Language of document : ECLI:EU:C:2016:847

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

10. November 2016(*)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Umwelt – Naturschutz – Richtlinie 92/43/EWG – Art. 6 Abs. 2 und 3 sowie Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d – Wildlebende Tiere und Pflanzen – Erhaltung der natürlichen Lebensräume – Meeresschildkröte Caretta caretta – Schutz der Meeresschildkröten in der Bucht von Kyparissia – Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung ‚Dünen von Kyparissia‘ – Artenschutz“

In der Rechtssache C‑504/14

betreffend ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 11. November 2014,

Europäische Kommission, vertreten durch M. Patakia und C. Hermes als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Hellenische Republik, vertreten durch E. Skandalou als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter E. Juhász (Berichterstatter) und C. Vajda sowie der Richterin K. Jürimäe und des Richters C. Lycourgos,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2016,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 18. Februar 2016

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission die Feststellung, dass die Hellenische Republik dadurch, dass sie

–        die in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7) in der durch die Richtlinie 2006/105/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. 2006, L 363, S. 368) geänderten Fassung genannten Maßnahmen zur Vermeidung der Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie zur Vermeidung von Störungen der Art, für die dieses Gebiet ausgewiesen wurde, nicht ergriffen hat;

–        ohne eine Verträglichkeitsprüfung im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 durchzuführen, Eingriffe genehmigt hat, die einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Projekten das betroffene Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten, indem sie das Nistgebiet der dort vorkommenden prioritären Art Caretta caretta verschlechtern und zerstören, Störungen für diese Art verursachen und schließlich die Dünenökotypen 2110, 2220 und den prioritären Lebensraum 2250 verschlechtern und zerstören, sowie

–        nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43 erforderlich sind, um ein wirksames System zum strengen Schutz der Meeresschildkröte Caretta caretta (eine prioritäre Art) im Golf von Kyparissia (Griechenland) einzuführen und anzuwenden, damit jede Störung dieser Art während der Fortpflanzungszeit und jede Tätigkeit, die eine Beschädigung oder Vernichtung ihrer Fortpflanzungsstätten verursachen könnte, vermieden wird,

gegen ihre Verpflichtungen aus diesen Bestimmungen der Richtlinie 92/43 verstoßen hat.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

2        Art. 2 der Richtlinie 92/43 bestimmt:

„(1)      Diese Richtlinie hat zum Ziel, zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat, beizutragen.

(2)      Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen.

(3)      Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen tragen den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung.“

3        In Anhang I („Natürliche Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen“) der Richtlinie 92/43 sind verschiedene Dünenlebensraumtypen aufgezählt. Im Besonderen sind unter Code 22 („Dünen an Mittelmeerküsten“) dieses Anhangs in Code 2220 „Dünen mit Euphorbia terracina“ und in Code 2250 * „Mediterrane Küstendünen mit Wacholder Juniperus spp.“ genannt.

4        Nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 92/43 „[wird die] Liste der Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewählt wurden und in der die Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) oder einer oder mehreren prioritären Art(en) ausgewiesen sind, … von der Kommission nach dem Verfahren des Artikels 21 festgelegt“. Gemäß Art. 4 Abs. 5 dieser Richtlinie unterliegt ein Gebiet, sobald es in die Liste nach deren Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 aufgenommen ist, den Bestimmungen ihres Art. 6 Abs. 2 bis 4.

5        Durch die Entscheidung 2006/613/EG der Kommission vom 19. Juli 2006 zur Festlegung der Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der mediterranen biogeografischen Region gemäß der Richtlinie 92/43 (ABl. 2006, L 259, S. 1) wurden die Dünen von Kyparissia (Thines Kyparissias [Neochori-Kyparissia]) unter dem GGB-Code GR 25 50005 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) in Anhang I dieser Entscheidung aufgenommen, und zwar mit der Angabe „C“, die das Vorkommen mindestens eines prioritären natürlichen Lebensraumtyps und/oder mindestens einer prioritären Art im Sinne von Art. 1 der Richtlinie 92/43 auf dem in Rede stehenden Gebiet anzeigt.

6        Art. 6 der Richtlinie 92/43 lautet:

„(1)      Für die besonderen Schutzgebiete legen die Mitgliedstaaten die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest, die gegebenenfalls geeignete, eigens für die Gebiete aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II entsprechen, die in diesen Gebieten vorkommen.

(2)      Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.

(3)      Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.

(4)      Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen.

Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden.“

7        Anhang II („Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen“) der Richtlinie 92/43 nennt bei diesen Tierarten die Meeresschildkröte Caretta caretta als prioritäre Art.

8        Art. 12 der Richtlinie 92/43 bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten treffen die notwendigen Maßnahmen, um ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen; dieses verbietet:

a)      alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten;

b)      jede absichtliche Störung dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten;

c)      jede absichtliche Zerstörung oder Entnahme von Eiern aus der Natur;

d)      jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten.

(2)      Für diese Arten verbieten die Mitgliedstaaten Besitz, Transport, Handel oder Austausch und Angebot zum Verkauf oder Austausch von aus der Natur entnommenen Exemplaren; vor Beginn der Anwendbarkeit dieser Richtlinie rechtmäßig entnommene Exemplare sind hiervon ausgenommen.

(3)      Die Verbote nach Absatz 1 Buchstaben a) und b) sowie nach Absatz 2 gelten für alle Lebensstadien der Tiere im Sinne dieses Artikels.

(4)      Die Mitgliedstaaten führen ein System zur fortlaufenden Überwachung des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens der in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten ein. Anhand der gesammelten Informationen leiten die Mitgliedstaaten diejenigen weiteren Untersuchungs- oder Erhaltungsmaßnahmen ein, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass der unbeabsichtigte Fang oder das unbeabsichtigte Töten keine signifikanten negativen Auswirkungen auf die betreffenden Arten haben.“

9        Anhang IV der Richtlinie 92/43, in dem die streng zu schützenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse aufgeführt sind, nennt bei diesen Tierarten die Meeresschildkröte Caretta caretta.

 Griechisches Recht

10      Die Hellenische Republik hat das Gebiet der „Dünen von Kyparissia“ durch das Gesetz Nr. 3937/2011 zu einem „besonderen Schutzgebiet“ erklärt.

 Vorverfahren

11      Mit Schreiben vom 9. August und 19. November 2010 forderte die Kommission die Hellenische Republik auf, sie über die Modalitäten zur Umsetzung der Bestimmungen in Art. 6 und 12 der Richtlinie 92/43 im betreffenden Natura-2000-Gebiet, d. h. dem Gebiet der Dünen von Kyparissia, das unter der Nummer GR 25 50005 in die Liste der GGB aufgenommen wurde (im Folgenden: Gebiet von Kyparissia), zu unterrichten.

12      Angesichts der von der Hellenischen Republik am 29. September 2010 und 26. Januar 2011 vorgelegten Antworten war die Kommission der Ansicht, dass dieser Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 und 3 sowie Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43 verstoßen habe.

13      Daher forderte sie die Hellenische Republik am 28. Oktober 2011 auf, sich binnen zwei Monaten zu diesen Vorwürfen zu äußern.

14      Die Hellenische Republik antwortete auf dieses Mahnschreiben mit Schreiben vom 27. Dezember 2011 und 17. April 2012.

15      Nach Prüfung der darin enthaltenen Antwort und unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Besuchs ihrer Bediensteten im Gebiet von Kyparissia am 17. Juli 2012 erließ die Kommission am 1. Oktober 2012 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie den Mitgliedstaat aufforderte, dieser bis zum 1. Dezember 2012 nachzukommen.

16      Die Hellenische Republik antwortete auf diese mit Gründen versehene Stellungnahme mit Schreiben vom 27. November 2012, das sie auf ein Schreiben der Kommission vom 14. Mai 2013 hin durch Schreiben vom 13. Juni und 26. November 2013 sowie vom 28. März, 23. Juni und 17. September 2014 ergänzte.

17      Da die Antwort der Hellenischen Republik sie nicht zufriedenstellte, hat die Kommission am 11. November 2014 die vorliegende Klage erhoben.

 Zum Antrag auf Vorlage eines Beweismittels nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens

18      Nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens am 29. April 2015 hat die Kommission am 16. Juni 2015 unter Berufung auf Art. 128 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs beantragt, ein neues Beweismittel vorlegen zu dürfen, nämlich das Gutachten 32/2015 des Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat, Griechenland) zum Entwurf eines Präsidialdekrets zur Ausweisung eines Regionalparks in der Bucht von Kyparissia (im Folgenden: Präsidialdekret).

19      Die Hellenische Republik beantragt, den Antrag der Kommission zurückzuweisen.

20      Nach Art. 128 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Verfahrensordnung können die Parteien ausnahmsweise noch nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens Beweise oder Beweisangebote vorlegen und haben die Verspätung der Vorlage zu begründen.

21      Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das in Rede stehende Gutachten am 8. April 2015 abgegeben wurde und von der Hellenischen Republik in der Gegenerwiderung erwähnt worden ist, deren Eingang beim Gerichtshof am 29. April 2015 das schriftliche Verfahren abgeschlossen hat.

22      Die Kommission begründet die verspätete Vorlage dieses Gutachtens damit, dass sie erst nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens von dessen Existenz Kenntnis erlangt habe.

23      Die Hellenische Republik, die das Vorbringen der Kommission nicht in Abrede stellt, beantragt, das Beweisangebot der Kommission zurückzuweisen, da das Gutachten 32/2015 des Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat) im Rahmen eines noch laufenden Verfahrens zum Erlass des Präsidialdekrets abgegeben worden sei und keine neuen Gesichtspunkte enthalte.

