Language of document : ECLI:EU:C:2024:439

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

30. Mai 2024(*)

„Rechtsmittel – Instrument für Heranführungshilfe – Finanzhilfen – Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) – Verwaltungssanktionen – Ausschluss von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und von Verfahren zur Gewährung von Finanzhilfen aus dem Gesamthaushaltsplan der Union – Veröffentlichung des Ausschlusses auf der Website der Europäischen Kommission – Verhältnismäßigkeit der Sanktionen – Fehlender Hinweis, dass keine rechtskräftige Gerichts- oder endgültige Verwaltungsentscheidung vorliegt“

In der Rechtssache C‑130/23 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 2. März 2023,

Vialto Consulting Kft. mit Sitz in Budapest (Ungarn), vertreten durch S. Paliou und A. Skoulikis, Dikigoroi,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch T. Adamopoulos, F. Behre und R. Pethke als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen, des Richters J. Passer (Berichterstatter) und der Richterin M. L. Arastey Sahún,

Generalanwalt: A. M. Collins,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Vialto Consulting Kft. (im Folgenden: Vialto) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 21. Dezember 2022, Vialto Consulting/Kommission (T‑537/18, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2022:852), mit dem das Gericht die Klage abgewiesen hat, mit der sie zum einen die Nichtigerklärung der endgültigen Entscheidung der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2018, mit der die Kommission sie für die Dauer von zwei Jahren von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge, von Verfahren zur Gewährung von Finanzhilfen, von Verfahren für Finanzierungsinstrumente (für zweckgebundene Anlageinstrumente und Finanzmittler) und Preisverfahren nach der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. 2012, L 298, S. 1) sowie von Vergabeverfahren nach der Verordnung (EU) 2015/323 des Rates vom 2. März 2015 über die Finanzregelung für den 11. Europäischen Entwicklungsfonds (ABl. 2015, L 58, S. 17) ausgeschlossen und die Veröffentlichung dieses Ausschlusses auf ihrer Website angeordnet hat (im Folgenden: streitige Entscheidung), und zum anderen Ersatz des Schadens, der ihr aufgrund dieser Entscheidung entstanden sein soll, begehrt hatte.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 105a („Schutz der finanziellen Interessen der Union durch Erkennung von Risiken und Verhängung von Verwaltungssanktionen“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 966/2012 in der durch die Verordnung (EU, Euratom) 2015/1929 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Oktober 2015 (ABl. 2015, L 286, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 966/2012) bestimmte:

„Zum Schutz der finanziellen Interessen der Union errichtet die Kommission ein Früherkennungs- und Ausschlusssystem und unterhält es.

Dieses System soll Folgendes erleichtern:

b)      den Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers, auf den einer der in Artikel 106 Absatz 1 genannten Ausschlussgründe zutrifft,

…“

3        In Art. 106 der Verordnung Nr. 966/2012 hieß es:

„(1) Der öffentliche Auftraggeber schließt einen Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an Vergabeverfahren, die dieser Verordnung unterliegen, in den folgenden Fällen aus:

e)      Der Wirtschaftsteilnehmer hat bei der Ausführung eines aus dem Haushalt finanzierten Auftrags erhebliche Mängel bei der Erfüllung der Hauptauflagen erkennen lassen, die eine vorzeitige Beendigung des Auftrags, die Anwendung von pauschaliertem Schadensersatz oder anderen Formen von Vertragsstrafen nach sich gezogen haben oder die durch Überprüfungen, Rechnungsprüfungen oder Ermittlungen eines Anweisungsbefugten, des [Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF)] oder des Rechnungshofs aufgedeckt wurden.

(2) In Ermangelung einer rechtskräftigen Gerichts- bzw. endgültigen Verwaltungsentscheidung in den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben c, d und f oder im Fall nach Absatz 1 Buchstabe e legt der öffentliche Auftraggeber bei entsprechendem Verhalten eines Wirtschaftsteilnehmers eine vorläufige rechtliche Bewertung für seinen Ausschluss zugrunde, wobei er sich auf die festgestellten Sachverhalte oder sonstigen Erkenntnisse aus der Empfehlung des in Artikel 108 genannten Gremiums stützt.

