Language of document : ECLI:EU:T:2021:415

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

7. Juli 2021(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Einstellung – Bekanntmachung des Auswahlverfahrens EPSO/AST‑SC/03/15 – Nichtzulassung zur Teilnahme an den Prüfungen des Auswahlverfahrens – Antrag auf Überprüfung – Weigerung, diesen Antrag an den Prüfungsausschuss des Auswahlverfahrens weiterzuleiten, weil er verspätet gestellt worden sein soll – Zuständigkeitsverteilung zwischen dem EPSO und dem Prüfungsausschuss des Auswahlverfahrens – Rechtsschutzinteresse“

In der Rechtssache T‑587/16 RENV,

HM, Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Tettenborn,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch T. Bohr und G. Gattinara als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV auf Aufhebung der Entscheidung des Europäischen Amtes für Personalauswahl (EPSO) vom 17. August 2015, den Antrag auf Überprüfung der Entscheidung des Prüfungsausschusses, die Klägerin nicht zur nächsten Phase des Auswahlverfahrens EPSO/AST‑SC/03/15-3 zuzulassen, nicht zu berücksichtigen,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni, des Richters L. Madise (Berichterstatter) und der Richterin R. Frendo,

Kanzler: E. Coulon,

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Art. 7 von Anhang III des Statuts der Beamten der Europäischen Union in seiner auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Statut) bestimmt:

„(1)      Die Organe beauftragen nach Stellungnahme des Statutsbeirats das [Europäische Amt für Personalauswahl (EPSO)], die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass in den Ausleseverfahren für Beamte der [Europäischen] Union sowie bei der Beurteilung und in den Prüfungsverfahren gemäß den Artikeln 45 und 45a des Statuts einheitliche Kriterien angewandt werden.

(2)      Das [EPSO] hat folgende Aufgaben:

a)      [E]s führt auf Antrag einzelner Organe allgemeine Auswahlverfahren durch;

b)      es leistet auf Antrag eines einzelnen Organs die technische Unterstützung bei der Durchführung interner Auswahlverfahren, die das Organ selbst organisiert;

c)      es legt den Inhalt aller von den Organen durchgeführten Prüfungen fest, um sicherzustellen, dass die Anforderungen nach Artikel 45a Absatz 1 Buchstabe c) des Statuts auf einheitliche und kohärente Weise erfüllt werden;

d)      es trägt die allgemeine Verantwortung für die Definition der sprachlichen Fähigkeiten der Beamten und die Durchführung der Beurteilung dieser Fähigkeiten, um sicherzustellen, dass die Anforderungen von Artikel 45 Absatz 2 des Statuts auf einheitliche und kohärente Weise erfüllt werden.

(3)      Auf Antrag eines Organs kann das [EPSO] im Zusammenhang mit der Auswahl von Beamten weitere Aufgaben wahrnehmen.

…“

2        Am 1. März 2014 veröffentlichte das EPSO im Amtsblatt der Europäischen Union „Allgemeine Vorschriften für Allgemeine Auswahlverfahren“ (ABl. 2014, C 60 A, S. 1, im Folgenden: Allgemeine Vorschriften), die aus drei Kapiteln bestehen.

3        Zum dritten Kapitel („Allgemeine Informationen“) der Allgemeinen Vorschriften gehört ein Unterkapitel 3.1 („Kommunikation“), in dem es heißt:

„3.1.1. EPSO: Mitteilungen an die Bewerber

Die Ergebnisse Ihrer Tests und alle Einladungen erhalten Sie … ausschließlich über Ihr EPSO-Konto.

Bitte konsultieren Sie Ihr EPSO-Konto regelmäßig, d. h. mindestens zweimal pro Woche, um die einzelnen Phasen des Auswahlverfahrens zu verfolgen und sich über den Stand Ihrer Bewerbung zu informieren.

Ist Ihnen dies aufgrund eines technischen Problems seitens [des] EPSO nicht möglich, teilen Sie dies [dem] EPSO bitte unverzüglich über das Online-Kontaktformular mit.

Allgemeine Hinweise zu den Phasen der Auswahlverfahren finden Sie auf der EPSO-Website (www.eu-careers.eu).

3.1.2. Bewerber: Fragen an EPSO

3.1.3. Bewerber: Kontaktaufnahme zum Prüfungsausschuss

…“

4        Das Unterkapitel 3.4 („Beschwerden“) des dritten Kapitels der Allgemeinen Vorschriften sieht u. a. vor:

„…

3.4.3. Internes Überprüfungsverfahren

Sie können eine Überprüfung jeder Entscheidung des Prüfungsausschusses oder [des] EPSO beantragen, die direkte und unmittelbare Auswirkungen auf Ihren Rechtsstatus im Auswahlverfahren hat (d. h. eine Entscheidung, mit der Ihre Ergebnisse fest[ge]legt werden und/oder bestimmt wird, ob Sie zur nächsten Phase des Auswahlverfahrens zugelassen wurden oder nicht).

Die Überprüfungsanträge können sich auf einen oder mehrere der folgenden Gründe stützen:

–        ein[en] Formfehler im Auswahlverfahren;

–        Nichteinhaltung der im [Statut] festgelegten Bestimmungen für das Auswahlverfahren, der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens, der Allgemeinen Vorschriften oder der gängigen Rechtsprechung durch den Prüfungsausschuss oder durch [das] EPSO.

Verfahren

Bitte stellen Sie Ihren Antrag binnen 10 Kalendertagen, nachdem Ihnen die Entscheidung, die Sie anfechten wollen, über Ihr EPSO-Konto mitgeteilt wurde …

Sie müssen eindeutig angeben, welche Entscheidung Sie anfechten wollen, und Ihren Antrag begründen.

Für das interne Überprüfungsverfahren ist die Rechtsabteilung [des] EPSO zuständig.

Nach Eingang Ihres Antrags senden wir Ihnen innerhalb von 15 Arbeitstagen eine Empfangsbestätigung zu.

Ihr Antrag wird geprüft und dem gleichen Gremium zur Begutachtung unterbreitet, das die angefochtene Entscheidung getroffen hat (entweder der Prüfungsausschuss oder [das] EPSO) [gemäß den im Statut festgelegten Zuständigkeiten]. Der Prüfungsausschuss oder [das] EPSO wird dann über Ihren Antrag entscheiden. Danach verfasst die Rechtsabteilung ein mit Gründen versehenes Schreiben, in dem auf Ihre Argumente eingegangen wird.

…“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

5        Am 8. Januar 2015 veröffentlichte das EPSO im Amtsblatt der Europäischen Union die Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens auf der Grundlage von Prüfungen EPSO/AST‑SC/03/15-3 zur Bildung einer Einstellungsreserve für Sekretariatskräfte und Büroangestellte (Besoldungsgruppen SC 1 und SC 2) in verschiedenen Bereichen (ABl. 2015, C 3 A, S. 1, im Folgenden: allgemeines Auswahlverfahren).

6        Anhang III Nr. 2 dieser Bekanntmachung sieht hinsichtlich der besonderen Zulassungsbedingungen in Bezug auf Bildungsabschlüsse drei verschiedene Bedingungen vor, von denen im vorliegenden Fall nur die letzte relevant ist. Sie lautet:

„[M]indestens einjährige Berufsausbildung (entsprechend dem Niveau 4 des Europäischen Qualifikationsrahmens) sowie eine anschließende mindestens dreijährige Berufserfahrung. Ausbildung und Berufserfahrung müssen überwiegend mit der Art der Tätigkeit im Zusammenhang stehen.“

7        Am 12. Februar 2015 reichte die Klägerin, HM, ihre Bewerbung für das allgemeine Auswahlverfahren ein.

8        Die Klägerin nahm am 25. März 2015 an den Zulassungstests teil.

9        Mit Schreiben vom 11. Juni 2015 teilte das EPSO der Klägerin mit, dass sie die Zulassungstests erfolgreich absolviert habe und dass sich der Prüfungsausschuss des allgemeinen Auswahlverfahrens (im Folgenden: Prüfungsausschuss) im nächsten Schritt mit den elektronischen Bewerbungen befassen werde, um zu prüfen, ob die Bewerber zugelassen werden könnten.

10      Zwischen den Parteien des Rechtsstreits ist streitig, ob die Klägerin am 30. Juli 2015 oder später durch eine elektronische Nachricht in ihrem EPSO-Konto darüber informiert wurde, dass der Prüfungsausschuss nach Prüfung ihrer elektronischen Bewerbung beschlossen habe, sie nicht zur nächsten Phase des allgemeinen Auswahlverfahrens zuzulassen. In diesem Bescheid (im Folgenden: Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde) stützte sich der Prüfungsausschuss darauf, dass die Klägerin nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfüge, weil sie zwar eine mindestens einjährige Berufsausbildung absolviert habe, diese aber nicht überwiegend mit der Art der Tätigkeit im Zusammenhang stehe, die Gegenstand des allgemeinen Auswahlverfahrens sei.

11      Ferner ist zwischen den Parteien streitig, an welchen Tagen die Klägerin ihr EPSO-Konto konsultierte. Sie trägt vor, sie habe ihr EPSO-Konto regelmäßig, zuletzt am 29. Juli und am 4. August 2015, konsultiert, ohne dort jedoch neue Nachrichten oder Bescheide vorzufinden. Die Europäische Kommission macht geltend, die elektronische Protokolldatei des IT‑Systems für die EPSO-Konten zeige, dass die Klägerin erst am 8. August 2015 um 20.41 Uhr ihr Konto konsultiert habe, in das die Entscheidung, mit der ihre Bewerbung abgelehnt worden sei, neun Tage zuvor eingestellt worden sei.

12      Am 7. August 2015 erhielt die Klägerin vom EPSO eine automatisierte E‑Mail mit folgendem Inhalt:

„Gesendet: Freitag, 07. August 2015 um 15:26 Uhr …

Betreff: You have a new message in your EPSO account. …

Dies ist eine automatische E‑Mail. Bitte antworten Sie nicht auf diese E‑Mail.

Sehr geehrte Bewerberin, sehr geehrter Bewerber,

Diese E‑Mail betrifft Ihre Bewerbung zum Auswahlverfahren für EU Karrieren, organisiert vom [EPSO].

Eine neue Nachricht wurde in Ihrem EPSO-Konto veröffentlicht.

