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Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Wien (Österreich) eingereicht am 16. März 2022 - CK

(Rechtssache C-203/22)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Verwaltungsgericht Wien

Parteien des Ausgangsverfahrens

Beschwerdeführerin: CK

Mitbeteiligte Parteien: Dun & Bradstreet Austria GmbH, Magistrat der Stadt Wien

Vorlagefragen

Welche inhaltlichen Erfordernisse muss eine erteilte Auskunft erfüllen, um als ausreichend „aussagekräftig“ im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO)1 eingestuft zu werden?

Sind – allenfalls unter Wahrung eines bestehenden Betriebsgeheimnisses – im Falle eines Profilings vom Verantwortlichen im Rahmen der Beauskunftung der „involvierten Logik“ grundsätzlich auch die für die Ermöglichung der Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses der automatisierten Entscheidung im Einzelfall wesentlichen Informationen, worunter insbesondere 1) die Bekanntgabe der verarbeiteten Daten des Betroffenen, 2) die Bekanntgabe der für die Ermöglichung der Nachvollziehbarkeit erforderlichen Teile des dem Profiling zugrunde gelegenen Algorithmus und 3) die maßgeblichen Informationen zur Erschließung des Zusammenhangs zwischen verarbeiteter Information und erfolgter Valuierung zählen, bekannt zu geben?

Sind in Fällen, welche ein Profiling zum Gegenstand haben, dem Auskunftsberechtigten im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO auch im Falle des Einwands eines Betriebsgeheimnisses jedenfalls nachfolgende Informationen zur konkreten ihn betreffenden Verarbeitung bekannt zu geben, um ihm die Wahrung seiner Rechte aus Art. 22 Abs. 3 DS-GVO zu ermöglichen:

Übermittlung aller allenfalls pseudoanonymisierter Informationen, insbesondere zur Weise der Verarbeitung der Daten des Betroffenen, die die Überprüfung der Einhaltung der DS-GVO erlauben,

Zur-Verfügung-Stellung der zur Profilerstellung verwendeten Eingabedaten,

die Parameter und Eingangsvariablen, welche bei der Bewertungsermittlung herangezogen wurden,

der Einfluss dieser Parameter und Eingangsvariablen auf die errechnete Bewertung,

Informationen zum Zustandekommen der Parameter bzw. Eingangsvariablen,

Erklärung, weshalb der Auskunftsberechtigte im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO einem bestimmten Bewertungsergebnis zugeordnet wurde, und Darstellung, welche Aussage mit dieser Bewertung verbunden wurde,

Aufzählung der Profilkategorien und Erklärung, welche Bewertungsaussage mit jeder der Profilkategorien verbunden ist?

Steht das durch Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO mit den durch Art. 22 Abs. 3 DS-GVO garantierten Rechten auf Darlegung des eigenen Standpunkts und auf Bekämpfung einer erfolgten automatisierten Entscheidung im Sinne des Art. 22 DS-GVO insofern in einem Zusammenhang, als der Umfang der aufgrund eines Auskunftsbegehrens im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO zu erteilenden Informationen nur dann ausreichend „aussagekräftig“ ist, wenn der Auskunftsbegehrende und Betroffene im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO in die Lage versetzt wird, die ihm durch Art. 22 Abs. 3 DS-GVO garantierten Rechte auf Darlegung seines eigenen Standpunkts und auf Bekämpfung der ihn betreffenden automatisierten Entscheidung im Sinne des Art. 22 DS-GVO tatsächlich, profund und erfolgversprechend wahrzunehmen?

a) Ist Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO dahingehend auszulegen, dass nur dann von einer „aussagekräftigen Information“ im Sinne dieser Bestimmung auszugehen ist, wenn diese Information so weitgehend ist, dass es dem Auskunftsberechtigten im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO möglich ist festzustellen, ob diese erteilte Information auch den Tatsachen entspricht, daher ob der konkret angefragten automatisierten Entscheidung auch tatsächlich die bekannt gegebenen Informationen zugrunde gelegen sind?

b) Bejahendenfalls: Wie ist vorzugehen, wenn die Richtigkeit der von einem Verantwortlichen erteilten Information nur dadurch überprüft zu werden vermag, wenn auch von der DS-GVO geschützte Daten Dritter dem Auskunftsberechtigten im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO zur Kenntnis gebracht werden müssen (Black-Box)?

Kann dieses Spannungsverhältnis zwischen dem Auskunftsrecht im Sinne des Art. 15 Abs. 1 DS-GVO und dem Datenschutzrecht Dritter auch dadurch aufgelöst werden, indem die für die Richtigkeitsüberprüfung erforderlichen Daten Dritter, welche ebenfalls demselben Profiling unterzogen wurden, ausschließlich der Behörde oder dem Gericht offen gelegt werden, sodass die Behörde oder das Gericht eigenständig zu überprüfen hat, ob die bekannt gegebenen Daten dieser dritten Personen den Tatsachen entsprechen?

c) Bejahendenfalls: Welche Rechte haben dem Auskunftsberechtigten im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO im Falle der Gebotenheit der Gewährleistung des Schutzes fremder Rechte im Sinne des Art. 15 Abs. 4 DS-GVO durch die Schaffung der unter Punkt 3b) angesprochenen Black-Box jedenfalls eingeräumt zu werden?

