Language of document : ECLI:EU:C:2021:115

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

JEAN RICHARD DE LA TOUR

vom 11. Februar 2021(1)

Rechtssache C648/20 PPU

Svishtov Regional Prosecutor’s Office

gegen

PI

(Vorabentscheidungsersuchen des Westminster Magistrates’ Court [Bezirksgericht Westminster, Vereinigtes Königreich])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Eilvorabentscheidungsverfahren – Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Europäischer Haftbefehl – Rahmenbeschluss 2002/584/JI – Von der Staatsanwaltschaft eines Mitgliedstaats erlassener nationaler Haftbefehl und Europäischer Haftbefehl – Wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz – Fehlen gerichtlichen Rechtsschutzes im Ausstellungsmitgliedstaat vor der Übergabe der gesuchten Person an diesen Mitgliedstaat – Recht auf Freiheit – Art. 6 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union“






I.      Einleitung

1.        Die Verfahren für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls unterscheiden sich erheblich von einem Mitgliedstaat zum anderen, u. a. hinsichtlich der Behörden, die als „ausstellende Justizbehörde“ und als „vollstreckende Justizbehörde“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 und 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten(2) in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 geänderten Fassung benannt sind(3). Unterschiede bestehen auch bei den Rechtsbehelfsverfahren, die die Mitgliedstaaten geschaffen haben, damit Personen, gegen die ein Europäischer Haftbefehl besteht, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausstellung dieses Haftbefehls in Frage stellen und die nationale Entscheidung, die diesem zugrunde liegt, anfechten können.

2.        Angesichts der Unterschiedlichkeit dieser verfahrensrechtlichen Systeme hat der Gerichtshof eine Rechtsprechung entwickelt, die den Schwerpunkt darauf legt, dass es sich bei den ausstellenden und bei den vollstreckenden Behörden, die im Rahmen eines auf dem Rahmenbeschluss 2002/584 beruhenden Übergabesystems zusammenarbeiten sollen, um Justizbehörden handeln muss(4).

3.        Mit einer Auslegung dahin, dass es sich bei diesen Justizbehörden nicht nur um Richter oder Gerichte handelt, sondern auch und in größerem Ausmaß um Behörden, die wie die Mitglieder der Staatsanwaltschaft im Ausstellungs- oder im Vollstreckungsmitgliedstaat an der Strafrechtspflege mitwirken, hat der Gerichtshof anerkannt, dass dieser Rahmenbeschluss den Mitgliedstaaten die Befugnis gibt, unterschiedliche Verfahren für den Erlass oder die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls einzuführen.

4.        Allerdings geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch hervor, dass die Mitgliedstaaten von dem ihnen damit eingeräumten Handlungsspielraum unter Beachtung der Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz der Personen, gegen die ein Europäischer Haftbefehl besteht, Gebrauch machen müssen, da dieser Haftbefehl geeignet ist, das in Art. 6 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(5) gewährleistete Recht auf Freiheit zu beeinträchtigen.

5.        In jeder ihm vorgelegten Rechtssache muss der Gerichtshof daher prüfen, ob mit dem in Rede stehenden verfahrensrechtlichen System ein angemessener Ausgleich zwischen dem Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz der Personen, gegen die ein Europäischer Haftbefehl besteht, und der Wirksamkeit des mit dem Rahmenbeschluss 2002/584 eingeführten Übergabesystems geschaffen wird.

6.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen wirft der Sache nach die Frage auf, ob mit diesem Rahmenbeschluss ein verfahrensrechtliches System vereinbar ist, nach dem dann, wenn sowohl der Europäische Haftbefehl als auch die nationale justizielle Entscheidung, die diesem zugrunde liegt, von einem Staatsanwalt in der vorgerichtlichen Phase des Strafverfahrens erlassen werden, eine gerichtliche Kontrolle dieser Entscheidungen im Ausstellungsmitgliedstaat erst nach der Übergabe der gesuchten Person an diesen Mitgliedstaat möglich ist.

7.        In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich darlegen, warum ein solches verfahrensrechtliches System meines Erachtens nicht den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügt.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Rahmenbeschluss 2002/584

8.        Art. 1 („Definition des Europäischen Haftbefehls und Verpflichtung zu seiner Vollstreckung“) des Rahmenbeschlusses 2002/584 lautet:

„(1)      Bei dem Europäischen Haftbefehl handelt es sich um eine justizielle Entscheidung, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist und die Festnahme und Übergabe einer gesuchten Person durch einen anderen Mitgliedstaat zur Strafverfolgung oder zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung bezweckt.

(2)      Die Mitgliedstaaten vollstrecken jeden Europäischen Haftbefehl nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und gemäß den Bestimmungen dieses Rahmenbeschlusses.

(3)      Dieser Rahmenbeschluss berührt nicht die Pflicht, die Grundrechte und die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie in Artikel 6 [EUV] niedergelegt sind, zu achten.“

9.        Art. 6 Abs. 1 und 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584 sieht vor:

„(1)      Ausstellende Justizbehörde ist die Justizbehörde des Ausstellungsmitgliedstaats, die nach dem Recht dieses Staats für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls zuständig ist.

(3)      Jeder Mitgliedstaat unterrichtet das Generalsekretariat des Rates über die nach seinem Recht zuständige Justizbehörde.“

10.      Art. 8 („Inhalt und Form des Europäischen Haftbefehls“) Abs. 1 Buchst. c lautet:

„(1)      Der Europäische Haftbefehl enthält entsprechend dem im Anhang beigefügten Formblatt folgende Informationen:

c)      die Angabe, ob ein vollstreckbares Urteil, ein Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justizielle Entscheidung mit gleicher      Rechtswirkung nach den Artikeln 1 und 2 vorliegt“.

11.      Dieser Rahmenbeschluss sieht im Anhang ein besonderes Formblatt vor, das die ausstellenden Justizbehörden unter Angabe der ausdrücklich verlangten Informationen ausfüllen müssen(6). In der Rubrik „b) Entscheidung, die dem Haftbefehl zugrunde liegt“ dieses Formulars wird in Nr. 1 auf einen „Haftbefehl oder [eine] justizielle Entscheidung mit gleicher Wirkung“ Bezug genommen.

B.      Bulgarisches Recht

12.      Der Rahmenbeschluss 2002/584 wurde mit dem Zakon za ekstraditsiata i evropeiskata zapoved za arest (Gesetz über die Auslieferung und den Europäischen Haftbefehl, im Folgenden: ZEEZA)(7) in bulgarisches Recht umgesetzt, in dessen Art. 37 über die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls die Bestimmungen des Art. 8 dieses Rahmenbeschlusses nahezu wortgleich übernommen worden sind.

13.      Nach Art. 56 Abs. 1 Nr. 1 ZEEZA ist die Staatsanwaltschaft in der vorgerichtlichen Phase des Strafverfahrens für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls gegen den Beschuldigten zuständig. In dieser Phase des Strafverfahrens sehen die bulgarischen Rechtsvorschriften für ein Gericht keine Möglichkeit vor, beim Erlass des Europäischen Haftbefehls mitzuwirken oder die Gültigkeit dieses Haftbefehls zu kontrollieren, und zwar weder vor noch nach dessen Ausstellung(8).

14.      Nach Art. 200 des Nakazatelno protsesualen kodeks (Strafprozessordnung, im Folgenden: NPK) in Verbindung mit Art. 66 ZEEZA kann der Europäische Haftbefehl nur bei der Staatsanwaltschaft der übergeordneten Instanz angefochten werden.

15.      Die Anordnung von Untersuchungshaft gegen eine Person, die strafrechtlich verfolgt wird, richtet sich während der vorgerichtlichen Phase des Strafverfahrens nach Art. 64 NPK.

16.      Gemäß Art. 64 Abs. 1 NPK wird „[d]ie Maßnahme der Untersuchungshaft … im vorgerichtlichen Verfahren vom zuständigen erstinstanzlichen Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft angeordnet“.

17.      Gemäß Art. 64 Abs. 2 NPK kann die Staatsanwaltschaft eine Inhaftierung des Beschuldigten für eine Dauer von höchstens 72 Stunden anordnen, um sein Erscheinen vor dem für die Anordnung von Untersuchungshaft zuständigen Gericht zu ermöglichen. Die vom Staatsanwalt gemäß dieser Bestimmung erlassene Maßnahme bildet die Grundlage für den Europäischen Haftbefehl, der in der vorgerichtlichen Phase des Strafverfahrens ebenfalls vom Staatsanwalt erlassen wird.

III. Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

18.      Das Verfahren vor dem Westminster Magistrates’ Court (Bezirksgericht Westminster, Vereinigtes Königreich) betrifft einen Europäischen Haftbefehl, der am 28. Januar 2020 von der Rayonna prokuratura Svichtov (Bezirksstaatsanwaltschaft Swischtow, Bulgarien) zum Zweck der Übergabe von PI, einem bulgarischen Staatsbürger, zur Strafverfolgung wegen eines Diebstahls erlassen wurde, den der Beschuldigte am 8. Dezember 2019 begangen haben soll. PI wurde am 11. März 2020 im Vereinigten Königreich auf der Grundlage dieses Europäischen Haftbefehls festgenommen und bis zu seiner Übergabe inhaftiert.

19.      Im Ausgangsverfahren widersetzt sich PI der Vollstreckung des gegen ihn ergangenen Europäischen Haftbefehls mit dem Vorbringen, die bulgarische Regelung stelle nicht den zweistufigen Schutz sicher, der für Personen, gegen die ein Europäischer Haftbefehl bestehe, gewährleistet sein müsse. Er beruft sich hierfür auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs in den Urteilen vom 27. Mai 2019, OG und PI (Staatsanwaltschaften Lübeck und Zwickau)(9), und vom 27. Mai 2019, PF (Generalstaatsanwaltschaft von Litauen)(10), gefolgt von den Urteilen vom 12. Dezember 2019, Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours)(11), sowie vom 12. Dezember 2019, Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden)(12).

20.      Nach bulgarischem Recht kann die Staatsanwaltschaft auf der Grundlage von Art. 64 Abs. 2 NPK eine freiheitsentziehende Maßnahme für eine Dauer von höchstens 72 Stunden anordnen, auf die dieselbe Staatsanwaltschaft sodann den Erlass eines Europäischen Haftbefehls stützen kann. Nach dem Vorbringen von PI sind weder im einen noch im anderen Fall die Grundrechte der gesuchten Person durch eine gerichtliche Kontrolle, auch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, geschützt. Da die freiheitsentziehende Maßnahme ein nationaler Haftbefehl sei, unterliege sie im Ausstellungsmitgliedstaat vor der eventuellen Übergabe der gesuchten Person an diesen Mitgliedstaat keinerlei gerichtlicher Kontrolle. Darüber hinaus unterliege der Europäische Haftbefehl weder vor noch nach der Übergabe einer gerichtlichen Kontrolle.

21.      Vor dem vorlegenden Gericht macht die Bezirksstaatsanwaltschaft Swischtow demgegenüber geltend, die Interessen der betroffenen Person seien jederzeit durch die Beteiligung eines in ihrem Namen handelnden Rechtsanwalts geschützt. Die Entscheidung über den Erlass eines Europäischen Haftbefehls beruhe auf der nach Art. 64 Abs. 2 NPK erlassenen freiheitsentziehenden Maßnahme, die vorschreibe, dass diese Person nach ihrer Übergabe einem Gericht des Ausstellungsmitgliedstaats vorgeführt werde, um die Maßnahmen der Festnahme und der Inhaftierung bestätigen oder durch andere Maßnahmen ersetzen zu lassen. Nach der Übergabe habe die gesuchte Person oder ihr Rechtsvertreter das Recht, Einwände gegen ihre weitere Inhafthaltung geltend zu machen. Das bulgarische System stehe daher im Einklang mit dem Rahmenbeschluss 2002/584 und der Rechtsprechung des Gerichtshofs, da es den von dieser geforderten zweistufigen Schutz sicherstelle.

22.      Angesichts der beiden vor ihm vertretenen Auffassungen fragt sich das vorlegende Gericht, ob der zweistufige Schutz der Rechte der gesuchten Person, wie er von der Rechtsprechung des Gerichtshofs gefordert werde, sichergestellt ist, wenn sowohl der Europäische Haftbefehl als auch der nationale Haftbefehl, der Ersterem zugrunde liegt, von einem Staatsanwalt erlassen worden sind und es vor der Übergabe der gesuchten Person an den Ausstellungsmitgliedstaat dort keine Möglichkeit der Kontrolle dieser Entscheidungen durch ein Gericht gibt. Es weist darauf hin, dass nach bulgarischem Recht weder der nationalen freiheitsentziehenden Maßnahme noch dem Europäischen Haftbefehl eine Entscheidung eines Gerichts zugrunde liege und dass weder die eine noch der andere vor der Übergabe der gesuchten Person an den Ausstellungsmitgliedstaat dort vor Gericht angefochten werden könne.

23.      Dem vorlegenden Gericht zufolge unterscheidet sich die Lage in Bulgarien von den Fällen, die dem Gerichtshof bisher zur Prüfung vorgelegt worden seien, dadurch, dass weder die Möglichkeit der Befassung eines Gerichts mit dem nationalen oder dem Europäischen Haftbefehl vor der Übergabe bestehe noch die Möglichkeit, die Entscheidung des Staatsanwalts, einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen, gerichtlich überprüfen zu lassen.

24.      Unter diesen Umständen hat der Westminister Magistrates’ Court (Bezirksgericht Westminster) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Wenn um die Übergabe einer gesuchten Person zur Strafverfolgung ersucht wird und die Entscheidungen, einen zugrunde liegenden nationalen Haftbefehl und einen Europäischen Haftbefehl auszustellen, beide von einem Staatsanwalt getroffen werden, ohne dass vor der Übergabe ein Gericht beteiligt wird, erhält die gesuchte Person dann den vom Gerichtshof im Urteil vom 1. Juni 2016, Bob-Dogi (C‑241/15, EU:C:2016:385), vorgesehenen zweistufigen Schutz, wenn

a)      die Wirkung des nationalen Haftbefehls darauf beschränkt ist, den Einzelnen für höchstens 72 Stunden festzuhalten, um ihn einem Gericht vorzuführen, und

b)      es nach der Übergabe allein Sache des Gerichts ist, im Licht aller Umstände des Falls die Freilassung anzuordnen oder die Haft fortzusetzen?

25.      Der Gerichtshof hat dem Antrag des vorlegenden Gerichts stattgegeben, das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen dem Eilvorabentscheidungsverfahren zu unterwerfen.

IV.    Würdigung

26.      Mit seiner Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht der Sache nach wissen, ob der Rahmenbeschluss 2002/584 dahin auszulegen ist, dass die Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz, auf den eine Person Anspruch hat, gegen die ein Europäischer Haftbefehl zur Strafverfolgung besteht, erfüllt sind, wenn nach den Rechtsvorschriften des Ausstellungsmitgliedstaats sowohl der Europäische Haftbefehl als auch die nationale justizielle Entscheidung, die ihm zugrunde liegt, von einer Behörde erlassen werden, die an der Strafrechtspflege dieses Mitgliedstaats mitwirkt, selbst aber kein Gericht ist, und diese Maßnahmen vor der Übergabe der betroffenen Person an diesen Mitgliedstaat dort keiner gerichtlichen Kontrolle zugänglich sind.

27.      Dagegen stellt das vorlegende Gericht nicht die Einstufung der bulgarischen Staatsanwaltschaft als „Justizbehörde des Ausstellungsmitgliedstaats“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/584 in Frage, die nach den vom Gerichtshof herausgearbeiteten Kriterien zum einen die Mitwirkung dieser Behörde an der Strafrechtspflege(13) und zum anderen ihre Unabhängigkeit bei der Ausübung der mit dem Erlass eines Europäischen Haftbefehls verbundenen Aufgaben(14) voraussetzt.

28.      Wie der Gerichtshof ausgeführt hat, „stellt … das Bestehen einer gerichtlichen Kontrolle der von einer anderen Behörde als einem Gericht getroffenen Entscheidung, einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen, keine Voraussetzung dafür dar, dass diese Behörde als ausstellende Justizbehörde im Sinne von Art. 6 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/584 angesehen werden kann. Ein solches Erfordernis fällt nicht unter die Rechts- und Organisationsvorschriften dieser Behörde, sondern betrifft das Verfahren der Ausstellung eines solchen Haftbefehls, das den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügen muss“(15).

29.      Da die Einstufung als „ausstellende Justizbehörde“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/584 nicht vom Bestehen einer gerichtlichen Kontrolle der Entscheidung über den Erlass eines Europäischen Haftbefehls und der nationalen Entscheidung, die diesem zugrunde liegt, abhängt, wird der Gerichtshof allein um eine Entscheidung über die Frage ersucht, ob das bulgarische Verfahren für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügt.

30.      Der Gerichtshof hatte unlängst über dieses bulgarische Verfahren zu befinden, wenn auch unter anderen Umständen und unter einem anderen Blickwinkel.

31.      In der mit dem Urteil MM entschiedenen Rechtssache wollte ein Gericht des Ausstellungsmitgliedstaats, bei dem ein Antrag auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Anordnung von Untersuchungshaft gemäß Art. 270 NPK gestellt worden war, vom Gerichtshof wissen, welche Konsequenzen es aus der Feststellung ziehen sollte, dass einem Europäischen Haftbefehl kein „[nationaler] Haftbefehl oder eine      andere vollstreckbare justizielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses 2002/584 zugrunde lag und dieser somit ungültig war. Dieses Gericht führte dazu aus, es sei nach bulgarischem Strafprozessrecht in einem solchen Verfahren nicht befugt, inzident die Gültigkeit eines nationalen oder Europäischen Haftbefehls zu prüfen, da es keine Zuständigkeit für die Überprüfung der Entscheidung der Staatsanwaltschaft zum Erlass eines solchen Haftbefehls besitze, der nur bei der Staatsanwaltschaft der übergeordneten Instanz angefochten werden könne.

