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Klage, eingereicht am 20. September 2023 – Evroins inshurans grup/EIOPA

(Rechtssache T586/23)

Verfahrenssprache: Englisch

Parteien

Klägerin: Evroins inshurans grup AD (Sofia, Bulgarien) (vertreten durch Rechtsanwältin A. Morogai und Rechtsanwälte H. Drăghici sowie F. Giurgea)

Beklagte: Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA)

Anträge

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Beschwerdeausschusses der Europäischen Aufsichtsbehörden (im Folgenden: Beschwerdeausschuss) vom 19. Juli 2023 (BoAD- 2023 - 02) in der von dem Beschwerdeausschuss am 25. Juli 2023 aktualisierten Fassung (im Folgenden: Beschluss BoAD- 2023 - 02) für nichtig zu erklären und folglich

den Bericht der EIOPA über die Beurteilung der Bewertung der versicherungstechnischen Rückstellungen vor und nach Rückversicherung für das KfzHaftpflichtportfolio der Euroins Romania Asigurare – Reasigurare SA (EIOPA- 23 - 149) vom 28. März 2023 (im Folgenden: Bericht der EIOPA) für nichtig zu erklären oder, hilfsweise, dem Beschwerdeausschuss aufzugeben, die Beschwerde der Klägerin gegen den Bericht der EIOPA neu zu prüfen;

die Europäischen Aufsichtsbehörden und die EIOPA zu verurteilen, Euroins die mit diesem Verfahren verbundenen Kosten zu erstatten.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Die Klage wird auf folgende fünf Hauptgründe gestützt:

Erstens habe der Beschwerdeausschuss gegen die Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates, die Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und die Verfahrensvorschriften des Beschwerdeausschusses verstoßen:1

–Der Beschwerdeausschuss habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass der Bericht der EIOPA keinen Beschluss im Sinne der Verordnung Nr. 1094/2010 darstelle.

–Der Beschwerdeausschuss habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass der Bericht der EIOPA keinen „Beschluss“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union darstelle.

–Der Beschwerdeausschuss habe nicht beachtet, dass die Bestimmungen der Richtlinie 2009/138 den Schluss zuließen, dass es in diesem Rechtsakt keine der EIOPA eingeräumte spezifische Befugnis gebe, die versicherungstechnischen Rückstellungen vor und nach Rückversicherung eines Versicherers zu beurteilen/bewerten/prüfen. Außerdem sei eine solche „Befugnis“ ausschließlich den Mitgliedstaaten über ihre nationalen Aufsichtsbehörden eingeräumt worden.

Zweitens verstoße der Beschluss BoAD- 2023 - 02 gegen allgemeine Grundsätze des Unionsrechts:

Der Beschluss BoAD- 2023 - 02 sei unter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergangen. Der Beschwerdeausschuss habe nicht geprüft, ob der Bericht der EIOPA mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Einklang stehe, insbesondere, ob dieser Bericht geeignet und erforderlich sei, um das angestrebte Ziel zu erreichen.

Der Beschluss BoAD- 2023 - 02 sei unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ergangen, insbesondere, weil der Beschwerdeausschuss nicht geprüft habe, ob die EIOPA gegenüber der Klägerin nicht objektiv und diskriminierend gehandelt habe.

In Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes nach Maßgabe der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union habe die Klägerin darauf vertrauen dürfen, dass keine Bewertung durch die EIOPA selbst eingeleitet und durchgeführt werde.

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes gelte nicht nur für die Durchsetzung des Unionsrechts, sondern auch für den Schutz der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte. Das Recht, sich an den Beschwerdeausschuss zu wenden, sei jedoch nicht effektiv gewesen, da dieser es abgelehnt habe, die tatsächliche Natur des Berichts der EIOPA richtig zu beurteilen und seine tatsächlichen Auswirkungen zu überprüfen.

Drittens verstoße der Beschluss BoAD- 2023 - 02 gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Art. 47 der Charta sei nicht beachtet worden, da das Recht der Klägerin auf Einlegung einer Beschwerde gegen den Bericht der EIOPA vor dem Beschwerdeausschuss illusorisch und daher nicht effektiv gewesen sei, da die Beschwerdeausschuss die von der Klägerin vorgebrachten Tatsachen und Beweise nicht angemessen geprüft habe.

Viertens stelle der Erlass des Beschlusses BoAD- 2023 - 02, mit dem die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen worden sei, einen Ermessensmissbrauch des Beschwerdeausschusses dar.

Eine gemeinsame Auslegung bestimmter Teile des Beschlusses BoAD- 2023 - 02 könne zu dem Ergebnis führen, dass die rechtliche Auslegung des Beschwerdeausschusses im Beschluss BoAD- 2023 - 02 ein ziemlicher Zirkelschluss sei und ohne ausreichende Begründung und Bezugnahme auf zugelassene Beweise schlussfolgere, dass der Bericht der EIOPA keinen Beschluss im Sinne der Verordnung Nr. 1094/2010 darstelle.

Fünftens überschreite die Erstellung des Berichts der EIOPA deren durch die Richtlinie 2009/138 und die Verordnung Nr. 1094/2010 geregelte Befugnisse.

Indem die EIOPA die Beurteilung der Bewertung der versicherungstechnischen Rückstellungen vor und nach Rückversicherung eingeleitet und durchgeführt habe, habe sie ihre Befugnisse nach der Verordnung Nr. 1094/2010 überschritten und außerhalb ihrer rechtlichen Befugnisse und Kompetenzen gehandelt. Die EIOPA habe im Widerspruch zu der ihr übertragenen Aufgabe gehandelt, die Konvergenz der Aufsicht innerhalb der Europäischen Union zu gewährleisten.

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1 Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission (ABl. 2010, L 331, S. 48).

1 Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (Neufassung) (ABl. 2009, L 335, S. 1).