung des in dieser Bestimmung vorgesehenen förmlichen Prüfverfahrens abgelehnt wird, für zulässig zu befinden, wenn der Kläger mit der Klageerhebung die Wahrung der ihm nach dieser Bestimmung zustehenden Verfahrensrechte durchsetzen möchte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Mai 2002, ARAP u. a./Kommission, C‑321/99 P, EU:C:2002:292, Rn. 61 und 66, und vom 18. November 2010, NDSHT/Kommission, C‑322/09 P, EU:C:2010:701, Rn. 56).

60      Stellt der Kläger dagegen die Begründetheit des Beschlusses selbst, mit dem die Beihilfe beurteilt wird, in Frage, kann der bloße Umstand, dass er als Beteiligter im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV angesehen werden mag, nicht für die Annahme der Zulässigkeit der Klage ausreichen. Er muss daher dartun, dass er nach Art. 263 Abs. 4 erste bzw. zweite Variante AEUV klagebefugt ist, insbesondere, dass er eine besondere Stellung im Sinne des Urteils vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17), hat oder dass der Beschluss, mit dem die Beihilfe beurteilt wird, einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der ihn unmittelbar betrifft und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, gemäß Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2013, Telefónica/Kommission, C‑274/12 P, EU:C:2013:852, Rn. 19).

61      Die Kommission wies hier mit dem angefochtenen Beschluss die Beschwerden ab, die die Kläger nach Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung 2015/1589 erhoben hatten, wonach „[j]eder Beteiligte… eine Beschwerde einlegen [kann], um die Kommission über mutmaßliche rechtswidrige Beihilfen oder über eine mutmaßliche missbräuchliche Anwendung von Beihilfen zu informieren“.

62      Mit der förmlichen Abweisung der Beschwerden in dem angefochtenen Beschluss lehnte sie zugleich die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV ab.

63      Zu prüfen sein wird, ob mit den Klagegründen der Beschluss der Kommission, das förmliche Prüfverfahren nicht zu eröffnen, angefochten werden soll, indem dargetan wird, dass die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission bei der vorläufigen Prüfung verfügte oder hätte verfügen können, Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Einstufung der fraglichen Beihilfe, soweit es sich um eine solche handelt, als bestehende Beihilfe hätte geben müssen, oder ob im Gegenteil mit den Klagegründen oder manchen davon unmittelbar die Begründetheit der Beurteilung der fraglichen Maßnahme im Hinblick auf Art 107 AEUV in Frage gestellt wird und sie zum Gegenstand oder zur Folge haben, den Gegenstand der Klage und infolgedessen die Voraussetzungen für die Beurteilung ihrer Zulässigkeit zu ändern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Oktober 2011, Österreich/Scheucher-Fleisch u. a., C‑47/10 P, EU:C:2011:698, Rn. 50).

A.      Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV

64      Im Rahmen des ersten Klagegrundes machen die Kläger eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV geltend, da die Kommission es nach der Behandlung der Beschwerden zu Unrecht abgelehnt habe, das förmliche Prüfverfahren in Bezug auf die wohlfahrtspflegerischen Aufgaben zu eröffnen.

1.      Zur Zulässigkeit

65      Die Kommission stellt die Klagebefugnis der Kläger als Beteiligte im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589, soweit es um die mit ihrem ersten Klagegrund gerügte Verletzung ihrer Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV aufgrund der unterbliebenen Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens in Bezug auf die wohlfahrtspflegerischen Aufgaben geht, nicht in Frage.

66      Dagegen machen ABH und die dritten Streithelfer geltend, den Klägern seien im Wesentlichen bereits alle Verfahrensrechte gewährt worden, die ihnen im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens eingeräumt würden. Insbesondere hätten sich die Kläger mit der vorläufigen Einschätzung der fraglichen Maßnahme auseinandersetzen und Stellungnahmen abgeben können, die umfassend geprüft worden seien. Im Übrigen hätten sie eine Kopie des angefochtenen Beschlusses erhalten, die ihnen zugestellt worden sei.

67      Die Kläger treten dem entgegen. Sie bringen vor, die Kommission sei, wenn sie das förmliche Prüfverfahren eröffnet habe, nach den Art. 7 ff. der Verordnung 2015/1589 befugt, erforderliche Auskünfte von einem anderen Mitgliedstaat, einem Unternehmen oder einer Unternehmensvereinigung anzufordern, um die Qualität der erhaltenen Informationen zu verbessern und gleichzeitig mehr Transparenz und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Im Übrigen erlaubten die das förmliche Prüfverfahren betreffenden Bestimmungen dieser Verordnung eine Verlängerung der Fristen für die Abgabe von Stellungnahmen durch die Beschwerdeführer und stellten umfassendere Begründungspflichten auf.

68      In Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 werden Beteiligte definiert als „Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände“.

69      Wird einem Kläger die an den spezifischen Klagegegenstand geknüpfte besondere Eigenschaft eines Beteiligten im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 zuerkannt, genügt sie nach der Rechtsprechung, um ihn nach Art. 263 Abs. 4 AEUV zu individualisieren, wenn die Klage darauf gerichtet ist, die Wahrung seiner Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV durchzusetzen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 48, vom 27. Oktober 2011, Österreich/Scheucher-Fleisch u. a., C‑47/10 P, EU:C:2011:698, Rn. 44, und vom 6. Mai 2019, Scor/Kommission, T‑135/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:287, Rn. 41).

70      Beteiligte sind u. a. Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere Wettbewerber des Beihilfeempfängers und Berufsverbände. Es handelt sich mit anderen Worten um eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten (Urteile vom 14. November 1984, Intermills/Kommission, 323/82, EU:C:1984:345, Rn. 16, und vom 6. Mai 2019, Scor/Kommission, T‑135/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:287, Rn. 42). Diese Bestimmung schließt aber nicht aus, dass ein Unternehmen, das kein direkter Wettbewerber des Beihilfeempfängers ist, als „Beteiligter“ betrachtet wird, sofern es geltend macht, dass seine Interessen durch die Gewährung der Beihilfe beeinträchtigt sein könnten. Somit muss dieses Unternehmen in rechtlich hinreichender Weise dartun, dass sich die Beihilfe auf seine Situation konkret auswirken kann (vgl. Urteil vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 63 bis 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Im vorliegenden Fall gingen die Beschwerden, in deren Folge der angefochtene Beschluss erging, von den Klägern aus. Diese nahmen aktiv am Vorprüfverfahren teil. Im Übrigen haben sie mehrfach geltend gemacht, dass der erste von ihnen ein Berufsverband sei, der die Interessen der mit den Empfängern der behaupteten Beihilfen konkurrierenden Unternehmen vertrete, dass die zweite von ihnen ein mit diesen Empfängern konkurrierendes Unternehmen sei und dass ihre Interessen durch die Gewährung dieser Beihilfen beeinträchtigt werden könnten. Daher ist davon auszugehen – was von der Kommission nicht bestritten wird –, dass die Kläger ihre Beteiligteneigenschaft im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 zwecks der Verteidigung ihrer Verfahrensrechte nachgewiesen haben.

72      Wie sich aus obiger Rn. 66 ergibt, machen ABH und die dritten Streithelfer geltend, den Klägern seien bereits alle ihre Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV gewährt worden.

73      Insoweit kann, auch wenn der Unionsrichter wiederholt eine Anhörungspflicht der Kommission gegenüber den Beschwerdeführern während der vorläufigen Prüfung der Beihilfen nach Art. 108 Abs. 3 AEUV verneint und eine Pflicht zur Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung nur im förmlichen Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV bejaht hat (Urteile vom 15. Juni 1993, Matra/Kommission, C‑225/91, EU:C:1993:239, Rn. 52, und vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink's France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 59), daraus nicht abgeleitet werden, dass ein Beschwerdeführer, dessen Beschwerde von der Kommission nach seiner Anhörung abgelehnt wurde, kein Interesse mehr daran hätte, gegen die Nichteröffnung des förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV vorzugehen.

74      Nach Art. 4 Abs. 4 der Verordnung 2015/1589 beschließt nämlich die Kommission, das Verfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen, wenn sie nach einer vorläufigen Prüfung feststellt, dass die angemeldete Maßnahme Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gibt.

75      Gemäß Art. 7 der Verordnung 2015/1589 kann die Kommission nach Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens von anderen Mitgliedstaaten als dem betreffenden Mitgliedstaat, von Unternehmen oder von Unternehmensvereinigungen Auskünfte anfordern.

76      Wie sich im Übrigen aus der oben in Rn. 70 angeführten Rechtsprechung ergibt, stellt Art. 108 Abs. 2 AEUV, wenn danach die Kommission die Beteiligten zur Äußerung auffordert, nicht nur auf die Beteiligten ab, die eine Beschwerde eingereicht haben, sondern auf eine unbestimmte Vielzahl von durch die Gewährung der Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, insbesondere die konkurrierenden Unternehmen und die Berufsverbände.

77      Daraus ergibt sich, dass entgegen der Auffassung von ABH und den dritten Streithelfern die „Verfahrensrechte“ der Beteiligten im Rahmen des Verfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV begrifflich nicht mit dem Recht eines Beschwerdeführers zu vermengen sind, die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens zu erwirken, in dessen Rahmen er als „Beteiligter“ ebenso wie jeder andere Wirtschaftsteilnehmer, auf den die Definition in Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 zutrifft, eine Stellungnahme einreichen kann.

78      Demnach ist der erste Klagegrund der Nichtigkeitsklage zulässig, da damit die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses mit der Begründung begehrt wird, dass die Kommission die Verfahrensrechte der Kläger verletzt habe, indem sie es bei der Bearbeitung ihrer Beschwerden abgelehnt habe, das Verfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen.

2.      Zur Begründetheit

79      Mit ihrem ersten Klagegrund machen die Kläger geltend, es gebe mehrere Anhaltspunkte dafür, dass das Vorprüfverfahren zu ernsthaften Schwierigkeiten geführt habe, die die Kommission zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV hätten veranlassen müssen. Diese Schwierigkeiten zeigten sich in drei Umständen, nämlich erstens der überlangen Dauer des Vorprüfverfahrens, zweitens der mangelnden Qualität der Kommissionsbegründung, die von einer unzureichenden oder unvollständigen Prüfung zeuge, und drittens dem Verhalten der Kommission während dieses Verfahrens.

80      Die Gesamtdauer des Vorprüfverfahrens von 29 Monaten sei mit der Kürze der Begründung und des nur zehn Seiten umfassenden angefochtenen Beschlusses nicht vereinbar. Die Kommission habe gegen ihre Verpflichtung zur Durchführung einer sorgfältigen Prüfung der Sache binnen angemessener Frist verstoßen, zumal vorliegend nicht ersichtlich sei, dass sie eine Priorisierung vorgenommen und die Prüfung der finanziellen Unterstützung zugunsten anderer Fälle zurückgestellt habe.