32.      Im Urteil MM hat der Gerichtshof entschieden, dass „in Ermangelung von Bestimmungen in den Rechtsvorschriften des Ausstellungsmitgliedstaats, die einen gerichtlichen Rechtsbehelf vorsehen, um die Voraussetzungen zu überprüfen, unter denen ein Europäischer Haftbefehl von einer Behörde erlassen wurde, die zwar an der Rechtspflege dieses Mitgliedstaats beteiligt, selbst aber kein Gericht ist, der Rahmenbeschluss 2002/584 im Licht des durch Art. 47 der Charta verbürgten Rechts auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz dahin auszulegen ist, dass er es einem nationalen Gericht, das mit einem Rechtsbehelf befasst ist, mit dem die Rechtmäßigkeit der Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft einer Person angefochten wird, die aufgrund eines Europäischen Haftbefehls übergeben wurde, der aufgrund eines nationalen Rechtsakts ausgestellt wurde, der nicht als ,[nationaler] Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justizielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung‘ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c dieses Rahmenbeschlusses einzustufen ist, und in dessen Rahmen die unionsrechtliche Ungültigkeit dieses Europäischen Haftbefehls geltend gemacht wird, ermöglicht, sich für eine solche Gültigkeitskontrolle zuständig zu erklären“(16). Der Gerichtshof hat in diesem Urteil auch geprüft, welche Konsequenzen die bulgarischen Gerichte aus der Ungültigkeit eines Europäischen Haftbefehls ziehen können, wenn dieser vollstreckt worden ist.

33.      Dagegen hat sich der Gerichtshof in diesem Urteil nicht direkt zu der Frage geäußert, ob das bulgarische Verfahren für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls durch einen Staatsanwalt in der vorgerichtlichen Phase des Strafverfahrens den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügt.

34.      Mit der Entscheidung, dass der Rahmenbeschluss 2002/584 im Licht des durch Art. 47 der Charta garantierten Rechts auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz einem nationalen Gericht des Ausstellungsmitgliedstaats erlaubt, die Voraussetzungen für den Erlass dieses Haftbefehls inzident zu prüfen, wenn dessen Gültigkeit vor ihm bestritten wird, hat sich der Gerichtshof nämlich auf die Aussage beschränkt, dass das Unionsrecht einem solchen nationalen Gericht in Ermangelung besonderer Rechtsbehelfe im Recht dieses Mitgliedstaats eine Zuständigkeit verleiht. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass wegen der Zuständigkeit, die Art. 47 der Charta dem Gericht des Ausstellungsmitgliedstaats verleiht, das nationale Verfahren für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls als den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügend anzusehen wäre. Die vom Gerichtshof gewählte Lösung kann somit nicht zur Folge haben, dass die Verpflichtung des Ausstellungsmitgliedstaats entfiele, in seinem nationalen Verfahrensrecht mit aller Klarheit und Rechtssicherheit die Rechtsbehelfe vorzusehen, mit denen die Person, gegen die ein von einem Staatsanwalt erlassener nationaler Haftbefehl besteht, auf den sodann ein ebenfalls von einem Staatsanwalt erlassener Europäischer Haftbefehl gestützt wird, diese Entscheidungen von einem Gericht überprüfen lassen kann.

35.      Ich weise auch darauf hin, dass im Unterschied zu der mit dem Urteil MM entschiedenen Rechtssache im vorliegenden Fall die vollstreckende Justizbehörde und nicht die Justizbehörde des Ausstellungsmitgliedstaats um eine Vorabentscheidung ersucht. Zudem besteht in der vorliegenden Rechtssache unstreitig ein „[nationaler] Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justizielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses 2002/584.

36.      In dieser Hinsicht geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass der nationale Rechtsakt, der dem Europäischen Haftbefehl gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses 2002/584 zugrunde liegen muss, eine justizielle Entscheidung darstellt. Da die verschiedenen Vorschriften des Rahmenbeschlusses kohärent ausgelegt werden müssen, erscheint sonach die Auslegung des Begriffs „Justizbehörde“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/584 dahin, dass er die an der Strafrechtspflege der Mitgliedstaaten mitwirkenden Behörden erfasst, grundsätzlich auf dessen Art. 8 Abs. 1 Buchst. c übertragbar. Die letztgenannte Bestimmung ist somit dahin auszulegen, dass der Begriff „justizielle Entscheidung“ die Entscheidungen der an der Strafrechtspflege der Mitgliedstaaten mitwirkenden Behörden erfasst(17).

37.      Da nach den Erläuterungen der bulgarischen Regierung gegenüber dem Gerichtshof die Staatsanwaltschaft eine Behörde ist, die an der Strafrechtspflege in Bulgarien mitwirkt, ist folglich die von ihr gemäß Art. 64 Abs. 2 NPK erlassene Entscheidung als eine „justizielle Entscheidung“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses 2002/584 anzusehen(18).

38.      Angesichts der Definition, die der Gerichtshof dem Ausdruck „[nationaler] Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justizielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c dieses Rahmenbeschlusses, im Urteil MM(19) gegeben hat, bin ich zudem der Ansicht, dass hierunter eine von einem Staatsanwalt auf der Grundlage von Art. 64 Abs. 2 NPK erlassene Maßnahme fällt, mit der die Inhaftierung der strafrechtlich verfolgten Person für höchstens 72 Stunden angeordnet wird, um deren Erscheinen vor dem für die Anordnung von Untersuchungshaft zuständigen Gericht zu ermöglichen.

39.      Nach diesen Klarstellungen ist zu prüfen, ob das bulgarische verfahrensrechtliche System, in dem die Staatsanwaltschaft in der vorgerichtlichen Phase des Strafverfahrens für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls auf der Grundlage einer nationalen Entscheidung zuständig ist, die sie nach Art. 64 Abs. 2 NPK erlässt, ohne dass eine dieser Entscheidungen vor der Übergabe der gesuchten Person an den Ausstellungsmitgliedstaat dort gerichtlich überprüft werden kann, den vom Gerichtshof geforderten zweistufigen Schutz der Rechte der Person bietet, gegen die ein Europäischer Haftbefehl besteht.

40.      Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen wirft mit anderen Worten die Frage auf, ob dann, wenn sowohl der nationale als auch der Europäische Haftbefehl von einem Staatsanwalt erlassen werden und somit justizielle Entscheidungen sind, der zweistufige Rechtsschutz, der für die gesuchte Person gewährleistet sein muss, auch verlangt, dass diese Entscheidungen vor der Übergabe dieser Person an den Ausstellungsmitgliedstaat dort gerichtlich überprüfbar sein müssen.

41.      Zur Beantwortung dieser Frage ist auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zum zweistufigen Rechtsschutz einzugehen, auf den die Person, gegen die ein Europäischer Haftbefehl besteht, im Ausstellungsmitgliedstaat Anspruch hat.

42.      In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass „bei einem Verfahren im Zusammenhang mit einem Europäischen Haftbefehl für die Gewährleistung der Wahrung der Rechte der Person, um deren Übergabe ersucht wird, in erster Linie der Ausstellungsmitgliedstaat verantwortlich [ist], von dem angenommen werden kann, dass er das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachtet“(20).

43.      Nach ständiger Rechtsprechung enthält zudem „das System des Europäischen Haftbefehls einen zweistufigen Schutz der Verfahrens- und Grundrechte, in deren Genuss die gesuchte Person kommen muss, da zu dem gerichtlichen Schutz auf der ersten Stufe, beim Erlass einer nationalen Entscheidung wie eines nationalen Haftbefehls, der Schutz hinzukommt, der auf der zweiten Stufe, bei der Ausstellung des Europäischen Haftbefehls, zu der es gegebenenfalls kurze Zeit nach dem Erlass dieser nationalen justiziellen Entscheidung kommen kann, zu gewährleisten ist“(21).

44.      Demnach impliziert dem Gerichtshof zufolge „bei einer Maßnahme, die – wie die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls – das Recht auf Freiheit des Betroffenen beeinträchtigen kann, … dieser Schutz somit, dass zumindest auf einer seiner beiden Stufen eine Entscheidung erlassen wird, die den Anforderungen eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes genügt“(22).