Die Sachverhalte und Erkenntnisse nach Unterabsatz 1 können insbesondere Folgendes umfassen:

a)      Sachverhalte, die im Zuge von Rechnungsprüfungen oder Ermittlungen des Rechnungshofs, des OLAF oder bei einer internen Rechnungsprüfung, oder bei sonstigen, unter der Verantwortung des Anweisungsbefugten durchgeführten Überprüfungen, Rechnungsprüfungen oder Kontrollen festgestellt wurden;

(3) Jede Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers nach den Artikeln 106 bis 108 oder, sofern anwendbar, jede Empfehlung des in Artikel 108 genannten Gremiums muss im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und insbesondere unter Berücksichtigung der Schwere der Umstände erfolgen, einschließlich ihrer Auswirkungen auf die finanziellen Interessen und den Ruf der Union, der seit dem Tatbestand verstrichenen Zeit, der Dauer ihres Bestehens, der Frage, ob es sich um einen Wiederholungsfall handelt und ob Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt, der Höhe des betreffenden Betrags im Falle von Absatz 1 Buchstabe b dieses Artikels oder anderer mildernder Umstände, wie etwa des Ausmaßes der vom öffentlichen Auftraggeber anerkannten Zusammenarbeit des Wirtschaftsteilnehmers mit der jeweils zuständigen Behörde und seines Beitrags zu den Ermittlungen oder der Offenlegung der Ausschlusssituation durch die in Absatz 10 dieses Artikels genannte Erklärung.

(16) Um die abschreckende Wirkung des Ausschlusses und/oder der finanziellen Sanktion, falls erforderlich, noch zu verstärken[,] veröffentlicht die Kommission vorbehaltlich der Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers folgende Informationen über den Ausschluss bzw. die finanzielle Sanktion in den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben c, d, e und f dieses Artikels auf ihrer Internetseite:

a)      den Namen des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers,

b)      die Ausschlusssituation nach Artikel 106 Absatz 1,

c)      die Dauer des Ausschlusses und/oder die Höhe der finanziellen Sanktion.

Wurde die Entscheidung über den Ausschluss und/oder die finanzielle Sanktion auf Grundlage einer vorläufigen rechtlichen Bewertung nach Absatz 2 dieses Artikels getroffen, ist in der Veröffentlichung darauf hinzuweisen, dass keine rechtskräftige Gerichts- bzw. endgültige Verwaltungsentscheidung vorliegt. In diesen Fällen werden Informationen über Berufungsverfahren, deren Stand und Ergebnisse sowie revidierte Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers unverzüglich veröffentlicht. Wenn es sich um eine finanzielle[n] Sanktion handelt, wird in der Veröffentlichung auch angegeben, ob die Sanktion bezahlt wurde.

(17) Die Informationen nach Absatz 16 dieses Artikels werden unter den folgenden Umständen nicht veröffentlicht:

b)      wenn aufgrund der in Absatz 3 dieses Artikels genannten Kriterien der Verhältnismäßigkeit und der Höhe der finanziellen Sanktion eine Veröffentlichung dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer unverhältnismäßig großen Schaden zufügen würde oder anderweitig unverhältnismäßig wäre;

…“

4        Im 21. Erwägungsgrund der Verordnung 2015/1929 hieß es:

„Es ist wichtig, dass die durch den Ausschluss und die finanzielle Sanktion erzielte abschreckende Wirkung verstärkt werden kann. Entsprechend sollte die abschreckende Wirkung dadurch verstärkt werden, dass die Informationen über den Ausschluss und/oder die finanzielle Sanktion unter vollständiger Beachtung der Datenschutzvorschriften der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. 2001, L 8, S. 1)] und der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. 1995, L 281, S. 31)] veröffentlicht werden können. Dies soll zu der Gewährleistung beitragen, dass sich das betreffende Verhalten nicht wiederholt. Aus Gründen der Rechtssicherheit und im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sollte klargestellt werden, unter welchen Umständen keine Veröffentlichung erfolgen sollte. Der öffentliche Auftraggeber sollte bei seiner Beurteilung etwaige Empfehlungen des Gremiums berücksichtigen. Im Fall natürlicher Personen sollten personenbezogene Daten nur in Ausnahmefällen veröffentlicht werden, wenn dies aufgrund der Schwere des Verhaltens oder seiner Auswirkungen auf die finanziellen Interessen der Union gerechtfertigt ist.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

5        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist vom Gericht in den Rn. 2 bis 22 des angefochtenen Urteils dargelegt worden und lässt sich für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens wie folgt zusammenfassen.

