Language of document : ECLI:EU:C:2002:80

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

ANTONIO TIZZANO

vom 7. Februar 2002 (1)

Rechtssache C-471/99

Martínez Domínguez u. a.

gegen

Bundesanstalt für Arbeit, Kindergeldkasse

(Vorabentscheidungsersuchen des Sozialgerichts Nürnberg)

„Auslegung der Artikel 77 und 78 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 - Feststellung des für Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder oder für Waisen zuständigen Mitgliedstaats - Nach dem Grundsatz der Zusammenrechnung gemäß der Verordnung Nr. 1408/71 oder aufgrund eines bilateralen Abkommens entstandene Ansprüche“

1.
    Das Sozialgericht Nürnberg hat mit am 9. Dezember 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangenem Beschluss dem Gerichtshof gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung der Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe b und 78 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (im Folgenden: Verordnung)(2), zur Vorabentscheidung vorgelegt. Das nationale Gericht hat die Vorlage im Einzelnen im Rahmen von vier Rechtssachen angeordnet, die es verbunden hat und in denen es um gleichartige Bescheide der Bundesanstalt für Arbeit, Kindergeldkasse (BAK), geht, mit denen die von spanischen Staatsangehörigen auf unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen bei dieser Einrichtung gestellten Anträge auf Kindergeld abgelehnt wurden.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2.
    Artikel 77 der Verordnung (in der durch die Verordnung [EWG] Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten Fassung)(3) über Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern bestimmt:

„(1) Leistungen im Sinne dieses Artikels sind die Familienbeihilfen für Empfänger von Alters- oder Invaliditätsrenten, Renten wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit sowie die Kinderzuschüsse zu solchen Renten, mit Ausnahme der Kinderzulagen aus der Versicherung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.

(2) Die Leistungen werden ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Rentner oder die Kinder wohnen, wie folgt gewährt:

a)    Der Rentner, der nach den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats Rente bezieht, erhält die Leistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rente zuständigen Staates;

b)    der Rentner, der nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten Rente bezieht, erhält die Leistungen

    i)    nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dessen Gebiet er wohnt, wenn Anspruch auf eine der in Absatz 1 genannten Leistungen - gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 79 Absatz 1 Buchstabe a) - nach den Rechtsvorschriften dieses Staates besteht, oder

    ii)    in den anderen Fällen nach den Rechtsvorschriften des Staates, die für den Rentner die längste Zeit gegolten haben, wenn Anspruch auf eine der in Absatz 1 genannten Leistungen - gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 79 Absatz 1 Buchstabe a) - nach den betreffenden Rechtsvorschriften besteht; wenn nach diesen Rechtsvorschriften kein Anspruch besteht, werden die Anspruchsvoraussetzungen in Bezug auf die Rechtsvorschriften der anderen in Betracht kommenden Mitgliedstaaten in der Reihenfolge der abnehmenden Dauer der nach den Rechtsvorschriften dieser Staaten zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten geprüft.“

3.
    In ähnlicher Weise sieht Artikel 78 der Verordnung über die Leistungen für Waisen vor:

„(1) Leistungen im Sinne dieses Artikels sind Familienbeihilfen und gegebenenfalls zusätzliche oder besondere Beihilfen für Waisen sowie Waisenrenten, mit Ausnahme von Waisenrenten aus der Versicherung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.

(2) Die Leistungen für Waisen werden ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Waisen oder die natürliche oder juristische Person, die ihren Unterhalt bestreitet, wohnen, wie folgt gewährt:

a)    für Waisen eines verstorbenen Arbeitnehmers oder Selbständigen, für den die Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats gegolten haben, gemäß den Rechtsvorschriften dieses Staates;

b)    für Waisen eines verstorbenen Arbeitnehmers oder Selbständigen, für den die Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten gegolten haben:

    i)    nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dessen Gebiet die Waisen wohnen, wenn Anspruch auf eine der in Absatz 1 genannten Leistungen - gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 79 Absatz 1 Buchstabe a) - nach den Rechtsvorschriften dieses Staates besteht, oder

    ii)    in den anderen Fällen nach den Rechtsvorschriften des Staates, die für den Verstorbenen die längste Zeit gegolten haben, wenn Anspruch auf eine der in Absatz 1 genannten Leistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Staates gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 79 Absatz 1 Buchstabe a) besteht; wenn nach diesen Rechtsvorschriften kein Anspruch besteht, werden die Anspruchsvoraussetzungen in Bezug auf die Rechtsvorschriften der anderen in Betracht kommenden Mitgliedstaaten in der Reihenfolge der abnehmenden Dauer der nach den Rechtsvorschriften dieser Staaten zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten geprüft.