Der folgende Link bringt Sie direkt zu Ihrem Konto: …

Mit freundlichen Grüßen,

NB: Wir möchten Sie daran erinnern, Ihr EPSO-Konto, wie in dem Leitfaden für allgemeine Auswahlverfahren bzw. im Aufruf zur Interessenbekundung angegeben, mindestens zweimal pro Woche einzusehen. Offizielle Mitteilungen werden ausschließlich über das EPSO-Konto gesendet und nur das Datum in der veröffentlichten Mitteilung ist rechtsverbindlich.

Die vorliegende E‑Mail ist ein zusätzlicher Dienst vom EPSO ohne rechtlichen Wert.

Die vorliegende E‑Mail wird zeitgleich gesendet mit der Veröffentlichung der neuen Nachricht in Ihrem EPSO-Konto. Für Gründe, auf die wir keinen Einfluss haben, werden die E‑Mails in manchen Fällen verzögert bei Ihnen eingehen. Wir werden keine Beschwerden aufgrund dieser Verzögerung annehmen.

Your EPSO Team“

13      Am 13. August 2015 stellte die Klägerin auf der Grundlage von Abschnitt 3.4.3 der Allgemeinen Vorschriften einen Antrag auf Überprüfung der Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde (im Folgenden: Antrag auf Überprüfung). Sie führte im Wesentlichen aus, die elektronische Nachricht in ihrem EPSO-Konto über die Entscheidung, mit der ihre Bewerbung abgelehnt worden sei, sei unzureichend begründet, weil sie aus einer bloßen Wiederholung des Wortlauts der Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens bestehe. Überdies wies sie darauf hin, dass sie vom Prüfungsausschuss eines früheren Auswahlverfahrens zu den Prüfungen dieses Auswahlverfahrens, das ebenfalls Sekretariatstätigkeiten betroffen habe und in dem höhere Anforderungen an den Bildungsabschluss gestellt worden seien als im Rahmen des hier in Rede stehenden allgemeinen Auswahlverfahrens, zugelassen worden sei. In einem solchen Fall hätte es einer besonderen Begründung dafür bedurft, dass sich der Prüfungsausschuss der Bewertung im Rahmen des früheren Auswahlverfahrens nicht anschließe.

14      Mit E‑Mail vom 17. August 2015 teilte Frau N. H., die Gruppenleiterin des EPSO für die Beziehungen zu den Bewerbern, der Klägerin mit, dass ihr Antrag auf Überprüfung nicht berücksichtigt werden könne, da er nicht innerhalb der in den Allgemeinen Vorschriften vorgesehenen Frist von zehn Kalendertagen gestellt worden sei (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Diese Frist habe am 30. Juli 2015 im Anschluss an die Einstellung der Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt worden sei, im EPSO-Konto zu laufen begonnen.

15      Am 1. September 2015 forderte die Klägerin das EPSO per E‑Mail auf, ihren Antrag auf Überprüfung umgehend dem Prüfungsausschuss zu übermitteln. Sie stützte sich dabei darauf, dass nach Abschnitt 3.4.3 der Allgemeinen Vorschriften Anträge auf Überprüfung „dem gleichen Gremium zur Begutachtung unterbreitet [werden], das die angefochtene Entscheidung getroffen hat (entweder der Prüfungsausschuss oder [das] EPSO)“. Da sich ihr Antrag gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses, mit der die Bewerbung abgelehnt worden sei, richte, hätte er in jedem Fall dem Prüfungsausschuss vorgelegt werden müssen.

16      Am 16. September 2015 teilte das EPSO der Klägerin erneut mit, dass ihr Antrag auf Überprüfung wegen Verspätung nicht berücksichtigt werde. Mit E‑Mail vom 20. September 2015 fragte die Klägerin nochmals an, ob ihr Antrag auf Überprüfung an den Prüfungsausschuss weitergeleitet worden sei.

17      Mit E‑Mail vom 25. September 2015 erhielt die Klägerin vom EPSO folgende Antwort:

„[W]ie bereits in meinen früheren Schreiben erklärt leiten wir (EPSO) im Rahmen unseres Aufgabenbereichs ausschließlich Beschwerden an den Prüfungsausschuss weiter, die innerhalb der Frist eingereicht wurden. Da dies für Ihre Beschwerde nicht der Fall ist, wurde diese nicht weitergeleitet.“

18      Mit Schreiben vom 4. November 2015 legte die Klägerin Beschwerde gegen die angefochtene Entscheidung sowie die „Bescheide“ vom 16. und 25. September 2015 ein, mit denen das EPSO ihr mitgeteilt habe, dass ihr Antrag auf Überprüfung nicht berücksichtigt werde.

19      Mit Entscheidung vom 17. März 2016 wurde die Beschwerde der Klägerin „abgewiesen“. Die deutsche Übersetzung dieser Entscheidung wurde ihr am 18. April 2016 übermittelt.

 Verfahren und Anträge der Parteien

 Verfahren vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst

20      Mit Klageschrift, die am 23. März 2016 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union einging, erhob die Klägerin Klage auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Die Rechtssache wurde unter dem Aktenzeichen F‑17/16 in das Register eingetragen.

21      Die Klägerin stellte einen Antrag auf Anonymisierung ihres Namens, dem stattgegeben wurde.

22      Die Kommission reichte am 14. Juni 2016 die Klagebeantwortung ein.

 Verfahren vor dem Gericht

23      Nach Art. 3 der Verordnung (EU, Euratom) 2016/1192 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über die Übertragung der Zuständigkeit für die Entscheidung im ersten Rechtszug über die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Europäischen Union und ihren Bediensteten auf das Gericht (ABl. 2016, L 200, S. 137) wurde die Rechtssache in dem Stadium, in dem sie sich am 31. August 2016 befand, auf das Gericht übertragen. Sie wurde unter dem Aktenzeichen T‑587/16 in das Register eingetragen.

24      Die Klägerin und die Kommission reichten am 21. Dezember 2016 bzw. am 15. Februar 2017 eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung ein.

25      Am 15. März 2017 gab der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts dem Antrag der Klägerin statt, zu den im Rahmen der Gegenerwiderung vorgelegten neuen Beweisen Stellung nehmen zu dürfen (im Folgenden: Stellungnahme zu den im Rahmen der Gegenerwiderung vorgelegten Beweisen). Diese Stellungnahme wurde am 30. März 2017 eingereicht.

26      Am 5. Februar 2018 stellte das Gericht der Kommission schriftliche Fragen. Ihre Antworten gingen am 20. Februar 2018 bei der Kanzlei des Gerichts ein (im Folgenden: Antworten der Kommission auf die Fragen des Gerichts). Die Klägerin nahm am 13. März 2018 zu ihnen Stellung.

27      Mit Urteil vom 21. November 2018, HM/Kommission (T‑587/16, im Folgenden: ursprüngliches Urteil, EU:T:2018:818), gab das Gericht dem ersten, auf die fehlende Zuständigkeit des EPSO für den Erlass der angefochtenen Entscheidung gestützten Klagegrund der Klägerin statt und hob diese Entscheidung auf. Das Gericht sah es insoweit als unstreitig an, dass die „angefochtene Entscheidung“ im Sinne von Abschnitt 3.4.3 der Allgemeinen Vorschriften – die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde – vom Prüfungsausschuss und nicht vom EPSO getroffen wurde, so dass in Anwendung dieses Abschnitts der Prüfungsausschuss und nicht das EPSO über den Antrag auf Überprüfung zu entscheiden hatte. Das Gericht stellte klar, dass es dabei keine Rolle spielte, dass dieser Antrag aus rein formalen Gründen zurückgewiesen wurde, da die Allgemeinen Vorschriften nicht danach unterscheiden, ob die Ablehnung auf inhaltlichen oder formalen Gründen beruhte; vielmehr geht aus Abschnitt 3.4.3 der Allgemeinen Vorschriften hervor, dass sich die Zuständigkeit der Rechtsabteilung des EPSO auf die Abwicklung des internen Überprüfungsverfahrens beschränkt. Das Gericht schloss daraus, dass das EPSO den Antrag auf Überprüfung ablehnte, obwohl es dafür keinerlei Rechtsgrundlage gab. Das Gericht befasste sich daher nicht mit den drei weiteren Klagegründen, mit denen die Klägerin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit (zweiter Klagegrund), einen Fehler bei der Einstufung des Antrags auf Überprüfung (dritter Klagegrund) und einen Fehler bei der Beurteilung der Frage, ob die Frist eingehalten wurde, innerhalb deren der Antrag auf Überprüfung gestellt werden konnte (vierter Klagegrund), rügte. Überdies wies das Gericht den zweiten, auf die Aufhebung einer stillschweigenden Entscheidung des Prüfungsausschusses, dem Antrag auf Überprüfung nicht stattzugeben, gerichteten Antrag der Klägerin als unzulässig zurück. Das Gericht stellte hierzu fest, dass der Prüfungsausschuss keine Kenntnis von dem Antrag auf Überprüfung hatte, so dass nicht davon ausgegangen werden konnte, dass er in Bezug auf ihn eine „stillschweigende“ ablehnende Entscheidung traf.

 Rechtsmittelverfahren

28      Mit Rechtsmittelschrift, die am 30. Januar 2019 bei der Kanzlei des Gerichtshofs einging, legte die Kommission ein Rechtsmittel gegen das ursprüngliche Urteil ein. Dieses Rechtsmittel wurde unter dem Aktenzeichen C‑70/19 P in das Register eingetragen.

29      Mit Urteil vom 9. Juli 2020, Kommission/HM (C‑70/19 P, im Folgenden: Rechtsmittelurteil, EU:C:2020:544), hob der Gerichtshof das ursprüngliche Urteil auf, verwies die Rechtssache an das Gericht zurück und behielt die Kostenentscheidung für das Verfahren im ersten Rechtszug und das Rechtsmittelverfahren vor.

30      Hinsichtlich des ersten Klagegrundes bestätigte der Gerichtshof die oben in Rn. 27 wiedergegebenen Ausführungen des Gerichts zur Unzuständigkeit des EPSO für den Erlass der angefochtenen Entscheidung. Er entschied hingegen, dass nach der Rechtsprechung (Urteile vom 6. Juli 1983, Geist/Kommission, 117/81, EU:C:1983:191, Rn. 6 und 7, sowie vom 4. Mai 2017, Schräder/CPVO – Hansson [SEIMORA], T‑425/15, T‑426/15 und T‑428/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:305, Rn. 109) ein Kläger dann kein berechtigtes Interesse an der Aufhebung einer Entscheidung wegen Formmangels hat, wenn die Verwaltung keinen Ermessensspielraum besitzt und so handeln muss, wie sie es getan hat, denn in einem solchen Fall könnte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nur zum Erlass einer neuen Entscheidung führen, die inhaltlich mit der aufgehobenen Entscheidung identisch wäre.