81      Die Begründung des angefochtenen Beschlusses, die nur eine Seite umfasse, sei sehr knapp gehalten und mit „rechtlichen Unzulänglichkeiten“ und „tatsächlichen Lücken“ behaftet, die in Widerspruch zur überlangen Verfahrensdauer stünden und belegten, dass die Kommission eine oberflächliche Prüfung vorgenommen habe. Die Kommission sei nicht auf das Ziel der Steigerung der finanziellen Planungssicherheit für die Spitzenverbände eingegangen, das die niedersächsischen Behörden mit der sukzessive in den Jahren 1997 (bzw. 2004) und 2015 erfolgten Entkoppelung der Wohlfahrtsförderung von den Lottogeldern verfolgt hätten, obwohl der erste Kläger sogar Passagen aus der Gesetzesbegründung angeführt habe. Zudem habe sie nicht zu der Frage Stellung genommen, ob die aufsteigende Entwicklung der Förderbeträge von 1956 bis 2015 die 20%-Grenze aus Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung 2015/1589 (ABl. 2004, L 140, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) 2015/2282 der Kommission vom 27. November 2015 (ABl. 2015, L 325, S. 1) geänderten Fassung beachte, nach der eine Erhöhung der Ausgangsmittel für eine bestehende Beihilfe bis zu 20 % nicht als Änderung einer bestehenden Beihilfe angesehen werde. Außerdem habe sie sich nicht zu den Folgen der Aufsplittung der Förderung in einen festen und einen variablen, an die Entwicklung der Glücksspielabgabe gekoppelten Teil geäußert. Schließlich habe die Kommission nicht zu den Ausführungen des Niedersächsischen Landesrechnungshofs (Deutschland) Stellung genommen, die ihr vorgelegen hätten und die eindeutig zeigten, dass die finanzielle Unterstützung eine Neubeihilfe darstelle. Auch würden in Bezug auf die Frage, was eine wesentliche Änderung einer Beihilfe darstelle, weder Ausführungen gemacht noch Begriffsdefinitionen gegeben.

82      Das Verhalten der Kommission spreche ebenfalls dafür, dass sie ernsthafte Schwierigkeiten bei der Subsumtion der streitigen Förderungen unter die Art. 107 ff. AEUV gehabt habe. Diese Schwierigkeiten seien daraus ersichtlich, dass im Zuge des Verfahrens für den Erlass des angefochtenen Beschlusses mehrere Schriftwechsel und ein Treffen erforderlich geworden seien. Wie aus dem Protokoll hervorgehe, das die deutschen Behörden am 8. Juli 2016 im Anschluss an ihr Treffen mit der Kommission vom 5. Juli 2016 angefertigt hätten, sei es außerdem der Kommission mehr darum gegangen, eine für die Zukunft tragfähige Ausgestaltung der Rechtslage zu erwirken, nämlich die Ausrichtung der finanziellen Unterstützung am DAWI-Beschluss von 2012, als darum, diese Maßnahme als bestehende oder als neue Beihilfe einzustufen.

83      Die Kommission erklärt, sie sei nicht auf ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen und die Dauer des Vorprüfverfahrens sei entgegen dem Vorbringen der Kläger angesichts der Umstände des Falls nicht unangemessen lang gewesen. Sie habe sich eingehend mit den von den Klägern geltend gemachten, für relevant erachteten Gesetzesänderungen befasst und dabei den angefochtenen Beschluss hinreichend begründet, ohne dass die von den Klägern für ihre Beanstandung des Verhaltens der Kommissionsdienststellen vorgetragenen Gesichtspunkte einen Verstoß gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV belegen könnten.

84      Die Kläger hätten am 24. Juni und 12. August 2015 bei den Kommissionsdienststellen zwei getrennte Beschwerden eingereicht, und die Beschwerde der zweiten Klägerin habe noch zwei weitere nationale Maßnahmen betroffen, so dass die Generaldirektion Wettbewerb bis zu ihrer vorläufigen Bewertung drei Maßnahmen habe untersuchen müssen. Am 30. Juli 2015 und 8. Februar 2016 seien zwei Auskunftsersuchen an die deutschen Behörden gerichtet worden, die jeweils mit langen Schreiben vom 9. September 2015 bzw. vom 6. und 7. April 2016 beantwortet worden seien. Nach Prüfung dieser Informationen sei die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass es sich bei der finanziellen Unterstützung um eine bestehende Beihilfe handle. Bei einem Treffen am 5. Juli 2016 habe sie die deutschen Behörden von ihrer Einschätzung unterrichtet und mit ihnen ausgelotet, ob sie bereit seien, die finanzielle Unterstützung für die Zukunft entsprechend den Regeln über die Kontrolle staatlicher Beihilfen auszugestalten. Mit Schreiben vom 16. November 2016 hätten sich die deutschen Behörden dazu verpflichtet, die finanzielle Unterstützung für die Zukunft mit dem DAWI-Beschluss von 2012 in Einklang zu bringen. Die beiden weiteren von der zweiten Klägerin beanstandeten Maßnahmen seien ebenfalls bei diesem Treffen erörtert worden, und mit Schreiben vom 30. September 2016 seien der Kommission weitere Informationen übermittelt worden. Schließlich habe sie nach Prüfung aller von den Beschwerden erfassten Maßnahmen am 14. Februar 2017 ihre vorläufige Einschätzung zu allen in den Beschwerden beanstandeten Maßnahmen mitgeteilt.

85      Darüber hinaus sei die Zeitspanne zwischen der Übermittlung dieser vorläufigen Einschätzung an die Kläger und der Annahme des angefochtenen Beschlusses nicht unangemessen lang, zumal dieser Beschluss die mit Schreiben vom 17. und 20. Februar sowie vom 6. und 10. März 2017 übermittelten Reaktionen der Beschwerdeführer sowie die von den deutschen Behörden am 31. August, am 5. und am 14. September 2017 übermittelten weiteren Informationen mitberücksichtige.

86      Die dritten Streithelfer weisen darauf hin, dass bei der Prüfung von Beihilfen, die vor dem EWG-Vertrag in Kraft getreten seien, auf einen Zeitraum von vielen Jahrzehnten zurückgeblickt werden müsse und teilweise sogar historische Forschungen in den Archiven betrieben werden müssten.

87      Die Begründung des angefochtenen Beschlusses belegt nach Ansicht der Kommission ebenfalls nicht das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten. Sie macht geltend, sie habe die Erläuterungen der Kläger – und insbesondere die des ersten Klägers vom 10. März 2017 zur Verneinung der Einstufung der finanziellen Unterstützung als bestehende Beihilfe – ausreichend geprüft. Die Erläuterungen des ersten Klägers seien nicht länger als zwei Seiten und beschränkten sich auf die Schilderung der Gesetzesänderungen von 1997 und 2014, ohne anzugeben, inwiefern diese Änderungen zu einer Erhöhung des Betrags der finanziellen Unterstützung geführt hätten. Der erste Kläger habe auch keine Angaben zur Höhe der seit 1956 tatsächlich geleisteten finanziellen Unterstützung gemacht.

88      Insoweit macht die Kommission, unterstützt von DWEK, geltend, dass Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 794/2004 nicht vorsehe, dass eine Erhöhung des Beihilfebetrags um mehr als 20 % für sich allein ausreiche, um eine bestehende Beihilferegelung in eine neue Beihilfe umzuwandeln. In jedem Fall zeigten die von den deutschen Behörden übermittelten Daten unter Berücksichtigung der Inflation keine Erhöhung der finanziellen Unterstützung an, die die Ausgangsmittel um 20 % übersteige.

89      Zur Kritik am Verhalten ihrer Dienststellen trägt die Kommission vor, dass die Behauptungen der Kläger auf bloßen Unterstellungen beruhten. Der Schriftwechsel mit den Behörden eines Mitgliedstaats sei jedenfalls Teil des Verfahrens zur Prüfung einer Beschwerde. Das Treffen zwischen ihr und den deutschen Behörden habe ihr die Möglichkeit gegeben, ihre Einschätzung der Maßnahme darzulegen und das Land Niedersachsen aufzufordern, die finanzielle Unterstützung für die Zukunft entsprechend dem DAWI-Beschluss von 2012 auszugestalten.

90      Nach der Rechtsprechung ist das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV unerlässlich, sobald die Kommission bei der Prüfung, ob eine Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, auf ernsthafte Schwierigkeiten stößt. Die Kommission darf sich also für den Erlass einer positiven Entscheidung über eine Beihilfe nur dann auf die Vorprüfung nach Art. 108 Abs. 3 AEUV beschränken, wenn sie nach einer ersten Prüfung die Überzeugung gewinnt, dass die Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. Ist die Kommission aufgrund dieser ersten Prüfung jedoch zu der gegenteiligen Überzeugung gelangt oder hat sie nicht alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt ausräumen können, ist sie verpflichtet, alle erforderlichen Stellungnahmen einzuholen und dazu das Verfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen (vgl. Urteile vom 27. Oktober 2011, Österreich/Scheucher-Fleisch u. a., C‑47/10 P, EU:C:2011:698, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 21. Dezember 2016, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, C‑131/15 P, EU:C:2016:989, Rn. 30; vgl. ebenfalls in diese Sinne Urteil vom 18. November 2010, NDSHT/Kommission, C‑322/09 P, EU:C:2010:701, Rn. 52 bis 54).

91      Im vorliegenden Fall geht es bei der Rechtmäßigkeitskontrolle durch das Gericht im Rahmen der Behandlung des ersten Klagegrundes um die Prüfung, ob das Vorprüfverfahren zu ernsthaften Schwierigkeiten bei der Untersuchung der beanstandeten Maßnahme und der Beurteilung der Frage, ob sie als bestehende Beihilfe eingestuft werden kann, führte. Folglich kommt es im Rahmen dieses Klagegrundes, mit dem die Kläger die Verletzung ihrer Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV rügen, dem Gericht nicht zu, die Beurteilung an sich zu überprüfen, die von der Kommission hinsichtlich der Möglichkeit, die beanstandete Maßnahme als bestehende Beihilfe einzustufen, oder in Bezug auf die Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt vorgenommen wurde, sondern es hat nur zu prüfen, ob die Kommission bei dieser Beurteilung auf ernsthafte Schwierigkeiten traf.

92      Das Kriterium der ernsthaften Schwierigkeiten ist seinem Wesen nach objektiv, und die Frage, ob solche Schwierigkeiten vorgelegen haben, ist nicht nur anhand der Umstände zu prüfen, unter denen die Kommission den Beschluss am Ende der Vorprüfung erlassen hat, sondern auch anhand der Erwägungen, auf die sie sich dabei gestützt hat (vgl. Urteil vom 27. Oktober 2011, Österreich/Scheucher-Fleisch u. a., C‑47/10 P, EU:C:2011:698, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 21. Dezember 2016, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, C‑131/15 P, EU:C:2016:989, Rn. 31).

93      Daraus folgt, dass die Rechtmäßigkeit eines auf Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 gestützten Beschlusses, keine Einwände zu erheben, davon abhängt, ob die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission bei der vorläufigen Prüfung der angemeldeten Maßnahme verfügte oder hätte verfügen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 71), objektiv Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätte geben müssen, da solche Bedenken zur Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens führen müssen, an dem sich die Beteiligten im Sinne von Art. 1 Buchst. h der genannten Verordnung beteiligen können (Urteile vom 27. Oktober 2011, Österreich/Scheucher-Fleisch u. a., C‑47/10 P, EU:C:2011:698, Rn. 72, und vom 21. Dezember 2016, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, C‑131/15 P, EU:C:2016:989, Rn. 32).