24      Zu den Einwänden der Hellenischen Republik ist zum einen festzustellen, dass das in Rede stehende Gutachten endgültig ist und, unabhängig davon, dass der Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat) zu einem geänderten Entwurf des Präsidialdekrets ein weiteres Gutachten abgeben kann, grundsätzlich keiner Änderung mehr unterliegt.

25      Zum anderen stellt die Behauptung, das Gutachten enthalte keine neuen Gesichtspunkte, nicht dessen Zulässigkeit im Hinblick auf Art. 128 Abs. 2 der Verfahrensordnung in Frage, da die inhaltliche Würdigung der Beweismittel erst im Rahmen der Prüfung der Begründetheit der Rechtssache zu erfolgen hat.

26      Unter diesen Umständen wird das Gutachten 32/2015 des Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat) im vorliegenden Verfahren als Beweismittel zugelassen, soweit es die sachliche und rechtliche Situation bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist, nämlich dem 1. Dezember 2012, betrifft.

 Zur Klage

 Zur ersten Rüge: Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 dadurch, dass nicht die erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung der Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie zur Vermeidung von Störungen der Art Caretta caretta ergriffen worden sind

27      Im Rahmen ihrer ersten Rüge behauptet die Kommission unter Berufung auf eine Reihe von Sachverhalten, dass die Hellenische Republik gegen das allgemeine Verschlechterungs- und Störungsverbot nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 verstoßen habe.

28      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Tätigkeit nur dann als im Einklang mit dieser Bestimmung stehend angesehen werden kann, wenn gewährleistet ist, dass sie keine Störung verursacht, die die Ziele der Richtlinie 92/43, insbesondere deren Ziele auf dem Gebiet der Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, erheblich beeinträchtigen kann. Zur Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 hat die Kommission rechtlich hinreichend darzutun, dass der betreffende Mitgliedstaat keine angemessenen Maßnahmen ergriffen hat, um zu verhindern, dass die Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Betrieb von Projekten – soweit sie nach der Ausweisung der Gebiete entfaltet wurden – die Habitate der betreffenden Arten verschlechtern und zum Nachteil dieser Arten Störungen verursachen, die erhebliche Auswirkungen im Hinblick auf das Ziel dieser Richtlinie, die Erhaltung dieser Arten zu gewährleisten, haben könnten (vgl. entsprechend Urteil vom 14. Januar 2016, Kommission/Bulgarien, C‑141/14, EU:C:2016:8, Rn. 56 und 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Allerdings braucht die Kommission für den Nachweis eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 nicht das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Betrieb der aus einem Projekt entstandenen Anlagen und einer erheblichen Störung der betreffenden Arten darzutun. Es genügt nämlich, wenn sie die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr nachweist, dass der Betrieb solche Störungen verursacht (Urteil vom 14. Januar 2016, Kommission/Bulgarien, C‑141/14, EU:C:2016:8, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Der Nachweis des Vorliegens einer solchen Wahrscheinlichkeit oder einer Gefahr durch die Kommission schließt es jedoch nicht aus, dass der betroffene Mitgliedstaat dartun kann, dass die in Rede stehende Maßnahme die von Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 92/43 vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt und dass ihre Auswirkungen auf die Ziele der Erhaltung des geschützten Gebiets geprüft worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Januar 2016, Grüne Liga Sachsen u. a., C‑399/14, EU:C:2016:10, Rn. 56 und 57).

31      Die Begründetheit des spezifischen Vorbringens der ersten Rüge, die die Kommission im Rahmen der vorliegenden Klage geltend macht, ist im Licht dieser Erwägungen zu prüfen.

 Zur ersten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik die Durchführung von Immobilienprojekten im Gebiet von Kyparissia genehmigt oder geduldet haben soll

–       Vorbringen der Parteien

32      Die Kommission beanstandet gegenüber der Hellenischen Republik

–        die Errichtung von Gebäuden in Agiannaki (Griechenland) in den Jahren 2006 und 2010,

–        die Genehmigung für den Bau von drei Ferienhäusern in Vounaki (Griechenland) im Jahr 2012 und ihre tatsächliche Errichtung im Jahr 2013,

–        die Aufnahme von Arbeiten für die Durchführung eines Projekts zur Immobilienentwicklung betreffend die Errichtung von 50 Wohneinheiten zwischen Agiannaki und Elaia (Griechenland) und

–        den Umstand, dass für die Errichtung von vier Ferienhäusern in Elaia eine Genehmigung erteilt werden solle (im Folgenden zusammen: in Rede stehende Infrastrukturen).

33      Nach Ansicht der Kommission beeinträchtigen die in Rede stehenden Infrastrukturen die Dünenlebensräume im Gebiet von Kyparissia und stören die Meeresschildkröten Caretta caretta, da sie Verschmutzung, Erschütterungen, eine erhöhte Anwesenheit von Menschen sowie Lärm- und Lichtbelästigungen zur Folge haben. Die Baumaßnahmen fänden zudem in der Nähe der Fortpflanzungsstätte der Schildkröten statt.

34      Die Hellenische Republik räumt ein, dass auf der Region, in der das Gebiet von Kyparissia liege, insbesondere ein gewisser Druck des Immobilienmarkts gelastet habe; allerdings seien die Tätigkeiten auf dem Bausektor in der Vergangenheit intensiver gewesen, und in der Praxis seien alle diese Tätigkeiten in diesem Gebiet wegen der Wirtschaftskrise eingestellt worden. Jegliche Bautätigkeit ohne vorherige Baugenehmigung sei dort verboten, und bis zum Erlass des Präsidialdekrets werde keine neue Genehmigung erteilt.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

35      Die in Rede stehenden Infrastrukturen, genauer die von der Kommission beanstandete Entwicklung von Immobilienprojekten und die Errichtung von Wohneinheiten sowie deren spätere Nutzung, sind geeignet, die im Gebiet von Kyparissia gelegenen Lebensräume erheblich zu beeinträchtigen. Ebenso können die Errichtung und Nutzung dieser Infrastrukturen, insbesondere durch den Lärm, das Licht und die Anwesenheit von Menschen, die sie mit sich bringen, die Meeresschildkröte Caretta caretta bei ihrer Fortpflanzung erheblich stören.

36      Zum einen jedoch fällt ein Gebiet nach Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 92/43 nur dann unter deren Art. 6 Abs. 2 bis 4, wenn es in der in ihrem Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 genannten Liste aufgeführt ist. Die Dünen von Kyparissia wurden durch die Entscheidung 2006/613 am 19. Juli 2006 in die Liste der GGB aufgenommen.

37      Zum anderen ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung, außer in dem Fall, dass die Kommission einen späteren Zeitpunkt akzeptiert, indem sie den Umfang ihrer Klage verringert, anhand der Lage zu beurteilen, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde; später eingetretene Veränderungen können vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall lief die Frist, die der Hellenischen Republik gesetzt wurde, um der mit Gründen versehenen Stellungnahme der Kommission nachzukommen, am 1. Dezember 2012 ab.

38      Unter diesen Umständen umfasst der maßgebliche Zeitraum, für den im Rahmen der vorliegenden Klage ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 festgestellt werden kann, nur die Zeit vom 19. Juli 2006 bis zum 1. Dezember 2012.

39      Erstens ist zur Rüge hinsichtlich der Errichtung von Gebäuden in Agiannaki im Jahr 2006 festzustellen, dass die Kommission nicht nachweist, dass diese Bauarbeiten im maßgeblichen Zeitraum, d. h. nach dem 19. Juli 2006, genehmigt und durchgeführt worden sind. Daher kann nicht festgestellt werden, dass sie eine der Hellenischen Republik zurechenbare Vertragsverletzung darstellen.

40      Im Hinblick auf die Ausführungen in Rn. 35 des vorliegenden Urteils ist ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 also nur aufgrund der im Jahr 2010 durchgeführten Bauarbeiten festzustellen.

41      Hinsichtlich der vor dem maßgeblichen Zeitraum, d. h. vor dem 19. Juli 2006, errichteten Gebäude ist angesichts der in Rn. 35 des vorliegenden Urteils getroffenen Feststellungen, wie die Generalanwältin in den Nrn. 55 und 58 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, gleichwohl ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 aufgrund des Umstands festzustellen, dass die Hellenische Republik der Nutzung dieser Gebäude nicht hinreichend Grenzen gesetzt hat (vgl. entsprechend Urteil vom 24. November 2011, Kommission/Spanien, C‑404/09, EU:C:2011:768, Rn. 124, 125 und 128). Zwar könnte der Grundsatz der Rechtssicherheit gegebenenfalls diese Nutzung entsprechend der in Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmeregelung rechtfertigen, jedoch wurde eine solche Rechtfertigung, die insbesondere eine Prüfung der Frage, ob weniger nachteilige Alternativen bestehen, voraussetzen würde sowie eine Abwägung der betroffenen Interessen, die sich auf eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für das geschützte Gebiet festgelegten Erhaltungszielen nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie stützt (vgl. Urteil vom 14. Januar 2016, Grüne Liga Sachsen u. a., C‑399/14, EU:C:2016:10, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung), von der Hellenischen Republik nicht geltend gemacht.

42      Was zweitens die Genehmigung für den Bau von drei Ferienhäusern in Vounaki im Jahr 2012 und ihre Errichtung im Jahr 2013 angeht, fällt zwar allein die Genehmigung für ihre Errichtung in den für die Beurteilung der behaupteten Vertragsverletzung maßgeblichen Zeitraum, jedoch ist diese geeignet, die im Gebiet von Kyparissia gelegenen Dünenlebensräume erheblich zu beeinträchtigen und zu einer erheblichen Störung der Meeresschildkröten Caretta caretta zu führen. Daher verstößt diese Genehmigung gegen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43.