45.      Folglich muss, „wenn nach dem Recht des Ausstellungsmitgliedstaats für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls eine Behörde zuständig ist, die in diesem Mitgliedstaat an der Rechtspflege mitwirkt, aber kein Richter oder Gericht ist, die nationale justizielle Entscheidung – wie ein nationaler Haftbefehl –, auf die sich der Europäische Haftbefehl stützt, ihrerseits diese Anforderungen erfüllen“(23).

46.      Dem Gerichtshof zufolge ermöglicht es „[d]ie Erfüllung dieser Anforderungen … dabei, der vollstreckenden Justizbehörde zu garantieren, dass die Entscheidung, zum Zweck der Strafverfolgung einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen, auf einem gerichtlicher Kontrolle unterworfenen nationalen Verfahren beruht und dass die Person, gegen die sich der nationale Haftbefehl richtet, über alle dem Erlass derartiger Entscheidungen eigenen Garantien verfügte, insbesondere über diejenigen, die sich aus den in Art. 1 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584 genannten Grundrechten und allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergeben“(24).

47.      Aus dieser Rechtsprechung folgt somit, dass in einem verfahrensrechtlichen System, in dem die Staatsanwaltschaft für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls zuständig ist, die erste Stufe des Schutzes den vorherigen Erlass einer nationalen justiziellen Entscheidung wie eines nationalen Haftbefehls verlangt, die einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich sein muss.

48.      Darüber hinaus „setzt die zweite Stufe des Schutzes der Rechte des Betroffenen voraus, dass die ausstellende Justizbehörde überprüft, ob die für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls erforderlichen Voraussetzungen eingehalten wurden, und unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte und ohne Gefahr zu laufen, externen Weisungen, insbesondere seitens der Exekutive, unterworfen zu sein, in objektiver Weise prüft, ob diese Ausstellung verhältnismäßig war“(25).

49.      Ferner „müssen, wenn nach dem Recht des Ausstellungsmitgliedstaats für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls eine Behörde zuständig ist, die in diesem Mitgliedstaat an der Rechtspflege mitwirkt, aber selbst kein Gericht ist, in dem Mitgliedstaat die Entscheidung über die Ausstellung eines solchen Haftbefehls und insbesondere ihre Verhältnismäßigkeit in einer Weise gerichtlich überprüfbar sein, die den Erfordernissen eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes voll und ganz genügt“(26).

50.      Dem Gerichtshof zufolge soll „[e]in solcher Rechtsbehelf gegen die Entscheidung, einen Europäischen Haftbefehl zur Strafverfolgung zu erlassen, die von einer Behörde getroffen wurde, die zwar an der Rechtspflege mitwirkt und gegenüber der Exekutive über die geforderte Unabhängigkeit verfügt, aber kein Gericht ist, … sicherstellen, dass die gerichtliche Kontrolle dieser Entscheidung und der für den Erlass eines solchen Haftbefehls erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere seiner Verhältnismäßigkeit, die Anforderungen eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes beachtet“(27).

51.      Daher ist es Sache der Mitgliedstaaten, „darauf zu achten, dass ihre Rechtsordnungen das Rechtsschutzniveau, wie es vom Rahmenbeschluss 2002/584 in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs gefordert wird, mittels von ihnen umgesetzter Rechtsbehelfe, die von System zu System unterschiedlich sein können, wirksam garantieren“(28).

52.      In diesem Zusammenhang ist „[d]ie Einrichtung eines gesonderten Rechtsbehelfs gegen die Entscheidung, einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen, die von einer Justizbehörde, die kein Gericht ist, getroffen wurde, … insoweit nur eine Möglichkeit“(29).

53.      Zudem „entspricht [es] dem Erfordernis eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes, wenn die nationale Rechtsordnung Verfahrensregeln enthält, wonach die Voraussetzungen für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls und insbesondere seine Verhältnismäßigkeit vor oder zeitgleich zu seinem Erlass, aber auch später, im Ausstellungsmitgliedstaat gerichtlich geprüft werden können“(30).

54.      Diese Rechtsprechung zeugt von einer gewissen Flexibilität des Gerichtshofs, der die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten(31) hinsichtlich der Ausgestaltung der gerichtlichen Kontrolle, die im Ausstellungsmitgliedstaat stattfinden muss, und des Zeitpunkts, zu dem diese erfolgen kann, achtet.

55.      Des Weiteren ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass es für den zweistufigen Schutz der Rechte der Person, gegen die ein Europäischer Haftbefehl besteht, nicht ausreicht, dass „das gesamte im Rahmenbeschluss [2002/584] vorgesehene Verfahren der Übergabe zwischen Mitgliedstaaten unter justizieller Kontrolle stattfindet“(32). Denn wenn der Europäische Haftbefehl von einer Behörde erlassen wird, die zwar an der Rechtspflege des Ausstellungsmitgliedstaats mitwirkt, selbst aber kein Gericht ist, muss das nationale Verfahren, das zum Erlass eines solchen Haftbefehls führt, einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sein.

56.      In der vorliegenden Rechtssache wird der Gerichtshof um Klärung der Frage ersucht, zu welchem Zeitpunkt die Kontrolle durch ein Gericht erfolgen muss, damit der gerichtliche Rechtsschutz als wirksam angesehen werden kann.

57.      Ich weise darauf hin, dass nach bulgarischem Recht weder gegen die von der Staatsanwaltschaft gemäß Art. 64 Abs. 2 NPK erlassene nationale Entscheidung noch gegen die Entscheidung derselben Staatsanwaltschaft, einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen, ein gerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist. Zudem geht aus der mit dem Urteil MM entschiedenen Rechtssache hervor, dass ungewiss ist, ob nach bulgarischem Recht das Gericht, dem die Person, gegen die ein Europäischer Haftbefehl besteht, nach ihrer Übergabe vorgeführt wird, überhaupt die Möglichkeit hat, inzident das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass dieses Haftbefehls zu überprüfen.

58.      Unter der Annahme, dass eine solche Möglichkeit einer gerichtlichen Inzidentkontrolle im bulgarischen Recht besteht, machen die bulgarische Regierung und die Kommission jedoch unter Bezugnahme u. a. auf die Urteile Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) sowie Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden) geltend, das nationale Verfahren, das zum Erlass eines Europäischen Haftbefehls führe, biete den zweistufigen Schutz der Rechte der gesuchten Person, wie ihn der Gerichtshof fordere, da diese Person nach ihrer Übergabe innerhalb kurzer Frist dem Gericht vorgeführt werden müsse, das im Ausstellungsmitgliedstaat für die Entscheidung zuständig sei, ob die Untersuchungshaft zu beenden oder zu verlängern sei. Somit reiche die nach bulgarischem Recht bestehende Möglichkeit, das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass des Europäischen Haftbefehls nach der Übergabe der gesuchten Person gerichtlich überprüfen zu lassen, für die Feststellung aus, dass das Verfahren für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls während der vorgerichtlichen Phase des Strafverfahrens durch einen Staatsanwalt den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genüge.

59.      Demgegenüber bin ich, wie der Sache nach PI, der Auffassung, dass es den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz, wie sie der Gerichtshof definiert hat und wie sie sich aus einer Auslegung des Rahmenbeschlusses 2002/584 im Licht der Art. 6 und 47 der Charta ergeben, nicht genügt, wenn im Ausstellungsmitgliedstaat eine gerichtliche Kontrolle des nationalen Verfahrens, das zum Erlass eines Europäischen Haftbefehls führt, erst nach der Übergabe der betroffenen Person an diesen Mitgliedstaat möglich ist.

60.      Meines Erachtens sollte die Flexibilität, die der Gerichtshof bisher bei der Prüfung der Frage gezeigt hat, ob in den ihm zur Beurteilung vorgelegten verfahrensrechtlichen Systemen die Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz erfüllt waren, nicht so weit gehen, ein System als diesen Anforderungen genügend anzusehen, in dem der einzige gerichtliche Rechtsschutz, den eine Person genießt, gegen die ein Europäischer Haftbefehl besteht, erst nach deren Übergabe an diesen Mitgliedstaat gewährt werden kann.

61.      Da, wie dargelegt, für die Gewährleistung der Wahrung der Rechte der Person, um deren Übergabe ersucht wird, in erster Linie der Ausstellungsmitgliedstaat verantwortlich ist, bin ich der Ansicht, dass der gerichtliche Rechtsschutz der Person, gegen die ein Europäischer Haftbefehl besteht, nur dann voll wirksam ist, wenn diese Person ihn vor ihrer Übergabe an diesen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen kann, und zwar zumindest auf einer der beiden vom Gerichtshof verlangten Stufen des Schutzes.

62.      Entgegen dem Vorbringen der bulgarischen Regierung und der Kommission lässt sich meines Erachtens aus den Urteilen Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) sowie Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden) nicht ableiten, dass ein nationales Verfahren wie das im Ausgangsrechtsstreit betroffene den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügt.