Die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, die für die Gewährung der in Artikel 77 genannten Leistungen für Kinder eines Rentenberechtigten anzuwenden waren, gelten jedoch nach dem Tod des Rentenberechtigten für die Gewährung der Leistungen an die Waisen weiter.“

4.
    Unter Bezugnahme auf die beiden oben wiedergegebenen Bestimmungen regelt Artikel 79 Absatz 1 ferner, dass „[d]ie Leistungen nach den Artikeln 77 und 78 ... gemäß den nach diesen Artikeln bestimmten Rechtsvorschriften von dem Träger, der diese Rechtsvorschriften anzuwenden hat, zu seinen Lasten gewährt [werden], als hätten für den Rentner oder den Verstorbenen ausschließlich die Rechtsvorschriften des zuständigen Staates gegolten“. Artikel 79 Absatz 1 Buchstabe a bestimmt jedoch: „Hängt nach diesen Rechtsvorschriften der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs von der Dauer der Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbständigen Tätigkeit oder Wohnzeiten ab, so wird diese Dauer gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Artikels 45 [über die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten] beziehungsweise des Artikels 72 [über die Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten] ermittelt.“

Nationales Recht

5.
    In Spanien sieht das Real Decreto Legislativo 1/1994 mit allgemeinen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit die Zahlung von Kindergeld an Rentenempfänger für jedes unterhaltsberechtigte Kind vor, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sofern das Familieneinkommen einen bestimmten Betrag nicht übersteigt. Für jedes behinderte Kind, dessen Behinderungsgrad 65 % übersteigt, wird nach diesem Decreto Kindergeld hingegen ohne Alters- oder Einkommensbegrenzung gewährt; die Zahlung dieser Beihilfe für volljährige Kinder ist jedoch mit dem Bezug der Sonderbeihilfe nach der Ley 13/1982 de Integración Social de los Minusválidos (Gesetz über die Integration der Behinderten) unvereinbar, so dass sich die Betroffenen bei Vorliegen der Voraussetzungen für die eine oder die andere Regelung entscheiden müssen.

6.
    Im deutschen Recht gewährte das Bundeskindergeldgesetz (BKGG) in der bis Ende 1995 geltenden Fassung Rentenempfängern einen Anspruch auf Kindergeld für unterhaltsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres, der für weitere als das erste Kind einkommensabhängig war. Ab 1996 wurden dann die Altersgrenze auf 18 Jahre angehoben und die Einkommensgrenzen abgeschafft; außerdem wurde die Zahlung des Kindergeldes bei Ausbildung der Kinder für einen Beruf bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres bzw. bei Arbeitslosigkeit bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres vorgesehen. Für Kinder, die wegen einer Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, sieht das BKGG schließlich die Zahlung von Kindergeld ohne jede Altersgrenze vor.

Sachverhalt und Vorabentscheidungsfragen

7.
    Wie bereits erwähnt, wurde das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen im Rahmen von vier vom vorlegenden Gericht verbundenen Rechtssachen vorgelegt, denen gemeinsam ist, dass es - unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten - um spanische Staatsangehörige geht, die als Wanderarbeitnehmer für eine bestimmte Zeit in Deutschland gearbeitet haben.

8.
    Die erste Klage wurde von Herrn Martínez Domínguez erhoben, der spanischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Spanien ist und sowohl in Spanien als auch in Deutschland (wo er eine bestimmte Zeit gearbeitet hatte) eine Rente bezieht. Obwohl er in Spanien Kindergeld für die minderjährige unterhaltsberechtigte Tochter erhielt, hatte er in der Zeit von April 1991 bis Oktober 1996 und in der Zeit von April bis Oktober 1997 wegen Überschreitens der in den Rechtsvorschriften dieses Staates vorgesehenen Einkommensgrenzen keinen Anspruch auf Auszahlung dieser Leistung. Um diese Beihilfen zu erhalten, stellte Herr Martínez Domínguez im Januar 1996 einen entsprechenden Antrag in Deutschland, wo wie erwähnt für die Zahlung von Kindergeld seit 1996 keine Einkommensgrenze mehr besteht. Die BAK lehnte seinen Antrag jedoch ab, und wies auch den anschließend erhobenen Widerspruch zurück; der Widerspruchsbescheid wurde daraufhin vor dem vorlegenden Gericht angefochten.