31      Im vorliegenden Fall hatte das Gericht der Klage aufgrund des ersten, die fehlende Zuständigkeit des EPSO betreffenden Klagegrundes stattgegeben, ohne sich zu den übrigen Klagegründen – insbesondere zum vierten, einen Fehler bei der Beurteilung der Frage, ob die Frist eingehalten wurde, innerhalb deren der Antrag auf Überprüfung gestellt werden konnte, betreffenden Klagegrund – oder zur Zulässigkeit der von der Kommission erstmals als Anlagen zur Gegenerwiderung oder mit ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts vorgelegten Dokumente zu äußern, mit denen nach den Angaben der Kommission der Nachweis erbracht werden sollte, dass der Antrag auf Überprüfung verspätet gestellt worden sei.

32      Der Gerichtshof schloss daraus, dass das Gericht einen Fehler begangen hatte, da es hätte klären müssen, ob ihm von der Kommission hinreichende Belege dafür vorgelegt wurden, dass der Antrag auf Überprüfung verspätet gestellt wurde – so dass der Prüfungsausschuss, wenn er sich dazu geäußert hätte, eine mit der angefochtenen Entscheidung identische Entscheidung getroffen hätte. In einem solchen Fall hätte die vom Gericht im Rahmen des ersten Klagegrundes getroffene Feststellung, dass das EPSO nicht zum Erlass dieser Entscheidung befugt war, nach der oben in Rn. 30 angeführten Rechtsprechung nämlich nicht zu deren Aufhebung geführt.

33      Angesichts dessen, dass sich das Gericht auf die Prüfung eines der von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe beschränkt hatte, ohne sich insbesondere zum vierten Klagegrund oder zur Zulässigkeit der von der Kommission erstmals als Anlagen zur Gegenerwiderung oder im Stadium ihrer Antworten auf die Fragen des Gerichts vorgelegten Dokumente zu äußern, obwohl deren Prüfung für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidend sein konnte, kam der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif und daher an das Gericht zurückzuverweisen war.

 Verfahren und Anträge der Parteien nach Zurückverweisung

34      Gemäß Art. 217 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts haben die Kommission und die Klägerin am 17. bzw. 21. September 2020 zum Fortgang des Verfahrens Stellung genommen.

35      In ihrer Stellungnahme zum Fortgang des Verfahrens beantragt die Klägerin,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        der Kommission die gesamten Kosten aufzuerlegen.

36      In ihrer Stellungnahme zum Fortgang des Verfahrens beantragt die Kommission,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens in der Rechtssache C‑70/19 P aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

37      Die Klägerin stützt ihre Klage auf vier Gründe, mit denen sie erstens die fehlende Zuständigkeit des EPSO für den Erlass der angefochtenen Entscheidung rügt, zweitens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, drittens einen Fehler bei der Einstufung des Antrags auf Überprüfung und viertens einen Fehler bei der Beurteilung der Frage, ob die Frist eingehalten wurde, innerhalb deren der Antrag auf Überprüfung gestellt werden konnte.

38      Nach Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Gericht, wenn das Rechtsmittel begründet ist und die Sache zur Entscheidung über den Rechtsstreit an das Gericht zurückverwiesen wird, an die rechtliche Beurteilung in der Entscheidung des Gerichtshofs gebunden. Im Anschluss an die Aufhebung und Zurückverweisung durch den Gerichtshof wird die Sache nach Art. 215 der Verfahrensordnung durch das Urteil des Gerichtshofs beim Gericht anhängig, und es muss sich erneut zu allen vom Kläger vorgebrachten Aufhebungsgründen äußern, abgesehen von den Bestandteilen des Tenors, die vom Gerichtshof nicht aufgehoben wurden, sowie den Erwägungen, auf denen diese Bestandteile notwendigerweise beruhen, denn sie sind in Rechtskraft erwachsen (vgl. Urteil vom 3. Juli 2018, Keramag Keramische Werke u. a./Kommission, T‑379/10 RENV und T‑381/10 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:400, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Im vorliegenden Fall wurde das ursprüngliche Urteil, wie sich oben aus Rn. 30 ergibt, durch das Rechtsmittelurteil in Bezug auf die Unzuständigkeit des EPSO für den Erlass der angefochtenen Entscheidung bestätigt, so dass über den ersten Klagegrund nicht mehr zu entscheiden ist.

40      Aus der obigen Rn. 32 geht hingegen hervor, dass im vorliegenden Fall, um zu klären, ob die angefochtene Entscheidung aufzuheben ist, als Erstes der vierte Klagegrund zu prüfen ist, mit dem die Klägerin geltend macht, dass sie ihren Antrag auf Überprüfung nicht verspätet gestellt habe. Sofern dieser Antrag nicht verspätet gestellt wurde, hätte der Prüfungsausschuss nämlich entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht zwangsläufig eine mit der Entscheidung des EPSO identische Entscheidung erlassen. Dies bedeutet, dass in einem ersten Schritt die Zulässigkeit der von der Kommission erstmals als Anlagen zur Gegenerwiderung oder mit ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts vorgelegten Dokumente, die die Verspätung des Antrags auf Überprüfung der Klägerin belegen sollen, zu prüfen ist und in einem zweiten Schritt das Vorbringen der Klägerin, mit dem in der Sache dargetan werden soll, dass ihr Antrag auf Überprüfung nicht verspätet gestellt wurde.

41      Die Kommission hat als Anlagen zur Gegenerwiderung, im Rahmen ihrer Antwort auf den vierten Klagegrund, und als Anlagen zu ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts Beweise erstmals vorgelegt.

42      Die Klägerin bestreitet die Zulässigkeit dieser Anlagen, so dass das Gericht, wie oben in Rn. 40 ausgeführt, über ihre Zulässigkeit zu befinden hat, bevor es die Begründetheit des vierten Klagegrundes prüft.

43      Die Klägerin erhebt ferner eine Einrede der Unzulässigkeit gegen Anlage B.1 zur Klagebeantwortung, die sie damit begründet, dass die Kommission keine näheren Angaben dazu mache, wie sich der von ihr behauptete Beweis aus dem vorgelegten Dokument ergeben solle. Es handele sich somit um eine nach ständiger Rechtsprechung unzulässige pauschale Bezugnahme auf eine Anlage.

 Zur Zulässigkeit der Anlage B.1 und der von der Kommission erstmals als Anlagen zur Gegenerwiderung und als Anlagen zu ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts vorgelegten Beweise

44      Zum einen kann das als Anlage B.1 zur Klagebeantwortung vorgelegte Dokument entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht mit der Begründung für unzulässig erklärt werden, dass die Kommission nicht klarstelle, wie sich der von ihr behauptete Beweis aus diesem Dokument ergeben solle. Wie die Kommission in der Klagebeantwortung ausführt, soll mit diesem, von ihr als „Protokolldatei“ des IT‑Systems bezeichneten Dokument nämlich dargetan werden, dass das EPSO die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, am 30. Juli 2015 im EPSO-Konto der Klägerin eingestellt habe. In der Klagebeantwortung wird somit angegeben, wie der von der Kommission behauptete Beweis aus diesem Dokument hervorgehen soll.

45      Zum anderen hat die Kommission als Anlagen zur Gegenerwiderung und zu ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts im Rahmen ihrer Antwort auf den vierten Klagegrund folgende Beweise vorgelegt:

–        erstens, als Anlage D.1 zur Gegenerwiderung, den Datensatz aus der deutschen Version der elektronischen Protokolldatei des IT‑Systems des EPSO;

–        zweitens, als Anlagen D.2 und D.3 zur Gegenerwiderung, den Datensatz aus der französischen und der englischen Version der elektronischen Protokolldatei dieses IT‑Systems;

–        drittens, als Anlage D.4 zur Gegenerwiderung, einen Auszug aus der elektronischen Protokolldatei dieses IT‑Systems, der die Nutzung des EPSO-Kontos durch eine andere Teilnehmerin am allgemeinen Auswahlverfahren betrifft;

–        viertens, als Anlage D.5 zur Gegenerwiderung, eine diesem IT‑System entstammende Liste der Zugriffe der Klägerin auf ihr EPSO-Konto;

–        fünftens, als Anlage S.2 zu den Antworten der Kommission auf die Fragen des Gerichts, eine Erklärung von Herrn X, bei dem es sich nach ihren Angaben um einen Berater für Informatik handelt, der dazu beigetragen habe, das IT‑System für das EPSO und die Auswahlverfahren einzurichten.

46      In ihrer Stellungnahme zu den im Rahmen der Gegenerwiderung vorgelegten Beweisen vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die Anlagen D.1 bis D.5 zur Gegenerwiderung neue Beweise im Sinne von Art. 85 Abs. 2 der Verfahrensordnung seien.

47      Erstens unterschieden sich die Datensätze der Protokolldateien in den Anlagen D.1, D.2 und D.3 zur Gegenerwiderung sowohl in ihrer Gestaltung als auch in ihrem Umfang und Inhalt erheblich von der Protokolldatei in Anlage B.1 zur Klagebeantwortung.

48      Zweitens sei der die Nutzung des EPSO-Kontos durch eine andere Teilnehmerin am allgemeinen Auswahlverfahren betreffende Auszug aus der elektronischen Protokolldatei des IT‑Systems in Anlage D.4 zur Gegenerwiderung völlig neu.

49      Drittens sei die dem IT‑System entstammende Liste der Zugriffe der Klägerin auf ihr EPSO-Konto in Anlage D.5 zur Gegenerwiderung ein wesentlich umfangreicheres Dokument als der Auszug aus dieser Liste in Anlage B.3 zur Klagebeantwortung und weiche zudem in ihrer Gestaltung und ihrem Inhalt erheblich von Letzterer ab, so dass es sich nicht um dasselbe Dokument handele.