63.      Der Gerichtshof hat nämlich in jedem dieser Urteile eine Gesamtprüfung der in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften vorgenommen, und zwar auf den beiden Stufen des Schutzes, auf den eine Person, gegen die ein Europäischer Haftbefehl vorliegt, Anspruch hat, um festzustellen, ob diese nationalen Rechtsvorschriften den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügten.

64.      So hat der Gerichtshof im Urteil Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) ausgeführt, dass „in der französischen Rechtsordnung der Erlass eines Europäischen Haftbefehls zur Strafverfolgung zwangsläufig auf einen nationalen Haftbefehl zurück[geht], der von einem Gericht, im Allgemeinem dem Untersuchungsrichter, erlassen wurde“(33). Weiter hat der Gerichtshof berücksichtigt, dass, „wenn ein Europäischer Haftbefehl zur Strafverfolgung von der Staatsanwaltschaft erlassen wird, das Gericht, das den nationalen Haftbefehl ausgestellt hat, auf dessen Grundlage der Europäische Haftbefehl erlassen wurde, zeitgleich bei der Staatsanwaltschaft den Erlass eines Europäischen Haftbefehls beantragt und die für den Erlass eines solchen Europäischen Haftbefehls erforderlichen Voraussetzungen und insbesondere seine Verhältnismäßigkeit beurteilt“(34).

65.      Der Gerichtshof hat darüber hinaus berücksichtigt, dass in der französischen Rechtsordnung gegen die Entscheidung, einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen, eine Nichtigkeitsklage auf der Grundlage von Art. 170 der Strafprozessordnung erhoben werden kann und dass eine Person, die noch nicht Partei des Verfahrens ist, diese Nichtigkeitsklage nach ihrer tatsächlichen Übergabe und ihrem Erscheinen vor dem Untersuchungsrichter erheben kann(35).

66.      Daraus hat der Gerichtshof abgeleitet, dass „[d]as Bestehen solcher Verfahrensregeln in der französischen Rechtsordnung … somit deutlich [macht], dass die Verhältnismäßigkeit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft, einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen, Gegenstand einer gerichtlichen Kontrolle vor oder sogar fast zeitgleich zu seinem Erlass und in jedem Fall nach dem Erlass des Europäischen Haftbefehls sein kann, wobei diese Prüfung je nach Fall vor oder nach der tatsächlichen Übergabe der gesuchten Person erfolgen kann“(36).

67.      Er hat daraus den Schluss gezogen, dass ein solches System daher dem Erfordernis eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes genügt(37).

68.      Wie das Vorbringen der bulgarischen Regierung und der Kommission zeigt, konnte dieses Urteil dahin verstanden werden, dass ein nationales Verfahren, das den Erlass eines Europäischen Haftbefehls durch einen Staatsanwalt vorsieht, schon dann den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügt, wenn das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass eines solchen Haftbefehls im Ausstellungsmitgliedstaat nach der Übergabe der gesuchten Person einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist.

69.      So verstehe ich das Urteil Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) nicht. Denn meines Erachtens hat der Gerichtshof eine Gesamtbeurteilung der beiden von den französischen Rechtsvorschriften gebotenen Schutzstufen vorgenommen und den Umstand berücksichtigt, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls durch die Staatsanwaltschaft vor der Übergabe und schon auf der ersten Stufe des Schutzes einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich war, da nach diesen Rechtsvorschriften dem Europäischen Haftbefehl ein von einem Richter erlassener nationaler Haftbefehl zugrunde liegt, wobei dieser Richter überdies das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls und insbesondere seine Verhältnismäßigkeit beurteilt.

70.      Somit bin ich nicht davon überzeugt, dass der Gerichtshof seine Schlussfolgerung, dass das französische verfahrensrechtliche System den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügt, allein darauf gestützt hat, dass nach französischem Recht ein gerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, der, wenn diese Person noch nicht Partei des Verfahrens ist, erst nach der Übergabe der gesuchten Person in Anspruch genommen werden kann. Denn entscheidend war meines Erachtens die Feststellung, dass das nationale Verfahren, das zum Erlass eines nationalen Haftbefehls führt, der als Grundlage für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls dient, in jedem Fall vor der Übergabe einer gerichtlichen Kontrolle im Ausstellungsmitgliedstaat unterliegt(38).

71.      Meines Erachtens wird diese Auffassung durch das Urteil Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden) gestützt, in dem der Gerichtshof die Frage beantwortet hat, ob der Rahmenbeschluss 2002/584 dahin auszulegen ist, dass dann, wenn für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls zur Strafverfolgung eine Behörde zuständig ist, die in diesem Mitgliedstaat an der Rechtspflege mitwirkt, aber selbst kein Richter oder Gericht ist, die Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz erfüllt sind, wenn vor der eigentlichen Entscheidung dieser Behörde, einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen, ein Richter das Vorliegen der Voraussetzungen für dessen Erlass und insbesondere seine Verhältnismäßigkeit beurteilt hat.

72.      Der Gerichtshof hat diese Frage bejaht, nachdem er wiederum die beiden von den schwedischen Rechtsvorschriften gebotenen Stufen des Schutzes daraufhin beurteilt hat, ob diese Rechtsvorschriften den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügten.

73.      Er hat dazu ausgeführt, dass „in der schwedischen Rechtsordnung der Erlass eines Europäischen Haftbefehls zur Strafverfolgung zwangsläufig auf eine von einem Gericht erlassene Entscheidung zurück[geht], mit der angeordnet wird, den Betroffenen in Untersuchungshaft zu nehmen“(39), mit der Maßgabe, dass „das zuständige Gericht für die Beurteilung, ob die Anordnung der Untersuchungshaft notwendig [ist], auch die Verhältnismäßigkeit anderer in Frage kommender Maßnahmen wie des Erlasses eines Europäischen Haftbefehls beurteilen [muss]“(40). Aus den ihm vorliegenden Informationen hat der Gerichtshof abgeleitet, dass „sich die Prüfung der Verhältnismäßigkeit, die dieses Gericht im Rahmen der Prüfung, ob die Anordnung der Untersuchungshaft notwendig [ist], durchzuführen [hat], auch auf den Erlass eines Europäischen Haftbefehls [erstreckt]“(41).

74.      Zudem hat der Gerichtshof berücksichtigt, dass „die auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls gesuchte Person das Recht [hat], die Entscheidung, mit der angeordnet [wird], sie in Untersuchungshaft zu nehmen, zeitlich unbegrenzt sogar nach Erlass des Europäischen Haftbefehls und nach ihrer Festnahme im Vollstreckungsmitgliedstaat anzufechten. Wenn die angefochtene Entscheidung, mit der die Untersuchungshaft angeordnet [wird], für nichtig erklärt [wird], [wird] der Europäische Haftbefehl automatisch für ungültig erklärt, da sein Erlass auf das Vorliegen dieser Entscheidung gestützt [wird]“(42).

75.      Aus alledem hat der Gerichtshof abgeleitet, dass „[d]as Bestehen solcher Verfahrensregeln in der schwedischen Rechtsordnung … die Feststellung [erlaubt], dass, selbst wenn ein gesonderter Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Staatsanwalts, einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen, fehlt, die Voraussetzungen für seinen Erlass und insbesondere seine Verhältnismäßigkeit vor oder zeitgleich zu seinem Erlass, aber auch später im Ausstellungsmitgliedstaat gerichtlich geprüft werden können“(43). Demnach genügt dem Gerichtshof zufolge „[ein] solches System … dem Erfordernis eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes“(44).

76.      Es ist darauf hinzuweisen, dass in den verfahrensrechtlichen Systemen, die der Gerichtshof in den Urteilen Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) sowie Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden) geprüft hat, dem von einem Staatsanwalt erlassenen Europäischen Haftbefehl eine nationale justizielle Entscheidung zugrunde lag, die den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügte. Denn diese justizielle Entscheidung war in jedem dieser Systeme von einem Richter oder einem Gericht erlassen worden.

77.      Überdies hat der Gerichtshof in jedem Fall betont, dass der Richter oder das Gericht, der bzw. das die nationale Entscheidung erlassen hatte, auf die der Europäische Haftbefehl gestützt war, das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass dieses Haftbefehls und insbesondere seiner Verhältnismäßigkeit vorgenommen hatte.

78.      Folglich geht meines Erachtens aus den Urteilen Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) sowie Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden) hervor, dass der Gerichtshof zwar anerkannt hat, dass die Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz erfüllt sein können, wenn gegen die Entscheidung des Staatsanwalts, einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen, kein gesonderter Rechtsbehelf gegeben ist oder wenn die Entscheidung der Staatsanwaltschaft erst nach der Übergabe der gesuchten Person einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist, dass er dies aber davon abhängig gemacht hat, dass im verfahrensrechtlichen System des Ausstellungsmitgliedstaats ein nationales Verfahren für den Erlass Europäischer Haftbefehle besteht, das jedenfalls vor der Übergabe der gesuchten Person einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt, zumindest auf der von der Rechtsprechung des Gerichtshofs geforderten ersten Stufe des Schutzes. Die vom Gerichtshof verwendete Formulierung, dass der der gesuchten Person zustehende zweistufige Schutz ihrer Verfahrensrechte und Grundrechte „impliziert …, dass zumindest auf einer seiner beiden Stufen eine Entscheidung erlassen wird, die den einem wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz innewohnenden Anforderungen genügt“(45), ist unter gebührender Berücksichtigung dessen zu verstehen, dass diese gerichtliche Kontrolle der Übergabe zwingend vorausgehen muss.