94      Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass es einen Anhaltspunkt für das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten darstellt, wenn die Prüfung durch die Kommission bei der vorläufigen Prüfung unzureichend oder unvollständig war (vgl. Urteil vom 10. Februar 2009, Deutsche Post und DHL International/Kommission, T‑388/03, EU:T:2009:30, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 19. September 2018, HH Ferries u. a./Kommission, T‑68/15, EU:T:2018:563, Rn. 62).

95      Die Beweislast dafür, dass ernsthafte Schwierigkeiten bestanden, liegt bei den Klägern, die diesen Beweis durch ein Bündel übereinstimmender Anhaltspunkte erbringen können (Urteil vom 19. September 2018, HH Ferries u. a./Kommission, T‑68/15, EU:T:2018:563, Rn. 63; vgl. ebenfalls in diesem Sinne Urteil vom 17. März 2015, Pollmeier Massivholz/Kommission, T‑89/09, EU:T:2015:153, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

96      Im vorliegenden Fall sind die Kläger der Ansicht, dass die Kommission im Rahmen des Vorprüfverfahrens bei der Prüfung der beanstandeten Maßnahme und bei der Beurteilung der Möglichkeit, sie als bestehende Beihilfe einzustufen, auf ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen sei. Sie haben drei Anhaltspunkte angeführt, nämlich die Dauer des Vorprüfverfahrens, die Begründung des angefochtenen Beschlusses und das Verhalten der Kommission. Diese drei Punkte sind nacheinander zu prüfen.

a)      Zur Dauer des Vorprüfverfahrens

97      Zwischen der Einreichung der Beschwerden am 16. Juni und 12. August 2015 und dem Erlass des angefochtenen Beschlusses am 23. November 2017 verstrichen 29 Monate.

98      Die Kommission macht geltend, die Dauer des Vorprüfverfahrens von 29 Monaten sei insbesondere durch die Auskunftsersuchen an die deutschen Behörden, die Erteilung der entsprechenden Auskünfte, das Treffen mit diesen Behörden und deren Selbstverpflichtungen gerechtfertigt. Sie weist auch auf die Zeit hin, die erforderlich gewesen sei, um die von den Klägern beanstandeten Gesetzesänderungen zu prüfen und ihre Stellungnahmen zu der ihnen von der Kommission am 14. Februar 2017 übermittelten vorläufigen Einschätzung zu berücksichtigen.

99      Insoweit kann zwar eine solche Dauer einen Anhaltspunkt dafür darstellen, dass ein Zweifel an der Einstufung der beanstandeten Maßnahme als bestehende Beihilfe oder an ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt bestand, doch kann sie nicht für sich allein den Schluss zulassen, dass das Vorprüfverfahren zu ernsthaften Schwierigkeiten führte, aufgrund deren die Kommission das in Art. 108 Abs. 2 AEUV vorgesehene förmliche Prüfverfahren hätte eröffnen müssen (vgl. Urteil vom 24. Januar 2013, 3F/Kommission, C‑646/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:36, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 12. Dezember 2006, Asociación de Estaciones de Servicio de Madrid und Federación Catalana de Estaciones de Servicio/Kommission, T‑95/03, EU:T:2006:385, Rn. 135).

100    Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung die Angemessenheit der Dauer eines Vorprüfverfahrens anhand der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls und insbesondere seines Kontexts, der verschiedenen Verfahrensabschnitte, die die Kommission abzuschließen hat, und der Komplexität der Angelegenheit zu beurteilen (vgl. Urteil vom 14. September 2016, Trajektna luka Split/Kommission, T‑57/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:470, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

101    Außerdem ist in Nr. 47 des Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfeverfahren (ABl. 2009, C 136, S. 13) zwar vorgesehen, dass „[d]ie Kommission … sich nach Kräften [bemüht], eine Beschwerde innerhalb eines voraussichtlichen Zeitrahmens von 12 Monaten nach ihrem Eingang zu prüfen“, es wird dort aber auch klargestellt, dass „[es sich dabei] nicht um eine verbindliche Frist [handelt und j]e nach den Gegebenheiten des Einzelfalls … die Prüfung einer Beschwerde einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen [kann], wenn der Beschwerdeführer, der Mitgliedstaat oder Beteiligte um die Übermittlung ergänzender Informationen ersucht werden müssen“.

102    Im vorliegenden Fall mussten zur Prüfung der Beschwerden, obwohl diese besonders knapp gehalten waren, eine große Menge von Dokumenten – unter denen sich wegen des Erlasses verschiedener aufeinanderfolgender Gesetze zwischen 1956 und 2015 zahlreiche Gesetzestexte von einer gewissen Komplexität fanden – untersucht sowie die den Spitzenverbänden während dieses Zeitraums gewährten Beträge ermittelt werden.

103    So musste die Kommission wiederholt die deutschen Behörden um Erläuterungen und Auskünfte ersuchen, und jene mussten die erforderlichen Nachforschungen durchführen, um die angeforderten Angaben beizubringen. Auch die Kläger wurden von der Kommission mehrfach zur Stellungnahme aufgefordert.

104    Auch wenn also die Dauer des Vorprüfverfahrens eher lang und ganz offensichtlich länger als der von der Kommission in ihrem Verhaltenskodex angegebene voraussichtliche Zeitrahmen von zwölf Monaten war, geht aus der Akte nicht hervor, dass diese Dauer ernsthaften Schwierigkeiten bei der Prüfung der beanstandeten Maßnahme und bei der Beurteilung der Frage, ob sie als bestehende Beihilfe eingestuft werden kann, geschuldet gewesen wäre.

105    Außerdem darf die Kommission den ihr vorliegenden Beschwerden nach der Rechtsprechung und gemäß Nr. 48 des Verhaltenskodex unterschiedliche Priorität zuweisen (Urteile vom 4. März 1999, Ufex u. a./Kommission, C‑119/97 P, EU:C:1999:116, Rn. 88, und vom 4. Juli 2007, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission, T‑475/04, EU:T:2007:196, Rn. 158).

106    Nach alledem ist festzustellen, dass die Dauer des Vorverfahrens nicht belegt, dass die Kommission bei ihrer Bewertung der betreffenden Maßnahme als bestehende Beihilfe auf ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen wäre.

b)      Zur Begründung des angefochtenen Beschlusses

107    Hinsichtlich der Begründung des angefochtenen Beschlusses ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass es einen Anhaltspunkt für das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten darstellt, wenn die Prüfung durch die Kommission bei der vorläufigen Prüfung unzureichend oder unvollständig war (vgl. Urteil vom 12. September 2017, Bayerische Motoren Werke/Kommission, T‑671/14, EU:T:2017:599, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung). Mit der Begründung in einem Beschluss über die Nichteröffnung des förmlichen Prüfverfahrens gibt die Kommission Rechenschaft über die von ihr durchgeführte Prüfung der finanziellen Unterstützung, so dass die Begründung eines solchen Beschlusses einen Hinweis darauf darstellen kann, ob die Prüfung vollständig bzw. zureichend war.

108    Insoweit muss die Kommission in dem – wie der angefochtene Beschluss – von ihr nach Prüfung der Beschwerde erlassenen Beschluss dem Beschwerdeführer in hinreichender Weise die Gründe darlegen, aus denen die in der Beschwerde angeführten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte nicht genügt haben, um darzutun, dass die streitige Maßnahme Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt geben musste. Daher muss ein Zusammenhang zwischen den in der Beschwerde enthaltenen Argumenten und den Erläuterungen bestehen, die die Kommission in dem Beschluss, keine Einwände zu erheben oder – wie im vorliegenden Fall – das förmliche Prüfverfahren nicht zu eröffnen, gibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 96).

109    Allerdings braucht die Kommission nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben, sondern es reicht aus, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen in der Systematik der Entscheidung wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil vom 3. März 2010, Bundesverband deutscher Banken/Kommission, T‑36/06, EU:T:2010:61, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem braucht sie nicht zu Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, die in einer Beschwerde geltend gemacht werden, aber offensichtlich neben der Sache liegen oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 63 und 64, und vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T‑123/09, EU:T:2012:164, Rn. 180).

110    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 32 und 33 des angefochtenen Beschlusses auf den Wortlaut der anwendbaren Unionsregelung und genauer auf die Definition des Begriffs der bestehenden Beihilfe hinwies. In den Erwägungsgründen 34 bis 43 dieses Beschlusses beschrieb sie die Gesetzesentwicklungen in Bezug auf die in Rede stehenden Maßnahmen von 1956 bis 2014 und erläuterte jeweils die Höhe der den Spitzenverbänden gewährten finanziellen Unterstützung sowie die Quelle, aus der sich diese Finanzhilfe speiste. Aus dieser Darlegung ergibt sich, dass die finanzielle Unterstützung entweder aus den Lotterie- und Sportwetten-Konzessionsabgaben oder aus den Glücksspielabgaben oder aber, wenn die Einnahmen aus diesen Abgaben einen bestimmten Betrag überstiegen, aus dem Haushalt des Landes Niedersachsen und aus den Glücksspielabgaben stammte.

111    Im 47. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass der Zweck der finanziellen Unterstützung durch die öffentliche Hand und die Begünstigten seit 1956 unverändert geblieben seien. In den Erwägungsgründen 48 und 49 dieses Beschlusses ging sie auf die von den Klägern in ihren Beschwerden vorgetragenen Rügen bezüglich der Rechtsvorschriften von 1997 und 2014 ein. Diese Rechtsvorschriften enthielten, so die Kläger, erhebliche Änderungen und seien neue Beihilfen, die die Spitzenverbände begünstigten, indem Pauschalbeträge gewährt würden, die diesen Organisationen eine Planungssicherheit gewährleisteten.

112    Was zunächst den Übergang von einem als Prozentsatz ausgedrückten Betrag zu einem Pauschalbetrag, der im Jahr 1997 stattgefunden haben soll, angeht, stellte die Kommission fest, dass diese Änderung nicht 1997, wie in der Beschwerde fälschlicherweise angegeben, sondern im Jahr 2004, im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004, erfolgt sei. Unter Bezugnahme auf die Begründung zu Art. 11 des entsprechenden Gesetzesentwurfs stellte sie fest, dass keine den Kern betreffende Änderung vorliege, da die besagte Änderung keinen Einfluss auf den grundlegenden Anspruch der Spitzenverbände auf öffentliche Förderung für die von ihnen erbrachten sozialen Dienstleistungen habe. Außerdem betreffe die Änderung lediglich die Höhe der Förderung und sei mit einem Rückgang der finanziellen Unterstützung für die Wohlfahrtsverbände einhergegangen.

113    Was im Übrigen die angebliche Beseitigung des Zusammenhangs zwischen der finanziellen Unterstützung für den Wohlfahrtssektor und den Glücksspielabgaben durch das WohlFöG betrifft, vertrat die Kommission unter Bezugnahme auf die Gesetzeshistorie seit 1956 die Auffassung, dass weder die Art noch die Quelle der finanziellen Unterstützung geändert worden seien, da die Glücksspielveranstalter die Konzessionsabgaben stets an den Haushalt des Landes Niedersachsen abgeführt hätten.