50      Somit seien die Anlagen D.1 bis D.5 zur Gegenerwiderung verspätet vorgelegt worden, ohne dass die Kommission eine Rechtfertigung für ihre verspätete Vorlage behaupte, geschweige denn belege. Diese Unterlagen seien zum Zeitpunkt der Einreichung der Klagebeantwortung bereits vorhanden gewesen und hätten daher ohne Weiteres als Anlagen zu ihr vorgelegt werden können. Mangels Zulässigkeit hätten die Anlagen D.1 bis D.5 zur Gegenerwiderung folglich keinen Beweiswert und könnten von der Kommission nicht verwendet werden.

51      In ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts macht die Kommission geltend, die Anlagen zur Gegenerwiderung seien „zur Erläuterung“ vorgelegt worden, um auf das Vorbringen der Klägerin in der Erwiderung zu antworten. Die Kommission habe sich gezwungen gesehen, diese zusätzlichen Unterlagen vorzulegen, um die Richtigkeit der Ausführungen in der Klagebeantwortung zu beweisen. Infolgedessen müssten die Anlagen D.1 bis D.5 für zulässig gemäß Art. 85 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung erklärt werden.

52      Überdies beantragt die Klägerin in ihrer Stellungnahme zu den Antworten der Kommission auf die Fragen des Gerichts, die im Rahmen dieser Antworten vorgelegte Anlage S.2 gemäß Art. 85 Abs. 2 der Verfahrensordnung für unzulässig zu erklären, da sie sich auf Tatsachen beziehe, die bereits in der Klageschrift dargelegt worden seien, und von der Kommission schon zusammen mit der Klagebeantwortung hätte vorgelegt werden können und müssen.

53      Daher ist zu prüfen, ob das Gericht die von der Kommission zur Stützung ihrer Antwort auf den vierten Klagegrund als Anlagen D.1 bis D.5 zur Gegenerwiderung und als Anlage S.2 zu ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts vorgelegten Beweise berücksichtigen kann.

54      In Art. 85 der Verfahrensordnung heißt es:

„(1)      Beweise und Beweisangebote sind im Rahmen des ersten Schriftsatzwechsels vorzulegen.

(2)      Die Hauptparteien können für ihr Vorbringen noch in der Erwiderung oder in der Gegenerwiderung Beweise oder Beweisangebote vorlegen, sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist.

(3)      Sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist, können die Hauptparteien ausnahmsweise noch vor Abschluss des mündlichen Verfahrens oder vor einer Entscheidung des Gerichts, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden, Beweise oder Beweisangebote vorlegen.

(4)      …“

55      Nach der Rechtsprechung werden der Gegenbeweis und die Erweiterung der Beweisangebote im Anschluss an einen Gegenbeweis der Gegenpartei in der Erwiderung nicht von der Präklusionsvorschrift in Art. 85 Abs. 2 der Verfahrensordnung erfasst. Diese Vorschrift betrifft nämlich neue Beweisangebote und ist im Licht von Art. 92 Abs. 7 der Verfahrensordnung zu sehen, der ausdrücklich vorsieht, dass Gegenbeweis und Erweiterung der Beweisangebote vorbehalten bleiben (vgl. Urteil vom 8. Mai 2019, PT/EIB, T‑571/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:301, Rn. 143 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56      Bei den Beweisen in Anlage D.1 zur Gegenerwiderung (Datensatz aus der deutschen Version der elektronischen Protokolldatei des IT‑Systems) handelt es sich nach den Angaben der Kommission um die vollständige Fassung der deutschen Version dieser Datei, und sie führt aus, die Angaben in Anlage B.1 zur Klagebeantwortung befänden sich auf der dritten Seite von Anlage D.1.

57      Zu den Beweisen in Anlage D.5 zur Gegenerwiderung (dem IT‑System entstammende Liste der Zugriffe der Klägerin auf ihr EPSO-Konto) führt die Kommission in Rn. 47 der Gegenerwiderung aus, es handele sich um „dasselbe Dokument“ wie Anlage B.3 zur Klagebeantwortung, die einen Auszug aus der vollständigen Liste enthalte.

58      Wie sich oben aus Rn. 51 ergibt, hat die Kommission in ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts dargelegt, dass die Anlagen zur Gegenerwiderung „zur Erläuterung“ vorgelegt worden seien, um auf das Vorbringen der Klägerin in der Erwiderung zu antworten, und dass sie diese zusätzlichen Anlagen somit habe vorlegen müssen, um die Richtigkeit der Ausführungen in der Klagebeantwortung zu beweisen.

59      Dazu ist zum einen festzustellen, dass bestimmte Daten auf der dritten Seite von Anlage D.1 zur Gegenerwiderung bereits in Anlage B.1 zur Klagebeantwortung enthalten waren, die aus einer Liste von 21 Personen bestand, und zum anderen, dass die auf der ersten Seite von Anlage D.5 zur Gegenerwiderung aufgeführten 75 Zugriffe der Klägerin auf ihr EPSO-Konto bereits teilweise in den 26 in Anlage B.3 zur Klagebeantwortung enthaltenen Zugriffen der Klägerin auf dieses Konto aufgeführt waren.

60      Daher handelt es sich bei den als Anlagen D.1 und D.5 zur Gegenerwiderung vorgelegten Beweisen nicht um neue Beweise, sondern um die Erweiterung von Beweisen, die von der Kommission bereits im Stadium der Klagebeantwortung vorgelegt worden waren. Überdies soll mit dieser Erweiterung näher auf das Vorbringen zu Anlage B.1 zur Klagebeantwortung in den Rn. 28 bis 36 der Erwiderung und zu Anlage B.3 zur Klagebeantwortung in den Rn. 41 bis 45 der Erwiderung eingegangen werden, mit dem die Klägerin geltend macht, die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, sei entgegen der Behauptung der Kommission nicht am 30. Juli 2015 in ihr EPSO-Konto eingestellt worden, denn sie habe ihr Konto am 4. August 2015 konsultiert, ohne die Entscheidung dort vorzufinden.

61      Unter diesen Umständen sind die Anlagen D.1 und D.5 zur Gegenerwiderung zulässig (vgl. entsprechend Urteil vom 1. Juli 2009, Spanien/Kommission, T‑259/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:232, Rn. 64).

62      Zu den Beweisen in den Anlagen D.2 und D.3 zur Gegenerwiderung (Datensätze aus der französischen und der englischen Version der elektronischen Protokolldatei des IT‑Systems) führt die Kommission in ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts aus, sie habe diese Beweise als Antwort auf das von der Klägerin in der Erwiderung vorgebrachte Argument vorgelegt, wonach Anlage B.1 darauf hindeute, dass von den 21 darin aufgeführten Personen nur die Klägerin und eine weitere Teilnehmerin an dem allgemeinen Auswahlverfahren die Mitteilung des EPSO konsultiert hätten, während für die übrigen 19 Personen ein die Konsultation dieser Mitteilung bestätigender Eintrag fehle, was Zweifel an der Authentizität der Angaben wecke, da es undenkbar sei, dass die meisten Teilnehmer ihr Konto nicht konsultiert hätten (Rn. 35 der Erwiderung).

63      Es trifft zu, dass die Klägerin das oben in Rn. 62 wiedergegebene Argument erst in der Erwiderung geltend machen konnte, nachdem sie Kenntnis von Anlage B.1 zur Klagebeantwortung erlangt hatte.

64      Daraus folgt, dass die Kommission mit den von ihr im Rahmen des zweiten Schriftsatzwechsels als Anlagen D.2 und D.3 vorgelegten Beweisen auf ein von der Klägerin in der Erwiderung vorgebrachtes Argument antwortete, so dass diese Anlagen nach der oben in Rn. 55 angeführten Rechtsprechung als zulässig anzusehen sind.

65      Zu den Beweisen in Anlage D.4 zur Gegenerwiderung (Auszug aus der elektronischen Protokolldatei des IT‑Systems, der die Nutzung des EPSO-Kontos durch eine andere Teilnehmerin am allgemeinen Auswahlverfahren betrifft) gibt die Kommission an, sie seien als Antwort auf die Ausführungen der Klägerin im Stadium der Erwiderung vorgelegt worden, dass die in den Rn. 60 bis 64 der Klageschrift dargelegten technischen Probleme, die es im IT‑System des EPSO während des Zeitraums der Einstellung der Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt worden sei, und des Versands der entsprechenden E‑Mail gegeben habe, ein zusätzlicher Beleg dafür seien, dass sowohl die Einstellung des Bescheids als auch der Versand der E‑Mail mit Verspätung erfolgt seien (Rn. 39 der Erwiderung).

66      Die Klägerin hatte jedoch bereits in den Rn. 60 bis 64 der Klageschrift vorgebracht, dass eine andere Bewerberin angegeben habe, ihr EPSO-Konto während des betreffenden Zeitraums geprüft und dort keine Benachrichtigung vorgefunden zu haben. Die Kommission räumt dies im Übrigen in Rn. 40 der Gegenerwiderung ein. Sie hat daher nicht dargetan, dass Anlage D.4 zur Gegenerwiderung nicht im Rahmen des ersten Schriftsatzwechsels vorgelegt werden konnte. Folglich ist diese Anlage, da sie unter Verstoß gegen die Anforderungen von Art. 85 Abs. 1 der Verfahrensordnung und ohne Rechtfertigung im Sinne von Art. 85 Abs. 2 vorgelegt worden ist, unzulässig.

67      Schließlich ist in Bezug auf die Vorlage der Beweise in Anlage S.2 zu den Antworten der Kommission auf die Fragen des Gerichts (Erklärung von Herrn X) darauf hinzuweisen, dass nach Art. 85 Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung Beweise im Rahmen des ersten Schriftsatzwechsels vorzulegen sind, wobei die Hauptparteien ausnahmsweise noch vor Abschluss des mündlichen Verfahrens Beweise vorlegen können, sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist.

68      Eine solche Rechtfertigung für die Vorlage von Beweisen nach dem ersten Schriftsatzwechsel kann jedoch nicht verlangt werden, wenn sie in Beantwortung einer prozessleitenden Maßnahme innerhalb der dafür gesetzten Frist vorgelegt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Oktober 2018, OY/Kommission, T‑605/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:687, Rn. 31, 34 und 35). Da das in Anlage S.2 enthaltene Schriftstück im Anschluss an Fragen des Gerichts vorgelegt wurde, war die Kommission nicht verpflichtet, eine Rechtfertigung für eine etwaige Verspätung bei seiner Vorlage zu liefern.