9.
    Die zweite Klage wurde von Herrn Benítez Urbano erhoben, der ebenfalls spanischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Spanien ist und sowohl in Spanien als auch in Deutschland (wo auch er eine bestimmte Zeit gearbeitet hatte) eine Rente bezieht. Im August 1996 stellte er einen Antrag auf Gewährung von Kindergeld in Deutschland für seine volljährige behinderte Tochter, die in Spanien die Sonderbeihilfe nach der Ley 13/1982 de Integración Social de los Minusválidos bezog und aus diesem Grund dort kein Kindergeld in Anspruch nehmen konnte (das deshalb auch nicht beantragt worden war). Die BAK lehnte diesen Antrag ab und wies den anschließend erhobenen Widerspruch zurück; der Widerspruchsbescheid wurde daraufhin vor dem vorlegenden Gericht angefochten.

10.
    Die dritte Klage wurde von Herrn Mateos Cruz erhoben, der ebenfalls spanischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Spanien ist und in Spanien und in Deutschland (wo er ebenso eine bestimmte Zeit gearbeitet hatte) eine Rente bezieht. Er bezog in Spanien Kindergeld für seine drei unterhaltsberechtigten Kinder, bis diese das Volljährigkeitsalter erreicht hatten. Nachdem der Anspruch auf Bezug dieser Leistungen nach den spanischen Rechtsvorschriften nicht mehr bestand, stellte er im November 1997 einen Antrag auf entsprechende Beihilfen in Deutschland und machte geltend, dass die Kinder ihre Berufsausbildung fortsetzten und die Beihilfen folglich nach dem Recht dieses Staates bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres gezahlt werden müssten. Die BAK lehnte auch in diesem Fall den Antrag ab und wies den anschließend erhobenen Widerspruch zurück; ihr Widerspruchsbescheid wurde vor dem vorlegenden Gericht angefochten.

11.
    Die vierte Klage wurde von Frau Calvo Fernández erhoben, der Witwe eines spanischen Staatsangehörigen, der eine bestimmte Zeit in Deutschland gearbeitet hatte, wo er vor seinem Tod (im Jahre 1985) einen Anspruch auf Rente, nicht jedoch auf Familienleistungen erworben hatte. Frau Calvo Fernández, die bereits in Spanien für ihre drei unterhaltsberechtigten Kinder (die alle ihren Wohnsitz in Spanien hatten und Waisenrenten in Spanien und Deutschland bezogen) Kindergeld bezog, beantragte im Juni 1992 auch in Deutschland Kindergeld; unklar ist allerdings, ob dieser Antrag auf Zahlung des Kindergeldes in voller Höhe auch in diesem Staat oder nur darauf gerichtet war, die in Spanien bezogenen Beihilfen auf den höheren Betrag der Leistungen nach den deutschen Rechtsvorschriften anrechnen zu lassen. Wie in den anderen Fällen lehnte die BAK den Antrag jedoch ab und wies den anschließend erhobenen Widerspruch zurück; daraufhin wurde gegen den Widerspruchsbescheid beim vorlegenden Gericht Klage erhoben. In der Folgezeit lehnte die BAK auch einen weiteren, von Frau Calvo Fernández gestellten Antrag auf Kindergeld für die Kinder ab, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihre Berufsausbildung fortsetzten; auch der Bescheid, mit dem der gegen diese Entscheidung eingelegte Widerspruch zurückgewiesen wurde, wurde vor dem vorlegenden Gericht angefochten. Im Vorlagebeschluss wird übrigens nicht angegeben, ob das Ausgangsverfahren im Fall von Frau Calvo Fernández beide Klagen oder nur eine von beiden betrifft.

12.
    Für die Zwecke der vorliegenden Rechtssache ist zu betonen, dass aus dem Vorlagebeschluss klar hervorgeht, dass in keinem der soeben dargestellten vier Fälle die in Deutschland entstandenen Rentenansprüche nur aufgrund der deutschen Bestimmungen auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit erworben wurden, da in keinem der Fälle die hierfür erforderlichen Mindestbeiträge in diesem Staat entrichtet worden waren. Die fraglichen Ansprüche waren vielmehr in Deutschland nur dank der Berücksichtigung weiterer, in Spanien entrichteter Beiträge entstanden: In den drei erstgenannten Fällen erfolgte dies nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71 über die Zusammenrechnung in verschiedenen Mitgliedstaaten entrichteter Beiträge; im vierten hingegen in Anwendung des zwischen Deutschland und Spanien geschlossenen bilateralen Abkommens über Soziale Sicherheit (1973 geschlossenes Abkommen, das im vorliegenden Fall auch nach dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft anwendbar ist; im Folgenden: Abkommen).