43      Drittens führt die Kommission zur Aufnahme von Arbeiten für die Errichtung von 50 Wohneinheiten zwischen Agiannaki und Elaia aus, dass die hellenischen Behörden hierfür keine Genehmigung erteilt hätten. Die Hellenische Republik kann jedoch nicht geltend machen, dass ihr die Durchführung dieser Bauarbeiten, da sie ohne vorherige Genehmigung verboten seien, nicht zugerechnet werden und daher keinen Verstoß ihrerseits gegen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 darstellen könne. Der Mitgliedstaat hat nämlich, wie die Kommission vorträgt, keine geeignete Schutzregelung geschaffen und nicht für die Durchsetzung dieses Bauverbots gesorgt, was die Aufnahme von unkontrollierten und ungeplanten Bauarbeiten zur Folge hatte.

44      Viertens genügt im Hinblick auf die Behauptung, dass für die Errichtung von vier Ferienhäusern in Elaia eine Genehmigung erteilt werden solle, der Hinweis, dass die Behauptung einer solchen Absicht ohne Erbringung des Nachweises, dass eine Genehmigung tatsächlich erteilt werden wird, keine hinreichende Grundlage für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 darstellt.

45      Folglich ist festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 verstoßen hat, dass sie die Errichtung von Häusern in Agiannaki im Jahr 2010, die nicht ausreichend beschränkte Nutzung weiterer Häuser in Agiannaki aus dem Jahr 2006 und die Aufnahme von Bauarbeiten für 50 Wohneinheiten zwischen Agiannaki und Elaia geduldet und die Errichtung von drei Ferienhäusern in Vounaki im Jahr 2012 genehmigt hat. Im Übrigen ist dieser Teil der ersten Rüge zurückzuweisen.

 Zur ersten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik die Entwicklung von Zufahrtsinfrastrukturen zu den im Gebiet von Kyparissia gelegenen Stränden genehmigt haben soll

–       Vorbringen der Parteien

46      Die Kommission wirft der Hellenischen Republik vor, im Gebiet von Kyparissia

–        die Eröffnung von fünf neuen Straßen zum Strand von Agiannaki,

–        den Bau einer Straße, die entlang einer bestehenden Eisenbahnlinie den Strand von Kalo Nero mit Elaia verbindet, und

–        die Beschichtung bestimmter bestehender Straßen mit Bitumen

geduldet zu haben.

47      Nach Ansicht der Kommission hat die Eröffnung von Straßen zum Strand zerstörerische Auswirkungen auf dieses Gebiet. Trotz der Verhängung von Geldbußen durch die hellenischen Behörden und die von ihnen geforderte Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands seien diese Straßen nach wie vor in Gebrauch. Dies habe einen einfachen Zugang von Kraftfahrzeugen zum Strand sowie Lärm und Verschmutzung zur Folge.

48      Auch die Beschichtung bestimmter bestehender Straßen mit Bitumen sowie der Bau einer Straße, die entlang einer Eisenbahnstrecke den Strand von Kalo Nero mit Elaia verbinde, stellten eine Beeinträchtigung der Dünenlebensräume dar und störten die Meeresschildkröten Caretta caretta.

49      Die Hellenische Republik macht geltend, dass wegen der Morphologie des Bodens, der flach sei, und aufgrund des Umstands, dass das Gebiet von Kyparissia seit sehr langer Zeit bewohnt sei, der Strand stets leicht zugänglich gewesen sei. Zudem gebe es in diesem Gebiet seit langem mehrere andere Zufahrten, die rechtwinklig auf den Strand zuliefen.

50      Zur behaupteten Eröffnung von fünf neuen Straßen zum Strand von Agiannaki weist die Hellenische Republik darauf hin, dass diese Straßen seit Anfang der 70er Jahre existierten und dass ihr Bestehen sowie ihr Gemeingebrauch durch eine Gerichtsentscheidung bestätigt worden seien. In jedem Fall seien wegen des Baus von vier der fünf Straßen und der auf der fünften Straße ohne vorherige Umweltgenehmigung durchgeführten Bauarbeiten gegen das betreffende Bauunternehmen im Jahr 2012 Geldbußen verhängt worden. Von den Behörden seien mehrere Strafverfahren angestrengt worden, und zudem seien auch mehrere Gerichtsverfahren anhängig, die diese Geldbußen und die Rechtmäßigkeit dieser Straßen zum Gegenstand hätten.

51      Bezüglich der sich im Bau befindlichen Straße, die entlang der Eisenbahnlinie den Strand von Kalo Nero mit Elaia verbinden solle, macht die Hellenische Republik geltend, dass die Richtlinie 92/43 nicht verlange, dieses seit sehr langer Zeit bewohnte Gebiet in ein unzugängliches Gebiet zu verwandeln und dass nach Art. 2 Abs. 3 dieser Richtlinie die auf ihrer Grundlage getroffenen Maßnahmen den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung tragen müssten. Die Eisenbahnlinie und der an ihr entlang führende Fahrweg befänden sich in großer Entfernung vom Strand. Der Fahrweg sei für die Zufahrt zu den einzelnen Häusern erforderlich.

52      Zum Vorwurf, bestimmte bestehende Küstenstraßen teilweise mit Bitumen beschichtet zu haben, führt die Hellenische Republik aus, dass dies eine Reduzierung von Staub und Lärm ermöglicht habe. Die Zufahrt zum Strand hänge von der praktischen Nutzbarkeit der Straße ab und nicht davon, ob sie mit Bitumen versehen sei. Eine solche Änderung des Straßenbelags beeinträchtige keineswegs die Möglichkeit der Meeresschildkröten Caretta caretta zur Eiablage.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

53      Erstens ist zur Eröffnung neuer Straßen zum Meer festzustellen, dass sie die Zufahrt von Fahrzeugen zum Strand erleichtert und somit einen den Autoverkehr erhöhenden Faktor darstellt. Nach dem von der Kommission vorgelegten Gutachten 32/2015 des Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat) verursacht nämlich das unreglementierte Parken von Automobilen am Ende und entlang der Zufahrtsstraßen Beeinträchtigungen der Dünenlebensräume der im Gebiet von Kyparissia deklarierten Arten. Aus der erleichterten Zufahrt und dem erhöhten Kraftfahrzeugverkehrsaufkommen resultieren mehr Lärm und Licht, die die Meeresschildkröten Caretta caretta bei der Eiablage und beim Ausschlüpfen der Jungen stören. Die Rechtswidrigkeit und die zerstörerischen Auswirkungen von Eröffnung und Bau dieser Straßen wurden im Übrigen von der Hellenischen Republik selbst festgestellt, wie sich aus den dem Gerichtshof vorlegten Akten, insbesondere aus den Unterlagen in den Anlagen 17h und 17i zur Klageschrift, ergibt.

54      Obwohl die Hellenische Republik diese Eröffnungen im Gebiet von Kyparissia weder genehmigt noch durchgeführt hat, stellt sie die Vorwürfe der Kommission nicht in Frage, die vorbringt, dass diese Straßen trotz der angestrengten Strafverfahren und der verschiedenen anhängigen Gerichtsverfahren in Gebrauch seien.

55      Indem die Hellenische Republik zum einen lediglich Strafverfahren gegen die Verantwortlichen der Gesellschaft betreibt, die die in Rede stehenden Straßen gebaut hat, und gegen diese Gesellschaft Verwaltungssanktionen verhängt sowie zum anderen vor den nationalen Gerichten vorbringt, dass diese Straßen rechtswidrig seien und beseitigt werden müssten, hat sie die ihr durch Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 auferlegte spezifische Verpflichtung nicht erfüllt (vgl. entsprechend Urteil vom 9. November 1999, Kommission/Italien, C‑365/97, EU:C:1999:544, Rn. 109).

56      Wie die Kommission vorträgt, hätte die Hellenische Republik dafür sorgen müssen, dass die Zufahrtsstraßen nicht in Gebrauch bleiben und dass ihre Benutzung weder die Meeresschildkröte Caretta caretta spürbar stört noch die Dünenlebensräume im Gebiet von Kyparissia beeinträchtigt.

57      Indem sie keine vorläufigen Maßnahmen zum Schutz dieses Gebiets im Hinblick auf die Beschränkung der Benutzung der in Rede stehenden Zufahrtsstraßen bis zum Abschluss der oben genannten Gerichtsverfahren über die Rechtmäßigkeit und eventuelle Beseitigung dieser Zufahrtsstraßen ergriffen hat, obwohl – wie die Generalanwältin in Nr. 77 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat – kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, dass solche Maßnahmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich wären, hat die Hellenische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 verstoßen.

58      Zweitens ist zu der im Bau befindlichen Straße, die entlang der Eisenbahnlinie den Strand von Kalo Nero mit Elaia verbinden soll, festzustellen, dass sie der bestehenden Eisenbahnlinie folgt und dass dem Vorbringen der Hellenischen Republik, dass diese Straße außer an zwei Stellen mehr als 200 Meter von der Küste entfernt und nicht mit der Zufahrt zum Strand verbunden sei, von der Kommission nicht widersprochen worden ist. Unter diesen Umständen hat die Kommission nicht nachgewiesen, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Straße, die entlang der Eisenbahnlinie den Strand von Kalo Nero mit Elaia verbinden soll, eine erhebliche Auswirkung auf die Dünenlebensräume und die Meeresschildkröten Caretta caretta haben wird.

59      Was drittens die Beschichtung bestimmter Küstenstraßen mit Bitumen angeht, so erleichtert das Teeren von Wegen aus Sand deren Benutzung, insbesondere durch Kraftfahrzeuge, wodurch die im Gebiet von Kyparissia gelegenen Dünenlebensräume erheblich beeinträchtigt werden können und die Störung der Meeresschildkröte Caretta caretta spürbar zunehmen kann. Indem die Hellenische Republik die Beschichtung von Straßen innerhalb dieses Gebiets mit Bitumen geduldet hat, hat sie somit gegen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 verstoßen.

