Language of document : ECLI:EU:T:2011:600

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

18. Oktober 2011(*)

„Kostenerstattungs- und Vergütungsregelung für die Mitglieder des Europäischen Parlaments – Zusätzliches Altersversorgungssystem – Ablehnung der Zahlung eines Teils einer freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung als Kapitalleistung – Einrede der Rechtswidrigkeit – Erworbene Rechte – Berechtigtes Vertrauen – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑439/09

John Robert Purvis, wohnhaft in Saint-Andrews (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Orlandi, A. Coolen, J.‑N. Louis und É. Marchal,

Kläger,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten zunächst durch H. Krück, A. Pospíšilová Padowska und G. Corstens, sodann durch N. Lorenz, A. Pospíšilová Padowska und G. Corstens als Bevollmächtigte,

Beklagter,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung des Europäischen Parlaments vom 7. August 2009, mit der es abgelehnt wurde, dem Kläger einen Teil seiner zusätzlichen freiwilligen Altersversorgung als Kapitalleistung zu gewähren,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin) sowie der Richterin K. Jürimäe und des Richters M. van der Woude,

Kanzler: K. Pocheć, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2011

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Das Präsidium des Europäischen Parlaments (im Folgenden: Präsidium) ist ein Organ des Europäischen Parlaments. Gemäß Art. 22 Abs. 2 (Aufgaben des Präsidiums) der Geschäftsordnung des Parlaments in seiner auf den Sachverhalt des vorliegenden Falls anwendbaren Fassung (ABl. 2005, L 44, S. 1) trifft das Präsidium u. a. finanzielle, organisatorische und administrative Entscheidungen in Angelegenheiten der Mitglieder des Europäischen Parlaments (im Folgenden: Abgeordnete).

2        In diesem Zusammenhang beschloss das Präsidium die Kostenerstattungs- und Vergütungsregelung für die Mitglieder des Europäischen Parlaments (im Folgenden: KV-Regelung).

3        Am 12. Juni 1990 beschloss das Präsidium die in Anlage VII zur KV-Regelung enthaltene Regelung betreffend das zusätzliche (freiwillige) Altersversorgungssystem für die Mitglieder des Europäischen Parlaments (im Folgenden: Regelung vom 12. Juni 1990).

4        Die Regelung vom 12. Juni 1990 sah in ihrer im März 2009 geltenden Fassung u. a. vor:

Artikel 1

1.      Bis zur Verabschiedung eines einheitlichen Abgeordnetenstatuts und ungeachtet der Ruhegehalts- und Versorgungsansprüche gemäß den Anlagen I und II hat jedes Mitglied des Europäischen Parlaments, das mindestens zwei Jahre lang freiwillige Beiträge an das Altersversorgungssystem entrichtet hat, nach Beendigung seines Mandats ab dem 1. Tag des Kalendermonats, der auf den Monat folgt, in dem es das 60. Lebensjahr vollendet hat, Anspruch auf ein Ruhegehalt auf Lebenszeit.

Artikel 2

1.       Das Ruhegehalt beläuft sich für jedes vollständige Mandatsjahr auf 3,5 % von 40 % des Grundgehalts eines Richters beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und für jeden vollen Monat auf 1/12 dieses Betrags.

2.       Der Höchstbetrag des Ruhegehalts beläuft sich auf 70 % (der Mindestbetrag auf 10,5 %) von 40 % des Grundgehalts eines Richters beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.

3.       Das Ruhegehalt wird in Euro berechnet und ausgezahlt.

Artikel 3

Ehemalige Mitglieder oder Mitglieder, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres ausscheiden, können beantragen, dass ihr Ruhegehalt ab sofort oder ab einem beliebigen Zeitpunkt zwischen dem Ausscheiden und der Vollendung des 60. Lebensjahres gezahlt wird, vorausgesetzt, sie haben das 50. Lebensjahr vollendet. In diesem Fall ergibt sich das Ruhegehalt aus der Multiplikation des nach Artikel 2 Absatz 1 berechneten Betrags mit einem Koeffizienten, der anhand des Alters bestimmt wird, das das Mitglied bei Beginn der Auszahlung des Ruhegehalts erreicht hat, wobei die nachstehende Tabelle zugrunde gelegt wird …

Artikel 4 (Zahlung eines Teils des Ruhegehalts in Form einer Kapitalleistung)

1.       Die Mitglieder und ehemaligen Mitglieder des freiwilligen Altersversorgungssystems können sich maximal 25 % des Ruhegehalts, berechnet auf der Grundlage von Artikel 2 Absatz 1, als Kapitalleistung auszahlen lassen.

2.       Die Inanspruchnahme dieser Möglichkeit muss beantragt werden, bevor das Ruhegehalt zur Auszahlung gelangt, und ist unwiderruflich.

3.       Vorbehaltlich des in Absatz 1 festgelegten Höchstsatzes werden die Ruhegehaltsansprüche des überlebenden Ehegatten oder unterhaltsberechtigter Kinder durch die Kapitalleistung weder berührt noch verringert.

4.       Die Kapitalleistung wird anhand des Alters berechnet, das das Mitglied erreicht hat, wenn das Ruhegehalt zur Auszahlung gelangt, wobei die nachstehende Tabelle zugrunde gelegt wird …

5.       Die Kapitalleistung wird in Euro berechnet und ausgezahlt. Die Zahlung erfolgt vor der ersten Ruhegehaltszahlung.

…“

5        Der zusätzliche Pensionsfonds wurde von den Quästoren des Europäischen Parlaments durch Gründung der Vereinigung ohne Gewinnzweck „Pensionsfonds – Mitglieder des Europäischen Parlaments“ (im Folgenden: VoG) eingerichtet, die wiederum die Investmentgesellschaft mit variablem Kapital nach luxemburgischem Recht „Pensionsfonds – Mitglieder des Europäischen Parlaments, Investmentgesellschaft mit variablem Kapital“ (im Folgenden: SICAV) gründete, die mit der technischen Verwaltung der Geldanlagen betraut war.

6        Das Statut der Abgeordneten des Europäischen Parlaments wurde durch den Beschluss 2005/684/EG, Euratom des Parlaments vom 28. September 2005 angenommen (ABl. L 262, S. 1, im Folgenden: Abgeordnetenstatut) und trat am 14. Juli 2009, dem ersten Tag der siebten Wahlperiode, in Kraft.

7        Mit dem Abgeordnetenstatut wurde für die europäischen Abgeordneten ein endgültiges Altersversorgungssystem eingerichtet, nach dem diese ohne Beitragspflicht mit Vollendung des 63. Lebensjahrs Anspruch auf ein Ruhegehalt haben.

8        Das Abgeordnetenstatut sieht für das zusätzliche Altersversorgungssystem Übergangsmaßnahmen vor. In Art. 27 des Abgeordnetenstatuts heißt es hierzu:

„(1)      Der vom Europäischen Parlament eingerichtete freiwillige Pensionsfonds wird nach Inkrafttreten dieses Statuts für die Abgeordneten oder ehemaligen Abgeordneten, die in diesem Fonds bereits Rechte oder Anwartschaften erworben haben, weitergeführt.

(2)      Die erworbenen Rechte und Anwartschaften bleiben in vollem Umfang erhalten. Das Parlament kann Voraussetzungen und Bedingungen für den Erwerb neuer Rechte oder Anwartschaften festlegen.

(3)      Abgeordnete, die die Entschädigung nach [dem Statut] erhalten, können in dem freiwilligen Pensionsfonds keine neuen Rechte oder Anwartschaften mehr erwerben.

(4)      Der Fonds steht den Abgeordneten, die nach dem Inkrafttreten dieses Statuts erstmals in das Parlament gewählt werden, nicht zur Verfügung.

…“

9        Mit Beschluss vom 19. Mai und 9. Juli 2008 legte das Präsidium Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut des Europäischen Parlaments fest (ABl. 2009, C 159, S. 1, im Folgenden: Durchführungsbestimmungen). Diese Durchführungsbestimmungen traten gemäß ihrem Art. 73 am selben Tag in Kraft wie das Abgeordnetenstatut, d. h. am 14. Juli 2009.

10      Gemäß Art. 74 der Durchführungsbestimmungen wird, vorbehaltlich der in ihrem Titel IV vorgesehenen Übergangsbestimmungen, die KV-Regelung am Tag des Inkrafttretens des Abgeordnetenstatuts ungültig.

11      Art. 76 (Zusätzliches Ruhegehalt) der Durchführungsbestimmungen sieht vor:

„(1)      Die zusätzliche (freiwillige) Altersversorgung gemäß Anlage VII der [KV-Regelung] wird gemäß dieser Anlage auch weiterhin den Personen gewährt, die dieses Ruhegehalt bereits vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des [Abgeordnetenstatuts] erhalten haben.

(2)      Die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des [Abgeordnetenstatuts] gemäß der genannten Anlage VII erworbenen Ruhegehaltsansprüche bleiben bestehen. Sie werden unter den in dieser Anlage vorgesehenen Bedingungen abgegolten.

(3)      Nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des [Abgeordnetenstatuts] können gemäß der genannten Anlage VII weitere Ansprüche von den 2009 gewählten Abgeordneten erworben werden,

a)      die dem Parlament bereits in einer vorherigen Wahlperiode angehörten und

b)      die im Rahmen der zusätzlichen Altersversorgung bereits Ansprüche erworben haben oder im Begriff waren, diese Ansprüche zu erwerben, und

c)      für die der Mitgliedstaat, in dem sie gewählt wurden, eine abweichende Regelung gemäß Artikel 29 des [Abgeordnetenstatuts] beschlossen hat oder die sich gemäß Artikel 25 des [Abgeordnetenstatuts] selbst für das nationale System entschieden haben, und

d)      die keinen Anspruch auf ein nationales oder europäisches Ruhegehalt aufgrund ihres Mandats als Abgeordnete im Europäischen Parlament haben.

(4)      Die von den Abgeordneten zu dem zusätzlichen Pensionsfonds entrichteten Beiträge werden aus ihren privaten Mitteln bestritten.“

12      Am 9. März 2009 fasste das Präsidium im Anschluss an die Feststellung, dass sich die finanzielle Lage des zusätzlichen Pensionsfonds verschlechtert hatte, den Beschluss,

„–      … eine … Arbeitsgruppe einzusetzen, die mit den Vertretern des Vorstands des freiwilligen Pensionsfonds zusammentreffen und die Situation bewerten soll;

–        … mit unmittelbarer Wirkung als vorläufige und vorsorgliche Maßnahme die in den Artikeln 3 und 4 von Anlage VII der [KV‑Regelung] vorgesehenen Möglichkeiten auszusetzen;

–        … dass diese Vorsichtsmaßnahmen vom Präsidium in einer seiner kommenden Sitzungen unter Berücksichtigung des festgestellten Sachverhalts und der Ergebnisse der Gespräche und Erkenntnisse der Arbeitsgruppe überprüft werden sollen“.

13      Am 1. April 2009 beschloss das Präsidium, die Regelung vom 12. Juni 1990 zu ändern. Zu den Änderungen gehörten insbesondere folgende Maßnahmen:

–        Anhebung, mit Wirkung zum ersten Tag der siebten Wahlperiode, d. h. zum 14. Juli 2009, des Pensionsalters von 60 auf 63 Jahre (Art. 1 der Regelung vom 12. Juni 1990),

–        Wegfall, mit sofortiger Wirkung, der Möglichkeit, dass ein Teil der Ruhegehaltsansprüche in Form einer Kapitalleistung gezahlt wird (Art. 3 der Regelung vom 12. Juni 1990),

–        Wegfall, mit sofortiger Wirkung, der Möglichkeit eines vorzeitigen Ruhestands ab dem Alter von 50 Jahren (Art. 4 der Regelung vom 12. Juni 1990).