13.
    Im Hinblick auf die schwierigen gemeinschaftsrechtlichen Fragen, die durch die bei ihm anhängigen Rechtssachen aufgeworfen werden, hat das Sozialgericht Nürnberg es daher für erforderlich gehalten, sich an den Gerichtshof zu wenden und ihm folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.    Ist Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 79 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 dahin gehend auszulegen, dass Familienbeihilfen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern, die einen Anspruch auf Rente in einem Mitgliedsstaat nicht allein aufgrund der Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaats, sondern aufgrund der koordinierenden Vorschriften des Europäischen Sozialrechts erworben haben, als volle Leistung gezahlt werden müssen, wenn der Rentenanspruch gegenüber dem Nichtwohnsitzstaat für Zeiträume besteht oder erst ab einem Zeitraum entsteht, für die der Anspruch auf die im Wohnsitzstaat gesetzlich vorgesehenen Familienbeihilfen entweder wegen Überschreitens einer Altersgrenze oder einer Einkommensgrenze oder mangels Antragstellung nicht oder nicht mehr besteht?

2.    Ist Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 79 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin gehend auszulegen, dass Familienbeihilfen für Waisen eines verstorbenen Arbeitnehmers oder Selbständigen, für den die Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten gegolten haben, wenn ein Anspruch auf Waisenrente in einem Mitgliedsstaat, dessen Rechtsvorschriften gegolten haben, weder allein aufgrund der Rechtsvorschriften dieses Mitgliedsstaats noch aufgrund der koordinierenden Vorschriften des Europäischen Sozialrechts besteht, als volle Leistung gezahlt werden müssen, wenn der Waisenrentenanspruch gegenüber dem Wohnsitzstaat für Zeiträume besteht oder erst ab einem Zeitraum entsteht, für die der Anspruch auf die im Wohnsitzstaat gesetzlich vorgesehenen Leistungen entweder wegen Überschreitens einer Altersgrenze oder einer Einkommensgrenze oder mangels Antragstellung nicht oder nicht mehr besteht?

14.
    Der damit beim Gerichtshof anhängig gemachten Rechtssache sind außer den Klägern der Ausgangsverfahren die deutsche und die spanische Regierung sowie die Kommission als Streithelfer beigetreten. Zum Zweck einer genaueren Bestandsaufnahme der maßgebenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der Regelungen des Abkommens hat der Gerichtshof die Regierungen, die dem Rechtsstreit als Streithelferinnen beigetreten sind, mit Schreiben vom 24. Juni 2001 um einige Erläuterungen gebeten; diese Erläuterungen wurden mit am 2. und 30. August 2001 eingegangenen Schreiben gegeben.

Rechtliche Würdigung

Vorbemerkung

15.
    Nach ihrem eindeutigen Wortlaut regeln die Artikel 77 und 78 der Verordnung die Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern und die Leistungen für Waisen in ähnlicher Weise, wobei sie in beiden Fällen der gleichen Logik folgen. In diesen Bestimmungen ist u. a. vorgesehen, dass dann, wenn für den Rentner (im ersten Fall) oder den verstorbenen Arbeitnehmer (im zweiten) die Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten gegolten haben wie in den vorliegenden Fällen, die darin geregelten Leistungen grundsätzlich vom Wohnsitzstaat des Empfängers gewährt werden (Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i). Besteht der Anspruch auf die fraglichen Leistungen jedoch nicht aufgrund der Rechtsvorschriften dieses Staates (unter Berücksichtigung insoweit auch der Bestimmungen der Verordnung über die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten und über die Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten nach Artikel 79), werden diese Leistungen von dem Staat gewährt, dessen Rechtsvorschriften für den Rentner oder den verstorbenen Arbeitnehmer die längste Zeit gegolten haben (vorausgesetzt natürlich, dass der entsprechende Anspruch nach den Rechtsvorschriften dieses Staates, auch in diesem Fall unter Berücksichtigung der Vorschriften über die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten und über die Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten, besteht) (Absatz 2 Buchstabe b Ziffer ii).

16.
    In den Fällen, die zu dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen geführt haben, wohnen - wie wir gesehen haben - die Empfänger der Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder oder für Waisen in Spanien, wo diese Leistungen grundsätzlich zu zahlen waren. Nach den Rechtsvorschriften dieses Staates bestand jedoch kein Anspruch auf die in Rede stehenden Leistungen

-    entweder für bestimmte Zeiträume wegen Überschreitens der in den Rechtsvorschriften dieses Staates vorgesehenen Einkommensgrenzen (Fall Martínez Domínguez);

-    oder weil die unterhaltsberechtigten Kinder ein bestimmtes Alter erreicht hatten (Fälle Mateos Cruz und Calvo Fernández);

-    oder er konnte nicht geltend gemacht werden, weil der Betroffene sich dafür entschieden hatte, andere, mit den fraglichen Leistungen unvereinbare Leistungen in Anspruch zu nehmen (Fall Benítez Urbano);

-    oder er führte schließlich (wie sich vielleicht aus den Angaben zum Fall Calvo Fernández ableiten lässt) zur Zahlung geringerer Beträge, als sie in einem anderen als dem Wohnstaat bereits gewährt wurden.