69      Aus dem Vorstehenden folgt, dass Anlage D.4 zur Gegenerwiderung nach Art. 85 Abs. 2 der Verfahrensordnung unzulässig und deshalb zurückzuweisen ist, während die Beweise in Anlage B.1, den Anlagen D.1 bis D.3 und D.5 sowie Anlage S.2 zulässig sind.

 Zur Begründetheit

–       Vorbringen der Parteien

70      Die Klägerin macht geltend, sie habe ihren Antrag auf Überprüfung fristgerecht gestellt, und stellt in diesem Zusammenhang insbesondere erstens in Abrede, dass die Mitteilung vom 30. Juli 2015, wie vom EPSO behauptet, zu diesem Zeitpunkt in ihr Konto eingestellt worden sei. Sie trägt vor, das EPSO habe bislang keinen Beweis für diese Behauptung vorgelegt. Die Mitteilung vom 30. Juli 2015 könne in ihrem EPSO-Konto nicht vor dem 4. August 2015 abrufbar gewesen sein, da sie ihr EPSO-Konto an diesem Tag konsultiert und die Mitteilung dort nicht vorgefunden habe. Sie tritt daher der Behauptung des EPSO entgegen, dass sie sich zwischen dem 29. Juli 2015 und dem 8. August 2015 nicht in ihr EPSO-Konto eingeloggt habe.

71      Die Klägerin führt insoweit hauptsächlich zwei Gruppen von Gesichtspunkten als Beleg für die Unrichtigkeit der Behauptung des EPSO an, dass die fragliche Mitteilung am 30. Juli 2015 in ihr Konto eingestellt worden sei.

72      Zum einen sei sie erst am 7. August 2015 per E‑Mail benachrichtigt worden, dass die ihre Bewerbung betreffende Mitteilung des EPSO in ihr Konto eingestellt worden sei. In dieser E‑Mail heiße es aber: „Die vorliegende E‑Mail wird zeitgleich gesendet mit der Veröffentlichung der neuen Nachricht in Ihrem EPSO-Konto.“ Daraus, dass die fragliche Mitteilung nach den eigenen Angaben des EPSO zeitgleich mit dem Versand der E‑Mail hochgeladen worden sei, folge zwingend, dass dies nicht am 30. Juli 2015, sondern am 7. August 2015 geschehen sei. Es sei völlig unglaubhaft und widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass die E‑Mail erst über eine Woche nach dem Versand bei ihr eingegangen sei.

73      Zum anderen habe es mindestens einen weiteren Fall gegeben, in dem das EPSO darauf beharrt habe, dass am 30. Juli 2015 eine Mitteilung über die Ablehnung einer Bewerbung in das EPSO-Konto einer Bewerberin eingestellt worden sei, obwohl diese Bewerberin angegeben habe, dass sie ihr Konto im fraglichen Zeitraum überprüft und die Mitteilung dort nicht vorgefunden habe. Die Klägerin legt insoweit einen ihre Angaben bestätigenden Schriftwechsel zwischen dem EPSO und der anderen Bewerberin auf dem den Ausleseverfahren gewidmeten Blog des EPSO vor. Ferner gebe es im Blog des EPSO in der Zeit vom 10. bis 12. August 2015 mehrere Anfragen von Bewerbern, die übereinstimmend angegeben hätten, eine E‑Mail des EPSO erhalten zu haben, ohne in ihrem Konto eine Mitteilung vorzufinden. Sie legt eine Kopie dieser Anfragen und der Antworten der Mitarbeiterin des EPSO in diesem Blog vor.

74      Die Klägerin schließt daraus, dass es beim EPSO im fraglichen Zeitraum offenbar technische Probleme gegeben habe, aufgrund deren sich der Versand der E‑Mail-Benachrichtigungen verzögert habe. Da diese Benachrichtigungen nach den eigenen Angaben des EPSO „zeitgleich“ mit der Einstellung der Mitteilungen im EPSO-Konto versandt worden seien, bestehe der begründete Verdacht, dass sich diese technischen Probleme auch auf das Hochladen der Mitteilungen erstreckt hätten, mit der Folge, dass dies ebenfalls nicht am 30. Juli 2015 geschehen sei.

75      Zweitens bestreitet die Klägerin in der Erwiderung die Zuverlässigkeit der von der Kommission im Rahmen der Klagebeantwortung vorgelegten Beweise, und zwar zum einen des von der Kommission als „Protokolldatei“ des IT‑Systems des EPSO bezeichneten Dokuments, das belegen soll, dass die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, am 30. Juli 2015 in das Konto der Klägerin eingestellt worden sei, und zum anderen eines weiteren als „Protokolldatei“ bezeichneten und die Nutzung des EPSO-Kontos der Klägerin betreffenden Dokuments, aus dem sich ergeben soll, dass die Klägerin ihr Konto entgegen ihren Angaben nicht vor dem 8. August 2015 konsultiert habe.

76      Die Klägerin trägt insoweit vor, diese Dokumente seien unvollständig und enthielten keinerlei Informationen zu ihrer Genese (insbesondere zum Urheber und zum Zeitpunkt ihrer Entstehung). In Bezug auf Anlage B.1 hebt sie ferner hervor, dass eine Reihe von Angaben in dieser Anlage nicht aus sich heraus verständlich sei und dass darin die Möglichkeit der Löschung einzelner Spalten vorgesehen sei, was mit dem Wesen einer Protokolldatei des IT‑Systems unvereinbar sei. In Bezug auf Anlage B.3 fügt sie hinzu, aufgrund der von ihr dokumentierten technischen Probleme beim EPSO sei die Abfrage ihres Kontos am 4. August 2015 möglicherweise nicht registriert worden.

77      Drittens führt die Klägerin in ihrer Stellungnahme zu den im Rahmen der Gegenerwiderung vorgelegten, oben in Rn. 45 aufgeführten Beweisen aus, die Anlagen D.1 bis D.3 und D.5 unterschieden sich in ihrer Gestaltung und ihrem Inhalt erheblich von den Anlagen B.1 und B.3, obwohl sie angeblich den vollständigen Inhalt der in den beiden letztgenannten Anlagen auszugsweise wiedergegebenen Dokumente enthielten. Überdies gebe es in den Anlagen D.1 bis D.3 keinen Anhaltspunkt dafür, worauf sich ihr Inhalt konkret beziehe.

78      Viertens macht die Klägerin geltend, die Kommission habe in ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts die bestehenden Zweifel nicht ausräumen können. Insbesondere habe sich die Kommission in ihrer Antwort auf die dritte Frage des Gerichts auf die Behauptung beschränkt, dass eine Reihe anderer Bewerber die Mitteilung der Entscheidung über ihre Bewerbung bereits am 30. Juli 2015 erhalten habe. Diese Behauptung lasse aber keinerlei Rückschlüsse darauf zu, wann die Klägerin diese Mitteilung erhalten habe. Die Kommission habe im Übrigen auf die achte Frage, mit der sie um nähere Angaben zur Authentizität und Vollständigkeit der Anlagen B.1, B.3 und D.1 bis D.5 ersucht worden sei, überhaupt keine Antwort gegeben.

79      Überdies habe die Kommission in ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts keine konkrete Antwort auf die Frage des Gerichts gegeben, „wie das in Rn. 35 [der] Gegenerwiderung angesprochene IT‑System des EPSO sicherzustellen vermag, dass verschiedene Dokumente tatsächlich in die EPSO-Konten der Bewerber gelangt sind und von ihnen heruntergeladen werden können“. Sie habe sich insoweit mit der pauschalen, jeder Lebenserfahrung widersprechenden Behauptung begnügt, dass das IT‑System des EPSO „seit fünf Jahren“ bestehe und „während dieses Zeitraums ohne Probleme funktioniert“ habe. Außerdem habe die Kommission als Anlage S.2 eine Erklärung von Herrn X beigefügt, den sie als „Berater für Informatik, der beigetragen hat, das Informatiksystem für [das] EPSO und die Auswahlverfahren einzurichten“, bezeichne. Diese Erklärung sei nicht geeignet, den der Kommission obliegenden Beweis zu erbringen, und zwar schon deshalb, weil sie keine Angaben enthalte, anhand deren festgestellt werden könne, wann die Mitteilung über die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt worden sei, in das EPSO-Konto der Klägerin eingestellt worden sei.

80      Unabhängig davon, welche der von der Kommission vorgelegten Unterlagen in die materielle Prüfung des vierten Klagegrundes einbezogen würden, habe sie somit keinen Nachweis dafür erbracht, dass die Klägerin ihren Antrag auf Überprüfung verspätet gestellt habe. Dagegen habe die Klägerin im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht eine Reihe beweiskräftiger Anhaltspunkte dafür vorgelegt, dass sie ihren Antrag auf Überprüfung fristgerecht gestellt habe, weil die den Gegenstand dieses Antrags bildende Mitteilung über die Entscheidung, mit der ihre Bewerbung abgelehnt worden sei, erst am 7. August 2015 in ihr EPSO-Konto eingestellt worden sei, so dass die dafür vorgesehene Frist noch gelaufen sei, als sie den Antrag am 13. August 2015 gestellt habe.

81      Die Kommission hält daran fest, dass das EPSO die betreffende Entscheidung am 30. Juli 2015 um 00.01 Uhr in das EPSO-Konto der Klägerin eingestellt habe. Der Beweis dafür ergebe sich aus den Daten in der Protokolldatei des IT‑Systems des EPSO (Anlage B.1), die durch die der Gegenerwiderung beigefügten vollständigen Fassungen dieser Datei in deutscher, französischer und englischer Sprache (Anlagen D.1, D.2 und D.3) bestätigt würden. Aus Anlage B.1 gehe ferner hervor, dass auch die übrigen Bewerber die sie betreffende Entscheidung zum gleichen Zeitpunkt erhalten hätten. Die der Klägerin am 7. August 2015 zugegangene automatisierte E‑Mail, die eine zusätzliche Unterstützung des EPSO darstelle und keine Rechtswirkungen habe, werde, wie sich schon aus ihrem Wortlaut ergebe, nicht notwendigerweise zeitgleich mit der Einstellung der Entscheidung in das EPSO-Konto verschickt. Die Einstellung in das EPSO-Konto und das Verschicken der automatisierten Mail seien zwei verschiedene Vorgänge. Dass die automatisierte E‑Mail mit Verspätung verschickt worden sei, heiße nicht, dass auch die Einstellung in das EPSO-Konto verspätet erfolgt sei. In der Praxis erfolge zunächst die Einstellung in das EPSO-Konto. Die E‑Mail werde in einem zweiten Schritt versandt, normalerweise zeitgleich oder zeitnah.