60      Folglich ist festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch, dass sie die Eröffnung von fünf neuen Straßen zum Strand von Agiannaki und die Beschichtung bestimmter bestehender Zufahrten und Straßen mit Bitumen geduldet hat, die Entwicklung von Zufahrtsinfrastrukturen zu diesem Strand im Gebiet von Kyparissia nicht verhindert hat und daher gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 verstoßen hat. Allerdings ist diese Rüge zurückzuweisen, soweit sie den Bau einer Straße betrifft, die entlang der bestehenden Eisenbahnlinie den Strand von Kalo Nero mit Elaia verbinden soll.

 Zur ersten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik Flächen „wilden Campens“ im Gebiet von Kyparissia geduldet haben soll

–       Vorbringen der Parteien

61      Die Kommission wirft der Hellenischen Republik vor, zu dulden, dass

–        die Straße hinter dem Strand von Kalo Nero als Campingfläche für Wohnmobile diene und

–        in einem Pinienhain in den Dünen des Strandes von Elaia „wild gecampt“ werde.

62      Nach Ansicht der Kommission stellt das wilde Campen ein Problem für die Erhaltung der Dünen und Waldlebensräume dar und stört zudem die Meeresschildkröten Caretta caretta.

63      Die Hellenische Republik führt zwar aus, dass wildes Campen landesweit verboten sei, räumt jedoch ein, dass es trotz dieses Verbots und polizeilichen Einschreitens nach wie vor praktiziert werde. Diese Art des Campings existiere im Gebiet von Kyparissia seit mindestens 30 oder 40 Jahren, sie gehe jedoch allmählich zurück.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

64      Es steht fest, dass die Hellenische Republik nicht bestreitet, keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen zu haben, um die Beachtung des Verbots wilden Campens im Gebiet von Kyparissia sicherzustellen. Ebenfalls fest steht, dass das wilde Campen in diesem Gebiet geeignet ist, die betroffenen Dünenlebensräume spürbar zu beeinträchtigen und die Meeresschildkröten Caretta caretta erheblich zu stören.

65      Folglich ist festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch, dass sie keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen hat, um die Beachtung des Verbots wilden Campens in der Nähe des Strandes von Kalo Nero und in Elaia sicherzustellen, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 verstoßen hat.

 Zur ersten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik den Betrieb von Bars am Strand im Gebiet von Kyparissia geduldet haben soll

–       Vorbringen der Parteien

66      Die Kommission wirft der Hellenischen Republik die Duldung des Betriebs von mindestens drei Bars zwischen Elaia und Kalo Nero vor. Diese Bars verursachten Lärm und seien nachts beleuchtet, so dass sie die Meeresschildkröten Caretta caretta bei der Eiablage störten und die frisch geschlüpften Jungen gefährdeten.

67      Am 13. August 2011 habe am Strand von Kalo Nero ein Fest stattgefunden. Zwar hätten die hellenischen Behörden ihre Absicht erklärt, diese Bars zu beseitigen, doch habe es sie bei dem Besuch der Kommissionsbediensteten am 17. Juli 2012 noch immer gegeben. Im Jahr 2013 seien diese Bars nicht in Betrieb gewesen, allerdings seien die Infrastrukturen noch vorhanden gewesen.

68      Die Hellenische Republik erklärt, dass in den Jahren 2013 und 2014 an dem betreffenden Strand keine Verpflegungseinrichtung betrieben worden sei und dass alle illegalen Bars und ihre zugehörigen Anlagen entfernt worden seien. Einzige Ausnahme sei der Strand von Kalo Nero, wo solche Bauten aus Holz erst später zerstört würden.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

69      Das Vorliegen einer Vertragsverletzung ist anhand der Lage zu beurteilen, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde, und später eingetretene Veränderungen können vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden. Daher werden die verschiedenen Tatsachen, die nach dem 1. Dezember 2012, der Frist, die der Hellenischen Republik gesetzt wurde, um der mit Gründen versehenen Stellungnahme der Kommission nachzukommen, liegen und auf die sich die Parteien berufen, im Rahmen der Beurteilung der behaupteten Vertragsverletzung vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden.

70      Es ist festzustellen, dass die Hellenische Republik nichts vorlegt, was beweisen könnte, dass sie vor Ablauf dieser Frist die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um zu vermeiden, dass die Fortpflanzung der Meeresschildkröten Caretta caretta durch den Betrieb der betreffenden Bars gestört wird.

71      Daher hat dieser Mitgliedstaat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 verstoßen, dass er nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um den Betrieb der auf den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta zwischen Elaia und Kalo Nero befindlichen Bars zu beschränken, und nicht sichergestellt hat, dass die Schildkröten durch die von diesen Bars verursachten Immissionen nicht gestört werden.

 Zur ersten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik das Vorhandensein von Mobiliar und Anlagen an den Stränden im Gebiet von Kyparissia geduldet haben soll

–       Vorbringen der Parteien

72      Die Kommission wirft der Hellenischen Republik vor, das Vorhandensein einer übermäßigen Menge an Strandmobiliar, nämlich Sonnenschirme und Liegen, im Gebiet von Kyparissia zu dulden. Obwohl die hellenischen Behörden den Abriss mehrerer an den Stränden in diesem Gebiet errichteter Plattformen angeordnet hätten, habe der Abriss nie stattgefunden und es sei gar am 28. Juli 2011 eine Genehmigung für die Errichtung einer Plattform für das Hotel Messina Mare erteilt worden.

73      Diese Strandanlagen hätten, da sie fest installiert seien oder über Nacht am Strand gelassen würden, negative Auswirkungen auf die Fortpflanzungsstätten der Meeresschildkröten Caretta caretta, weil sie den für Nester verfügbaren Raum reduzierten und den Ortswechsel der Schildkröten behinderten.

74      Die Hellenische Republik macht geltend, dass es in den Jahren 2013 und 2014 an den Stränden von Vounaki, Elaia und Agiannaki weder Sonnenschirme noch Liegen gegeben habe. Am Strand von Kalo Nero seien noch einige Sonnenschirme und Liegen vorhanden gewesen, aber außerhalb des Fortpflanzungsgebiets der Meeresschildkröten Caretta caretta. Bei der Plattform am Hotel Messina Mare handele es sich um eine Rampe, um behinderten Gästen des Hotels zu helfen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

75      Hinsichtlich der Sonnenschirme und Liegen beschränkt sich die Hellenische Republik auf die Angabe, dass solches Mobiliar seit dem Jahr 2013, also nach Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist, nur am Strand von Kalo Nero, abseits der Fortpflanzungsstätte der Meeresschildkröten Caretta caretta vorhanden sei. Sie räumt somit stillschweigend ein, das Vorhandensein von Strandmobiliar an der Fortpflanzungsstätte der Schildkröten zuvor nicht reduziert zu haben.

76      Was sodann die an den Stränden im Gebiet von Kyparissia errichteten Plattformen angeht, so behauptet die Hellenische Republik, die weder deren Vorhandensein am Ende der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme der Kommission gesetzten Frist noch die Wahrscheinlichkeit bestreitet, dass sie die Dünenlebensräume im Gebiet von Kyparissia spürbar beeinträchtigen und eine erhebliche Störung der Meeresschildkröten Caretta caretta nach sich ziehen, lediglich, dass die in der Nähe des Hotels Messina Mare genehmigte Plattform aus einer Rampe für Behinderte bestehe.

77      Die Kommission stellt den Zweck dieser Plattform nicht in Abrede. Zwar kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass eine Plattform, die die Fortbewegung von Behinderten erleichtern soll, aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen im Sinne von Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 92/43 errichtet wurde, jedoch setzt eine solche Rechtfertigung insbesondere die Prüfung der Frage voraus, ob weniger nachteilige Alternativen bestehen, sowie eine Abwägung der betroffenen Interessen, die sich auf eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für das geschützte Gebiet festgelegten Erhaltungszielen nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie stützt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Januar 2016, Grüne Liga Sachsen u. a., C‑399/14, EU:C:2016:10, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). In Ermangelung entsprechender Ausführungen der Hellenischen Republik ist davon auszugehen, dass die in der Nähe des Hotels Messina Mare genehmigte Plattform ebenfalls einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie darstellt.

78      Daher ist festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 verstoßen hat, dass sie nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um im Gebiet von Kyparissia das Vorhandensein von Mobiliar und verschiedenen Anlagen auf den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta zu reduzieren, und den Bau einer Plattform in der Nähe des Hotels Messina Mare genehmigt hat.

 Zur ersten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik die Reinigung der Strände im Gebiet von Kyparissia mit schweren Fahrzeugen geduldet haben soll

–       Vorbringen der Parteien

79      Die Kommission wirft der Hellenischen Republik die Reinigung des Strandes durch die Gemeinde Avlona (Griechenland) mit schweren Fahrzeugen vor, die somit durch ihr Gewicht zu einer Verdichtung des Sandes und zur Zerstörung der Nester der Meeresschildkröten Caretta caretta durch Erschütterungen führten.

