Language of document : ECLI:EU:C:2013:659

Rechtssache C‑533/11

Europäische Kommission

gegen

Königreich Belgien

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 91/271/EWG – Behandlung von kommunalem Abwasser – Urteil des Gerichtshofs, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird – Nichtdurchführung – Art. 260 AEUV – Finanzielle Sanktionen – Verhängung eines Pauschalbetrags und eines Zwangsgelds“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 17. Oktober 2013

1.        Vertragsverletzungsklage – Urteil des Gerichtshofs, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird – Frist für die Durchführung – Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Vertragsverletzung

(Art. 228 Abs. 2 EG; Art. 260 Abs. 1 AEUV)

2.        Vertragsverletzungsklage – Urteil des Gerichtshofs, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird – Verletzung der Verpflichtung zur Durchführung des Urteils – Finanzielle Sanktionen – Verhängung eines Pauschalbetrags – Vorschläge und Leitlinien der Kommission – Auswirkung – Ermessen des Gerichtshofs – Beurteilungskriterien

(Art. 260 Abs. 2 AEUV)

3.        Vertragsverletzungsklage – Urteil des Gerichtshofs, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird – Verletzung der Verpflichtung zur Durchführung des Urteils – Finanzielle Sanktionen – Zwangsgeld – Verurteilung zur Zahlung – Voraussetzung – Fortdauer der Vertragsverletzung bis zur Verkündung des Urteils

(Art. 260 Abs. 2 AEUV)

4.        Vertragsverletzungsklage – Urteil des Gerichtshofs, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird – Verletzung der Verpflichtung zur Durchführung des Urteils – Finanzielle Sanktionen – Zwangsgeld – Festsetzung der Höhe – Kriterien

(Art. 260 Abs. 2 AEUV)

5.        Vertragsverletzungsklage – Urteil des Gerichtshofs, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird – Verletzung der Verpflichtung zur Durchführung des Urteils – Finanzielle Sanktionen – Zwangsgeld – Festsetzung der Höhe – Degressives Zwangsgeld

(Art. 260 Abs. 2 AEUV; Richtlinie 91/271 des Rates)

1.        Für die Beurteilung des Vorliegens einer Vertragsverletzung nach Art. 260 Abs. 1 AEUV ist als maßgebender Zeitpunkt auf den Ablauf der Frist abzustellen, die in dem nach dieser Bestimmung versandten Mahnschreiben gesetzt wurde. Wenn jedoch das Vertragsverletzungsverfahren auf der Grundlage von Art. 228 Abs. 2 EG eingeleitet wurde, ist der maßgebende Zeitpunkt für die Beurteilung einer Vertragsverletzung das Ende der Frist, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde, die vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, d. h. vor dem 1. Dezember 2009, abgegeben wurde.

(vgl. Randnr. 32)

2.        Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Randnrn. 51-61)

3.        Die Verurteilung eines Mitgliedstaats, der gegen seine Verpflichtungen aus Art. 260 Abs. 1 AEUV verstoßen hat, zur Zahlung eines Zwangsgelds ist grundsätzlich nur insoweit gerechtfertigt, als die Vertragsverletzung, die sich aus der Nichtdurchführung eines früheren Urteils ergibt, bis zur Prüfung des Sachverhalts durch den Gerichtshof andauert. Wenn zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die zur Durchführung des vorherigen Urteils notwendigen Maßnahmen noch nicht in vollem Umfang ergriffen worden sind, ist die Verurteilung dieses Mitgliedstaats zur Zahlung eines Zwangsgelds ein angemessenes finanzielles Mittel, um die vollständige Durchführung dieses Urteils sicherzustellen.

Allerdings ist es im Fall einer kontinuierlichen Entwicklung hin zu einer vollständigen Durchführung des vorherigen Urteils nicht ausgeschlossen, dass das vorherige Urteil am Tag der Verkündung des Urteils, mit dem die Vertragsverletzung festgestellt wird, ganz durchgeführt ist. Daher wird das Zwangsgeld nur für den Fall verhängt, dass die Vertragsverletzung zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils, mit dem diese Vertragsverletzung festgestellt wird, noch andauert.

(vgl. Randnrn. 64-67)

4.        Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Randnrn. 68, 69)

5.        Da die Erbringung des Nachweises der Einhaltung der Richtlinie 91/271 über die Behandlung von kommunalem Abwasser eine bestimmte Frist erfordern kann und um dem von einem Mitgliedstaat, der gegen die Verpflichtungen aus Art. 3 und 5 der genannten Richtlinie verstoßen hat, eventuell gemachten Fortschritt Rechnung zu tragen, muss die tatsächliche Höhe des Zwangsgelds auf der Grundlage von sechsmonatigen Zeiträumen berechnet werden, indem der Gesamtbetrag für den jeweiligen Zeitraum um einen Prozentsatz reduziert wird, der dem Verhältnis entspricht, in dem die Anzahl der Einwohnerwerte, die mit dem Urteil, mit dem die Vertragsverletzung dieses Mitgliedstaats festgestellt wird, bis zum Ende des jeweiligen Zeitraums in Einklang gebracht worden sind, zu der Anzahl der Einwohnerwerte steht, die mit dem vorliegenden Urteil am Tag seiner Verkündung nicht in Einklang stehen.

(vgl. Randnrn. 73, 74 und Tenor 3)