14      Zur Begründung dieser Maßnahmen führte das Präsidium in den Erwägungsgründen 1 und 2 des Beschlusses vom 1. April 2009 aus, infolge der damaligen Finanz- und Wirtschaftskrise habe sich die Lage des Pensionsfonds deutlich verschlechtert, und es bestehe die Gefahr, dass nach Inkrafttreten des Abgeordnetenstatuts im Juli 2009 wegen der Einstellung der Beitragszahlungen der Mitglieder und der unzureichenden Investitionserträge ab 2010 die verfügbaren liquiden Mittel des Fonds nicht mehr ausreichten, um den Verpflichtungen zur Zahlung der Ruhegehälter nachkommen zu können. Der Pensionsfonds laufe daher Gefahr, Aktiva auflösen zu müssen, so dass Maßnahmen ergriffen werden müssten, um eine größtmögliche Liquidität des Fonds sicherzustellen.

15      Dieser Beschluss wurde allen Abgeordneten durch die Verwaltung des Parlaments mit Schreiben vom 18. Mai 2009 mitgeteilt.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

16      Der Kläger, Herr John Robert Purvis, war von 1979 bis Juli 1984 und von Juli 1999 bis Juli 2009 Mitglied des Parlaments. Er ist dem zusätzlichen Altersversorgungssystem beigetreten, an das er zehn Jahre lang – von August 1999 bis Juli 2009 – Beiträge entrichtete.

17      Am 8. Januar 2009 übermittelte das Referat „Entschädigung und soziale Rechte der Mitglieder“ des Parlaments dem Kläger zwei vorläufige Berechnungen, denen zufolge er ab dem 1. August 2009 Anspruch auf entweder ein monatliches Ruhegehalt in Höhe von 2 706,20 Euro oder 25 % seines Ruhegehalts als Kapitalleistung, d. h. 81 429,56 Euro, sowie ein monatliches Ruhegehalt in Höhe von 2 029,65 Euro hatte.

18      Am 24. April 2009 beantragte der Kläger sein zusätzliches Ruhegehalt ab dem Ende der sechsten Wahlperiode zum Teil als Kapitalleistung und zum Teil als Rente entsprechend der vorgenannten Berechnung.

19      Mit Schreiben vom 7. August 2009 wurde dem Kläger die Ablehnung seines Antrags mitgeteilt (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). In diesem Schreiben verwies der Leiter des Referats „Entschädigung und soziale Rechte der Mitglieder“ des Parlaments u. a. darauf, dass die Möglichkeit der Auszahlung eines Teils der Ruhegehaltsansprüche als Kapitalleistung durch den Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 abgeschafft worden sei. Er stellte fest: „Da die geltenden Vorschriften die Auszahlung eines Teils des Ruhegehalts als Kapitalleistung nicht mehr zulassen, wurde Ihr Ruhegehaltsanspruch seit dem 1. August 2009 berechnet, ohne Ihren Antrag, 25 % als Kapitalleistung auszuzahlen, zu berücksichtigen.“

 Verfahren und Anträge der Parteien

20      Mit Klageschrift, die am 23. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

21      Da der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2011 neue Beweise vorgelegt hat, ist dem Parlament eine Frist von zwei Wochen gegeben worden, um hierzu Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 8. April 2011 hat das Parlament seine Stellungnahme eingereicht. Auf Ersuchen des Gerichts hat sich der Kläger mit Schreiben vom 25. Mai 2011 zur Stellungnahme des Parlaments vom 8. April 2011 geäußert.

22      Der Kläger beantragt,

–        die Beschlüsse des Präsidiums vom 9. März und 1. April 2009 insofern für rechtswidrig zu erklären, als sie das zusätzliche Altersversorgungssystem ändern und die besonderen Zahlungsmodalitäten des zusätzlichen Ruhegehalts beseitigen;

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

23      Das Parlament beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

1.     Zu den Auswirkungen des vorliegenden Urteils

24      Der Kläger macht geltend, dass das Präsidium mit Beschluss vom 17. Juni 2009 u. a. entschieden habe, dass das in der vorliegenden Rechtssache anstehende Urteil für alle Mitglieder des zusätzlichen Pensionsfonds gelten werde.

25      Das Parlament macht geltend, dass ihm die vorliegende Klage erst am 19. November 2009 zugestellt worden sei und es daher am 17. Juni 2009 keine derartige Verpflichtung habe eingehen können.

26      Nach ständiger Rechtsprechung ist der Unionsrichter im Rahmen der von ihm ausgeübten Rechtmäßigkeitskontrolle nicht befugt, den Organen Weisungen zu erteilen oder sich an ihre Stelle zu setzen; es ist Sache der betreffenden Verwaltung, die Maßnahmen zur Durchführung eines auf eine Nichtigkeitsklage ergangenen Urteils zu ergreifen (Urteile des Gerichts vom 27. Januar 1998, Ladbroke Racing/Kommission, T‑67/94, Slg. 1998, II‑1, Randnr. 200, vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg. 1998, II‑3141, Randnr. 53, und vom 12. Dezember 2006, SELEX Sistemi Integrati/Kommission, T‑155/04, Slg. 2006, II‑4797, Randnr. 28).

27      Soweit der Kläger daher beim Gericht eine Entscheidung über die Auswirkungen des vorliegenden Urteils beantragt, ist dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

2.     Zur Begründetheit

28      Der Kläger stützt seine Klage auf vier Klagegründe, nämlich erstens eine Verletzung seiner erworbenen Rechte und des Grundsatzes des Vertrauensschutzes, zweitens eine Verletzung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit, drittens ein Verstoß gegen Art. 29 der KV-Regelung und viertens eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben bei der Durchführung von Verträgen. Darüber hinaus erhebt er die Einrede der Rechtswidrigkeit insbesondere in Bezug auf den Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009.

 Zur Systematik der Klagegründe und der Einrede der Rechtswidrigkeit

29      Die Parteien sind übereinstimmend der Auffassung, dass die angefochtene Entscheidung nur insoweit Gegenstand der vorliegenden Klage ist, als dem Kläger die Zahlung von 25 % seines Ruhegehalts als Kapitalleistung verweigert wird. In dieser Hinsicht ist die angefochtene Entscheidung jedoch eine gebundene Entscheidung. Da nämlich Art. 4 der Regelung vom 12. Juni 1990, der Abgeordneten die Möglichkeit einräumt, einen Teil (bis zu 25 %) des Ruhegehalts als Kapitalleistung zu erhalten, durch den Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 aufgehoben worden war, verfügte die Generaldirektion Finanzen des Parlaments über keinen Ermessensspielraum, so dass sie keine andere Möglichkeit hatte, als den auf diese Bestimmung gestützten Antrag des Klägers abzulehnen.

30      Wie das Parlament außerdem zu Recht hervorhebt, hat der Kläger keinen bestimmten Klagegrund gegen die angefochtene Entscheidung angeführt, sondern sich darauf beschränkt, mit seinen vier in der Sache geltend gemachten Klagegründen den Inhalt der genannten Entscheidung insoweit zu beanstanden, als ihm die Zahlung von 25 % seines Ruhegehalts als Kapitalleistung verweigert wurde. Wie bereits dargelegt, war der Inhalt jedoch durch den Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 festgelegt. Daher kann der Klage nur stattgegeben werden, wenn die Einrede der Rechtswidrigkeit begründet ist. Dagegen ist die Klage abzuweisen, wenn in Bezug auf die angefochtene Entscheidung keine Rechtswidrigkeit festgestellt werden kann.

31      Unter diesen Umständen sind die vier Klagegründe so zu verstehen, dass sie ausschließlich zur Untermauerung der Einrede der Rechtswidrigkeit erhoben werden, die der Kläger − formal betrachtet − gesondert erhoben hat.

 Zur Tragweite der Einrede der Rechtswidrigkeit

32      Der Kläger macht geltend, dass sich die angefochtene Entscheidung auf die Beschlüsse des Präsidiums vom 9. März und 1. April 2009 stütze. Diese seien beide insofern rechtswidrig, als sie die Möglichkeit für Abgeordnete, einen Teil ihres Ruhegehalts als Kapitalleistung zu erhalten, beseitigten.

33      Das Parlament ist der Auffassung, dass sich die Einrede der Rechtswidrigkeit nur auf den Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 beziehen könne. Dieser sei endgültig und „konsumiere“ daher den vorläufigen Beschluss des Präsidiums vom 9. März 2009.

34      Im Übrigen sind die Parteien übereinstimmend der Auffassung, dass sich die Einrede der Rechtswidrigkeit nur auf die Beseitigung der im früheren Art. 4 der Regelung vom 12. Juni 1990 vorgesehenen Möglichkeit bezieht, einem Abgeordneten einen Teil seines Ruhegehalts als Kapitalleistung auszuzahlen. Dagegen sind die Anhebung des Pensionsalters sowie die Beseitigung der Möglichkeit eines vorzeitigen Ruhestands ab einem Alter von 50 Jahren, die ebenfalls in dem Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 vorgesehen sind, nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

35      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Einrede der Rechtswidrigkeit auf das zu beschränken, was für die Entscheidung des Rechtsstreits unverzichtbar ist. Art. 241 EG soll einer Partei nämlich nicht die Möglichkeit eröffnen, zur Begründung jeder Klage die Anwendbarkeit jedes beliebigen Rechtsakts allgemeinen Charakters zu rügen. Zwischen der angegriffenen individuellen Entscheidung und dem fraglichen allgemeinen Rechtsakt muss ein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang bestehen (Urteil des Gerichts vom 2. Oktober 2001, Martinez u. a./Parlament, T‑222/99, T‑327/99 und T‑329/99, Slg. 2001, II‑2823, Randnr. 136 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Somit stellt sich die Frage, welches der maßgebliche Zeitpunkt für die Feststellung des anwendbaren Rechts ist und auf welche Entscheidungen sich folglich die Einrede der Rechtswidrigkeit richtet. Hierfür kommen drei Zeitpunkte in Betracht: der 24. April 2009 als der Zeitpunkt, zu dem der Kläger seinen Antrag auf Gewährung des zusätzlichen Ruhegehalts stellte; der 14. Juli 2009 als der Zeitpunkt, zu dem der Kläger sein Mandat beendete und somit sein Anspruch auf das zusätzliche Ruhegehalt entstand; und der 7. August 2009 als der Zeitpunkt, zu dem die angefochtene Entscheidung erging.

37      Nach Auffassung des Gerichts ist der Zeitpunkt des 14. Juli 2009 zugrunde zu legen. Der Umstand, der den Anspruch auf ein zusätzliches Ruhegehalt begründet, ist nämlich in Art. 1 Abs. 1 der Regelung vom 12. Juni 1990 als der Tag der Beendigung des Abgeordnetenmandats definiert (vgl. oben, Randnr. 4), was von den Parteien nicht bestritten wird. Das Mandat des Klägers endete an diesem Tag. Im Übrigen war es am 24. April 2009 nicht möglich, seine Ruhegehaltsansprüche mit Sicherheit zu bestimmen, da das Ende seines Mandats und die Gesamtdauer seiner Beitragszahlungen zu diesem Zeitpunkt insoweit noch ungewiss waren, als die Möglichkeit bestand, dass der Kläger erneut in das Parlament gewählt würde oder sein Mandat durch seinen Rücktritt oder Tod vorzeitig enden würde. Folglich war jede Berechnung seiner Ruhegehaltsansprüche vor dem 14. Juli 2009 notwendigerweise vorläufiger Natur. Daher ist der Zeitpunkt, zu dem der Kläger seine Ruhegehaltsansprüche erwarb, d. h. der 14. Juli 2009, maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung des vorliegend anwendbaren Rechts.