82      Das Vorbringen der Klägerin, dass andere Bewerber das gleiche Problem gehabt hätten, habe nichts damit zu tun, wann die Entscheidung in ihr Konto eingestellt worden sei; wie die Kommission nachgewiesen habe, sei dies am 30. Juli 2015 um 00.01 Uhr geschehen.

83      Im Übrigen behaupte die Klägerin zwar, ihr EPSO-Konto am 4. August 2015 konsultiert zu haben, ohne dort die streitige Mitteilung vorzufinden, doch mache sie keine weiteren Angaben, die dies belegen könnten. Ihr Vorbringen stehe vielmehr im Widerspruch zur Protokolldatei über die Nutzung ihres EPSO-Kontos, aus der für den fraglichen Zeitraum hervorgehe, dass sie ihr Konto nicht zu dem angegebenen Zeitpunkt konsultiert habe, sondern erst am 8. August 2015, an dem sie immer noch einen Antrag auf Überprüfung hätte stellen können.

84      Aus dem Vorstehenden ergebe sich, dass die Klägerin in der Lage gewesen sei, von der Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt worden sei, ab deren Einstellung in ihr Konto am 30. Juli 2015 Kenntnis zu erlangen.

85      Außerdem habe die Kommission plausibel nachgewiesen, dass bei der Einstellung der Entscheidung, die Bewerbung abzulehnen oder zuzulassen, in das EPSO-Konto aller Bewerber kein technisches Problem aufgetreten sei. Sie habe vom EPSO und den dort tätigen Informatikern – was im Übrigen eine Gewähr für ihre Authentizität sei – alle das IT‑System betreffenden Beweise erhalten, die als Anlagen vorgelegt worden seien. Die den Antworten auf die Fragen des Gerichts beigefügte Erklärung von Herrn X bestätige, dass es ausgeschlossen sei, dass ein Bewerber sein EPSO-Konto konsultiere, ohne dass das IT‑System diese Verbindung registriere.

86      Die Klägerin habe ihren Antrag auf Überprüfung erst am 13. August 2015 gestellt, während die entsprechende Frist am 9. August 2015 abgelaufen sei, so dass er nach Ablauf der Zehntagesfrist und mithin verspätet gestellt worden sei. Daher hätte der Prüfungsausschuss als zuständiges Organ eine mit der angefochtenen Entscheidung identische Entscheidung getroffen, so dass die angefochtene Entscheidung nicht aufgehoben werden könne.

–       Würdigung durch das Gericht

87      Der Gerichtshof hat das ursprüngliche Urteil mit der Begründung aufgehoben, dass das Gericht unter den Umständen des vorliegenden Falles, als es die angefochtene Entscheidung auf der Grundlage des ersten Klagegrundes (fehlende Zuständigkeit des EPSO) aufhob, ohne dabei zu prüfen, ob der Antrag auf Überprüfung verspätet gestellt worden war, einen Rechtsfehler begangen hat, da es sich, wie oben in Rn. 27 ausgeführt, nicht mit der Frage befasste, ob die Klägerin ein Interesse an der Aufhebung hat, was nicht der Fall wäre, wenn der Antrag auf Überprüfung tatsächlich verfristet gewesen sein sollte, denn dann hätte der Prüfungsausschuss in seiner Eigenschaft als die für die Entscheidung über diesen Antrag zuständige Stelle eine identische Entscheidung erlassen müssen.

88      Der Gerichtshof hat hierzu in Rn. 120 des Rechtsmittelurteils festgestellt, dass „Zweifel [bestehen], wann genau [der Klägerin] die Entscheidung, mit der ihre Bewerbung abgelehnt wurde, übermittelt wurde und wann infolgedessen die in den Allgemeinen Vorschriften für die Stellung eines Überprüfungsantrags vorgesehene Frist von zehn Kalendertagen zu laufen begann“.

89      In Rn. 123 des Rechtsmittelurteils hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Kommission die Beweislast dafür trägt, dass die Klägerin den Antrag auf Überprüfung tatsächlich – wie von der Kommission vor dem Gericht geltend gemacht – verspätet gestellt hat. Er hat hinzugefügt, dass etwaige Zweifel daran, wann die Frist für die Stellung dieses Antrags zu laufen begann, der Klägerin zugutekommen müssen.

90      Im Rahmen des Verfahrens nach Zurückverweisung hat das Gericht daher zu klären, ob die Klägerin den Antrag auf Überprüfung verspätet gestellt hat; dies impliziert, dass zu klären ist, ob, wie die Kommission vorträgt, die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, tatsächlich am 30. Juli 2015 in das EPSO-Konto der Klägerin eingestellt wurde, so dass an diesem Tag die Frist für die Stellung eines Antrags auf Überprüfung zu laufen begann.

91      Sollte sich nicht klären lassen, ob die Klägerin den Antrag auf Überprüfung verspätet gestellt hat, wäre daraus zu schließen, dass der Prüfungsausschuss, wenn er mit diesem Antrag befasst worden wäre, eine für die Klägerin günstige Entscheidung hätte treffen können; dies bedeutet, dass die Klägerin nach der vom Gerichtshof angeführten und oben in Rn. 30 erwähnten Rechtsprechung ein berechtigtes Interesse an der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung dargetan hätte, so dass sie aufzuheben wäre.

92      Insoweit ist zum einen festzustellen, dass die von der Klägerin vorgelegten Beweise dafür, dass die Entscheidung, mit der ihre Bewerbung abgelehnt wurde, nicht am 30. Juli 2015 in ihr EPSO-Konto eingestellt wurde, Zweifel hinsichtlich des tatsächlichen Datums der Einstellung dieser Entscheidung aufkommen lassen.

93      Erstens erhielt die Klägerin nämlich, wie oben in Rn. 72 ausgeführt, am 7. August 2015 vom EPSO eine ihre Bewerbung für das allgemeine Auswahlverfahren betreffende E‑Mail mit der Mitteilung, dass in ihrem EPSO-Konto eine neue Nachricht veröffentlicht worden sei, und einem direkten Link zu dieser Nachricht. In der E‑Mail hieß es u. a., dass sie „zeitgleich gesendet [wird] mit der Veröffentlichung der neuen Nachricht“.

94      Nach den Angaben in dieser E‑Mail wurde die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, somit zeitgleich mit der Übersendung der E‑Mail an die Klägerin, d. h. am 7. August 2015, in ihr EPSO-Konto eingestellt.

95      Die Kommission gibt im Übrigen in der Gegenerwiderung an, dass „[d]as Verschicken der E‑Mail … in einem zweiten Schritt [erfolgt], normalerweise zeitgleich oder zeitnah“ mit der Einstellung der Mitteilung in das EPSO-Konto. Unter diesen Umständen muss ein Abstand von über einer Woche zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wird, über das EPSO-Konto eines Bewerbers mitgeteilt worden sein soll, und dem Versand der E‑Mail, mit der er darüber informiert wird, Zweifel am genauen Zeitpunkt der fraglichen Mitteilung wecken; dies lässt es glaubhaft erscheinen, dass ein technisches Problem bestand, aufgrund dessen sich die Einstellung der Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, verzögerte.

96      Zwar hieß es in der betreffenden E‑Mail weiter: „Für Gründe, auf die [das EPSO] keinen Einfluss hat, werden die E‑Mails in manchen Fällen verzögert bei Ihnen eingehen. Wir werden keine Beschwerden aufgrund dieser Verzögerung annehmen.“ Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen der Mitteilung der Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, über das EPSO-Konto der Klägerin und dem Versand der E‑Mail, mit der sie darüber informiert wurde, mehr als eine Woche liegen konnte.

97      Desgleichen ist der Hinweis in der E‑Mail, dass es sich bei ihr um einen „zusätzliche[n] Dienst [des] EPSO ohne rechtlichen Wert“ handele, unerheblich, da er nicht den Schluss zulässt, dass die E‑Mail des EPSO, mit der die Klägerin darüber informiert wurde, dass die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, in ihr EPSO-Konto eingestellt worden sei, über eine Woche später versandt worden sein könnte, obwohl es in der E‑Mail heißt, dass beide Vorgänge grundsätzlich zeitgleich stattfinden.

98      Zweitens wird der Zweifel, der darauf beruht, dass die Klägerin die E‑Mail, mit der sie darüber informiert wurde, dass die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, in ihr EPSO-Konto eingestellt worden sei, erst am 7. August 2015 erhielt und nicht am 30. Juli 2015, obwohl die Einstellung einer ablehnenden Entscheidung in das EPSO-Konto eines Bewerbers und der Versand der ihn darüber informierenden E‑Mail nach den Angaben des EPSO grundsätzlich zeitgleich erfolgen (auch wenn, wie sich aus den oben in Rn. 96 erwähnten Hinweisen in dieser E‑Mail ergibt, das EPSO die Möglichkeit der Verzögerung einer solchen E‑Mail gegenüber der Einstellung der Entscheidung anspricht), dadurch verstärkt, dass es sich bei der Klägerin nicht um einen isolierten Fall handelt.

99      Die Klägerin legt nämlich, gestützt auf Auszüge aus einem Blog des EPSO, dar, dass mindestens eine weitere Bewerberin im relevanten Zeitraum mit einem ähnlichen Problem konfrontiert wurde. Aus dem E‑Mail-Austausch zwischen dieser Bewerberin und dem EPSO geht hervor, dass ihr Antrag auf Überprüfung mit der Begründung, dass die Ergebnisse des allgemeinen Auswahlverfahrens am 30. Juli 2015 veröffentlicht worden seien, als verspätet eingestuft wurde, obwohl sie – wie die Klägerin – geltend machte, die Mitteilung über die Einstellung der sie betreffenden Entscheidung erst am 7. August 2015, mit derselben Standard-E‑Mail, erhalten zu haben.