17.
    Geht man also davon aus, dass für die Rentner (in den Fällen Martínez Domínguez, Mateos Cruz und Benítez Urbano) und den verstorbenen Arbeitnehmer (im Fall Calvo Fernández) für eine bestimmte Zeit die deutschen Rechtsvorschriften galten, möchte das vorlegende Gericht mit den beiden Vorlagefragen praktisch wissen, ob nach den Artikeln 77, 78 und 79 der Verordnung die Verwaltung dieses Staates zur Gewährung der in Spanien aus den genannten Gründen nicht bezogenen Leistungen (oder zur Ergänzung dieser Leistungen) verpflichtet ist, soweit diese Leistungen gewährt würden, wenn ausschließlich deutsche Rechtsvorschriften gälten.

18.
    Zur Beantwortung dieser Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte ich zunächst einige allgemeine Überlegungen zur Auslegung der einschlägigen Verordnungsbestimmungen im Licht der Gemeinschaftsrechtsprechung vorausschicken und danach genauer untersuchen, welche Antwort angesichts der verschiedenen Sachverhalte der Ausgangsverfahren auf die Fragen zu geben ist.

Allgemeine Überlegungen

19.
    Wie wir gesehen haben, sind in den Artikeln 77 und 78 der Verordnung die Kriterien zur Bestimmung des Staates, der zur Gewährung der Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder oder für Waisen zuständig ist, genannt, insbesondere für den Fall, dass für die Rentner (im ersten Fall) oder die verstorbenen Arbeitnehmer (im zweiten) die Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten gegolten haben. Der nach diesen Kriterien bestimmte Staat ist zur Gewährung der fraglichen Leistungen auch dann verpflichtet, wenn der entsprechende Anspruch in diesem Staat nicht allein nach innerstaatlichen Rechtsvorschriften besteht, sondern aufgrund der Anwendung der Verordnungsbestimmungen über die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten und von Beschäftigungszeiten.

20.
    Prinzipiell und im Einklang mit dem in Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung niedergelegten Grundsatz, dass nur ein nationales Recht anwendbar sein soll(4), ist allein dieser Staat für die Gewährung der Leistungen, um die es hier geht, zuständig, und er gewährt sie nach den dort geltenden Vorschriften und in den darin festgelegten Grenzen. Nun kann es allerdings sein, dass die Betroffenen nach diesem Grundsatz günstigere, in anderen Mitgliedstaaten erworbene Ansprüche auf Leistungen bei alleiniger Anwendung der entsprechenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften verlieren; dies widerspräche dem in der Gemeinschaftsrechtsprechung vielfach bekräftigten Grundsatz, dass „der Zweck der Artikel 48 bis 51 EG-Vertrag verfehlt würde, wenn die Arbeitnehmer, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen, deswegen Vergünstigungen der sozialen Sicherheit verlören, die ihnen allein nach dem Recht eines Mitgliedstaats zustehen“.

21.
    Um genau diese Unstimmigkeit zu vermeiden, hat der Gerichtshof bei verschiedenen Gelegenheiten ausgeführt, dass „die Bestimmungen der Verordnung [Nr. 1408/71] nicht angewandt werden, wenn sie zu einer Verringerung der Leistungen führten, die dem Betroffenen nach dem Recht eines Mitgliedstaats allein aufgrund der dort zurückgelegten Versicherungszeiten zustehen“(5). Soweit hier von Interesse hat der Gerichtshof u. a. ausgeführt, dass die Artikel 77 und 78 der Verordnung „so auszulegen [sind], dass der Anspruch auf Familienleistungen gegen den Staat, in dessen Gebiet der Empfänger einer Invaliditäts- oder Altersrente beziehungsweise die Waise wohnt, nicht den zuvor gegen einen anderen Mitgliedstaat eröffneten Anspruch auf höhere Familienleistungen beseitigt. Vielmehr schuldet letzterer eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den beiden Leistungen.“(6)

22.
    Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die angeführte Rechtsprechung sich nur auf Fälle bezieht, in denen die Betroffenen die Ansprüche auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnstaat allein nach den Rechtsvorschriften jenes Staates erworben haben (und nicht nach den Verordnungsbestimmungen über die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten und von Beschäftigungszeiten), da nur in diesem Fall die Anwendung der Verordnung dazu führen könnte, dass sie günstigere Leistungen verlieren, auf die sie sonst Anspruch gehabt hätten.