38      In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Entscheidung, die die Ruhegehaltsansprüche der dem zusätzlichen Altersversorgungssystem beigetretenen Abgeordneten festlegt, nicht nur eine gebundene Entscheidung ist, da die Verwaltung des Parlaments bei der Bestimmung der Ruhegehaltsansprüche über kein Ermessen verfügt, sondern im Hinblick auf den Inhalt dieser Ansprüche sogar rein deklaratorischer Natur ist. Der Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 der Regelung vom 12. Juni 1990, wonach „… jedes Mitglied des Europäischen Parlaments, das mindestens zwei Jahre lang … Beiträge an das [zusätzliche] Altersversorgungssystem entrichtet hat, nach Beendigung seines Mandats ab dem 1. Tag des Kalendermonats, der auf den Monat folgt, in dem es das 60. Lebensjahr vollendet hat, Anspruch auf ein Ruhegehalt auf Lebenszeit“ hat, kann nämlich nur so verstanden werden, dass die Ruhegehaltsansprüche den Abgeordneten von Rechts wegen allein aufgrund der Regelung vom 12. Juni 1990 zustehen, sobald die dort angeführten Voraussetzungen vorliegen. Sind diese Voraussetzungen gegeben, beschränkt sich die Wirkung der Entscheidung, mit der das Parlament die Ruhegehaltsansprüche eines dem zusätzlichen Altersversorgungssystem beigetretenen Abgeordneten festlegt, allein darauf, diesem Abgeordneten den Umfang seiner Ruhegehaltsansprüche mitzuteilen und ihm somit die Möglichkeit zu geben, im Fall einer Auseinandersetzung über den genauen Inhalt dieser Ansprüche die Anwendung der Regelung vom 12. Juni 1990 durch die Unionsgerichte überprüfen zu lassen, und innerhalb der Verwaltung die aufgrund dieser Ansprüche vorzunehmenden Zahlungen zu begründen.

39      Würde dagegen als maßgeblicher Zeitpunkt der Zeitpunkt zugrunde gelegt, zu dem der Kläger seinen Antrag auf Gewährung des zusätzlichen Ruhegehalts stellte, bestünde die Gefahr, dass bei Personen, deren Ruhegehaltsanspruch zum gleichen Zeitpunkt entsteht, unterschiedliches Recht angewandt wird. Wenn nämlich im Fall von zwei Abgeordneten, deren Mandate am 14. Juli 2009 endeten, der eine seinen Antrag vor dem 9. März 2009 und der andere seinen Antrag nach diesem Zeitpunkt gestellt hat, könnte nur dem ersten und nicht dem zweiten Abgeordneten ein Teil seines Ruhegehalts als Kapitalleistung gezahlt werden. Nach der Rechtsprechung verstößt es jedoch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn zwei Personengruppen, deren tatsächliche und rechtliche Lage sich nicht wesentlich unterscheidet, unterschiedlich behandelt werden (vgl. Urteil des Gerichts vom 29. November 2006, Campoli/Kommission, T‑135/05, Slg. ÖD 2006, I‑A‑2‑297 und II‑A‑2‑1527, Randnr. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Mit diesem Argument lässt sich als Zeitpunkt auch der 7. August 2009 als Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung ausschließen. Wählte man nämlich den Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung über den Antrag auf Gewährung zusätzlichen Ruhegehalts, würde das anwendbare Recht davon abhängen, wie schnell die Verwaltung den Antrag des Abgeordneten bearbeitet, was ein willkürliches Element einführen und sogar die Möglichkeit der Manipulation und des Missbrauchs eröffnen würde. Insbesondere wäre es möglich, dass bei zwei Abgeordneten, deren Mandate zum gleichen Zeitpunkt enden und die zum gleichen Zeitpunkt ihren Antrag auf Ruhegehalt stellen, jeweils unterschiedliches Recht angewandt wird, nur weil das Parlament zu verschiedenen Zeitpunkten über die jeweiligen Anträge entscheidet.

41      Im Licht der vorstehenden Analyse ist daher der 14. Juli 2009 als maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung des anwendbaren Rechts zugrunde zu legen. Da der Beschluss des Präsidiums vom 9. März 2009 zu diesem Zeitpunkt keine Rechtswirkung mehr entfaltete, konnte er nicht Grundlage der angefochtenen Entscheidung sein, und somit ist bei der Prüfung der Einrede der Rechtswidrigkeit nur die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Präsidiums vom 1. April 2009 zu prüfen.

 Zum ersten Klagegrund

42      Der erste Klagegrund besteht aus zwei Teilen, die sich auf eine Verletzung erworbener Rechte bzw. eine Verletzung der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes stützen.

 Zum ersten Teil: Verletzung erworbener Rechte

43      Der Kläger beruft sich auf die Rechtsprechung, wonach es grundsätzlich nicht möglich ist, erworbene Rechte in Frage zu stellen. Er trägt vor, dass seine Ruhegehaltsansprüche nach der Regelung zu bestimmen seien, die zum Zeitpunkt der Beendigung seines Abgeordnetenmandats gegolten habe. Die Beseitigung der Möglichkeit, das Ruhegehalt zum Teil als Kapitalleistung zu erhalten, verstoße gegen Art. 27 Abs. 2 des Abgeordnetenstatuts und beeinträchtige die Zahlungsmodalitäten in Bezug auf die erworbenen Ruhegehaltsansprüche, die von den erworbenen Rechten an einem Ruhegehalt nicht getrennt werden könnten. Die Abgeordneten seien von einem besonderen Risiko betroffen, wodurch sich ihre Regelung de facto von der Regelung der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: europäische Beamte) unterscheide und weshalb die teilweise Zahlung des Ruhegehalts in Form einer Kapitalleistung berechtigterweise als wesentlicher Bestandteil des Ruhegehalts angesehen werden könne.

44      Aus der Rechtsprechung geht jedoch hervor, dass dem Kläger nur dann erworbene Rechte zustehen, wenn die anspruchsbegründende Tatsache unter der Geltung einer Regelung eingetreten ist, die zeitlich vor der Änderung liegt, die an dieser Regelung vorgenommen wurde und die er mit seiner Klage beanstandet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 19. März 1975, Gillet/Kommission, 28/74, Slg. 1975, 463, Randnr. 5, und Urteil Campoli/Kommission, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 78). Auch wenn sich diese Urteile nämlich auf europäische Beamte beziehen, findet der dort aufgestellte Grundsatz doch allgemein und insbesondere im vorliegenden Fall Anwendung. Im Übrigen schlagen auch die Parteien die Anwendung des in diesen Urteilen niedergelegten Grundsatzes vor.

45      Darüber hinaus sind das zusätzliche Altersversorgungssystem der Abgeordneten und das Altersversorgungssystem der europäischen Beamten durch ein gemeinsames wesentliches Element gekennzeichnet. Das Altersversorgungssystem der europäischen Beamten beruht grundsätzlich auf einem Kapitalbildungsmodell, das als „virtuelles“ Fondssystem bezeichnet werden könnte, da das versicherungsmathematische Gleichgewicht des Systems so berechnet wird, als wenn ein Pensionsfonds vorläge, auch wenn die Beiträge der Beamten in Wirklichkeit dem Unionshaushalt zufließen, die Arbeitgeberbeiträge nicht wirklich gezahlt werden und die Ausgaben für die Zahlung der Ruhegehälter nach diesem System aus dem Unionshaushalt gedeckt werden. Dies bedeutet insbesondere, dass die Gesamtsumme aus den jährlichen Beitragszahlungen eines europäischen Beamten und dem hypothetischen Arbeitgeberbeitrag dem versicherungsmathematischen Wert der Ruhegehaltsansprüche, die der europäische Beamte in dem betreffenden Jahr erworben hat, entsprechen muss, was das wesentliche Merkmal eines Altersversorgungsfonds ist. Somit sind die Merkmale des Altersversorgungssystems der europäischen Beamten den Merkmalen des zusätzlichen Altersversorgungssystems der Abgeordneten sehr ähnlich, da beide Systeme eine versicherungsmathematische Berechnung zugrunde legen, der zufolge der Jahresbeitrag einem Drittel der in dem betreffenden Jahr erworbenen Ruhegehaltsansprüche entsprechen muss (die übrigen zwei Drittel entfallen auf den Arbeitgeberbeitrag, d. h. im vorliegenden Fall den Beitrag des Parlaments).

46      Wie bereits oben in Randnr. 37 dargelegt, ist der Umstand, durch den der Anspruch auf ein zusätzliches Ruhegehalt entsteht, in Art. 1 Abs. 1 der Regelung vom 12. Juni 1990 als der Tag der Beendigung des Abgeordnetenmandats definiert. Der Kläger beendete sein Mandat jedoch am 14. Juli 2009. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Beschlusses des Präsidiums vom 1. April 2009, der den Abgeordneten am 18. Mai 2009 mitgeteilt wurde und der u. a. die Möglichkeit beseitigte, einen Teil des Ruhegehalts als Kapitalleistung auszuzahlen, hatte der Kläger seinen Ruhegehaltsanspruch folglich noch nicht erworben. Daher kann er in diesem Zusammenhang keine Verletzung seiner erworbenen Rechte geltend machen.

47      Dieses Ergebnis kann durch das übrige Vorbringen des Klägers nicht in Frage gestellt werden.

48      Zunächst ist das Vorbringen des Klägers, wonach das Abgeordnetenmandat im Vergleich zu den europäischen Beamten ein besonderes Risiko birgt, und zwar die Notwendigkeit einer beruflichen Wiedereingliederung nach Beendigung des Abgeordnetenmandats, und die teilweise Auszahlung als Kapitalleistung im Hinblick auf dieses Risiko erfolgt, aus mehreren Gründen zurückzuweisen.

49      Erstens sah die KV-Regelung in ihrer Anlage V bereits eine Übergangsvergütung vor, die ausscheidenden Abgeordneten bei Erlöschen des Mandats entweder von ihrem Herkunftsmitgliedstaat oder vom Parlament selbst gezahlt wird. Zwar geht aus der KV-Regelung nicht ausdrücklich hervor, dass die Übergangsvergütung die berufliche Wiedereingliederung nach der Beendigung des Mandats erleichtern sollte. Das Abgeordnetenstatut, das seit dem 14. Juli 2009 in Kraft ist und die KV-Regelung abgeschafft hat, sieht jedoch weiterhin die Zahlung einer Übergangsvergütung vor. In diesem Zusammenhang heißt es im 13. Erwägungsgrund des Beschlusses des Europäischen Parlaments zur Annahme des Abgeordnetenstatuts: „Das in Artikel 9 Absatz 2 und in Artikel 13 [des Abgeordnetenstatuts] vorgesehene Übergangsgeld soll insbesondere die Zeit zwischen dem Ende des Mandats und einem beruflichen Neuanfang überbrücken.“ Es kann davon ausgegangen werden, dass sich der Zweck der Übergangsvergütung nicht durch den Erlass des Abgeordnetenstatuts geändert hat und die Übergangsvergütung folglich schon bei Inkrafttreten des Abgeordnetenstatuts dem Ziel diente, die berufliche Wiedereingliederung zu erleichtern. Da eine solche Übergangsvergütung existiert, drängt es sich zumindest nicht auf, die besonderen Zahlungsmodalitäten des zusätzlichen Ruhegehalts mit dem Risiko der beruflichen Wiedereingliederung zu begründen, auch wenn es denkbar ist, dass die Zahlung eines Teils des Ruhegehalts als Kapitalleistung in der Vergangenheit tatsächlich in konkreten Einzelfällen diesen Zwecken gedient haben könnte.

