Language of document : ECLI:EU:T:2011:677

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

16. November 2011(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke Powerball – Ältere nicht eingetragene Wortmarke POWERBALL – Relative Eintragungshindernisse – Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑484/09

Rory McLoughney, wohnhaft in Thurles (Irland), Prozessbevollmächtigter: J. Stratford-Lysandrides, Solicitor,

Kläger,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch S. Schäffner als Bevollmächtigten,

Beklagter,

anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Ernst Kern, wohnhaft in Zahling (Deutschland),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 30. September 2009 (Sache R 1547/2006-4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Rory McLoughney und Ernst Kern

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová, der Richterin K. Jürimäe und des Richters M. van der Woude (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 27. November 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 7. April 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Der Kläger, Herr Rory McLoughney, ist geschäftsführender Direktor und Mehrheitsaktionär der Tel-Vi-Sat Ltd, die eine Ware mit der Beschreibung „gyroskopisches Gerät zur Verwendung beim Sport, für Fitnessaktivitäten, für das Training, für die Rehabilitation und für Freizeitaktivitäten“ (im Folgenden: Ware) in der Europäischen Union, insbesondere im Vereinigten Königreich und in Irland, ein- und ausführt, vertreibt, vermarktet, bewirbt und verkauft.

2        Die Ware wurde von einem taiwanesischen Unternehmen, der Nanosecond Technology Company Ltd (im Folgenden: NST), konzipiert, die seit 1998 mehrere Vertriebsverträge mit verschiedenen Vertragspartnern schloss, zu denen auch der Kläger gehört. 1999 schloss NST ebenfalls eine Geschäftsvereinbarung mit Herrn Ernst Kern für den Wiederverkauf der Ware in Deutschland.

3        Am 14. Mai 2003 meldete Herr Ernst Kern nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

4        Die angemeldete Marke ist das Wortzeichen Powerball.

5        Die Eintragung wurde für folgende Waren in den Klassen 10, 25 und 28 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung beantragt:

–        Klasse 10: „Orthopädische Artikel für medizinische und sportmedizinische Zwecke“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, insbesondere Sportbekleidung“;

–        Klasse 28: „Turn- und Sportgeräte, nämlich Trainingsgeräte für die Finger-, Hand- und Armmuskulatur“.

6        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 28/2003 vom 17. November 2003 veröffentlicht.

7        Am 17. Februar 2004 erhob der Kläger nach Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Randnr. 5 genannten Waren.

8        Der Widerspruch war auf die in Großbritannien und in Irland für die Ware benutzte ältere nicht eingetragene Wortmarke POWERBALL gestützt.

9        Der Widerspruch wurde auf die in Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 207/2009) bezeichneten Gründe gestützt.

10      Am 5. Oktober 2006 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch insgesamt zurück (im Folgenden: Entscheidung der Widerspruchsabteilung).

11      Am 27. November 2006 legte der Kläger gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) Beschwerde beim HABM ein.

12      Mit Entscheidung vom 30. September 2009 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) bestätigte die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Entscheidung der Widerspruchsabteilung und wies die Beschwerde des Klägers mit der Begründung zurück, dass sie die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht erfülle und der Kläger die nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 erforderlichen Beweise nicht erbracht habe.

 Anträge der Parteien

13      Der Kläger beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem Widerspruch gegen die Gemeinschaftsmarkenanmeldung stattzugeben;

–        hilfsweise, den Widerspruch zur erneuten Prüfung im Einklang mit dem Urteil des Gerichts an das HABM zurückzuverweisen;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

14      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Kläger zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

 Rechtliche Würdigung

15      Der Kläger macht zwei Klagegründe geltend. Der erste Klagegrund wird auf einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt. Nach Ansicht des Klägers hat die Beschwerdekammer den Beweisen, die er bei ihr vorgelegt habe, nicht genügend Gewicht beigemessen und sie falsch beurteilt. Er bezieht sich hauptsächlich auf die Zeugenaussage des Herrn L., dem geschäftsführenden Direktor von NST, vom 2. Dezember 2004, die er schon bei der Widerspruchsabteilung und der Beschwerdekammer vorgelegt habe.