114    Zum Ziel einer angeblichen Erhöhung der Planungssicherheit durch die Gewährung eines Pauschalbetrags, der eine bessere Planung der sozialen Tätigkeiten der Wohlfahrtsverbände ermögliche, nahm die Kommission zwar nicht ausdrücklich Stellung, sie prüfte jedoch, ob die Gewährung von Pauschalbeträgen zu einer den Kern betreffenden Änderung der Beihilferegelung geführt hatte, und verneinte dies.

115    Im Hinblick auf die Ziele, die mit den von den Klägern angeführten Gesetzesentwürfen angeblich verfolgt werden, ist daran zu erinnern, dass Art. 107 AEUV nach ständiger Rechtsprechung staatliche Maßnahmen nicht nach ihren Gründen oder Zielen unterscheidet, sondern sie nach ihren Wirkungen beschreibt (Urteile vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 87 und 89, und vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 87). Somit musste die Prüfung der streitigen Maßnahme durch die Kommission nicht notwendigerweise die von den Klägern behaupteten Ziele berücksichtigen, selbst wenn es sich dabei um die von den deutschen Behörden mit der Änderung der streitigen Maßnahme tatsächlich verfolgten Ziele gehandelt haben sollte.

116    Zu dem angeblichen Versäumnis der Kommission, sich zu der Frage zu äußern, ob bei der ansteigenden Entwicklung der finanziellen Unterstützung zwischen 1956 und 2015 die 20%-Schwelle des Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 794/2004 beachtet wurde, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie sich insbesondere aus den Erwägungsgründen 33 und 50 des angefochtenen Beschlusses ergibt, zu dem Schluss gelangte, dass die seit 1956 vorgenommenen Änderungen der Fördermaßnahmen für den Wohlfahrtssektor unabhängig von der konkreten Entwicklung der betreffenden Beträge rein formaler oder verwaltungstechnischer Art seien. Daher war eine spezifische Begründung in Bezug auf die etwaige Einhaltung dieses Schwellenwerts nicht erforderlich.

117    Jedenfalls ergibt sich aus den Finanzdaten, die der Kommission von den deutschen Behörden im Verwaltungsverfahren übermittelt wurden, dass die Erhöhungen des Betrags der finanziellen Unterstützung insgesamt nicht zu einem Beihilfeniveau führten, das den ursprünglichen Förderbetrag um mehr als 20 % überstieg.

118    Schließlich war die Kommission mitnichten an die Erklärungen des Niedersächsischen Landesrechnungshofs gebunden, so dass sich der Umstand, dass sie sich dazu nicht äußerte, nicht auf die Frage des Bestehens ernsthafter Schwierigkeiten auswirken kann.

119    Nach alledem belegt die Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht, dass die Kommission eine oberflächliche, unzureichende oder aber unvollständige Prüfung der streitigen Maßnahme vorgenommen hätte oder dass sie bei ihrer Beurteilung dieser Maßnahme als bestehende Beihilfe auf ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen wäre. Die Kläger haben auch nicht dargetan, dass die Kommission in dem angefochtenen Beschluss ein in ihren Beschwerden enthaltenes Argument nicht sachgerecht behandelt hätte, bei dem es sich etwa nicht um ein untergeordnetes, überhaupt jeder Bedeutung entbehrendes oder neben der Sache liegendes Argument handelte.

c)      Zum Verhalten der Kommission

120    Was das Verhalten der Kommission und genauer ihre Kontakte mit den deutschen Behörden betrifft, kann nach der Rechtsprechung die bloße Tatsache, dass während der vorläufigen Prüfung Erörterungen zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat stattgefunden haben und die Kommission in diesem Rahmen zusätzliche Informationen über die ihrer Kontrolle unterliegenden Maßnahmen verlangt haben mag, für sich allein nicht als Anhaltspunkt dafür angesehen werden, dass sie auf ernsthafte Beurteilungsschwierigkeiten gestoßen ist (Urteil vom 10. Juli 2012, TF1 u. a./Kommission, T‑520/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:352, Rn. 76).

121    Nach dem Zweck des Art. 108 Abs. 3 AEUV und ihrer Pflicht zu ordnungsgemäßer Verwaltung kann die Kommission insbesondere einen Dialog mit dem betreffenden Staat oder Dritten führen, um etwaige Schwierigkeiten im Verlauf der vorläufigen Prüfung auszuräumen. Dabei muss es der Kommission jedoch möglich sein, ihren Standpunkt den Ergebnissen des Dialogs anzupassen, ohne dass diese Anpassung von vornherein als Beleg für ernsthafte Schwierigkeiten zu verstehen wäre (Urteile vom 13. Juni 2013, Ryanair/Kommission, C‑287/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:395, Rn. 71, und vom 21. Dezember 2016, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, C‑131/15 P, EU:C:2016:989, Rn. 35). Die Kommission darf daher auf der Grundlage des Art. 4 Abs. 2 der Verordnung 2015/1589 einen Beschluss erlassen, mit dem sie feststellt, dass keine staatliche Beihilfe vorliegt, und zugleich die vom Mitgliedstaat eingegangenen Verpflichtungen zur Kenntnis nimmt (Urteil vom 21. Dezember 2016, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, C‑131/15 P, EU:C:2016:989, Rn. 36; vgl. ebenfalls in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2013, Ryanair/Kommission, C‑287/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:395, Rn. 72).

122    Im vorliegenden Fall können in Anbetracht der Notwendigkeit einer Analyse der in Rede stehenden Vorschriften sowie der Übersichten über die finanzielle Unterstützung der Wohlfahrtsverbände seit 1957 die Zahl der Auskunftsersuchen und Schriftwechsel sowie das Abhalten eines Treffens das Bestehen materieller Schwierigkeiten bezeugen, die Funktionsweise der fraglichen Regelung korrekt zu erfassen; sie können jedoch nicht von vornherein als Beleg für ernsthafte Schwierigkeiten bei der Einstufung der von den Klägern beanstandeten Maßnahme verstanden werden.

123    Die Empfehlung an die deutschen Behörden, die finanzielle Unterstützung an den DAWI-Beschluss von 2012 anzupassen, ist ihrerseits eine Handlung, die weder der Kommission vorwerfbar ist noch einen Anhaltspunkt für das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten darstellen kann, die die Eröffnung des Verfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV erforderlich gemacht hätten.

124    Die Kommission hatte den deutschen Behörden nämlich die Informationen, dass die finanzielle Unterstützung ihrer Ansicht nach als bestehende Beihilfe eingestuft werden könne und dass diese Maßnahme nicht die im DAWI-Beschluss von 2012 vorgesehenen Voraussetzungen erfülle, gleichzeitig mitgeteilt. Der Akte ist nicht zu entnehmen, dass dabei die Beurteilung als bestehende Beihilfe davon abhing, dass die deutschen Behörden die finanzielle Unterstützung mit diesem Beschluss in Einklang brächten.

125    In Wirklichkeit konnte die Kommission dadurch, dass die deutschen Behörden von sich aus die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die bestehende Beihilfe mit dem DAWI-Beschluss von 2012 in Einklang zu bringen, vermeiden, gemäß Art. 22 der Verordnung 2015/1589 den Erlass zweckdienlicher Maßnahmen vorschlagen zu müssen.

126    Nach alledem kann in dem von den Klägern beanstandeten Verhalten der Kommission kein Anhaltspunkt für das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten, die die Eröffnung des Verfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV erforderlich gemacht hätten, gesehen werden.

127    Demnach ist festzustellen, dass die untersuchten Anhaltspunkte insgesamt bei umfassender Betrachtung nicht belegen, dass solche ernsthaften Schwierigkeiten bestanden.

128    Der erste Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

B.      Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

129    Mit ihrem zweiten Klagegrund machen die Kläger geltend, die Begründung des angefochtenen Beschlusses sei recht dünn und unzureichend, verkenne unionsrechtliche Zusammenhänge, gebe die relevante Rechtslage nur unvollständig wieder und enthalte keinerlei Rechtsprechungsnachweise. In der Erwiderung führen sie näher aus, die Kommission sei nicht auf die Rüge betreffend die erhöhte Planungssicherheit in Bezug auf die Mittel zwecks einer besseren Planung der sozialen Tätigkeiten durch die Wohlfahrtsverbände eingegangen.

130    Die formal im Rahmen des zweiten Klagegrundes vorgetragenen Argumente der Kläger entsprechen in Wirklichkeit dem Vorbringen im Rahmen des ersten Klagegrundes, mit dem dargetan werden soll, dass die unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses ein Anhaltspunkt für das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten sei, die die Eröffnung des Verfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV erforderlich gemacht hätten.

131    Somit ist aus den gleichen Gründen, wie sie oben in den Rn. 107 bis 119 ausgeführt worden sind, festzustellen, dass die Begründung des angefochtenen Beschlusses ausreichte, um es den Klägern zu ermöglichen, die Gründe nachzuvollziehen, aus denen die Kommission insbesondere im Hinblick auf die in den Beschwerden angesprochenen Punkte der Ansicht war, dass die streitige Maßnahme keine Änderung im Kern erfahren habe.

132    Der zweite Klagegrund wird deshalb zurückgewiesen.

C.      Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Art. 107 ff. AEUV

1.      Zur Zulässigkeit

133    Die Zulässigkeit einer Klage, die von einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine nicht an sie gerichtete Handlung erhoben wird, steht nach Art. 263 Abs. 4 AEUV unter der Bedingung, dass dieser Person eine Klagebefugnis zuerkannt ist, die in zwei Fällen vorliegt. Zum einen kann eine derartige Klage erhoben werden, wenn diese Handlung die Person unmittelbar und individuell betrifft. Zum anderen kann eine solche Person gegen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, Klage erheben, sofern dieser Rechtsakt sie unmittelbar betrifft (vgl. Urteil vom 4. Dezember 2019, PGNiG Supply & Trading/Kommission, C‑117/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:1042, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

134    Zu prüfen ist der zweite Fall betreffend Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV.

135    Die Kommission und die Streithelfer machen geltend, der angefochtene Beschluss könne nicht als ein die Kläger unmittelbar betreffender Rechtsakt mit Verordnungscharakter im Sinne von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV angesehen werden.

136    Zum einen handle es sich bei diesem Beschluss, da die durch das WohlFöG festgelegte finanzielle Unterstützung, um die es in dem Beschluss gehe, keine Beihilferegelung im Sinne von Art. 1 Buchst. d erste Variante der Verordnung 2015/1589 sei, in Ermangelung allgemeiner Geltung nicht um einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter. Folglich seien die im Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci (C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873), entwickelten Grundsätze nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.