50      Zweitens erwerben die Abgeordneten gemäß Art. 1 der Regelung vom 12. Juni 1990 ihren Anspruch auf zusätzliches Ruhegehalt mit dem Pensionsalter, das auf 60 Jahre festgelegt ist. Die Zahlung eines Teils des Ruhegehalts als Kapitalleistung erscheint daher für die Zwecke der beruflichen Wiedereingliederung nicht erforderlich, da ein Abgeordneter im Ruhestand grundsätzlich keinen Anlass hat, neue berufliche Tätigkeiten aufzunehmen.

51      Drittens wurde die besondere Modalität der teilweisen Zahlung des Ruhegehalts als Kapitalleistung erst im März 1999 eingeführt, d. h. mehrere Jahre nach Einführung der Regelung vom 12. Juni 1990. Da somit diese besondere Zahlungsmodalität ursprünglich nicht im zusätzlichen Altersversorgungssystem vorgesehen war, kann sie kein wesentliches Merkmal dieses Systems sein.

52      Sodann beruft sich der Kläger auf den Vermerk des Generalsekretärs des Parlaments vom 24. November 2005, der an das Verbot der Verletzung erworbener Rechte erinnere. In den maßgeblichen Stellen des Vermerks heißt es:

„21.  Ab dem Inkrafttreten des Abgeordnetenstatuts ist Art. 27 des Statuts Rechtsgrundlage des Pensionsfonds. Art. 27 Abs. 2 bestimmt: ‚Die erworbenen Rechte und Anwartschaften bleiben in vollem Umfang erhalten. Das Parlament kann Voraussetzungen und Bedingungen für den Erwerb neuer Rechte oder Anwartschaften festlegen.‘

22.       Vor diesem Hintergrund und für eine bestimmte Übergangszeit kann das Präsidium, sofern die Rechtsgrundlage von Art. 199 EG eingehalten wird, das Altersversorgungssystem für die Zukunft ändern, allerdings müssen die erworbenen Rechte gewahrt werden, insbesondere die Rechte der ehemaligen Abgeordneten, die bereits eine Altersversorgung erhalten oder Beiträge in den Pensionsfonds eingezahlt haben und noch auf die Auszahlung ihrer Altersversorgung warten. Wie [aus der Analyse der Tragweite des Grundsatzes der Wahrung wohlerworbener Rechte] hervorgeht, steht es nicht im Widerspruch zu diesem Grundsatz, dass sich eine Änderung der Parameter bei den im Amt befindlichen Abgeordneten ab dem Inkrafttreten der Änderungen auf deren Altersversorgungsansprüche auswirken kann.“

53      Der Vermerk des Generalsekretärs des Parlaments vom 24. November 2005 bestätigt die Auffassung des Parlaments und nicht diejenige des Klägers. Wie der Kläger nämlich selbst in Randnr. 29 der Klageschrift dargelegt hat, unterscheidet der Vermerk drei Personengruppen: ehemalige Abgeordnete, die bereits eine Altersversorgung erhalten; ehemalige Abgeordnete, die Beiträge in den Pensionsfonds eingezahlt haben und noch auf die Auszahlung ihrer Altersversorgung warten; und im Amt befindliche Abgeordnete, die derzeit in den Pensionsfonds einzahlen. Am 24. November 2005, dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Vermerks, sowie am 1. April 2009 gehörte der Kläger der dritten Personengruppe an, den im Amt befindlichen Abgeordneten. Im fraglichen Vermerk wird jedoch eindeutig festgestellt, dass der Grundsatz der Wahrung wohlerworbener Rechte zwar den ersten beiden Personengruppen zugutekommt, es jedoch nicht im Widerspruch zu diesem Grundsatz steht, dass sich eine für die Zukunft geltende Änderung des Altersversorgungssystems auf die Altersversorgungsansprüche der Abgeordneten der dritten Gruppe auswirken kann, und zwar ab dem Inkrafttreten der vom Präsidium beschlossenen Änderungen.

54      Darüber hinaus beruft sich der Kläger auf Art. 27 Abs. 2 des Abgeordnetenstatuts in Bezug auf die Wahrung erworbener Rechte. Da das Abgeordnetenstatut jedoch, wie der Kläger selbst in Randnr. 26 der Klageschrift hervorgehoben hat, erst am 14. Juli 2009 in Kraft trat, war dieser Artikel nicht auf den Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 anwendbar, da er vor dem Abgeordnetenstatut in Kraft getreten war. Abgesehen davon konnte der Kläger, wie oben in Randnr. 46 dargelegt, vor der Beendigung seines Mandats am 14. Juli 2009 den Schutz erworbener Rechte nicht begründen. Daher kann sich der Kläger nicht auf Art. 27 Abs. 2 des Abgeordnetenstatuts berufen.

55      Schließlich macht der Kläger das unzumutbare Fehlen von Übergangsmaßnahmen geltend. Hierzu reicht in diesem Stadium die Feststellung, dass das Vorbringen im Rahmen des Klagegrundes betreffend eine Verletzung erworbener Rechte nicht maßgeblich ist. Es wird daher bei der Prüfung des zweiten Klagegrundes berücksichtigt.

56      Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes, der eine Verletzung erworbener Rechte betrifft, zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: Verletzung der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes

–       Zur Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit

57      Im Hinblick auf die Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit trägt der Kläger zwei Hauptargumente vor. Erstens habe das Präsidium durch den Erlass des Beschlusses vom 1. April 2009 gegen die Rechtssicherheit, die mit dem „Vertrag über die zusätzliche Altersversorgung“ verbunden gewesen sei, und den Grundsatz der Vertragskontinuität verstoßen. Zweitens sei das Präsidium nicht befugt gewesen, die Regelung vom 12. Juni 1990 zu ändern. Drittens entfalte die angefochtene Entscheidung Rückwirkung.

58      Vorab ist festzustellen, dass das zusätzliche Altersversorgungssystem ausschließlich den hoheitlichen Rechten unterliegt, mit denen das Parlament ausgestattet ist, damit es die ihm durch die Verträge übertragenen Aufgaben erfüllen kann.

59      In jedem parlamentarischen System ist nämlich eines der Hauptanliegen die Gewährleistung der Unabhängigkeit, einschließlich der finanziellen Unabhängigkeit, der Abgeordneten als Volksvertreter, die dem allgemeinen Interesse des Volkes dienen sollen. Wie im vierten Erwägungsgrund des Abgeordnetenstatuts festgestellt wird, werden die Freiheit und Unabhängigkeit der Abgeordneten in keinem Text des Primärrechts erwähnt. Art. 2 der Geschäftsordnung des Parlaments bestimmt jedoch: „Die Mitglieder des Europäischen Parlaments üben ihr Mandat frei aus.“ Ebenso sieht Art. 2 Abs. 1 des Abgeordnetenstatuts vor: „Die Abgeordneten sind frei und unabhängig.“ Art. 9 Abs. 1 des Abgeordnetenstatuts bestimmt: „Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene Entschädigung, die ihre Unabhängigkeit sichert.“ Auch wenn das Abgeordnetenstatut erst am 14. Juli 2009 in Kraft getreten ist und daher auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar ist, gehen diese Bestimmungen und insbesondere die zuletzt genannte Vorschrift auf einen allgemeinen Grundsatz zurück, der jedem System der repräsentativen parlamentarischen Demokratie innewohnt. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Gewährleistung einer angemessenen finanziellen Entschädigung, die die Unabhängigkeit eines Abgeordneten sichert, nicht auf die Dauer des Mandats beschränkt werden darf, sondern − in angemessenem Umfang − auch einen Übergangszeitraum nach der Beendigung des Mandats umfassen und eine Altersversorgung vorsehen muss, die anhand der Dauer der Mitgliedschaft des Abgeordneten im Parlament bestimmt wird. Eine solche Vorstellung von der Gewährleistung der finanziellen Unabhängigkeit der Abgeordneten wird im Übrigen durch die Regelungen bestätigt, die die Kommissionsmitglieder und die Mitglieder der Unionsgerichte betreffen, da für diese Personengruppen eine ähnliche Notwendigkeit besteht, zu gewährleisten, dass sie ihre Aufgaben unabhängig von Partikularinteressen wahrnehmen.

60      Folglich ist das zusätzliche Altersversorgungssystem, das Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, Teil der Rechtsvorschriften, die im allgemeinen Interesse das Ziel verfolgen, die finanzielle Unabhängigkeit der Abgeordneten zu gewährleisten. Vor dem Inkrafttreten des Abgeordnetenstatuts unterlagen die Abgeordneten, insbesondere im Hinblick auf ihre finanziellen Verhältnisse, nationalen Vorschriften (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. September 1981, Bruce of Donington, 208/80, Slg. 1981, 2205, Randnrn. 12 und 21), die sehr stark voneinander abwichen, insbesondere in Bezug auf Amtszulagen und Altersversorgungssysteme. Vor diesem Hintergrund wurde das zusätzliche Altersversorgungssystem übergangsweise bis zum Inkrafttreten eines einheitlichen Abgeordnetenstatuts eingeführt, um u. a. Abgeordneten aus Mitgliedstaaten, in denen das für Abgeordnete vorgesehene Altersversorgungssystem unzureichend war, eine minimale Absicherung zu gewährleisten. Diese Übergangsfunktion geht im Übrigen ausdrücklich aus Art. 1 Abs. 1 der Regelung vom 12. Juni 1990 hervor, die das zusätzliche Altersversorgungssystem „[b]is zur Verabschiedung eines einheitlichen Abgeordnetenstatuts“ einführt.

61      Daher sind die Einführung des zusätzlichen Altersversorgungssystems sowie dessen bei Bedarf vorgenommene Änderung als interne organisatorische Maßnahmen anzusehen, die das ordnungsgemäße Funktionieren des Parlaments gewährleisten sollen und als solche den hoheitlichen Rechten unterliegen, mit denen das Parlament ausgestattet ist, damit es die ihm durch die Verträge übertragenen Aufgaben erfüllen kann. Die Rechte und Pflichten, die sich für das Parlament und die Abgeordneten aus diesem Altersversorgungssystem ergeben, sind somit im Rahmen des Dienstverhältnisses zu sehen, das zwischen den Abgeordneten und dem Parlament besteht, und folglich nicht vertraglicher, sondern öffentlich-rechtlicher Natur. Da der rechtliche Rahmen und insbesondere die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Beitritt des Klägers zum zusätzlichen Altersversorgungssystem ergeben können, vom Parlament einseitig festgelegt wurden, wirkt sich der Umstand, dass der Kläger dem Altersversorgungssystem freiwillig beigetreten ist, nicht auf die Natur seines Verhältnisses zum Parlament aus, und dieses unterliegt nach wie vor dem öffentlichen Recht.

62      Somit ist das Vorbringen des Klägers in Bezug auf eine Verletzung des Grundsatzes der mit dem „Vertrag über die zusätzliche Altersversorgung“ verbundenen Rechtssicherheit und des Grundsatzes der Vertragskontinuität zurückzuweisen.

63      Ebenso zurückzuweisen ist das Vorbringen des Klägers im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes, das sich auf die fehlende Befugnis des Präsidiums zur Änderung der Regelung vom 12. Juni 1990 stützt.