80      Die Hellenische Republik entgegnet, dass es sich hierbei nicht um eine dauerhafte Praxis, sondern um einen isolierten Einzelfall handele und dass nach dem Versand des Mahnschreibens kein weiterer Fall mehr festgestellt worden sei. Zudem zielten die in den Monaten Juli 2013 und Mai 2014 durch das Umweltministerium erlassenen nationalen Vorschriften darauf ab, solche Zwischenfälle zu vermeiden und sähen vor, dass die Säuberung des Strandes während der Fortpflanzungszeit der Schildkröten von Hand erfolge.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

81      Obwohl die von der Hellenischen Republik geltend gemachten nationalen Vorschriften nach Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist erlassen wurden und vom Gerichtshof bei der Beurteilung der behaupteten Vertragsverletzung nicht berücksichtigt werden können, kann dieser Rüge nicht stattgegeben werden. Die Kommission stellt nämlich nicht nur die Behauptung des Mitgliedstaats, der genannte Fall stelle einen isolierten Einzelfall dar, nicht in Frage, sondern sie legt auch keine Beweismittel zum Nachweis der Wiederholung solcher Zwischenfälle oder der Notwendigkeit vor, spezifische Maßnahmen zur ihrer Verhinderung zu ergreifen.

 Zur ersten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik illegalen Sandabbau an den Stränden im Gebiet von Kyparissia geduldet haben soll

–       Vorbringen der Parteien

82      Die Kommission wirft der Hellenischen Republik vor, zu dulden, dass an den Stränden im Gebiet von Kyparissia unkontrolliert Sand abgebaut wird.

83      Der Mitgliedstaat hält dem entgegen, dass die Kommission hierfür keinerlei Beweis vorlege.

84      Allerdings gibt die Kommission in ihrer Erwiderung eine Tabelle wieder, mit der dargetan werden soll, dass die Hellenische Republik selbst die Gefahr erheblicher schädlicher Auswirkungen auf das Gebiet von Kyparissia wegen des Sandabbaus einräume.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

85      Nach Art. 128 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs können die Parteien für ihr Vorbringen noch in der Erwiderung oder in der Gegenerwiderung Beweise oder Beweisangebote vorlegen und haben die Verspätung der Vorlage zu begründen.

86      Da jedoch die verspätete Vorlage dieses Beweismittels von der Kommission nicht begründet wurde, kann es bei der Überprüfung des Vorliegens der von ihr behaupteten Vertragsverletzung durch den Gerichtshof nicht als Beweis berücksichtigt werden.

87      Da die Kommission kein weiteres Beweismittel vorlegt, mit dem die in Rede stehende Rüge untermauert werden kann, ist die Klage in diesem Punkt abzuweisen.

 Zur ersten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik die Ausweitung landwirtschaftlicher Tätigkeiten im Gebiet von Kyparissia geduldet haben soll

–       Vorbringen der Parteien

88      Die Kommission wirft der Hellenischen Republik

–        die Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzung in den Dünen,

–        das Pflügen der Dünen zwischen Elaia und Agiannaki und

–        Schafhaltung auf den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta

vor.

89      Die Kommission macht geltend, dass die Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzung im Dünengebiet die Zerstörung der Fortpflanzungsstätten der Schildkröten in den Dünen bewirke und dass das Bewässerungswasser die in der Nähe befindlichen Nester der Schildkröten beeinträchtigen könne. Der durch die Kulturpflanzen verursachte Anstieg der Feuchtigkeit führe zu einer Änderung der unterirdischen Temperatur, die das Schlüpfen einer größeren Anzahl männlicher Jungschildkröten bewirke, und könnte somit zu einem Ungleichgewicht in der Population der Art Caretta caretta führen.

90      Zwischen Agiannaki und Elaia seien vom 20. Februar bis 3. März 2013 die Dünen gepflügt worden, was eine gewisse Zahl von Habitaten der Meeresschildkröten Caretta caretta zerstört habe, ohne dass Wiedergutmachungsmaßnahmen getroffen worden seien.

91      Die Haltung von Schafen auf den Fortpflanzungsstränden der Schildkröten ziehe eine mittelbare und unmittelbare Zerstörung der Nester nach sich. Diese würden niedergetrampelt und die Eier durch die im Boden hervorgerufenen Erschütterungen zerstört.

92      Die Hellenische Republik weist darauf hin, dass die landwirtschaftliche Tätigkeit in den letzten 20 Jahren beträchtlich zurückgegangen sei und dass sich die Reduzierung der Anbauflächen bis 2001 je nach den betroffenen Orten in der Größenordnung von 25 % bis 30 % bewegt habe. Im Gebiet von Kyparissia gebe es keine Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzung zu den Dünen hin, da sich das Sandsubstrat hierfür nicht eigne und die Region jenseits dieses Gebiets besonders fruchtbar sei.

93      Das Pflügen, auf das die Kommission Bezug genommen habe, sei auf einer landwirtschaftlichen Fläche durchgeführt worden.

94      Die Haltung von Schafen auf den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta sei unmöglich, da an den Stränden keinerlei Pflanzen wüchsen. Jedenfalls vergrüben die Schildkröten ihre Eier in einer solchen Tiefe, dass die Nester durch das Trampeln der Schafe und die dadurch hervorgerufenen Bodenerschütterungen nicht zerstört werden könnten.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

95      Erstens ist zur behaupteten Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzung im Dünengebiet festzustellen, dass die Kommission – wie die Generalanwältin in Nr. 105 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat – keinen Beweis vorgelegt hat, der geeignet ist, das Vorbringen der Hellenischen Republik, dass eine solche Ausdehnung im Gebiet von Kyparissia nicht festzustellen sei, zu entkräften. Hieraus ergibt sich, dass der Rüge der Kommission in diesem Punkt nicht stattgegeben werden kann.

96      Da zweitens die Kommission das behauptete Pflügen von Dünengebiet an einem Zeitpunkt ansetzt, der nach dem Ablauf der von ihr in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist liegt, kann auch diese Rüge gegenüber der Hellenischen Republik nicht erhoben werden, so dass die Rüge der Kommission auch in diesem Punkt zurückzuweisen ist.

97      Drittens ist festzustellen, dass die Kommission das Vorbringen der Hellenischen Republik, dass auf den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta keine Pflanzen wüchsen, nicht bestreitet und dass die von der Kommission vorgelegten Fotografien eher die Anwesenheit einiger Schafe an diesem Strand als eine Schafhaltung belegen. In jedem Fall hat die Kommission keinerlei Beweismittel beigebracht, das den Schluss zulässt, dass die Anwesenheit von Schafen, wie sie auf diesen Fotografien zu erkennen ist, die 40 cm bis 60 cm tief im Sand vergrabenen Gelege der Schildkröten beeinträchtigen könnte. Unter diesen Umständen ist die Rüge der Kommission auch in diesem Punkt zurückzuweisen.

 Zur ersten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik die Lichtverunreinigung des Gebiets von Kyparissia geduldet haben soll

–       Vorbringen der Parteien

98      Die Kommission wirft der Hellenischen Republik vor, nicht die geeigneten Maßnahmen ergriffen zu haben, um zu vermeiden, dass die gemeindliche Straßenbeleuchtung, die Beleuchtung in Strandnähe sowie die Beleuchtung der in der Nähe des Gebiets von Kyparissia gelegenen Restaurants, Hotels und Geschäfte die Meeresschildkröten Caretta caretta bei der Eiablage störten und vor allem die frisch geschlüpften Schildkröten, die sich in Richtung Meer bewegten, beeinträchtigten. Diese Phänomene seien beim Besuch ihrer Bediensteten am 17. Juli 2012 an Ort und Stelle bestätigt worden.

99      Die Hellenische Republik trägt vor, dass die öffentliche Beleuchtung seit vielen Jahren existiere und vor Erlass der nationalen Vorschriften installiert worden sei, mit denen eine angemessene Prüfung gemäß der Richtlinie 92/43 vorgeschrieben werde. Um diesem Problem zu begegnen, seien 2014 Vorschriften erlassen worden, die auf die Fortpflanzungsstrände der Schildkröten anwendbar seien und die insbesondere die Verpflichtung vorsähen, sich zu vergewissern, dass Licht aus privaten und öffentlichen Quellen nicht den Strand erreiche, um die jungen Schildkröten nicht zu desorientieren. Ebenso sei den an der Küste gelegenen Einrichtungen und Hotels die Benutzung von Scheinwerfern verboten. Zudem sei beabsichtigt, Abdeckplatten anzubringen und spezielle Lampen zu benutzen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

100    Zum Vorbringen der Hellenischen Republik, dass die öffentliche Beleuchtung bereits existiert habe, bevor solche Anlagen einer angemessenen Prüfung nach der Richtlinie 92/43 unterlegen hätten, genügt der Hinweis, dass nach der Richtlinie sich das dort vorgesehene Verschlechterungsverbot nicht auf die Verpflichtung des betroffenen Mitgliedstaats beschränkt, nur neue schädliche Tätigkeiten zu untersagen oder zu beenden.

101    Daher ist festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 verstoßen hat, dass sie nicht die geeigneten Schutzmaßnahmen ergriffen hat, um zu vermeiden, dass die bereits vorhandene öffentliche Beleuchtung ab der Aufnahme des Gebiets von Kyparissia in die Liste der GGB am 19. Juli 2006 die Meeresschildkröte Caretta caretta stört (vgl. entsprechend Urteil vom 24. November 2011, Kommission/Spanien, C‑404/09, EU:C:2011:768, Rn. 127 und 128).

102    Der Rüge der Kommission ist auch hinsichtlich der Störung der Meeresschildkröte Caretta caretta durch das Licht der Restaurants, Hotels und Geschäfte in der Nähe des Gebiets von Kyparissia stattzugeben.

103    Die Hellenische Republik beschränkt sich nämlich in diesem Zusammenhang auf die Angabe, dass sie im Jahr 2014, also nach Ablauf der von der Kommission in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist, Vorschriften erlassen habe, um diesem Problem zu begegnen, was implizit zeigt, dass sie die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der durch eine solche Lichtverunreinigung hervorgerufenen Störung der Meeresschildkröte Caretta caretta zuvor nicht ergriffen hatte.