16      Der zweite Klagegrund wird auf einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt. Nach Ansicht des Klägers hätte die Beschwerdekammer anerkennen müssen, dass er vor der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke Inhaber der Rechte an der Marke gewesen sei, auf die er seinen Widerspruch gestützt habe, und dass er diese Marke im geschäftlichen Verkehr benutzt habe. Er macht insoweit geltend, dass die Beschwerdekammer die Beweise, die er bei ihr vorgelegt habe, falsch beurteilt habe. Nach seinen Angaben „handelt es sich um einen umfassenden Querschnitt von Beweisen für die geschäftliche Benutzung der Marke durch den Kläger … im gesamten Vereinigten Königreich, in Irland sowie in bestimmten Gebieten der Europäischen Union“. Er fügt hinzu, dass dann, wenn Beweise vorgelegt würden, die Nachweise für die geschäftliche Benutzung zur maßgeblichen Zeit einschlössen, und diese zudem mit Nachweisen übereinstimmten, die die Zeit nach dem Anmeldetag beträfen, die Gesamtheit der Beweise zu berücksichtigen sei.

17      Das HABM bestreitet die Zulässigkeit der Klage und der Anträge des Klägers. Erstens macht das HABM geltend, die Klage sei insgesamt unzulässig, weil die Klageschrift nicht den Anforderungen des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts entspreche. Die Klageschrift sei unverständlich und habe es dem HABM nicht ermöglicht, seine Verteidigung vorzubereiten. Zweitens bestreitet das HABM die Zulässigkeit des zweiten und des dritten Klageantrags. Diese Anträge seien Anträge auf eine Anordnung des Gerichts gegenüber dem HABM und daher unzulässig.

18      Zur Zulässigkeit der Klage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung jede Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Diese Darstellung muss so klar und genau sein, dass sie dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht (vgl. Urteil des Gerichts vom 27. September 2005, Cargo Partner/HABM [CARGO PARTNER], T‑123/04, Slg. 2005, II‑3979, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen die Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Enso Española/Kommission, T‑348/94, Slg. 1998, II‑1875, Randnr. 143). Dieser Wortlaut kann zwar in speziellen Punkten durch Verweisungen auf bestimmte Stellen beigefügter Schriftstücke gestützt und ergänzt werden, eine allgemeine Verweisung auf andere Schriftstücke, selbst wenn sie der Klageschrift beigefügt sind, kann jedoch das Fehlen wesentlicher Umstände in der Klageschrift nicht ausgleichen (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 29. November 1993, Koelman/Kommission, T‑56/92, Slg. 1993, II‑1267, Randnr. 21).

19      Sodann muss nach der Rechtsprechung der Kläger im Einzelnen darlegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird. Daher entspricht die bloß abstrakte Nennung des Klagegrundes nicht den Erfordernissen der Verfahrensordnung (vgl. Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2002, eCopy/HABM [ECOPY], T‑247/01, Slg. 2002, II‑5301, Randnr. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung). Schließlich obliegt es dem Kläger und seinem Anwalt, die tatsächlichen und rechtlichen Gründe darzulegen, auf die sie die Klage stützen wollen, und das Gericht kann nicht an ihrer Stelle versuchen, in allen Beweisen, auf die die Klageschrift global verweist, selbst die Umstände aufzusuchen und zu identifizieren, die es als Grundlage für die in der Klageschrift gestellten Anträge betrachten könnte (vgl. in diesem Sinne Beschluss Koelman/Kommission, Randnr. 23).

20      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klageschrift den Mindestanforderungen des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung über die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Klage nicht genügt.