137    Erstens nämlich seien die Begünstigten nicht allgemein und abstrakt definiert, sondern bestimmbar, da die finanzielle Unterstützung den in der LAG zusammengeschlossenen Spitzenverbänden, d. h. den 13 Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen, gewährt werde. Zweitens bedürfe es nach den Bestimmungen, die diese Unterstützung vorsähen, weiterer Durchführungsmaßnahmen, nämlich des Abschlusses einer Fördervereinbarung oder, falls eine solche nicht zustande komme, des Erlasses einer Ministerialverordnung, in denen u. a. die Aufteilung dieser Unterstützung geregelt werde. Drittens stelle die finanzielle Unterstützung, soweit sie als staatliche Beihilfe eingestuft werden könne, eine Beihilferegelung im Sinne von Art. 1 Buchst. d zweite Variante der Verordnung 2015/1589 dar, die der Art nach „ein oder mehrere Unternehmen“ betreffe und nicht allgemein und abstrakt definierte Unternehmen.

138    Zum anderen machen die Kommission und die Streithelfer geltend, dass der angefochtene Beschluss die Kläger nicht unmittelbar betreffe. Die Kläger hätten insoweit nicht dargelegt, weshalb der angefochtene Beschluss geeignet wäre, sie in eine nachteilige Wettbewerbssituation zu versetzen und sich damit auf ihre Rechtsstellung auszuwirken. Im Übrigen habe die streitige Maßnahme ausschließlich die Gewährung einer finanziellen Unterstützung an die in der LAG zusammengeschlossenen Spitzenverbände zum Gegenstand gehabt und nicht die Weiterverteilung finanzieller Mittel an die Mitgliedseinrichtungen dieser Verbände, die im Übrigen in den Zuständigkeitsbereich der Verbände falle. Nur diese Verteilung könne aber die Rechtsstellung der Kläger beeinträchtigen.

139    Die Kläger treten diesem Vorbringen entgegen.

140    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass mit dem Vertrag von Lissabon in Art. 263 Abs. 4 AEUV eine dritte Variante hinzugefügt wurde, mit der die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Nichtigkeitsklagen natürlicher und juristischer Personen gelockert wurden. Ohne die Zulässigkeit der von natürlichen und juristischen Personen erhobenen Nichtigkeitsklagen von der Voraussetzung der individuellen Betroffenheit abhängig zu machen, eröffnet diese Variante nämlich einen Rechtsbehelf gegen „Rechtsakte mit Verordnungscharakter“ – d. h. alle Rechtsakte ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung –, die keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen und den Kläger unmittelbar betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 57, und vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 22 und 28).

141    Die in Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV vorgesehenen Voraussetzungen sind kumulativ, so dass beim Fehlen einer davon die gegen die betreffende Handlung erhobene Nichtigkeitsklage unzulässig ist.

a)      Zur Einstufung des angefochtenen Beschlusses als Rechtsakt mit Verordnungscharakter

142    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs hat ein Rechtsakt allgemeine Geltung, wenn er für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen erzeugt (vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

143    Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, dass im Bereich der staatlichen Beihilfen Kommissionsbeschlüsse, die zum Gegenstand haben, eine nationale Beihilferegelung zu genehmigen oder zu verbieten, allgemeine Geltung haben. Diese allgemeine Geltung ergibt sich daraus, dass solche Beschlüsse für objektiv bestimmte Situationen gelten und Rechtswirkungen gegenüber einer allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppe erzeugen (vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

144    Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 definiert den Begriff „Beihilferegelung“ in einer ersten Variante als „eine Regelung, wonach Unternehmen, die in der Regelung in einer allgemeinen und abstrakten Weise definiert werden, ohne nähere Durchführungsmaßnahmen Einzelbeihilfen gewährt werden können“, und in einer zweiten Variante als „eine Regelung, wonach einem oder mehreren Unternehmen nicht an ein bestimmtes Vorhaben gebundene Beihilfen für unbestimmte Zeit und/oder in unbestimmter Höhe gewährt werden können“. Weder aus dieser Definition noch aus dem Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci (C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873), ergibt sich, dass eine Beihilferegelung, die unter die zweite Variante des Begriffs „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 fallen kann, keine allgemeine Geltung hätte.

145    Im vorliegenden Fall ist als Erstes festzustellen, dass nach § 1 WohlfFöG „[d]ie Freie Wohlfahrtspflege … mit Finanzhilfen des Landes gefördert [wird]“, so dass diese gesetzliche Maßnahme die Freie Wohlfahrtspflege insgesamt und auf der Ebene des Landes Niedersachsen betrifft.

146    Desgleichen wird in der Überschrift von § 2 WohlfFöG zum Ausdruck gebracht, dass das Land die Finanzhilfe u. a. den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege gewährt, und damit angegeben, dass die Begünstigten der Hilfe alle – allgemein und abstrakt umschriebenen – Verbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Niedersachsen sind. Außerdem sieht § 2 Abs. 1 Nr. 1 WohlfFöG vor, dass die an gleicher Stelle vorgesehene Finanzhilfe den in der LAG zusammengeschlossenen Spitzenverbänden gewährt wird. Diese Bestimmung stellt somit auf eine allgemein und abstrakt umschriebene Personengruppe ab, nämlich Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege im Land Niedersachsen, die Mitglieder der LAG sind.

147    Wie sich aus der Präambel und § 2 der LAG-Satzung ergibt, bildet zwar die LAG den Zusammenschluss der 13 Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen, die seit einem Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten des Lotteriegesetzes 1956 Mitglieder der LAG sind. Außerdem hängt nach § 3 Abs. 2 WohlfFöG die Zahlung der Finanzhilfe vom Abschluss einer Fördervereinbarung zwischen dem für Soziales zuständigen Ministerium des Landes Niedersachsen und den in der LAG zusammengeschlossenen Spitzenverbänden ab, so dass die Aufnahme eines weiteren Spitzenverbands als Mitglied der LAG den Abschluss einer neuen Fördervereinbarung bedingen würde.

148    Allerdings schließen zum einen diese Umstände nicht aus, dass andere Spitzenverbände Mitglieder der LAG werden. Nach § 2 Abs. 2 der LAG-Satzung können nämlich in die LAG neue Mitglieder aufgenommen werden, sofern ein beitrittswilliger Spitzenverband die in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt. Dazu zählen, dass seine Tätigkeiten der Freien Wohlfahrtspflege zugehörig sind und dass gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolgt werden. Zudem muss der Vorstand der LAG die Aufnahme des beitrittswilligen Verbands gutheißen. Im Übrigen geht aus dem Wortlaut des WohlFöG oder aus der dem Gericht vorliegenden Akte nicht hervor, dass es im Fall der Aufnahme eines Spitzenverbands als Mitglied der LAG dem für Soziales zuständigen Ministerium des Landes Niedersachsen und den in der LAG zusammengeschlossenen Spitzenverbänden gegebenenfalls nicht möglich wäre, eine neue Fördervereinbarung abzuschließen.

149    Zum anderen verliert ein Rechtsakt seinen Verordnungscharakter nicht dadurch, dass sich die Personen, auf die er in einem gegebenen Zeitpunkt anzuwenden ist, der Zahl nach oder sogar namentlich mit mehr oder weniger großer Genauigkeit bestimmen lassen, sofern nur feststeht, dass der Rechtsakt nach seiner Zweckbestimmung aufgrund eines objektiven Tatbestands rechtlicher oder tatsächlicher Art anwendbar ist, den er bestimmt (Urteil vom 11. Juli 1968, Zuckerfabrik Watenstedt/Rat, 6/68, EU:C:1968:43, 612, 621). Im gleichen Sinne hat der Gerichtshof bereits geurteilt, dass der Umstand, dass ein bestimmtes Unternehmen faktisch der einzige Begünstigte einer Beihilferegelung in Form einer Verbrauchsteuerbefreiung war, nicht ausschloss, dass die Begünstigten dieser Befreiung allgemein und abstrakt umschrieben waren (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 7. Dezember 2017, Irland/Kommission, C‑369/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:955, Rn. 39).

150    Als Zweites ist festzustellen, dass die Spitzenverbände, die unmittelbare Begünstigte der finanziellen Unterstützung sind, nach § 2 Abs. 2 der Fördervereinbarung von 2016 (siehe oben, Rn. 24) berechtigt sind, die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel an ihre Mitglieder weiterzuleiten, die mittelbare Begünstigte dieser finanziellen Unterstützung sind. Außerdem könnten die Spitzenverbände neue Wohlfahrtseinrichtungen als lokale oder regionale Mitglieder mit Sitz im Land Niedersachsen aufnehmen. Bei diesen lokalen oder regionalen Mitgliedern handelt es sich um eine allgemein und abstrakt umschriebene Personengruppe.

151    Als Drittes kam die Kommission in dem angefochtenen Beschluss zu dem Schluss, dass die in Rede stehende finanzielle Unterstützung, soweit sie eine Beihilfe darstelle, eine bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2015/1589 sei. In diesem Rahmen perpetuiert dieser Beschluss, selbst wenn die durch die fragliche Maßnahme Begünstigten einen beschränkten Kreis bilden sollten, die Wirkungen der allgemeinen und abstrakten Maßnahme, die diese Unterstützung darstellt, gegenüber einer unbestimmten Anzahl von Wettbewerbern der unmittelbar oder mittelbar durch die Unterstützung Begünstigten, so dass der Beschluss für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen erzeugt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 31, 36 und 38).

152    Nach alledem ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss allgemeine Geltung hat und somit ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter im Sinne von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV ist.

b)      Zur unmittelbaren Betroffenheit der Kläger

153    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs erfordert die in Art. 263 Abs. 4 AEUV genannte Voraussetzung, wonach eine natürliche oder juristische Person von dem klagegegenständlichen Beschluss unmittelbar betroffen sein muss, dass zwei Kriterien kumulativ erfüllt sind, nämlich zum einen, dass sich die beanstandete Maßnahme unmittelbar auf die Rechtsstellung des Einzelnen auswirkt, und zum anderen, dass sie den Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihre Umsetzung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung weiterer Durchführungsvorschriften ergibt (vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

154    Speziell zu den beihilferechtlichen Regeln ist hervorzuheben, dass diese dem Ziel dienen, den Wettbewerb zu schützen. Daher lässt in diesem Bereich die Tatsache, dass ein Kommissionsbeschluss die Wirkungen nationaler Maßnahmen unberührt lässt, bezüglich deren der Kläger in einer an die Kommission gerichteten Beschwerde geltend gemacht hat, sie seien mit diesem Ziel unvereinbar und versetzten ihn in eine nachteilige Wettbewerbssituation, darauf schließen, dass dieser Beschluss die Rechtsstellung des Klägers unmittelbar berührt, insbesondere sein aus den beihilferechtlichen Bestimmungen des AEU-Vertrags folgendes Recht, keinem durch die fraglichen nationalen Maßnahmen verfälschten Wettbewerb ausgesetzt zu sein (vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

155    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum ersten der beiden oben in Rn. 153 genannten Kriterien ist es insoweit zwar nicht Sache des Unionsrichters, im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung abschließend über die Wettbewerbsbeziehungen zwischen einem Kläger und den Begünstigten nationaler Maßnahmen, die in einem beihilferechtlichen Kommissionsbeschluss wie dem angefochtenen Beschluss geprüft werden, zu befinden, doch darf die unmittelbare Betroffenheit des Klägers nicht aus der bloßen Möglichkeit einer Wettbewerbsbeziehung abgeleitet werden (vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

156    Soweit die Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit erfordert, dass sich der angefochtene Rechtsakt unmittelbar auf die Rechtsstellung des Klägers auswirkt, muss der Unionsrichter vielmehr prüfen, ob der Kläger stichhaltig dargelegt hat, weshalb der Beschluss der Kommission geeignet ist, ihn in eine nachteilige Wettbewerbssituation zu versetzen und sich damit auf seine Rechtsstellung auszuwirken (Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 47).