104    Folglich hat die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 verstoßen, dass sie nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um die Lichtverunreinigung der Fortpflanzungsstrände der Meeresschildkröte Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia hinreichend zu beschränken.

 Zur ersten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik Fischereiaktivitäten in der Nähe des Gebiets von Kyparissia geduldet haben soll

–       Vorbringen der Parteien

105    Die Kommission macht geltend, dass die in der Nähe der Fortpflanzungsstrände der Meeresschildkröten Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia praktizierte Fischerei eine Quelle für Störungen dieser Tiere darstellten, da die Schildkröten, die sich zur Eiablage begäben oder von den Gelegen zurückkehrten, sich in den Netzen verfangen oder mit den Fischerbooten zusammenstoßen könnten. In diesem Zusammenhang stützt sich die Kommission auf einen ihrer Klageschrift beigefügten Bericht, wonach Fischerei unmittelbar am Strand mit Stellnetzen sowie zuweilen kaum einen Kilometer vom Strand entfernt mit Schleppnetzen von Schiffen aus betrieben werde.

106    Die Hellenische Republik beteuert, dass seit Einführung der Regelung zum Schutz dieses Gebiets die Fischerei dort reduziert sei und dass verschiedene Instrumente der Europäischen Union ebenfalls dazu beigetragen hätten, dass die Fischereiaktivität in dieser Region zurückgegangen sei. Es gebe dort nur sehr wenige Fischerboote, und eine Informationskampagne ziele auf die Prävention des unbeabsichtigten Fangs von Schildkröten ab.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

107    Die Behauptungen der Kommission, die durch die Feststellungen in dem ihrer Klageschrift beigefügten Bericht untermauert werden, können durch ein solch allgemeines Vorbringen zum Rückgang der Fischereiaktivität und zur Information der Fischer nicht in Frage gestellt werden.

108    Demnach hat die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 verstoßen, dass sie nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um die Fischereiaktivitäten vor den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia ausreichend zu begrenzen.

 Zur ersten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik die Benutzung von Freizeit‑ und Tretbooten vor dem Gebiet von Kyparissia geduldet haben soll

–       Vorbringen der Parteien

109    Die Kommission trägt vor, dass die Benutzung von Freizeit- und Tretbooten in der Nähe der Fortpflanzungsstrände der Meeresschildkröten Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia eine Störungsquelle für die Schildkröten darstelle. Einige dieser Tiere seien durch Zusammenstöße mit diesen Wasserfahrzeugen sogar getötet worden. Diese Rüge werde durch die Anhaltspunkte in den Anlagen 18 und 21 zu ihrer Klageschrift untermauert.

110    Nach Ansicht der Hellenischen Republik werden die Behauptungen der Kommission durch diese Anhaltspunkte nicht gestützt. Zudem habe diese keineswegs dargetan, dass der Tod der Schildkröten von durch Freizeit- und Tretboote verursachten Verletzungen herrühre.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

111    Im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens ist es Sache der Kommission, das Vorliegen der behaupteten Vertragsverletzung nachzuweisen und dem Gerichtshof die erforderlichen Anhaltspunkte zu liefern, die es diesem ermöglichen, das Vorliegen der Vertragsverletzung zu prüfen (Urteil vom 9. Juli 2015, Kommission/Irland, C‑87/14, EU:C:2015:449, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

112    Allerdings ist festzustellen, dass die Kommission dadurch, dass sie in ihrer Klageschrift auf die Anlagen zu dieser verweist, ohne maßgebliche spezifische Erläuterungen hierzu abzugeben, nicht die erforderlichen Anhaltspunkte für die Prüfung des Vorliegens der von ihr behaupteten Vertragsverletzung liefert und dass jedenfalls diese Anhaltspunkte aus diesen Anlagen nicht eindeutig hervorgehen.

113    Folglich ist die von der Kommission zur Stützung der vorliegenden Klage geltend gemachte erste Rüge in diesem Punkt zurückzuweisen.

114    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 verstoßen hat, dass sie

–        die Errichtung von Häusern in Agiannaki im Jahr 2010, die nicht ausreichend beschränkte Nutzung weiterer Häuser in Agiannaki aus dem Jahr 2006 und die Aufnahme von Bauarbeiten für 50 Wohneinheiten zwischen Agiannaki und Elaia geduldet und die Errichtung von drei Ferienhäusern in Vounaki im Jahr 2012 genehmigt hat;

–        die Entwicklung von Zufahrtsinfrastrukturen zum Strand im Gebiet von Kyparissia, nämlich die Eröffnung von fünf neuen Straßen zum Strand von Agiannaki und die Beschichtung bestimmter bestehender Zufahrten und Straßen mit Bitumen, geduldet hat;

–        keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen hat, um die Beachtung des Verbots wilden Campens in der Nähe des Strandes von Kalo Nero und in Elaia sicherzustellen;

–        nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um den Betrieb der zwischen Elaia und Kalo Nero auf den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta befindlichen Bars zu beschränken, und nicht sichergestellt hat, dass die Schildkröten durch die von diesen Bars verursachten Immissionen nicht gestört werden;

–        nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um im Gebiet von Kyparissia das Vorhandensein von Mobiliar und verschiedenen Anlagen auf den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta zu reduzieren, und den Bau einer Plattform in der Nähe des Hotels Messina Mare genehmigt hat;

–        nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um die Lichtverunreinigung der Fortpflanzungsstrände der Meeresschildkröten Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia hinreichend zu beschränken, und

–        nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um die Fischereiaktivitäten vor den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia ausreichend zu begrenzen.

 Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43

 Vorbringen der Parteien

115    Mit der zweiten Rüge zur Stützung ihrer Klage beanstandet die Kommission einen Verstoß der Hellenischen Republik gegen Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43.

116    Die Kommission wirft der Hellenischen Republik vor, dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dieser Bestimmung verstoßen zu haben, dass sie für die Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebiets von Kyparissia in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, dieses jedoch erheblich beeinträchtigen können, keine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt habe. Nach Ansicht der Kommission hätte eine solche Verträglichkeitsprüfung insbesondere vor

–        der Erteilung der Baugenehmigung und der Errichtung verschiedener Wohneinheiten im Gebiet von Kyparissia,

–        der Eröffnung neuer Straßen und der Beschichtung bestimmter in diesem Gebiet vorhandener Straßen mit Bitumen,

–        der Errichtung neuer Bars auf den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta in diesem Gebiet,

–        der Installierung der Straßenbeleuchtung entlang des Strandes in diesem Gebiet und

–        der Ausdehnung der landwirtschaftlich genutzten Flächen in das Dünensystem des Gebiets von Kyparissia

durchgeführt werden müssen.

117    Diese Tätigkeiten seien ohne jegliche vorherige Prüfung, sei es eine individuelle Verträglichkeitsprüfung für jede einzelne Tätigkeit, sei es eine Verträglichkeitsprüfung dieser Tätigkeiten als Ganzes, durchgeführt worden. Keine dieser Tätigkeiten stehe unmittelbar mit der Verwaltung des Gebiets von Kyparissia in Verbindung oder sei hierfür notwendig; sie hätten wahrscheinlich erhebliche Auswirkungen auf dieses Gebiet aufgrund seiner Bedeutung für die Meeresschildkröten Caretta caretta und für den betroffenen natürlichen Lebensraum.

118    Die Hellenische Republik entgegnet, dass alle Pläne oder Projekte, die in der Region ohne „Prüfung“ durchgeführt worden seien, Bautätigkeiten betroffen hätten, die vor der Einführung der Verpflichtung zu einer solchen Prüfung abgeschlossen gewesen seien. Bei nach diesem Zeitpunkt verwirklichten Plänen und Projekten seien entweder die Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 eingehalten worden oder anderenfalls Verwaltungs- und Strafverfahren eingeleitet worden.

119    Die in Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 vorgesehenen Anforderungen und Verfahren seien in nationales Recht umgesetzt worden und die Erteilung von Baugenehmigungen sowie die Durchführung von Bauarbeiten seien bis zum Erlass des Präsidialdekrets ausgesetzt worden. Somit habe sie nicht gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 verstoßen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

120    Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 sieht ein Prüfungsverfahren vor, das mittels einer vorherigen Kontrolle gewährleisten soll, dass Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des betreffenden Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch erheblich beeinträchtigen könnten, nur genehmigt werden, soweit sie dieses Gebiet als solches nicht beeinträchtigen (Urteil vom 11. September 2012, Nomarchiaki Aftodioikisi Aitoloakarnanias u. a., C‑43/10, EU:C:2012:560, Rn. 110).

121    Daher ist diese Bestimmung nur einschlägig, wenn die zuständigen nationalen Behörden ein Projekt genehmigen, da der Genehmigung in diesem Fall eine Prüfung des Projekts auf Verträglichkeit mit dem betroffenen Gebiet vorausgehen muss.

122    Folglich findet Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 keine Anwendung auf alle Tätigkeiten, deren Durchführung einer Genehmigung bedarf, die jedoch ohne eine solche – somit rechtswidrig – durchgeführt worden sind. Unter diesen Umständen ist insoweit kein Verstoß wegen Verletzung dieser Bestimmung festzustellen.

123    Auf mit vorheriger Genehmigung durchgeführte Tätigkeiten, also auf die Errichtung der Häuser in Agiannaki im Jahr 2010 und auf die der drei Ferienhäuser in Vounaki im Jahr 2012 sowie auf die Plattform in der Nähe des Hotels Messina Mare findet Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 hingegen Anwendung.