6        Vialto ist eine Gesellschaft ungarischen Rechts, die Unternehmen und Einrichtungen des privaten und des öffentlichen Sektors berät.

7        Nach Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1085/2006 des Rates vom 17. Juli 2006 zur Schaffung eines Instruments für Heranführungshilfe (IPA) (ABl. 2006, L 210, S. 82) unterstützt die Europäische Union die in den Anhängen I und II dieser Verordnung aufgeführten Länder, zu denen die Republik Türkei gehört, bei ihrer schrittweisen Angleichung an die Standards und die Politik der Union, gegebenenfalls einschließlich des unionsrechtlichen Besitzstands, mit Blick auf eine künftige Mitgliedschaft. Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 718/2007 der Kommission vom 12. Juni 2007 zur Durchführung der Verordnung Nr. 1085/2006 (ABl. 2007, L 170, S. 1) sieht als allgemeine Grundsätze für die Durchführung der Hilfe vor, dass die Kommission die Verwaltung bestimmter Maßnahmen dem begünstigten Land überträgt, jedoch die oberste Gesamtverantwortung für die Ausführung des Gesamthaushaltsplans behält. Die dezentrale Mittelverwaltung gilt mindestens für die Ausschreibung, die Auftragsvergabe und die Zahlungen.

8        Die Kommission schloss mit der Republik Türkei ein Rahmenabkommen, in dem allgemein die Regeln für die Zusammenarbeit im Bereich der Hilfe im Rahmen des IPA und eine Finanzierungsvereinbarung festgelegt sind. Die benannte operative Struktur im Sinne von Art. 21 der Verordnung Nr. 718/2007 war die Central Finance and Contracts Unit (CFCU). Eines der im Rahmen dieser Vereinbarung finanzierten Projekte war das Projekt TR2010/0311.01 „Digitization of Land Parcel Identification System“ (Digitalisierung des Systems zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen). Dieses wurde mit etwa 37 Mio. Euro finanziert und umfasste drei Komponenten. Die dritte Komponente wurde im Rahmen eines Dienstleistungsauftrags vom 19. September 2014 zwischen der CFCU und einem Konsortium aus fünf Mitgliedern, darunter die Rechtsmittelführerin, durchgeführt und von der Agrotec SpA durch den Dienstleistungsvertrag mit der Referenz TR2010/0311.01-02/001 koordiniert.

9        Nach der Einleitung einer Untersuchung wegen des Verdachts von Korruption und Betrug im Zusammenhang mit diesem Projekt beschloss das OLAF, auf der Grundlage von Art. 3 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. September 2013 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates (ABl. 2013, L 248, S. 1) in den Räumlichkeiten der Rechtsmittelführerin Kontrollen durchzuführen.

10      Bei einer vom 12. bis 14. April 2016 durchgeführten Kontrolle wurde festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin sich geweigert habe, dem OLAF gewisse Informationen vorzulegen.

11      Nach Abschluss der Untersuchung des OLAF unterrichtete die CFCU Agrotec darüber und über dessen Feststellung, dass die Rechtsmittelführerin gegen Art. 25 der Allgemeinen Bedingungen des in Rn. 8 des vorliegenden Urteils genannten Dienstleistungsvertrags verstoßen habe. Die CFCU teilte Agrotec auch mit, sie habe beschlossen, die Rechtsmittelführerin von diesem Vertrag vollständig auszuschließen, diesen aber weiterhin zu erfüllen. Sie forderte Agrotec daher auf, die Tätigkeit der Rechtsmittelführerin unverzüglich mit Wirkung vom 11. November 2016 zu beenden und die erforderlichen Schritte für deren Ausschluss aus dem Konsortium zu unternehmen, d. h., einen entsprechenden Nachtrag zu diesem Vertrag abzufassen.

12      Mit der streitigen Entscheidung, die der Rechtsmittelführerin am 4. Juli 2018 zugestellt wurde, entschied die Kommission, sie für die Dauer von zwei Jahren von den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge, von Verfahren zur Gewährung von Finanzhilfen und Finanzinstrumenten, die aus dem Gesamthaushaltsplan der Union und dem 11. Europäischen Entwicklungsfonds gemäß der Verordnung 2015/323 finanziert werden, auszuschließen und für einen Zeitraum von zwei Jahren in das durch Art. 108 Abs. 1 der Verordnung Nr. 966/2012 errichtete Früherkennungs- und Ausschlusssystem (EDES) aufzunehmen.