157    Im vorliegenden Fall ist die zweite Klägerin ein Unternehmen, das ambulante Pflegeleistungen im Ballungsraum Hannover (Deutschland), der Landeshauptstadt von Niedersachsen, erbringt. Bei ihren Tätigkeiten steht sie zumindest mit manchen, in der Nähe ihres Sitzes angesiedelten, Mitgliedseinrichtungen der in der LAG zusammengeschlossenen Spitzenverbände in Wettbewerb, was von der Kommission nicht bestritten wird. Diese Einrichtungen kommen aber über ihre Spitzenverbände grundsätzlich für einen Teil der Mittel in Betracht, die vom Land Niedersachsen im Rahmen der fraglichen finanziellen Unterstützung gezahlt werden. Soweit diese Unterstützung es zudem ermöglicht, die Betriebskosten der Spitzenverbände zu decken, kommt sie auch diesen Einrichtungen als deren Mitgliedern zugute.

158    Da es nicht Sache des Unionsrichters ist, auf der Stufe der Zulässigkeitsprüfung abschließend über die Wettbewerbsbeziehungen zwischen einem Kläger und den Begünstigten der fraglichen finanziellen Hilfe zu befinden, ist davon auszugehen, dass die zweite Klägerin stichhaltig dargetan hat, dass der angefochtene Beschluss, der die Wirkungen der in Rede stehenden finanziellen Unterstützung unberührt lässt, geeignet ist, sie in eine nachteilige Wettbewerbssituation zu versetzen, und daher ihre Rechtsstellung, insbesondere ihr Recht, auf dem betreffenden Markt keinem durch die finanzielle Unterstützung verfälschten Wettbewerb ausgesetzt zu sein, unmittelbar berührt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 50).

159    Die Klagebefugnis des ersten Klägers braucht, da es sich um eine gemeinsame Klage handelt, nicht geprüft zu werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90, EU:C:1993:111, Rn. 31).

160    Zu dem zweiten oben in Rn. 153 angesprochenen Kriterium genügt der Hinweis, dass der angefochtene Beschluss, da die Kommission darin zu dem Schluss kam, dass die beanstandete Maßnahme, soweit sie eine Beihilfe darstelle, eine bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2015/1589 sei, die Wirkungen der fraglichen Maßnahme unberührt lässt und seine Rechtswirkungen rein automatisch allein aufgrund der Unionsregelung und ohne Anwendung weiterer Durchführungsvorschriften entfaltet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 54).

161    Nach alledem betrifft der angefochtene Beschluss die Kläger unmittelbar.

c)      Zum Vorliegen von Durchführungsmaßnahmen

162    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Wendung „die … keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen“ im Sinne von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV vor dem Hintergrund zu sehen, dass diese Vorschrift, wie sich aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, verhindern soll, dass ein Einzelner gezwungen ist, gegen das Recht zu verstoßen, um Zugang zu den Gerichten zu erlangen. Wenn sich ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter unmittelbar auf die Rechtsstellung einer natürlichen oder juristischen Person auswirkt, ohne dass Durchführungsmaßnahmen erforderlich sind, besteht die Gefahr, dass diese Person keinen wirksamen Rechtsschutz hat, wenn sie vor dem Unionsrichter keinen Rechtsbehelf einlegen kann, um die Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts mit Verordnungscharakter anfechten zu können. In Ermangelung von Durchführungsmaßnahmen könnte sie nämlich, obwohl sie von dem fraglichen Rechtsakt unmittelbar betroffen ist, eine gerichtliche Überprüfung desselben erst, nachdem sie gegen dessen Bestimmungen verstoßen hat, erwirken, indem sie im Rahmen der gegen sie vor den nationalen Gerichten eingeleiteten Verfahren die Rechtswidrigkeit dieser Bestimmungen geltend macht (vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

163    Hingegen ist die gerichtliche Kontrolle der Beachtung des Unionsrechts, wenn ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, unabhängig davon gewährleistet, ob diese Maßnahmen von der Union oder den Mitgliedstaaten erlassen werden. Natürliche oder juristische Personen, die aufgrund der in Art. 263 Abs. 4 AEUV vorgesehenen Zulässigkeitsvoraussetzungen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter der Union nicht unmittelbar vor dem Unionsrichter anfechten können, sind durch die Möglichkeit, die Durchführungsmaßnahmen anzufechten, die dieser Rechtsakt nach sich zieht, davor geschützt, dass ein derartiger Rechtsakt ihnen gegenüber angewandt wird (vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

164    Obliegt die Durchführung eines solchen Rechtsakts den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, können natürliche oder juristische Personen unter den in Art. 263 Abs. 4 AEUV festgelegten Voraussetzungen vor den Unionsgerichten unmittelbar gegen die Durchführungsmaßnahmen klagen und sich zur Begründung dieser Klage nach Art. 277 AEUV auf die Rechtswidrigkeit des fraglichen Basisrechtsakts berufen. Obliegt die Durchführung den Mitgliedstaaten, können diese Personen die Ungültigkeit des betreffenden Basisrechtsakts vor den nationalen Gerichten geltend machen und diese veranlassen, sich gemäß Art. 267 AEUV mit Vorabentscheidungsfragen an den Gerichtshof zu wenden (vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

165    Im Übrigen hat der Gerichtshof entschieden, dass es für die Beurteilung, ob ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, auf die Stellung der Person ankommt, die sich auf die Klageberechtigung nach Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV beruft. Ob der fragliche Rechtsakt Durchführungsmaßnahmen gegenüber anderen Personen nach sich zieht, spielt also keine Rolle. Zudem muss sich diese Beurteilung ausschließlich am Klagegegenstand orientieren (vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

166    Im vorliegenden Fall zieht der angefochtene Beschluss, wie die Kommission im Übrigen einräumt, keine Durchführungsmaßnahmen gegenüber den Klägern nach sich.

167    Zum einen gibt es nämlich keine Maßnahme der Kommission oder anderer Unionsorgane zur Durchführung des angefochtenen Beschlusses.

168    Zum anderen sind die Kläger nicht von den im vorliegenden Fall eventuell relevanten nationalen Durchführungsmaßnahmen betroffen, nämlich dem Abschluss einer Fördervereinbarung oder dem Erlass einer Ministerialverordnung über u. a. die Aufteilung der finanziellen Unterstützung zwischen den der LAG angehörenden Spitzenverbänden. Die Situation der Kläger unterscheidet sich nämlich von derjenigen der unmittelbaren oder mittelbaren Empfänger der finanziellen Unterstützung, da sie weder Mitglieder eines entsprechenden Verbands noch der LAG werden können, weil sie die hierfür vorgesehenen Voraussetzungen, insbesondere die Voraussetzung der wohlfahrtspflegerischen Natur ihrer Tätigkeiten, nicht erfüllen. Vor diesem Hintergrund wäre es abwegig, von den Klägern zu verlangen, dass sie eine Fördervereinbarung, eine Ministerialverordnung oder irgendeine sonstige nationale Maßnahme in Bezug auf die Aufteilung der finanziellen Unterstützung vor einem nationalen Gericht anfechten müssten, um dieses Gericht zu veranlassen, den Gerichtshof nach der Gültigkeit des die fragliche finanzielle Unterstützung betreffenden angefochtenen Beschlusses zu befragen (vgl. entsprechend Urteile vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 65 bis 67, und vom 28. Oktober 2020, Associazione GranoSalus/Kommission, C‑313/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:869, Rn. 38 bis 42).

169    Nach alledem ist die Klage auch für zulässig zu erklären, soweit sie auf den dritten Klagegrund gestützt wird.

2.      Zur Begründetheit

170    Der dritte Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Mit dem ersten Teil machen die Kläger geltend, die Kommission habe mit dem Befund, dass die finanzielle Unterstützung eine bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2015/1589 darstelle, gegen die Art. 107 ff. AEUV verstoßen. Mit dem zweiten Teil bringen sie vor, dass diese streitige Maßnahme alle Voraussetzungen für eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV erfülle.

a)      Zum ersten Teil: Fehler in Bezug auf die Einstufung der finanziellen Unterstützung als bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2015/1589

171    Mit dem ersten Teil des dritten Klagegrundes machen die Kläger geltend, dass die finanzielle Unterstützung keine bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2015/1589 sei. Hilfsweise tragen sie für den Fall, dass es sich bei dieser streitigen Maßnahme um eine bestehende Beihilfe gehandelt haben könnte, vor, dass diese aufgrund des Inkrafttretens des WohlFöG wesentlich geändert worden und zu einer neuen Beihilfe im Sinne von Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV oder Art. 1 Buchst. c der Verordnung 2015/1589 geworden sei.

1)      Zum Fehler bei der Einstufung der finanziellen Unterstützung als bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2015/1589

172    Als Erstes bringen die Kläger vor, dass die finanzielle Unterstützung, obwohl sie in § 12 des Lotteriegesetzes 1956 angelegt gewesen sei, erst nach dem 1. Januar 1958, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des EWG-Vertrags in der Bundesrepublik Deutschland, eingeführt und tatsächlich erstmals an die Spitzenverbände geflossen sei.


173    Die Kommission macht geltend, dass die Kläger nur unbewiesene Annahmen vortrügen und dass sie diese Argumentation vor Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht vorgebracht hätten. Im Übrigen weist sie, unterstützt durch die dritten Streithelfer, darauf hin, dass die Kläger nicht bestritten, dass die Weiterleitung der Abgaben an die förderfähigen Spitzenverbände durchaus im Jahr 1957, vor dem Inkrafttreten des EWG-Vertrags, stattgefunden habe. DWEK macht unter Bezugnahme auf Archivunterlagen ebenfalls geltend, dass die ersten tatsächlichen Ausschüttungen der Mittel höchstwahrscheinlich vor dem Inkrafttreten des EWG-Vertrags erfolgt seien.

174    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Zeitpunkt der Einführung einer Beihilferegelung oder einer Einzelbeihilfe derjenige des Erlasses oder des Abschlusses der rechtsverbindlichen Handlung ist, mit der die zuständige nationale Stelle die unbedingte Zusage gibt, den Begünstigten eine Beihilfe zu gewähren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2018, BSCA/Kommission, T‑818/14, EU:T:2018:33, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

175    Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Handlung, mit der die Zahlung der finanziellen Unterstützung an die Wohlfahrtsspitzenverbände vorgesehen wurde, das am 27. Februar 1956 erlassene und am selben Tag in Kraft getretene Lotteriegesetz 1956 war. Außerdem wurden, wie oben in Rn. 10 ausgeführt, im Niedersächsischen Ministerialblatt im Jahr 1956 Richtlinien für die Verwendung der Konzessionsabgabe zur Erfüllung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben veröffentlicht. Dieses Gesetz und diese Richtlinien wurden somit vor dem Inkrafttreten des EWG-Vertrags erlassen.