64      Nach der Rechtsprechung fällt nämlich eine Regelung, die zu den internen organisatorischen Maßnahmen des Parlaments gehört, in den Zuständigkeitsbereich des Parlaments und in den Bereich der Maßnahmen, die das Parlament gemäß Art. 199 Abs. 1 EG zu treffen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Bruce of Donington, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 15). Wie jedoch bereits dargelegt wurde, sind die Einführung und gegebenenfalls die Änderung des zusätzlichen Altersversorgungssystems als interne organisatorische Maßnahmen anzusehen, die das ordnungsgemäße Funktionieren des Parlaments gewährleisten sollen. Die Regelung vom 12. Juni 1990 ist Teil der KV-Regelung. Diese erließ das Präsidium auf der Grundlage von Art. 22 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Parlaments in seiner auf den Sachverhalt des vorliegenden Falls anwendbaren Fassung, wonach das Präsidium befugt ist, u. a. finanzielle, organisatorische und administrative Entscheidungen in Angelegenheiten der Abgeordneten zu treffen (vgl. oben, Randnrn. 1 bis 3). Die Geschäftsordnung wiederum wurde auf der Grundlage von Art. 199 Abs. 1 EG erlassen, wonach sich das Europäische Parlament seine Geschäftsordnung gibt. Folglich vermag das Vorbringen des Klägers, das sich auf eine fehlende Befugnis des Präsidiums zum Erlass des Beschlusses vom 1. April 2009 stützt, nicht zu überzeugen.

65      Soweit der Kläger die Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit auch außerhalb des vertraglichen Kontexts erheben wollte, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass das grundlegende Gebot der Rechtssicherheit in seinen unterschiedlichen Ausformungen die Voraussehbarkeit der unter das Gemeinschaftsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen gewährleisten soll (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Februar 1996, Duff u. a., C‑63/93, Slg. 1996, I‑569, Randnr. 20; Urteile des Gerichts vom 19. März 1997, Oliveira/Kommission, T‑73/95, Slg. 1997, II‑381, Randnr. 29, und vom 24. September 2008, Kahla/Thüringen Porzellan/Kommission, T‑20/03, Slg. 2008, II‑2305, Randnr. 136). Der Grundsatz der Rechtssicherheit steht u. a. der Rückwirkung einer Gemeinschaftshandlung über das Datum ihrer Veröffentlichung hinaus entgegen (Urteile des Gerichtshofs vom 25. Januar 1979, Racke, 98/78, Slg. 1979, 69, Randnr. 88, und vom 14. Juli 1983, Meiko-Konservenfabrik, 224/82, Slg. 1983, 2539, Randnr. 12; Urteil des Gerichts vom 3. Mai 2007, Freistaat Sachsen/Kommission, T‑357/02, Slg. 2007, II‑1261, Randnr. 95). Im vorliegenden Fall geht aus den Akten nicht hervor, dass der Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 vor seiner Bekanntgabe an alle Abgeordneten am 18. Mai 2009 Wirkungen entfaltet hatte. Die Abschaffung der Möglichkeit, einen Teil des Ruhegehalts als Kapitalleistung zu zahlen, galt nämlich erst ab diesem Zeitpunkt. Daher waren Abgeordnete, deren Mandat vor diesem Zeitpunkt endete und die somit Ansprüche auf ein zusätzliches Ruhegehalt erworben hatten, von dem Beschluss nicht betroffen.

66      Folglich entfaltet die angefochtene Entscheidung entgegen dem Vorbringen des Klägers keine Rückwirkung.

67      Somit ist die Rüge, die sich auf eine Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit stützt, insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

–       Zur Rüge der Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

68      Der Kläger macht zunächst geltend, er habe zehn Jahre lang Beiträge an das zusätzliche Altersversorgungssystem entrichtet und sich dabei auf eindeutige und vorab festgelegte Bedingungen gestützt, die in ihm berechtigterweise die Vorstellung hervorgerufen hätten, dass er einen Teil seines Ruhegehalts als Kapitalleistung erhalten könne. Das vom Präsidium verfolgte Ziel könne daher keinen Vorrang vor der Wahrung seiner erworbenen Rechte haben. Im Übrigen sei sein berechtigtes Vertrauen durch vorläufige Berechnungen seines Ruhegehalts, welche die Verwaltung des Parlaments im Januar 2009 vorgenommen habe, und durch beispielhafte Berechnungen der VoG vom 27. April 2001 verstärkt worden. In all diesen Berechnungen sei auf die Möglichkeit hingewiesen worden, einen Teil des Ruhegehalts als Kapitalleistung zu erhalten. Schließlich habe das Parlament in dem Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 anerkannt, dass es die Wahrung seiner Verpflichtungen gegenüber den Mitgliedern des zusätzlichen Altersversorgungssystems gewährleisten müsse, und zwar unabhängig von der Lage des Fonds.

69      Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Einzelner nur dann auf den Schutz des berechtigten Vertrauens berufen, wenn die Verwaltung ihm bestimmte Zusicherungen gegeben hat, die bei ihm begründete Erwartungen geweckt haben. Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen solche Zusicherungen dar (vgl. Urteil des Gerichts vom 21. Juli 1998, Mellett/Gerichtshof, T‑66/96 und T‑221/97, Slg. ÖD 1998, I‑A‑449 und II‑1305, Randnrn. 104 und 107 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteil des Gerichts vom 19. März 2003, Innova Privat-Akademie/Kommission, T‑273/01, Slg. 2003, II‑1093, Randnr. 26).

70      Erstens kann der Umstand, dass im Juli 1999, als der Kläger dem zusätzlichen Altersversorgungssystem beitrat, die Möglichkeit bestand, das zusätzliche Ruhegehalt zum Teil als Kapitalleistung zu erhalten, nicht als Zusicherung des Parlaments angesehen werden, dass die Bedingungen dieses Altersversorgungssystems in Zukunft unverändert bleiben würden.

71      Zweitens waren die Schätzungen, die die VoG am 27. April 2001 abgab, nicht vom Parlament angefertigt worden. Somit handelt es sich nicht um Schätzungen von zuständiger und zuverlässiger Seite im Sinne der Rechtsprechung, so dass diese Berechnungen beim Kläger kein berechtigtes Vertrauen begründen konnten. Im Übrigen richteten sich diese Berechnungen, die unter der Überschrift „Orientierungsvermerk C“ aufgeführt waren, jedenfalls an alle Abgeordneten oder ehemaligen Abgeordneten, die dem zusätzlichen Altersversorgungssystem beigetreten waren, wie aus der Einleitung des Dokuments hervorgeht. Außerdem enthielt das Dokument nur beispielhafte Berechnungen, und die VoG wies eindeutig darauf hin, dass sich diese Schätzungen nicht auf Abgeordnete bezögen, die sich noch im Amt befänden. Schließlich war kein Element dieser Berechnungen namentlich bezeichnet, präzise und nicht an Bedingungen geknüpft. Folglich handelte es sich um einen rein informatorischen Orientierungsvermerk allgemeiner Geltung, der als Beispiel dienen sollte und daher beim Kläger kein berechtigtes Vertrauen in die Art der Zahlung seines zusätzlichen Ruhegehalts begründen konnte.

72      Was drittens die Berechnungen der Verwaltung vom 8. Januar 2009 betrifft, enthielt die Überschrift des übersandten Dokuments den ausdrücklichen Hinweis, dass es sich um rein vorläufige Berechnungen handle. Die Berechnungen waren für den Fall vorgenommen worden, dass der Kläger zum Ende der sechsten Wahlperiode in den Ruhestand gehen würde, denn sie erwähnten den 1. August 2009 als den Zeitpunkt, an dem die Ruhegehaltsansprüche erworben werden, und sie berücksichtigten seine Beitragszahlungen bis Juli 2009. Folglich waren die fraglichen Berechnungen rein hypothetischer Natur, da sich das Parlament weder im Hinblick auf den Zeitpunkt der Beendigung des Mandats des Klägers noch in Bezug auf die Beibehaltung der Bestimmungen der Regelung vom 12. Juni 1990, insbesondere der besonderen Zahlungsmodalitäten, verpflichten konnte. Daher konnten die Berechnungen der Verwaltung vom 8. Januar 2009 keine Zusicherungen im Sinne der oben in Randnr. 69 angeführten Rechtsprechung sein. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass Abrechnungen zu Ruhegehaltsansprüchen, die europäischen Beamten durch die zuständigen Stellen der Anstellungsbehörde zur Information erteilt wurden, nicht als Akte anzusehen sind, die Rechte der Empfänger begründen (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Mai 1970, Richez-Parise u. a./Kommission, 19/69, 20/69, 25/69 und 30/69, Slg. 1970, 325, Randnrn. 18 bis 20). Diese Rechtsprechung lässt sich auf den vorliegenden Fall entsprechend anwenden.

73      Viertens hat das Präsidium in seiner Sitzung am 1. April 2009 zwar nicht nur den Beschluss vom selben Tag erlassen, sondern sich auch im Namen des Parlaments verpflichtet, die Gewähr zu übernehmen für „den Anspruch der dem Altersversorgungssystem beigetretenen Abgeordneten auf eine zusätzliche Altersversorgung, der nach der Erschöpfung der Fondsmittel bestehen bleibt, und ebenso für die Übertragung jeglichen Kapitals, das nach der Zahlung aller Ruhegehaltsansprüche im Fonds verbleibt, an das Europäische Parlament“. Diese Verpflichtung ist jedoch eindeutig nur darauf gerichtet, die von den Abgeordneten erworbenen Rechte auf Ruhegehalt für den wahrscheinlich eintretenden Fall zu gewährleisten, dass die Fondsmittel vor Zahlung aller von den Fondsmitgliedern erworbenen Rechte erschöpft sind. Wie jedoch bereits oben in den Randnrn. 46 bis 51 dargelegt wurde, gehören die besonderen Zahlungsmodalitäten nicht zu den erworbenen Rechten, so dass die Selbstverpflichtung des Parlaments vom 1. April 2009 in dieser Hinsicht kein berechtigtes Vertrauen des Klägers begründen konnte.

74      Schließlich wurde in dem Abschnitt des Vermerks des Generalsekretärs des Parlaments vom 24. November 2005, der oben in Randnr. 52 zitiert worden ist und auf den sich der Kläger selbst berufen hat, ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen, dass Änderungen der Regelung über das zusätzliche Altersversorgungssystem die zusätzlichen Ruhegehaltsansprüche der im Amt befindlichen Abgeordneten, zu denen der Kläger zählte, beeinträchtigen könnten. Folglich konnten die Auskünfte, die der Kläger von der Verwaltung erhielt, jedenfalls nicht darin übereinstimmen, dass sie ihm die besonderen Zahlungsmodalitäten zusicherten.

75      Aus alledem folgt, dass die Auskünfte, auf die sich der Kläger beruft, keine präzisen, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmenden Auskünfte im Sinne der oben in Randnr. 69 angeführten Rechtsprechung waren und daher nicht geeignet sind, im vorliegenden Fall eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes nachzuweisen.

76      Folglich sind die Rüge, die sich auf eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes stützt, und somit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit

 Zur Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung

77      Der Kläger macht geltend, der vorläufige Beschluss des Präsidiums vom 9. März 2009 sei diskriminierend, da er, ohne Übergangsmaßnahmen vorzusehen, die Möglichkeit beseitige, einen Teil des Ruhegehalts als Kapitalleistung zu erhalten. Hierzu verweist der Kläger auf zwei Beispiele betreffend die Änderung der Altersversorgungssysteme der Gemeinschaften, für die der Rat Übergangsmaßnahmen vorgesehen habe, und zwar nicht nur im Hinblick auf den Erwerb neuer Rechte, sondern auch in Bezug auf die Voraussetzungen für die Entstehung des Ruhegehaltsanspruchs.