79.      Der Umstand, dass im verfahrensrechtlichen System des Ausstellungsmitgliedstaats nach der Übergabe der gesuchten Person an diesen ein gerichtlicher Rechtsschutz möglich ist, entbindet diesen Mitgliedstaat also nicht von der Pflicht, eine gerichtliche Kontrolle je nachdem des Europäischen Haftbefehls oder der nationalen Entscheidung, auf dem dieser beruht, vorzusehen, die vor dieser Übergabe erfolgen können muss.

80.      Wie in der Rechtsprechung des Gerichtshofs gefordert, gibt dies der ausstellenden Justizbehörde die Garantie, dass „die Entscheidung, zum Zweck der Strafverfolgung einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen, auf einem gerichtlicher Kontrolle unterworfenen nationalen Verfahren beruht und dass die Person, gegen die sich der nationale Haftbefehl richtet, über alle dem Erlass derartiger Entscheidungen eigenen Garantien verfügte, insbesondere über diejenigen, die sich aus den in Art. 1 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584 genannten Grundrechten und allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergeben“(46).

81.      Das bulgarische Verfahren ist so beschaffen, dass die Justizbehörde, die einen von einem bulgarischen Staatsanwalt erlassenen Europäischen Haftbefehl zu vollstrecken hat, nicht über diese Garantie verfügt, da weder die nationale justizielle Entscheidung, auf der dieser Europäische Haftbefehl beruht, noch Letzterer vor der Übergabe der betroffenen Person an den Ausstellungsmitgliedstaat dort einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich sind.

82.      Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass in einem verfahrensrechtlichen System, wonach die gesuchte Person innerhalb kurzer Frist dem Gericht vorgeführt werden muss, das im Ausstellungsmitgliedstaat für die Entscheidung zuständig ist, ob die Untersuchungshaft zu beenden oder zu verlängern ist, die Inzidentkontrolle, die dieses Gericht nach der Übergabe vornehmen könnte, den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügen kann, doch würde dies voraussetzen, dass das nationale Verfahren, das zum Erlass eines solchen Haftbefehls geführt hat, vor der Übergabe der gesuchten Person einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich war.

83.      Somit lässt sich meiner Ansicht nach aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht die Annahme ableiten, dass ein verfahrensrechtliches System, in dem sowohl der Europäische Haftbefehl als auch die nationale justizielle Entscheidung, die ihm zugrunde liegt, von einer Behörde erlassen werden, die kein Richter oder Gericht ist, bereits dann den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügt, wenn diese Entscheidungen nach der Übergabe der gesuchten Person an den Ausstellungsmitgliedstaat dort einer gerichtlichen Inzidentkontrolle zugänglich sind.

84.      Meines Erachtens spricht hierfür eine Auslegung des Rahmenbeschlusses 2002/584 im Licht der Art. 6 und 47 der Charta.

85.      In Anbetracht der Folgen, die der Erlass eines nationalen Haftbefehls und sodann eines Europäischen Haftbefehls für das in Art. 6 der Charta gewährleistete Recht auf Freiheit der gesuchten Person haben kann, halte ich es für unerlässlich, dass das nationale Verfahren, das zum Erlass dieser Maßnahmen führt, vor der Übergabe dieser Person, zumindest auf der ersten Stufe des Schutzes, d. h. hinsichtlich des nationalen Haftbefehls, der dem Erlass des Europäischen Haftbefehls zugrunde liegt, einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist.

86.      Es ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, der dem System des Europäischen Haftbefehls zugrunde liegt, auf dem gegenseitigen Vertrauen der Mitgliedstaaten darauf beruht, dass ihre jeweiligen nationalen Rechtsordnungen in der Lage sind, einen gleichwertigen und wirksamen Schutz der auf Unionsebene und insbesondere in der Charta anerkannten Grundrechte zu bieten(47).

87.      Außerdem sieht Art. 1 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584 ausdrücklich vor, dass dieser nicht die Pflicht berührt, die Grundrechte und die allgemeinen Rechtsgrundsätze zu achten, wie sie in Art. 6 EUV niedergelegt sind und in der Charta zum Ausdruck kommen. Diese Pflicht gilt zudem für alle Mitgliedstaaten und insbesondere für den Ausstellungs- wie für den Vollstreckungsmitgliedstaat(48).

88.      Daher ist der Rahmenbeschluss 2002/584 im Einklang mit Art. 6 der Charta auszulegen, nach dem jeder Mensch das Recht auf Freiheit und Sicherheit hat(49).

89.      Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass, wie der Gerichtshof im Urteil vom 30. Mai 2013, F(50), ausgeführt hat, in dem durch den Rahmenbeschluss eingeführten Übergabeverfahren, ebenso wie in Auslieferungsverfahren, dem in Art. 13 EMRK und in Art. 47 der Charta niedergelegten Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf besondere Bedeutung zukommt(51).

90.      Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 5 Abs. 1 Buchst. f EMRK betreffend Auslieferungsverfahren rechtfertigt nur die Durchführung eines solchen Verfahrens eine auf diesem Artikel beruhende Freiheitsentziehung(52). Gemäß Art. 5 Abs. 3 EMRK muss „[j]ede Person, die nach Absatz 1 Buchstabe c von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, … unverzüglich einem Richter oder einer anderen gesetzlich zur Wahrnehmung richterlicher Aufgaben ermächtigten Person vorgeführt werden“(53). Nach Art. 5 Abs. 4 EMRK hat jede Person, die festgenommen oder inhaftiert ist, das Recht, von einem Gericht prüfen zu lassen, ob die verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Anforderungen an die „Rechtmäßigkeit“ ihres Freiheitsentzugs im Sinne von Art. 5 Abs. 1 EMRK erfüllt sind(54).

91.      Nach dem von der Kommission vertretenen Standpunkt wären diese Garantien im vorliegenden Fall als erfüllt anzusehen, da nach bulgarischem Recht die Person, gegen die ein Europäischer Haftbefehl besteht, nach ihrer Übergabe innerhalb kurzer Frist einem Gericht des Ausstellungsmitgliedstaats vorzuführen ist.

92.      Betrachtet man die Situation ausschließlich aus nationaler Sicht, so muss in der Tat eine Person, gegen die die Staatsanwaltschaft eine Entscheidung nach Art. 64 Abs. 2 NPK erlassen hat, innerhalb kurzer Frist dem Gericht vorgeführt werden, das darüber zu entscheiden hat, ob sie bis zum Prozess weiter in Haft zu halten ist oder nicht.

93.      Wenn allerdings zu dieser nationalen Entscheidung ein Europäischer Haftbefehl hinzutritt, ist die Sicht eine andere. In dieser Situation wird die gerichtliche Kontrolle, der solche von einem Staatsanwalt erlassene Entscheidungen unterliegen müssen, da sie das in Art. 6 der Charta gewährleistete Recht auf Freiheit beeinträchtigen, zwangsläufig in ein Stadium nach der Übergabe der betroffenen Person an diesen Mitgliedstaat verlegt.

94.      Da aber aufgrund des Mechanismus der Zusammenarbeit zwischen Justizbehörden, den der Europäische Haftbefehl darstellt und der bedingt, dass die Durchführung des Verfahrens zu seiner Vollstreckung eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, die gesuchte Person nicht innerhalb kurzer Frist einem Gericht des Ausstellungsmitgliedstaats vorgeführt werden kann und da das Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls unter den Bedingungen von Art. 12 des Rahmenbeschlusses 2002/584 zur Inhaftierung dieser Person im Vollstreckungsmitgliedstaat für einen möglicherweise langen Zeitraum führen kann, ist es unerlässlich, als Mindestanforderung zu gewährleisten, dass die nationale Entscheidung, mit der die Suche und die Festnahme einer Person oder, wie im vorliegenden Fall, ihre Inhaftierung angeordnet werden und die dem Erlass eines Europäischen Haftbefehls durch einen Staatsanwalt zugrunde liegt, im Stadium ihres Erlasses einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt oder zumindest von dieser Person sofort nach ihrer Festnahme im Vollstreckungsmitgliedstaat mit einem Rechtsbehelf vor einem Gericht des Ausstellungsmitgliedstaats angefochten werden kann.