176    Im Übrigen geht aus der Akte des Gerichts hervor, dass offenbar den Wohlfahrtsverbänden in den Jahren 1956 und 1957 Beträge gewährt wurden. So erwähnen die Kläger selbst die Zahlung eines Betrags von 6,8 Mio. DM im Jahr 1956 und verweisen dafür auf die Haushaltsrechnung des Landes Niedersachsen von 1956 und 1957, Einzelplan l3. Über die von DWEK vorgelegten Archivunterlagen hinaus ist außerdem festzustellen, dass die in den Jahren 1956 und 1957 gezahlten Beträge in Anlage 16 zur Mitteilung der Bundesregierung vom 6. April 2016 mit den Finanzhilfebeträgen für die Freie Wohlfahrt seit 1957 genau ausgeführt werden. Daher erfolgten tatsächliche Auszahlungen der in Rede stehenden finanziellen Unterstützung auch vor dem Inkrafttreten des EWG-Vertrags (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. April 2016, Irland und Aughinish Alumina/Kommission, T‑50/06 RENV II und T‑69/06 RENV II, EU:T:2016:227, Rn. 201).

177    Daraus folgt, dass diese finanzielle Unterstützung vor Inkrafttreten des EWG-Vertrags durchgeführt wurde und die Kommission die Auffassung vertreten konnte, dass diese Maßnahme, soweit sie eine Beihilfe darstelle, eine bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2015/1589 sei.


178    Als Zweites machen die Kläger geltend, dass es im Jahr 1956 noch keinen Markt für ambulante und stationäre Pflegedienstleistungen gegeben habe, da die Bevölkerung die alternde Generation oder die Kranken selbst versorgt habe. Die finanzielle Unterstützung sei aufgrund einer späteren Änderung des Tätigkeitsfelds der Freien Wohlfahrtspflege zu einer neuen Beihilfe geworden. Diese Änderung unterscheide sich außerdem von einer „Entwicklung des Binnenmarktes“ im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung 2015/1589, so dass die besagte Unterstützung keine bestehende Beihilfe im Sinne dieser Bestimmung darstellen könne.

179    Die Kommission macht mit Unterstützung der dritten Streithelfer geltend, die Ausführungen der Kläger gingen ins Leere.

180    Wie aus dem angefochtenen Beschluss hervorgeht, ist die finanzielle Unterstützung, soweit sie eine Beihilfe darstellt, eine seit Inkrafttreten des EWG-Vertrags bestehende Beihilfe, die in den Anwendungsbereich von Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2015/1589 fällt. Folglich ist das Vorbringen zum Fehlen eines Marktes für private ambulante und stationäre Pflegedienstleistungen im Jahr 1956 und zur Unanwendbarkeit von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung 2015/1589 unerheblich.

2)      Zur wesentlichen Änderung der in Rede stehenden Maßnahme

181    Hilfsweise machen die Kläger geltend, dass die 1956 eingeführte, durch die Glücksspielabgabe finanzierte Unterstützung, wenn man davon ausgehe, dass sie eine bestehende Beihilfe gewesen sein möge, durch das Inkrafttreten des Wohlfahrtsförderungsgesetzes wesentlich geändert worden und zu einer neuen Beihilfe im Sinne von Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV oder Art. 1 Buchst. c der Verordnung 2015/1589, nach dem zu den neuen Beihilfen auch „Änderungen bestehender Beihilfen“ zählten, geworden sei. Dafür bringen die Kläger fünf Argumente vor. Als Erstes machen sie geltend, die Spitzenverbände hätten einen größeren Einfluss, da § 3 Abs. 3 WohlfFöG die Möglichkeit für das für Soziales zuständige Ministerium des Landes Niedersachsen, anstelle der Fördervereinbarung eine Ministerialverordnung zu erlassen, nur für den Fall vorsehe, dass die Verhandlungen über die Modalitäten der Verwendung der Unterstützung mit den Wohlfahrtsverbänden in keine Vereinbarung mündeten, während § 16 Abs. 2 des Glücksspielgesetzes 2007 dem Ministerium die Möglichkeit eröffne, eine einseitige Regelung zu treffen, statt eine Vereinbarung mit den Spitzenverbänden zu schließen.

182    Als Zweites bringen die Kläger vor, die Unterstützung des Wohlfahrtssektors hänge nicht mehr vom Glücksspielmarkt ab, sondern vom Haushalt des Landes Niedersachsen, was die Planbarkeit erhöhe.


183    Als Drittes sind sie der Auffassung, dass sich „die rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen“ in Bezug auf das Tätigkeitsspektrum der Wohlfahrtsverbände und die Einnahmen aus den Glücksspielen erheblich geändert hätten. Die Glücksspieleinnahmen würden nicht mehr als zweckgerecht erachtet, weil sie nicht mehr aus einer sozial unerwünschten Aktivität hervorgingen. In ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass die Schwächung der Verbindung zwischen den Glücksspieleinnahmen und der Förderung sozialer Projekte die ursprüngliche Legitimationsbasis der streitigen Zuwendung bröckeln lasse.

184    Als Viertes tragen die Kläger vor, die Wesentlichkeit der Änderungen folge aus einer Gesamtschau der gesetzgeberischen Umgestaltungen seit 1956. Diese umfassten erstens den Übergang im Jahr 2004 von der Finanzierung der Förderung aus einem Prozentanteil der Glücksspielabgabe zur Finanzierung mittels eines Pauschalbetrags, der sich bis 2014 aus dieser Abgabe und dann unmittelbar aus dem Landeshaushalt gespeist habe, zweitens die Veränderung der Verwendungsbedingungen der finanziellen Unterstützung von ursprünglich einer Festlegung durch einseitig vom Land geregelte Richtlinien der Landesregierung hin zu einer Festlegung durch Verhandlungen zwischen dem Land und den Spitzenverbänden und drittens die beträchtliche Entwicklung der Förderhöhe. Daraus ergebe sich, dass nicht nur die gesetzgeberischen Änderungen, sondern auch die seit 1956 bestehende Hauptförderung spätestens seit 2015 als neue Beihilfen einzuordnen seien.

185    Als Fünftes machen die Kläger geltend, § 2 Abs. 3 WohlfFöG führe zu einer wesentlichen Änderung, da danach die Spitzenverbände nunmehr eine Zusatzförderung frei auf die in der Fördervereinbarung festgelegten Aufgabenfelder verteilen dürften. Ihren Schätzungen zufolge bedeute dies, dass im Durchschnitt 22 % der Mittel für das Jahr 2015 der freien Verwendung zugänglich gewesen seien, so dass dies zu einer wesentlichen Änderung der bestehenden Beihilfe im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 794/2004 führe.

186    Die Kommission macht insbesondere geltend, dass die meisten dieser Rügen im Verwaltungsverfahren nicht erhoben worden seien, so dass es nicht möglich gewesen sei, im angefochtenen Beschluss darauf einzugehen. Im Übrigen treten die Kommission und die Streithelfer diesen Rügen entgegen und sind der Ansicht, dass die von den Klägern angeführten Änderungen nicht wesentlich seien.

187    Nach Art. 1 Buchst. c der Verordnung 2015/1589 kommt die Einstufung als neue Beihilfe bei allen Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, sowie bei Änderungen bestehender Beihilfen zur Anwendung.


188    Im Übrigen bestimmt Art. 4 („Anmeldung bestimmter Änderungen bestehender Beihilfen im vereinfachten Verfahren“) der Verordnung Nr. 794/2004:

„Für den Zweck von Artikel 1 Buchstabe c) der [Verordnung Nr. 659/1999] ist die Änderung einer bestehenden Beihilfe jede Änderung, außer einer Änderung rein formaler oder verwaltungstechnischer Art, die keinen Einfluss auf die Würdigung der Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahme mit dem Gemeinsamen Markt haben kann. Eine Erhöhung der Ausgangsmittel für eine bestehende Beihilfe bis zu 20 % wird jedoch nicht als Änderung einer bestehenden Beihilfe angesehen.“

189    Wie aus dieser Bestimmung hervorgeht, werden Änderungen rein formaler oder verwaltungstechnischer Art, die keinen Einfluss auf die Würdigung der Beihilfemaßnahme haben können, nicht als Änderungen einer bestehenden Beihilfe angesehen. Um eine neue Beihilfe darzustellen, muss die Änderung einer bestehenden Beihilfe wesentlich sein (Urteil vom 11. Juli 2014, Telefónica de España und Telefónica Móviles España/Kommission, T‑151/11, EU:T:2014:631, Rn. 62).

190    Im Übrigen kann nur die Änderung als solche als neue Beihilfe angesehen werden. Die ursprüngliche Beihilferegelung wird durch die Änderung nur dann in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern betrifft. Eine Änderung betrifft die ursprüngliche Regelung jedoch nicht in ihrem Kern, wenn sich das neue Element eindeutig von der ursprünglichen Regelung trennen lässt (Urteile vom 30. April 2002, Government of Gibraltar/Kommission, T‑195/01 und T‑207/01, EU:T:2002:111, Rn. 109 bis 111, vom 20. März 2013, Rousse Industry/Kommission, T‑489/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:144, Rn. 55, und vom 11. Juli 2014, Telefónica de España und Telefónica Móviles España/Kommission, T‑151/11, EU:T:2014:631, Rn. 63).

191    Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die aufeinanderfolgenden gesetzgeberischen Änderungen zu einer wesentlichen Änderung der durch das Lotteriegesetz 1956 eingeführten finanziellen Unterstützung führten. Dabei ist zu untersuchen, ob diese Änderungen die grundlegenden Elemente dieser Finanzierungsregelung wie den Kreis der Begünstigten, das Ziel der finanziellen Unterstützung und die den Begünstigten übertragene Gemeinwohlaufgabe sowie die Quelle dieser Unterstützung und ihren Betrag berührt haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. August 1994, Namur-Les assurances du crédit, C‑44/93, EU:C:1994:311, Rn. 29, vom 20. September 2018, Carrefour Hypermarchés u. a., C‑510/16, EU:C:2018:751, Rn. 41, und vom 13. Dezember 2018, Rittinger u. a., C‑492/17, EU:C:2018:1019, Rn. 60 bis 63).

192    Die Kläger bestreiten nicht, dass die Begünstigten der derzeitigen finanziellen Unterstützung dieselben Spitzenverbände sind wie diejenigen, denen die nach dem Lotteriegesetz 1956 finanzierte Unterstützung zugutekam. Im Übrigen ist festzustellen, dass das Ziel der finanziellen Unterstützung, nämlich die Unterstützung der Wohlfahrtsverbände bei der Erbringung sozialer Dienstleistungen, seit dem Erlass des Lotteriegesetzes 1956 keine Änderung erfuhr.