100    So schrieb die betreffende Bewerberin in einer E‑Mail vom 10. August 2015: „Falls die zehn Tage ab dem Tag zählen, an dem die Ergebnisse in unseren Konten veröffentlicht wurden, möchte ich [das EPSO] darauf hinweisen, dass sich am 30. Juli [2015] in meinem Konto kein Schreiben befand.“ Sie forderte das EPSO sodann auf, zu „prüfen, ob es ein Problem mit meinem Konto gab“, oder ihr mitzuteilen „wie ich selbst … dies beweisen kann“. Im Anschluss an die Antwort des EPSO, dass der Bewerberin „das Schreiben … am 30. [Juli 2015] zugesandt wurde, so dass die zehn Tage nun vorbei sind“, erwiderte die Bewerberin, sie habe ihre „E‑Mail-Benachrichtigung nochmals überprüft, und sie trägt das Datum des 7. August [2015]“; sie wisse, dass sie ihr Konto „vor diesem Datum überprüft habe, und es war kein Schreiben da“.

101    Drittens geht, wie die Klägerin in ihrer Stellungnahme zum Fortgang des Verfahrens hervorhebt, aus den von der Kommission als Anlagen D.1 bis D.3 vorgelegten Dateien hervor, dass die meisten Teilnehmer am allgemeinen Auswahlverfahren die sie betreffende Mitteilung des Prüfungsausschusses in ihrem EPSO-Konto nicht am 30. Juli 2015 – dem Tag, an dem angeblich alle Mitteilungen in die EPSO-Konten der Bewerber eingestellt wurden – oder einem der folgenden Tage konsultierten, sondern am 7. August 2015, also genau an dem Tag, an dem die Klägerin die E‑Mail erhielt, die nach den Angaben des EPSO „zeitgleich“ mit der Einstellung der Mitteilung in ihrem EPSO-Konto versandt wurde. Dies stellt ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass zumindest diese Bewerber – zu denen die Klägerin gehört – die sie betreffenden Mitteilungen zuvor nicht konsultieren konnten, da sie in ihren Konten nicht abrufbar waren.

102    Zum anderen ist festzustellen, dass die von der Kommission vorgelegten Beweise diese Zweifel hinsichtlich des Zeitpunkts der Einstellung der Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, nicht ausräumen können.

103    Als ersten Nachweis dafür, dass die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, am 30. Juli 2015 eingestellt worden sei, legt die Kommission, wie oben in Rn. 81 ausgeführt, als Anlage B.1 einen Auszug aus der Website des EPSO vor. Er enthält bestimmte Informationen über Bewerber, darunter die Klägerin, in Form von Spalten. In Bezug auf die Klägerin enthalten die ersten beiden Spalten nicht näher erläuterte Nummern, die dritte und die vierte Spalte ihren Vor- und Nachnamen und die anschließenden Spalten folgende Informationen:

Fünfte Spalte

Sechste Spalte

Siebte Spalte

Achte Spalte

Neunte Spalte

„Y -

vlachma 30/07/2015

00:01“

„N -“

„Y -

08/08/2015

20:41“

„View“

„Delete“


104    In der Gegenerwiderung hat die Kommission ausgeführt, dass sich die fünfte Spalte der Anlage B.1 auf das Datum beziehe, an dem die Entscheidung über die Bewerbung eines Bewerbers hochgeladen worden sei, während in der siebten Spalte angegeben werde, ob ein Bewerber die deutsche Fassung der Entscheidung in seinem Konto konsultiert habe; dabei stehe „N“ für „Nein“ und „Y“ für „ja“, und das im letztgenannten Fall angegebene Datum entspreche dem Zeitpunkt der Konsultation. In ihrer Antwort auf die sechste Frage des Gerichts hat die Kommission angegeben, das Wort „vlachma“ sei im IT‑System der Benutzername einer Beamtin des EPSO, die im Rahmen des allgemeinen Auswahlverfahrens die Schreiben, mit denen die Bewerber über die Entscheidung des Prüfungsausschusses in Bezug auf die Zulassung zum Auswahlverfahren informiert worden seien, in das IT‑System und die EPSO-Konten der Bewerber eingestellt habe. Dieses Dokument beweise, dass die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt worden sei, am 30. Juli 2015 in das EPSO-Konto der Klägerin eingestellt worden sei (fünfte Spalte) und von ihr erst am 8. August 2015 konsultiert worden sei (siebte Spalte).

105    Erstens ist jedoch festzustellen, dass das in Anlage B.1 enthaltene Schriftstück unvollständig ist, da es sich um eine von zehn Seiten eines umfangreicheren Dokuments handelt, und zwar um die Seite, auf der sich der Name der Klägerin befindet; mithin ist nicht erkennbar, welchem Dokument dieses Schriftstück entstammt, so dass ihm kein hinreichender Beweiswert beigemessen werden kann. Zweitens wird in Anlage B.1 nirgends klar angegeben, wann das Dokument erstellt wurde, obwohl es als „elektronische Protokolldatei des IT‑Systems“ bezeichnet wird, was ein Mindestmaß an Genauigkeit voraussetzt, da eine Protokolldatei ihrem Wesen nach eine gewisse Authentizität der darin enthaltenen Daten gewährleisten soll. Das einzige in dieser Anlage erwähnte Datum, bei dem es sich nach seiner Form um das Datum des Ausdrucks dieses Dokuments zu handeln scheint, ist der 23. Mai 2016, also fast ein Jahr nach dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, in das EPSO-Konto der Klägerin eingestellt worden sein soll. Die genaue Uhrzeit, zu der die betreffende Entscheidung hochgeladen worden sein soll, lässt sich Anlage B.1 ebenfalls nicht entnehmen. Die in der fünften Spalte enthaltene Zeitangabe „00:01“ bedeutet nämlich nach den Angaben der Kommission, dass die Entscheidung irgendwann im Lauf des 30. Juli 2015 eingestellt worden sei; dies ist schwer vereinbar mit der behaupteten Genauigkeit der betreffenden Protokolldatei. Drittens enthält die letzte Spalte die Schaltfläche „Delete“, was ebenfalls nicht geeignet ist, die Authentizität der vorgelegten Daten zu gewährleisten.

106    Als zweiten Nachweis für das Hochladen der Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, legt die Kommission Anlage D.1 vor, die sie als vollständige Fassung der Anlage B.1 bezeichnet und auf deren dritter Seite, auf der sich der Name der Klägerin befindet, in der Tat einige der in Anlage B.1 enthaltenen Angaben zu finden sind.

107    Anlage D.1 enthält jedoch weder eine Überschrift noch eine Erwähnung des allgemeinen Auswahlverfahrens. Überdies lässt ein Vergleich von Anlage B.1 und Anlage D.1 entgegen dem Vorbringen der Kommission, wonach Anlage B.1 ein Auszug aus Anlage D.1 sein soll, nicht den Schluss zu, dass es sich um dasselbe Dokument handelt. Die beiden Dokumente unterscheiden sich nämlich sowohl in ihrer Gestaltung als auch in ihrem Inhalt. Wie die Klägerin in ihrer Stellungnahme zu den im Rahmen der Gegenerwiderung vorgelegten Beweisen darlegt, weisen diese beiden Anlagen erstens ein ganz unterschiedliches Schriftbild auf, zweitens enthält Anlage D.1 Überschriften der Spalten, die in Anlage B.1 fehlen, drittens befinden sich die in Anlage D.1 enthaltenen Daten in Feldern in Form einer Gitterstruktur, während es in Anlage B.1 keine solche erkennbare Struktur gibt, viertens enthält die erste Spalte von Anlage B.1 eine achtstellige Zahl im Format „1040xxxx“, die in Anlage D.1 nicht zu finden ist, und fünftens fehlt die in sämtlichen Zeilen von Anlage B.1 enthaltene Angabe „vlachma“ in Anlage D.1 ebenfalls.

108    Aus den oben in Rn. 107 getroffenen Feststellungen ergibt sich somit, dass Anlage D.1 und Anlage B.1 zwei verschiedene Dokumente sind, was entgegen dem Vorbringen der Kommission die Annahme ausschließt, dass Anlage D.1 eine vollständige Fassung von Anlage B.1 darstellt.

109    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass diese beiden Dokumente in Anbetracht zum einen der Zweifel, die an der Zuverlässigkeit und der Authentizität jedes von ihnen bestehen, und zum anderen des Fehlens irgendeines Anhaltspunkts, anhand dessen sich klären ließe, welches von ihnen die echte elektronische Protokolldatei des IT‑Systems sein soll – unterstellt, eines von ihnen könnte diese Datei sein –, keinen Beweis von hinreichender Zuverlässigkeit darstellen können, der den Schluss zuließe, dass die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, am 30. Juli 2015 in das EPSO-Konto der Klägerin eingestellt wurde.

110    Folglich besitzt weder Anlage B.1 noch Anlage D.1 hinreichenden Beweiswert dafür, dass die Klägerin den Antrag auf Überprüfung tatsächlich verspätet gestellt hat. Es bleiben nämlich Zweifel hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem die Mitteilung des EPSO über die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, hochgeladen wurde.

111    Als dritten Nachweis legt die Kommission Anlage B.3 vor, bei der es sich um eine elektronische Protokolldatei des IT‑Systems über die Nutzung des EPSO-Kontos der Klägerin handeln soll. Sie enthält bestimmte Daten (die 26 von 167 „Besuchen“ entsprechen) dazu, wann sich die Klägerin in ihr Konto eingeloggt haben soll; dies soll beweisen, dass die Klägerin entgegen ihrem Vorbringen ihr EPSO-Konto nicht am 4. August 2015 konsultiert habe, ohne dort die Mitteilung über die Entscheidung, mit der ihre Bewerbung abgelehnt wurde, vorzufinden, die am 30. Juli 2015 hochgeladen worden sein soll.

112    Anlage B.3 besteht aus zwei Seiten. Die erste Seite und der obere Teil der zweiten Seite enthalten personenbezogene Daten der Klägerin. Überdies befindet sich am rechten Rand des unteren Teils der zweiten Seite eine Liste von Verbindungsdaten und ‑uhrzeiten, die die Klägerin betreffen sollen.

113    Wie die Klägerin hervorhebt, deutet jedoch nichts darauf hin, dass diese Liste von Verbindungen ein originärer Bestandteil des Dokuments ist, denn sie unterscheidet sich in ihrer typografischen Struktur (Schriftgröße, Format der Datums- und Uhrzeitangaben) erheblich vom übrigen Dokument. Wie die Klägerin ferner hervorhebt, kann angesichts dieser Formatierung sowie der Positionierung der Liste am rechten Seitenrand (während sich alle übrigen Daten in der linken Hälfte befinden) nicht ausgeschlossen werden, dass die Liste kopiert und anschließend in die zweite Seite des Dokuments eingefügt wurde. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass dieses Schriftstück nicht den Nachweis erlaubt, dass die Klägerin ihr EPSO-Konto am 4. August 2015 nicht konsultiert hat.