13      Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten geht hervor, dass im 77. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung angegeben wurde, dass der Ausschluss unter Berücksichtigung der Schwere der Umstände gerechtfertigt sei, da Vialto das OLAF daran gehindert habe, seine Untersuchung durchzuführen und zu prüfen, ob die Betrugs- und/oder Korruptionsvorwürfe substantiiert gewesen seien, und unter Berücksichtigung des Nachweises, dass Vialto im Sinne von Art. 106 Abs. 3 der Verordnung Nr. 966/2012 gegen eine ihrer Hauptpflichten bei der Durchführung des Vertrags verstoßen habe, da sie in ihrer Stellungnahme gegenüber dem in Art. 108 der Verordnung Nr. 966/2012 genannten Gremium ausdrücklich anerkannt habe, dass sie dem OLAF den Zugang zu den angeforderten Angaben verweigert habe.

14      Ferner beschloss die Kommission gemäß Art. 106 Abs. 16 der Verordnung Nr. 966/2012 die Veröffentlichung der Ausschlusssanktion auf ihrer Website. Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten geht hervor, dass nach dem 80. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung die Veröffentlichung damit gerechtfertigt wurde, dass Vialto das OLAF daran gehindert habe, seine Untersuchung durchzuführen, und dass diese schwerwiegende Verletzung wesentlicher vertraglicher Pflichten nicht den Schutz der finanziellen Interessen der Union ermöglicht habe.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

15      Mit Klageschrift, die am 13. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Vialto Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung sowie auf Ersatz ihres materiellen und immateriellen Schadens. Vialto stützte diese Klage auf fünf Gründe.

16      Mit dem ersten Klagegrund machte sie eine Verletzung der Begründungspflicht durch die Kommission geltend. Mit dem zweiten Klagegrund rügte sie einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates vom 11. November 1996 betreffend die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durch die Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vor Betrug und anderen Unregelmäßigkeiten (ABl. 1996, L 292, S. 2). Der dritte Klagegrund stützte sich auf eine Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung. Der vierte Klagegrund stützte sich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Der fünfte Klagegrund stützte sich schließlich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

17      Das Gericht hat alle diese Klagegründe als unbegründet zurückgewiesen. Folglich hat es auch den Schadensersatzantrag von Vialto zurückgewiesen, da er auf dieselben Rechtsverstöße gestützt war wie der zurückgewiesene Antrag auf Nichtigerklärung.

18      Das Gericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil daher in vollem Umfang abgewiesen.

 Anträge der Parteien

19      Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Vialto,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben und

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

20      Die Kommission beantragt,

–        das Rechtsmittel insgesamt als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen und

–        Vialto die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

21      Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf drei Gründe, mit deren ersten beiden sie rügt, dass das Gericht bei der Prüfung, ob ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorliegt, Rechtsfehler begangen und die Tatsachen verfälscht habe, und mit deren dritten sie einen Rechtsfehler bei der Zurückweisung der Anträge auf Schadensersatz rügt.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

22      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund rügt Vialto, das Gericht habe in den Rn. 160, 164, 175, 177 und 182 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Veröffentlichung des Ausschlusses von der Finanzierung durch die Union auf der Website der Kommission geeignet sei, das Ziel des Schutzes der finanziellen Interessen der Union zu erreichen.

23      Insbesondere macht Vialto zum einen geltend, das Gericht habe einen Fehler begangen, indem es entschieden habe, dass diese Maßnahme den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahre, obwohl es an einer spezifischen Begründung fehle, die sich von der Begründung zur Rechtfertigung der Ausschlusssanktion, d. h. der Schwere des begangenen Verstoßes, unterscheide. Obwohl das Gericht anerkannt habe, dass die Veröffentlichung Gegenstand einer Verhältnismäßigkeitsprüfung sein müsse, die von der Prüfung der Ausschlusssanktion unabhängig sei, habe es nicht gewertet, dass sich die der Entscheidung zur Veröffentlichung des Ausschlusses beigefügte Begründung der Kommission nicht von der Begründung zur Ausschlusssanktion unterscheide und nicht speziell sei.

24      Ferner hält Vialto die Veröffentlichung nicht für geeignet, das Ziel des Schutzes der finanziellen Interessen der Union zu erreichen. Eine solche Veröffentlichung auf der Website der Kommission komme keineswegs den finanziellen Interessen der Union zugute, sondern habe nur die Funktion, Dritte, die mit der Kommission Verträge abschließen, von einem möglichen Regelverstoß abzuhalten.