124    Da diese Tätigkeiten zu einem Verlust an Dünenoberfläche und zu Störungen der Meeresschildkröte Caretta caretta führen könnten, hätte ihre Genehmigung einer vorherigen Verträglichkeitsprüfung unterworfen werden müssen.

125    Da die Hellenische Republik nicht vorbringt, dass diese Genehmigungen vor dem 19. Juli 2006, dem Zeitpunkt der Aufnahme des Gebiets von Kyparissia in die Liste der GGB, erteilt worden seien oder dass ihnen Verträglichkeitsprüfungen nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 vorausgegangen seien, ist festzustellen, dass sie dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 dieser Richtlinie verstoßen hat, dass sie für im Jahr 2010 in Agiannaki errichtete Häuser, für drei Ferienhäuser in Vounaki im Jahr 2012 und für die Errichtung einer Plattform in der Nähe des Hotels Messina Mare Genehmigungen erteilt hat.

126    Im Übrigen wird die Rüge zurückgewiesen.

 Zur dritten Rüge: Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43

127    Die Kommission wirft der Hellenischen Republik vor, dadurch gegen Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43 verstoßen zu haben, dass sie nicht die Maßnahmen erlassen habe, die notwendig seien, um ein wirksames System zum strengen Schutz der Meeresschildkröte Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia einzuführen und anzuwenden, damit jede Störung dieser Art während der Fortpflanzungszeit und jede Tätigkeit verhindert werde, die eine Beschädigung oder Vernichtung ihrer Fortpflanzungsstätten verursachen könnte.

128    Nach dieser Bestimmung müsse ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV Buchst. a der Richtlinie 92/43 genannten Tierarten eingeführt werden, um jede absichtliche Störung dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungszeit sowie jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten zu verbieten. Dieses strenge Schutzsystem erfordere die Einführung eines vollständigen rechtlichen Rahmens sowie den Erlass und die Durchführung präziser und besonderer Schutzmaßnahmen.

129    Die Hellenische Republik ist der Ansicht, sie habe nicht gegen Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43 verstoßen.

 Zur dritten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik keinen vollständigen und kohärenten rechtlichen Rahmen eingerichtet haben soll

–       Vorbringen der Parteien

130    Nach Auffassung der Kommission setzt ein strenges Schutzsystem wie das in Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43 vorgesehene den Erlass kohärenter und koordinierter vorbeugender Maßnahmen voraus. Die Hellenische Republik habe eingeräumt, dass ein solcher vollständiger und kohärenter rechtlicher Rahmen noch nicht erlassen worden sei; seine Ausarbeitung sei aber im Gange.

131    Die Gesamtheit der in diesem Mitgliedstaat geltenden einschlägigen Rechtsinstrumente reiche für den Schutz im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43 nicht aus. Die Hellenische Republik habe das Vorliegen dieser Rechtsinstrumente erstmals in ihrer Klagebeantwortung geltend gemacht. Zudem stammten einige dieser Instrumente aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 92/43 und enthielten daher keine besonderen Bestimmungen, die den Anforderungen des Art. 12 der Richtlinie genügen könnten.

132    Ohne einen integrierten und kohärenten nationalen gesetzlichen Rahmen sei der strenge Schutz der Meeresschildkröte Caretta caretta sowie ihrer Fortpflanzungsstätten nicht gewährleistet. Ein Schutzsystem könne nicht durch ein bruchstückhaftes Bündel isolierter Maßnahmen eingerichtet werden, die einen Bezug zum Umweltschutz im Allgemeinen aufwiesen und nicht darauf abzielten, jede absichtliche Störung der betroffenen Art während der Fortpflanzungszeit sowie jede Tätigkeit, die die Beschädigung oder Vernichtung ihrer Fortpflanzungsstätten verursachen könnte, konkret zu vermeiden.

133    Der Umstand, dass kein Rückgang der Zahl der Nester der Meeresschildkröte Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia ersichtlich sei, könne als solcher die Feststellung, dass die Hellenische Republik keine Maßnahmen zum wirksamen Schutz erlassen habe, nicht in Frage stellen. Die kürzlich festgestellte größere Anzahl von Nestern sei dem Schutz der Meeresschildkröte Caretta caretta seit dem Jahr 1992 geschuldet; alle Auswirkungen auf diese Art seien in der Regel erst 20 Jahre später erkennbar. Außerdem gehe aus den Urteilen vom 30. Januar 2002, Kommission/Griechenland (C‑103/00, EU:C:2002:60), und vom 16. März 2006, Kommission/Griechenland (C‑518/04, nicht veröffentlicht, EU:C:2006:183), hervor, dass ein Rückgang der Zahl der Nester nicht erforderlich sei, um eine Störung festzustellen, die einen Verstoß gegen Art. 12 der Richtlinie 92/43 darstellen könne.

134    Die Hellenische Republik rügt, die Kommission werfe ihr zu Unrecht vor, zum einen keinen ausreichenden gesetzlichen Schutzrahmen erlassen zu haben und zum anderen nicht mit Erfolg spezifische und wirksame Schutzmaßnahmen zur Anwendung gebracht zu haben. Die Kommission könne nicht geltend machen, dass es im Gebiet von Kyparissia eine Verschlechterung der Lebensräume und Störungen mit erheblicher Auswirkung auf die Arten gebe, obwohl nicht einmal eine Verträglichkeitsprüfung bezüglich der in diesem Gebiet ausgeübten Tätigkeiten stattgefunden habe.

135    Da die Population der Meeresschildkröte Caretta caretta stabil zunehme und nicht die Gefahr bestehe, dass sich ihr natürliches Verbreitungsgebiet verringere, könne kein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43 gerügt werden.

136    Die griechische Rechtsordnung enthalte hinsichtlich des Schutzes der Meeresschildkröte Caretta caretta einen weiten, kohärenten, besonders strengen und äußerst wirksamen institutionellen Rahmen. In diesem Zusammenhang verweist die Hellenische Republik auf verschiedene Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die zusammen bis zum Erlass des Präsidialdekrets einen ausreichenden Rahmen darstellten.

137    Sie betont, niemals behauptet zu haben, dass alle diese Rechtsakte spezifisch für das Gebiet von Kyparissia und die in Rede stehende Art erlassen worden seien, dass sie aber diese wirksam schützten und somit ein geeignetes und strenges Schutzsystem im Sinne von Art. 12 der Richtlinie 92/43 gewährleisteten. Nach dieser Bestimmung sei es nicht erforderlich, dass das strenge Schutzsystem in einem einzigen Rechtsakt niedergelegt sei.

138    Schließlich verweist die Hellenische Republik auf die Merkmale, Maßnahmen und Wirkungen des Entwurfs für das Präsidialdekret und gibt zu verstehen, dass dieses nach der Stellungnahme des Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat) demnächst erlassen werde. Gleichwohl bedeute die Existenz dieses Entwurfs für das Präsidialdekret nicht, dass in der griechischen Rechtsordnung zuvor kein strenges und wirksames Schutzsystem vorhanden gewesen sei.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

139    Nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43 haben die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV Buchst. a dieser Richtlinie genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen, das jede absichtliche Störung von Exemplaren dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten, sowie jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten verbietet.

140    Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass die Umsetzung dieser Bestimmung den Mitgliedstaaten nicht nur die Schaffung eines vollständigen gesetzlichen Rahmens auferlegt, sondern auch die Durchführung konkreter besonderer Schutzmaßnahmen, und dass das strenge Schutzsystem den Erlass kohärenter und koordinierter vorbeugender Maßnahmen voraussetzt (Urteil vom 15. März 2012, Kommission/Zypern, C‑340/10, EU:C:2012:143, Rn. 60 und 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

141    Ein Bündel von Rechtsinstrumenten stellt keinen vollständigen Rahmen von Rechts- und Verwaltungsvorschriften dar, wenn es diese Instrumente nicht erlauben, Einschränkungen des Verschlechterungsverbots nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 zu verhindern oder wenn sie regelmäßig ergänzt werden müssen, damit der nach Art. 12 dieser Richtlinie geforderte Schutz gewährleistet werden kann.

142    Dass in Rn. 114 des vorliegenden Urteils eine Reihe von Verstößen gegen das Verschlechterungsverbot nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 festgestellt worden ist, lässt die Vermutung zu, dass ein vollständiger und kohärenter vorbeugender gesetzlicher Rahmen betreffend den Schutz des Gebiets von Kyparissia nicht vorhanden ist.

143    Diese Vermutung wird dadurch bestätigt, dass die Hellenische Republik u. a. am 23. Mai 2013, 23. Juli 2013, 14. Februar 2014 und 8. Mai 2014 verschiedene Ministerialverordnungen, insbesondere zur angemessenen Nutzung der Strände, zur Einstellung bestimmter landwirtschaftlicher Tätigkeiten, zur Beschränkung der Beleuchtung, die von privaten Einrichtungen am Strand herrührt, zur Aussetzung der Erteilung von Baugenehmigungen, zum Verbot bestimmter Bautätigkeiten sowie zum Verbot der Eröffnung von Straßen im Gebiet von Kyparissia und deren Beschichtung mit Bitumen, erlassen hat.

144    Der Erlass solcher Rechtsinstrumente nach Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist stellt einen hinreichenden Nachweis dafür dar, dass der nationale gesetzliche Rahmen vor dieser Frist unvollständig war.

145    Somit kann sich die Hellenische Republik nicht darauf stützen, dass das im Verfahren zu seinem Erlass befindliche Präsidialdekret zum Schutz dieses Gebiets nur den Zweck habe, die bei Ablauf dieser Frist bereits geltenden Rechtsvorschriften zusammenzuführen und zu konsolidieren.