78      Das Parlament widerspricht diesem Vorbringen.

79      Nach ständiger Rechtsprechung ist der Gleichheitsgrundsatz verletzt, wenn zwei Personengruppen, deren tatsächliche und rechtliche Lage sich nicht wesentlich unterscheidet, unterschiedlich behandelt werden oder unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt werden (Urteile des Gerichts vom 15. März 1994, La Pietra/Kommission, T‑100/92, Slg. ÖD 1994, I‑A‑83 und II‑275, Randnr. 50, und vom 16. April 1997, Kuchlenz-Winter/Kommission, T‑66/95, Slg. 1997, II‑637, Randnr. 55; vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2004, E/Kommission, T‑251/02, Slg. ÖD 2004, I‑A‑359 und II‑1643, Randnr. 123).

80      Der Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 gilt in gleicher Weise für alle Abgeordneten und ehemaligen Abgeordneten, die dem zusätzlichen Altersversorgungssystem beigetreten sind. Alle Abgeordneten, die nach dem Inkrafttreten dieses Beschlusses in den Ruhestand gingen, befinden sich nämlich in Situationen, die sich tatsächlich und rechtlich nicht wesentlich unterscheiden und werden gleichbehandelt.

81      Der Kläger zieht jedoch einen Vergleich zwischen der Änderung des zusätzlichen Altersversorgungssystems der Abgeordneten und der Änderung des Altersversorgungssystems der europäischen Beamten, die nach dem Inkrafttreten der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 723/2004 des Rates vom 22. März 2004 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften (ABl. L 124, S. 1) erfolgte, sowie der Änderung des Altersversorgungssystems der Mitglieder der Europäischen Kommission und der Mitglieder der Gemeinschaftsgerichte, die nach dem Inkrafttreten der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1292/2004 des Rates vom 30. April 2004 zur Änderung der Verordnung Nr. 422/67/EWG, Nr. 5/67/Euratom über die Regelung der Amtsbezüge für den Präsidenten und die Mitglieder der Kommission sowie für den Präsidenten, die Richter, die Generalanwälte und den Kanzler des Gerichtshofs und für den Präsidenten, die Mitglieder und den Kanzler des Gerichts erster Instanz (ABl. L 243, S. 23) erfolgte. Er möchte damit nachweisen, dass er genauso wie die Personen, die von diesen Verordnungen betroffen sind, in den Genuss von Übergangsmaßnahmen hätte kommen müssen.

82      Die Situation des Klägers ist jedoch nicht mit der Situation der Personen vergleichbar, die unter die von ihm angeführten Verordnungen fallen. Was nämlich erstens die Änderung des Altersversorgungssystems der europäischen Beamten betrifft, bezieht sich der Kläger nur auf die Anhebung ihres Pensionsalters, die durch die Verordnung Nr. 723/2004 eingeführt worden ist. Wie oben in Randnr. 34 dargelegt wurde, sind weder die Anhebung des Pensionsalters noch die Beseitigung der Möglichkeit eines vorzeitigen Ruhestands, die in dem Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 vorgesehen sind, Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Folglich befindet sich der Kläger in einer Situation, die sich von der Situation der europäischen Beamten unterscheidet, und er kann sich daher nicht darauf berufen, dass sie anders behandelt worden seien.

83      Zweitens beinhalteten die Änderungen des Altersversorgungssystems der Mitglieder der Kommission und der Unionsgerichte, wie aus Art. 1 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1292/2004 hervorgeht, eine Senkung der Ansparrate in Bezug auf die Ruhegehaltsansprüche und somit eine Kürzung des Ruhegehaltsbetrags, auf den diese Personen Anspruch hatten. Die in diesem Zusammenhang erlassenen Übergangsmaßnahmen führten zu einer Beibehaltung der Ansparrate für die Mitglieder der fraglichen Organe, die am 1. April 2004 im Dienst standen. Dagegen bewirkte der Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 im vorliegenden Fall keine Änderung der Höhe des Ruhegehalts oder der Ansparrate des Klägers. Durch die Aufhebung der Möglichkeit, einen Teil des Ruhegehalts als Kapitalleistung zu erhalten, wird nämlich nur eine Zahlungsmodalität beseitigt, die sich nicht auf den versicherungsmathematischen Wert des Ruhegehalts auswirkt, auf den Abgeordnete, die dem zusätzlichen Altersversorgungssystem beigetreten sind, Anspruch haben.

84      Hierzu hat das Parlament vorgetragen, ohne dass der Kläger dem widersprochen hätte, dass die Möglichkeit, einen Teil des Ruhegehalts als Kapitalleistung auszuzahlen, ursprünglich so konzipiert worden sei, dass sie sich theoretisch im Vergleich zur vollständigen Auszahlung des Ruhegehalts in Monatsraten finanziell neutral auswirke. Im Übrigen geht die versicherungsmathematische Neutralität dieser besonderen Zahlungsmodalität auch aus den als „Orientierungsvermerk C“ (vgl. oben, Randnr. 71) bezeichneten und vom Kläger selbst vorgelegten Informationen hervor, die die VoG am 27. April 2001 verfasste und den Mitgliedern des zusätzlichen Altersversorgungssystems übermittelte. Der in Rede stehende Abschnitt hat den folgenden Inhalt:

„Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der vorzeitige Ruhestand und die Kapitalleistung beide so berechnet wurden, dass sie für den Fonds finanziell neutral sind. Mit anderen Worten können diese Optionen zwar für bestimmte Mitglieder – z. B. Mitglieder, die die Option ‚vorzeitiger Ruhestand‘ und/oder ‚Kapitalleistung‘ ausgeübt haben und später vorzeitig sterben − einen ‚Gewinn‘ darstellen, doch für andere Mitglieder, die ein besonders hohes Lebensalter erreichen, stellen die eine oder andere dieser Optionen oder auch beide Optionen einen ‚Verlust‘ dar.“

85      Dieser Umstand ist somit als eine Tatsache anzusehen, die von den Parteien nicht bestritten wurde und die das Gericht nicht überprüfen muss. Folglich ist zu vermuten, dass die Kürzung des jährlichen Ruhegehalts im Fall einer teilweisen Auszahlung als Kapitalleistung, wie in der Tabelle in Art. 4 Abs. 4 der Regelung vom 12. Juni 1990 dargestellt, dem beizulegenden versicherungsmathematischen Zeitwert der ausgezahlten Kapitalleistung entspricht. Diese Vermutung gilt unabhängig vom Alter des Abgeordneten, da die Tabelle je nach dem Alter des Abgeordneten zum Zeitpunkt des Anfalls des Ruhegehalts unterschiedliche Pauschalbeträge zugrunde legt und somit die individuelle Lebenserwartung berücksichtigt.

86      Folglich hatten die Änderungen, die nach dem Inkrafttreten des Beschlusses des Präsidiums vom 1. April 2009 am zusätzlichen Altersversorgungssystem der Abgeordneten vorgenommen wurden, im Gegensatz zu den Änderungen, die durch die Verordnung Nr. 1292/2004 am Altersversorgungssystem der Mitglieder der Kommission und der Unionsgerichte vorgenommen wurden, keine Auswirkungen auf den versicherungsmathematischen Wert des Ruhegehalts, auf das die Mitglieder des zusätzlichen Altersversorgungssystems der Abgeordneten Anspruch hatten.

87      Da sich somit auf der einen Seite die Abgeordneten und auf der anderen Seite die Mitglieder der Kommission und der Unionsgerichte in tatsächlichen und rechtlichen Lagen befanden, die sich im Hinblick darauf, wie sich die Änderungen auf den versicherungsmathematischen Wert ihrer Ruhegehaltsansprüche auswirkten, wesentlich unterschieden, konnten sie im Hinblick auf den Erlass von Übergangsmaßnahmen unterschiedlich behandelt werden.

88      Ebenfalls zurückzuweisen ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Klägers im Rahmen des ersten Klagegrundes, wonach das Parlament sein Ermessen, soweit ein solches unterstellt werde, missbräuchlich ausgeübt habe, da keine Übergangsmaßnahmen getroffen worden seien. Aus der vorstehenden Analyse geht nämlich hervor, dass erstens der Kläger sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Beschlusses des Präsidiums vom 1. April 2009 nicht auf erworbene Rechte berufen konnte (vgl. oben, Randnr. 46) und zweitens die Beseitigung der Möglichkeit, einen Teil des Ruhegehalts als Kapitalleistung auszuzahlen, auf den versicherungsmathematischen Wert des Ruhegehalts, das er erwarten konnte, keine Auswirkungen hatte (vgl. oben, Randnr. 86).

89      Die Rüge, die sich auf eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung stützt, ist somit zurückzuweisen.

 Zur Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

90      Der Kläger macht geltend, dass die angefochtene Entscheidung seine Interessen unverhältnismäßig beeinträchtige. Es sei möglich, den Teil seiner Ruhegehaltsansprüche, der als Kapitalleistung gezahlt werde, zu kürzen und nicht abzuschaffen, ohne dass dies den Fonds in finanzielle Schwierigkeiten bringe. Im Übrigen fordert er das Parlament auf, genau anzugeben, wie viele Mitglieder, ehemalige Mitglieder und deren Rechtsnachfolger von den Beschlüssen des Präsidiums vom 9. März und 1. April 2009 betroffen seien.

91      Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt die Rechtmäßigkeit einer Gemeinschaftsregelung voraus, dass die gewählten Mittel zur Erreichung des mit dieser Regelung zulässigerweise verfolgten Ziels geeignet sind und das Maß des hierzu Erforderlichen nicht übersteigen, wobei von mehreren geeigneten Maßnahmen grundsätzlich die am wenigsten belastende zu wählen ist (Urteil des Gerichts vom 5. Juni 1996, NMB France u. a./Kommission, T‑162/94, Slg. 1996, II‑427, Randnr. 69).

92      Im Übrigen ist die Rechtmäßigkeit einer Handlung einem allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts zufolge nach den rechtlichen und tatsächlichen Umständen zu beurteilen, die im Zeitpunkt des Erlasses der betreffenden Entscheidung bestanden (vgl. Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 30. Oktober 2003, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission, T‑125/03 R und T‑253/03 R, Slg. 2003, II‑4771, Randnr. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. Mai 2001, IECC/Kommission, C‑449/98 P, Slg. 2001, I‑3875, Randnr. 87, und Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2000, Alitalia/Kommission, T‑296/97, Slg. 2000, II‑3871, Randnr. 86). Entgegen dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung kann daher bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, die im Rahmen des Beschlusses des Präsidiums vom 1. April 2009 getroffen wurden, eine etwaige spätere positive Entwicklung des Vermögens des zusätzlichen Altersversorgungssystems nicht berücksichtigt werden.

–       Zur Zulässigkeit des verfolgten Ziels

93      Was die Zulässigkeit des verfolgten Ziels betrifft, führte das Präsidium beim Erlass des Beschlusses vom 1. April 2009 die folgenden vier Ziele an:

–        sicherzustellen, dass Mitglieder, die Beiträge in den freiwilligen zusätzlichen Pensionsfonds eingezahlt haben, daraus ein Ruhegehalt erhalten;

–        finanzielle Auswirkungen auf die europäischen Steuerzahler so weit wie möglich zu vermeiden;

–        dafür Sorge zu tragen, dass etwaige Kosten fair und unter gebührender Berücksichtigung der Tatsache verteilt werden, dass die Beschlüsse der Öffentlichkeit gegenüber erläutert werden müssen;

–        die Liquidität des Pensionsfonds so weit wie möglich zu wahren.