25      Schließlich wendet sich Vialto gegen die Begründung in Rn. 182 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht in Bezug auf die Veröffentlichung festgestellt hat, dass es keinen Grund für die Annahme gebe, dass diese allein deshalb gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, weil sie dem Schutz desselben legitimen Ziels diene. Diese Beurteilung sei nicht begründet, und der Umstand, dass sowohl die Ausschlusssanktion als auch die Veröffentlichung dasselbe allgemeine legitime Ziel verfolgen könnten, führe nicht dazu, dass die Veröffentlichung automatisch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspreche.

26      Zum anderen macht Vialto geltend, das Gericht habe die Tatsachen in Bezug auf die Feststellung von Umständen verfälscht, die die Ausschlusssanktion und die Veröffentlichung auf eigenständige Weise rechtfertigten. Insbesondere habe das Gericht in Rn. 175 des angefochtenen Urteils eingeräumt, dass in der streitigen Entscheidung nicht streng zwischen den Umständen, die die Ausschlusssanktion rechtfertigten, und denen, die die Veröffentlichung rechtfertigten, unterschieden worden sei, und dann festgestellt, dass dies nicht zwangsläufig zu einer Vermengung der beiden Begründungen zur Rechtfertigung dieser Maßnahmen führe, die gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen könnte. Aus den Erwägungsgründen 77 und 80 der streitigen Entscheidung gehe jedoch hervor, dass die beiden Begründungen identisch seien. Für die gerichtliche Kontrolle der Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Erfordernisses nach Art. 106 Abs. 16 der Verordnung Nr. 966/2012 sei es erforderlich, die Begründung anzugeben, die neben dem Ausschluss von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge den Erlass der zusätzlichen Maßnahme der Veröffentlichung rechtfertigen könne.

27      Die Kommission beantragt, den ersten Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

28      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 106 Abs. 16 der Verordnung Nr. 966/2012 die Kommission, falls es erforderlich erscheint, die abschreckende Wirkung des Ausschlusses und/oder der finanziellen Sanktion zu verstärken, vorbehaltlich der Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers auf ihrer Website Informationen über den Ausschluss bzw. die finanzielle Sanktion veröffentlicht.

29      Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung geht klar hervor, dass die Ausschlusssanktion und die Veröffentlichung zwei unterschiedliche Maßnahmen sind und dass die Kommission die Maßnahme der Veröffentlichung ergreifen kann, wenn sie dies für erforderlich hält, um die abschreckende Wirkung der Sanktion des Ausschlusses eines Wirtschaftsteilnehmers von der Teilnahme an Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu verstärken.

30      Diese Auslegung wird durch den 21. Erwägungsgrund der Verordnung 2015/1929 bestätigt, aus dem im Wesentlichen hervorgeht, dass der Unionsgesetzgeber beabsichtigte, die abschreckende Wirkung der Ausschlusssanktion und der finanziellen Sanktion dadurch zu verstärken, dass Informationen über den Ausschluss veröffentlicht werden können, da eine solche Maßnahme dazu beitragen kann, dass sich das betreffende Verhalten nicht wiederholt.

31      Das Gericht hat daher in Rn. 171 des angefochtenen Urteils zu Recht im Wesentlichen festgestellt, dass diese beiden Maßnahmen zwar in ihren Wirkungen nicht gleichwertig sind, da die Ausschlusssanktion vor allem Strafcharakter hat, während mit der Veröffentlichung eher das Ziel der Abschreckung und Vorbeugung verfolgt wird, dass sie aber gleichwohl komplementär sind, da sie auf das gleiche Ziel gerichtet sind, alle Betroffenen von einem möglichen Regelverstoß abzuhalten.

32      Was zweitens die Rüge des Fehlens einer spezifischen und gesonderten Begründung betrifft, die neben der Begründung, mit der die Ausschlusssanktion gerechtfertigt wird, die Veröffentlichung rechtfertigt, ist darauf hinzuweisen, dass die den Organen obliegende Begründungspflicht nach gefestigter Rechtsprechung verlangt, dass das betreffende Organ gemäß Art. 296 Abs. 2 AEUV die dem von ihm erlassenen Rechtsakt zugrunde liegenden Überlegungen so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass zum einen die Betroffenen die Gründe für die erlassene Maßnahme erkennen können, um ihre Rechte geltend zu machen, und dass zum anderen das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. März 2017, Viasat Broadcasting UK/Kommission, C‑660/15 P, EU:C:2017:178, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Wie das Gericht in Rn. 64 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, braucht die Begründung nicht notwendig erschöpfend zu sein, sofern sie ausreichend ist, was der Fall ist, wenn das betreffende Organ die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 96, sowie vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, EU:C:2008:392, Rn. 169).