95.      Wird, wie im bulgarischen verfahrensrechtlichen System in der vorgerichtlichen Phase des Strafverfahrens, ein nationaler Haftbefehl von einem Staatsanwalt erlassen, muss die gesuchte Person daher sofort nach ihrer Festnahme im Vollstreckungsmitgliedstaat ein Gericht des Ausstellungsmitgliedstaats anrufen können, damit dieses über die Rechtmäßigkeit ihrer Festnahme und Inhaftierung nach dem Recht dieses Mitgliedstaats entscheiden kann, so wie es der Fall wäre, wenn diese Person innerhalb der Frist von höchstens 72 Stunden, die Art. 64 Abs. 2 NPK im Fall eines von der Staatsanwaltschaft erlassenen nationalen Haftbefehls vorsieht, einem Gericht vorgeführt worden wäre. Andernfalls wäre ein ganzer Aspekt der Rechtmäßigkeit der Festnahme und Inhaftierung der betroffenen Person jeder gerichtlichen Kontrolle vor ihrer Übergabe an den Ausstellungsmitgliedstaat entzogen, da die vollstreckende Justizbehörde für eine Entscheidung hierüber nicht zuständig ist.

96.      Jedenfalls sollte das nationale Verfahren, das zum Erlass eines Europäischen Haftbefehls führt, stets zumindest auf einer der beiden Stufen des Schutzes der Rechte der gesuchten Person einer gerichtlichen Kontrolle vor deren Übergabe an den Ausstellungsmitgliedstaat zugänglich sein, d. h., bevor sich der Großteil der Rechtswirkungen des Europäischen Haftbefehls erschöpft hat(55).

97.      Zudem sollte das Bestehen von Verfahrensgarantien im abgeleiteten Unionsrecht meines Erachtens mit der Garantie einhergehen, dass jedes verfahrensrechtliche System eine gerichtliche Kontrolle des nationalen Verfahrens, das zum Erlass eines Europäischen Haftbefehls führt, vorsehen sollte, die vor der Übergabe der betroffenen Person vorgenommen werden kann.

98.      Hierzu weise ich auf die Ausführungen des Gerichtshofs hin, wonach „sich der Rahmenbeschluss 2002/584 … in ein umfassendes System von Garantien wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes ein[fügt], die in anderen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen erlassenen Regelungen vorgesehen sind und die dazu beitragen, der auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls gesuchten Person die Ausübung ihrer Rechte bereits vor ihrer Übergabe an den Ausstellungsmitgliedstaat zu erleichtern“(56).

99.      Insbesondere muss nach Art. 10 der Richtlinie 2013/48/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls sowie über das Recht auf Benachrichtigung eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs(57) die zuständige Behörde des Vollstreckungsmitgliedstaats gesuchte Personen unverzüglich nach dem Entzug der Freiheit darüber informieren, dass sie das Recht haben, einen Rechtsbeistand im Ausstellungsmitgliedstaat zu benennen(58).

100. Nach Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2013/48 besteht „[d]ie Rolle dieses Rechtsbeistands im Ausstellungsmitgliedstaat … darin, den Rechtsbeistand im Vollstreckungsmitgliedstaat zu unterstützen, indem er jenen Rechtsbeistand mit Informationen versorgt und berät, damit die gesuchte Person ihre Rechte nach dem Rahmenbeschluss 2002/584… des Rates wirksam ausüben kann“. Meines Erachtens gehört zu der so definierten Rolle des Rechtsbeistands, dass er über die Rechtsbehelfe informiert, die im Ausstellungsmitgliedstaat möglicherweise zur Verfügung stehen, um die Einhaltung der Voraussetzungen für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls und die Vereinbarkeit der nationalen Entscheidung, die diesem Haftbefehl zugrunde liegt, von einem Gericht dieses Mitgliedstaats kontrollieren zu lassen.

101. Somit bedingt die praktische Wirksamkeit dieser Bestimmungen, dass es der im Vollstreckungsmitgliedstaat festgenommenen Person möglich sein muss, vor ihrer Übergabe an den Ausstellungsmitgliedstaat vor einem Gericht des letztgenannten Mitgliedstaats den Europäischen Haftbefehl oder die nationale Entscheidung, die diesem zugrunde liegt, anzufechten, wenn keine dieser Entscheidungen bei ihrem Erlass Gegenstand gerichtlicher Kontrolle war. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass wegen der Notwendigkeit einer raschen Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls die Einlegung eines Rechtsbehelfs vor einem Gericht des Ausstellungsmitgliedstaats nicht die mit dem Rahmenbeschluss 2002/584 festgelegten Bedingungen und Fristen für die Vollstreckung eines solchen Haftbefehls beeinträchtigen darf.

102. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass das bulgarische Verfahren für den Erlass eines Europäischen Haftbefehls durch einen Staatsanwalt in der vorgerichtlichen Phase des Strafverfahrens meines Erachtens nicht den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügt.

V.      Ergebnis

103. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Westminster Magistrates’ Court (Bezirksgericht Westminster, Vereinigtes Königreich) zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:

Der Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz, auf den eine Person Anspruch hat, gegen die ein Europäischer Haftbefehl zur Strafverfolgung besteht, nicht erfüllt sind, wenn nach den Rechtsvorschriften des Ausstellungsmitgliedstaats sowohl der Europäische Haftbefehl als auch die justizielle Entscheidung, die ihm zugrunde liegt, von einer Behörde erlassen werden, die an der Strafrechtspflege dieses Mitgliedstaats mitwirkt, selbst aber kein Gericht ist, und diese Maßnahmen vor der Übergabe der betroffenen Person an diesen Mitgliedstaat dort keiner gerichtlichen Kontrolle zugänglich sind.


1      Originalsprache: Französisch.


2      ABl. 2002, L 190, S. 1.


3      ABl. 2009, L 81, S. 24, im Folgenden: Rahmenbeschluss 2002/584. Vgl. die Darstellung dieser Unterschiede im Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 2. Juli 2020 über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (COM[2020] 270, final, insbesondere S. 5 bis 7). Zu den ausstellenden Justizbehörden heißt es in diesem Bericht: „[I]n in der Hälfte der Mitgliedstaaten [sind] die Gerichte oder Richter allein für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls zuständig. In einigen Mitgliedstaaten ist es ausschließlich Sache der Staatsanwaltschaften, einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen. Mehrere Mitgliedstaaten haben sowohl Gerichte als auch Staatsanwaltschaften als Ausstellungsbehörden benannt. Darüber hinaus haben einige dieser Mitgliedstaaten je nach Stadium des Strafverfahrens (z. B. vor oder nach der Anklageerhebung; in der vorgerichtlichen Phase oder während der Gerichtsverhandlung) oder dem Zweck des Europäischen Haftbefehls (Strafverfolgung oder Strafvollstreckung) unterschiedliche Behörden benannt. … Einige wenige Mitgliedstaaten haben eine einzige spezielle Stelle benannt (z. B. die Generalstaatsanwaltschaft)“ (S. 6 und 7). Als vollstreckende Justizbehörde hat diesem Bericht zufolge „eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten Gerichte (z. B. Berufungsgerichte, Bezirksgerichte, Oberste Gerichtshöfe) oder Richter benannt. … Einige Mitgliedstaaten haben Staatsanwaltschaften benannt. Einige wenige Mitgliedstaaten haben sowohl Gerichte als auch Staatsanwaltschaften benannt. Einige Mitgliedstaaten haben eine einzige spezielle Stelle benannt (z. B. die Generalstaatsanwaltschaft oder den Obersten Gerichtshof“ (S. 7). Vgl. auch das ausführliche Verzeichnis der in den Mitgliedstaaten zuständigen Behörde und bestehenden Verfahren in Questionnaire on the CJEU’s judgments in relation to the independence of issuing judicial authorities and effective judicial protection – Updated compilation of replies and certificates, Eurojust, 7. Juni 2019 (überarbeitet am 12. März 2020), abrufbar unter der Internetadresse https://www.eurojust.europa.eu/questionnaire-cjeus-judgments-relation-independence-issuing-judicial-authorities-and-effective-0.


4      Vgl. Urteil vom 24. November 2020, Openbaar Ministerie (Urkundenfälschung) (C‑510/19, EU:C:2020:953, Rn. 29).


5      Im Folgenden: Charta.


6      Vgl. u. a. Urteil vom 6. Dezember 2018, IK (Vollstreckung einer zusätzlichen Strafe) (C‑551/18 PPU, EU:C:2018:991, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).


7      DV Nr. 46 vom 3. Juni 2005.


8      Dagegen ist, wie das vorlegende Gericht in seinem Vorabentscheidungsersuchen darlegt, während des Prozesses das zuständige Gericht zum Erlass eines Europäischen Haftbefehls befugt.


9      C‑508/18 und C‑82/19 PPU, EU:C:2019:456.


10      C‑509/18, EU:C:2019:457.


11      C‑566/19 PPU und C‑626/19 PPU, im Folgenden: Urteil Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours), EU:C:2019:1077.