23.
    Diese Einschränkung der in Rede stehenden Rechtsprechung ergibt sich eindeutig aus dem Urteil Bastos Moriana, in dem ausgeführt wird, „dass der zuständige Träger eines Mitgliedstaats nach den Artikeln 77 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i und 78 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i der Verordnung nicht verpflichtet ist, Rentnern oder Waisen, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, der niedrigere Familienleistungen gewährt, als sie im Recht des ersten Mitgliedstaats vorgesehen sind, Familienleistungen als Zusatzleistung[(7)] zu gewähren, wenn der Anspruch auf die Rente oder der Anspruch auf die Leistungen für Waisen nicht ausschließlich aufgrund von Versicherungszeiten erworben wurde, die in diesem Staat zurückgelegt wurden“(8). Das gilt wie bereits erwähnt deshalb, weil „für den Fall, dass die Ansprüche des Rentners oder der Waisen nur durch die Anwendung der Bestimmungen der Verordnung über die Zusammenrechnung eröffnet sind ... die Anwendung der Artikel 77 und 78 den Betroffenen keine Leistungen [entzieht], die ihnen allein nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats zustehen“(9).

24.
    Dementsprechend hat der Gerichtshof in dem später ergangenen Urteil Gómez Rodríguez ausgeführt, dass dann, wenn „der im Wohnstaat eröffnete Leistungsanspruch erloschen [ist], weil eine Altersgrenze erreicht wurde, ... der zuständige Träger eines anderen Mitgliedstaats folglich nicht verpflichtet [ist], den Betroffenen Leistungen zu gewähren, es sei denn, dass diese ihren Anspruch allein aufgrund von in diesem Staat zurückgelegten Versicherungszeiten erworben haben“(10). Der Gerichtshof gelangte dann zu dem Ergebnis, dass „Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung dahin auszulegen ist, dass Ziffer ii dieser Vorschrift nicht anwendbar wird, wenn ein Anspruch auf eine Waisenrente, der zunächst aufgrund von Ziffer i im Wohnmitgliedstaat des Empfängers bestand, wegen Erreichung einer Altersgrenze weggefallen ist, während in einem anderen Mitgliedstaat, dessen Rechtsvorschriften für den Versicherten ebenfalls gegolten haben, bei Anwendung der Zusammenrechnungsregel des Artikels 79 der Verordnung auch über diesen Zeitpunkt hinaus ein Anspruch auf eine Waisenrente bestünde“(11).

Beurteilung der vorliegenden Fälle

25.
    Nach dieser allgemeinen Klarstellung lassen sich meines Erachtens die vom Sozialgericht Nürnberg unter Bezugnahme auf die einzelnen Sachverhalte der Ausgangsverfahren formulierten Fragen anhand der angeführten Gemeinschaftsrechtsprechung, hauptsächlich der Urteile Bastos Moriana und Gómez Rodríguez, leicht beantworten. Mit der Kommission und der deutschen Regierung bin ich nämlich der Meinung, dass in den vorliegenden Fällen der Anspruch auf die Leistungen der sozialen Sicherheit im Wohnstaat erworben wurde, so dass im Sinne der in Rede stehenden Rechtsprechung die weiteren, in einem anderen Mitgliedstaat beantragten Leistungen nicht gewährt werden müssen, sofern der entsprechende Anspruch nicht allein nach den Rechtsvorschriften dieses letztgenannten Staates entstanden ist.

26.
    Ich glaube nämlich nicht, dass sich bestreiten lässt, wie es die Kläger der Ausgangsverfahren und die spanische Regierung aber offenbar tun, dass in den vier vorliegenden Fällen ein Anspruch auf Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder oder für Waisen im Wohnstaat entstanden ist. Entsprechende Zweifel können in den Fällen Mateos Cruz und Calvo Fernández gewiss nicht bestehen, da, genau wie in den Rechtssachen Bastos Moriana und Gómez Rodríguez, die Leistungen der sozialen Sicherheit tatsächlich im Wohnstaat gewährt wurden, wenn auch für kürzere Zeiträume oder in geringerer Höhe, als sie im Recht des anderen Mitgliedstaats vorgesehen waren, dessen Rechtsvorschriften für die Versicherten ebenfalls gegolten hatten. Dieselbe Betrachtungsweise ist auch im Fall Martínez Domínguez geboten, da auch in diesem Fall die Leistungen der sozialen Sicherheit tatsächlich im Wohnstaat gewährt wurden, wenn auch mit einigen Unterbrechungen wegen zeitweiligen Überschreitens der im Recht dieses Staates hierfür vorgesehenen Einkommengrenzen. Aber auch im Fall Benítez Urbano drängt sich meiner Meinung nach dieselbe Betrachtungsweise auf, da der Betroffene grundsätzlich Anspruch auf die unvereinbaren Leistungen im Wohnstaat hatte und die Verweigerung dieser Leistungen ausschließlich darauf beruhte, dass er sich für den Bezug anderer, mit diesen unvereinbarer Leistungen entschieden hatte.