34      Im vorliegenden Fall geht aus dem 80. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung hervor, dass die Veröffentlichung damit gerechtfertigt wurde, dass Vialto das OLAF daran gehindert habe, seine Untersuchung durchzuführen, und dass diese schwerwiegende Verletzung wesentlicher vertraglicher Pflichten den Schutz der finanziellen Interessen der Union gefährdet habe.

35      Wie das Gericht in Rn. 175 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, wird in diesem Erwägungsgrund klar dargelegt, warum die Veröffentlichung gerechtfertigt erschien. Das Gericht hat daher zu Recht entschieden, dass der Umstand, dass in der streitigen Entscheidung die Gesichtspunkte, die die Ausschlusssanktion rechtfertigen, nicht streng von denen zur Rechtfertigung der Veröffentlichung unterschieden wurden, allein nicht für die Annahme ausreichte, die beiden Begründungen zur Rechtfertigung dieser Maßnahmen seien vermengt worden, was gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen könnte.

36      Drittens macht Vialto auch einen Widerspruch zwischen den Rn. 175 und 173 des angefochtenen Urteils geltend, da das Gericht in der letztgenannten Randnummer klargestellt habe, dass die Veröffentlichung Gegenstand einer von der für die Ausschlusssanktion unabhängigen Verhältnismäßigkeitsprüfung sein müsse, auch wenn diesen beiden Maßnahmen ein gemeinsamer Sachverhalt zugrunde liegen könne, der parallel geprüft werden könne.

37      Insoweit ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Gerichts in Rn. 172 des angefochtenen Urteils darauf hinzuweisen, dass Art. 106 Abs. 17 Buchst. b der Verordnung Nr. 966/2012 vorsieht, dass die „Informationen nach Absatz 16 dieses Artikels … nicht veröffentlicht [werden]: … wenn aufgrund der in Absatz 3 dieses Artikels genannten Kriterien der Verhältnismäßigkeit … eine Veröffentlichung dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer unverhältnismäßig großen Schaden zufügen würde oder anderweitig unverhältnismäßig wäre“.

38      Die in Art. 106 Abs. 3 dieser Verordnung genannten Kriterien der Verhältnismäßigkeit betreffen indessen Entscheidungen über den Ausschluss und/oder die finanzielle Sanktion.

39      Aus Art. 106 Abs. 17 Buchst. b der Verordnung Nr. 966/2012 geht somit nicht hervor, dass sich die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Veröffentlichung zwangsläufig auf andere Gesichtspunkte als diejenigen beziehen müsste, die bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausschlusssanktion berücksichtigt werden. Vielmehr verweist diese Bestimmung für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Veröffentlichung u. a. auf die Kriterien der Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die Ausschlusssanktion. Somit stellt der bloße Umstand, dass es im Wesentlichen dieselben Gründe sind, die angeführt werden, um die beiden Arten von Maßnahmen zu rechtfertigen, für sich genommen keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dar, sofern für jede dieser Maßnahmen, wie im vorliegenden Fall, eine Begründung gegeben wird.

40      Viertens ist zu der Frage, ob die Veröffentlichung geeignet ist, das Ziel des Schutzes der finanziellen Interessen der Union zu erreichen, festzustellen, dass Art. 105a Abs. 1 dieser Verordnung vorsieht, dass die Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Union ein Früherkennungs- und Ausschlusssystem errichtet und unterhält. Das Ziel dieses Systems besteht insbesondere darin, den Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers, auf den einer der in Art. 106 Abs. 1 genannten Ausschlussgründe zutrifft, zu erleichtern.

41      Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 105a der Verordnung Nr. 966/2012, dass die Ausschlusssanktion die finanziellen Interessen der Union schützen soll, diese Bestimmung nimmt jedoch nicht Bezug auf die Veröffentlichung als eine Maßnahme mit diesem Ziel.