114    Diese Schlussfolgerung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Kommission als vierten Nachweis das Dokument in Anlage D.5 vorgelegt hat; dabei handelt es sich nach ihren Angaben um die elektronische Protokolldatei des IT‑Systems über die Nutzung des EPSO-Kontos der Klägerin, die sämtliche Daten enthalte, an denen sie sich dort eingeloggt habe, und um die vollständige Fassung von Anlage B.3.

115    Anlage D.5 besteht aus fünf Seiten. Der obere Teil der ersten Seite und die zweite Seite enthalten personenbezogene Daten der Klägerin. Im unteren Teil der ersten Seite befindet sich am rechten Rand eine Liste von Verbindungsdaten und ‑uhrzeiten, die die Klägerin betreffen sollen. Die dritte, die vierte und die fünfte Seite enthalten ebenfalls eine Liste von Verbindungsdaten und ‑uhrzeiten, die die Klägerin betreffen sollen; ihre Gestaltung weicht jedoch von der der Liste am rechten Rand des unteren Teils der ersten Seite ab.

116    Wie die Klägerin hervorhebt, sind die zum einen auf der ersten Seite der Anlage D.5 und zum anderen auf der dritten, der vierten und der fünften Seite dieser Anlage zu findenden Listen von Verbindungen jedoch unvollständig, da dort nicht alle Daten, an denen sie sich in ihr Konto eingeloggt haben soll, angegeben sind (denn es sind nur 172 der 175 Zugriffe verzeichnet, die es nach den Angaben am linken Rand des unteren Teils der ersten Seite sowie des oberen Teils der dritten Seite gegeben haben soll).

117    Unter diesen Umständen kann weder Anlage B.3 noch Anlage D.5 die Zweifel daran ausräumen, wann die Klägerin die Mitteilung über die Entscheidung, mit der ihre Bewerbung abgelehnt wurde, konsultierte. Das Gericht kann daher nicht mit Sicherheit ausschließen, dass das Vorbringen der Klägerin, sie habe ihr EPSO-Konto am 4. August 2015 konsultiert, ohne dort die genannte Entscheidung vorzufinden, zutrifft. Es ist nämlich keineswegs ausgeschlossen, dass es im fraglichen Zeitraum Funktionsstörungen beim IT‑System des EPSO gab.

118    Als fünften Nachweis legt die Kommission insoweit das Schriftstück in Anlage S.2 vor, eine Erklärung von Herrn X, bei dem es sich nach den Angaben in ihrer Stellungnahme zum Fortgang des Verfahrens um einen „Berater für Informatik, der beigetragen hat, das Informatiksystem für [das] EPSO und die Auswahlverfahren einzurichten“, handeln soll.

119    In dieser Stellungnahme macht die Kommission geltend, die Erklärung von Herrn X bestätige, dass es entgegen dem Vorbringen der Klägerin „ausgeschlossen“ sei, dass ein Bewerber sein EPSO-Konto konsultiere, ohne dass das IT‑System diese Verbindung registriere.

120    Wie die Klägerin hervorhebt, handelt es sich bei Herrn X jedoch mitnichten um einen „Berater“, d. h. einen von der Einrichtung, für die er tätig ist, unabhängigen Fachmann, sondern nach den Angaben auf der Website mit Informationen über die Bediensteten und sonstigen Mitarbeiter der europäischen Organe (EU Whoiswho) um einen „Advisor ICT policy“ des EPSO (Strategieberater für den Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik), also um einen Bediensteten des EPSO. Der Briefkopf „EPSO The Director“, den Anlage S.2 trägt, deutet im Übrigen darauf hin, dass Herr X dem Direktor des EPSO unterstellt ist, so dass sich nicht ausschließen lässt, dass die von ihm abgegebene Erklärung auf Direktionsebene vorformuliert worden sein könnte. Nach der Rechtsprechung ist aber zu berücksichtigen, dass die fragliche Erklärung von einer Person abgegeben wurde, die nicht als vom EPSO unabhängig eingestuft werden kann, da Herr X nicht nur dem Personal des EPSO angehört, sondern seine Erklärung auch unter dem Briefkopf der Direktion des EPSO abgegeben hat. Infolgedessen kann dieses Dokument, da es von einer Person stammt, die in einem Unterordnungsverhältnis zum EPSO steht, mangels eines anderen, die darin enthaltenen Angaben bestätigenden Beweisstücks nicht zum Nachweis dafür dienen, dass die dort geschilderten Umstände tatsächlich vorliegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 2020, HeidelbergCement und Schwenk Zement/Kommission, T‑380/17, EU:T:2020:471, Rn. 169 und die dort angeführte Rechtsprechung), es sei denn, sie würden durch objektive Anhaltspunkte aus der Akte bestätigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Oktober 2008, Carbone-Lorraine/Kommission, T‑73/04, EU:T:2008:416, Rn. 205).

121    Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass der Verfasser der Erklärung, wie die Klägerin geltend macht, in Anlage S.2 lediglich angibt, ihm sei „kein Vorfall in der Vergangenheit bekannt“. Er erklärt also nicht, dass es keinen Vorfall gegeben habe, sondern nur, dass ihm nichts davon bekannt sei.

122    Daraus folgt, dass die fragliche Erklärung es nicht erlaubt, jede Funktionsstörung des IT‑Systems des EPSO auszuschließen.

123    Somit ist – angesichts dessen, dass erstens die von der Kommission vorgelegten Beweise zum Nachweis des Zeitpunkts, zu dem die Ablehnung der Bewerbung mitgeteilt worden sein soll, trotz des von ihr im Rahmen des zweiten Schriftsatzwechsels vorgelegten zweiten Unterlagenkonvoluts nur begrenzt zuverlässig erscheinen, dass zweitens in einer an die Klägerin gerichteten E‑Mail des EPSO vom 7. August 2015 angegeben wurde, dass das Hochladen der Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung, das am 30. Juli 2015 vom EPSO vorgenommen worden sein soll, grundsätzlich „zeitgleich“ mit dem Versand dieser E‑Mail erfolge, was die Kommission in ihren Schriftsätzen bestätigt, dass drittens die Klägerin eine andere Bewerberin erwähnt, die angegeben hat, die Mitteilung über die ihre Bewerbung betreffende Entscheidung nicht am 30. Juli 2015, sondern am 7. August 2015, also an dem Tag, an dem die oben genannte E‑Mail des EPSO versandt wurde, erhalten zu haben, und dass viertens die meisten Zugriffe der Teilnehmer am allgemeinen Auswahlverfahren auf ihr EPSO-Konto am 7. August 2015 und nicht am 30. Juli 2015 erfolgten – davon auszugehen, dass Zweifel daran bestehen, wann die Entscheidung, mit der die Bewerbung abgelehnt wurde, tatsächlich in das EPSO-Konto der Klägerin eingestellt wurde. Auch wenn die Kommission vorträgt, dass es sich um den 30. Juli 2015 handele, erscheint es nämlich nicht weniger wahrscheinlich, dass diese Entscheidung, wie die Klägerin vorbringt, am 7. August 2015 eingestellt wurde, dem Tag, an dem sie die E‑Mail des EPSO erhielt, mit der sie nach deren klarem Wortlaut darüber informiert wurde, dass die Entscheidung „zeitgleich“ mit dem Versand der E‑Mail eingestellt worden sei; dies wäre im Übrigen eine Erklärung dafür, weshalb die meisten Bewerber ihre eigenen EPSO-Konten ebenfalls an diesem Tag konsultierten.

124    Somit ist dem vierten Klagegrund auf der Grundlage der oben in den Rn. 70 bis 80 dargelegten Argumente stattzugeben, ohne dass es erforderlich wäre, auf die übrigen von der Klägerin im Rahmen dieses Klagegrundes vorgebrachten Argumente einzugehen. Da der vierte Klagegrund durchgreift, ist der Klage stattzugeben, ohne dass über den zweiten und den dritten Klagegrund entschieden zu werden braucht.

 Kosten

125    Nach Art. 133 der Verfahrensordnung wird über die Kosten in dem das Verfahren beendenden Urteil entschieden. Im ursprünglichen Urteil hatte das Gericht der Kommission die Kosten auferlegt. Im Rechtsmittelurteil hat der Gerichtshof die Kostenentscheidung vorbehalten. Daher ist im vorliegenden Urteil gemäß Art. 219 der Verfahrensordnung über sämtliche Kosten zum einen des vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst eingeleiteten und vor dem Gericht fortgesetzten Rechtsstreits, sodann des Rechtsstreits vor dem Gericht infolge der Zurückverweisung durch den Gerichtshof und zum anderen des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof zu entscheiden.

126    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

127    Im vorliegenden Fall hat die Kommission zwar im Rechtsmittelverfahren obsiegt. Sie ist jedoch letztlich in der Sache unterlegen, da sie nicht nachgewiesen hat, dass die Klägerin ihren Antrag auf Überprüfung verspätet gestellt hat, und somit nicht dargetan hat, dass die Klägerin kein Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses hat. Unter diesen Umständen sind der Kommission die Kosten des ursprünglich vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst eingeleiteten Verfahrens in der Rechtssache F‑17/16, des anschließend infolge der durch Art. 3 der Verordnung 2016/1192 erfolgten Übertragung der Zuständigkeit auf das Gericht dort durchgeführten Verfahrens in der Rechtssache T‑587/16, des Rechtsmittelverfahrens in der Rechtssache C‑70/19 P und des vorliegenden Verfahrens nach Zurückverweisung in der Rechtssache T‑587/16 RENV aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung des Europäischen Amtes für Personalauswahl (EPSO) vom 17. August 2015, den Antrag auf Überprüfung der Entscheidung des Prüfungsausschusses, die Klägerin nicht zur nächsten Phase des Auswahlverfahrens EPSO/ASTSC/03/15-3 zuzulassen, nicht zu berücksichtigen, wird aufgehoben.

2.      Die Europäische Kommission trägt die Kosten des ursprünglichen Verfahrens vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (F‑17/16) und vor dem Gericht (T587/16), des Verfahrens vor dem Gerichtshof in der Rechtssache C70/19 P sowie des vorliegenden Verfahrens nach Zurückverweisung (T587/16 RENV).

Gervasoni

Madise

Frendo

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Juli 2021.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Deutsch.