27.
    Geht man somit davon aus, dass in allen diesen Fällen der Anspruch auf Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder oder für Waisen im Wohnstaat entstanden ist, sind die weiteren, in einem anderen Mitgliedstaat beantragten Leistungen gemäß den Urteilen Bastos Moriana und Gómez Rodríguez nur dann zu gewähren, wenn der entsprechende Anspruch allein nach den Rechtsvorschriften dieses Staates erworben wurde. Der Gerichtshof hat jedoch nicht zu prüfen, ob in den einzelnen hier maßgebenden Sachverhalten diese Voraussetzungen vorliegen oder nicht (dieser Frage haben sich einige der Kläger der Ausgangsverfahren gewidmet), da es sich hierbei offensichtlich um eine Frage des innerstaatlichen Rechts handelt, die vom vorlegenden Gericht zu beantworten ist.

28.
    Ich beschränke mich hier auf den Hinweis, dass sich insoweit im Fall Calvo Fernández ein Sonderproblem stellt. Laut Vorlagebeschluss war nämlich in diesem Fall der Anspruch auf Waisenrente in Deutschland nach dem erwähnten, 1973 zwischen Deutschland und Spanien geschlossenen bilateralen Abkommen entstanden. Nach den Angaben der deutschen Regierung in der Antwort auf eine entsprechende Frage des Gerichtshofes galt dieses Abkommen im vorliegenden Fall auch nach dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft und damit nach dem Inkrafttreten der Verordnung in diesem Staat; der Grund dafür ist, dass die nach dem Abkommen gewährten Leistungen für den Betroffenen günstiger waren als die nach der Verordnung zugestandenen. Darüber hinaus scheint mir die Anwendung des Abkommens in diesem Fall richtig zu sein, da der verstorbene Arbeitnehmer die aus dem Abkommen abgeleiteten Ansprüche vor dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft erworben hatte, so dass diese Ansprüche (und die seiner Rechtsnachfolger) nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht aufgrund des Inkrafttretens der Verordnung erlöschen können(12).

29.
    Demnach bin ich der Meinung, dass für die Anwendung des in den Urteilen Bastos Moriana und Gómez Rodríguez aufgestellten Grundsatzes auf den hier vorliegenden Einzelfall die in einem Mitgliedstaat aufgrund eines mit einem anderen Mitgliedstaat geschlossenen bilateralen Abkommens erworbenen Ansprüche ohne weiteres denen gleichzustellen sind, die aus dem Recht der sozialen Sicherheit des ersten Staates abgeleitet sind. Der Gerichtshof hat nämlich bereits darauf hingewiesen, dass seine Rechtsprechung zu Zusatzleistungen zu Leistungen der sozialen Sicherheit dahin auszulegen sei, dass „[u]nter Leistungen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gewährt werden, ... nach dieser Rechtsprechung sowohl alle Leistungen zu verstehen [sind], die das von den nationalen Gesetzgebern erlassene nationale Recht vorsieht, als auch Leistungen, die sich aus in das nationale Recht eingeführten Sozialversicherungsabkommen zwischen zwei oder mehr Mitiedstaaten ergeben, wenn diese für den betroffenen Arbeitnehmer günstiger sind als die Gemeinschaftsregelung“(13). Es ist im Übrigen klar, dass, wäre dem nicht so, der mehrfach erwähnte Grundsatz verletzt wäre, wonach die Anwendung der Verordnung den Wanderarbeitnehmern keine Leistungen nehmen darf, die günstiger sind, als die, auf die sie sonst Anspruch gehabt hätten.

30.
    Aus dem Gesagten ergibt sich, dass im Fall Calvo Fernández die in Deutschland aufgrund des bilateralen Abkommens erworbenen Ansprüche auf Leistungen der sozialen Sicherheit den nach dem Recht der sozialen Sicherheit dieses Staates erworbenen Ansprüchen gleichzustellen sind. Dann hat natürlich das vorlegende Gericht festzustellen, ob die unvereinbaren Familienbeihilfen im vorliegenden Fall in Deutschland tatsächlich aufgrund des Abkommens geschuldet werden.