42      Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass diese beiden Arten von Maßnahmen, wie sich aus Rn. 31 des vorliegenden Urteils ergibt, einander ergänzen. Außerdem und vor allem verfolgt die Verstärkung der abschreckenden Wirkung der Ausschlusssanktion und der finanziellen Sanktion durch die Veröffentlichung der Informationen über den Ausschluss letztlich auch das Ziel des Schutzes der finanziellen Interessen der Union. Eine solche Veröffentlichung trägt nämlich, da sie darauf abzielt, dass die Wirtschaftsteilnehmer nicht gegen ihre Verpflichtungen bei der Ausführung der aus dem Unionshaushalt finanzierten Aufträge verstoßen, offensichtlich zur Verfolgung des Ziels des Schutzes der finanziellen Interessen der Union bei.

43      Folglich hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es festgestellt hat, dass die Veröffentlichung geeignet ist, das Ziel des Schutzes der finanziellen Interessen der Union zu erreichen.

44      Fünftens macht Vialto geltend, das Gericht habe die Tatsachen in Bezug auf die Feststellung von Umständen verfälscht, die die Ausschlusssanktion und die Veröffentlichung auf eigenständige Weise rechtfertigten, indem es in Rn. 175 des angefochtenen Urteils anerkannt habe, dass in der streitigen Entscheidung nicht zwischen den Umständen, die die Ausschlusssanktion auf der einen und die Veröffentlichung auf der anderen Seite rechtfertigten, unterschieden worden sei, dann aber zu dem Ergebnis gelangt sei, dass dies nicht zwangsläufig zu einer Vermengung der beiden Begründungen zur Rechtfertigung dieser Maßnahmen führe, die gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen könnte.

45      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht, wie sich aus Rn. 39 des vorliegenden Urteils ergibt, in Rn. 175 des angefochtenen Urteils zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Umstand, dass in der streitigen Entscheidung nicht streng zwischen den Umständen, die den Ausschluss, und denen, die die Veröffentlichung rechtfertigten, unterschieden wurde, allein nicht für die Annahme ausreicht, dass die beiden Begründungen zur Rechtfertigung dieser Maßnahmen vermengt worden seien, was gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen könnte.

46      Da die Rüge der Verfälschung nicht geeignet ist, die Begründetheit des angefochtenen Urteils in Frage zu stellen, ist folglich festzustellen, dass dieses Vorbringen ins Leere geht.

47      Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund als teilweise unbegründet und als teilweise ins Leere gehend zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

48      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht Vialto geltend, das Gericht habe in den Rn. 183 bis 186 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen, als es festgestellt habe, dass es mit den Erfordernissen von Art. 106 Abs. 16 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 966/2012 im Einklang stehe, dass die Veröffentlichung des Ausschlusses auf der Website der Kommission keinen Hinweis darauf enthalte, dass keine sie betreffende rechtskräftige Gerichts- oder bestandskräftige Verwaltungsentscheidung existiere.

49      Erstens stelle der Umstand, dass in dieser Veröffentlichung nicht darauf hingewiesen werde, dass es keine rechtskräftige Gerichts- oder bestandskräftige Verwaltungsentscheidung gebe, eine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift dar. Es handele sich nämlich um ein klares und unbedingtes Erfordernis, das der Information Dritter diene und dessen Nichtachtung diese in die Irre führe. Das Gericht sei daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich die Verletzung dieser Formvorschrift nicht nachteilig auf die rechtliche und materielle Situation von Vialto ausgewirkt habe.

50      Zweitens rügt Vialto, dass in Rn. 183 des angefochtenen Urteils das Urteil vom 11. September 2014, Gold East Paper und Gold Huasheng Paper/Rat (T‑443/11, EU:T:2014:774, Rn. 98), das einen Verstoß gegen eine Vorschrift über die Anhörung eines Ausschusses betreffe, entsprechend angewandt worden sei.

51      Drittens dürfe die Feststellung des Gerichts in Rn. 185 des angefochtenen Urteils, dass die in Rn. 49 des vorliegenden Urteils genannte Unterlassung am 24. Oktober 2018 von der Kommission geheilt worden sei, bei seiner Beurteilung des Vorliegens eines Verstoßes gegen die in Rede stehende Bestimmung nicht ausschlaggebend sein. Die Rechtmäßigkeit des Unionsrechtsakts sei anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu prüfen.