21      Erstens ist, wie das HABM zu Recht geltend macht, der Zusammenhang zwischen dem ersten und dem zweiten Klagegrund schwer verständlich. Während der Kläger im Rahmen des ersten Klagegrundes vorträgt, die Marke stehe NST zu, scheint er dagegen im Rahmen des zweiten Klagegrundes geltend zu machen, die älteren Rechte stünden ihm zu. Die Klageschrift enthält keine Erläuterung, die es erlaubte, die Beziehungen zwischen den beiden geltend gemachten Arten von Rechten zu verstehen und zu klären, in welcher Eigenschaft der Kläger diese Rechte geltend machen möchte. Einerseits bezieht sich der Kläger umfassend auf die Ermächtigung zur Einlegung des Widerspruchs, die NST ihm erteilt habe. Andererseits bezeichnet sich der Kläger in Randnr. 6 seiner Klageschrift als Inhaber des geltend gemachten Rechts. Der Kläger lässt die gleiche Zweideutigkeit in den Randnrn. 17, letzter Satz, und 22 der Klageschrift erkennen.

22      Selbst wenn der Kläger tatsächlich geltend machen sollte, Inhaber des älteren Rechts zu sein, hat er jedenfalls die Beweise, mit denen dieser Umstand nachgewiesen werden könnte, und die Fehler, die die Beschwerdekammer bei ihrer Würdigung dieser Beweise begangen haben soll, nicht mit auch nur annähernder Genauigkeit namhaft gemacht. Insofern genügt ein einfacher Verweis auf die Verwaltungsakte nicht den Anforderungen des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung.

23      Die Antwort auf die Frage, ob der Kläger Inhaber des von ihm geltend gemachten Rechts ist, ist jedoch eine Voraussetzung für die Anwendung des Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 wie auch ihres Art. 8 Abs. 4. In Ermangelung einer klaren Stellungnahme des Klägers bezüglich der geltend gemachten Rechte und der in dieser Hinsicht von ihm jeweils geltend gemachten Eigenschaft ist daher das Gericht nicht in der Lage, seine Kontrollaufgabe wahrzunehmen und zu prüfen, ob diese Bestimmungen korrekt auf den vorliegenden Fall angewandt worden sind.

24      Zweitens macht der Kläger geltend, dass die Beweise, die er bei der Widerspruchsabteilung und der Vierten Beschwerdekammer vorgelegt habe, eine geschäftliche Benutzung nachwiesen. Zunächst ist festzustellen, dass er in seiner Klageschrift nicht angibt, welche Beweise er zur Stützung seines Klagegrundes geltend macht. Er verweist lediglich auf die „vorgelegten Beweise“. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass er der Klageschrift kein Schriftstück beigefügt hat, das einen dieser Beweise darstellen könnte, sondern global auf die bei der Widerspruchsabteilung und der Beschwerdekammer vorgelegten Beweise verweist, ohne anzugeben, welches Schriftstück seine Behauptungen stützt. Daher gehen die wesentlichen tatsächlichen Umstände nicht zusammenhängend und verständlich aus dem Wortlaut der Klageschrift hervor.

25      Drittens möchte der Kläger offenbar dartun, dass er die Marke bereits früher im geschäftlichen Verkehr benutzt habe. Er stellt jedoch zu keinem Zeitpunkt klar, ob diese Benutzung ausreicht, um die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 zu erfüllen. Hierzu ist festzustellen, dass diese Bestimmung mehrere Anwendungsvoraussetzungen vorsieht, die insbesondere die geografische Verbreitung der geltend gemachten Marke oder des geltend gemachten Zeichens und den Grad des Schutzes betreffen, den diese Marke oder dieses Zeichen aufgrund des anwendbaren nationalen Rechts genießt. Die Klageschrift geht jedoch auf keine dieser Voraussetzungen ein.

26      Viertens wird in der Klageschrift nicht angegeben, welchen Rechts- oder Beurteilungsfehler die Beschwerdekammer begangen haben soll, so dass das HABM gezwungen ist, selbst die eventuellen Rügen aufzusuchen, gegen die es sich verteidigen soll.

27      Aus den vorstehend in den Randnrn. 21 bis 27 getroffenen Feststellungen ist zu schließen, dass die Klage als unzulässig abzuweisen ist. Unter diesen Umständen erübrigt sich die Prüfung der vom HABM vorgebrachten Unzulässigkeitsgründe, die den zweiten und den dritten Antrag des Klägers betreffen.

 Kosten

28      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Rory McLoughney trägt die Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

Van der Woude

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. November 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.