Sind dem Auskunftsberechtigten im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO in diesem Fall jedenfalls die für die Ermöglichung der Überprüfbarkeit der Richtigkeit der Entscheidungsfindung vom Verantwortlichen im Sinne des Art. 15 Abs. 1 DS-GVO bekannt zu gebenden Daten anderer Personen in pseudoanonymisierter Form bekannt zu geben?

a) Wie ist vorzugehen, wenn die zu erteilende Information im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO auch die Vorgaben eines Geschäftsgeheimnisses im Sinne des Art. 2 Nr. 1 der Know-how-Richtlinie1 erfüllt?

Kann das Spannungsverhältnis zwischen dem durch Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO garantierten Auskunftsrecht und dem durch die Know-how-Richtlinie geschützten Recht auf Nichtoffenlegung eines Geschäftsgeheimnisses dadurch aufgelöst werden, indem die als Geschäftsgeheimnis im Sinne des Art. 2 Nr. 1 der Know-how-Richtlinie einzustufenden Informationen ausschließlich der Behörde oder dem Gericht offen gelegt werden, sodass die Behörde oder das Gericht eigenständig zu überprüfen haben, ob vom Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses im Sinne des Art. 2 Nr. 1 der Know-how-Richtlinie auszugehen ist, und ob die vom Verantwortlichen im Sinne des Art. 15 Abs. 1 DS-GVO erteilte Information den Tatsachen entspricht?

b) Bejahendenfalls: Welche Rechte haben dem Auskunftsberechtigten im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO im Falle der Gebotenheit der Gewährleistung des Schutzes fremder Rechte im Sinne des Art. 15 Abs. 4 DS-GVO durch die Schaffung der unter Punkt 4a) angesprochenen Black-Box jedenfalls eingeräumt zu werden?

Sind (auch) in diesem Fall eines Auseinanderfallens der der Behörde bzw. dem Gericht bekannt zu gebenden Informationen und der dem Auskunftsberechtigten i.S.d. Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO bekannt zu gebenden Informationen in Fällen, welche ein Profiling zum Gegenstand haben, dem Auskunftsberechtigten im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO jedenfalls nachfolgende Informationen zur konkreten ihn betreffenden Verarbeitung bekannt zu geben, um ihm die Wahrung seiner Rechte aus Art. 22 Abs. 3 DS-GVO völlig zu ermöglichen:

Übermittlung aller allenfalls pseudoanonymisierter Informationen, insbesondere zur Weise der Verarbeitung der Daten des Betroffenen, die die Überprüfung der Einhaltung der DS-GVO erlauben,

Zur-Verfügung-Stellung der zur Profilerstellung verwendeten Eingabedaten,

die Parameter und Eingangsvariablen, welche bei der Bewertungsermittlung herangezogen wurden,

der Einfluss dieser Parameter und Eingangsvariablen auf die errechnete Bewertung,

Informationen zum Zustandekommen der Parameter bzw. Eingangsvariablen,

Erklärung, weshalb der Auskunftsberechtigte im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO einem bestimmten Bewertungsergebnis zugeordnet wurde, und Darstellung, welche Aussage mit dieser Bewertung verbunden wurde,

Aufzählung der Profilkategorien und Erklärung, welche Bewertungsaussage mit jeder der Profilkategorien verbunden ist?

Wird durch die Bestimmung des Art. 15 Abs. 4 DS-GVO in irgendeiner Weise der Umfang der gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO zu erteilenden Auskunft beschränkt?

Bejahendenfalls, in welcher Weise wird dieses Auskunftsrecht durch Art. 15 Abs. 4 DS-GVO beschränkt, und wie ist im jeweiligen Fall dieser Umfang der Einschränkung zu ermitteln?

Ist die Bestimmung des § 4 Abs. 6 Datenschutzgesetz, wonach „das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Art. 15 DS-GVO gegenüber einem Verantwortlichen unbeschadet anderer gesetzlicher Beschränkungen in der Regel dann nicht (besteht), wenn durch die Erteilung dieser Auskunft ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis des Verantwortlichen bzw. Dritter gefährdet würde, mit den Vorgaben des Art. 15 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 3 DS-GVO vereinbar? Bejahendenfalls, unter welchen Vorgaben liegt eine solche Vereinbarkeit vor?

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1     Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (ABl. 2016, L 119, S. 1).

1     Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (ABl. 2016, L 157, S. 1).