52      Die Kommission beantragt, den zweiten Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

53      Art. 106 Abs. 16 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 966/2012 verlangt im Wesentlichen, dass in der Veröffentlichung der Ausschlusssanktion darauf hingewiesen wird, dass keine rechtskräftige Gerichts- bzw. bestandskräftige Verwaltungsentscheidung gegen den betreffenden Wirtschaftsteilnehmer ergangen ist. In diesen Fällen muss diese Information durch Informationen über Berufungsverfahren, deren Stand und Ergebnisse sowie revidierte Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers ergänzt werden.

54      Vialto macht geltend, das Fehlen dieses Hinweises stelle eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften dar, die zur Beeinträchtigung ihrer rechtlichen und materiellen Situation führe.

55      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschriften über den Erlass einer beschwerenden Maßnahme eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften dar und obliegt es dem Unionsgericht, wenn es bei der Untersuchung des betreffenden Rechtsakts zu dem Ergebnis kommt, dass dieser nicht ordnungsgemäß erlassen wurde, die Konsequenzen aus der Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift zu ziehen und folglich den mit einem solchen Fehler behafteten Rechtsakt für nichtig zu erklären (Urteil vom 20. September 2017, Tilly-Sabco/Kommission, C‑183/16 P, EU:C:2017:704, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56      Insoweit ist festzustellen, dass der in der Veröffentlichung auf der Website der Kommission fehlende Hinweis, dass gegen Vialto keine rechtskräftige Gerichts- bzw. bestandskräftige Verwaltungsentscheidung ergangen ist, nicht im Zusammenhang mit dem Verfahren zum Erlass der Entscheidung der Kommission über die Veröffentlichung des Ausschlusses steht, sondern ein nach dem Erlass dieser Entscheidung eingetretener Umstand ist.

57      Im vorliegenden Fall ist nicht die Veröffentlichung als solche Gegenstand der Nichtigkeitsklage, sondern die streitige Entscheidung. Diese sieht in ihrem Art. 2 ausdrücklich vor, dass in der Veröffentlichung darauf hinzuweisen ist, dass keine rechtskräftige Gerichtsentscheidung vorliegt. Daher ist diese Entscheidung nicht rechtswidrig, und es liegt kein Fehler beim Erlass der streitigen Entscheidung vor.

58      Folglich hat das Gericht in Rn. 184 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass dieser fehlende Hinweis nicht als Beeinträchtigung der rechtlichen und materiellen Situation von Vialto angesehen werden kann und keine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift darstellt. Das Fehlen dieses Hinweises kann nämlich keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Veröffentlichung des Ausschlusses haben.

59      Was die spätere Berichtigung der Unterlassung durch die Kommission betrifft, geht aus dem angefochtenen Urteil hervor, dass es sich bei den in Rn. 185 des angefochtenen Urteils angeführten Gründen, die mit dem Adverb „zusätzlich“ eingeleitet werden, gegenüber der Feststellung in Rn. 184 dieses Urteils um ergänzende, nicht tragende Gründe handelt.

60      Die Rüge, die Berichtigung sei nach dem Erlass der streitigen Entscheidung erfolgt, ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen.

61      Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund als teilweise unbegründet und als teilweise ins Leere gehend zurückzuweisen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

62      Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht Vialto geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es in den Rn. 194 bis 196 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, die Voraussetzung, die sich auf die Rechtswidrigkeit des der Kommission vorgeworfenen Verhaltens beziehe, sei nicht erfüllt. Die im ersten und im zweiten Rechtsmittelgrund dargelegten Rechtsfehler des angefochtenen Urteils belegten jedoch das Vorliegen eines rechtswidrigen Verhaltens der Kommission, was zur Aufhebung der Rn. 195 und 196 des angefochtenen Urteils, mit denen der Schadensersatzantrag zurückgewiesen worden sei, führen müsse.

63      Die Kommission beantragt, den dritten Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

64      Da der dritte Rechtsmittelgrund nur dann für begründet erklärt werden könnte, wenn der erste und der zweite Rechtsmittelgrund selbst für begründet erklärt worden wären, was nicht der Fall ist, ist der dritte Rechtsmittelgrund und damit das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

 Kosten

65      Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

66      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

67      Da Vialto mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Kommission beantragt hat, Vialto die Kosten aufzuerlegen, sind ihr neben ihren eigenen Kosten die der Kommission entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Vialto Consulting Kft. trägt neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Kommission entstandenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Griechisch.