12      C‑625/19 PPU, im Folgenden: Urteil Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden), EU:C:2019:1078.


13      Dem Gerichtshof zufolge ist „bei einer Behörde wie der Staatsanwaltschaft – die im Rahmen des Strafverfahrens befugt ist, eine einer Straftat verdächtigte Person zu verfolgen, damit sie vor Gericht gestellt wird – davon auszugehen …, dass sie im betreffenden Mitgliedstaat an der Rechtspflege mitwirkt“; vgl. Urteil vom 27. Mai 2019, OG und PI (Staatsanwaltschaften Lübeck und Zwickau) (C‑508/18 und C 82/19 PPU, EU:C:2019:456, Rn. 60).


14      Hierzu verweise ich auf die Nrn. 59 bis 62 meiner Schlussanträge in der Rechtssache MM (C‑414/20 PPU, EU:C:2020:1009).


15      Vgl. u. a. Urteil vom 13. Januar 2021, MM (C‑414/20 PPU, im Folgenden: Urteil MM, EU:C:2021:4, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).


16      Vgl. Urteil MM (Rn. 74).


17      Vgl. Urteil vom 10. November 2016, Özçelik (C‑453/16 PPU, EU:C:2016:860, Rn. 32 und 33).


18      Vgl. entsprechend Urteil vom 10. November 2016, Özçelik (C‑453/16 PPU, EU:C:2016:860, Rn. 34).


19      Vgl. Urteil MM, wonach „Art.8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses 2002/584 dahin auszulegen ist, dass ein Europäischer Haftbefehl als ungültig anzusehen ist, wenn er nicht auf einem ‚[nationalen] Haftbefehl oder eine[r] andere[n] vollstreckbare[n] justizielle[n] Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung‘ im Sinne dieser Bestimmung beruht. Dieser Begriff bezieht sich auf nationale Maßnahmen, die von einer Justizbehörde zur Suche und Festnahme einer strafrechtlich verfolgten Person mit dem Ziel erlassen werden, um sie zwecks Vornahme strafverfahrensrechtlicher Handlungen einem Richter vorzuführen“ (Rn. 57).


20      Vgl. u. a. Urteil MM (Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). Hervorhebung nur hier.


21      Vgl. u. a. Urteil MM (Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).


22      Vgl. u. a. Urteil MM (Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).


23      Vgl. Urteil vom 27. Mai 2019, OG und PI (Staatsanwaltschaften Lübeck und Zwickau) (C‑508/18 und C‑82/19 PPU, EU:C:2019:456, Rn. 69). Hervorhebung nur hier.


24      Vgl. Urteil vom 27. Mai 2019, OG und PI (Staatsanwaltschaften Lübeck und Zwickau) (C‑508/18 und C‑82/19 PPU, EU:C:2019:456, Rn. 70). Hervorhebung nur hier.


25      Vgl. u. a. Urteil MM (Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).


26      Vgl. u. a. Urteil MM (Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).


27      Vgl. u. a. Urteil MM (Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).


28      Vgl. u. a. Urteil MM (Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).


29      Vgl. u. a. Urteil MM (Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).


30      Vgl. u. a. Urteil MM (Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).


31      Vgl. u. a. Urteil MM (Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).


32      Vgl. u. a. Urteil vom 10. November 2016, Kovalkovas (C‑477/16 PPU, EU:C:2016:861, Rn. 37).


33      Urteil Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) (Rn. 67). Hervorhebung nur hier.


34      Urteil Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) (Rn. 68). Hervorhebung nur hier.


35      Vgl. Urteil Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) (Rn. 69).


36      Urteil Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) (Rn. 70).


37      Vgl. Urteil Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) (Rn. 71).


38      Meiner Ansicht nach lässt sich aus dem Urteil vom 28. Januar 2021, IR (Erklärung der Rechte) (C‑649/19, EU:C:2021:75), kein anderer Schluss ziehen. Der Gerichtshof hat in diesem Urteil unter Bezugnahme auf das Urteil Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) entschieden, dass „das Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz nicht [verlangt], dass das in den Rechtsvorschriften des Ausstellungsmitgliedstaats vorgesehene Recht auf einen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung, einen Europäischen Haftbefehl zum Zweck der Strafverfolgung zu erlassen, vor der Übergabe der betreffenden Person an die zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats ausgeübt werden kann“ (Rn. 79). Denn in Anbetracht dessen, dass der Gerichtshof in jeder ihm vorgelegten Rechtssache eine Gesamtprüfung der beiden Stufen des Schutzes vornimmt, um zu entscheiden, ob ein verfahrensrechtliches System den Anforderungen an einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz genügt, kann der vorgenannten Randnummer meines Erachtens nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass diese Anforderungen erfüllt sind, wenn wie im vorliegenden Fall die einzige gerichtliche Kontrolle im Ausstellungsmitgliedstaat, der die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft, einen nationalen Haftbefehl und sodann einen Europäischen Haftbefehl zu erlassen, zugänglich wären, nach der Übergabe der gesuchten Person an diesen Mitgliedstaat erfolgen würde. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass im Unterschied zur vorliegenden Rechtssache, die die vorgerichtliche Phase des Strafverfahrens in Bulgarien betrifft, in der die Staatsanwaltschaft für den Erlass des nationalen und des Europäischen Haftbefehls zuständig ist, die Rechtssache, in der das Urteil vom 28. Januar 2021, IR (Erklärung der Rechte) (C‑649/19, EU:C:2021:75), ergangen ist, die gerichtliche Phase des Strafverfahrens in Bulgarien betraf, in der sowohl die Maßnahme der Untersuchungshaft, die den nationalen Haftbefehl darstellt, als auch der Europäische Haftbefehl von einem Gericht erlassen werden (vgl. Rn. 22 bis 26 dieses Urteils).


39      Urteil Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden) (Rn. 46). Hervorhebung nur hier.


40      Urteil Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden) (Rn. 47).


41      Urteil Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden) (Rn. 48). Hervorhebung nur hier.


42      Urteil Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden) (Rn. 50). Zudem prüft den Angaben der schwedischen Regierung zufolge „jedes Obergericht, das mit einer Anfechtung der Entscheidung über die Anordnung der Untersuchungshaft befasst werde, ebenfalls die Verhältnismäßigkeit des Erlasses des Europäischen Haftbefehls“ (Rn. 51 dieses Urteils).


43      Urteil Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden) (Rn. 52).


44      Urteil Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft Schweden) (Rn. 53).


45      Vgl. u. a. Urteil Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) (Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).


46      Vgl. Urteil vom 27. Mai 2019, OG und PI (Staatsanwaltschaften Lübeck und Zwickau) (C‑508/18 und C 82/19 PPU, EU:C:2019:456, Rn. 70).


47      Vgl. u. a. Urteil MM (Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).


48      Vgl. u. a. Urteil vom 12. Februar 2019, TC (C‑492/18 PPU, EU:C:2019:108, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).


49      Vgl. u. a. Urteil vom 12. Februar 2019, TC (C‑492/18 PPU, EU:C:2019:108, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). Den Erläuterungen zur Charta der Grundrechte (ABl. 2007, C 303, S. 17) zufolge entsprechen „[d]ie Rechte nach Artikel 6 … den Rechten, die durch Artikel 5 [der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, unterzeichnet in Rom am 4. November 1950, EMRK] garantiert sind, denen sie nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta an Bedeutung und Tragweite gleichkommen. Die Einschränkungen, die legitim an diesen Rechten vorgenommen werden können, dürfen daher nicht über die Einschränkungen hinausgehen, die im Rahmen des [Wortlauts des] Artikels 5 EMRK zulässig sind.“


50      C‑168/13 PPU, EU:C:2013:358.


51      Vgl. Urteil vom 30. Mai 2013, F (C‑168/13 PPU, EU:C:2013:358, Rn. 42).


52      Vgl. Urteil vom 16. Juli 2015, Lanigan (C‑237/15 PPU, EU:C:2015:474, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung des EGMR).


53      Nach dieser Bestimmung darf ein Freiheitsentzug nicht erfolgen, ohne dass die Festnahme und die Inhaftierung unverzüglich überprüft werden: vgl. etwa EGMR, 4. Dezember 2014, Ali Samatar u. a./Frankreich (CE:ECHR:2014:1204JUD001711010).


54      Vgl. u. a. EGMR, 7. Juli 2020, Dimo Dimov u. a./Bulgarien (CE:ECHR:2020:0707JUD003004410, § 69).


55      Vgl. Urteil MM (Rn. 77).


56      Vgl. u. a. Urteil Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) (Rn. 72). Hervorhebung nur hier.


57      ABl. 2013, L 294, S. 1.


58      Vgl. u. a. Urteil Parquet général du Grand-Duché de Luxembourg und Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaften Lyon und Tours) (Rn. 73).