Language of document : ECLI:EU:T:2010:369

Rechtssache T‑119/06

Usha Martin Ltd

gegen

Rat der Europäischen Union und Europäische Kommission

„Dumping – Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung u. a. in Indien – Verletzung einer Verpflichtung – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Art. 8 Abs. 1, 7 und 9 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (jetzt Art. 8 Abs. 1, 7 und 9 der Verordnung [EG] Nr. 1225/2009)“

Leitsätze des Urteils

1.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Verhältnismäßigkeit – Verordnung zur Einführung endgültiger Antidumping- und Ausgleichszölle

(Art. 5 Abs. 3 EG; Verordnung Nr. 384/96 des Rates)

2.      Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Preisverpflichtung – Verpflichtung zur Berichterstattung und zur Vorlage von Verpflichtungserklärungen – Verletzung durch den Wirtschaftsteilnehmer

(Art. 5 Abs. 3 EG; Verordnung Nr. 384/96 des Rates)

1.      Nach dem in Art. 5 Abs. 3 EG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt die Rechtmäßigkeit einer Gemeinschaftsregelung voraus, dass die gewählten Mittel zur Erreichung des mit dieser Regelung zulässigerweise verfolgten Ziels geeignet sind und das Maß des hierzu Erforderlichen nicht übersteigen, wobei von mehreren geeigneten Maßnahmen grundsätzlich die am wenigsten belastende zu wählen ist.

In einem Bereich wie dem der gemeinsamen Handelspolitik, in dem der Gemeinschaftsgesetzgeber über ein weites Ermessen verfügt, das der politischen Verantwortung entspricht, die ihm der Vertrag zuweist, ist jedoch eine erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, mit dessen Verfolgung das zuständige Organ betraut ist, offensichtlich ungeeignet ist. Das weite Ermessen, über das der Gemeinschaftsgesetzgeber in diesem Bereich verfügt, entspricht dem weiten Ermessen, das den Gemeinschaftsorganen nach ständiger Rechtsprechung in den Fällen zuerkannt wird, in denen sie in Anwendung der Grundverordnungen konkrete Schutzmaßnahmen gegen Dumping treffen.

Daraus folgt, dass sich die gerichtliche Überprüfung im Bereich des Schutzes gegen Dumpingmaßnahmen auf die Frage beschränken muss, ob die vom Gemeinschaftsgesetzgeber getroffenen Maßnahmen zur Erreichung des verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet sind.

(vgl. Randnrn. 44-47)

2.      Die Kommission hat dadurch, dass sie die Annahme einer Verpflichtung widerrief, weil der betroffene Ausführer gegen seine Pflichten verstieß, vierteljährlich über die Verkäufe von nicht unter die Verpflichtung fallenden Waren zu berichten und keine Verpflichtungsrechnungen für nicht unter die Verpflichtung fallende Waren auszustellen, nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Denn es genügt jede Verletzung einer Verpflichtung oder der Pflicht zur Zusammenarbeit im Rahmen der Durchführung und der Überwachung der Verpflichtung, um es der Kommission zu erlauben, ihre Annahme der Verpflichtung zu widerrufen und einen endgültigen Antidumpingzoll auf der Grundlage der Feststellungen im Rahmen der Untersuchung aufzuerlegen, die zu der Verpflichtung geführt hat, sofern diese Untersuchung mit einer endgültigen Feststellung des Dumpings und der Schädigung abgeschlossen und dem betreffenden Ausführer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde. Ferner ist die Verletzung einer Verpflichtung für sich allein ein ausreichender Grund für einen Widerruf. Außerdem gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwar für die Frage, ob die Höhe der auferlegten Antidumpingzölle zur Beseitigung des der Gemeinschaftsindustrie entstandenen Schadens geeignet ist, nicht aber für die Frage der Auferlegung dieser Zölle als solcher. Der Widerruf der Annahme einer Verpflichtung hat die Einführung endgültiger Antidumpingzölle auf die betroffenen Ausfuhren der Ausfuhrgesellschaft zur Folge. Demgemäß ist der nach Art. 8 Abs. 9 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 auf der Grundlage der Feststellungen im Rahmen der Untersuchung, die zur Verpflichtung geführt hat, festgelegte endgültige Antidumpingzoll auf die betroffenen Einfuhren dieser Gesellschaft anwendbar und entspricht damit der Auferlegung dieser Zölle als solcher. Daher kann die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Annahme der Verpflichtung als solche nicht nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Frage gestellt werden.

(vgl. Randnrn. 51-55)