193    Zu dem oben in den Rn. 181 bis 185 wiedergegebenen Vorbringen der Kläger ist als Erstes festzustellen, dass § 3 Abs. 3 WohlfFöG den Spitzenverbänden keinen größeren Einfluss verliehen hat, indem er die Möglichkeit für das für Soziales zuständige Ministerium des Landes Niedersachsen, eine Ministerialverordnung anstelle der Fördervereinbarung zu erlassen, nur für den Fall eines ergebnislosen Verlaufs der Verhandlungen mit den Spitzenverbänden über die Modalitäten der Verwendung der Unterstützung vorsieht. Wortlaut und Auslegung dieser Bestimmung führen nämlich keinen Unterschied zu § 16 Abs. 2 des Glücksspielgesetzes 2007 herbei, der diesem Ministerium ebenfalls ermöglichte, anstelle des Abschlusses einer Vereinbarung mit den Spitzenverbänden eine einseitige Regelung zu treffen. Wie von DWEK ausgeführt, sah § 16 Abs. 2 dieses Gesetzes von 2007 die gleiche Ermächtigung vor, wie sie im WohlFöG vorgesehen ist.

194    Jedenfalls ist das Vorbringen zur Zunahme des Einflusses der Spitzenverbände nicht treffend, da damit nicht die Feststellungen in Frage gestellt werden können, dass sich die Zielsetzung der Gewährung der finanziellen Unterstützung, die Art der Tätigkeiten und der Kreis der Begünstigten seit dem Erlass des Lotteriegesetzes 1956 im Wesentlichen nicht geändert haben.

195    Was als Zweites das Vorbringen zur Herkunft der Mittel betrifft, genügt die Feststellung, dass das im Rahmen der finanziellen Unterstützung gewährte Geld immer aus dem Haushalt des Landes Niedersachsen stammte, der aus den Lotterie- und Glücksspieleinnahmen gespeist wurde. Im Übrigen haben die Kläger nicht den 49. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beanstandet, in dem die Kommission ausgeführt hat, dass Art und Quelle der Vergütung durch das Inkrafttreten des WohlFöG nicht geändert worden seien, da die Wettunternehmer die Konzessions- und Glücksspielabgaben stets an das Land hätten abführen müssen.

196    Was die Verbesserung der Planbarkeit mit dem bewilligten Betrag betrifft, ist festzustellen, dass die Kommission im 48. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht die Ansicht vertrat, dass der Übergang von einem in einem Prozentsatz ausgedrückten Betrag hin zu einem Pauschalbetrag infolge einer im Haushaltsbegleitgesetz 2004 enthaltenen Änderung keine den Kern betreffende Änderung darstelle, da er keinen Einfluss auf den grundlegenden Anspruch der Spitzenverbände auf öffentliche Förderung für die von ihnen erbrachten sozialen Dienstleistungen habe. Was die Auswirkung des Wohlfahrtsförderungsgesetzes auf die finanzielle Unterstützung anbelangt, kann nichts anderes gelten, so dass genau wie 2004 keine wesentliche Änderung gegeben war, zumal weder das Haushaltsbegleitgesetz 2004 noch das Wohlfahrtsförderungsgesetz zu einer Erhöhung der Förderung gegenüber den vor diesem Übergang gewährten Beträgen führte.

197    Als Drittes ist, soweit die Kläger mit dem Wegfall der Verbindung zwischen den Glücksspieleinnahmen und der Förderung sozialer Projekte argumentieren, festzustellen, dass diese grundlegenden Elemente der Maßnahme nicht wesentlich geändert wurden, da die Glücksspieleinnahmen im Jahr 1957 Teil des Landeshaushalts waren und die sozialen Projekte der Spitzenverbände seit 1957 im Wesentlichen gleich geblieben sind.

198    Als Viertes lässt die von den Klägern präsentierte Gesamtschau nicht den Schluss auf eine Änderung zu, die die Beihilferegelung in ihrem Kern berührt hätte. Eine Prüfung der einschlägigen Rechtsvorschriften und ihrer Entwicklung zwischen 1956 und 2016 ergibt nämlich, dass die Änderungen der Rechtsgrundlagen rein formaler oder verwaltungstechnischer Art waren, da sie keine wesentliche Änderung der grundlegenden Elemente der Maßnahme wie insbesondere des Betrags der den Begünstigten gewährten Förderung bewirkten. Dies gilt namentlich für das WohlFöG, das die Begünstigten der Maßnahme, das Ziel der Förderung und die Herkunft der Hilfe unberührt ließ und auch die Förderhöhe nicht wesentlich änderte.

199    Zu den Änderungen der Verwendungsbedingungen dieser Förderung ist zum einen festzustellen, dass sie nach § 3 Abs. 3 WohlfFöG von dem für Soziales zuständigen Ministerium des Landes Niedersachsen geregelt werden, wenn die „Verhandlungen“ zwischen dem Ministerium und der LAG in keine Vereinbarung münden, so dass sich die Situation seit der Zeit, in der das Land Niedersachsen, wie aus obiger Rn. 10 hervorgeht, die Verwendungsbedingungen in Richtlinien einseitig regelte, nicht bedeutend verändert hat. Zum anderen soll § 3 Abs. 2 WohlfFöG diesen Verhandlungen einen Rahmen geben. Somit ergibt sich aus der Entwicklung der Methode zur Festlegung der Bedingungen für die Verwendung der Förderung weder, dass diese Entwicklung zwangsläufig eine Veränderung dieser Bedingungen im Kern bewirkt hätte, noch, dass sie zu einer wesentlichen Änderung der fraglichen Maßnahme geführt hätte.

200    Was die Förderbeträge betrifft, ergibt sich, wie oben in Rn. 117 dargelegt, aus den Finanzdaten, die der Kommission von den deutschen Behörden im Verwaltungsverfahren übermittelt wurden, dass die Erhöhungen des Betrags der finanziellen Unterstützung insgesamt nicht zu einem Beihilfeniveau von mehr als 20 % über dem ursprünglichen Förderbetrag führten. Folglich überschritten die Anpassungen der Förderbeträge nicht den in Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 794/2004 genannten Schwellenwert.

201    Als Fünftes wenden sich die Kläger gegen § 2 Abs. 3 WohlfFöG, wonach bei hohen Einnahmen aus den Glücksspielabgaben eine zusätzliche Finanzhilfe teils den Spitzenverbänden der LAG und teils der Landesstelle für Suchtfragen (siehe oben, Rn. 13) gewährt werde. Hierzu ist festzustellen, dass diese Rüge bezüglich der angeblichen Flexibilität bei der Verwendung der Zusatzförderung im Verwaltungsverfahren nicht erhoben wurde. Jedenfalls weisen die Kläger nicht nach, dass diese Zusatzförderung die finanzielle Unterstützung im Kern verändert oder ein Element darstellt, das sich von der Hauptförderung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 WohlfFöG trennen lässt.

202    Desgleichen ist darauf hinzuweisen, dass § 3 WohlfFöG die Aufgaben der Freien Wohlfahrtspflege und die Bedingungen, die für die in der LAG zusammengeschlossenen Spitzenverbände gelten, beschreibt. § 3 Abs. 1 Satz 1 WohlfFöG bestimmt, dass „[d]ie Finanzhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 … für die Förderung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben zu verwenden [ist]“. Daraus folgt, dass die von den Klägern beanstandete zusätzliche Finanzhilfe keine wesentliche Änderung der Maßnahme darstellt, aufgrund deren diese etwa deshalb zu einer neuen Beihilfe würde, weil diese Zusatzförderung von den Spitzenverbänden beliebig verwendet werden könnte. Tatsächlich sind sowohl die Hauptförderung als auch die Zusatzförderung allein zur Unterstützung förderfähiger wohlfahrtspflegerischer Aufgaben bestimmt. Im Übrigen wird die Zusatzförderung auch nicht systematisch gezahlt, da sie davon abhängt, dass Glücksspieleinnahmen vorliegen, die den Betrag von 147 300 000 Euro übersteigen.

203    Nach alledem wurde die in Rede stehende Maßnahme seit ihrer Einführung im Jahr 1956 nicht wesentlich geändert. Daher ist der erste Teil des dritten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass das Vorbringen der Kommission, wonach die Frage einer solchen wesentlichen Änderung im Verwaltungsverfahren nicht aufgeworfen worden sei, geprüft zu werden braucht.

b)      Zum zweiten Teil: Fehler in Bezug auf die Nichteinstufung der finanziellen Unterstützung als Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV

204    Mit dem zweiten Teil des dritten Klagegrundes machen die Kläger geltend, dass die streitige Maßnahme alle Voraussetzungen für die Einstufung als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV erfülle.

205    Nach Ansicht der Kommission ist dieser Teil zurückzuweisen.

206    Insoweit ist festzustellen, dass die Kläger mit dem zweiten Teil dartun wollen, dass die in Rede stehende finanzielle Unterstützung eine staatliche Beihilfe darstellt. Die Kommission hat aber im angefochtenen Beschluss keine Beurteilung hinsichtlich der Einstufung dieser Maßnahme als staatliche Beihilfe vorgenommen und sich weder zum Vorliegen der in Art. 107 AEUV vorgesehenen Voraussetzungen noch zur etwaigen Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt geäußert. Das Vorbringen der Kläger geht daher ins Leere. Folglich sind der zweite Teil des dritten Klagegrundes und damit dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

207    Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

VI.    Kosten

208    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger unterlegen sind, sind ihnen gemäß den Anträgen der Kommission und der Streithelfer ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission und der Streithelfer aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe, Landesverband Niedersachsen/Bremen und Hamburg/Schleswig-Holstein e. V. und die CarePool Hannover GmbH tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission, des Diakonischen Werks evangelischer Kirchen in Niedersachsen e. V., der Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Hannover e. V., der Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Braunschweig e. V. und der weiteren im Anhang namentlich aufgeführten Streithelfer.

Svenningsen

Mac Eochaidh

Pynnä

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. April 2021.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      M. van der Woude



Inhaltsverzeichnis


I. Rechtlicher Rahmen der von dem angefochtenen Beschluss erfassten nationalen Maßnahmen

II. Vorgeschichte des Rechtsstreits

III. Angefochtener Beschluss

IV. Verfahren und Anträge der Parteien

V. Rechtliche Würdigung

A. Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV

1. Zur Zulässigkeit

2. Zur Begründetheit

a) Zur Dauer des Vorprüfverfahrens

b) Zur Begründung des angefochtenen Beschlusses

c) Zum Verhalten der Kommission

B. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

C. Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Art. 107 ff. AEUV

1. Zur Zulässigkeit

a) Zur Einstufung des angefochtenen Beschlusses als Rechtsakt mit Verordnungscharakter

b) Zur unmittelbaren Betroffenheit der Kläger

c) Zum Vorliegen von Durchführungsmaßnahmen

2. Zur Begründetheit

a) Zum ersten Teil: Fehler in Bezug auf die Einstufung der finanziellen Unterstützung als bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2015/1589

1) Zum Fehler bei der Einstufung der finanziellen Unterstützung als bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2015/1589

2) Zur wesentlichen Änderung der in Rede stehenden Maßnahme

b) Zum zweiten Teil: Fehler in Bezug auf die Nichteinstufung der finanziellen Unterstützung als Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV

VI. Kosten


*      Verfahrenssprache: Deutsch.


1      Der Anhang mit der Liste der weiteren Streithelfer ist nur der den Parteien zugestellten Fassung beigefügt.