31.
    Im Licht dieser Erwägungen bin ich daher der Meinung, dass dem Sozialgericht Nürnberg zu antworten ist, dass nach den Artikeln 77 Absatz 2 Buchstabe b und 78 Absatz 2 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 79 Absatz 1 der Verordnung dann, wenn der Anspruch auf Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder oder für Waisen im Wohnstaat des Empfängers entstanden ist, die weiteren, in einem anderen Mitgliedstaat beantragten Leistungen nur dann zu gewähren sind, wenn der entsprechende Anspruch in diesem Staat allein nach dessen innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder aufgrund eines zwischen diesem und einem anderen Mitgliedstat auch nach Inkrafttreten der Verordnung anwendbaren Abkommens erworben wurde.

Ergebnis

32.
    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich vor, die Vorlagefragen des Sozialgerichts Nürnberg wie folgt zu beantworten:

Nach den Artikeln 77 Absatz 2 Buchstabe b und 78 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in Verbindung mit Artikel 79 Absatz 1 dieser Verordnung sind, wenn der Anspruch auf Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder oder für Waisen im Wohnstaat des Empfängers entstanden ist, die weiteren, in einem anderen Mitgliedstaat beantragten Leistungen nur dann zu gewähren, wenn der entsprechende Anspruch in diesem Staat allein nach dessen innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder aufgrund eines zwischen diesem und einem anderen Mitgliedstaat auch nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1408/71 anwendbaren Abkommens erworben wurde.


1: Originalsprache: Italienisch.


2: -     ABl. L 149, S. 2.


3: -     ABl. L 230, S. 6.


4: -     Vgl. Urteil vom 7. Mai 1998 in der Rechtssache C-113/96 (Gómez Rodríguez, Slg. 1998, I-2461, Randnr. 27).


5: -     Urteil vom 27. Februar 1997 in der Rechtssache C-59/95 (Bastos Moriana u. a., Slg. 1997, I-1071, Randnr. 17), in dem inbesondere auf das Urteil vom 21. Oktober 1975 in der Rechtssache 24/75 (Petroni, Slg. 1975, 1149, Randnrn. 13 und 16) verwiesen wird.


6: -     Urteil Bastos Moriana u. a., Randnr. 16, in dem inbesondere auf die Urteile vom 12. Juni 1980 in der Rechtssache 733/79 (Laterza, Slg. 1980, 1915) und vom 9. Juli 1980 in der Rechtssache 807/79 (Gravina, Slg. 1980, 2205) verwiesen wird.


7: -     Zur Klärung dessen, was unter „Familienleistungen als Zusatzleistung“ zu verstehen ist, kann auf Randnr. 5 des Urteils Bastos Moriana verwiesen werden, wo es heißt: „Die Kläger beantragten bei der Bundesanstalt für Arbeit deutsches Kindergeld, soweit dieses entweder für einen längeren Zeitraum gewährt wird oder höher ist als die entsprechende Leistung in ihrem Wohnstaat. Sie begehren somit eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen dem deutschen Kindergeld und demjenigen ihres Wohnstaats (im Folgenden: Zusatzleistung).“


8: -     Urteil Bastos Moriana u. a., Randnr. 23.


9: -     Randnr. 19.


10: -     Urteil Gómez Rodríguez, Randnr. 32.


11: -     Randnr. 33.


12: -     Vgl. hierzu Urteil vom 7. Februar 1991 in der Rechtssache C-227/89 (Rönfeldt, Slg. 1991, I-323), in dem der Gerichtshof ausgeführt hat, „dass Artikel 48 Absatz 2 und Artikel 51 [des] Vertrag[es] nicht zulassen, dass Arbeitnehmer Vergünstigungen der sozialen Sicherheit verlieren, weil in das nationale Recht eingeführte Abkommen zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten aufgrund des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 1408/71 des Rates unanwendbar geworden sind“ (Randnr. 29). Die Tragweite dieses Urteils wurde später im Urteil vom 9. November 1995 in der Rechtssache C-475/93 (Thévenon, Slg. 1995, I-3813) präzisiert, in dem es heißt, dass der im Urteil Rönfeldt aufgestellte Grundsatz nur für die Fälle gilt, in denen das Recht auf Freizügigkeit vor dem Inkrafttreten der Verordnung ausgeübt worden ist. In dem mehrfach erwähnten Urteil Gómez Rodríguez wird darüber hinaus ausgeführt, dass die im Urteil Rönfeldt herausgearbeitete Regel in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der verstorbene Arbeitnehmer seine Versicherungzeiten in Deutschland und in Spanien vor dem Beitritt des letztgenannten Staates zur Gemeinschaft zurückgelegt hat, anwendbar ist (Randnr. 41). Für eine weitere Bestätigung vgl. zuletzt das Urteil vom 5. Februar 2002 in der Rechtssache C-277/99 (Kaske, Slg. 2002, I-0000).


13: -     Urteil Rönfeldt, Randnr. 27.