146    Aus der Stellungnahme des Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat) geht vielmehr hervor, dass die sich aus dem Unionsrecht ergebenden Verpflichtungen der Hellenischen Republik neue Rechtsvorschriften zum Schutz des Gebiets von Kyparissia erfordern und zur schnellstmöglichen Vorlage eines neuen Entwurfs dieses Dekrets vor diesem Organ verpflichten.

147    Ebenso wenig kann die Hellenische Republik geltend machen, dass ihr kein Verstoß gegen die Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43 angelastet werde könne, da die Population der Meeresschildkröte Caretta caretta stabil wachse.

148    Ein Umstand wie die Stabilität der Population der Art kann nämlich, wie die Kommission ausführt, als solcher die Feststellung der die Unvollständigkeit des einschlägigen nationalen gesetzlichen Rahmens nicht in Frage stellen (vgl. entsprechend Urteil vom 16. März 2006, Kommission/Griechenland, C‑518/04, EU:C:2006:183, Rn. 21).

149    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43 verstoßen hat, dass sie keinen vollständigen, kohärenten und strengen Rahmen von Rechts- und Verwaltungsvorschriften zum Schutz der Meeresschildkröte Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia erlassen hat.

 Zur dritten Rüge, soweit danach die Hellenische Republik keine präzisen, besonderen und wirksamen Schutzmaßnahmen angewandt haben soll

–       Vorbringen der Parteien

150    Nach Auffassung der Kommission wendet die Hellenische Republik keine besonderen wirksamen Maßnahmen an, um zum einen die Störung der Meeresschildkröte Caretta caretta während der Fortpflanzungszeit und zum anderen die Tätigkeiten zu vermeiden, die ihre Fortpflanzungsstätten beschädigen oder vernichten könnten.

151    Art. 12 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 92/43 sehe einen strengeren Schutz vor als den nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. a bis c der Richtlinie, und Buchst. d beschränke die Verbote nicht auf absichtliche Handlungen.

152    Um zu beurteilen, inwieweit eine bestimmte Tätigkeit „die Fortpflanzungsstätten beschädigen oder vernichten kann“, sei daher der Umstand zu berücksichtigen, dass diese Art nur alle zwei oder drei Jahre Eier ablege und dass sie während des gesamten Fortpflanzungsprozesses, d. h. während der Inkubation und wenn sich die Jungtiere zum Meer aufmachten, in Bezug auf Lärm- und Lichtimmissionen besonders empfindlich und verletzlich sei.

153    Im Gebiet von Kyparissia könnten die Fortpflanzungsgebiete der Meeresschildkröte Caretta caretta durch verschiedene, in ihrer Klage angegebene Tätigkeiten des Menschen, die Zugangshindernisse zu den Fortpflanzungsgebieten sowie eine Licht- und Lärmverunreinigung verursachten, beschädigt oder vernichtet werden.

154    Nach Ansicht der Hellenischen Republik verbietet ihr institutioneller und gesetzlicher Rahmen, der die Tätigkeiten im Gebiet von Kyparissia regele, Tätigkeiten, die die Fortpflanzungsstätten der Meeresschildkröte Caretta caretta absichtlich beeinträchtigen oder dieser Art schaden könnten.

155    Gemäß den Leitlinien der Kommission sei die Verschlechterung eines Gebiets auf der Grundlage des Erhaltungszustands jeder der Arten und Lebensräume zu beurteilen, der im Vergleich zu den ursprünglichen Bedingungen zu dem Zeitpunkt, als die Einstufung des betroffenen Gebiets als Schutzgebiet vorgeschlagen worden sei, bewertet werde.

156    Zudem müsse die Bewertung etwaiger Auswirkungen auf die Integrität des Gebiets hinsichtlich seiner ökologischen Funktionen auf dem Niveau des Schutzgebiets als Ganzes und nicht in einem reduzierteren Maßstab, indem kleine Teile des Strandes isoliert würden, um eine erhebliche Störung darlegen zu können, vorgenommen werden.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

157    Zu dem behaupteten Verstoß gegen das Verbot der Störung der geschützten Arten nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/43 ist festzuhalten, dass die Verstöße gegen Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie, wie sie in Rn. 114 des vorliegenden Urteils festgestellt worden sind, allesamt verbotene Störungen der Meeresschildkröte Caretta caretta darstellen.

158    Gleiches gilt, wie die Generalanwältin in Nr. 143 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, hinsichtlich der Bauten in Agiannaki im Jahr 2006. Im Unterschied zu dem allgemeinen Verbot der Störung und Verschlechterung nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43 setzt nämlich der Artenschutz gemäß Art. 12 dieser Richtlinie nach deren Art. 4 Abs. 5 nicht die Aufnahme der Dünen von Kyparissia in die in Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie genannte Liste voraus. Dieser Schutz ist, wie aus Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 92/43 hervorgeht, bereits seit dem Jahr 1994 anwendbar.

159    Da die Verursacher dieser Störungen zumindest in Kauf genommen haben, dass die Meeresschildkröten Caretta caretta während der Fortpflanzungszeit gestört werden, ist die Voraussetzung bezüglich der Absicht in Art. 12 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/43 erfüllt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Mai 2006, Kommission/Spanien, C‑221/04, EU:C:2006:329, Rn. 71).

160    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/43 verstoßen hat, dass sie nicht innerhalb der gesetzten Frist alle erforderlichen konkreten Maßnahmen ergriffen hat, um die absichtliche Störung der Meeresschildkröte Caretta caretta während ihrer Fortpflanzungszeit zu vermeiden.

161    Der Klage der Kommission ist auch insoweit stattzugeben, als damit gerügt wird, dieser Mitgliedstaat habe nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um das Verbot der Beschädigung oder der Vernichtung der Fortpflanzungsstätten gemäß Art. 12 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 92/43 durchzusetzen.

162    Mehrere Verstöße gegen Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie, wie sie in Rn. 114 des vorliegenden Urteils festgestellt worden sind, stellen nämlich als solche Tätigkeiten dar, die die Fortpflanzungsstätten der Meeresschildkröte Caretta caretta zwangsläufig beschädigen.

163    Nach alledem hat die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43 verstoßen, dass sie

–        keinen vollständigen, kohärenten und strengen Rahmen von Rechts- und Verwaltungsvorschriften zum Schutz der Meeresschildkröte Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia erlassen hat;

–        nicht innerhalb der gesetzten Frist alle erforderlichen konkreten Maßnahmen ergriffen hat, um die absichtliche Störung der Meeresschildkröte Caretta caretta während ihrer Fortpflanzungszeit zu vermeiden, und

–        nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um das Verbot der Beschädigung oder der Vernichtung der Fortpflanzungsstätten dieser Art durchzusetzen.

 Kosten

164    Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten.

165    Da die Kommission und die Hellenische Republik jeweils teils obsiegt haben, teils unterlegen sind, sind ihnen jeweils ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Hellenische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen in der durch die Richtlinie 2006/105/EG des Rates vom 20. November 2006 geänderten Fassung verstoßen, dass sie

–        die Errichtung von Häusern in Agiannaki (Griechenland) im Jahr 2010, die nicht ausreichend beschränkte Nutzung weiterer Häuser in Agiannaki aus dem Jahr 2006 und die Aufnahme von Bauarbeiten für 50 Wohneinheiten zwischen Agiannaki und Elaia (Griechenland) geduldet und die Errichtung von drei Ferienhäusern in Vounaki (Griechenland) im Jahr 2012 genehmigt hat;

–        die Entwicklung von Zufahrtsinfrastrukturen zum Strand im Gebiet von Kyparissia (Griechenland), nämlich die Eröffnung von fünf neuen Straßen zum Strand von Agiannaki und die Beschichtung bestimmter bestehender Zufahrten und Straßen mit Bitumen, geduldet hat;

–        keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen hat, um die Beachtung des Verbots wilden Campens in der Nähe des Strandes von Kalo Nero (Griechenland) und in Elaia sicherzustellen;

–        nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um den Betrieb der zwischen Elaia und Kalo Nero auf den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta befindlichen Bars zu beschränken, und nicht sichergestellt hat, dass die Schildkröten durch die von diesen Bars verursachten Immissionen nicht gestört werden;

–        nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um im Gebiet von Kyparissia das Vorhandensein von Mobiliar und verschiedenen Anlagen auf den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta zu reduzieren, und den Bau einer Plattform in der Nähe des Hotels Messina Mare genehmigt hat;

–        nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um die Lichtverunreinigung der Fortpflanzungsstrände der Meeresschildkröten Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia hinreichend zu beschränken, und

–        nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um die Fischereiaktivitäten vor den Fortpflanzungsstränden der Meeresschildkröten Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia ausreichend zu begrenzen.

2.      Die Hellenische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 verstoßen, dass sie für im Jahr 2010 in Agiannaki errichtete Häuser, für drei Ferienhäuser in Vounaki im Jahr 2012 und für die Errichtung einer Plattform in der Nähe des Hotels Messina Mare Genehmigungen erteilt hat.

3.      Die Hellenische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43 verstoßen, dass sie

–        keinen vollständigen, kohärenten und strengen Rahmen von Rechts- und Verwaltungsvorschriften zum Schutz der Meeresschildkröte Caretta caretta im Gebiet von Kyparissia erlassen hat,

–        nicht innerhalb der gesetzten Frist alle erforderlichen konkreten Maßnahmen ergriffen hat, um die absichtliche Störung der Meeresschildkröte Caretta caretta während ihrer Fortpflanzungszeit zu vermeiden, und

–        nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um das Verbot der Beschädigung oder der Vernichtung der Fortpflanzungsstätten dieser Art durchzusetzen.

4.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5.      Die Europäische Kommission und die Hellenische Republik tragen ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Griechisch.