94      Im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis, das zusätzliche Altersversorgungssystem zu regeln (vgl. oben, Randnr. 64), war die Verfolgung dieser Ziele durch das Parlament zulässig.

–       Zur Geeignetheit der Maßnahmen im Hinblick auf das angestrebte Ziel

95      Was die Geeignetheit der Maßnahmen im Hinblick auf das angestrebte Ziel betrifft, ist an die wirtschaftliche Lage des Pensionsfonds zu Beginn des Jahres 2009 zu erinnern, wie sie u. a. in den Nrn. 4 bis 6 des Vermerks, den der Generalsekretär des Parlaments am 1. April 2009 für die Mitglieder des Präsidiums verfasste, sowie in den Erwägungsgründen 1 und 2 des Beschlusses des Präsidiums vom 1. April 2009 beschrieben ist. Die Lage hatte sich aufgrund der Auswirkungen der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich verschlechtert, und es bestand die Gefahr, dass die verfügbaren liquiden Fondsmittel nach dem Inkrafttreten des Abgeordnetenstatuts im Juli 2009 aufgrund der Einstellung der Beitragszahlungen der Mitglieder und der unzureichenden Anlagerenditen nicht mehr ausreichen würden, um den Verpflichtungen zur Zahlung der Ruhegehälter nachzukommen.

96      Insbesondere war der Wert des Fondsvermögens zwischen Ende 2006 und Anfang 2009 um 28,3 % gesunken, wie aus der nachstehenden Tabelle hervorgeht:

 

31.12.2006

30.6.2007

30.6.2008

30.9.2008

31.12.2008

28.2.2009

Wert des Vermögens (EUR)

202 153 585

218 083 135

189 406 299

180 628 488

159 047 636

144 973 916


97      Darüber hinaus erreichte die Deckungsquote der auszuzahlenden Ruhegehälter, die am 30. Juni 2007 bei 92 % gelegen hatte, am 31. Dezember 2008 nur noch 63 %.

98      Im Übrigen geht aus dem Vermerk des Generalsekretärs des Parlaments vom 1. April 2009 hervor, dass die monatlichen Kosten der auszuzahlenden Ruhegehälter ab August 2009 auf 1 000 000 Euro veranschlagt wurden. In Beantwortung der schriftlichen Fragen des Gerichts hat das Parlament erklärt, am 1. April 2009 sei geschätzt worden, dass 105 dem zusätzlichen Altersversorgungssystem beigetretene Abgeordnete in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 ihr Ruhegehalt beantragen würden. Bei der Ermittlung dieser Zahl seien nur die Mitglieder berücksichtigt worden, die in der zweiten Jahreshälfte 2009 das 60. Lebensjahr erreichen würden, und es sei die durchschnittliche Erneuerungsquote für Abgeordnete von 50 % zugrunde gelegt worden. Wenn alle 105 Abgeordneten beantragt hätten, 25 % ihres zusätzlichen Ruhegehalts als Kapitalleistung zu erhalten, hätte dies dem Fonds zusätzliche Kosten in Höhe von ca. 7 900 000 Euro verursacht, so dass der Fonds gezwungen gewesen wäre, einen Teil seines Vermögens zu infolge der Wirtschaftskrise stark gesunkenen Preisen zu liquidieren, da dem Fonds nur geringe liquide Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Aus den vom Parlament vorgelegten Berichten zur Liquidität des Pensionsfonds am 28. Februar 2009 geht hervor, dass sich die zusammengerechneten liquiden Mittel der VoG und der SICAV, d. h. die Werte, die sofort und ohne Entstehung zusätzlicher Kosten für die Begleichung der laufenden Verbindlichkeiten zur Verfügung standen, zu diesem Zeitpunkt auf ca. 5 000 000 Euro beliefen.

99      Die Berechnungen und Prognosen des Parlaments sind plausibel. Insbesondere der Gesamtbetrag in Höhe von 7 900 000 Euro, den das Parlament für den Fall anführt, dass alle 105 Abgeordneten, die in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 ihr Ruhegehalt beantragen konnten, die Auszahlung einer Kapitalleistung in Höhe von 25 % ihres Ruhegehalts beantragt hätten, erscheint realistisch. Er entspricht nämlich einem Betrag in Höhe von durchschnittlich 75 250 Euro pro Mitglied und liegt damit in derselben Größenordnung wie die Kapitalleistung in Höhe von gut 81 400 Euro, auf den der Kläger gemäß Art. 4 der Regelung vom 12. Juni 1990, der durch den Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 abgeschafft wurde, Anspruch gehabt hätte.

100    Folglich war der Beschluss des Präsidiums vom 1. April 2009 und insbesondere die Beseitigung der Möglichkeit, einen Teil des Ruhegehalts als Kapitalleistung zu erhalten, offensichtlich geeignet, eine unmittelbar bevorstehende Liquiditätskrise des Pensionsfonds, einen Wertpapierverkauf zu ungünstigen Konditionen und einen nicht zu vernachlässigenden Gewinnausfall zu verhindern. Damit war der Beschluss geeignet, das vierte der oben in Randnr. 93 genannten Ziele zu erreichen. Im Übrigen war diese Maßnahme zumindest geeignet, die drei anderen Ziele zu fördern, auch wenn sie für deren Realisierung sicherlich nicht ausreichte. Jedenfalls überstieg sie nicht das Maß, das für die Realisierung der genannten Ziele erforderlich war, wie es von der oben in Randnr. 91 angeführten Rechtsprechung verlangt wird.

101    Der Kläger hat die wirtschaftliche Lage des Pensionsfonds, wie sie oben in den Randnrn. 95 bis 98 beschrieben wurde, nicht allgemein bestritten, sondern drei Argumente vorgetragen, mit denen er die Notwendigkeit der Maßnahmen bestreitet, die im Rahmen des Beschlusses des Präsidiums vom 1. April 2009 getroffen wurden.

102    Der Kläger beruft sich erstens auf das Gutachten unabhängiger versicherungsmathematischer Sachverständiger des Parlaments, das im Rahmen einer Studie einer Gesellschaft für Versicherungsberatung erstellt wurde. Die Studie war vom Parlament in Auftrag gegeben worden und wurde im November 2007 verfasst. Sie analysiert die finanzielle Lage des Pensionsfonds im Hinblick auf die Auswirkungen, die sich aus dem Inkrafttreten des Abgeordnetenstatuts ab 2009 ergaben. Nr. 4 der Zusammenfassung des Berichts hat den folgenden Inhalt:

„Die Umrechnungsfaktoren, die für die Zahlung als Kapitalleistung verwendet werden und mit den entsprechenden Umrechnungsfaktoren in den Tabellen für das Vereinigte Königreich verglichen und durch vier geteilt wurden, sind nahezu neutral. Wenn sich ein Mitglied bei Erreichen des Pensionsalters für die Auszahlung als Kapitalleistung entscheidet, führt dies zu keinem Finanzierungsdefizit, und die Beitragsraten des Europäischen Parlaments und seiner Mitglieder bleiben unverändert.“

103    Hierzu ist festzustellen, dass die Studie im November 2007 abgeschlossen wurde und ihr Daten zugrunde lagen, die am 30. Juni 2007 aktualisiert worden waren. Wie in der Studie ausdrücklich hervorgehoben wird, liegen ihr Vermutungen zugrunde, die aller Wahrscheinlichkeit nach von den tatsächlichen künftigen Entwicklungen abweichen. Beispielsweise gehen die Verfasser von der Annahme aus, dass das Fondsvermögen eine jährliche Rendite in Höhe von 6,99 % erzielen wird, wobei sich diese Annahme auf eine Hochrechnung der Entwicklung vor dem 30. Juni 2007 stützt. Wie jedoch aus der oben in Randnr. 96 abgebildeten Tabelle hervorgeht, hat sich der Wert des Vermögens zwischen dem 30. Juni 2007 und dem 28. Februar 2009 durchgängig negativ entwickelt, so dass sich die vermuteten Renditen angesichts der tatsächlichen Entwicklung als falsch erwiesen.

104    Daher sind die Ergebnisse der versicherungsmathematischen Studie, die sich auf offensichtlich überholte Daten stützen und denen Vermutungen zugrunde liegen, die sich am 1. April 2009 als falsch erwiesen hatten, im Hinblick auf die finanzielle Lage des zusätzlichen Pensionsfonds zum Zeitpunkt des Beschlusses des Präsidiums vom 1. April 2009 nicht maßgeblich. Insbesondere können sie die vorläufigen Berechnungen vom Februar 2009 im Hinblick auf die finanzielle Lage, wie sie sich zu jenem Zeitpunkt darstellte, nicht in Frage stellen.

105    Folglich ist das Vorbringen zum Gutachten der Verfasser der versicherungsmathematischen Untersuchung zurückzuweisen.

106    Zweitens hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung das Protokoll einer Besprechung des SICAV-Vorstands vom 3. Dezember 2008 vorgelegt. Nr. 10 des Protokolls trägt die Überschrift „Bericht des Investitionsausschusses“, und dort heißt es:

„Es wurde berichtet und festgestellt, dass nach den Europawahlen im Juni 2009 die neuen Ruhegehaltsempfänger des Systems beim Fonds die Auszahlung von ca. 6 bis 7 Mio. Euro als Kapitalleistung beantragen werden. Folglich wird [die Bank, die den Fonds verwaltet] ausreichend verfügbare liquide Mittel innerhalb des Fonds benötigen, um diesen Anträgen auf Zahlung der Kapitalleistung im August 2009 nachzukommen.“

107    Nach Auffassung des Klägers geht aus diesem Auszug hervor, dass schon ab jenem Zeitpunkt Vorkehrungen getroffen worden seien, um sicherzustellen, dass im August 2009 für die Anträge auf Zahlung der Kapitalleistung, die von den neuen, dem zusätzlichen Altersversorgungssystem beigetretenen Ruhegehaltsempfängern zu erwarten gewesen seien, ausreichend liquide Mittel zur Verfügung stehen würden.

108    Wie das Parlament jedoch zu Recht in der mündlichen Verhandlung sowie in seiner Stellungnahme vom 8. April 2011 vorgetragen hat, zeigt der oben in Randnr. 106 angeführte Auszug nur, dass die Bereitstellung zusätzlicher liquider Mittel notwendig war, um den Pensionsfonds in die Lage zu versetzen, den voraussichtlichen Anträgen auf Zahlung der Kapitalleistung im August 2009 nachzukommen, und dass hierfür Wertpapiere veräußert werden mussten. Wenn dem nämlich nicht so wäre, hätte nicht hervorgehoben werden müssen, dass in diesem Zusammenhang Maßnahmen zu ergreifen seien. Dagegen beweist dieser Auszug nicht, dass die Aufhebung der Möglichkeit, die Auszahlung eines Teils des Ruhegehalts als Kapitalleistung zu beantragen, nicht geeignet war, den Pensionsfonds davor zu bewahren, im Jahr 2009 zu ungünstigen Bedingungen Wertpapiere veräußern zu müssen.

109    Das Vorbringen des Klägers, dass sich auf das Protokoll der Besprechung des SICAV-Vorstands vom 3. Dezember 2008 stützt, ist daher zurückzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit dieses Beweismittels entschieden werden muss.

110    Drittens macht der Kläger geltend, dass sich der Wert der liquiden Mittel des Pensionsfonds am 28. Februar 2009 auf 8 000 000 Euro und nicht auf 5 000 000 Euro, wie vom Parlament behauptet (vgl. oben, Randnr. 97), belaufen habe. Hierzu hat der Kläger erstens in der mündlichen Verhandlung die vollständige Fassung des Berichts über den Wert des Vermögens des Pensionsfonds am 28. Februar 2009 (im Folgenden: Bericht 02/2009) vorgelegt, der die vom Parlament vorgelegten Berichte zur Liquidität (vgl. oben, Randnr. 97) beinhaltet. Nach Auffassung des Klägers bescheinigt der Bericht 02/2009 der SICAV liquides Vermögen in Höhe von 6 921 988 Euro und nicht in Höhe von 3 869 848,69 Euro, wie dies in dem vom Parlament vorgelegten Bericht angegeben ist. Zweitens hat der Kläger seinem Schriftsatz vom 25. Mai 2011 einen Schriftverkehr vom März 2011 beigefügt. Das erste Dokument ist ein Schreiben eines Mitglieds des Investitionsausschusses des Pensionsfonds an den Verwalter des Pensionsfonds vom 30. März 2011 und enthält u. a. den folgenden Absatz:

„Die Gesamtliquidität Ende Februar 2009 betrug ca. 8 Mio. Euro:

Liquidität Sicav 6 885 045 Euro (einschließlich 3 869 848 Euro, Seite 11 des Pakets 2009 02 27 NAV)

Liquidität VoG 1 172 163 Euro“.

111    Was erstens das Vorbringen des Klägers betrifft, der Betrag von 6 921 988 Euro, der am Ende der Zeile „CASH amount“ (liquide Mittel) der Tabelle „Asset distribution“ (Verteilung der Vermögenswerte) im Bericht 02/2009 aufgeführt sei, müsse bei der Berechnung der liquiden Mittel der SICAV berücksichtigt werden, ist festzustellen, dass sich diese Zahl, wie das Parlament zu Recht in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat, ganz offensichtlich nicht auf unmittelbar verfügbare Mittel der SICAV bezieht, sondern auf Beträge, die sie in verschiedenen Währungen auf Anlagekonten hielt und die ihr daher in ihrer Gesamtheit nicht unmittelbar ohne Entstehung von Kosten zur Verfügung standen. Wenn dem nämlich nicht so wäre, wäre zu erwarten gewesen, dass diese Beträge im Bericht zur Liquidität der SICAV, der im Bericht 02/2009 enthalten war, übernommen werden. Folglich ist ganz im Gegenteil davon auszugehen, dass der Betrag von 3 869 848,69 Euro, der im Bericht zur Liquidität der SICAV angegeben ist, Teil des Betrags von 6 921 988 Euro ist, der am Ende der Zeile „CASH amount“ der Tabelle „Asset distribution“ aufgeführt wird.

112    Zweitens entspricht der Wert der liquiden Mittel der VoG in Höhe von 1 172 163 Euro, der in dem oben in Randnr. 110 angeführten Schreiben vom 30. März 2011 angegeben ist, zwar dem Wert, den der Bericht 02/2009 anführt, doch der Betrag von 6 885 045 Euro, der für die liquiden Mittel der SICAV angegeben ist, entspricht nicht den Zahlen, die im Bericht 02/2009 aufgeführt sind. Da die Parteien die sachliche Richtigkeit der Zahlen im Bericht 02/2009, wie er vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden ist, nicht bestritten haben und da der Kläger keine Erklärung für die Berechnungsgrundlage des Betrags von 6 885 045 Euro geliefert hat und nicht dargelegt hat, weshalb diese Zahl den im Bericht 02/2009 genannten Zahlen vorrangig sein sollte, können die Informationen in dem genannten Schreiben die oben in Randnr. 98 getroffenen Feststellungen im Hinblick auf den Wert der liquiden Mittel des Pensionsfonds am 28. Februar 2009 nicht in Frage stellen.

113    Drittens wurden − entgegen dem Vorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 25. Mai 2011 − der Betrag der Beitragszahlungen, die vom Parlament im Februar 2009 geleistet wurden, sowie der Betrag der Beitragszahlungen der Mitglieder des Pensionsfonds im Februar 2009 in die Rubrik „Beitragszahlungen“ des im Bericht 02/2009 enthaltenen Berichts zur Liquidität der VoG übernommen.

114    Das Vorbringen des Klägers im Hinblick auf den Bericht 02/2009 und die Dokumente, die der Kläger seinem Schriftsatz vom 25. Mai 2011 beigefügt hat, ist daher zurückzuweisen, ohne dass über ihre Zulässigkeit als Beweismittel entschieden werden muss.

–       Zur Wahl des am wenigsten belastenden Mittels

115    Zur Wahl der am wenigsten belastenden Maßnahme schließlich macht der Kläger geltend, es sei unverhältnismäßig, für die Mitglieder des zusätzlichen Altersversorgungssystems jede Möglichkeit der Auszahlung eines Teils ihres Ruhegehalts als Kapitalleistung zu beseitigen, obwohl es eventuell möglich gewesen wäre, den Prozentsatz des vorzeitig oder in einem Betrag auszahlbaren Ruhegehalts zu kürzen.

116    Die oben in Randnr. 98 aufgeführten ungefähren Berechnungen gehen davon aus, dass sich alle 105 ehemaligen Abgeordneten, die dem zusätzlichen Altersversorgungssystem beigetreten waren und in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 ihr Ruhegehalt beantragen konnten, dafür entscheiden würden, den maximalen Anteil von 25 % ihres Ruhegehalts als Kapitalleistung ausgezahlt zu bekommen. Es ist daher zutreffend, dass diese Zahlen auf der ungünstigsten Prognose beruhten und es möglich war, dass sich die tatsächlichen Ausgaben des Pensionsfonds im zweiten Halbjahr 2009 als niedriger erweisen würden. Dennoch konnte jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass diese Prognose eintritt. Außerdem war angesichts der wirtschaftlichen Lage des Pensionsfonds, wie sie oben beschrieben wurde, eine vorsichtige Herangehensweise unter Beibehaltung eines möglichst hohen Betrags an kurzfristig verfügbaren liquiden Mitteln geboten. Dies gilt umso mehr, wenn man den oben in Randnr. 100 dargelegten Umstand berücksichtigt, dass die ergriffenen Maßnahmen tatsächlich nicht ausreichten, um drei der vier mit ihnen angestrebten Ziele zu erreichen, insbesondere das zweite Ziel, das darin bestand, jegliche finanziellen Auswirkungen auf die europäischen Steuerzahler zu vermeiden. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die Beseitigung der Möglichkeit, einen Teil des Ruhegehalts als Kapitalleistung auszuzahlen, aus versicherungsmathematischer Sicht neutral war. Dagegen hätten andere denkbare Maßnahmen, z. B. eine Kürzung der Ruhegehälter oder eine Anhebung der Beitragssätze, die sicherlich viel besser geeignet gewesen wären, die drei anderen Ziele zu fördern oder sogar zu erreichen, zu einer Verringerung des versicherungsmathematischen Werts der von den Mitgliedern erwarteten Ruhegehälter geführt. Folglich war die Aufhebung der besonderen Zahlungsmodalitäten und insbesondere der Möglichkeit, einen Teil des Ruhegehalts als Kapitalleistung zu erhalten, die Maßnahme, die die Mitglieder des zusätzlichen Altersversorgungssystems am wenigsten belastete.

117    Nach alledem war bei der Beseitigung der Möglichkeit, einen Teil des Ruhegehalts als Kapitalleistung zu erhalten, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

118    Somit ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 29 der KV-Regelung

119    Der Kläger macht geltend, das Präsidium habe gegen Art. 29 der KV-Regelung verstoßen, da es den Generalsekretär des Parlaments und das Kollegium der Quästoren des Parlaments nicht vor dem Erlass des Beschlusses vom 1. April 2009 angehört habe.

120    Art. 29 der KV-Regelung bestimmt: „Die Quästoren und der Generalsekretär wachen auf Weisung des Präsidenten über die Auslegung und ordnungsgemäße Durchführung [der KV-Regelung].“

121    Aus dem Wortlaut von Art. 29 geht eindeutig hervor, dass diese Bestimmung nur die Auslegung und Durchführung und nicht die Änderung der KV-Regelung betrifft. Wie im Übrigen oben in Randnr. 64 hervorgehoben wurde, war das Präsidium zur Änderung der KV-Regelung befugt.

122    Wie darüber hinaus aus dem Vermerk des Generalsekretärs des Parlaments vom 1. April 2009 hervorgeht, wurde der Beschluss vom 1. April 2009 auf Vorschlag des Generalsekretärs erlassen. Ferner nehmen die Quästoren nach Art. 21 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Parlaments in seiner auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbaren Fassung mit beratender Stimme an den Sitzungen des Präsidiums teil.

123    Somit ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben bei der Durchführung von Verträgen

124    Der Kläger stützt sich auf das Vorliegen einer Vertragsbeziehung zwischen ihm und dem Parlament und macht geltend, dass die Beschlüsse des Präsidiums vom 9. März und 1. April 2009 nicht nur einen Vertragsbruch beabsichtigt hätten, sondern sogar damit gleichzusetzen seien. Trotz des vertraglichen Ursprungs seiner Rechte bleibe das Gericht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zuständig, da sie von der Vertragsbeziehung, die zwischen ihm und dem Parlament vorliege, getrennt werden könne.

125    Dieser Klagegrund beruht auf der Prämisse, dass die Beziehungen zwischen dem Kläger und dem Parlament vertraglicher Natur sind. Wie jedoch bereits oben in den Randnrn. 58 bis 61 dargelegt worden ist, sind diese Beziehungen im Rahmen des Dienstverhältnisses zu sehen, das zwischen dem Kläger und dem Parlament besteht, und folglich unterliegen sie den hoheitlichen Rechten, mit denen das Parlament ausgestattet ist, um die ihm durch die Verträge übertragenen Aufgaben zu erfüllen.

126    Somit ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

127    Da alle vom Kläger geltend gemachten Gründe zur Stützung seiner Einrede der Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Präsidiums vom 1. April 2009 zurückgewiesen worden sind, ist die Einrede zurückzuweisen. Folglich war der Beschluss vom 1. April 2009 eine wirksame Grundlage für die angefochtene Entscheidung. Daher ist die Klage im Einklang mit den Ausführungen oben in Randnr. 30 in vollem Umfang abzuweisen.

 Kosten

128    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm entsprechend dem Antrag des Parlaments die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      John Robert Purvis trägt die Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

Van der Woude

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. Oktober 2011.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

1.  Zu den Auswirkungen des vorliegenden Urteils

2.  Zur Begründetheit

Zur Systematik der Klagegründe und der Einrede der Rechtswidrigkeit

Zur Tragweite der Einrede der Rechtswidrigkeit

Zum ersten Klagegrund

Zum ersten Teil: Verletzung erworbener Rechte

Zum zweiten Teil: Verletzung der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes

–  Zur Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit

–  Zur Rüge der Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit

Zur Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung

Zur Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

–  Zur Zulässigkeit des verfolgten Ziels

–  Zur Geeignetheit der Maßnahmen im Hinblick auf das angestrebte Ziel

–  Zur Wahl des am wenigsten belastenden Mittels

Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 29 der KV-Regelung

Zum vierten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben bei der Durchführung von Verträgen

Kosten


* Verfahrenssprache: Französisch.